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Anfang November 2023 verkündete der Bundesrat, ein Verhandlungsmandat mit der EU auszuarbeiten. Bis Ende 2023 werde er über die Annahme des Mandats sowie über die Konsultation der beiden aussenpolitischen Kommissionen und der Kantone befinden.
Seit April 2022 hatte der Bundesrat mit der EU Sondierungsgespräche über alle Bestandteile des so genannten Paketansatzes geführt. Dieser Ansatz umfasst gemäss Medienmitteilung zum einen neue Abkommen in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit sowie Gesundheit. Zum anderen gehe es dem Bundesrat aber auch um die Teilnahme an EU-Programmen – und hier vor allem um die Vollassoziierung an das EU-Forschungsprogramm Horizon Europe –, um den Regulierungsdialog im Finanzbereich sowie um die Etablierung eines strukturierten politischen Dialogs. Schliesslich beinhalte der Paketansatz auch die Aufnahme institutioneller Lösungen für die bestehenden Marktzugangsabkommen, Regeln für staatliche Beihilfen sowie die regelmässige Zahlung der Schweiz an ausgewählte EU-Mitgliedsstaaten (so genannte Kohäsionsmilliarde). Gleichzeitig hatte der Bundesrat in den letzten Monaten intensive Gespräche mit den Kantonen, den Sozialpartnern sowie mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft geführt. Hierbei hätten in vielen Punkten bereits Lösungen gefunden werden können, bei anderen Themen würden die Gespräche fortgesetzt, so der Bundesrat.
Die Medien reagierten mit einiger Zurückhaltung auf die Nachricht der Regierung. Das grüne Licht zur Ausarbeitung eines Verhandlungsmandats sei lediglich ein erster kleiner Schritt, wurde argumentiert. Der mediale Tenor lautete, dass die Verhandlungen mit der EU sehr schwierig würden, ausserdem gelte es danach noch das Parlament sowie allenfalls die Stimmbevölkerung vom Ergebnis der Verhandlungen zu überzeugen. Dabei meldeten sich auch die Sozialpartner zu Wort: Während SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard (sp, VD) seitens der Gewerkschaften kritisierte, dass allen voran der Lohnschutz in den Sondierungsgesprächen zwischen der Schweiz und der EU zu kurz gekommen sei, zeigten sich der SAV sowie Vertretende der Wirtschaft, wie etwa Economiesuisse und der SGV, erfreut über den Beschluss des Bundesrates.

Der Bundesrat beschliesst, ein Verhandlungsmandat mit der Europäischen Union (EU) zu erarbeiten
Dossier: Entwicklung der bilateralen Beziehungen mit der EU nach dem Scheitern des Rahmenabkommens

Der Nationalrat beriet in der Herbstsession 2023 den Entwurf in Umsetzung der parlamentarische Initiative der APK-NR, wonach innerhalb der APK-NR eine ständige Subkommission für Europafragen eingerichtet werden soll. Kommissionssprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) stellte dem Rat das Anliegen vor. Er begründete die Initiative mit dem Umstand, dass die APK «bezüglich Informationen seitens des Bundesrates etwas knapp gehalten» werde. Wenn die Kommission ihre Mitwirkungsrechte in der Europapolitik angemessen wahrnehmen wolle, brauche es mehr Spezialisierung, Kontinuität sowie Zeit, schloss der Mehrheitssprecher. Eine Minderheit Köppel (svp, ZH) plädierte, nicht auf den Entwurf einzutreten. Die Minderheit sei der Ansicht, dass mit der Einsetzung einer solchen Subkommission quasi ein Verbindungsbüro zur EU geschaffen werde, argumentierte der Minderheitensprecher. Dadurch sei die Gewaltenteilung nicht mehr gewährleistet, da primär der Bundesrat für die Aussenpolitik zuständig sei. Zudem führe diese Initiative in Richtung Berufsparlament, da sich die Mitglieder dieser Subkommission detailliert informieren und in einer hohen Frequenz Sitzungen abhalten müssten. Und schliesslich teile diese Subkommission die APK in besser und weniger gut informierte Mitglieder ein, womit man eine Zweiklassengesellschaft schaffe.
Aussenminister Ignazio Cassis verzichtete auf ein Votum, da es beim vorliegenden Geschäft um die Selbstorganisation des Nationalrates ging. Anschliessend votierte der Rat mit 106 zu 71 Stimmen bei 1 Enthaltung für Eintreten und nahm den Entwurf in der Gesamtabstimmung mit einem sehr ähnlichen Stimmenverhältnis an. Die geschlossen stimmende SVP-, die Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion und einige Mitglieder der Mitte-Fraktion lehnten den Entwurf ab. In der Schlussabstimmung, die am letzten Tag der Herbstsession stattfand, wurde dieser mit 119 zu 75 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Da diese parlamentarische Initiative nur das Ratsreglement des Nationalrates betraf, musste sich der Ständerat nicht damit befassen.

Ständige Subkommission für Europafragen der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates (Pa.Iv. 23.446)

Im Rahmen der Kenntnisnahme des Berichts «Lagebeurteilung Beziehungen Schweiz–EU» diskutierte der Ständerat in der Herbstsession 2023 auch die Motion der APK-NR, die verlangte, dass zu den Schlussfolgerungen ebendieses Berichts ein einfacher Bundesbeschluss vorgelegt wird. APK-SR-Sprecher Pirmin Bischof (mitte, SO) berichtete, dass die Kommission einstimmig beantrage, die Motion abzulehnen. Die europapolitische Lage habe sich seit Einreichung der Motion geändert. Die beiden aussenpolitischen Kommissionen seien in der Zwischenzeit zur bundesrätlichen Lagebeurteilung konsultiert worden und es bestehe die Hoffnung, dass der Bundesrat in den nächsten Monaten ein Verhandlungsmandat präsentieren werde. In dieser Situation erscheine es der APK-SR nicht opportun, einen einfachen Bundesbeschluss zu verlangen, der zu langwierigen Parlamentsdiskussionen führen könne. Die Motion wurde in der Folge stillschweigend abgelehnt.

Einfacher Bundesbeschluss zum Bericht des Bundesrates zu den Beziehungen Schweiz-EU (Mo. 22.3891)
Dossier: Entwicklung der bilateralen Beziehungen mit der EU nach dem Scheitern des Rahmenabkommens

Die Ergänzung des Parlamentsgesetzes zu den parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten in Europafragen in Umsetzung der parlamentarischen Initiative Nussbaumer (sp, BL) fand sich in der Herbstsession 2023 auf der Traktandenliste des Nationalrats. Hierbei lag ein Antrag Fischer (svp, ZH) auf Nichteintreten vor. Dieser kritisierte, dass mit dem Anliegen eine «Abhängigkeit zwischen dem Vorliegen eines Legislativvorschlags der Europäischen Kommission und dem Handeln des Bundesrates» geschaffen werde. Seitens der APK-NR stellten Laurent Wehrli (fdp, VD) und Initiant Eric Nussbaumer die Vorlage vor und baten, darauf einzutreten. Wehrli versprach sich von diesem Gesetzesvorhaben einen klaren parlamentarischen Rahmen und einen angemessenen Ablauf für die Diskussionen rund um die Teilnahme der Schweiz an den Programmen, die nicht Teil des EU-Binnenmarktes sind. Nussbaumer wies ergänzend darauf hin, dass mit der Vorlage eine Entlastung des Parlaments einhergehe, indem die Sachkommissionen nicht mehr gezwungen seien, «die Entscheidungsfindung in der EU en détail [zu] verfolgen und sich die Inhalte der Programme mühsam zusammen[zu]tragen». Mit 132 zu 48 Stimmen der SVP-Fraktion sprach sich der Nationalrat für Eintreten aus und nahm die vorgeschlagenen Anpassungen des ParlG in der Detailberatung stillschweigend an. In der abschliessenden Gesamtabstimmung votierten 131 Mitglieder des Nationalrates für Annahme der Vorlage, 45 dagegen (1 Enthaltung). Die ablehnenden Stimmen stammten wiederum von den Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Planungsbericht über die Zusammenarbeit mit der EU in den Bereichen ausserhalb des Marktzugangs (Pa. Iv. 20.496)

Mit der Verabschiedung der Lagebeurteilung zu den Beziehungen Schweiz–EU sei das Anliegen der Motion Burgherr (svp, AG), die Standortvorteile eines unabhängigen Schweizer Rechts zu eruieren, hinfällig geworden, waren sich sowohl die RK-SR als auch der Bundesrat einig. Nachdem die Kommission den Vorstoss zur Ablehnung beantragt und der Bundesrat seinen Antrag auf Annahme zurückgezogen hatte, lehnte der Ständerat die Motion in der Herbstsession 2023 stillschweigend ab.

Standortvorteil eines unabhängigen Schweizer Rechts (Mo. 21.3884)

Im Ständerat führte die Motion Matter (glp, GE) mit dem Titel «Für einen Beitritt der Schweiz zum EU-Katastrophenschutzverfahren » zu keinen grossen Diskussionen. Die kleine Kammer nahm den Vorstoss in der Herbstsession 2023 stillschweigend an.

