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Im Rahmen der Debatte zum Voranschlag 2020 verabschiedete das Parlament auch die Nachträge II und IIa zum Voranschlag 2019. Ersteren hatte der Bundesrat im September 2019 vorgestellt: Der Nachtrag II umfasste 13 Kredite in der Höhe von CHF 93 Mio., was abzüglich interner Kompensationen (CHF 2.6 Mio.) und Wertberichtigungen (CHF 2 Mio.) effektive Mehrausgaben von CHF 88.4 Mio. mit sich brachte. Dies entsprach 0.12 Prozent der Ausgaben des Voranschlags 2019, was im langjährigen Durchschnitt lag (2012-2018: 0.15%). Der grösste Beitrag sei die Einlage für den Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds (NAF; CHF 57 Mio.), welche durch eine Änderung der Verbuchungsmethode begründet sei: Die Erträge der Bewirtschaftung der Nationalstrassen sowie Drittmittel von Kantonen und Gemeinden würden neu via ASTRA in den NAF eingelegt; diese Einlage müsse entsprechend erhöht werden. Um verzögerte Projekte fertigzustellen, sollte auch der Kredit für den Betrieb, Ausbau und Unterhalt der Nationalstrassen im Rahmen des NAF um CHF 15 Mio. erhöht werden. Auch in der Sonderrechnung für die Bahninfrastruktur (BIF) sollte der Kredit für den Substanzerhalt der Bahninfrastruktur für die aktualisierte Planung der Infrastrukturbetreiber und Seilbahnen um CHF 232 Mio. erhöht werden, wobei ein Teil dieser Kosten im Voranschlagskredit 2020 für den Betrieb kompensiert würde (-CHF 88 Mio.). Für die termingerechte Fertigstellung der Arbeiten am Ceneri-Basistunnel im Rahmen der NEAT forderte der Bundesrat einen zusätzlichen Kredit in der Höhe von CHF 39 Mio. Schliesslich musste der Bund CHF 25 Mio. zusätzlich an die EL zur IV bezahlen, deren Kosten im Jahr 2019 um denselben Betrag höher ausgefallen waren als im Voranschlag budgetiert.
Im Oktober 2019 legte der Bundesrat zudem den Nachtrag IIa vor, der zur «Honorierung der gezogenen Solidarbürgschaften für die schweizerische Hochseeschifffahrt» nötig geworden sei, wie die Regierung erklärte. Darin fasste sie das neuste Problem bezüglich der Hochseeschifffahrtsbürgschaften, die Einstellung des Schiffsbetriebs der acht Hochseeschiffe umfassenden Massmariner SA, zusammen. Der Bund verbürge Massmariner-Schiffe noch mit CHF 129 Mio., diese Bürgschaften seien nun nach dem Entscheid zum Verkauf dieser Schiffe gezogen worden. Der Bund sei nun gegenüber der betroffenen Bank zur Zahlung der ausstehenden verbürgten Darlehenssumme bis Februar 2020 verpflichtet.
Letzterer Nachtrag führte in der Nationalratsdebatte in der Wintersession 2020 zu einigen Diskussionen. Zuvor hatte der Ständerat alle Nachträge diskussionslos und stillschweigend angenommen. Bereits in der Kommission sei diese Frage intensiv diskutiert worden, erklärte Alois Gmür (cvp, SZ) im Nationalrat; die Mehrheit sei jedoch zum Schluss gekommen, «dass das Parlament wohl keine Alternative hat, als diesen Nachtragskredit zu bewilligen». Ähnlich formulierten es seine Ratskolleginnen und -kollegen, Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) sprach beispielsweise von einer «zähneknirschenden» Zustimmung. Pirmin Schwander (svp, SZ) hingegen stellte den Antrag, im Nachtrag II zum Voranschlag 2019 auf die Genehmigung der Zahlung zu verzichten. Der Bund und die betroffene Bank hätten die Begleichung der ausstehenden Darlehenssummen auf Februar 2020 festgelegt, der Bundesrat solle diese Frist nun neu aushandeln und dadurch der Oberaufsicht und dem Parlament die Möglichkeit geben, die Einsetzung einer PUK zu prüfen. Auch der SVP-Fraktion sei klar, dass man zahlen müsse, erklärte Schwander, man müsse nun aber Halt sagen und der weltweiten Hochseeschifffahrtsbranche ein Zeichen schicken, dass diese künftig die Preise nicht mehr so stark drücken könne. Bundesrat Maurer goutierte dieses Vorgehen keineswegs: «Sie können hier schon die starke Person spielen und sagen: «Wir bezahlen noch nicht!» Aber wir bezahlen ohnehin», betonte er und bat den Nationalrat, den Nachtrag zu bewilligen. Mit 103 zu 52 Stimmen (bei 40 Enthaltungen) folgte die grosse Kammer dieser Bitte. Die SVP sprach sich geschlossen gegen den Nachtrag aus, die SP und vereinzelte Nationalrätinnen und Nationalräte anderer Fraktionen enthielten sich ihrer Stimme.
Genauso wie diesen Nachtrag genehmigte der Nationalrat auch die übrigen, kleineren Ausgaben: unter anderem CHF 3.4 Mio. aufgrund der Erhöhung des Beitragssatzes der Schweiz für das UNO-Budget; CHF 1.7 Mio. für die Arbeitslosenversicherung, da der Bund 2018 einen zu tiefen Beitrag geleistet hatte; CHF 1 Mio. für das IT-Programm Genova, die durch eine Verzögerung von sechs Monaten aufgrund von Stabilitätsmängeln der Software nötig geworden waren; CHF 430'000 aufgrund von Änderungen am Beitragsschlüssel der OECD; CHF 350'000 für die Bundesanwaltschaft, die durch die Untersuchungen im Disziplinarverfahren betreffend Bundesanwalt Michael Lauber nötig geworden waren; sowie CHF 300’000 für die Zollverwaltung aufgrund der Erhöhung des Frontex-Budgets.

Nachtrag II zum Voranschlag 2019
Dossier: Bundeshaushalt 2019: Voranschlag und Staatsrechnung

Im Differenzbereinigungsverfahren zum Nachtrag I zum Voranschlag 2017 hielten sowohl National- als auch Ständerat bis zum Schluss an ihren Entschlüssen fest. Für die zwei verbliebenen Differenzen wurde entsprechend eine Einigungskonferenz einberufen, die einen Verzicht auf beide Budgetkürzungen beantragte: Mit 15 zu 8 Stimmen sprach sie sich gegen die Kürzungen bei der Bundesanwaltschaft aus, einstimmig wurden die Kürzungen beim FISCAL-IT-Projekt abgelehnt. Die Einigungskonferenz folgte somit in beiden Differenzen dem Ständerat, der dem Vorschlag entsprechend auch mit 41 zu einer Stimme (keine Enthaltung) zustimmte. Im Nationalrat äusserte Thomas Aeschi (svp, ZG) als Sprecher der Minderheit der Einigungskonferenz seine Enttäuschung darüber, dass der Ständerat dem Nationalrat trotz dessen Einlenken beim FISCAL-IT-Projekt bei den Kürzungen bei der Bundesanwaltschaft nicht entgegengekommen ist. Margaret Kiener Nellen (sp, BE) betonte hingegen noch einmal die Wichtigkeit der Bundesanwaltschaft im internationalen Kontext und in der Terrorismusbekämpfung und bat entsprechend um Annahme des Vorschlags. Dennoch blieb der Nationalrat bei seiner ursprünglichen Position und lehnte den Antrag der Einigungskonferenz mit 100 zu 90 Stimmen (keine Enthaltungen) ab. Da bei Budgetfragen bei Uneinigkeit jeweils der tiefere Betrag zur Anwendung kommt, setzte sich somit der Nationalrat durch.

