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  • Berset, Alain (sp/ps) BR EDI / CF DFI

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Im Juli 2015 wurden erste Prognosen für die Prämien 2016 der Krankenversicherung bekannt. Vonseiten des Krankenversichererverbands Santésuisse hiess es, da im laufenden Jahr mit einer Steigerung der Gesundheitskosten um 3,5% zu rechnen sei, müssten Prämienerhöhungen um bis zu 4% erwartet werden. Besonders stark, nämlich rund 5%, sei die Kostensteigerung im ambulanten Bereich (Praxen und Spitalambulatorien). Unter anderem mache sich hier die in den Jahren 2012 und 2013 deutlich erhöhte Anzahl der Neuzulassungen von Spezialärzten und -ärztinnen bemerkbar, die eine Mengenausweitung nach sich gezogen hatte, hiess es. Auch habe der Rechnungsbetrag pro Konsultation zugenommen, und Ärztinnen und Ärzte würden in grösserem Masse Zeit für Leistungen in Abwesenheit der Patienten, wie Aktenstudium, verrechnen. Mit der zunehmend ambulanten Durchführung verschiedener Behandlungen, darunter sogar Chemotherapien, die dem medizinischen Fortschritt zu verdanken ist, verschiebt sich auch die Kostenlast: Während im stationären Bereich die Kosten etwa hälftig von den Kantonen und den Versicherern getragen werden, wird der ambulante Bereich gänzlich durch die Krankenkassen finanziert.
Gesundheitspolitikerinnen und -politiker zeigten sich wenig überrascht ob der Ankündigung. Es bestünden starke Fehlanreize im System und man werde für eine Effizienzsteigerung nicht darum herumkommen, auch unpopuläre Massnahmen einzuführen. Welche dies sind – diskutiert werden unter anderem eine Einschränkung der freien Arztwahl oder die Aufhebung des Vertragszwangs – ist dagegen umstritten. Einige Hoffnungen bestanden im Zusammenhang mit einer laufenden Revision des Tarmed. Aus der Romandie ertönte weiterhin die Forderung, kantonale Einheitskassen zuzulassen.
Die definitiven Zahlen publizierte das BAG Ende September, nachdem es die Prämien der Krankenversicherer für das nächste Jahr bewilligt hatte. Wie zuvor vermutet, gab Bundesrat Berset einen Anstieg der Standard-Prämie für Erwachsene um 4,0% bekannt, was dem Anstieg des Vorjahres entspricht. Die Standardprämie für Kinder würde um 3,9%, jene für junge Erwachsene um 3,6% ansteigen. Wie bereits in den Vorjahren war jedoch der Aufschlag in Versicherungsmodellen mit eingeschränkter Arztwahl, dazu gehören Hausarzt- und Teldoc-Modelle, höher als beim Standardmodell, weshalb der effektive Prämienaufschlag im Schnitt 5,4% beträgt. Der Prämienanstieg unterschied sich stark zwischen den Kantonen. Am härtesten traf es den Kanton Neuenburg mit 8,2%, am schwächsten Appenzell Innerrhoden mit 2,2%; in Zürich und Bern betrug der Aufschlag 3,6% respektive 3,2%. Besonders hoch fiel der Aufschlag bei der Billig-Kasse Assura aus: Sie musste ihre durchschnittliche Prämie um 9,3% erhöhen, da sich die Zusammensetzung ihres Versichertenpools verändert hatte und dieser nun vermehrt auch Personen mit hohen Krankheitskosten umfasste. Dies traf vor allem die Romandie, in der die Assura stark vertreten ist – im Kanton Neuenburg ist die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner bei der Assura versichert.

Krankenkassenprämien 2016
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Schon im Vorfeld der Bundesratswahlen war darüber spekuliert worden, wer das Departement der scheidenden Eveline Widmer-Schlumpf übernehmen würde. Das EFD gilt als wichtige Schnittstelle und einflussreiches Departement, insbesondere auch vor dem Hintergrund der künftigen finanzpolitischen Herausforderungen. Freilich konnte man sich bei keinem der bisherigen Magistraten einen Departementswechsel vorstellen, da entweder gewichtige Dossiers anstanden (z.B. die Sozialversicherungsreform im EDI, die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative im EJPD oder die Infrastrukturvorhaben im UVEK), oder da sich Departementsvorsteher schlicht zu wohl fühlten in ihrem Amt: So war etwa Didier Burkhalter in seinem Präsidialjahr als perfekter Aussenminister bezeichnet worden. Auch bei Johann Schneider-Ammann wurden keine Wechselabsichten vermutet, da er sich wohl nicht gleichzeitig der Herausforderung von Präsidium und neuem Departement stellen wolle. Bei Ueli Maurer schliesslich wurde dessen Alter ins Feld geführt. Mit 65 Jahren würde er kaum noch einmal ein neues Departement übernehmen wollen. Diskutiert wurde auch, ob die SVP das Asyldossier übernehmen solle, um hier Verantwortung zu übernehmen. Christoph Blocher hatte sich in einem Interview für diese Lösung stark gemacht. In diesem Fall hätte die SP das Finanzdepartement übernommen, was wiederum von zahlreichen SP-Exponentinnen und Exponenten begrüsst worden wäre.
Mit der Wahl von Guy Parmelin zum neuen SVP-Magistraten gingen die Spekulationen weiter. Parmelin wurde die Eignung für die Übernahme des EFD freilich eher abgesprochen. Weil Parmelin Ambitionen auf das EDI hege, wurde auch spekuliert, dass Alain Berset das EFD übernehmen würde. Er habe schon durchblicken lassen, das ihn das Amt reizen würde, wusste etwa die NZZ zu berichten. Die Departementsverteilung wird freilich vom Siebnergremium alleine bestimmt. Nach der ersten Bundesratssitzung in neuer Besetzung Mitte Dezember, gab die Exekutive die neue Verteilung bekannt, die in sehr angenehmer und konkordanter Atmosphäre gefällt worden sei. Das EFD übernimmt neu Ueli Maurer – zum ersten Mal wird dieses Departement von einem SVP-Magistraten geführt – während Guy Parmelin das VBS übernimmt.
Die kleine SVP-Rochade wurde unterschiedlich interpretiert. Während sich die CVP erstaunt zeigte, dass die SVP keine Verantwortung übernehme, indem sie ins EJPD wechsle – ein Argument, das die scheidende Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga als "absurd" bezeichnete: Es würde auch niemand behaupten, die FDP übernehme keine Verantwortung für die Finanzpolitik, weil sie nicht im EFD sitze – zeigten sich Wirtschaftsvertreter erfreut. Es sei gut, dass die Finanzen in bürgerlicher Hand blieben. SP-Vertreter äusserten die Sorge, dass jetzt wohl Sparanstrengungen auf dem Rücken des Bundespersonals zunehmen würden. Nicht kommentieren wollte die neue Departementsverteilung der FDP-Präsident Philipp Müller (fdp, AG). Das sei Sache des Bundesrates.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Die Motion Gilli (gp, SG) "Gleichbehandlung von Medikamenten und Immunologika beim Import aus dem Ausland" war im Dezember 2015 im Ständerat traktandiert. Die vorberatende SGK beantragte die Motion mit 8 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung zur Annahme, folgte damit dem Erstrat und setzte den Widerspruch gegen den Bundesrat fort. In der Kommission überwog die Haltung, dass es aus Praxissicht sinnvoll sei, die administrativen Hürden für die Einzeleinfuhr von in der Schweiz nicht zugelassenen Impfstoffen zu senken. Dabei teilte die Kommission die Meinung der Motionärin, dass die anfallenden Kosten unzumutbar seien. Eine Erleichterung in Form des Meldeverfahrens sei deshalb angezeigt.
Trotz erneuter Intervention von Gesundheitsminister Berset wurde die Motion auch im Ständerat angenommen. Das Resultat war mit 18 zu 16 Stimmen (keine Enthaltung) recht knapp, wobei zum Zeitpunkt der Abstimmung 12 Standesvertreterinnen und -vertreter abwesend waren.


