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Die für die Aufklärung von organisiertem Verbrechen oft hinderliche föderale Kompetenzordnung soll revidiert werden. Das EJPD hatte im Vorjahr einen Vorentwurf für eine Teilrevision des Strafgesetzbuchs in die Vernehmlassung gegeben. Dieser sah vor, der Bundesanwaltschaft mehr Kompetenzen bei der Ermittlung einzuräumen. Als Reaktion auf die Kritik der Kantone, die eine weiter gehende Reform gewünscht hatten, kündigte der Bundesrat im Berichtsjahr einige Modifikationen an. So sollen die Bundesbehörden in bestimmten Fällen nun nicht mehr, wie ursprünglich vorgesehen, nur die Untersuchung durchführen, und die Sache dann den Kantonen übergeben, sondern auch als Ankläger vor den kantonalen Gerichten auftreten.

Massnahmen zur Verbesserung der Effizienz und der Rechtsstaatlichkeit in der Strafverfolgung

Unabhängig von diesem Projekt der Regierung forderte der Tessiner Nationalrat Cavadini (fdp) mit einer Motion eine Verlagerung von Bundeskompetenzen auf die Kantone. Namentlich dort, wo schweizerische Mehrheitsentscheide den wirtschaftlichen Elan einzelner Kantone bremsen, möchte er diesen mehr Entscheidungsspielraum geben. Er nannte dabei explizit die Zulassung von ausländischen Arbeitskräften, den Grundstückerwerb durch Ausländer und die Öffnung von Strassen für 40-Tonnen-Lastwagen. Der Bundesrat erklärte sich bereit, die letzteren beiden Forderungen in Postulatsform entgegenzunehmen, die erste lehnte er ab. Da Hämmerle (sp, GR) den Vorstoss bekämpfte, wurden Diskussion und Entscheid auf später verschoben.

Verlagerung von Bundeskompetenzen auf die Kantone

Im Rahmen der Neukonzeption des Finanzausgleichs kündigte der Bundesrat auch eine recht umfassende Neuzuordnung der Bundes- und Kantonskompetenzen an. Von den 50 Aufgabenbereichen, in welchen heute Bund und Kantone gemeinsam tätig sind, möchte er 29 entflechten. Acht Bereiche - darunter die Agrarpolitik und der Nationalstrassenbau - sollen ganz vom Bund übernommen werden, für dreizehn Bereiche - darunter die Berufsbildung, die Wohnbauförderung und die Raumplanung - wären allein die Kantone zuständig und bei acht weiteren würden sich der Bund und die Kantone in die Verantwortung teilen. In der Vernehmlassung kritisierte die SP das Projekt am heftigsten. Zum einen, weil sie angesichts der bestehenden Koordinationsprobleme die zentralstaatlichen Kompetenzen grundsätzlich stärken und nicht abbauen möchte, zum anderen, weil sie von der Kantonalisierung Einsparungen und Leistungsabbau befürchtet. (Zum Finanzausgleich und der Auflistung der von der Entflechtung betroffenen Gebiete siehe hier.)

Finanzausgleichs Neuzuordnung der Bundes- und Kantonskompetenzen

Der Bundesrat nahm im Mai Kenntnis vom Vorentwurf für ein Gesetz, das den Kantonen Mitwirkungsrechte in der Aussenpolitik einräumen soll. Die Vorarbeiten dazu waren im Vorjahr von einer aus Kantons- und Bundesvertretern paritätisch zusammengesetzten Gruppe geleistet worden. Er beauftragte das EDA, einen Entwurf zuhanden der Vernehmlassung auszuarbeiten. Auf die Forderung der KdK (Konferenz der Kantonsregierungen), mit ihr eine formelle Vereinbarung über die sofortige Anwendung der im Gesetz vorgesehenen Regeln abzuschliessen, trat der Bundesrat aber nicht ein. In der Praxis wurden die Regeln jedoch ab dem 1. September auch ohne Vorliegen einer solchen Vereinbarung angewendet.