BRG Nachtrag I zum Voranschlag 2017
Dossier: Bundeshaushalt 2017: Voranschlag und Staatsrechnung

Deutlich umstrittener als im Ständerat waren die Nachträge I und Ia zum Voranschlag 2017 im Nationalrat. So hiess der Nationalrat den Nachtrag Ia über die Bürgschaft für die Hochseeflotte lediglich mit 104 zu 69 Stimmen bei 14 Enthaltungen gut. Der Grossteil der Gegenstimmen stammte von der SVP-Fraktion, während die SP-Fraktion ihren Unmut vor allem durch Enthaltungen kund tat. Vom Ständerat abweichende Voten gab es bei verschiedenen weiteren Nachtragskrediten. So entschied sich der Nationalrat in Übereinstimmung mit der FK-NR gegen zusätzliche Gelder für die Bundesanwaltschaft. Einerseits kritisierte die FK-NR, dass der Nachtragskredit für die Bundesanwaltschaft den Entscheid des Parlaments beim Voranschlag 2017 rückgängig machen würde, andererseits wollte Nationalrat Pezzatti (fdp, ZG) ein Präjudiz verhindern. Trotz dem eindringlichen Aufruf von Hanspeter Uster als Vertreter der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA), auf die Kürzungen zu verzichten, um geplante IT-Investitionen nicht zu verhindern und der grossen Reduktion der Personalkosten bei der Bundesanwaltschaft um 4.5 Prozent pro Stelle Rechnung zu tragen, sprach sich der Nationalrat mit 111 zu 73 Stimmen (1 Enthaltung) gegen den entsprechenden Nachtragskredit aus. Beim FISCAL-IT-Projekt kritisierte die Mehrheit der FK-NR, dass noch unklar sei, welcher Teil des Nachtragskredits dem Technologiefortschritt und welcher den zu optimistischen Einschätzungen der Kosten geschuldet sei und welche Auswirkungen die Ablehnung des Nachtragskredits auf das Projekt haben würde. Franz Grüter (svp, LU) betonte mit Verweis auf einen KPMG-Untersuchungsbericht vor allem die Sorge vor ausufernden Kosten: Der Bericht skizzierte drei Szenarien, die für das Projekt zwischen CHF 43.7 Mio. und 75 Mio. Restkosten vorsehen. Aufgrund zahlreicher offener Fragen bevorzuge seine Fraktion daher eine Behandlung des Kreditantrags im Rahmen des Voranschlags 2018, wenn mehr Informationen vorhanden sein werden. Alois Gmür (cvp, SZ) hingegen betonte, dass selbst die kritische Mehrheit der FK-NR den zusätzlichen Finanzbedarf des Projektes nicht bestreite. Eine Annahme des Nachtragskredits würde entsprechend Sicherheit schaffen und zu einer speditiven Fortführung des Projekts beitragen. Die Mehrheit des Nationalrats – bestehend aus der SVP-, FDP- und Teilen der BDP-Fraktion – folgte jedoch der Finanzkommission und lehnte den Nachtragskredit des FISCAL-IT-Projekts mit 96 zu 89 Stimmen (0 Enthaltungen) ab.

BRG Nachtrag I zum Voranschlag 2017
Dossier: Bundeshaushalt 2017: Voranschlag und Staatsrechnung

In der Sommersession 2017 behandelte der Ständerat den Nachtrag I zum Voranschlag 2017, der neun Nachtragskredite im Wert von insgesamt CHF 37 Mio. umfasste, sowie den Nachtrag Ia zum Voranschlag 2017, der einen Nachtragskredit in der Höhe von CHF 215 Mio. beinhaltete. Der Nachtrag I enthielt einen zusätzlichen Kredit für die Bundesanwaltschaft, die gemäss Philipp Müller (fdp, AG) bereits grosse Anstrengungen zur Stabilisierung ihrer Lohnentwicklung unternommen hatte, durch die im Voranschlag 2017 beschlossenen Querschnittskürzungen nun aber Probleme bekam, die Löhne zu zahlen (CHF 700'000). Weitere Kredite wurden durch die Beitragspflicht und den Anstieg der Betragssätze an die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CHF 40'000), an die Internationale Organisation für Migration (CHF 97'673) sowie an das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (CHF 2.5 Mio.) nötig. Zudem beantragte das VBS einen Nachtragskredit für 30 befristete Vollzeitäquivalentstellen beim Generalsekretariat, deren Finanzierung zur Zeit des Voranschlags 2017 noch nicht geklärt war (CHF 4.9 Mio.). Als eher ungewöhnlich bezeichnete Bundesrat Maurer schliesslich die beantragten CHF 18 Mio. für das Projekt FISCAL-IT. Für das Nachfolgeprojekt von INSIEME waren zunächst CHF 85.2 Mio. bewilligt worden, um 29 Teilprojekte zu den verschiedenen Steuerarten (Verrechnungssteuer, Mehrwertsteuer, direkte Bundessteuer usw.) umzusetzen. Gemäss Finanzminister Maurer sind bereits ein Grossteil dieser Teilprojekte in Betrieb, es seien jedoch einige Teilprojekte hinzugekommen und es habe teilweise Verzögerungen gegeben, weswegen nun dieser Nachtragskredit nötig wurde. Die FK-SR beantragte die Annahme aller Nachtragskredite und der Ständerat stimmte ihr einstimmig mit 40 Stimmen (bei einer Enthaltung) zu.
Deutlich mehr Beachtung fand sowohl in den Medien als auch im Ständerat der Nachtrag Ia zum Voranschlag 2017. Der Bundesrat beantragte CHF 215 Mio. für einen fälligen Bürgschaftskredit des Bundes für die Schweizer Hochseeflotte. Die Bundesräte Maurer und Schneider-Ammann erklärten den Ständerätinnen und Ständeräten ausführlich, dass zwei Reedereien, denen der Bund durch Bürgschaften bei der Finanzierung ihrer Flotte half, kurz vor dem Bankrott gestanden hätten. Die Bürgschaften war der Bund eingegangen, damit die Schiffe im Gegenzug die Schweiz im Krisenfall mit wichtigen Gütern und Ressourcen versorgen würden. Um den Bankrott der Reedereien zu verhindern, mussten dreizehn Schiffe zu relativ tiefen Preisen verkauft werden, wodurch dem Bund als Bürge nun Kosten entstünden. Entsprechend hätten weder Bundesrat noch Parlament wirklich eine Wahl, die Bürgschaft sei zu zahlen; das Parlament könne entsprechend entweder dem Nachtragskredit zustimmen oder Ende Jahr eine Kreditüberschreitung zur Kenntnis nehmen. Der Nachtragskredit erlaube es aber, Zinsen gegenüber den Banken in der Höhe von monatlich CHF 1 bis 2 Mio. zu sparen. Dieses Argument überzeugte den Ständerat, stillschweigend nahm er den Nachtragskredit Ia an.