Gleichbehandlung von Medikamenten und Immunologika beim Import aus dem Ausland

Rund eine Woche vor den Regierungswahlen begannen die Fraktionen mit den Hearings der drei SVP-Kandidaten. Lediglich die Grünen verzichteten auf die Anhörungen, weil sie die Wahl eines Vertreters der Volkspartei grundsätzlich ablehnten, da die SVP die Europäische Menschenrechtskonvention kündigen wolle – eine Anspielung auf die geplante Selbstbestimmungsinitiative der SVP. Die GP setzte nach wie vor auf einen Sprengkandidaten aus der Mitte und gab bekannt, zumindest im ersten Wahlgang keinen der SVP-Kandidierenden wählen zu wollen. Die SP entschied sich erst in letzter Minute, die Kandidaten einen Tag vor den Wahlen doch noch zu Bewerbungsgesprächen einzuladen. Die Genossen gaben im Anschluss bekannt, dass Norman Gobbi (TI, lega) für sie nicht wählbar sei. Die restlichen Fraktionen wollten sich nach den Anhörungen zwar nicht festlegen, gaben aber zu Protokoll, einen der drei offiziellen Kandidaten wählen zu wollen. Ein Sprengkandidat war nicht in Sicht – auch wenn Heinz Brand (svp, GR) erst nach einigem Hin und Her und viel Pressewirbel dementierte, eine Wahl annehmen zu wollen, und sich auch Thomas Hurter (svp, SH) noch einmal ins Gespräch brachte, weil er keine Stellung nehmen wollte zur Idee, bei einer allfälligen Wahl und Ausschluss durch die SVP bei der FDP Unterschlupf zu finden. Alle weiteren, in den Medien kolportierten, möglichen Überraschungskandidaten gaben aber jeweils kurz nach der Medienmeldung an, nicht zur Verfügung zu stehen. Zudem signalisierten die Mitteparteien im Verlaufe dieser Geplänkel immer deutlicher, für Spiele nicht zur Verfügung zu stehen. Aufgrund dieser Ausgangslage sahen die meisten Medien am Tag vor der Bundesratswahl Guy Parmelin (svp, VD) im Vorteil, da er von SP und GP wohl eher unterstützt würde als Norman Gobbi (TI, lega) und Thomas Aeschi (svp, ZG).
Dass der Anspruch der SVP auf einen zweiten Bundesratssitz allgemein akzeptiert und die Lust auf Experimente im Parlament in der Tat sehr gering war, zeigte sich am Wahltag auch in den Voten der einzelnen Fraktionen. Mit Ausnahme der SP und der GP sprachen sich alle Parteien für ein Ende der bisher nicht adäquaten mathematischen Konkordanz aus. Obwohl alle Parteien freilich auch die Ausschlussklausel der SVP kritisierten, die einer Regierungspartei nicht würdig sei, liessen sie den Worten bei der Ersatzwahl von Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) Taten folgen. Zwar erhielten im ersten Wahlgang auch Thomas Hurter (svp, SH) und Viola Amherd (cvp, VS) 22 bzw. 16 Stimmen, auf den insgesamt 245 ausgeteilten Wahlzetteln fanden sich aber vorwiegend die drei SVP-Kandidierenden, wobei sich Guy Parmelin mit 90 Stimmen vor Thomas Aeschi (61 Stimmen) und Norman Gobbi (50 Stimmen) schon leicht absetzen konnte. Mit den vier Stimmen an Verschiedene und den zwei leeren Wahlzetteln hatten sich damit 44 Parlamentarier nicht am offiziellen Dreierticket orientiert – zu wenig für einen Coup. Im zweiten Wahlgang verpasste Parmelin das absolute Mehr nur knapp. Er erhielt 117 von 120 nötigen Stimmen; Aeschi wurde von 78 Mitgliedern der Vereinigten Bundesversammlung favorisiert und Gobbi erhielt lediglich noch 30 Voten. Auf Verschiedene entfielen 14 Stimmen und fünf der 244 ausgeteilten Wahlzettel waren leer. Im dritten Wahlgang – für viele überraschend schnell – konnte Guy Parmelin dann genügend Unterstützerinnen und Unterstützer hinter sich scharen. Mit 138 Stimmen wurde der Waadtländer erster französischsprachiger SVP-Bundesrat der Geschichte. Die 88 Stimmen für Aeschi hätten auch zusammen mit den elf noch auf Gobbi entfallenden Stimmen nicht für einen anderen Wahlausgang gereicht. Im dritten Wahlgang, in dem nur noch 243 Wahlzettel ausgeteilt wurden, waren noch deren sechs leer. Guy Parmelin erklärte die Annahme der Wahl und verwies in seiner kurzen Rede auf die Bedeutung und Symbolkraft seiner Wahl für die Westschweiz. Freilich werde er im Rahmen seiner Regierungstätigkeit auch die Ost- und Zentralschweiz, die diesmal leer ausgegangen seien, nicht vergessen.