BRG 97.087: Bundesgesetz über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes
Dossier: Mitwirkung der Kantone in der Aussenpolitik

Nurmehr wenig Widerstand kam dieses Jahr von den Kantonen. Zwar verlangten sie einen Ausbau des Föderalismus und eine stärkere Stellung in der Aussenpolitik. Doch stellten sich ihre Vertreter an der Konferenz der Kantonsregierungen, mit einer Ausnahme, deutlich hinter das Reformwerk.

Vernehmlassung und «Volksdiskussion» zur Reform der Bundesverfassung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)

Die vier Staaten Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Schweiz schlossen am 23. Januar einen "Karlsruher Abkommen" genannten Staatsvertrag ab, welcher die Zusammenarbeit zwischen kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Grenzregionen erleichtern soll. Das Vertragsgebiet umfasst Luxemburg, die französischen Regionen Lothringen und Elsass, die deutschen Bundesländer Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie die Kantone Aargau, Basel-Land, Basel-Stadt, Jura und Solothurn. Als wichtigste Neuerung erhalten die Gemeinden dieser Regionen die Kompetenz, ohne vorherige Bewilligung durch übergeordnete Instanzen grenzüberschreitende Zusammenarbeitsverträge abzuschliessen und bereits bestehenden Zweckverbänden beizutreten.

Zusammenarbeit zwischen kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Grenzregionen

Der Nationalrat wandelte eine Motion Epiney (cvp, VS) für ein neues Staatskonzept, den kooperativen Föderalismus, auf Wunsch des Bundesrates in ein Postulat um. Die Regierung begründete ihren Antrag damit, dass einerseits eine schrittweise Reform des bestehenden föderalistischen Systems effizienter sei als die Ausarbeitung eines neuen Konzepts, und dass andererseits konkrete Forderungen des Motionärs wie z.B. die Bevorzugung von Rahmengesetzen gegenüber detaillierten Erlassen oder die Erleichterung der grenzüberschreitenden regionalen Zusammenarbeit bereits erfüllt seien.

kooperativen Föderalismus

Mit einer Motion (95.3311) wollte Ständerat Loretan (fdp, AG) die politische Stellung der Gemeinden und Städte aufwerten Er verlangte, im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung die eigenständige Rolle der Gemeinden neben den Kantonen und dem Bund bei der Erfüllung politischer Aufgaben verfassungsrechtlich zu verankern. Den Grundsatz, dass die Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden über die Kantone laufen, wollte er zwar beibehalten, ihn aber flexibler gestalten und Ausnahmen zulassen. Zudem sollte die bundesstaatliche Politik in Zukunft nicht nur die Auswirkungen auf die Kantone, sondern explizit auch auf die Gemeinden berücksichtigen. Als letzter Punkt forderte die Motion eine verfassungsmässige Garantie der Gemeindeautonomie in dem von den Kantonen vorgegebenen Rahmen. Bundesrat Koller stellte in seiner Antwort fest, dass der dreistufige Aufbau des Staates (Gemeinden, Kantone, Bund) in der politischen Realität de facto anerkannt sei. Aus föderalistischen Gründen solle aber die Funktion der Gemeinden weiterhin nicht in der Verfassung des Bundes, sondern in den Kantonsverfassungen definiert werden. Im weiteren seien, v.a. bei projektbezogenen Fragestellungen, bereits heute direkte Kontakte zwischen Bundesbehörden und Gemeinden gängige Praxis. Gegen eine bundesstaatliche Garantie der Gemeindeautonomie erhob Koller föderalistische Einwände. Auf seinen Antrag wurde die Motion lediglich als Postulat überwiesen. Der Nationalrat überwies ebenfalls ein von Sandoz (lp, VD) mit staatsrechtlichen Argumenten bekämpftes Postulat Gross (sp, ZH) für die Ausarbeitung eines Berichtes über die Lage der Städte und über mögliche Massnahmen für eine Aufwertung ihrer politischen Stellung. (Zur Berücksichtigung der finanziellen Zentrumslasten der Städte siehe hier und zum Vorschlag der CVP die Funktion der Städte in der Verfassung zu verankern siehe hier.)