BRG Nachtrag I zum Voranschlag 2017
Dossier: Bundeshaushalt 2017: Voranschlag und Staatsrechnung

Am 1. Dezember 2014 trat das im Vorjahr unterzeichnete Wettbewerbsabkommen mit der EU in Kraft. Dieses setzt sich zum Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den Wettbewerbsbehörden der Schweiz und der EU zu stärken, indem es die gegenseitige Mitteilung von entsprechenden Massnahmen und die Koordinierung von miteinander verbundenen Sachverhalten ermöglicht. Das Abkommen war rein verfahrensrechtlicher Natur und verlangte keine Harmonisierung des materiellen Rechts. Zuvor hatte der Ständerat im Juni 2014 das Abkommen einstimmig angenommen, jedoch abweichend vom Nationalrat um eine Anpassung des Kartellgesetzes in Form eines Anhangs ergänzt. Dieser legt fest, unter welchen Voraussetzungen Informationen an die Wettbewerbsbehörde der EU herausgegeben werden dürfen. Insbesondere müssen die Unternehmen vorab über die Datenherausgabe informiert werden. Die Daten dürfen zudem nicht in zivil- oder strafrechtlichen Verfahren verwendet werden. Die grosse Kammer hatte dem Zusatz noch in derselben Session zugestimmt. Der Nationalrat stimmte dem Geschäft unter Opposition der SVP mit 142 zu 53 Stimmen zu. In der kleinen Kammer passierte die Vorlage die Schlussabstimmung mit 41 zu 3 Stimmen.

Wettbewerbsabkommen mit der EU (GRG 13.044)

Nachdem sich der Ständerat im März 2013 mit der Revision des Kartellgesetzes auseinandergesetzt und in einigen zentralen Punkten Anpassungen am bundesrätlichen Entwurf vorgenommen hatte, sprach sich im Januar 2014 die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-NR) gegen die Vorlage aus und stellte der grossen Kammer den Antrag, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Gründe für die Ablehnung waren laut Medienmitteilung der WAK-NR unterschiedlich: Einige Kommissionsmitglieder begründeten ihren Entscheid damit, dass in der ständerätlichen Detailberatung Bestimmungen aus der Vorlage gestrichen worden waren, die in ihren Augen für die Stärkung des Wettbewerbs und die Bekämpfung der Schweizer Hochpreisinsel von zentraler Bedeutung gewesen wären. Andere lehnten die Vorlage ab, weil sie zum einen das geltende Recht für genügend hielten und weil es zum anderen noch keine Rechtspraxis gab, die man hätte revidieren können. Die grosse Kammer folgte im März 2014 dem Vorschlag der WAK-NR und entschied mit 106 zu 77 Stimmen bei 4 Enthaltungen, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die kleine Kammer hielt im Juni 2014 ihrerseits am Entscheid des Vorjahrs fest und spielte damit den Ball an den Nationalrat zurück. Im Vorfeld der Herbstsession 2014 liess die WAK-NR verlauten, dass man der grossen Kammer nun doch empfehle, auf den Entwurf einzutreten. In einigen zentralen Punkten widersprach die WAK-NR jedoch dem ständerätlichen Entscheid und bereitete zahlreiche Anträge vor. So zog sie es in Bezug auf das Teilkartellverbot, d.h. den Grundsatzverboten von Preis-, Mengen- und Gebietsabreden zwischen Konkurrenten (Horizontalabreden) sowie von vertikalen Preisbindungen und Gebietsabschottungen zwischen Produzenten und Händlern (Vertikalabreden) vor, an der geltenden Regelung festzuhalten. Zudem hielt eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder die Regelung des Ständerates betreffend die unzulässige Behinderung des Einkaufs im Ausland für impraktikabel. Die WAK-NR schlug ihrerseits eine Kompromisslösung über den Begriff des Missbrauchs der relativen Marktmacht vor. Betreffend die institutionelle Reform sprach sich die Kommission für eine auf 7 Mitglieder beschränkte, ausschliesslich aus unabhängigen Sachverständigen bestehende Wettbewerbskommission (WEKO) aus und lehnte den ständerätlichen Antrag für eine 11-köpfige WEKO ab. Obgleich sich die Kommissionsmehrheit für ein Eintreten stark machte, fand sich im Nationalrat auch in der Herbstsession 2014 keine Mehrheit für den Antrag: Mit 99 zu 80 Stimmen bei 12 Enthaltungen folgte die grosse Kammer einem Minderheitsantrag Rime (svp, FR) und versenkte den Entwurf zum Kartellgesetz damit definitiv. Die Medien bezeichneten die Revision des Kartellgesetzes als „Musterbeispiel einer gescheiterten Vorlage“. Die vom Bundesrat beabsichtigte Stärkung der WEKO galt zu Beginn als ein mehrheitsfähiges Anliegen. Während grundlegender Widerstand gegen den Vorschlag des Bundesrats aus der SVP, der BDP und vom Gewerbeverband kam, die alle einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf in Abrede stellten, erhielten die Gegner im Nationalrat überraschend Unterstützung von einer Mehrheit der Grünen und einer Minderheit der SP. Wirtschafts- und Gewerkschaftskreise wehrten sich gegen die Verkleinerung und Professionalisierung der WEKO. Anstelle des 11- bis 15-köpfigen Gremiums, dem neben unabhängigen Sachverständigen auch Vertreter von vier Verbänden (Economiesuisse, Schweizerischer Gewerbeverband, Schweizerischer Gewerkschaftsbund und Stiftung für Konsumentenschutz) angehören, hätte die Kommission gemäss Ständerat auf fünf unabhängige Sachverständige reduziert werden sollen.