Ob der mit Spannung erwarteten Ersatzwahl gingen die vorausgehenden Bestätigungswahlen der bisherigen sechs Regierungsmitglieder fast ein wenig unter. Zwar divergierten die Stimmen, welche die einzelnen Magistratinnen und Magistraten erhielten recht stark – insbesondere Ueli Maurer (svp) und Simonetta Sommaruga (sp) wurden wohl jeweils vom gegnerischen Lager abgestraft – aber insgesamt zeigte sich auch bei den Bestätigungswahlen, dass das Parlament in der Mehrheit ein Zurück zur Normalität anstrebte. Doris Leuthard (cvp) wurde mit 215 von 245 Stimmen erneut gewählt (Verschiedene: 19; leer: acht; ungültig: drei), Ueli Maurer (svp) erhielt 173 von 245 Stimmen (Thomas Hurter (svp, SH): zehn Stimmen, Verschiedene: 27; leer: 32; ungültig: drei), Didier Burkhalter (fdp) wurde mit 217 von 244 Wahlzetteln bestätigt (Verschiedene: 14; leer: 13; ungültig: Null), der Name Simonetta Sommaruga (sp) stand auf 182 von 245 ausgeteilten Wahlzetteln (Daniel Jositsch (sp, ZH): elf Stimmen; Verschiedene: 28; leer: 19; ungültig: fünf), Johann Schneider-Ammann machte 191 von 244 Stimmen (Verschiedene: 28; leer: 23; ungültig: zwei) und überraschend deutlich bestätigt wurde auch Alain Berset mit 210 von 244 möglichen Voten (Verschiedene: 23; leer: acht; ungültig: zwei). Alle sechs hatten damit mehr Stimmen als noch vor vier Jahren erhalten.
Die Reaktionen in den Medien waren geteilt. Auf der einen Seite wurde hervorgehoben, dass Parmelin als Nationalrat kaum aufgefallen sei, über keinerlei Führungserfahrung verfüge und auch nicht besonders sprachgewandt sei – wenig spektakulär wie der Chasselas, den er anbaue, so etwa die BaZ. Sein einziger Ausweis sei es, der SVP anzugehören. Es sei aber nachvollziehbar, dass das Parlament die parteipolitische Zusammensetzung der Regierung höher gewichtet habe als personelle Fragen. Zudem müsse man Parmelin eine Chance geben, im Amt zu wachsen. Weil er keine hohe Erwartungen wecke, könne er eigentlich nur positiv überraschen. Für viele, vor allem für Mitte-links sei er wohl auch das kleinere Übel gewesen. Parmelin sei ein SVP-Mitglied der alten Schule und sei wohl als leichter formbar vermutet worden als Thomas Aeschi, der als Blocher-Zögling gelte und die neue SVP-Linie vertrete. In der Westschweizer Presse wurde zudem hervorgehoben, dass sich Parmelin stets moderat und kompromissbereit gezeigt habe – eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit im Regierungskollegium. Die Wahl Parmelins sei aber auch ein Zeichen dafür, dass das Parlament angesichts der Erfolge und der immer neuen Forderungen der SVP resigniere – so der Blick. Einig war man sich in der Presse, dass die SVP jetzt in der Verantwortung stehe. Sie müsse wieder in den Kompromiss-Modus zurückfinden – so die NZZ. In den Kommentarspalten wurde zudem darauf hingewiesen, dass die Volkspartei mit ihrem zweiten Regierungssitz nun auch definitiv in der Westschweiz verankert sei – männiglich prognostizierte gar einen weiteren Schub der SVP im französischsprachigen Landesteil.
Die Reaktionen der Parteien waren unterschiedlich. Die SVP feierte ihren neuen Bundesrat mit auffallender Zurückhaltung. Zwar wiesen die Parteispitzen darauf hin, dass man die Westschweiz jetzt noch besser vertreten könne; verschiedene Stimmen machten aber keinen Hehl daraus, dass Parmelin nicht der Wunschkandidat gewesen sei. Die Aufforderung, jetzt mehr Kompromissbereitschaft zu zeigen, prallte an der SVP ab. Man mache weiter eine SVP-Politik und erwarte vielmehr von der FDP, dass sich im Bundesrat jetzt eine bürgerliche Politik durchsetze. Als Siegerinnen sahen sich die SP- und die CVP-Spitzen. In der französischsprachigen Presse wurde kolportiert, dass Guy Parmelin ohne die von Christoph Darbellay (cvp, VS) und Christian Levrat (sp, FR) im Nationalratswahlkampf aufgestellte Forderung an die SVP, einen Westschweizer Kandidaten zu präsentieren, vielleicht jetzt gar nicht Bundesrat wäre. Prompt wurden die beiden Parteipräsidenten als Königsmacher gefeiert. In der FDP und der CVP machte man sich Gedanken über die nächsten Bundesratswahlen. Klar war, dass mit der Übervertretung der Romandie die Chancen für französischsprachige "Papabili" stark gesunken waren. Potenzielle Ostschweizer und Tessiner-Kandidaten konnten sich hingegen freuen.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

