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Die Interessenbindungen der Parlamentsmitglieder gaben stets Anlass zu Diskussionen. Seit der Änderung des Parlamentsgesetzes 2002 müssen Parlamentsmitglieder bei Amtsantritt alle ihre beruflichen Tätigkeiten, die Tätigkeiten in Führungs- und Aufsichtsgremien und Beiräten oder ihre Beratungs- und Expertentätigkeiten offenlegen. Das Register dieser Interessenbindungen wird von den Parlamentsdiensten geführt, nachgetragen und veröffentlicht. Zwar werden also die Mandate ausgewiesen, darüber welche Mandate in welchem Umfang bezahlt werden, herrscht aber wenig bis keine Transparenz und verschiedene Anläufe, dies zu ändern, waren in der Vergangenheit jeweils gescheitert.

Allerdings schien der gesellschaftliche Druck diesbezüglich 2019 zu wachsen. Im «Ämtlisammeln» seien die Bundespolitiker emsig wie Bienen, kritisierte etwa der «Blick» die über 2'000 Interessenbindungen der 246 Parlamentsmitglieder. Darunter befänden sich auch zahlreiche «gut bezahlte Pöstchen». SP-Nationalrätin Mattea Meyer (sp, ZH) wolle dies mit einer parlamentarischen Initiative ändern. Um finanzielle und politische Interessen durch lukrative Mandate nicht zu vermischen – der «Blick» zitierte die Nationalrätin mit den Worten «das geht in manchen Fällen Richtung Käuflichkeit und Korruption» – fordere Meyer einen «Lohndeckel für Ämtlisammler», lobte die Zeitung. Einnahmen aus solchen Mandaten dürften laut der Forderung nicht höher sein als die Entschädigung für die Parlamentsarbeit.

Das Thema Transparenz war freilich nicht nur ein linkes, sondern auch ein rechtes Anliegen. Auch Peter Keller (svp, NW) kommentierte in der «Weltwoche», dass Zusatzbezüge offengelegt werden müssten. Das Parlament sei verseucht, weil sich ein «Söldnerwesen» ausbreite: «Gewählte Volksvertreter sind in Wahrheit als bezahlte Lobbyisten, Pöstli-Jäger und Verbandsfunktionäre unterwegs», so der Nationalrat. Auslöser für den Beitrag von Keller war eine Untersuchung der «Weltwoche», die der Frage nach der Käuflichkeit von Politikerinnen und Politikern nachging. Parlamentsmitglieder würden bis zu 30 Mandate anhäufen und sich dafür stattlich bezahlen lassen. «Topverdiener» würden wohl gegen eine Million Franken verdienen, rechnete das Wochenblatt vor. Ähnliche Zahlen präsentierte Cédric Wermuth (sp, AG) in seinem von ihm veranlassten «Lobby-Report», in dem zwei Journalisten auflisteten, wie viel Geld die Finanz- und Versicherungsbranche an Politikerinnen und Politiker bezahlten. Die Vergütung dieser rund 200 untersuchten Mandate – knapp zehn Prozent aller Mandate im Parlament – schätzten sie auf rund CHF 6.5 Mio. – eine Zahl, die in den Medien einiges Echo fand. Beide Untersuchungen zeigten freilich vor allem, wie schwierig es ist, verlässliche Zahlen zu erhalten, die ohne Transparenz lediglich Schätzungen sein können.