Revision des Kartellgesetzes (2014 gescheitert)
Dossier: Revision Kartellrecht

Um den komplexer und dynamischer werdenden Bedrohungen für die Informationsgesellschaft Rechnung zu tragen, beabsichtigte der Bundesrat, ein Bundesgesetz über die Informationssicherheit (ISG) zu schaffen. Angriffe auf Informationssysteme des Bundes hätten wiederholt gezeigt, dass der Schutz von Informationen Lücken aufweise, welche unter anderem auf unzeitgemässe und inkohärente Rechtsgrundlagen zurückzuführen seien. Mit dem neuen Gesetz sollen einheitliche gesetzliche Grundlagen für das Management der Informationssicherheit beim Bund geschaffen und somit Schwachstellen des geltenden Rechts behoben werden. Den Begriff der Informationssicherheit definierte der Bundesrat im erläuternden Bericht als «sämtliche Anforderungen und Massnahmen, die zum Schutz der Vertraulichkeit, Verfügbarkeit, Integrität und Nachvollziehbarkeit von Informationen dienen, und zwar unabhängig davon, ob die Informationen elektronisch, mündlich oder in Papierform bearbeitet werden.» Die im bestehenden System sektoriell angelegten Rechtsgrundlagen und organisatorischen Zuständigkeiten seien nicht effizient und sollten daher durch eine einheitliche Regelung ersetzt werden.

Bei der im Jahr 2014 durchgeführten Vernehmlassung waren überwiegend positive Rückmeldungen eingegangen. Von den insgesamt 55 Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern standen unter anderen 17 Kantone, die CVP und die SP, Economiesuisse sowie die Bundesanwaltschaft und ihre Aufsichtsbehörde dem Entwurf grundsätzlich positiv gegenüber, brachten jedoch einige Änderungsvorschläge an. Diese bezogen sich vor allem auf die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen, die Präzisierung von im Gesetzestext verwendeten Begriffen sowie auf die Schnittstellen zwischen Informationssicherheit, Datenschutz und Öffentlichkeitsprinzip. Sieben Kantone, die FDP sowie drei weitere Teilnehmende, darunter das Bundesgericht, sprachen ihre vorbehaltlose Zustimmung zur Vorlage aus. Vollumfänglich ablehnend äusserte sich einzig die SVP, die im neuen Gesetz keinen Mehrwert gegenüber gezielten Verbesserungen am heutigen System sah. Von den drei Teilnehmenden, die dem Entwurf grundsätzlich skeptisch gegenüberstanden, würde der Kanton Bern dem Entwurf nur unter der Voraussetzung zustimmen, dass die kantonalen und kommunalen Behörden bei der Anwendung des ISG auf die im Gesetz vorgesehenen Fachstellen des Bundes zurückgreifen können und sie diese nicht selber aufbauen müssen. Der SGV kritisierte indessen den «irreführenden Titel» sowie die mangelhafte Qualität der erläuternden Materialien. Nach seinem Vorschlag sollte das Gesetz besser «Bundesgesetz über die Informationssicherheit in Bundesbehörden und ähnlichen Organisationen» genannt werden, da es sich nicht um ein gesamtgesellschaftliches Regelwerk zu Information und Informationssicherheit handle. Im Ergebnisbericht des Vernehmlassungsverfahrens folgerte das Generalsekretariat des VBS, dass die überwiegende Mehrheit der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser die Schaffung eines Informationssicherheitsgesetzes begrüsst.

Informationssicherheitsgesetz (BRG 17.028)

Der Ständerat befasste sich in der Frühjahrssession des Berichtsjahres als Erstrat mit der Revision des Kartellgesetzes. Auf institutioneller Ebene erteilte die kleine Kammer der vom Bundesrat vorgeschlagenen Schaffung einer Gerichtsinstanz eine Abfuhr. Ausschlaggebend für diesen Entscheid war die Befürchtung einer Verlängerung der Verfahren. Stattdessen beschloss der Ständerat eine Professionalisierung und Verkleinerung der Wettbewerbskommission (WEKO). Das zwölfköpfige Gremium, in dem bis anhin auch Vertreter von vier Verbänden (Economiesuisse, Schweizerischer Gewerbeverband, Schweizerischer Gewerkschaftsbund und Stiftung für Konsumentenschutz) Platz nahmen, sollte auf fünf unabhängige Sachverständige reduziert werden. In Bezug auf das Teilkartellverbot, d.h. die Grundsatzverbote von Preis-, Mengen- und Gebietsabreden zwischen Konkurrenten (Horizontalabreden) sowie von vertikalen Preisbindungen und Gebietsabschottungen zwischen Produzenten und Händlern (Vertikalabreden) folgte die kleine Kammer den bundesrätlichen Anträgen. Der Ständerat sprach sich bei den Vertikalabreden dafür aus, im Einzelfall abweichende Rechtfertigungsmöglichkeiten zuzulassen, sofern von solchen Abreden eine effizienzsteigernde Wirkung ausging. Entgegen dem Vorschlag des Bundesrats sollte die Beweisführung jedoch nicht den Unternehmen, sondern der Wettbewerbsbehörde obliegen. Ausserdem legte der Ständerat fest, dass wettbewerbsfördernde Arbeitsgemeinschaften und Poolverträge weiterhin zulässig bleiben sollten. Diese Kooperationsformen waren in der Baubranche und in der Versicherungsbranche häufig anzutreffen. Schliesslich sollten Bagatellfälle nicht von der WEKO aufgegriffen werden. Für eine Überraschung sorgte die Annahme eines Minderheitsantrags Hess (fdp, OW). Dieser sah – im Sinne einer im Vorjahr vom Nationalrat angenommenen Motion Birrer-Heimo (sp, LU) – vor, dass Lieferanten aus OECD-Ländern ihre Schweizer Kunden zu den dort üblichen Bedingungen beliefern mussten. Dieser Entscheid, der die Bekämpfung der “Hochpreisinsel Schweiz“ bezweckte, kam deutlich mit 25 zu 12 Stimmen zu Stande. Vertreter der unterlegenen Kommissionsmehrheit machten vergebens darauf aufmerksam, dass ein solcher Lieferzwang für ausländische Unternehmen ohne Schweizer Niederlassung kaum durchsetzbar war und der international gängigen Praxis widersprach. Nicht zuletzt aufgrund des Umstandes, dass der Ständerat die Vorlage in gewissen Bereichen grundlegend verändert und somit neue Fragen aufgeworfen hatte, beschloss die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-NR) im April, den Eintretensentscheid zu vertagen und weitere Abklärungen durchzuführen. Dies betraf vor allem den Umbau der Wettbewerbskommission und die Frage des Lieferzwangs. In der Presse wurde dies als Verzögerungstaktik einer aus Gewerbe- und Gewerkschaftsvertretern bestehenden unheiligen Allianz interpretiert. Im Oktober gab die WAK-NR bekannt, dass sich eine Mehrheit von 13 zu 9 Kommissionsmitgliedern gegen das vom Ständerat beschlossene Teilkartellverbot ausgesprochen hatte. Ein Gelingen der Gesetzesrevision erschien somit zunehmend ungewiss.