(Po: 94.3261) Kompetenzen und Lage von Grossstädten
Dossier: Bericht über die Lage der Städte
Dossier: Politische Aufwertung der Stadtgebiete

Die beiden Christlichdemokraten Engler (AI) und Cottier (FR) hatten 1993 mit Motionen (93.3169; 93.3175) ein Massnahmenpaket für eine grundlegende Erneuerung des föderalistischen Systems vorgeschlagen. Der Ständerat hatte 1994 die Mehrzahl ihrer Forderungen in ein Postulat umgewandelt, das Begehren nach einer stärkeren institutionalisierten Mitwirkung der Kantone bei der Aussenpolitik jedoch in der verbindlichen Motionsform überwiesen. Inzwischen hatte sich auf Wunsch der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) eine aus Vertretern des Bundes und der Kantone paritätisch besetzte Arbeitsgruppe gebildet. Diese soll - zusammen mit dem Institut für Föderalismus an der Universität Freiburg - einen Vorschlag für ein entsprechendes Mitwirkungsgesetz ausarbeiten. Obwohl der Bundesrat angesichts dieser neuen Lage gegen einen Parlamentsauftrag in Motionsform nichts mehr einzuwenden hatte, wandelte der Nationalrat auch diesen Teil der Motion in ein Postulat um.
Anfangs Oktober präsentierte die erwähnte paritätische Arbeitsgruppe ihren Entwurf für ein Mitwirkungsgesetz der Kantone in der Aussenpolitik. Dieser sieht vor, dass die Kantone bei der Vorbereitung von aussenpolitischen Entscheiden informiert und angehört werden müssen. Uneinig war man sich über den Grad der Verbindlichkeit der dabei abgegebenen kantonalen Stellungnahmen. Die Vertreter des Bundes plädierten dafür, dass diese nicht bindend sein sollen. Die Kantonsvertreter setzten sich demgegenüber - zumindest bei Vorhaben, die in die Kompetenzen der Kantone eingreifen - für eine verpflichtende Wirkung ein, von der nur abgewichen werden darf, wenn es für das Landesinteresse unumgänglich ist.

(Mo. 93.3175) Erneuerung des Föderalismus

Im Wahljahr 95 unterstrichen die Liberalen den europa- und wirtschaftspolitischen Offensivgeist der Partei und wiederholten ihre Forderungen nach Revitalisierung und Deregulierung. Unter anderem sprachen sie sich für die Aufhebung der direkten Bundessteuer und für eine Reform des Föderalismus aus. EU-Beitrittsverhandlungen forderte die LP noch für die Ende Jahr begonnene Legislaturperiode.

Europa- und wirtschaftspolitische Ausrichtung und Position der LP 1995

Als Zweitrat nahm auch der Ständerat von dem im Vorjahr vom Bundesrat vorgelegten Bericht über die grenzüberschreitende regionale Zusammenarbeit und die Mitwirkungsrechte der Kantone an der Aussenpolitik Kenntnis.

94.027: Bericht über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Mitwirkung der Kantone in der Aussenpolitik
Dossier: Mitwirkung der Kantone in der Aussenpolitik

Der Nationalrat stimmte einer im Vorjahr vom Ständerat überwiesenen Motion Bloetzer (cvp, VS) für eine verbesserte Koordination zwischen Bundes- und Kantonsbehörden bei Bewilligungsverfahren zu.

(Mo: 92.346) Motion für eine verbesserte Koordination zwischen Bundes- und Kantonsverwaltungen bei Entscheidungs- und Bewilligungsverfahren

Nach den Kantonen verlangten nun auch die Städte nach grösseren Einflussmöglichkeiten auf die Bundespolitik. Gemäss der Ansicht ihrer im Städteverband organisierten Vertreter müsste eine Rücksichtnahme auf ihre Interessen in der Verfassung zwingend verankert werden. Zudem sollten projektbezogene Konferenzen mit Beteiligung von Bund, Kantonen und Gemeinden geschaffen werden. Diese Forderungen wurden von Nationalrat Gross (sp, ZH) mit einem Postulat auch im Parlament vorgebracht. Da die Liberale Sandoz (VD) den Vorstoss bekämpfte, wurde dessen Behandlung verschoben.