Für einen Beitritt der Schweiz zum EU-Katastrophenschutzverfahren (Mo. 22.3904)

Mit 144 zu 24 Stimmen bei 21 Enthaltungen nahm der Nationalrat in der Herbstsession 2023 eine Motion Bellaiche (glp, ZH) an, die den Bundesrat aufforderte, die Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz vor der von der EU vorgesehenen Chatkontrolle zu schützen. Gemäss der Motionärin plane die Europäische Kommission unter dem Deckmantel der Prävention und Bekämpfung von sexuellem Kindsmissbrauch im Internet eine beispiellose Massenüberwachung, die nicht mit dem Recht auf Privatsphäre vereinbar sei: Alle Anbietenden von elektronischen Kommunikationsdiensten, die in der EU tätig sind, sollen dazu verpflichtet werden, sämtliche private und geschäftliche Kommunikation auf Anzeichen von Kindsmissbrauch zu kontrollieren. Der Bundesrat hatte die Motion zur Ablehnung beantragt, weil die EU-Institutionen den Vorschlag noch nicht verabschiedet hätten und damit noch nicht klar sei, was genau dessen Konsequenzen seien. Ausserdem habe sich Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider in einem gemeinsamen Schreiben mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland, Österreich, Liechtenstein und Luxemburg an die Justizministerinnen und -minister der EU-Staaten gewandt, um sie auf die grundrechtlichen Gefahren der geplanten Chatkontrolle hinzuweisen. Judith Bellaiche zeigte sich im Ratsplenum dankbar für diesen Schritt, forderte den Bundesrat aber auf, weitere Einflusskanäle zu nutzen. Der Nationalrat stützte diese Ansicht; gegen die Motion stimmten die Mehrheit der FDP-Fraktion sowie einzelne Vertreterinnen und Vertreter aus Mitte und SVP. Die Grüne Fraktion enthielt sich grossmehrheitlich der Stimme.

Chat-Kontrolle. Schutz vor anlassloser dauernder Massenüberwachung (Mo. 22.4113)

Sophie Michaud Gigon (gp, VD) forderte mit einem im März 2022 eingereichten Postulat einen Bericht über die Auswirkungen des Verhandlungsabbruchs mit der EU auf die Schweizer Wirtschaft. In diesem Bericht solle der Bundesrat darlegen, wie sich dieser Abbruch kurz- und mittelfristig auf die Schweizer Wirtschaft auswirke, wenn es mit der EU zu keinem Konsens zur Weiterentwicklung des bilateralen Wegs komme. Der Bundesrat solle zudem auf Lösungsvorschläge, mit denen er die Folgen seines Entscheids abfedern möchte, eingehen.
Der Bundesrat lehnte das Ansinnen ab. Er wies darauf hin, dass nicht klar sei, ob und falls ja, welche Bereiche der sektoriellen Teilnahme am EU-Binnenmarkt aufgrund des Wegfalls von Abkommensaktualisierungen gefährdet seien. Er habe jedoch seit dem Scheitern der Verhandlungen mehrfach bekräftigt, dass er den bilateralen Weg weiterführen möchte, den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten freigegeben, einen politischen Dialog mit der EU vorgeschlagen und im Februar 2022 die Stossrichtung für ein neues Verhandlungspaket mit der EU veröffentlicht.
Der Nationalrat behandelte den Vorstoss in der Herbstsession 2023. Wirtschaftsminister Parmelin erklärte, dass eine solche Analyse methodisch schwierig zu bewerkstelligen sei und keine hohe Aussagekraft aufweisen werde. Ausserdem sehe die Lage heute etwas besser aus als noch zum Zeitpunkt des Abbruchs der Verhandlungen: Im Juni 2023 habe der Bundesrat die Parameter für ein neues Verhandlungsmandat mit der EU vorgestellt, weshalb nun vorsichtig von einer positiven Dynamik gesprochen werden könne. Die grosse Kammer nahm das Postulat dennoch mit 104 zu 81 Stimmen bei 6 Enthaltungen an. Gegen den Vorstoss sprachen sich die geschlossen stimmenden SVP- und FDP.Liberalen-Fraktionen sowie zwei Mitglieder der Mitte-Fraktion aus.

Europadossier. Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft und Ansätze des Bundesrates (Po. 22.3296)
Dossier: Entwicklung der bilateralen Beziehungen mit der EU nach dem Scheitern des Rahmenabkommens

En prenant exemple sur une étude de l'UE, le groupe socialiste a déposé un postulat qui demande une analyse des dépendances stratégiques de la Suisse. Le rapport permettrait de cartographier les biens vitaux et non vitaux qui rendent la Suisse dépendante d'autres Etats. Selon le groupe socialiste, posséder une telle carte permettrait à la Suisse d'établir un plan d'action en cas de crise. Durant les débats, le vaudois Samuel Bendahan (ps, VD) a, au nom des socialistes, mentionné la crise du Covid-19 et la guerre en Ukraine, qui ont mis en lumière les conséquences que la dépendance énergétique ou matérielle peut avoir pour le pays.
Pour le Conseil fédéral, les entreprises sont les mieux placées pour observer les interdépendances et agir en fonction de leur impact. De plus, via différentes mesures, le Conseil fédéral soutient la diversification des marchés d'approvisionnement. Aussi, le gouvernement affirme que dans le cadre de son prochain rapport sur l'économie suisse, des analyses similaires à la demande du postulat seront disponibles. Ces dernières pourront également être complétées par le rapport sur l'économie de l'OCDE qui sera publié prochainement. C'est pourquoi le Conseil fédéral a demandé de rejeter le postulat.
Le postulat a été adopté par 135 voix contre 49 (4 abstentions). La minorité était composée des libéraux-radicaux et d'une majorité de l'UDC.

Conséquences de la guerre en Ukraine. Identifier et réduire les dépendances stratégiques de long terme (Po. 22.3405)

Der Ständerat beugte sich in der Herbstsession 2023 über eine Motion der APK-NR zur sozialpartnerschaftlichen Lösung im EU-Dossier. Wie Kommissionssprecher Matthias Michel (fdp, ZG) ausführte, war die vorberatende APK-SR zum Schluss gekommen, dass der Vorstoss abgelehnt werden soll. Dies liege vor allem daran, dass aktuell eine andere europapolitische Lage vorherrsche als zum Zeitpunkt der Einreichung der Motion. Der Bundesrat sei nun mit «seinem Plan zur Stabilisierung wie auch zur Weiterentwicklung der Beziehungen zur EU» wesentlich weiter. So habe er im Juni 2023 die wichtigsten Punkte und das weitere Vorgehen zur Erarbeitung eines Verhandlungsmandats mit der EU festgelegt. Die Annahme und Umsetzung der Motion und damit das Herauslösen des Aspekts der flankierenden Massnahmen aus dem gesamten Prozess würden aus Sicht der Kommission das weitere Vorgehen unnötig verkomplizieren und verzögern. Auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin riet von einer Annahme der Motion ab. Er erläuterte, inwiefern die Sozialpartner bereits heute eng in die Arbeiten des Bundes im Hinblick auf neue Verhandlungen mit der EU involviert sind. Anschliessend lehnte der Ständerat die Motion stillschweigend ab.

Sozialpartnerschaftliche Lösungen im EU-Dossier (Mo. 22.3871)

Der Ständerat beschäftigte sich in der Herbstsession 2023 mit dem nationalrätlichen Anliegen, stärker an der Europäischen Regulierung der Digitalisierung mitzuwirken. Benedikt Würth (mitte, SG) zitierte für die Kommissionsmehrheit, die die Motion annehmen wollte, aus dem bundesrätlichen Bericht «Lagebeurteilung Beziehungen Schweiz-EU». Dabei kam er zum Schluss, dass die Entwicklungen in der EU, sei es beim Digital Services Act, beim Digital Markets Act oder bei der KI-Regulierung, auch die Schweiz beträfen und es daher wichtig sei, «dass die Schweiz hier einen Gang höher schaltet und sich einbringt». Demgegenüber argumentierte Jakob Stark (svp, TG) für die Minderheit der Kommission, dass die geforderte Analyse nicht nötig sei. Der Thurgauer Ständerat verwies auf den Bericht «Die Schweiz und die Digitalstrategie der Europäischen Union», in dem die Zuständigkeiten und der Handlungsbedarf übersichtlich dargestellt worden seien. So sei etwa das BAKOM verantwortlich für die Begleitung der EU-Verordnung zur künstlichen Intelligenz. Anschliessend sprach sich die kleine Kammer mit 16 zu 22 Stimmen gegen die Motion aus, die damit erledigt ist.

Auftrag für die Mitwirkung an der Europäischen Regulierung der Digitalisierung (Mo. 21.3676)

Ende August 2023 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands zur finanziellen Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik. Damit sollte ein Nachfolgeinstrument für den 2020 ausgelaufenen Fonds für die innere Sicherheit im Bereich Aussengrenzen und Visa geschaffen werden. Dieser neue Fonds sollte einerseits die Effizienz der Grenzkontrollen erhöhen und damit illegale Einreisen weitestgehend verhindern. Andererseits sollte der Fonds auch Mittel bereitstellen, um legale Einreisen zu erleichtern. In dieses BMVI-Fonds genannte Instrument soll die Schweiz für die Periode 2021 bis 2027 insgesamt rund CHF 300 Mio. einzahlen. Im Gegenzug erhält sie über die gesamte Laufzeit hinweg rund CHF 50 Mio. für nationale Massnahmen. Diese Mittel sollen für die integrierte Grenzverwaltung und für die gemeinsame Visumpolitik aufgewendet werden.

Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands. Finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik (BRG 23.059)

Im August 2023 verabschiedete der Bundesrat seinen Bericht in Erfüllung eines Postulats der SPK-NR, in dem er den Beitritt der Schweiz zu ECRIS prüfte. ECRIS ist die elektronische Vernetzung der Strafregisterdatenbanken aller EU-Mitgliedstaaten mit dem Ziel, den Austausch von Strafregisterinformationen innerhalb der EU zu vereinfachen, wie der Bundesrat im Bericht erklärte. Die Regierung kam zum Schluss, dass ein Beitritt zu ECRIS für die Schweiz viele Vorteile bringen könnte, darunter vor allem ein beschleunigter Datenaustausch und verringerter administrativer Aufwand. So habe die EJPD-Chefin dem BJ bereits im Dezember 2022 den Auftrag erteilt, in Zusammenarbeit mit dem EDA Gespräche mit der EU-Kommission in diese Richtung aufzunehmen. Es sei allerdings noch unklar, ob die EU dazu bereit sei und ob eine Teilnahme der Schweiz aus Sicht des EU-Rechts überhaupt möglich wäre, relativierte der Bundesrat.
Am Ursprung des Postulats stand die Idee, dass das Anliegen zweier Tessiner Standesinitiativen, von EU-Bürgerinnen und -Bürgern bei Beantragung einer Aufenthaltsbewilligung für die Schweiz systematisch einen Strafregisterauszug einzuholen, mit dem Beitritt zu ECRIS mindestens teilweise umgesetzt werden könnte. Der Bundesrat stellte aber im Bericht fest, dass eine solche systematische Abfrage von Strafregistereinträgen im Migrationsbereich dem Personenfreizügigkeitsabkommen widerspreche. Das Verlangen eines Strafregisterauszugs im Rahmen der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei bei EU-Bürgerinnen und -Bürgern nur im Einzelfall und im Falle besonderer Verdachtsmomente gestattet. Das systematische Einholen bleibe somit auch mit einem Beitritt zu ECRIS unzulässig, so das Fazit des Berichts.