Revision des Kartellgesetzes (2014 gescheitert)
Dossier: Revision Kartellrecht

Im Mai unterzeichnete die Schweiz ein Wettbewerbsabkommen mit der EU. Dieses regelte die Zusammenarbeit zwischen den Wettbewerbsbehörden der beiden Vertragsparteien, ohne dass das Wettbewerbsrecht harmonisiert wurde. Das Abkommen setzte sich einen wirksameren Vollzug zum Ziel, indem es die gegenseitige Mitteilung von entsprechenden Massnahmen und die Koordinierung von miteinander verbundenen Sachverhalten ermöglichte. Darüber hinaus sollten im Falle von parallelen Untersuchungsverfahren die Schweizerische Wettbewerbskommission (WEKO) und die Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission vertrauliche Informationen und Beweismittel austauschen können. Bis dato konnten die Wettbewerbsbehörden davon nur unter Einverständnis der von einem Verfahren betroffenen Unternehmen Gebrauch machen. Bevor der Vertrag in Kraft treten konnte, mussten das EU-Parlament und die Regierungen der Mitgliedsstaaten sowie die eidgenössischen Räte dem Abkommen zustimmen. Nur wenige Tage nach Bekanntgabe des Vertragsabschlusses verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft. Darin vertrat die Landesregierung unter anderem die Ansicht, dass das Abkommen einen Beitrag zur Bekämpfung der “Hochpreisinsel Schweiz“ leisten würde. In der Herbstsession genehmigte der Nationalrat das Wettbewerbsabkommen mit 128 zu 44 Stimmen. Einzig die Fraktion der SVP sprach sich dagegen aus. Der Entscheid des Ständerats war am Jahresende noch hängig.

Wettbewerbsabkommen mit der EU (GRG 13.044)

Im Februar des Berichtsjahres unterbreitete der Bundesrat dem Parlament eine Botschaft zur Revision des Kartellgesetzes. Das Ziel bestand darin, im Interesse einer liberalen Marktordnung den Wettbewerb in der Schweiz zu intensivieren. Die beantragte Revision setzte sich aus sechs Hauptpunkten zusammen. Erstens wurde eine institutionelle Reform ins Auge gefasst, die auf die Schaffung einer unabhängigen Wettbewerbsbehörde sowie eines unabhängigen erstinstanzlichen Wettbewerbsgerichts abzielte. Zweitens beantragte der Bundesrat ein grundsätzliches Verbot von horizontalen Preis-, Mengen- und Gebietsabreden sowie vertikalen Preisbindungen und Gebietsabschottungen. Im Rahmen dieses Paradigmenwechsels sollten jedoch abweichende Rechtfertigungsmöglichkeiten zugelassen werden. Der dritte Revisionspunkt betraf die Ausweitung der Klagelegitimation auf die Endkunden. Bis dato waren nur jene Wirtschaftsteilnehmer zur Klage berechtigt, die in der Aufnahme und Ausübung des Wettbewerbs behindert wurden. Viertens bezweckte die Revision eine Stärkung und Vereinfachung der Zusammenschlusskontrolle, wobei eine Orientierung an den in der Europäischen Union geltenden Bestimmungen im Vordergrund stand. Fünftens schlug der Bundesrat als Antwort auf einer im Jahre 2010 überwiesenen Motion Schweiger (fdp, ZG) vor, dass wirksame und adäquate Massnahmen zur Einhaltung von kartellrechtlichen Bestimmungen (sogenannte Compliance-Programme) als sanktionsmildender Faktor für Unternehmen berücksichtigt werden konnten. Sechstens beinhaltete die Botschaft eine Verbesserung des Widerspruchsverfahrens, das den betroffenen Unternehmen bei drohenden Sanktionen frühzeitig Rechtssicherheit verschaffen sollte.

Revision des Kartellgesetzes (2014 gescheitert)
Dossier: Revision Kartellrecht

Im November legte der Bundesrat schliesslich die Eckwerte einer umfassenden Revision des Kartellgesetzes vor, welche die laufenden Reformvorhaben in eine Vorlage integrierte. Im Zentrum standen neben dem Teilkartellverbot, die verbesserte Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, wobei die in der Europäischen Union geltenden Bestimmungen als Vorbild dienten, Sanktionsminderungen bei Vorliegen von Compliance-Programmen sowie institutionelle Reformen (Mutation des Sekretariates der Wettbewerbskommission zu einer Anklagebehörde sowie die Schaffung einer neuen Kammer für Wettbewerbsrecht am Bundesverwaltungsgericht). Mit dieser Revision verfolgte die Landesregierung das Ziel, die Wettbewerbsentscheide rechtsstaatlich besser zu verankern und besonders schädliche Formen von Kartellabreden zu verbieten. Zudem bezweckte sie, Fusionen zu untersagen oder mit Auflagen und Bedingungen zu belegen, wenn Zusammenschlüsse zu einer erheblichen Behinderung des Wettbewerbs führen, sofern sie nicht durch Effizienzgewinne kompensiert werden. Der Bundesrat versprach dem Parlament bis Anfang 2012 die Botschaft zur Kartellgesetzrevision im Rahmen eines Gesamtpakets vorzulegen.

Revision des Kartellgesetzes (2014 gescheitert)
Dossier: Revision Kartellrecht

Bei der Organisation der Strafbehörden des Bundes beharrte der Ständerat auf seinem Vorschlag betreffend Aufsicht der Bundesanwaltschaft: der Bundesanwalt sei vom Parlament zu wählen. Ein ebenfalls vom Parlament zu wählendes Gremium, bestehend aus je einem Richter des Bundesgerichts und des Bundesstrafgerichts, zwei praktizierenden Anwälten und drei Fachpersonen, die weder Richter noch Anwälte sind, soll die Bundesanwaltschaft beaufsichtigen. Nachdem sich ein Minderheitsantrag im Nationalrat 2009 noch erfolgreich gegen diesen Vorschlag durchgesetzt hatte und die Aufsicht beim Bundesrat belassen wollte, übernahm die grosse Kammer den ständerätlichen Vorschlag in der zweiten Lesung knapp mit 88 zu 81 Stimmen. Auch die zweite Differenz wurde im Sinn des Ständerats ausgeräumt. Eine Minderheit im Nationalrat monierte, dass die Existenz nur einer Rechtsmittelinstanz nicht genüge. Die Mehrheit der grossen Kammer stellte sich jedoch hinter die Meinung des Ständerats, dass ein Beschwerderecht genüge und ein Berufungsrecht nicht nötig sei. Der Auftrag zur Präzisierung dieses Beschwerderechtes wurde dem Bundesrat noch im Berichtsjahr von einer Motion Janiak (sp, BL) (10.3138) erteilt. Der entsprechende Beschluss fiel im Ständerat einstimmig. Im Nationalrat stimmte ihm nur die SVP-Fraktion nicht zu.