In der Wintersession 2015 befand der Nationalrat definitiv über die Motion Niederberger (cvp, NW) zur Abschaffung unnötiger Administrativarbeiten für die AHV. Die Kommissionsmehrheit und der Sozialminister Berset beantragten, den Vorstoss abzulehnen, eine rechts-bürgerliche Minderheit Egloff (svp, ZH) plädierte für Annahme. Damit hatten sich die Mehrheitsverhältnisse in der Kommission seit der Debatte in der Sommersession, in der die Motion vom Plenum an die Kommission zurückgewiesen worden war, geändert. Inzwischen hatte der Bundesrat eine Vernehmlassung bei Kantonen und Sozialpartnern durchgeführt. Eine knappe Mehrheit der Kantone, darunter jene mit einer hohen Anzahl Grenzgänger, lehnten die Motion ab, ebenso die Gewerkschaften. Unter den Arbeitgeberverbänden herrschte keine Einigkeit. Infolge der Vernehmlassung hatte die Verwaltung auf Auftrag der Kommission einen Vorschlag für eine Verordnungsänderung ausgearbeitet, welche die Anliegen der Motion faktisch erfüllt, ohne dabei die Bekämpfung der Schwarzarbeit zu gefährden, so die beiden Mehrheitssprecher. Eine Lösung auf nicht-parlamentarischem Weg sei zudem schneller und schone die Ressourcen des Parlamentsbetriebs. Diese Faktoren hatten zum Meinungsumschwung in der Kommission geführt. Bundesrat Berset bestätigte in seinem Votum, der Bundesrat werde die Verordnungsänderung noch im selben Jahr an die Hand nehmen. Die Kommissionsminderheit erklärte, nicht alle in der Schweiz arbeitenden und im Ausland wohnhaften Personen seien zwingend der AHV-Pflicht unterstellt, eine Kongruenz zwischen Erwerbstätigkeit und AHV-Unterstellung bestehe somit nicht. Deshalb tauge die unterjährige AHV-Anmeldung nicht zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und sei unnötig, so das Hauptargument. Die Parlamentsmitglieder der Mitte- und Rechtsfraktionen teilten diese Ansicht mehrheitlich: Die Motion wurde mit 100 zu 80 Stimmen und acht Enthaltungen angenommen, gegen den Willen der geschlossen stimmenden Linken und der GLP-Fraktion.

Motion zur Minderung des Administrativaufwands für die AHV (14.3728)

In der Wintersession 2015 war es am Nationalrat, das Geschäft des Bundesrates zum Risikoausgleich und der Trennung von Grund- und Zusatzversicherung in der Krankenpflegeversicherung zu behandeln. Wie zuvor bereits im Ständerat beantragte auch in der grossen Kammer eine Mehrheit der vorberatenden Kommission Nichteintreten. Eine linke Minderheit Steiert (sp, FR) setzte sich für Eintreten ein. Die Mehrheitssprecherin argumentierte, seit die Vorlage verfasst worden sei, sei viel geschehen, sodass diese nun nicht mehr benötigt werde. Ihre Argumentation deckte sich mit jener, die bereits im Ständerat vorgetragen worden war, insbesondere darin, dass die Verfeinerung des Risikoausgleichs im Vorjahr beschlossen worden war und die Transparenz im Rahmen des neuen Aufsichtsgesetzes und dessen Ausführungsverordnung verbessert werde, womit bloss noch die Trennung der Grund- und Zusatzversicherung auf dem Tisch sei. Diese sei im Übrigen von einer Mehrheit der Kassen, darunter die grossen und mittleren, bereits auf freiwilliger Basis umgesetzt worden. Durch den Zwang zur Auftrennung werde die Wahlfreiheit der Versicherten eingeschränkt, die sich aktuell mehrheitlich dafür entscheiden, Grund- und Zusatzversicherung beim selben Anbieter abzuschliessen. Die Einführung von Informationsbarrieren für die juristische Trennung führe zudem zu einem administrativen Mehraufwand bei Versicherern und Versicherten, welche gemäss einer von Santésuisse in Auftrag gegebenen Studie CHF 400 Mio. jährlich ausmachen würden. Der Minderheitssprecher bestätigte, dass sich die Verfeinerung des Risikoausgleichs und die Verbesserung der Aufsicht mittlerweile erledigt hatten. Die Interpretation der Mehrheit, wonach die Absage der Stimmbevölkerung an die Volksinitiative für eine öffentliche Krankenkasse auch eine Absage an die Trennung von Grund- und Zusatzversicherung gewesen sei, wies er jedoch als einseitig zurück. Der Gegenseite warf er vor, im Abstimmungskampf Versprechungen gemacht zu haben, die nach der Ablehnung der Initiative rasch wieder vergessen oder stark verwässert wurden. Bei Unternehmen, die Grund- und Zusatzversicherung anbieten, sei die Aufsicht erschwert, und eine einzige Rechtspersönlichkeit müsse zwei Rollen erfüllen: Die Zusatzversicherung folgt einer Marktlogik, während die Grundversicherer gemäss einem Bundesgerichtsurteil ausführende Organe des Staates sind. Die Trennung, welche durch eine Mehrheit der Kassen bereits praktiziert werde, auf alle Kassen anzuwenden, sei bloss kohärent. Die zusätzlichen Kosten hätten keineswegs ein Ausmass wie von der Gegnerschaft prognostiziert, und die Vorlage würde auch Einsparungen ermöglichen. Nach weiteren Voten gegen die Vorlage und einem Plädoyer Bundesrat Bersets, der ausführte, dass sich derzeit zwar die juristische Trennung, nicht aber die Informationssperre zwischen den beiden Versicherungszweigen etabliere, schritt man zur Abstimmung. 46 Nationalratsmitglieder stimmten für Eintreten, 127 dagegen, 3 enthielten sich der Stimme. Die Vorlage war damit definitiv vom Tisch.