Internationaler Austausch von Strafnachrichten. Prüfung eines Beitritts der Schweiz zu Ecris (Po. 17.3269)
Dossier: Strafregisterauszug für Aufenthaltsbewilligung bei EU-Bürgerinnen und -Bürgern / Beitritt zu ECRIS

Im August 2023 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zum Verpflichtungskredit für die Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen 2025–2034. Darin erläuterte er zuerst die aktuelle Situation der Pflichtlagerhaltung: Der Bund beauftragt im Rahmen der Pflichtlagerhaltung zur wirtschaftlichen Landesversorgung und basierend auf dem Landesversorgungsgesetz private Unternehmen in den Bereichen «Ernährung», «Energie» und «Heilmittel» damit, Lager mit lebenswichtigen Gütern anzulegen. Die Güter bleiben jedoch Eigentum der entsprechenden Unternehmen, was durch sogenannte Pflichtlagerverträge mit dem BWL geregelt wird. Der Bund unterstützt die betroffenen Unternehmen durch Bundesgarantien bei den kreditgebenden Banken in der Höhe des Warenwerts der Pflichtlager, wodurch die Unternehmen von niedrigeren Zinsen profitieren können.
Der aktuelle Verpflichtungskredit des Bundes für die Bundesgarantien in der Höhe von CHF 540 Mio. war begrenzt auf Ende 2024. In seiner Botschaft beantragte der Bundesrat daher einen neuen Verpflichtungskredit in der Höhe von CHF 750 Mio. bis Ende 2034. Die Krediterhöhung erklärte er mit einer geplanten Erhöhung der Pflichtlagerbestände sowie mit einer «noch nicht absehbaren Entwicklung hinsichtlich der Finanzierung der Pflichtlager im Bereich der Nahrungs- und Futtermittel».

Verpflichtungskredit für Bundesgarantien für Pflichtlagerdarlehen 2025–2034 (BRG 23.056)

Rückblick auf die 51. Legislatur: Bildung und Forschung

Autorinnen und Autoren: Bernadette Flückiger, Marco Ackermann und Marlène Gerber

Stand: 17.08.2023

Die Finanzierung sämtlicher Bereiche in Bildung, Forschung und Innovation wird alle vier Jahre in der sogenannten BFI-Botschaft geregelt – so auch in der 51. Legislatur. Für die Jahre 2021 bis 2024 sprach das Parlament insgesamt Mittel im Umfang von CHF 28.1 Mrd., zuvor hatte es die 14 Bundesbeschlüsse teilweise während drei Sessionen beraten. Damit entpuppte sich die Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2021-2024 auch zum am längsten debattierten Geschäft der Legislatur im vorliegenden Themenbereich.

Im Bereich der frühkindlichen Förderung bot ein vom Bundesrat verfasster Bericht zur Politik der frühen Kindheit unter anderem den Anstoss zur Einreichung einer Kommissionsinitiative, die eine dauerhafte Beteiligung des Bundes an den elterlichen Kosten der ausserfamiliären Kinderbetreuung fordert.

Während der 51. Legislatur wurden in den Medien verschiedene Diskussionen zur obligatorischen Schule intensiv geführt. So gab während des Lockdowns in der Corona-Pandemie etwa das für eine Zeit nötig gewordene Homeschooling oder die später eingeführte Maskentragepflicht zu reden. Doch auch nach Ende der Pandemie standen die Schulen vor grossen Herausforderungen: Nach Beginn des Ukraine-Kriegs stellte sich die Frage zur Integration geflüchteter ukrainischer Kinder in das Schweizer Schulsystem. Ab dem Jahr 2022 intensivierten sich die Diskussionen um den Mangel an Lehrpersonen, was auch in politische Vorstösse – etwa bezüglich des Zugangs zum Beruf oder zur Ausbildung – mündete.

Neben Diskussionen um die obligatorische Schule wurden in den Medien auch Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Berufsbildung diskutiert. Mit dem sogenannten EHB-Gesetz schuf der Bundesrat in der 51. Legislatur eine eigene gesetzliche Grundlage für die Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung. Aufgrund des Widerstands des Ständerates nicht zustande kam hingegen die Titeläquivalenz für die höhere Berufsbildung.

In den Bereichen Forschung und Hochschulen beschäftigte die Revision des ETH-Gesetzes die Räte, mit der unter anderem Empfehlungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle zu generellen Aufsichtskompetenzen des ETH-Rates umgesetzt wurden. Das Geschäft konnte schliesslich nach der Einigungskonferenz verabschiedet werden. Ebenfalls ausführlich debattiert worden war die Finanzierungsbotschaft für die Beteiligung am Horizon Paket 2021-2027 der EU – allerdings noch bevor es zum Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU kam. Nach besagtem Verhandlungsabbruch und der Schweizer Zurückhaltung in Sachen Kohäsionsmilliarde war es der Schweiz lediglich möglich, als nicht-assoziierter Drittstaat an «Horizon Europe» teilzunehmen, worauf Bundesrat und Parlament verschiedene Übergangsmassnahmen verabschiedeten. In Erfüllung zweier Standesinitiativen gab der Bundesrat Ende 2022 ferner einen Entwurf zur Schaffung eines Horizon-Fonds – ein befristeter Fonds für die finanzielle Unterstützung der internationalen Forschungszusammenarbeit für die Zeit der Nicht-Assoziierung an «Horizon Europe» – in die Vernehmlassung. Auch bleibt der Schweiz nach wie vor die Assoziierung an Erasmus+ versagt.

Zu den Jahresrückblicken:
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Bildung und Forschung
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Rückblick auf die 51. Legislatur: Wirtschaftspolitik

Autorinnen und Autoren: Marco Ackermann, Guillaume Zumofen und Anja Heidelberger

Stand: 17.08.2023

Die Schweizer Wirtschaft wurde in der 51. Legislatur von verschiedenen Krisen durchgeschüttelt. Während man sich zu Beginn der Legislatur noch vor der schwächelnden Weltwirtschaft fürchtete, stand kurz darauf die Covid-19-Pandemie und die daraus folgenden Probleme für die Wirtschaft, insbesondere für Veranstaltungsbetriebe, das Gastgewerbe und den Tourismus, im Zentrum. Mit einer Ausweitung der Kurzarbeitsentschädigungen für Angestellte und neu auch für Selbständigerwerbende, mit Überbrückungskrediten in der Höhe von CHF 40 Mrd., bei denen der Bund die Solidarhaftung übernahm, mit Massnahmen zur Vermeidung oder Aussetzung von Betreibungen und Konkursen, mit Härtefallhilfen sowie mit einmaligen Hilfezahlungen für bestimmte, besonders betroffene Sektoren versuchte der Bund die Auswirkungen der Pandemie auf die Schweizer Wirtschaft möglichst gering zu halten. Dennoch litt die Wirtschaft stark unter der Pandemie, im Jahr 2020 sank das BIP um 2.4 Prozent – zwischenzeitlich war es gar um 8.2 Prozent geradezu abgestürzt. Zwar erholte sich die Wirtschaft insgesamt in der Folge relativ rasch – 2021 lag das BIP-Wachstum bereits wieder bei 4.2 Prozent –, einzelne Bereiche blieben aber weiterhin stark von der Pandemie betroffen und mussten vom Bund weiterhin mit Härtefallhilfen unterstützt werden. Die letzten Einschränkungen für die Unternehmen fielen erst Anfang April 2022, als der Bundesrat zur normalen Lage gemäss Epidemiengesetz zurückkehrte (siehe auch Legislaturrückblick zur Gesundheitspolitik).

Die Covid-19-Krise wurde aus wirtschaftlicher Sicht aber sogleich von einer «Krise der Lebenskosten» abgelöst: Nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs stiegen die Energiepreise und in der Folge auch die übrigen Preise vergleichsweise stark an, im August 2022 lag die Inflation gegenüber dem Vorjahresmonat bei 3.5 Prozent, dem höchsten Wert seit 1993 – aber noch immer deutlich niedriger als in den meisten anderen Ländern Europas. Sowohl die Covid-19-Pandemie als auch der Ukraine-Krieg zeigten verschiedene wirtschaftliche Versorgungsprobleme auf und verdeutlichten die wirtschaftliche Abhängigkeit der Schweiz vom Ausland, was folglich immer häufiger Thema im Parlament wurde.

Über die Krisen hinaus stand insbesondere die Revision des OR bezüglich des Aktienrechts im Zentrum der parlamentarischen Diskussionen – über kein Geschäft wurde in diesem Themenbereich ausgiebiger gesprochen. Dieses bestand aus vier Teilen: aus Regelungen zur Stärkung der Aktionärsrechte in Umsetzung der Abzockerinitiative, aus einer wenig verbindlichen Frauenquote in den Unternehmensführungen, aus Vereinfachungen und Erleichterungen für Aktiengesellschaften sowie aus einer Stärkung der Transparenz im Rohstoffsektor. Letzteres wurde in einem eigenen Entwurf als indirekter Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative behandelt. Wie die Initiative beinhaltete auch der Gegenvorschlag neue Pflichten zur Berichterstattung und Sorgfaltsprüfung, beim Gegenvorschlag sollten diese jedoch international abgestimmt werden und keine Haftungsregeln z.B. für Tochtergesellschaften beinhalten. Nachdem die Konzernverantwortungsinitiative im November 2020 am Ständemehr gescheitert war, trat der Gegenvorschlag im Januar 2022 in Kraft.