BRG Strafbehördenorganisationsgesetz (08.066) - das Parlament will den Bundesanwalt selber wählen
Dossier: Strafbehördenorganisationsgesetz (StBOG)
Dossier: Wahlen des Bundesanwalts

Der Ständerat behandelte in der Sommersession die im Vorjahr vom Bundesrat vorgeschlagene Anpassung der Bestimmungen über die Strafbehörden des Bundes an die neue schweizerische Strafprozessordnung. Er stellte sich dabei gegen die von der Regierung angestrebte Wahl und Überwachung der Bundesanwaltschaft durch den Bundesrat. Damit dieser Bundesanwalt über eine unabhängige Stellung verfügt, sollen er und seine Ersatzleute vom Parlament gewählt und von einer Fachaufsichtskommission überwacht werden. Dieses Aufsichtsgremium soll sich aus je einem Richter des Bundesgerichts und des Bundesstrafgerichts, zwei praktizierenden Anwälten und drei Fachleuten, die weder Richter noch Anwälte sind, zusammensetzen. Die Rechtskommission des Nationalrats übernahm diese Regelung. Sie scheiterte in der Wintersession im Plenum aber am Widerstand der SVP, der CVP und der BDP, welche dagegen ins Feld führten, dass durch die Parlamentswahl des Bundesanwalts diese Funktion zu sehr von der Politik abhängig werde, und dass die Rolle und Stellung des Aufsichtsgremiums unklar sei. Der Nationalrat beschloss ferner die Schaffung einer vollwertigen Rekursinstanz für Urteile des Bundesstrafgerichts. Zuständig für diese nicht bloss formale, sondern auch materielle Überprüfung soll das Bundesgericht sein.

BRG Strafbehördenorganisationsgesetz (08.066) - das Parlament will den Bundesanwalt selber wählen
Dossier: Strafbehördenorganisationsgesetz (StBOG)
Dossier: Wahlen des Bundesanwalts

Im März beauftragte der Bundesrat das EVD mit der Ausarbeitung des Vorentwurfs für eine Teilrevision des Kartellgesetzes. Dabei soll insbesondere die Wettbewerbskommission als unabhängige Behörde gestärkt werden. Diese Stossrichtung war von einer Expertengruppe vorgeschlagen worden, welche die Auswirkungen der letzten Kartellrechtsrevision von 2004 evaluiert hatte. Eine ernsthafte Auseinandersetzung zeichnet sich beim Vorschlag einiger Experten ab, das Verbot vertikaler Absprachen zu lockern.

Revision des Kartellgesetzes (2014 gescheitert)
Dossier: Revision Kartellrecht

Im September legte der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft über die Anpassung der Bestimmungen über die Strafbehörden des Bundes an die neue schweizerische Strafprozessordnung vor. Die wichtigste Neuerung besteht darin, dass gemäss den Vorgaben der neuen Ordnung das eidgenössische Untersuchungsrichteramt aufgehoben wird und das Vorverfahren vollständig in den Händen der Bundesanwaltschaft liegt. Politisch am brisantesten war der Vorschlag des Bundesrates über die Reorganisation der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft. Trotz der im Vorjahr von den Parteien in der Vernehmlassung vorgebrachten Einwände hielt er daran fest, dass der Bundesanwalt allein der Exekutive unterstellt sein soll. Diese soll nicht nur die Tätigkeit der Bundesanwaltschaft überwachen, sondern dieser auch allgemeine Weisungen über die Aufgabenerfüllung erteilen dürfen. Um die Unabhängigkeit der Strafverfolgungsbehörden zu garantieren sind hingegen konkrete Anweisungen in Einzelfällen explizit untersagt. Dieses Interventionsverbot betrifft sowohl die Einleitung, die Durchführung und den Abschluss eines Verfahrens als auch die Art und Weise der Vertretung der Anklage vor Gericht und das Ergreifen von Rechtsmitteln.

BRG Strafbehördenorganisationsgesetz (08.066) - das Parlament will den Bundesanwalt selber wählen
Dossier: Strafbehördenorganisationsgesetz (StBOG)
Dossier: Wahlen des Bundesanwalts

Kurz nach der Publikation des Berichts der GPK-NR über den Abgang von Roschacher gab der Bundesrat einen neuen Vorschlag zur Reorganisation der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft in die Vernehmlassung. Er schlug darin vor, wieder zum Zustand der bis zum Jahr 2002 geherrscht hatte, zurück zu kehren und den Bundesrat zum alleinigen Aufsichtsorgan über die Bundesanwaltschaft zu machen. Er vertrat dabei die Auffassung, dass sich die Aufteilung der Aufsicht zwischen dem Bundesstrafgericht für fachliche und dem EJPD für administrative Belange nicht bewährt habe. Er rückte aber auch von seinem 2005 in die Vernehmlassung gegebenen Vorhaben ab, die Kontrolle vollständig dem EJPD zu übertragen. Wie bereits damals sprach sich auch jetzt eine Mehrheit der Parteien gegen die Absicht des Bundesrates aus und wünschte eine von der Exekutive unabhängige Stellung der Bundesanwaltschaft. Diese Unabhängigkeit könnte beispielsweise durch die Unterstellung unter einen Justizrat, der sich aus Personen aus dem Parlament, der Justiz und der Verwaltung zusammensetzt, garantiert werden.

BRG Strafbehördenorganisationsgesetz (08.066) - das Parlament will den Bundesanwalt selber wählen
Dossier: Strafbehördenorganisationsgesetz (StBOG)
Dossier: Wahlen des Bundesanwalts

Der Nationalrat behandelte in der Wintersession eine Revision des Patentrechts. Primär geht es dabei um die für die Forschung wichtige Einführung eines Patentschutzes für biotechnologische Erfindungen. Vorgeschlagen hatte der Bundesrat aber auch, ein Verbot des Parallelimports patentrechtlich geschützter Waren ins Patentgesetz aufzunehmen. Dieses Verbot stützt sich zur Zeit allein auf ein Bundesgerichtsurteil (so genannter Kodak-Entscheid) und nicht auf einen expliziten Gesetzesparagraphen ab. Die vorberatende Kommission des Nationalrats sprach sich dagegen aus. Sie regte an, diesen Teil aus dem Patentgesetz auszuklammern und in einer separaten Vorlage zu präsentieren. Damit soll verhindert werden, dass die bereits wegen ihrem biotechnologischen Aspekt nicht unbestrittene Vorlage in einem allfälligen Referendumskampf zusätzliche Angriffsfläche bietet. Der Bundesrat erklärte sich mit diesem Vorgehen einverstanden und auch der Nationalrat stimmte zu. Grundsätzlich engagierten sich von den politischen Akteuren die FDP, die SVP, Economiesuisse sowie die Pharma-Industrie für eine gesetzliche Verankerung des Verbots der Parallelimporte patentrechtlich geschützter Waren, während SP, CVP, Detailhandel, Gewerbeverband, Bauernverband, Konsumentenorganisation und auch die Weko dagegen waren. Im Sommer war der Bundesrat, der bisher das Verbot unterstützt hatte, etwas von seiner Haltung abgewichen. Er gab bekannt, dass er sich im Rahmen eines Abkommens mit der EU über den Agrarfreihandel für diesen Bereich eine Zulassung von Parallelimporten patengeschützter Güter (z.B. Dünger oder Pflanzenschutzmittel) aus der EU vorstellen könnte. Hintergrund dieser Erklärung war, den Landwirten die angestrebte Marktöffnung für Landwirtschaftserzeugnisse mit der Möglichkeit des Imports von billigeren Produktionsmitteln etwas erträglicher zu machen.