Diskutiert wurde zudem die Idee einer Volksinitiative, mit der die Transparenz von Nebeneinkünften gefordert wurde. Ein ähnliches Begehren war bereits 2011 lanciert worden, letztlich aber an der Unterschriftenhürde gescheitert. Einer der damals federführenden Initianten, Lukas Reimann (svp, SG), gab dem «Sonntags-Blick» zu Protokoll, dass es in den letzten Jahren noch «viel schlimmer» geworden sei. Es sei offensichtlich, dass «etliche» Parlamentsmitglieder «im Interesse ihrer Geldgeber stimmten». Damals wie heute mit im Komitee sass auch Aline Trede (gp, BE). Es gebe zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die «ein Nebenamt bei einer Krankenkasse haben und munter das Gesundheitswesen prägen», so die Nationalrätin ebenfalls im Sonntags-Blick. Wer sich nicht an die Offenlegungspflicht halte oder betrüge, solle aus den Kommissionen verbannt werden, so die Forderung der Initiative, für die allerdings bis Ende 2019 die Unterschriftensammlung nicht gestartet worden war.

Kurz vor den eidgenössischen Wahlen lancierte auch Regula Rytz (gp, BE) einen in den Medien aufgenommenen Vorstoss in Form einer parlamentarischen Initiative, der sich den Europarat zum Vorbild nahm. Dort müssen alle Einnahmen über € 200 mit Herkunft angegeben werden. Dieser Regelung unterwarfen sich aktuell zehn der zwölf Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier, die im Parlament des Europarates sitzen. Alfred Heer (svp, ZH), einer dieser zehn, glaubte allerdings nicht an den Nutzen dieser Transparenz. Die Angaben würden nicht überprüft und es könnten beliebige Erträge angegeben werden. Thomas Müller (svp, SG), neben Hannes Germann (svp, SH) einer der beiden Parlamentarier, die sich als Mitglied der Delegation den Regeln nicht unterwerfen wollten, befand in der Aargauer Zeitung, dass auch Politiker «Anspruch auf Privatsphäre» hätten. Was er verdiene, gehe niemanden etwas an. Hannes Germann warnte, dass die angestrebte Regelung in der Schweiz viele Leute abschrecken könnte, ein Parlamentsmandat zu übernehmen, weil sie in einem Milizsystem ja auf Einkünfte neben den Parlamentarierentschädigungen angewiesen seien.

Transparenz bei der Bezahlung von Mandaten von Parlamentsmitgliedern
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Der Totalrevision des Datenschutzgesetzes und der Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz nahm sich in der Herbstsession 2019 der Nationalrat als Erstrat an. Das ein Jahr zuvor verabschiedete und am 1. März 2019 in Kraft getretene Schengen-Datenschutzgesetz, das aus Gründen der zeitlichen Dringlichkeit zunächst nur die Schengen-relevanten Anpassungen umsetzte, wird mit der Annahme des totalrevidierten Gesetzes wieder ausser Kraft treten. Mit der Totalrevision sollen über die Schengen-Anforderungen hinausgehend einerseits die Schwächen des heutigen Datenschutzrechts, das noch aus einer Zeit vor dem Internet stammt, behoben und andererseits die Entwicklungen auf EU- und Europarats-Ebene aufgenommen werden. Besonders bedeutsam für die Schweiz ist hierbei, von der EU weiterhin als Drittstaat mit angemessenem Datenschutzniveau anerkannt zu werden. Ansonsten, so wurde befürchtet, wäre die Schweizer Wirtschaft mit erheblichen Wettbewerbsnachteilen konfrontiert, da Schweizer Unternehmen nicht mehr so einfach Daten mit Firmen in der EU austauschen könnten. Bis im Mai 2020 wird die EU die Äquivalenz des Schweizer Datenschutzes beurteilen, was eine gewisse Dringlichkeit für die Revision gebietet.
Wie schwierig dieses Unterfangen werden würde, hatte sich schon in der vorberatenden SPK-NR abgezeichnet: Nur mit Stichentscheid des Präsidenten Kurt Fluri (fdp, SO) hatte sich die Kommission im August 2019 durchgerungen, die Vorlage nach mehr als einem Jahr Arbeit überhaupt vors Ratsplenum zu bringen. Die wichtigsten Anpassungen der Kommission am bundesrätlichen Entwurf waren die neu einzuführende Direktwahl des EDÖB durch die Bundesversammlung, die Einführung eines Rechts auf Datenportabilität, die Anpassung der Definition der besonders schützenswerten Personendaten sowie der Verzicht auf eine besondere Regelung für den Umgang mit Daten verstorbener Personen und auf eine ausdrücklich erforderliche Einwilligung zum Profiling. Im Rahmen ihrer Beratungen hatte die SPK-NR zudem sechs Motionen zur Vervollständigung der Datenschutzbestimmungen in weiteren Gesetzen eingereicht.