Am selben Tag wurde auch die Initiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» abgelehnt. In ihrer Initiative hatten die Urheberinnen und Urheber ein Finanzierungsverbot für sämtliche Waffen vorgesehen, bislang besteht lediglich ein solches für Atomwaffen. Banken, Pensionskassen oder auch die AHV hätten demnach nicht mehr in Fonds von Unternehmen investieren dürfen, die mehr als 5 Prozent ihres Jahresumsatzes mit Waffen erzielen.

Ausgiebig diskutiert wurde im Parlament schliesslich auch ein weiterer Gegenvorschlag, nämlich derjenige zur Fair-Preis-Initiative. Durch kartellrechtliche Vorschriften, etwa durch Einschränkungen für relativ marktmächtige Unternehmen oder durch ein Diskriminierungsverbot im Online-Handel, sollte die Beschaffungsfreiheit von Schweizer Unternehmen im In- und Ausland gestärkt werden. In seinem Gegenvorschlag schlug der Bundesrat eine Stärkung der Parallelimporte vor. Nachdem das Parlament den bundesrätlichen Vorschlag im Sinne des Initiativkomitees noch verschärft und so verändert angenommen hatte, zogen die Initiantinnen und Initianten ihr Anliegen zurück.

Bei Abschluss der 51. Legislatur erst am Anfang seiner Behandlung, aber bereits äusserst umstritten, war die Totalrevision des Zollgesetzes, mit der die Eidgenössische Zollverwaltung weiterentwickelt und digitaler werden soll. Gegen den Willen seiner Kommission trat der Nationalrat auf die 57 Gesetze umfassende Revision ein.

Zudem startete das Parlament in Umsetzung zweier Motionen in die Beratung eines neuen Unternehmensentlastungsgesetzes, mit dem vermeidbare Bürokratie abgebaut werden soll, etwa durch die Prüfung des Entlastungspotenzials neuer Regulierungen oder durch die Stärkung der elektronischen Plattform «EasyGov». Darüber hinaus wurde in einem eigenen Entwurf eine sogenannte Regulierungsbremse vorgeschlagen, die ein qualifiziertes Mehr für Erlasse mit starker Belastung für die Unternehmen vorsah. Während der Ständerat im Juni 2023 die Unternehmensentlastung guthiess, trat er nicht auf die Regulierungsbremse ein.


Zu den Jahresrückblicken:
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Wirtschaftspolitik
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Rückblick auf die 51. Legislatur: Aussenpolitik

Autorinnen und Autoren: Amando Ammann und Marlène Gerber

Stand: 17.08.2023

Zwei Ereignisse prägten die Debatten in der Schweizer Aussenpolitik der 51. Legislatur in besonderem Masse. Das erste war der Abbruch der Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen, den der Bundespräsident nach einem Treffen mit der EU-Kommissionspräsidentin im April 2021 bekannt gab. Für zentrale substantielle Differenzen in den Bereichen Lohnschutz, Unionsbürgerrichtlinie und staatliche Beihilfen hatten die beiden Parteien keine Einigung erzielen können. Der Verhandlungsabbruch führte unter anderem zu einer Blockierung der Teilnahme am EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe» (siehe auch den Legislaturrückblick zur Bildung). Die daraufhin erfolgte Freigabe der zweiten Kohäsionsmilliarde durch die Schweiz trug nicht wesentlich zur Entspannung der Beziehungen bei. Nach mehreren Sondierungsgesprächen signalisierte der EU-Kommissar bei einem Besuch in der Schweiz in gewissen Punkten Entgegenkommen von Seiten der EU. Im Juni desselben Jahres verabschiedete der Bundesrat die Eckwerte für ein neues Verhandlungsmandat mit der EU.

Wie ein Damoklesschwert über den bereits belasteten Beziehungen mit der EU hing zuvor auch das Referendum gegen die Beteiligung der Schweiz am Ausbau von Frontex, da ein Nein an der Urne den Ausschluss aus Schengen hätte nach sich ziehen können. Im Mai 2022 sprachen sich indes sieben von zehn Abstimmenden für den Frontex-Ausbau aus. Auch im Jahr 2020 hatte das Parlament bereits intensiv über mögliche Folgen der Ablehnung einer Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands diskutiert: Zu Beginn hatte sich der Nationalrat geweigert, auf den Ausbau des Schengener Informationssystems (SIS) einzutreten, änderte seine Meinung nach den vom Ständerat eingefügten Änderungen jedoch, woraufhin die Weiterentwicklung genehmigt wurde.

Mit sofortiger Wirkung stellte der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine in der zweiten Hälfte der Legislatur andere aussenpolitischen Themen in den Schatten und prägte die Schweizer Aussenpolitik der 51. Legislatur fortan in aussergewöhnlichem Masse. In noch nie dagewesenem Ausmass übernahm die Schweiz Sanktionen der EU gegen Russland. Der Erlass und die Übernahme von Sanktionen führten auch im Parlament zu mehreren intensiven Debatten, insbesondere im Rahmen der Revision des Embargogesetzes, dessen Anpassung ursprünglich angegangen worden war, als der Bundesrat während der Krim-Krise 2014 beschlossen hatte, die EU-Sanktionen gegen Russland nicht zu übernehmen. In Zusammenhang mit den aktuellen Aggressionen wurden indes Kommissionsinitiativen lanciert, mit denen das für andere Staaten geltende Wiederausfuhrverbot von in der Schweiz erworbenen Rüstungsgütern gelockert werden soll. Direkt verknüpft wurden die Debatten um die Sanktionen und die Wiederausfuhr mit denjenigen zur Schweizer Neutralitätspolitik.

Ebenfalls Anlass für Diskussionen rund um das Neutralitätsverständnis bot der Umstand, dass die Schweiz im Juni 2022 und somit elf Jahre nach Ankündigung ihrer Kandidatur als nichtständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrats gewählt wurde.

Eine weitere aussenpolitische Premiere ereignete sich mit der Volksabstimmung über das Freihandelsabkommen mit Indonesien, denn zum ersten Mal in der Schweizer Geschichte war ein fakultatives Referendum zu einem Freihandelsabkommen zustande gekommen. Im März 2021 befürworteten knapp 52 Prozent der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmberechtigten das Freihandelsabkommen, das zwar erstmals Nachhaltigkeitskriterien einschloss, aber auch Zollerleichterungen für Palmöl beinhaltete.

Eine bedeutende Neuerung stellte nicht zuletzt auch die Aussenpolitische Strategie 2020-2023 dar, die zur Verbesserung der Kohärenz zwischen Innen- und Aussenpolitik erstmals in einem interdepartementalen Prozess erarbeitet worden war. Ebenfalls durften sich die Räte erstmals zur Aussenpolitischen Strategie äussern. Als weitere Folge der Praxisänderung erarbeitete der Bundesrat in der Folge Substrategien für verschiedene geographische Regionen, wobei die China-Strategie am meisten zu reden gab.

Im Bereich der Entwicklungspolitik führte die während Beginn der Corona-Pandemie im Rahmen der Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021-2024 diskutierte Frage zum prozentualen Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am Bruttonationaleinkommen für intensive Debatten im Parlament. Die finanzielle Belastung der Schweiz durch die Corona-Pandemie wurde auch als Argument vorgebracht, um die Beteiligung der Schweiz an den Kapitalerhöhungen der Weltbankgruppe und der Afrikanischen Entwicklungsbank zu verhindern. Die beiden Kammern nahmen die Krediterhöhungen jedoch an.


Zu den Jahresrückblicken:
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Aussenpolitik
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Rückblick auf die 51. Legislatur: Rechtsordnung

Autorinnen: Karin Frick und Anja Heidelberger

Stand: 17.08.2023

Zu Beginn der Legislatur stand insbesondere die Stärkung der Terrorismusbekämpfung in der Schweiz im Zentrum des Themenbereichs «Rechtsordnung». Dabei setzte der Bundesrat die Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung mittels drei Projekten um: Das Bundesgesetz über Vorläuferstoffe für explosionsfähige Stoffe soll den bisher im Vergleich zur EU einfacheren Kauf von chemischen Substanzen, die zur Herstellung von Sprengstoff verwendet werden können, erschweren. Durch die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität in Umsetzung des Europarat-Übereinkommens zur Verhütung des Terrorismus sollen bereits Handlungen im Vorfeld eines geplanten terroristischen Aktes strafbar gemacht werden. Und das an der Urne angenommene Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (PMT) soll der Polizei zusätzliche Instrumente gegen terroristische Gefährderinnen und Gefährder liefern, unter anderem indem verdächtige Personen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden.

Während sicherheitspolitische Argumente gemäss Nachabstimmungsbefragung zum Terrorismusgesetz an der Volksabstimmung von zentraler Bedeutung waren, spielten sie bei der Annahme der Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot» im März 2021 eine eher untergeordnete Rolle. Als Hauptargument zur Annahme der Initiative, die ein Verbot der Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum und an öffentlich zugänglichen Orten beinhaltete, wurde der Schutz der Schweizer Werte und Kultur genannt. Der bundesrätliche Gesetzesvorschlag zur Umsetzung der Initiative befand sich Ende der Legislatur noch in parlamentarischer Beratung.