Zulassung von Parallelimporten patentgeschützter Güter aus der EU
Dossier: Parallelimporte patentgeschützter Güter

Obwohl es in der Vernehmlassung über die Reorganisation der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft Kritik am Vorschlag gab, diese vollumfänglich beim EJPD anzusiedeln, hielt der Bundesrat an dieser Absicht fest. Diese Unterstellung der Anklagebehörde unter die Exekutive entspreche auch der Regelung in den meisten anderen europäischen Staaten.

BRG Strafbehördenorganisationsgesetz (08.066) - das Parlament will den Bundesanwalt selber wählen
Dossier: Strafbehördenorganisationsgesetz (StBOG)
Dossier: Wahlen des Bundesanwalts

Im Juli gab der Bundesrat seinen Vorschlag für die Reorganisation der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft in die Vernehmlassung. Die bisherige Zweispurigkeit (administrative Aufsicht durch das EJPD, fachliche durch das Bundesstrafgericht) soll aufgehoben und die Kontrolle zur Gänze dem EJPD übertragen werden. Die mit den Vorarbeiten beauftragte Expertengruppe hatte im Vorentwurf zusätzliche Bestimmungen aufgenommen, um die Gefahr einer Einflussnahme der Regierung oder des Justizministers auf die Verfahren der Bundesanwaltschaft zu minimieren. Zudem überwies der Ständerat die vom Nationalrat im Vorjahr gutgeheissene Motion Hofmann (sp, AG) (04.3411) für eine Überprüfung der Aufsichtsstruktur der Bundesanwaltschaft ebenfalls.

BRG Strafbehördenorganisationsgesetz (08.066) - das Parlament will den Bundesanwalt selber wählen
Dossier: Strafbehördenorganisationsgesetz (StBOG)
Dossier: Wahlen des Bundesanwalts

Eine im Jahr 2000 von der parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle publizierte Analyse hatte ergeben, dass das 1995 beschlossene Binnenmarktgesetz sein wichtigstes Ziel, die landesweite Öffnung von kantonal reglementierten und segmentierten Märkten, nicht erreicht hat. Infolge restriktiver kantonaler Zulassungsvorschriften seien bestimmte Märkte (z.B. Sanitär- oder Taxigewerbe) immer noch stark segmentiert und damit dem freien Wettbewerb entzogen. Eine vom EVD anfangs 2003 eingesetzte Expertenkommission schlug vor, das Binnenmarktgesetz mit einer Teilrevision wirksamer auszugestalten. So soll insbesondere nicht nur der freie Marktzugang (bei Erfüllung der Vorschriften des Herkunftskantons), sondern auch die gewerbliche Niederlassung garantiert werden. Die Verweigerung der Gewerbeniederlassung wäre nur noch in gut begründeten Ausnahmefällen zulässig. Um eine Benachteiligung von Inländern gegenüber Konkurrenten aus der EU zu vermeiden, soll zudem dort, wo keine interkantonale Abkommen bestehen, die Anerkennung der Fähigkeitszeugnisse nach dem Muster des EU-Anerkennungsverfahrens geschehen. Da die Erfahrung mit dem bestehenden Gesetz gezeigt hatte, dass betroffene Individuen nur selten gegen effektive Marktbehinderungen klagen, beantragte die Expertenkommission schliesslich auch noch, der Eidg. Wettbewerbskommission ein Beschwerderecht einzuräumen (bisher durfte sie bei wettbewerbsfeindlichen Entscheiden von kantonalen und kommunalen Behörden bloss Empfehlungen abgeben). Die im Frühling des Berichtsjahres durchgeführte Vernehmlassung fiel mehrheitlich positiv aus. Kritik namentlich an der Ausweitung des freien Marktzugangs kam vor allem von den Kantonen Genf und Waadt; aber auch Westschweizer Unternehmerverbände sprachen sich gegen die angestrebte Wettbewerbsverschärfung aus. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund lehnte den Expertenentwurf zwar nicht ab, kritisierte aber grundsätzlich die Liberalisierung der Märkte. Der Bundesrat sah sich durch diese Einwände jedoch nicht zu einem Kurswechsel veranlasst. Er leitete die Teilrevision des Binnenmarktgesetzes weitgehend in der von den Experten ausgearbeiteten Fassung dem Parlament zu.

Teilrevision des Binnenmarktgesetzes von 2005

In dieser Detailberatung setzte sich der Antrag der Kommissionsmehrheit durch, bei patentgeschützten Gütern (z.B. Medikamente) Parallelimporte nicht zuzulassen, aber diese Marktsegmente der Beurteilung durch das Wettbewerbsrecht zu unterstellen, um ein Ausnützen der Monopolsituation zu verhindern. Die SVP hatte gegen diese Unterstellung, welche im ursprünglichen Entwurf des Bundesrats noch nicht enthalten war, vergeblich opponiert. Sie betreffen vor allem die Modalitäten und Zuständigkeiten bei wettbewerbsrechtlichen Verfahren. Bei bloss marken- oder urheberrechtlich geschützten Gütern sind in der Schweiz Parallelimporte erlaubt. In einem Bericht zuhanden der WAK-NR hielt der Bundesrat fest, dass er nicht vorhabe, den Parallelimport von patentrechtlich geschützten Gütern zuzulassen. Heftig umstritten war im weiteren die Schärfe der Bestimmungen bei der Beurteilung von vertikalen Absprachen. Bei derartigen Verpflichtungen zwischen Produzent und Händler wird neu automatisch eine unzulässige Wettbewerbsbehinderung vermutet, wenn sie sich auf Preise und Absatzgebiete beziehen (die Weko hatte zuvor beschlossen, bereits das geltende Gesetz in diesem Sinn zu interpretieren). Eine aus FDP- und SVP-Abgeordneten gebildete knappe Mehrheit konnte verhindern, dass auch Absprachen über exklusive Vertriebssysteme gleich streng beurteilt werden. Weniger erfolgreich war die Linke mit ihrem Versuch, vertikale Absprachen im Büchermarkt (Buchpreisbindung) explizit für zulässig zu erklären, da sie der Erhaltung der kulturellen Vielfalt dienten und damit im öffentlichen Interesse liegen würden (das Bundesgericht bestätigte später in einem Rekursentscheid die bisherige rechtliche Zulässigkeit der Buchpreisbindung). Da das Echo in der Vernehmlassung vorwiegend negativ ausgefallen war, hatte der Bundesrat auf die ursprüngliche Absicht verzichtet, die Wettbewerbskommission ausschliesslich aus unabhängigen Experten zusammenzusetzen. Der Nationalrat beschloss immerhin, dass Mitglieder der Weko ihre Interessenbindungen in einem Register publizieren müssen. Ein von der Linken eingebrachter Antrag, dass diese während ihrer Amtsdauer keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben dürfen, welche ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen könnte, fand hingegen keine Mehrheit. Bei den Strafbestimmungen, welche als Neuerung die Verhängung von Strafen ohne vorangehende Verwarnung bringen, lehnte der Rat von der SVP-Fraktion und einer Minderheit der FDP unterstützte Anträge für weniger hohe Bussen und für den Verzicht auf eine Kronzeugen- resp. Bonusregelung (Strafmilderung oder -erlass für Kartellmitglieder, welche an der Aufdeckung mitgewirkt haben) ab. Die Gegner dieser im schweizerischen Recht neuen Kronzeugenregelung hatten gewarnt, dass damit ein Klima der Denunziation geschaffen werde. Aber auch ein Antrag der Linken, dass nicht nur fehlbare Unternehmen, sondern auch die Mitglieder ihrer Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen persönlich bestraft werden, fand keine Mehrheit. In der Gesamtabstimmung verabschiedete der Nationalrat die Gesetzesrevision mit 104:42 Stimmen; die Gegenstimmen kamen von der geschlossenen SVP-Fraktion, welche das Gesetz als Angriff auf die KMU bezeichnete, und einigen wenigen Abgeordneten der FDP und der LP.
In einer Zusatzbotschaft beantragte der Bundesrat zudem noch die Aufnahme einiger Änderungen, welche sich aus dem mit der EU im Rahmen der bilateralen Verträge 1999 abgeschlossenen Luftverkehrsabkommen aufdrängen.