Risikoausgleich und Trennung von Grund- und Zusatzversicherung

Das Geschäft des Bundesrates zur Steuerung des ambulanten Bereichs bzw. der Regulierung der Zulassung im Rahmen des KVG gelangte in der Wintersession 2015 in den Ständerat. Eine knappestmögliche Mehrheit der Gesundheitskommission sprach sich für Eintreten ein, eine Minderheit Gutzwiller (fdp, ZH) für Nichteintreten. Der Mehrheitssprecher verwies auf die Notwendigkeit einer Steuerung angesichts des engen Zusammenhangs zwischen Ärztedichte und Kostensteigerung im Gesundheitsbereich. Die Kantone wünschten sich eine Steuerungsmöglichkeit und der Ärzteverband FMH habe der weniger weit gehenden Lösung des Nationalrats, im Gegensatz zu jener des Bundesrates, zugestimmt. Das wichtigste Argument für ein Eintreten sei jedoch der Zeitdruck angesichts der im Sommer 2016 auslaufenden Übergangslösung, welche durch eine dauerhafte Regelung abgelöst werden soll. Der Minderheitssprecher erklärte, die Minderheit wolle sich für eine liberale Markt- und Wettbewerbsordnung einsetzen und sei daher gegen jegliche Form der Zulassungssteuerung. Eine staatliche Planung des ambulanten Gesundheitsbereichs lehne man ab. Der vorliegende Entwurf benachteilige systematisch junge Ärztinnen und Ärzte, seine kostensenkende Wirkung sei zweifelhaft und er sei angesichts eines drohenden Ärztemangels und nach der Annahme der Initiative gegen die Zuwanderung nicht angemessen. Bundesrat Berset betonte in seinem Plädoyer das Gewicht des ambulanten Sektors innerhalb des Gesundheitswesens, welcher rund 40% der Kosten ausmacht. Er wies darauf hin, dass bei Nichteintreten keine alternative Lösung zur Auswahl stehe, insbesondere da die von der Kommissionsminderheit geforderte Vertragsfreiheit nicht mehrheitsfähig ist. Des weiteren wies er auf die Absicht des bundesrätlichen Entwurfs hin, den Kantonen ein nötiges und nachgefragtes Steuerungsinstrument zur Verfügung zu stellen, welches ihnen im ambulanten Bereich bislang fehlt. Dennoch stellte sich der Bundesrat hinter die Kompromisslösung des Nationalrates, welche auch von den Kantonen unterstützt wird. Der Kompromiss sei der Aussicht auf eine erneute Periode ohne Zulassungssteuerung und mit einer in die Höhe schnellenden Zahl neuer Praxen vorzuziehen. Schliesslich sprachen sich 28 Kantonsvertreterinnen und -vertreter für Eintreten aus, 16 dagegen.

In der Detailberatung empfahl die vorberatende Kommission dem Plenum mit 9 zu 2 Stimmen bei einer Enthaltung, der Vorlage des Nationalrates zuzustimmen. Eine Minderheit Maury Pasquier (sp, GE) forderte, zusätzlich einen Passus einzufügen, wonach Kantone, deren Ärztedichte 20% oder mehr über dem nationalen Durchschnitt liegt, vom Bundesrat auf Antrag hin die Erlaubnis erhalten können, für die Zulassung weiterer Ärztinnen und Ärzte einen Bedürfnisnachweis zu verlangen. Derzeit würde dies die Kantone Basel Stadt und Genf betreffen. Nur so handle es sich um eine echte Zulassungssteuerung, welche auch Resultate verspreche, begründete Nationalrätin Maury Pasquier ihren Antrag. Dabei gehe es primär darum, eine bessere Verteilung der Ärztinnen und Ärzte auf dem Gebiet der Schweiz zu erzielen. Der Vorschlag werde von der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren voll unterstützt. Dagegen wurde vorgebracht, der Grenzwert von 20% sei willkürlich und die Kantonsgrenzen seien für die Bestimmung von Gebieten mit einer übermässigen Ärztedichte ungeeignet – als relevant angesehen wird vielmehr die Unterscheidung zwischen urbanen und ländlichen Regionen.

Die Gegner jeglicher Zulassungssteuerung führten Bedenken bezüglich der Kompatibilität einer solchen mit der Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der Europäischen Union an. Die EU habe die bisherige Handhabung bereits mehrfach kritisiert, mit Blick auf ihre Vorläufigkeit jedoch akzeptiert. Bei der Überführung in ein Bundesgesetz könne von dieser Akzeptanz nicht mehr einfach ausgegangen werden, und auch der Bundesrat habe sie bereits mehrfach angezweifelt, was der anwesende Gesundheitsminister bestätigte. Der Mehrheitssprecher der Kommission erklärte, nach der Konsultation führender Expertinnen und Experten im Bereich Europarecht habe sich die Kommission anno 2012 dafür entschieden, das relativ geringe Risiko eines Konfliktes einzugehen, und dazu sei sie auch heute bereit. Die Anforderung einer dreijährigen Tätigkeitsdauer bei einer anerkannten Weiterbildungsinstitution im Inland sei massvoll und vertretbar. Bundesrat Berset sagte, die Unsicherheit bezüglich der Reaktion der EU bestehe nach wie vor und sei einer der Gründe für den ursprünglichen Vorschlag des Bundesrates gewesen, den das Parlament aber nicht unterstützte. Es gelte daher, die Angelegenheit weiterhin im Auge zu behalten.

Für den Antrag der Kommissionsmehrheit stimmten 27, für jenen der Minderheit 14 Kantonsvertreterinnen und -vertreter, zwei enthielten sich der Stimme. Stillschweigend beschloss der Rat, die geltende Übergangsbestimmung bezüglich jener Ärztinnen und Ärzte, welche bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung tätig waren, ins Gesetz aufzunehmen, um Rechtslücken zu vermeiden. Damit entstand eine Differenz zum Nationalrat. In der Gesamtabstimmung gingen 32 Stimmen für den Entwurf ein, 12 dagegen, es gab keine Enthaltungen. Damit ging das Geschäft zur Differenzbereinigung an die grosse Kammer.

Das Parlament versenkt in der Schlussabstimmung eine definitive Lösung im Rahmen des KVG für die Regelung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten. (BRG 15.020)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Zwischen Mai und Juli 2015 führte der Bundesrat eine Anhörung zur Nationalen Strategie Sucht durch, wobei diese grundsätzlich auf positiven Widerhall stiess. Zur Anhörung wurden knapp 170 Akteure begrüsst, neben allen Kantonen, verschiedenen staatspolitischen Dachorganisationen und Wirtschaftsverbänden natürlich auch Organisationen aus dem Gesundheits- und Suchtbereich. 117 Stellungnahmen gingen ein, wovon fast 90 Prozent ihre Zustimmung äusserten oder noch Empfehlungen anfügten. Darunter fielen die Mehrheit der Kantone, kantonale Konferenzen sowie Akteure aus dem Sozialbereich sowie dem Gesundheitswesen. Aus dem Suchtbereich gingen ebenfalls vorwiegend positive Reaktionen ein. Etwas kritischer äusserten sich die «weiteren interessierten Kreise»: Zwar war auch in dieser Gruppe die Zustimmung gross, 25 Prozent von ihnen brachten jedoch Anpassungsvorschläge ein. In den Wirtschaftskreisen überwog eine ablehnende Haltung. Insbesondere Vertretende der Alkohol- und Tabakindustrie äusserten sich ablehnend zum Vorhaben, schliesslich drohte eine stärkere Reglementierung ihres Absatzmarktes.