(Po: 94.3261) Kompetenzen und Lage von Grossstädten
Dossier: Bericht über die Lage der Städte
Dossier: Politische Aufwertung der Stadtgebiete

Die Botschaft zum Bundesbeschluss über INTERREG II wurde im Oktober vorgestellt. INTERREG ist eine 1991 und 1992 beschlossene Gemeinschaftsinitiative der EU zum Ausbau der Infrastrukturen in den Grenzregionen und zur Förderung der regionalen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Die EU stellt in diesem Rahmen Geldmittel für Projekte auf EU-Gebiet zur Verfügung, wenn regionale Körperschaften oder Private mindestens 50% zur Finanzierung beitragen. 14 der 16 schweizerischen Grenzkantone haben sich bisher an derartigen Projekten beteiligt und dabei auch finanzielle Beiträge an Vorhaben im Ausland geleistet. Der Bundesrat schlug in seiner Botschaft zum Nachfolgeprogramm INTERREG II einen Rahmenkredit von CHF 24 Mio. für die Jahre 1995-99 vor, um für die schweizerischen Partner die Voraussetzungen für eine Mitarbeit bei den gemeinsamen grenzüberschreitenden Programmen zu verbessern. Für eine Bundesbeteiligung sprechen nach Ansicht des Bundesrates nicht nur regionalpolitische, sondern - gerade nach der Ablehnung des EWR-Vertrags - auch integrationspolitische Gründe. Subventionieren will der Bund freilich nur die Beteiligung an der Erarbeitung und Umsetzung der gemeinsamen Programme und die Bildung von gemeinsamen administrativen und institutionellen Strukturen, nicht aber die einzelnen Infrastrukturprojekte. Deren Finanzierung ist wie bisher auf der Grundlage der Kompetenzverteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden sicherzustellen.

BRG 94.091: INTERREG II in den Jahren 1995-1999
Dossier: Regionalpolitik (INTERREG und NRP)

Der Ständerat überwies eine im Vorjahr von Cottier (cvp, FR) eingereichte Motion, welche verschiedene konkrete Forderungen zur Revitalisierung des Föderalismus und zum Ausbau der institutionellen Rechte der nicht deutschsprachigen Kantone enthält, grösstenteils als Postulat. Die Forderung nach einem Gesetz für die Mitwirkung der Kantone in der Aussenpolitik und für eine weniger restriktive Formulierung der aussenpolitischen Kompetenzen der Kantone in der Bundesverfassung (Art. 9 BV) wurden gegen den Antrag von Bundesrat Koller in der Motionsform belassen. Der Nationalrat hat die gleichlautende Motion Engler (cvp, AI) (93.3169) noch nicht behandelt.