Teilrevision des Kartellgesetzes von 2003

Ende 2001 legte der Bundesrat seine Botschaft für eine Teilrevision des Kartellgesetzes vor. Er hielt am Hauptelement, den direkten Sanktionen gegen harte Kartelle und den Missbrauch von Marktmacht fest. Zudem schuf er eine Art Kronzeugenregelung für Unternehmen, welche bei der Aufdeckung von Kartellen helfen. Diesen soll ein Voll- oder Teilerlass der Sanktionen gewährt werden. Auf die in der Vernehmlassung breit kritisierte Umgestaltung der Wettbewerbskommission in eine reine Fachkommission ohne Vertreter der Interessenverbände verzichtete er hingegen.

Teilrevision des Kartellgesetzes von 2003

Auf Anfang 2001 wurde die 1999 von Justizministerin Metzler in Angriff genommene Reorganisation des Polizeibereichs des Bundes abgeschlossen. Im Vorjahr war die Bundespolizei von der Bundesanwaltschaft getrennt worden. Im Berichtsjahr erfolgte die Trennung der beiden bisher bei der Bundespolizei angesiedelten Dienste präventive Informationsbeschaffung und gerichtspolizeilichen Ermittlung. Für erstere wird in Zukunft der Dienst für Analyse und Prävention, für letztere die Bundeskriminalpolizei zuständig sein.

Bundeskriminalpolizei von Bundesanwaltschaft

Im Herbst gab der Bundesrat den Vorentwurf für eine Teilrevision des Kartellgesetzes in die Vernehmlassung. Dabei hielt er fest, dass sich die 1996 vorgenommen Änderungen bewährt hätten. Störendes Manko sei jedoch, dass unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen nicht wie in der EU oder den USA direkt sanktioniert werden können (je nach erzielten Monopolgewinnen mit Bussen in Millionenhöhe), sondern erst dann, wenn einer entsprechenden Anordnung der Wettbewerbskommission (Weko) keine Folge geleistet wird. Damit können die Wettbewerbsbehörden nicht präventiv wirken. Diese Lücke solle mit der vorgeschlagenen Revision geschlossen werden. Im weiteren beantragte die Regierung, die Weko zu einem kleineren und ausschliesslich aus unabhängigen Experten gebildeten Gremium umzubauen. Die Reaktionen waren überwiegend negativ. Sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerorganisationen protestierten gegen den geplanten Hinauswurf aus der zu verkleinernden Weko. Die direkten Sanktionen wurden insbesondere vom Gewerbeverband und von der SVP abgelehnt. Aber auch der Gewerkschaftsbund sprach sich aus der Befürchtung, dass damit die Weko überfordert wäre, dagegen aus. Das Anliegen einer verschärften Sanktionierung von Wettbewerbsbeschränkungen bildete auch den Inhalt einer vom Nationalrat diskussionslos überwiesenen Motion Jans (sp, ZG; 99.3307); der Ständerat stimmte ihr ebenfalls zu. Bereits zu Jahresbeginn hatte sich die Weko für die im Vernehmlassungsentwurf enthaltenen Neuerungen stark gemacht.

Teilrevision des Kartellgesetzes von 2003

Bei der Schaffung von zusätzlichen Bundeskompetenzen bei der Ermittlung gegen das organisierte Verbrechen und die Wirtschaftskriminalität schloss sich der Nationalrat weitgehend den Beschlüssen der kleinen Kammer aus dem Vorjahr an. Auf Antrag seiner Kommission für Rechtsfragen nahm er allerdings wieder eine gewisse Zentralisierung vor, indem er bei ganz oder teilweise im Ausland oder in mehreren Kantonen begangenen und infolge ihrer Komplexität eine einheitliche Untersuchungsführung verlangenden Delikten für bestimmte Kategorien zwingend die Bundesgerichtsbarkeit beschloss. Es betrifft dies Verbrechen krimineller Organisationen, Geldwäscherei, Bestechung und mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften. Wenn es sich hingegen lediglich um Vermögensdelikte und Urkundenfälschungen handelt, soll die Bundesanwaltschaft nur auf Verlangen der Kantone oder bei deren Nichttätigkeit den Fall an sich ziehen dürfen. Damit soll verhindert werden, dass sich die Bundesbehörden besonders attraktive Fälle herauspicken können. Die parallel zu diesen neuen Bundeskompetenzen beantragte Entflechtung der Bundesanwaltschaft und der Bundespolizei bzw. der Ausbau der Rechte der Beschuldigten und ihrer Verteidiger hiess der Nationalrat diskussionslos gut. In der Differenzbereinigung schloss sich der Ständerat grundsätzlich dem nationalrätlichen Konzept an. Er verzichtete allerdings auf das für ihn zu wenig eindeutige Kriterium der Komplexität eines Falls. Zusätzlich fügte er ein, dass unkomplizierte Verfahren, bei denen zwar an sich eine Bundesgerichtsbarkeit gegeben ist, zur Untersuchung, Anklage und Beurteilung an die Kantone delegiert werden können. Die neuen Bestimmungen wurden in der Wintersession verabschiedet.

Massnahmen zur Verbesserung der Effizienz und der Rechtsstaatlichkeit in der Strafverfolgung