Auch zu Beginn der Legislatur abgeschlossen werden konnte die Totalrevision des Datenschutzgesetzes, wobei vor allem die Voraussetzungen, unter denen das sogenannte Profiling, d.h. die Verknüpfung von Daten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, zulässig ist, umstritten waren. Im Juni 2021 lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zudem die Einführung einer E-ID ab, wobei nicht in erster Linie die E-ID an sich, sondern deren Herausgabe durch private Anbieter anstelle des Staates kritisiert wurde.

Das grösste Gesetzgebungsprojekt im Themenbereich «Rechtsordnung» war die Strafrahmenharmonisierung und Anpassung des Nebenstrafrechts an das neue Sanktionenrecht – tatsächlich widmete das Parlament in dieser Legislatur keiner anderen Vorlage mehr Diskussionszeit (gemessen an der Anzahl Wörter). Damit sollten die aus den 1940er-Jahren stammenden Strafen mit den heutigen Werthaltungen in Einklang gebracht und deren Verhältnis zueinander neu ausgelotet werden. Diskutiert wurde dabei insbesondere über eine Verschärfung der Strafen für Gewalt gegen Behörden und Beamte sowie über die Revision des Sexualstrafrechts, welche aber aufgrund des grossen Besprechungsbedarfs in einen eigenen Entwurf ausgelagert wurde. Dabei entschied sich das Parlament nach langen Diskussionen, die auch in der Gesellschaft und den Medien widerhallten, gegen eine neue «Nur-Ja-heisst-Ja»-Regelung, die Vergewaltigung zukünftig als sexuelle Handlungen ohne Einwilligung des Opfers definiert hätte. Stattdessen ergänzte es die sogenannte «Nein-heisst-Nein»-Regelung dahingehend, dass auch ein allfälliger Schockzustand des Opfers erfasst wird. Nach der neuen Definition wird bei einer Vergewaltigung nicht mehr vorausgesetzt, dass das Opfer zur sexuellen Handlung genötigt wurde. Zudem können künftig nicht mehr nur Frauen als Opfer einer Vergewaltigung anerkannt werden.

Ausführlich debattiert wurde auch die Revision der Strafprozessordnung (StPO). Nachdem das Parlament – nach einem Urteil des EGMR – kurzfristig bereits eine Gesetzeslücke bei der Sicherheitshaft geschlossen hatte, befasste es sich mit problematischen Aspekten der Strafprozessordnung, um die Praxistauglichkeit bestimmter Bestimmungen zu verbessern. Im Hauptstreitpunkt, wonach Beschuldigte zukünftig nicht mehr bei allen Einvernahmen anderer Personen anwesend sein sollten, damit es nicht zu Absprachen kommt, lehnte das Parlament nach langen Diskussionen eine Änderung des Status quo ab.

Schliesslich stand neben dem Strafrecht auch das Zivilrecht im Mittelpunkt des Interesses, als in der Zivilprozessordnung der Zugang zum Gericht erleichtert und die Rechtssicherheit verbessert werden sollte. Die Aufmerksamkeit galt aber vielmehr einer vom Parlament verschärften Regelung, welche eine Verhinderung des Erscheinens von Medienartikeln durch eine superprovisorische Verfügung einfacher möglich machte (siehe auch Legislaturrückblick «Médias»).

Für mediale Aufmerksamkeit sorgten während der 51. Legislatur auch immer wieder Demonstrationen gegen im Zuge der Covid-19-Pandemie beschlossene Massnahmen. Diese verstärkten sich im Laufe des Jahres 2021 und erreichten nach Einführung der Zertifikatspflicht gegen Ende des Jahres 2021 ihren Höhepunkt. Die aufgeladene Stimmung gipfelte darin, dass das Bundeshaus aufgrund befürchteter Ausschreitungen am Abstimmungssonntag zur zweiten Revision des Covid-19-Gesetzes von der Polizei grossräumig abgeriegelt wurde – eine weitere Eskalation blieb jedoch aus.


Zu den Jahresrückblicken:
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Rechtsordnung
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Rétrospective sur la 51ème législature : Energie

Auteur.e.s : Guillaume Zumofen, Marco Ackermann et Anja Heidelberger

Etat au 17.08.2023

Durant la 51ème législature, la discussion autour de l’approvisionnement en électricité fut centrale pour la politique énergétique. Au début de la législature, l’accent a été mis sur la révision de la loi sur l’énergie (EnG) qui devait permettre de prolonger les mesures d’encouragements en vigueur depuis 2017 ainsi que de renforcer leur compétitivité. D’autre part, un avant-projet de la révision de la loi sur l’approvisionnement en électricité prévoyant la libéralisation complète du marché électrique était déjà en discussion à ce moment-là, alors qu’un accord sur l’électricité avec l’UE restait sujet à des négociations en lien avec ce dossier. En 2021, ce dernier s’est vu retardé en raison de l’interruption des négociations sur l’accord cadre. En effet, comme l’accord-cadre était pour l’UE une condition préalable pour un accord sur l’électricité, les échanges sur l’accord sur l’électricité ont été mis de côté.
En juin 2021, le Conseil fédéral a présenté son message pour une loi fédérale relative à un approvisionnement en électricité sûr reposant sur des énergies renouvelables, dans laquelle il a combiné les deux révisions en suspens. Ainsi, la loi comprenait une augmentation des capacités nationales en énergies renouvelables, la création d'une réserve d'électricité pour l'hiver et la libéralisation complète du marché suisse de l'électricité. Au cours de la 51e législature, aucun autre projet n'a été aussi longuement débattu au Parlement (mesuré par le nombre de mots utilisé par les politicien.ne.s). Cependant, la loi n’a pas encore pu être finalisée. Afin d'éviter l'expiration fin 2022 de certaines mesures de promotion de l'énergie prévues dans le premier paquet énergétique de la stratégie énergétique 2050, le Parlement a établi une solution transitoire.

Le thème de l’approvisionnement en électricité a occupé le haut de l'agenda durant l’année 2022. Premièrement, le prix et la demande en énergie ont augmenté en raison de la forte volatilité du marché international de l’énergie – renforcée par la guerre en Ukraine et les sanctions occidentales qui l’ont accompagnées – et ont généré de l’inflation. De plus, l’instabilité des centrales nucléaires françaises a donné naissance à des inquiétudes concernant une pénurie d’électricité durant l’hiver 2022/2023 et des prix encore plus hauts pour l’année suivante. En réaction, le Conseil fédéral a pris plusieurs mesures sur le court et moyen terme. Il a suggéré la création d’une réserve hydroélectrique et de centrales à gaz de réserve, a réduit le débit résiduel des centrales hydroélectriques, a prévu d’accélérer et de simplifier les procédures d'autorisation pour les grandes installations hydroélectriques et éoliennes et a aussi élaboré une stratégie en cas de pénurie d’électricité et de gaz. Le Parlement a, en outre, écrit une loi urgente pour l’expansion du photovoltaïque, notamment en montagne, tout comme pour confirmer le rehaussement du barrage de Grimsel. Le soutien financier d’entreprises électriques d’importance systémique a aussi été nécessaire, afin de contrer une faillite à cause d’un manque de liquidité – Alpiq et Axpo ont notamment été touchés par des difficultés financières. Cette loi a suscité des débats importants au Parlement. Parallèlement, le Parlement a adopté de nombreuses interventions visant à garantir l'approvisionnement énergétique de la Suisse sur le long terme.

Le nucléaire est un sujet qui n’a cessé de revenir sur le tapis. Il a été central en un sens le 20 décembre 2019 avec la mise à l’arrêt de la centrale nucléaire de Mühleberg (BE); première centrale nucléaire conventionnelle à être mise à l'arrêt en Suisse. En septembre 2022, après de nombreuses années de procédure d’analyse, la Nagra a défini un lieu en profondeur sur le site nord de Lägern entre les cantons d’Argovie et de Zurich qui permettra de stocker les déchets radioactifs. Mais aussi, compte tenu de la pénurie d'électricité, l'exigence de lever l'interdiction de construire de nouvelles centrales nucléaires, basée sur la Stratégie énergétique 2050, a reçu un nouvel élan en 2022 – stimulé entre autres par le lancement de l'initiative populaire «De l'électricité pour tous en tout temps. Stop au black-out», qui voulait considérer comme admissibles «toute forme de production d’électricité respectueuse du climat».

En conclusion, afin de sécuriser l’approvisionnement énergétique helvétique, le Parlement n’a, d’un côté, pas hésité à booster à long terme les énergies renouvelables comme le photovoltaïque, l’éolien ou encore l’hydroélectrique mais également, d’un autre côté, n’a pas hésité à ressortir de sa manche des énergies non renouvelables comme le gaz ou le nucléaire.


Les rétrospectives annuelles:
2020
2021
2022

Rétrospective sur la 51ème législature: Energie
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Rétrospective de la 51e législature : La gestion du système politique face aux (grandes) crises

Auteures: Anja Heidelberger et Marlène Gerber

Traduction: Lloyd Fletcher et Karel Ziehli

Etat au 17.08.2023

Les événements, histoires et débats politiques qui ont eu lieu en très grand nombre au cours de la 51e législature peuvent être retracés de manière détaillée dans nos rapports de législature, classés par thèmes politiques. Toutefois, on se souviendra sans doute surtout des différentes crises qui ont secoué la Suisse au cours de cette législature. En effet, pratiquement aucun domaine politique n'a échappé à au moins une grande crise au cours des quatre dernières années. Par conséquent, nous mettons l'accent, dans cette rétrospective transversale de la 51e législature, sur ces crises et leurs nombreuses répercussions sur la politique et la société.