(Mo. 93.3175) Erneuerung des Föderalismus

Die Aushandlung und vor allem dann die Ablehnung des EWR-Vertrags hatte das Interesse der Kantone einerseits an der Mitgestaltung der Aussenpolitik und andrerseits an einer engeren grenzüberschreitenden regionalen Zusammenarbeit geweckt. Als Antwort auf diverse 1993 vom Parlament überwiesene Vorstösse legte der Bundesrat einen Bericht zu diesem Thema vor. Dieser enthält eine Bestandesaufnahme bezüglich rechtlicher Voraussetzungen und praktischer Erfahrungen. Er stellt dabei insbesondere fest, dass die grenzüberschreitende regionale Zusammenarbeit von der Initiative der Kantone, Gemeinden und weiterer regionaler öffentlicher und privater Institutionen abhänge. Es gelte deshalb für diese Körperschaften, den ihnen durch die grosszügige Auslegung von Art. 9 und 10 BV eingeräumten Spielraum noch vermehrt zu nutzen; beispielsweise können Kantone in Politikbereichen für die sie zuständig sind (Bildung, Regionalverkehr, Abfallbeseitigung etc.) mit ausländischen Staaten oder Regionen Verträge abschliessen. Eine Integration von einzelnen Regionen in den EWR sei jedoch nicht möglich, da die Liberalisierung des Güter- und Personenverkehrs in den Kompetenzbereich des Bundes fällt.
Das in den letzten Jahren ausgebaute Informations- und Mitspracherecht der Kantone in der Aussenpolitik des Bundes, welches sich allerdings infolge der Ablehnung der EWR-Vorlage auf keine verfassungsmässige Grundlage stützen kann, wird von der Landesregierung in ihrem Bericht positiv beurteilt. Neue Instrumente auf Verfassungs- oder Gesetzesstufe zur Intensivierung dieser Politik schlägt der Bundesrat nicht vor. Er stellte aber in Aussicht, dass er gemeinsam mit den Kantonen die Frage der rechtlichen Regelung der kantonalen Mitwirkung in der Aussenpolitik angehen wolle. Zudem kündigte er an, dass er eine Koordinations- und Informationsstelle für die Kantone schaffen und dem Parlament einen Bundesbeschluss über die Förderung der grenzüberschreitenden kantonalen und regionalen Zusammenarbeit im Rahmen von INTERREG II der EU unterbreiten werde. Der Bericht wurde im Nationalrat von den Sprechern aller Fraktionen ausser der FP gelobt und formell zur Kenntnis genommen.

94.027: Bericht über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Mitwirkung der Kantone in der Aussenpolitik
Dossier: Mitwirkung der Kantone in der Aussenpolitik

Der Ständerat überwies eine Motion Bloetzer (cvp, VS) für eine verbesserte Koordination zwischen Bundes- und Kantonsverwaltungen bei Entscheidungs- und Bewilligungsverfahren.

(Mo: 92.346) Motion für eine verbesserte Koordination zwischen Bundes- und Kantonsverwaltungen bei Entscheidungs- und Bewilligungsverfahren

Ebenfalls gegen den Widerstand der SD und der Lega hiess der Nationalrat eine bereits 1991 eingereichte Motion Mühlemann (fdp, TG) für eine aktive Unterstützung der Bestrebungen zugunsten der Bildung von grenzüberschreitenden Regionalorganisationen gut. Die kleine Kammer unterstützte diese Motion ebenfalls. Auch die Ständeräte, welche der Arbeitsgruppe der Grenzkantone zu Frankreich angehören, forderten unter anderem eine direkte Vertretung der Kantone bei der EU und eine verstärkte Unterstützung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit durch den Bund. Der Bundesrat setzte als Reaktion auf diese Begehren eine interdepartementale Arbeitsgruppe ein, welche einen Bericht über die internationale Zusammenarbeit in den Grenzregionen sowie über die Einbeziehung der Kantone in die Aussenpolitik ausarbeiten soll.

(Mo 91.3187) Bildung von grenzüberschreitenden Regionalorganisationen

Ebenfalls nicht fachspezifisch ausgerichtet ist die im Juni gegründete Konferenz der Westschweizer Kantone, in der die Regierungspräsidenten sowie ein weiteres Exekutivmitglied aus den vier französischsprachigen Kantonen Genf, Jura, Neuenburg und Waadt sowie den drei sprachlich gemischten Kantonen Bern, Freiburg und, Wallis vertreten sind. In der Deutschschweiz bestehen derartige regionale Regierungspräsidentenkonferenzen schon seit längerer Zeit.