Kurz vor der Debatte im Nationalrat hatte das Bundesamt für Justiz überdies eine Liste dazu veröffentlicht, welche problematischen Differenzen es zwischen dem Kommissionsvorschlag und den Anforderungen der EU sehe. Auch EDÖB Adrian Lobsiger hatte in der Presse bezweifelt, dass das von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Gesetz mit dem verlangten Niveau der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) mithalten könne; beim Entwurf des Bundesrates hätte er indes keine Probleme gesehen.
Während der strittige Vorschlag der Kommissionsmehrheit für die SVP bereits zu weit ging, bemängelten SP, Grüne und GLP, er sei zu lasch. Wirtschaftsverbände drängten unterdessen auf eine möglichst rasche, EU-konforme Lösung. So wurde im Vorfeld der nationalrätlichen Debatte von den Mitte- und Linksparteien noch fieberhaft nach Kompromissen gesucht, um den drohenden Absturz der Revision zu verhindern.

In der Eintretensdebatte in der grossen Kammer wurde von allen Seiten – ausser von der SVP-Fraktion – betont, wie wichtig und notwendig das vorliegende Revisionsprojekt sei, sowohl um den Datenschutz dem Internetzeitalter anzupassen als auch um den Datenschutz auf ein der EU gleichwertiges Niveau zu bringen, auch wenn man in den Details der Ausgestaltung verschiedene Ansichten vertrat. Die SVP betrieb hingegen Fundamentalopposition gegen «diesen bürokratischen Unsinn», wie Fraktionsvertreter Gregor Rutz (svp, ZH) das neue Gesetz nannte, denn es sei insgesamt, vor allem für KMU, schlechter als das geltende Datenschutzgesetz – ein Argument, das wenig später durch das Votum von FDP-Vertreter Kurt Fluri (fdp, SO) entkräftet werden sollte, der berichtete, dass der Gewerbeverband die Stossrichtung der Kommissionsmehrheit begrüsse und die Rückweisung nicht unterstütze. Mit der DSGVO verkaufe die EU laut Rutz ihre Bürger für dumm, da sie «kein Mensch» verstehe. «Wir haben langsam genug davon, jeden Unsinn aus der EU ungesehen zu übernehmen!», ärgerte sich der SVP-Vertreter und rief das Ratsplenum auf, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen mit dem Auftrag, sie zu entschlacken und EU-Vorschriften nur dort zu übernehmen, wo es unumgänglich sei. Auch eine linke Minderheit hatte ursprünglich die Rückweisung, allerdings an die Kommission, beantragt und diese beauftragen wollen, die Vereinbarkeit der Vorlage mit dem Übereinkommen SEV 108 des Europarats, die Äquivalenz mit dem EU-Datenschutzrecht, die Kompatibilität mit den Schengen-Verträgen und die Nicht-Unterschreitung des heute geltenden Schutzniveaus sicherzustellen. Um die doch eher dringliche Revision nicht unnötig zu verlangsamen und um sich einer «produktiven Diskussion» nicht zu verschliessen, zog Cédric Wermuth (sp, AG) diesen Antrag jedoch «im Sinne eines Vorschussvertrauensbeweises» zurück und hoffte, das Gesetz während der Beratung noch auf eine den genannten Forderungen nähere Linie bringen zu können. Der Rückweisungsantrag der SVP-Minderheit wurde mit 120 zu 66 Stimmen (1 Enthaltung) deutlich verworfen; ausserhalb der geschlossenen SVP-Fraktion sah niemand eine Rückweisung als den richtigen Weg an.