La pandémie de Covid-19
La pandémie de Covid-19 a eu des répercussions sur presque tous les domaines politiques. En effet, outre le système de santé fortement touché et mis à contribution, les mesures de lutte contre la pandémie ont posé de gros problèmes à différentes branches et catégories de personnes – en particulier aux entreprises et aux indépendants, que le Conseil fédéral a aidés en étendant les allocations pour perte de gain et le chômage partiel et en créant des crédits-relais et des aides pour les cas de rigueur. Les médias, les acteurs culturels, les ligues et associations sportives ainsi que les transports publics et le transport aérien ont également bénéficié de soutiens financiers, tandis que des mesures d’un autre type ont été réclamées dans le domaine des écoles ainsi que pour les loyers commerciaux. Les mesures exhaustives prises pour lutter contre la pandémie ont entraîné un déficit budgétaire considérable, amenant le Parlement à prolonger le délai du remboursement de la dette afin d’éviter des coupes budgétaires draconiennes. La pandémie a également été une charge pour la population, avec des baisses de salaires (lors du chômage partiel), la garde d'enfants en télétravail ou encore l'anxiété. En outre, la pandémie a également posé un problème à la société dans son ensemble, en entraînant (ou en renforçant) une perte de confiance d'une partie de la population dans le gouvernement. Une partie de la population suisse s’est montrée sceptique quant à la vaccination contre le Covid-19, ce qui a suscité des débats émotionnels autour de l'introduction dudit certificat Covid-19. En revanche, tant l'armée, la protection civile et le service civil – en effectuant de nombreuses heures dans des interventions, notamment dans le domaine de la santé – que le monde de la recherche qui a développé des vaccins et des médicaments contre le Covid-19 ont pu démontrer leur utilité dans le cadre de la pandémie. Enfin, la pandémie a également stimulé le télétravail et, plus généralement, la flexibilisation et la numérisation du monde du travail. Au cours de la 51e législature, le peuple et les cantons ont également accepté l'initiative sur les soins, qui contenait des mesures visant à garantir les soins infirmiers de base, dont l'importance a été soulignée pendant la pandémie.

La pandémie a également eu des répercussions sensibles sur le système institutionnel. Au début, le gouvernement a clairement pris les choses en main, prenant toutes les décisions importantes après la proclamation de la situation extraordinaire au sens de la loi sur les épidémies grâce à des décrets d'urgence fondés sur la Constitution et à la loi sur les épidémies, tandis que le Parlement a interrompu prématurément sa session de printemps en raison du début de la pandémie. Le Parlement a obtenu davantage de marge de manœuvre lorsque les ordonnances d'urgence ont dû être remplacées par une loi au bout de six mois, conformément à la Constitution – l'examen de la loi Covid 19 et de ses cinq révisions à ce jour ont donné lieu à des débats animés au Parlement et parfois à des modifications centrales des projets du Conseil fédéral. Les droits populaires ont également connu un coup d'arrêt temporaire, bien que le corps électoral a pu ensuite s'exprimer à trois reprises sur les révisions de la loi Covid 19, qu'il a à chaque fois approuvées. Non seulement les relations entre l'exécutif et le législatif, mais aussi la position des cantons dans la pandémie ont fait l'objet de discussions récurrentes. Ainsi, la déclaration de la situation extraordinaire avait clairement fait basculer le rapport de force en faveur de la Confédération. Certaines phases durant lesquelles les cantons ont temporairement pris le contrôle ont abouti à des patchworks de réglementations entre cantons et à des appels fréquents pour que la Confédération prennent à nouveau les décisions. L'année 2022 a finalement été marquée par les premières tentatives de résoudre politiquement la crise de la Covid-19, avec des propositions discutées pour rendre la Confédération et le Parlement plus résistants aux crises.

La guerre en Ukraine et les problèmes d'approvisionnement en énergie
Immédiatement après la pandémie, la guerre d'agression contre l'Ukraine a attiré l'attention sur des thèmes qui étaient auparavant moins mis en lumière. Ainsi, la guerre a déclenché en Suisse des discussions animées sur l'orientation de la politique étrangère et de la neutralité, après que la Confédération a repris les sanctions décidées par l'UE contre la Russie et que la question de la livraison d’armes à l’Ukraine s’est posée. Cette crise a conduit à l'accueil de réfugié.e.s ukrainien.ne.s en Suisse et à la première utilisation du statut de protection S, ainsi qu'à l'augmentation du budget militaire jusqu'en 2030 et à des discussions sur la sécurité de l'approvisionnement dans le secteur agricole. De plus, la Banque nationale suisse (BNS) a enregistré une perte de 150 milliards de CHF en 2022, qu'elle a notamment attribué aux conséquences de la guerre en Ukraine sur l'économie mondiale.

Conséquence directe de la guerre en Ukraine, les problèmes d'approvisionnement en énergie se sont intensifiés, entraînant une hausse des prix de l'énergie, ce qui s'est répercuté sur les autres prix. En réaction à une possible pénurie d'énergie, le Conseil fédéral a principalement misé sur les énergies renouvelables, tout en faisant construire des centrales de réserve à gaz en cas d'urgence. Des débats sur les avantages de l'énergie nucléaire ont également refait surface dans le monde politique. Enfin, on suppose que la crise énergétique a contribué à la majorité en faveur du contre-projet indirect à l'initiative des glaciers, bien que des projets d'expansion de l'approvisionnement en électricité en hiver aient été privilégiés au Parlement par rapport aux préoccupations environnementales.

Dans l'ensemble, les différentes crises survenues au cours de la 51e législature ont mis en évidence une vulnérabilité d’une ampleur inattendue en matière de sécurité de l'approvisionnement dans de nombreux domaines, en particulier dans le domaine médical, comme les unités de soins intensifs et les médicaments, ainsi que dans le domaine économique, notamment en matière d'énergie et d'agriculture.

Ce qui a également été important
Bien entendu, la 51e législature a également été marquée par des événements, des choix et des décisions politiques importants, indépendamment des crises.

La rupture des négociations sur l'accord-cadre institutionnel en avril 2021 a particulièrement marqué les relations entre la Suisse et l'UE. Le refus de l'accord-cadre a conduit tant à un blocage de la participation suisse au programme de recherche européen « Horizon Europe »; une situation que même le déblocage du deuxième milliard de cohésion ne changera pas. Après plusieurs autres entretiens exploratoires entre la Suisse et l'UE, le Conseil fédéral a adopté en 2023 des lignes directrices pour un nouveau mandat de négociation avec l'UE.

L'effondrement de Credit Suisse en mars 2023 et son rachat par UBS ont également suscité une attention particulière. C’est pour enquêter sur ces événements que le Parlement a décidé d’instituer la cinquième commission d'enquête parlementaire de l'histoire suisse.

Les femmes ont écrit l'histoire en augmentant de manière significative leur représentation dans les deux chambres lors des élections fédérales de 2019. Près de cinquante ans après l'introduction du droit de vote des femmes – la 51e législature a également été l'occasion de célébrer le 50e anniversaire –, la proportion de femmes au Conseil national a dépassé pour la première fois les 40 pour cent, tandis que celle au Conseil des États s'élevait à 26 % après les élections.

Bien que le Parlement soit devenu plus vert avec les dernières élections fédérales, les questions climatiques ont surtout été au centre de l'attention en 2021, lorsque le corps électoral a rejeté de justesse la révision totale de la loi sur le CO2. En revanche, la loi sur le climat et l'innovation, qui constituait un contre-projet indirect à l'initiative des glaciers, été approuvée en votation populaire en 2023.

De manière générale, le taux d'acceptation des projets soumis au référendum facultatif au cours de la 51e législature a été relativement faible par rapport aux législatures précédentes, avec 7 échecs sur un total de 21 référendums. De plus, la participation électorale a été élevée de 5 points de pourcentage en plus par rapport à la moyenne depuis 1990, ce qui pourrait être lié au climat politique enflammé pendant la pandémie de Covid-19. Le taux d'acceptation des initiatives lors de la 51e législature a été relativement élevé (3 initiatives sur 13), tandis que le nombre d'initiatives populaires soumises au vote a été moins élevé que lors des législatures précédentes. En revanche, le Conseil fédéral et le Parlement ont élaboré de nombreux contre-projets directs ou indirects aux initiatives populaires au cours de cette législature.


Vous trouverez des informations sur les votations populaires ainsi que des explications sur les objets parlementaires et des descriptions des événements centraux de la 51e législature dans les différentes rétrospectives thématiques de la législature ainsi que dans les rétrospectives annuelles qui y sont liées.

Liens vers les rapports de législature, classés par thèmes politiques:
Problèmes politiques fondamentaux
Ordre juridique
Institutions et droits populaires
Structures fédéralistes
Elections
Politique étrangère
Armée
Politique économique
Crédit et monnaie
Agriculture
Finances publiques
Energie
Transports et communications
Aménagement du territoire et logement
Protection de l'environnement
Population et travail
Santé
Assurances sociales
Groupes sociaux
Enseignement et recherche
Culture, langues, églises
Médias

Rückblick auf die 51. Legislatur: Vom Umgang des politischen Systems mit (grossen) Krisen
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Rückblick auf die 51. Legislatur: Vom Umgang des politischen Systems mit (grossen) Krisen

Autorinnen: Anja Heidelberger und Marlène Gerber

Stand: 17.08.2023

Die unzähligen Geschichten, Ereignisse und politischen Diskussionen, die sich während der 51. Legislatur ereigneten, lassen sich ausführlich in unseren thematischen Legislaturrückblicken nachlesen. In Erinnerung bleiben werden aber wohl in erster Linie die verschiedenen Krisen, welche die Schweiz in dieser Legislatur beschäftigt haben. So war denn auch kaum ein Themenbereich nicht von mindestens einer grossen Krise betroffen. Folglich stellen wir die Krisen und deren zahlreiche Auswirkungen für Politik und Gesellschaft in den Fokus dieses themenübergreifenden Rückblicks auf die 51. Legislatur.