Trotz also teilweise ambivalenter Haltungen gegenüber der Suchtstrategie beschloss die Regierung im Herbst 2015, diese zu verabschieden. Dabei formulierte der Bundesrat im Strategiepapier vier übergeordnete Zielsetzungen. Erstens sollen Suchterkrankungen verhindert werden. Dabei werden beispielsweise Menschen unterstützt, einen risikoarmen Umgang mit Suchtmitteln zu finden. Zweitens soll abhängigen Personen die nötige Hilfe und Behandlung ermöglicht werden. Hier steht neben stationären und ambulanten Interventionsmassnahmen auch die Wiedereingliederung ins Sozial- und Berufsleben im Zentrum. Drittens sollen gesundheitliche und soziale Schäden vermindert werden. Ein niederschwelliger Zugang zu Behandlungsangeboten soll dafür sichergestellt werden. Das alles soll, viertens, negative Auswirkungen auf die Gesellschaft eindämmen. Bundesrat Berset bezeichnete die Strategie im Vorwort als Weg zu einem klugen und vorausschauenden Umgang mit Sucht, der letztlich im Interesse der gesamten Bevölkerung liege.

Die Nationale Strategie Sucht definierte aber auch konkrete Ziele für den Zeitrahmen 2017 bis 2024 und formulierte acht Handlungsfelder in zwei Gruppen. Dazu gehörten einerseits themenorientierte und andererseits steuerungsorientierte Handlungsfelder. In erstere Gruppe gehören seit Jahren erfolgreich angewendete Handlungsfelder, die dem Viersäulenmodell entsprechen. Es sind dies Gesundheitsförderung, Prävention und Früherkennung; Therapie und Beratung; Schadensminderung und Risikominimierung; sowie Regulierung und Vollzug. Mit den steuerungsorientierten Handlungsfeldern sollen Querschnittaufgaben beschrieben werden. Diese sind Koordination und Kooperation; Wissen; Sensibilisierung und Information; und internationale Politik. Mit dieser Strategie wurde erstmals ein übergreifender Orientierungs- und Handlungsrahmen definiert, unter dem Bund und Kantonen sowie weitere Akteure agieren und partnerschaftlich Lösungen entwickeln, die aufeinander abgestimmt umzusetzen sind. Die noch zu konkretisierenden Ziele sollen aufeinander abgestimmt werden und sich ergänzen.

Bis Ende 2016 soll nun unter Federführung des EDI ein Massnahmenplan erarbeitet werden.

Nationale Strategie Sucht

Der Ergebnisbericht zur Anhörung über den Entwurf zur Verordnung betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung erschien im November 2015. Eine Mehrzahl der Kantone, die SP, der Schweizerische Gewerkschaftsbund und mehrere Konsumenten- und Patientinnenschutzorganisationen sprachen sich grundsätzlich für den Entwurf aus, wenn auch teilweise mit Vorbehalten. Wie erwartet lehnten die SVP, die FDP und die CVP den Entwurf in der aktuellen Form ab und forderten, diesen zu überarbeiten und danach erneut in eine Anhörung zu schicken. Diese Haltung teilten auch die Dachverbände der Wirtschaft sowie die Versicherer und ihre Dachverbände. Die Verbände der Leistungserbringenden sprachen sich teils für, teils gegen den Entwurf aus. Die befürwortende Seite wandte vereinzelt ein, der Entwurf gehe zu wenig weit. So beanstandete der SGB, die Aufsicht sei weniger griffig als jene über die Privatversicherungen. Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren sowie die meisten Kantone verlangten dagegen, die Bestimmungen zur Prämiengenehmigung zu ändern, sodass sichergestellt ist, dass die kantonalen Prämien sich entsprechend den kantonal anfallenden Kosten entwickeln. Die Gegnerseite kritisierte diverse Punkte, darunter der Widerspruch des Entwurfs zum Aufsichtsgesetz KVAG, wobei sie insbesondere die Pflicht zum Reserveabbau und die Transaktionsaufsicht beanstandeten. Die Regelungsdichte sei zu hoch und die Regelungen unverhältnismässig. Der Mehraufwand werde zu höheren Prämien führen, die Prämienentwicklung werde unstetig werden, den Unterschieden zwischen grossen und kleinen Versicherern werde nicht Rechnung getragen, es komme zu unzulässigen Eingriffen in die Geschäftsführung der Kassen und der Wettbewerb werde ausgehebelt.
Am 18. November verabschiedete der Bundesrat die überarbeitete Verordnung. Als Reaktion auf die Kritik in der Anhörung hatte er einige Anpassungen vorgenommen. So fiel die Verpflichtung der Versicherer weg, übermässige Reserven abzubauen. Gemäss einem Bericht des Tagesanzeigers hatte ein Mitglied der SGK-NR angegeben, ohne diese Anpassung hätte Bundesrat Berset die Verordnung nicht durch das Bundesratskollegium gebracht – dafür habe der Druck der Kassen auf die bürgerlichen Bundesratsmitglieder gesorgt. Die SP kritisierte die Druckausübung der Kassenlobby auf die Mitglieder der Nationalratskommission, welche wiederum ihren Einfluss auf den Bundesrat habe geltend gemacht. Mit der vorliegenden Ausführungsverordnung sei das Aufsichtsgesetz Makulatur, so die Sozialdemokraten – die Möglichkeit eines bundesrätlichen Eingriffs bei massiv überhöhten Kassenreserven war eines der ursprünglichen Ziele des Gesetzes gewesen.
Das Bundesgesetz zur Aufsicht über die soziale Krankenversicherung und die dazugehörige Ausführungsverordnung traten wie geplant am 1. Januar 2016 in Kraft.