Im Laufe der Detailberatung musste der Nationalrat über 45 Minderheits- und mehrere Einzelanträge befinden, die zu einem beträchtlichen Teil die Unterstützung des Bundesrates genossen – hauptsächlich immer dort, wo die Kommissionsmehrheit mit ihrem Vorschlag einen schwächeren Datenschutz wollte als der Bundesrat und somit das heute geltende Schutzniveau oder die Anforderungen der EU und/oder des Europarats unterschreiten wollte. So war die Kommissionsmehrheit bestrebt, sowohl die Daten über gewerkschaftliche Ansichten und Tätigkeiten als auch die Daten über Massnahmen der sozialen Hilfe aus dem Katalog der besonders schützenswerten Daten, für deren Bearbeitung besondere Anforderungen gelten, zu streichen. Während eine bürgerliche Ratsmehrheit die Streichung der Daten über gewerkschaftliche Ansichten und Tätigkeiten guthiess, schwenkte der Nationalrat bei den Daten über Massnahmen der sozialen Hilfe – neben Sozialhilfedaten sind davon auch solche über Sozialversicherungsmassnahmen bei Krankheit oder Unfall, Massnahmen der Vormundschaftsbehörden oder KESB, die fürsorgerische Unterbringung in psychiatrischen Kliniken, Ergänzungsleistungen und Prämienverbilligungen erfasst – auf die Linie des Bundesrates zurück und beliess sie im Katalog. Grünen-Vertreter Balthasar Glättli (gp, ZH) hatte zuvor mit Nachdruck klargemacht, dass deren Streichung für die Grünen und die SP ein Grund wäre, dem Gesetz die Zustimmung zu verweigern. Eine ähnliche Drohung sprach SVP-Fraktionssprecher Gregor Rutz aus, als die Einschränkung des Geltungsbereichs des DSG auf natürliche Personen zur Debatte stand: Einem Gesetz, das – anders als bisher – keinen Datenschutz für juristische Personen mehr vorsehe, werde man «nie im Leben» zustimmen können. Alle anderen Fraktionen befanden den Schutz für juristische Personen durch andere gesetzliche Bestimmungen jedoch als ausreichend und so glich der Nationalrat das DSG mit der Streichung des Schutzes juristischer Personen an die europäischen Regeln an. Bei der Frage der Anforderungen für das sogenannte Profiling zeichnete sich während der Diskussion ab, dass man an diesem Tag keine zufriedenstellende Lösung finden würde. Für jegliche Formen des Profilings, das die Aargauer Zeitung treffend als die «automatisierte Auswertung von Daten, mit denen bestimmte Merkmale einer Person bewertet werden, um etwa Vorhersagen über ihr künftiges Verhalten zu treffen» definierte, hatte der Bundesrat eine ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person voraussetzen wollen, wie sie auch zur Bearbeitung besonders schützenswerter Personendaten vorgesehen war. Da das geltende Recht so eine Regelung für das Erstellen von Persönlichkeitsprofilen umfasst, würde eine komplette Streichung der ausdrücklichen Einwilligung zum Profiling, wie es die Kommissionsmehrheit vorgeschlagen hatte, ein Rückschritt vom aktuellen Schutzniveau darstellen. In der Diskussion wurde mehrheitlich anerkannt, dass verschiedene Formen des Profilings unterschieden werden müssten, da es, wie es Balthasar Glättli erklärte, durchaus einen Unterschied mache, ob Profiling zur Erstellung von passenden Bücherempfehlungen, zur Abschätzung des Risikos für eine Versicherung oder zur Vorhersage der politischen Entscheidungen einer Person gebraucht werde. Der Bundesrat unterstützte folglich einen Einzelantrag Glättli, der eine ausdrückliche Einwilligung nur für ein Profiling mit hohem Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person vorsah. Die Fraktionen der Grünen, SP und GLP unterstützten diesen Antrag ebenfalls, unterlagen jedoch der bürgerlichen Ratsmehrheit, die beim Vorschlag der Kommissionsmehrheit ohne besondere Anforderungen für das Profiling blieb. Der Nachhall der Diskussion war jedoch klar, dass sich der Ständerat noch einmal intensiv mit dieser Frage auseinandersetzen müsse.