Die Covid-19-Pandemie
Insbesondere die Covid-19-Pandemie hatte Auswirkungen auf fast alle Politikfelder, denn neben dem stark betroffenen und belasteten Gesundheitssystem stellten die Massnahmen im Kampf gegen die Pandemie verschiedene Branchen und Personengruppen vor grosse Probleme – insbesondere auch die Unternehmen und Selbständigerwerbenden, denen der Bundesrat etwa durch Ausdehnung des Erwerbsersatzes und der Kurzarbeit sowie mit der Schaffung von Corona-Krediten und Härtefallhilfen entgegen kam. Finanziell unterstützt wurden insbesondere auch die Medien, die Kulturunternehmen und Kulturschaffenden, die Sportligen und -vereine sowie der öffentliche Verkehr und der Luftverkehr, während etwa im Bereich der Schulen, aber auch bei den Geschäftsmieten alternative Regelungen gefragt waren. Die umfassenden Massnahmen gegen die Pandemie führten in der Folge zu einem grossen Loch im Bundeshaushalt, dessen Abbaufrist das Parlament verlängerte, um einschneidende Sparrunden zu verhindern. Eine Belastung war die Pandemie auch für die Bevölkerung, welche etwa durch tiefere (Kurzarbeits-)Löhne, Kinderbetreuung im Home-Office oder Angstgefühle. Zudem stellte die Pandemie auch ein Problem für die Gesellschaft als Ganzes dar, indem sie bei Teilen der Bevölkerung zu einem Vertrauensverlust in die Institutionen führte (oder diesen verstärkte). Teile der Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz standen denn auch der Covid-19-Impfung skeptisch gegenüber, was zu besonders emotionalen Diskussionen rund um die Einführung des sogenannten Covid-19-Zertifikats führte. Hingegen konnten Armee, Zivilschutz und Zivildienst in zahlreichen Einsatzstunden v.a. im Gesundheitsbereich, aber etwa auch die Forschung bei der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten gegen Covid-19 ihren Nutzen im Rahmen der Pandemie unter Beweis stellen. Schub bedeutete die Pandemie schliesslich für die Förderung von Homeoffice und allgemein für die Flexibilisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt. In der 51. Legislatur nahmen Volk und Stände auch die Pflegeinitiative an, welche Massnahmen enthielt, um die pflegerische Grundversorgung zu sichern, deren Wichtigkeit im Zuge der Pandemie noch verdeutlicht worden war.

Spürbare Auswirkungen hatte die Pandemie auch auf das Institutionengefüge. Zu Beginn nahm eindeutig die Regierung das Zepter in die Hand, welche nach Ausrufen der ausserordentlichen Lage gemäss Epidemiengesetz mithilfe von auf der Verfassung beruhenden Notverordnungen und dem Epidemiengesetz alle wichtigen Entscheidungen traf, während das Parlament wegen des Ausbruchs der Pandemie die eigene Frühjahrssession vorzeitig abbrach. Mehr Spielraum erhielt das Parlament, als die Notverordnungen nach sechs Monaten verfassungsmässig durch ein Gesetz ersetzt werden mussten – die Beratung des Covid-19-Gesetzes und seine bisher fünfmalige Revision führten zu angeregten Debatten im Parlament und teilweise zu zentralen Änderungen an den bundesrätlichen Entwürfen. Zwischenzeitlich zum Stillstand kamen auch die Volksrechte, zu den Revisionen der Covid-19-Gesetze konnte sich die Stimmbevölkerung jedoch dann insgesamt dreimal äussern, wobei sie diese jeweils guthiess. Doch nicht nur das Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative, sondern auch die Stellung der Kantone in der Pandemie sorgte immer wieder für Diskussionen. So hatte die Ausrufung der ausserordentlichen Lage die Kräfteverhältnisse eindeutig zugunsten des Bundes verschoben. Einzelne Phasen, in denen die Entscheidungsgewalt temporär bei den Kantonen lag, endeten zudem jeweils in sogenannten Flickenteppichen an Regelungen zwischen den Kantonen und nicht selten auch in dem Ruf nach erneuten Entscheidungen durch den Bund. Das Jahr 2022 stand schliesslich im Zeichen erster politischer Aufarbeitung der Covid-19-Krise, wobei insbesondere Vorstösse diskutiert wurden, mit denen Bund und Parlament krisenresistenter gemacht werden sollten.

Krieg in der Ukraine und Energiekrise
Gleich im Anschluss an die Pandemie erhielten mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine zuvor etwas weniger beleuchtete Themenbereiche aussergewöhnlich hohe Aufmerksamkeit. So löste der Krieg in der Schweiz hitzige Diskussionen zur Ausrichtung der Aussen- und Neutralitätspolitik aus, nachdem der Bund die von der EU beschlossenen Sanktionen gegen Russland und in der Folge auch alle Ausweitungen übernommen hatte und überdies über Waffenlieferungen an die Ukraine diskutiert wurde. Der Krieg führte in der Schweiz unter anderem zur Aufnahme von Flüchtenden aus der Ukraine und zur ersten Ausrufung des Schutzstatus S, aber auch zur Aufstockung des Militärbudget bis 2030 sowie zu Diskussionen über die Versorgungssicherheit im Landwirtschaftsbereich. Darüber hinaus verzeichnete die SNB im Jahr 2022 einen Verlust von CHF 150 Mrd., den sie unter anderem auf die weltwirtschaftlichen Folgen des Ukrainekriegs zurückführte.

Als direkte Folge des Ukraine-Krieges verstärkte sich zudem die Versorgungsproblematik im Energiebereich, woraufhin die Energiepreise anstiegen, was sich auch auf die übrigen Preise auswirkte. Als Reaktion auf die mögliche Energieknappheit wollte der Bundesrat in erster Linie auf erneuerbare Energien setzen, für den Notfall liess er jedoch Reservegaskraftwerke bauen. Auch flammten in der Politik gleichzeitig Diskussionen um die Vorteile von Atomkraft auf. Schliesslich wird vermutet, dass die Energiekrise dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative zu einer Mehrheit verhalf, gleichzeitig wurde aber Ausbauprojekten zur Stromversorgung im Winter im Parlament Vorrang gegenüber Umweltbedenken gegeben.

Insgesamt zeigten die verschiedenen Krisen während der 51. Legislatur eine ungeahnt grosse Vulnerabilität bezüglich der Versorgungssicherheit in zahlreichen Bereichen auf, insbesondere im medizinischen Bereich, etwa bei den Intensivstationen und den Medikamenten, aber auch im wirtschaftlichen Bereich, hier insbesondere bei der Energie und in der Landwirtschaft.

Was sonst noch wichtig war
Natürlich brachte die 51. Legislatur auch unabhängig von den Krisen wichtige Ereignisse, Weichenstellungen und politische Entscheide mit sich.

Der im April 2021 erfolgte Abbruch der Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen prägte die Beziehungen der Schweiz mit der EU in besonderem Masse. So führte der Verhandlungsabbruch etwa auch zu einer Blockierung der Teilnahme am EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe», woran auch die Freigabe der zweiten Kohäsionsmilliarde nichts änderte. Nach verschiedenen weiteren Sondierungsgesprächen zwischen der Schweiz und der EU verabschiedete der Bundesrat 2023 Eckwerte für ein neues Verhandlungsmandat mit der EU.

Für besonderes Aufsehen sorgte auch der im März 2023 bekannt gewordene Untergang der Credit Suisse respektive deren Übernahme durch die UBS. Zur Aufarbeitung dieser Geschehnisse wurde die fünfte parlamentarische Untersuchungskommission der Schweizer Geschichte initiiert.

Geschichte schrieben auch die Frauen, die bei den eidgenössischen Wahlen 2019 ihre Vertretung in den beiden Räten signifikant hatten steigern können. Fast fünfzig Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts – in der 51. Legislatur fanden auch die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum statt – betrug der Frauenanteil im Nationalrat erstmals über 40 Prozent, derjenige im Ständerat belief sich nach den Wahlen auf 26 Prozent.

Generell war die Annahmequote von durch das fakultative Referendum initiierten Abstimmungsvorlagen in der 51. Legislatur im Vergleich zu vorherigen Legislaturen eher niedrig, so scheiterten 7 von insgesamt 21 solcher Referendumsvorlagen. Zudem lag die Abstimmungsbeteiligung im langjährigen Schnitt (seit 1990) um 5 Prozentpunkte höher, was mit der während der Covid-19-Pandemie aufgeheizten politischen Stimmung in Zusammenhang stehen könnte. Die Annahmequote von Initiativen in der 51. Legislatur war vergleichsweise hoch (3 von 13 Initiativen), während gleichzeitig eher über weniger Volksbegehren abgestimmt wurde als in früheren Legislaturen. Dafür erarbeiteten Bundesrat und Parlament in dieser Legislatur auch zahlreiche direkte Gegenentwürfe oder indirekte Gegenvorschläge zu Volksinitiativen.


Informationen zu den Abstimmungsvorlagen sowie Ausführungen zu den in den jeweiligen Themenbereichen zentralen Geschäften und Ereignissen der 51. Legislatur finden Sie in den einzelnen thematischen Legislaturrückblicken sowie in den dort verlinkten Jahresrückblicken.

Zu den thematischen Legislaturrückblicken:
Politische Grundfragen
Rechtsordnung
Institutionen und Volksrechte
Föderativer Aufbau
Wahlen
Aussenpolitik
Landesverteidigung
Wirtschaftspolitik
Geld, Währung, Kredit
Landwirtschaft
Öffentliche Finanzen
Energie
Verkehr und Kommunikation
Raumplanung und Wohnungswesen
Umweltschutz
Bevölkerung und Arbeit
Gesundheit
Sozialversicherungen
Soziale Gruppen
Bildung und Forschung
Kultur, Sprache, Kirche
Medien

Rückblick auf die 51. Legislatur: Vom Umgang des politischen Systems mit (grossen) Krisen
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Mitte Juli 2023 reiste Bundesrat Cassis für ein Treffen mit dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Maroš Šefčovič nach Brüssel, um eine Standortbestimmung der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU vorzunehmen. Der Bundesrat gab in seiner Medienmitteilung bekannt, dass der Besuch eine Fortsetzung der regelmässigen Kontakte zwischen den beiden Amtsträgern darstelle, wobei der letzte Austausch im März 2023 stattgefunden habe. Die Gespräche seien nun auf Basis der Eckwerte für ein mögliches Verhandlungsmandat weitergeführt worden. Cassis und Šefčovič unterhielten sich unter anderem über die Fortschritte auf technischer und diplomatischer Ebene. Aussenminister Cassis betonte, dass die Schweiz Lösungen finden wolle, die breite Akzeptanz geniessen, damit ein Verhandlungsmandat verabschiedet werden könne. Er beteuerte, dass der Abgang von Chefunterhändlerin Livia Leu die Verhandlungen nicht verzögern werde. «Le Temps» gab sich angesichts dieser Versprechungen skeptisch, denn das Zeitfenster für einen baldigen Abschluss sei klein, schliesslich wolle der Bundesrat erst Ende Jahr über das Verhandlungsmandat entscheiden und im Sommer 2024 finde bereits die Europawahl statt.