Verordnung betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung (KVAV)
Dossier: Krankenkassenreserven

Die personelle Zusammensetzung des Regierungsgremiums war schon lange Zeit nicht mehr so konstant gewesen wie beim Bundesrat der Ausgabe 2011 bis 2015. Tatsächlich hatte die letzte Mutation Ende 2011 stattgefunden, als Micheline Calmy-Rey (sp) ihren Sitz für Alain Berset (sp) geräumt hatte. Ähnlich lange Phasen unveränderter Zusammensetzung gab es in der Geschichte der Landesregierung nur sehr selten. Im Schnitt kam es in den letzten rund 50 Jahren alle eineinhalb Jahre zu personellen Veränderungen. Einiges sprach dafür, dass die Regierung auch nach den Gesamterneuerungswahlen von 2015 nicht verändert werden würde. Zwar wurde vor allem seitens der SVP immer wieder der Rücktritt von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) gefordert, weder die BDP-Bundesrätin noch ein anderes Regierungsmitglied äusserte aber vor den Parlamentswahlen Rücktrittsgedanken.
Erst zehn Tage nach den eidgenössischen Wahlen, die ein Erstarken von SVP und FDP und deutliche Verluste für BDP, CVP und GLP brachten, reichte die Bündner Magistratin ihre Demission ein. Das Wahlresultat sei zwar ein Faktor für ihren Rücktritt, aber nicht der entscheidende. Sie sei auch nicht amtsmüde, wolle aber zugunsten ihrer Familie kürzer treten, die wesentlich mehr unter den dauernden Attacken auf ihre Person gelitten hätte als sie selber. Sie sei ob des Entscheides nicht erleichtert, aber trotzdem davon überzeugt, mit ihrem Entschluss, welcher bei den Gesamterneuerungswahlen gereift war, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Auch für die Entwicklung der BDP, die in den Medien stets sehr stark mit ihrem Namen in Verbindung gebracht werde, sei es besser, wenn sie zurücktrete.
In den acht Jahren ihrer Amtszeit, die mit der Nicht-Bestätigung von Christoph Blocher begonnen hatte, stand Eveline Widmer-Schlumpf zuerst drei Jahre dem EJPD und dann dem EFD vor. Die Regierungszeit der BDP-Bundesrätin war geprägt durch stetige und harte Attacken seitens der SVP, der sie ursprünglich als Regierungsrätin von Graubünden vor der Abspaltung der BDP selber angehört hatte. In der Bevölkerung war die Magistratin allerdings beliebt, wurde sie doch im Januar 2009 zur Schweizerin des Jahres 2008 gekürt. Damit sei ihre Standhaftigkeit gegenüber der Hetzkampagne der SVP belohnt worden. Die Volkspartei hatte sie aufgefordert, sofort zurückzutreten oder die SVP Graubünden werde aus der Partei ausgeschlossen. Auch die deutliche Bestätigung bei den Bundesratswahlen nach den Parlamentswahlen 2011 zeigte den Rückhalt, den die Bündnerin auch in grossen Teilen des Parlaments hatte. In den Medien wurde Widmer-Schlumpf als sehr dossiersicher, tüchtig und fachkompetent beschrieben. Der Umstand, dass sie nie über eine Hausmacht im Parlament verfügt habe und sich trotzdem acht Jahre habe halten können, zeige ihre Standhaftigkeit. Die Rückzugsgefechte beim Bankgeheimnis und die Steuerkonflikte mit den USA bleiben mit ihrem Namen behaftet. Die NZZ urteilte, dass Widmer-Schlumpf als Finanzministerin mehr verändert habe, als viele ihrer Vorgänger zusammen. Laut der BZ werde sie als Frau in die Geschichte eingehen, die das Bankgeheimnis beerdigte. Zudem weise ihre Bilanz auch Makel auf. Vor allem die Reorganisation des Bundesamtes für Migration während den ersten Jahren im Justizdepartement sei auf viel Misskredit gestossen. Im TA wurde die Bundesrätin gelobt, weil sie ohne Ideologie getan habe, was nötig gewesen sei. Der Abgang erfolge zudem mit Würde; sie leiste damit der Schweiz einen Dienst und vermeide schmutzige Spielchen bei den anstehenden Bestätigungswahlen. Auch Le Temps lobte Eveline Widmer-Schlumpf als Frau mit Nerven aus Stahl, die mit ihrer Dossiersicherheit unaufgeregt getan habe, was getan werden musste. Weil ihre Basis immer mehr schwächelte – hingewiesen wurde etwa auch auf die geplatzte Zusammenarbeit zwischen CVP und BDP – und die Bündnerin auf wechselnde Koalitionen angewiesen gewesen sei, sei der Rücktritt aber letztlich gar nicht zu verhindern gewesen.
Bei der Verabschiedung der Magistratin im Rahmen der Bundesratswahlen Anfang Dezember würdigte Nationalratspräsidentin Christa Markwalder (fdp, BE) den feinen Humor von Eveline Widmer-Schlumpf und sprach ihr eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise zu. Dass die Finanzen im Lot geblieben seien, sei auch ihr Verdienst. Der langanhaltende Applaus und die stehende Ovation wurde auch von den SVP-Ratsmitgliedern gespendet. Für Unmut sorgte allerdings Neo-Nationalrat Roger Köppel (svp, ZH), der während der Würdigung an seinem Notebook arbeitete. In ihrer Abschiedsrede hob die scheidende Magistratin den Mahnfinger und wies darauf hin, dass der Weg der Schweiz darin bestehe, Minderheiten zu respektieren und Kompromisse zu suchen.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Lors de son déplacement de trois jours en Chine, Alain Berset a signé une convention de sécurité sociale avec Yin Weimin, ministre chinois de la Sécurité sociale, ainsi qu'une déclaration d'intention visant à renforcer la coopération culturelle entre les deux pays avec son homologue Luo Shugang.

convention de sécurité sociale
Dossier: Sozialversicherungsabkommen der Schweiz

Le 17 septembre, Alain Berset a rencontré à Berne le ministre en charge de la China Food and Drug Administration Bi Jingquan. Les deux hommes ont discuté de l'application de l'accord bilatéral de coopération portant sur les produits alimentaires, les médicaments, les dispositifs médicaux et les cosmétiques qui avait été signé le 21 janvier en marge du Forum économique mondial de Davos.