Konferenz der Westschweizer Kantone

Der beschleunigte Gang der Gesetzgebungstätigkeit im Zusammenhang mit Eurolex und Swisslex und die daraus entstehenden Vollzugsprobleme hatten bei verschiedenen Kantonsregierungen den Wunsch nach einer effizienteren Interessenvertretung gegenüber dem Bundesrat und der Bundesverwaltung hervorgerufen. Zusätzlich zu dem von der Landesregierung im Rahmen der EWR-Vorbereitung geschaffenen Kontaktgremium gründeten sie am 8. Oktober in Bern eine Konferenz der Kantonsregierungen (KdK). Die neue Organisation besteht aus einer Plenarkonferenz, in welche jeder der 26 Kantone und Halbkantone ein Regierungsmitglied abordnen darf, und die mit einem qualifizierten Mehr von 18 Stimmen Beschlüsse fassen und Stellungnahmen abgeben kann. Daneben wird ein "leitender Ausschuss" aus sieben bis neun Regierungsräten gebildet. Im Unterschied zum Kontaktgremium gehört der Bundesrat dieser Organisation nicht an. Er kann jedoch eingeladen werden und die Konferenz um die Traktandierung von Geschäften ersuchen. Die Gründung dieser neue Institution löste nicht nur Freude aus. Der Bundesrat akzeptierte zwar den Beschluss der Kantonsregierungen, sah aber keinen Anlass, sein Kontaktgremium wieder abzuschaffen. Expliziter fiel die Kritik von einigen Ständeräten aus, welche die neue Institution als einen Angriff auf ihre eigene Ratskammer interpretierten.

Gründung der Konferenz der Kantonsregierungen

Die Ablehnung des EWR-Vertrags verstärkte nicht nur in den Kantonen der Westschweiz das Interesse an einer grenzüberschreitenden Politik im Rahmen der Regionen der EU. Eine am Tag nach der EWR-Abstimmung eingereichte Motion (92.3489) Spielmann (pda, GE) verlangte, dass den Kantonen die Möglichkeit gegeben wird, eine Vertretung zu EU-Institutionen zu entsenden, und dass sie Kompetenzen im Rahmen der Beteiligung an Regionalorganisationen der EU erhalten. Eine ähnliche Motion (92.3501) Epiney (cvp, VS) im Nationalrat sowie im Ständerat eine Motion (93.3102) Schüle (fdp, SH) und ein Postulat (92.3525) Onken (sp, TG) legten das Schwergewicht auf die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. In seinen Antworten wies der Bundesrat darauf hin, dass bereits in der heutigen Praxis den Kantonen relativ grosse Kompetenzen zugestanden werden und deshalb eine Änderung von Art. 9 und 10 BV nicht erforderlich sei. So sei zum Beispiel die Mitarbeit der Kantone in grenzüberschreitenden regionalen Organisationen seit 1981 durch ein internationales Abkommen gesichert. Der Ständerat stimmte sowohl der Motion Schüle als auch dem Postulat Onken zu. Im Nationalrat meldeten die SD und die Lega Widerstand an, da sie von derartigen Bestrebungen ein Aufbrechen der Schweiz entlang ihrer Sprachgrenzen befürchten. Trotzdem überwies der Rat die Motionen Spielmann und Epiney in der vom Bundesrat beantragten Postulatsform; diejenige des Ständerats (Schäle) sogar als Motion.

Interesse an einer grenzüberschreitenden Politik im Rahmen der Regionen der EU (Mo. 92.3489)

Leere Staatskassen sowie der dringliche Bundesbeschluss gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung, welcher eine Plafonierung der in den Kantonen ausgehandelten Tarife und Preise für medizinische Leistungen vorschreibt, tragen dazu bei, dass sich die Kantone stärker als in der Vergangenheit mit kostendämmenden Massnahmen im Gesundheitswesen auseinandersetzen. Die Schweizerische Sanitätsdirektorenkonferenz (SDK) als politisches Koordinationsorgan der kantonalen Gesundheitsdirektoren führte erstmals eine gesamtschweizerische Umfrage über die in diesem Zusammenhang geplanten oder bereits eingeleiteten Schritte durch und erliess gestützt darauf neun Empfehlungen an die Kantone. Danach sollen unter anderem der Informationsaustausch zwischen den kantonalen Gesundheitsbehörden sowie die Zusammenarbeit im Spitalbereich auf regionaler Ebene über die Kantonsgrenzen hinweg verstärkt werden. Durch die Zusammenlegung von Leistungseinheiten und die Neuverteilung von Leistungsaufträgen sollen die regionalen Versorgungsstrukturen optimiert werden. Die SDK selber will eine aktivere Rolle bei der Entwicklung von Modellen für die Globalbudgetierung der Betriebsaufwendungen der Spitäler übernehmen, welche die heute gebräuchliche automatische Übernahme der Defizite durch den Staat ersetzen soll. Im weiteren wurde den Kantonen empfohlen, teilstationäre Einrichtungen und Spitex zu fördern sowie die Schaffung von ärztlichen Gruppenpraxen nach dem sogenannten HMO-Modell nach Möglichkeit zu erleichtern und zu unterstützen.