Betreffend die Informationspflicht bei der Beschaffung von Personendaten, die Regeln für die Bekanntgabe von Personendaten ins Ausland, die Rechenschaftspflicht für datenbearbeitende Unternehmen über die Einhaltung des Datenschutzrechts sowie das Auskunftsrecht einer Person zu den über sie gesammelten oder bearbeiteten Daten lehnte die Volkskammer einige von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Lockerungen ab und umschiffte somit ein paar der vielen Klippen im Hinblick auf den Angemessenheitsbeschluss der EU. Die vom Bundesrat eingefügten Regelungen über Daten von verstorbenen Personen erachtete der Rat jedoch als nicht notwendig und strich mit bürgerlicher Mehrheit alle entsprechenden Bestimmungen aus dem Gesetz. Ganz neu und weitgehend unbestritten verankerte der Nationalrat auf Vorschlag seiner Kommissionsmehrheit ein Recht auf Datenportabilität, das heisst auf Datenherausgabe und -übertragung, im Gesetz. Wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter erklärte, habe der Bundesrat mit dieser Neuerung eigentlich noch zuwarten wollen, bis erste Erkenntnisse aus der konkreten Umsetzung dieses Rechts in der EU vorlägen; nichtsdestotrotz unterstützte er den Vorschlag der Kommissionsmehrheit, einen Anspruch jeder Person auf «die Herausgabe ihrer Personendaten in einem gängigen elektronischen Format oder sogar deren Übertragung auf einen anderen Verantwortlichen zu verlangen», wie Keller-Sutter das neue Recht erläuterte.
Zurückgehend auf eine entsprechende parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL; Pa.Iv. 16.409) änderte die grosse Kammer das Wahlverfahren des EDÖB dahingehend, dass er neu von der Bundesversammlung gewählt und nicht mehr durch den Bundesrat ernannt und vom Parlament nur bestätigt werden sollte. Gleichzeitig wurden die Aufsichts- und Untersuchungskompetenzen des EDÖB bei Datenschutzverstössen gestärkt. Diese Änderung sei von wesentlicher Bedeutung im Hinblick auf den Angemessenheitsbeschluss der EU, wie Bundesrätin Keller-Sutter betonte, denn nach bisher geltendem Recht besitze der EDÖB nicht nur weniger Kompetenzen als die Datenschutzbehörden in Europa, sondern auch als andere Aufsichtsbehörden des Bundes, zum Beispiel die Finma oder die Weko. Bei den Strafbestimmungen legte der Nationalrat eine maximale Busse von CHF 250'000 für Datenschutzverstösse fest. Ein neuer Straftatbestand für die Nichteinhaltung der Mindestanforderungen an die Datensicherheit im Sinne einer Sorgfaltspflichtverletzung wurde von der bürgerlichen Ratsmehrheit jedoch nicht goutiert, was laut Bundesrätin Keller-Sutter für die EU-Angemessenheit problematisch sein könnte. Der letzte grosse Zankapfel der Vorlage verbarg sich in den Schlussbestimmungen, namentlich in der Frage zum Inkrafttreten des Gesetzes. Während die Kommissionsmehrheit das Inkrafttreten um zwei Jahre nach Annahme des Gesetzes beziehungsweise nach Verstreichen der Referendumsfrist verzögern wollte, beantragte eine Minderheit Humbel (cvp, AG), wie üblich den Bundesrat das Inkrafttreten bestimmen zu lassen. Eine solche Verzögerung sei bereits wegen der Schengen-relevanten Bestimmungen des Gesetzes ein Problem und daher nicht im Interesse der Wirtschaft, was das Argument der Kommissionsmehrheit gewesen war. Auf Empfehlung des Bundesrates und entgegen der geschlossenen SVP-Fraktion erteilte die grosse Kammer der zweijährigen Inkrafttretensfrist eine Absage.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat das totalrevidierte Datenschutzgesetz mit 98 zu 68 Stimmen bei 27 Enthaltungen an. In den ablehnenden Stimmen spiegelte sich vor allem die Opposition der SVP gegen das Gesetz. Demgegenüber hatte sich die SP-Fraktion mehrheitlich enthalten und damit signalisiert, dass sie noch weitere Nachbesserungen erwartete. Wirklich zufrieden mit dem Gesetz in vorliegender Form war wohl niemand; in dieser Hinsicht sprach das Fazit von Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) Bände: «Wir haben jetzt eine Vorlage, die aus Sicht der Kommission durchaus bearbeitbar ist.»