Bundesrat Cassis trifft Maroš Šefčovič in Brüssel
Dossier: Entwicklung der bilateralen Beziehungen mit der EU nach dem Scheitern des Rahmenabkommens

Die Nachfolge der abtretenden Staatssekretärin Livia Leu hatte in der Öffentlichkeit für viel Spekulation und Spannung gesorgt. In den Medien kursierten diverse Namen, denen man es zutraute, Leu als Staatssekretärin des EDA und vor allem als Chefunterhändlerin mit der EU abzulösen.
Ende Juni 2023 ernannte der Bundesrat mit Alexandre Fasel schliesslich den in den Medien zuvor meistgenannten Kandidaten zum neuen Staatssekretär im EDA. Dieser war bis zu seiner Ernennung Sonderbeauftragter für Wissenschaftsdiplomatie im internationalen Genf. Fasel verfüge «dank seiner langen Karriere als Missionschef auf multilateraler und bilateraler Ebene sowie seiner zahlreichen Positionen in Bern» über die nötigen Qualitäten und Erfahrungen für das Amt, teilte der Bundesrat in seiner Medienmitteilung mit. Unter anderem hatte Fasel von 2017 bis 2021 als Schweizer Botschafter in London gearbeitet und die Umsetzung des Brexit verfolgt.

Zwar galt Fasel lange Zeit als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Leu, doch die Wahl war gemäss «Le Temps» trotzdem eine halbe Überraschung, hatte sich Fasel doch gar nicht erst auf die Stelle beworben, weil ihm das Auswahlverfahren missfiel. EDA-Vorsteher Cassis gestand vor den Medien, dass ihn die erste Liste der Findungskommission nicht überzeugt habe, weshalb er Fasel direkt nach seiner Verfügbarkeit gefragt habe. In dieser «Vertrauensbeziehung» zwischen Fasel und Cassis sah die NZZ denn auch bereits eine Verbesserung gegenüber dem Duo Livia Leu – Ignazio Cassis, bei dem «die Chemie nicht immer gestimmt» habe. Als sechster Staatssekretär im EDA seit 2014 – und dem Beginn der Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen – stehe Fasel vor keiner einfachen Aufgabe, schrieb die Zeitung weiter. Nebst zahlreichen schwierigen Dossiers wie zum Beispiel dem Umgang mit dem Ukraine-Krieg und dem Einsitz im UNO-Sicherheitsrat werde Fasel ab September 2023 auch die laufenden Sondierungsgespräche zwischen Bern und Brüssel leiten müssen. Bundesrat Cassis wollte sich vor den Medien noch nicht darauf festlegen, ob Fasel auch die nachfolgenden Verhandlungen mit der EU führen wird. Mit den kurz vor der Ernennung verabschiedeten Eckwerten für das neue Verhandlungsmandat wurde ein erster Schritt dazu bereits gemacht, stellte «La Liberté» fest.

Alexandre Fasel wird neuer Staatssekretär im EDA
Dossier: Entwicklung der bilateralen Beziehungen mit der EU nach dem Scheitern des Rahmenabkommens

Ende November 2022 präsentierte der Bund erste Zwischenergebnisse zur Evaluation des Schutzstatus S, Ende Juni 2023 folgten die definitiven Ergebnisse der Schlussevaluation. Beide Berichte der Evaluationsgruppe unter der Leitung von Alt-National- und -Regierungsrat Urs Hofmann (sp, AG) zogen im Grunde eine positive Bilanz und betonten, dass die rasche Schutzgewährung für die Entlastung des Schweizer Asylsystems unentbehrlich gewesen sei. Der Status S habe sich bewährt und die Entlastung des Asylsystems habe insgesamt gut funktioniert. Dennoch orteten die Evaluatorinnen und Evaluatoren an verschiedenen Stellen Anpassungsbedarf und formulierten im Schlussbericht entsprechende Empfehlungen zuhanden der zuständigen Akteure.

Während sich Personen im ordentlichen Asylverfahren bis zu 140 Tage in einem Bundesasylzentrum (BAZ) aufhielten, belief sich diese Dauer bei Personen aus der Ukraine aufgrund des raschen und unbürokratischen Verfahrens lediglich auf ein bis drei Tage. Dies habe zwar dazu beigetragen, dass das SEM mit den ordentlichen Asylverfahren für Personen aus anderen Staaten nicht überlastet gewesen sei, habe aber «grosse Auswirkungen» auf die unteren föderalen Ebenen und die Städte gehabt, so das Fazit des Zwischenberichts: Diesen sei kaum Zeit geblieben, geeignete Unterkünfte zu suchen oder Massnahmen zur Unterstützung besonders vulnerabler Personen in die Wege zu leiten. Ebenfalls seien die Kantone für die Erstinformation sowie für die medizinischen Abklärungen verantwortlich gewesen; im ordentlichen Verfahren ist jeweils der Bund dafür zuständig. In ihrem Zwischenbericht ortete die Evaluationsgruppe deshalb auch Konkretisierungsbedarf, was die Aufgabenteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden anbelangt.

Ferner lobte die Evaluationsgruppe in ihrem Zwischenbericht die private Unterbringung von schutzsuchenden Personen, die aktuell für 60 Prozent aller Personen mit Schutzstatus S gewährt werden könne und die für die Bewältigung der Krise von grosser Wichtigkeit gewesen sei. Gleichzeitig habe die visumfreie Einreise und die damit möglich gewordene selbständige Unterkunftssuche über Verwandte, Bekannte oder soziale Netzwerke erstmals zu einer «spontanen Niederlassung» geführt, was die Behörden vor Herausforderungen gestellt habe, insbesondere auch was die Einhaltung des vereinbarten Verteilschlüssels angehe. Die private Unterbringung soll in ein Notfallkonzept integriert werden, wozu es jedoch vorgängig noch gewisser Klärungen und Absprachen zwischen Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden bedürfe, so die Evaluationsgruppe.

Im Schlussbericht erachtete die Evaluationsgruppe die Notfallplanung nach wie vor als zu wenig konkret, hier seien weitere Absprachen mit Bund und Kantonen notwendig. Eine konkretisierte Notfallplanung solle insbesondere darauf abzielen, dass allen schutzbedürftigen Personen auch im Falle einer hohen Belastung des Asylsystems und unter Berücksichtigung verschiedener Szenarien eine Unterbringung und Erstversorgung zukommen könne. Allenfalls wäre in solchen Zeiten zur Entlastung der Bundesasylzentren auch eine Verfahrensdurchführung und Erstunterbringung ausserhalb der Bundesasylzentren denkbar, so die Evaluationsgruppe. Das SEM solle ferner gemeinsam mit den Kantonen beurteilen, ob die Kantone über die nötigen rechtlichen Instrumente zur Beschaffung von entsprechend notwendigen Unterkünften verfügten.

Bereits der Zwischenbericht hatte Unterschiede zwischen dem Schutzstatus S und dem Status der vorläufigen Aufnahme thematisiert, etwa was die Reisefreiheit, die Bewilligungspflicht zur Aufnahme einer Erwerbsarbeit, die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung B oder die Entrichtung einer Integrationspauschale anbelangt. In ihrem Schlussbericht befürwortete die Evaluationsgruppe gewisse Harmonisierungen zwischen dem Status S und der vorläufigen Aufnahme zur Gewährung der Rechtsgleichheit, riet aber von einer vorschnellen Anpassung des Status S ab. Die zuständige Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider beauftragte die Evaluationsgruppe daraufhin, den Angleichungsbedarf in den verschiedenen Bereichen separat und eingehend zu prüfen.

Auch in Bezug auf Fragen rund um die Aufhebung des Status S bestehe Klärungsbedarf, so die Evaluationsgruppe abschliessend, denn diese sei «im Gesetz nur rudimentär geregelt». Die mit dieser Aufgabe betraute Arbeitsgruppe des SONAS solle sich dabei etwa auch mit Fragen zu Ausreisefristen und der Bewilligung von Härtefallgesuchen zeitnah auseinandersetzen und die Schweiz solle sich dabei eng mit den übrigen Schengen-Staaten abstimmen, so die Empfehlung.

Ukraine-Konflikt: Erstmals Schutzstatus S aktiviert
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Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)

Der Bundesrat legte dem Parlament im Juni 2023 die Botschaft zur Anwendung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands vor. In der Botschaft wurde erläutert, dass die Anwendung und Umsetzung des Schengen-Besitzstandes in allen Schengen-Staaten von Zeit zu Zeit durch eine Evaluierung überprüft werden muss. Dabei kontrollieren Expertinnen und Experten beispielsweise, ob an den Flughäfen die Einreisebestimmungen eingehalten werden. Um diesen Evaluierungsprozess wirksamer, schneller und flexibler zu gestalten, wurde das bis anhin angewendete Verfahren weiterentwickelt. Mit der vorliegenden Botschaft beantragte der Bundesrat dem Parlament, diese Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes gutzuheissen.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands (Überwachungsmechanismus) (BRG 23.053)