Kostendämpfende Massnahmen der Kantone im Gesundheitswesen (1993)

Eine Aufwertung der Stellung der Kantone in der Bundespolitik wünscht auch die CVP. Ständerat Cottier (cvp, FR) und Nationalrat Engler (cvp, Al) (93.3169) reichten identische Motionen ein, in denen sie namentlich auch institutionelle Änderungen fordern. So soll beim Kantonsreferendum die heute erforderliche Anzahl von acht beteiligten Kantonen gesenkt werden, damit beispielsweise die sechs mehrheitlich französischsprachigen Kantone eine Volksabstimmung verlangen können, und zusätzlich soll auch ein ähnlich ausgestaltetes Initiativrecht eingeführt werden. Vorgeschlagen wird in den Motionen auch ein Bundesgesetz über die Mitwirkung der Kantone bei der Aussenpolitik und die Bildung einer nationalen Regierungskonferenz aus Vertretern des Bundesrates und der Kantonsregierungen.

(Mo. 93.3175) Erneuerung des Föderalismus

Die Minorisierung der geschlossenen französischsprachigen Schweiz am 6. Dezember hat auf jeden Fall die Idee einer gemeinsamen politischen Kultur und gemeinsamer Interessen innerhalb der Romandie gestärkt. Bereits zuvor hatte sich die in der Westschweiz früher und heftiger einsetzende Wirtschaftsrezession ähnlich ausgewirkt. Unter diesen Vorzeichen erstaunt es nicht, dass in der französischsprachigen Schweiz, welche bisher besonders auf ihre Differenzierung und die Eigenständigkeit ihrer Kantone gepocht hatte, die Idee eines institutionellen Zusammenschlusses Anhänger gewann. An einer u.a. von der Tageszeitung "Nouveau Quotidien" organisierten Tagung in Glion (VD) schlug der Genfer Staatsrat Segond(fdp) die Bildung eines mit Entscheidungskompetenzen ausgestatteten Rates der französischsprachigen Kantone vor. Dieser sollte zuerst im Bereich der Raumplanung, später auch in der Bildungs- und Gesundheitspolitik die bisherigen kantonalen Instanzen ablösen. Dass Segonds Idee namentlich bei seinen Kollegen aus anderen Kantonsregierungen auf grosse Skepsis stiess, war angesichts des in der Westschweiz besonders ausgeprägten Föderalismus und den Vorbehalten gegenüber der Metropole Genf zu erwarten.

Idee einer gemeinsamen politischen Kultur und gemeinsamer Interessen innerhalb der Romandie gestärkt

Das Resultat der Abstimmung vom 6. Dezember über den EWR-Vertrag mit dem scharfen Gegensatz zwischen den deutlich zustimmenden französischsprachigen Kantonen und dem ablehnenden Rest der Schweiz weckte bei nicht wenigen Kommentatoren die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Schweiz entlang der Sprachgrenze. In der Westschweiz wurden zwar in den Bistros, in einigen Presseorganen und – allerdings nicht zum erstenmal – vom Rassemblement jurassien Sezessionsgelüste geäussert. Die grosse Mehrzahl der französischsprachigen Politiker und auch der Medien bemühten sich hingegen um eine Entdramatisierung und Entemotionalisierung der Differenzen zwischen den Sprachregionen. National- und Ständerat setzten nach dem 6. Dezember Kommissionen ein, welche Vorschläge für eine Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses erarbeiten sollen.

Abstimmung vom 6. Dezember über den EWR-Vertrag Sezessionsgelüste