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Darüber, dass das mittlerweile in die Jahre gekommene Schweizer Datenschutzrecht revidiert werden muss, bestand in der Sommersession 2018 im Nationalrat Einigkeit, jedoch nicht unbedingt darüber, wie diese Revision vonstattengehen soll. Die SPK-NR hatte die Vorlage des Bundesrates zweigeteilt, sodass in einem ersten Schritt alle Bestimmungen zur Umsetzung der Schengen-relevanten EU-Richtlinie 2016/680 «zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung» möglichst zeitnah verabschiedet werden können, bevor in der zweiten Etappe die Revision des Datenschutzgesetzes (DSG) unter Einbezug der EU-Datenschutz-Grundverordnung und der revidierten Datenschutzkonvention des Europarates ohne Zeitdruck angegangen werden kann. Nicht einverstanden mit diesem Plan wollte Cédric Wermuth (sp, AG) das Geschäft mittels Minderheitsantrag an die Kommission zurückweisen, damit diese die Teilung rückgängig mache und die Vorlage integral berate. Er hielt es für ineffizient, dass sich das Parlament innert kurzer Zeit zweimal mit dem Datenschutzrecht befassen müsste. Bevor darüber abgestimmt werden konnte, zog Wermuth seinen Antrag jedoch mit der Begründung zurück, zum jetzigen Zeitpunkt könne die Rückweisung nicht mehr zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen; es sei nun vielmehr schneller, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen und das Geschäft in der kommenden Herbstsession dem Ständerat zu unterbreiten. Somit trat die grosse Kammer ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein und genehmigte deren Teilung. Damit wurden die für die Schengen-Zusammenarbeit im Strafrechtsbereich relevanten Bestimmungen in das neue Schengen-Datenschutzgesetz (SDSG) ausgelagert, das als Anhang des bestehenden DSG konzipiert ist. Das SDSG wird nach der Totalrevision des DSG hinfällig werden und war in seinem Inhalt im Nationalrat unbestritten. Im Zuge eines einzigen Minderheitsantrags befasste er sich mit der Frage, ob gewerkschaftliche Ansichten ausdrücklich in der Definition von besonders schützenswerten Daten natürlicher Personen erwähnt werden sollen oder ob diese automatisch unter den besonderen Schutz der politischen und weltanschaulichen Ansichten fallen, wie die Kommissionsmehrheit argumentierte. Bundesrätin Simonetta Sommaruga stellte fest, dass es keine materielle Differenz zwischen den beiden Vorschlägen gebe. Die Minderheit wollte im Einklang an die Formulierung im bestehenden DSG sowie in der EU-Richtlinie die gewerkschaftlichen Ansichten explizit beibehalten, doch der Nationalrat folgte in diesem Streitpunkt der Kommissionsmehrheit. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Änderungen der ersten Etappe der Revision des Datenschutzgesetzes mit 174 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Mit ebenso grosser Mehrheit (170 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen) stimmte sie der Genehmigung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der EU-Richtlinie zu.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)