accord bilatéral de coopération

Ende August präsentierte das Büro des Ständerates (Büro-SR) seinen Bericht in Erfüllung zu einem 2010 überwiesenen Postulat des damaligen Ständerates Alain Berset, der eine Übersetzung der Ständeratsdebatten im Internet in drei Landessprachen angeregt hatte. Die Verhandlungen in den Räten werden im Internet übertragen und im Falle der Nationalratsdebatten auf Deutsch, Französisch und Italienisch übersetzt. Dies ist in der grossen Kammer einfacher möglich, da hier seit 1948 eine Simultanübersetzung angeboten wird, was allerdings in der «chambre de réflexion» nicht der Fall ist. Hier sprechen die Vertreterinnen und Vertreter nach wie vor in ihrer Landessprache und bringen zumindest passive Kenntnisse der anderen Amtssprachen mit – ein Umstand, der auch im Kommissionsbericht als besondere Kultur hervorgehoben wurde, mit der ein Dialog über Sprachgrenzen hinweg gepflegt werde. Das Büro kam unter Abwägung verschiedener Alternativen zum Schluss, dass die Ungleichbehandlung in den Räten zwar störend sei, die technischen und personellen Hindernisse und insbesondere die geschätzten Kosten von rund CHF 720'000 jedoch zu hoch seien für eine Übersetzung in der kleinen Kammer. Mit dem Hinweis, dass man mit einem Verzicht auch die Kultur des Respekts vor den anderen Sprachgruppen und das Bemühen um gegenseitige Verständigung vorlebe, beantragte das Büro Kenntnisnahme des Berichts und Abschreibung des Postulats. Diesem Antrag stimmte der Ständerat in der Herbstsession schliesslich ohne Gegenstimme zu.

Übersetzung der Ständeratsdebatten im Internet in drei Landessprachen

In der Herbstsession 2015 stand die Debatte zur Reform der Altersvorsorge 2020 als wichtigstes Traktandum im Sessionsprogramm des Ständerates. Die kleine Kammer hatte über 15 Bundesgesetze zur Reform der Altersvorsorge (Entwurf 1) sowie über den Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Entwurf 2; Verfassungsebene) zu bestimmen. Die SGK-SR hatte zahlreiche Änderungen gegenüber dem Entwurf des Bundesrates vorgenommen und brachte 13 Minderheitsanträge ins Plenum. Die Debatte zog sich über drei Tage.

Die Eintretensdebatte behandelte beide Entwürfe gemeinsam. Da Eintreten vollkommen unbestritten war, diente dieser Teil der Debatte den Angehörigen der kleinen Kammer und dem Sozialminister dazu, ausführlich ihre Haltung für die anschliessend stattfindende Detailberatung darzulegen. Die Sprechenden betonten unisono die hohe Wichtigkeit und auch Dringlichkeit der anstehenden Reform. Vor dem Hintergrund, dass die AHV das wichtigste Sozialwerk der Schweiz ist und die Vorlage Millionen Menschen im Land betreffen wird, wurde die Reform als die wichtigste seit Jahren bezeichnet, ja als Garantie zur Erhaltung des Generationenfriedens. Obwohl periodische Anpassungen bei der Altersvorsorge notwendig seien, war seit 20 Jahren keine AHV-Reformvorlage mehr erfolgreich. Entsprechend riefen die Kantonsvertreterinnen und -vertreter dazu auf, verantwortungsvoll zu handeln, die ideologischen Schützengräben zu verlassen und ein Scheitern der komplexen Vorlage an der Urne zu verhindern.

Auch die Kommissionssprecherin Maury-Pasquier (sp, GE) und der Kommissionssprecher Schwaller (cvp, FR) betonten die Wichtigkeit der Vorlage aufgrund des demografischen Wandels. Obwohl die Kommission zahlreiche Änderungen gegenüber dem Entwurf des Bundesrates vorgenommen hatte, bleibe das Ziel identisch: Eine Stabilisierung der Altersvorsorge bis ins Jahr 2030. In der Kommissionsdebatte seien die Gemeinsamkeiten grösser gewesen als die Differenzen und der Entscheid für ein finanziell ausgeglichenes Gesamtpaket war einstimmig gefallen.

Die sozialdemokratische Fraktion im Rat erklärte, die Revision müsse in ihrer Gesamtheit auf die Bedürfnisse der Personen mit tiefem und mittlerem Einkommen abgestimmt sein, um an der Urne zu bestehen. Für diese Bevölkerungsgruppen seien die erste und zweite Säule von hoher Wichtigkeit. Während beide Entwürfe, jener des Bundesrats und jener der Kommission, das Ziel eines ausgeglichenen Stands des AHV-Fonds im Jahr 2030 erreichten, schwäche der Vorschlag des Bundesrates die AHV, während jener der SGK-SR sie stärke. Dies komme insbesondere Personen mit tiefem Einkommen zugute. Als einzige Verschlechterung bei der AHV sei im Kommissionsentwurf die Erhöhung des Rentenalters der Frauen übrig geblieben. Die Erhöhung der AHV für Ehepaare und für alle neu Pensionierten bezeichneten die SP-Abgeordneten als Herzstück der Vorlage. Die fixe Erhöhung stärke dabei die soziale Komponente der AHV, und eine Ansiedlung der Kompensationsmassnahmen in der AHV statt in der beruflichen Vorsorge sei kostengünstiger. Eine Erhöhung der AHV-Renten sei schon alleine deshalb notwendig, weil die Renten in den letzten 35 Jahren gegenüber der Lohnentwicklung in Rückstand geraten seien, so die Genossen. Insgesamt sei die Vorlage solide, da Einnahmen und Ausgaben übereinstimmen, und sie sei transparent und verständlich und somit mehrheitsfähig.

Einen ganz anderen Standpunkt vertraten wenig überraschenderweise die Sprecherinnen und Sprecher der FDP-Liberalen Fraktion. Nachdem sie diverse Vorteile der Vorlage herausgestrichen hatten, erläuterten sie die Gründe für ihre Ablehnung eines AHV-Ausbaus. Dieser funktioniere nach dem Giesskannenprinzip, was angesichts der starken Bevölkerungsalterung nicht finanzierbar sei. Anstatt wie ursprünglich vorgesehen die AHV zu stabilisieren, werde sie durch diesen Ausbau destabilisiert. Das Ausbauvorhaben sei dem Umstand geschuldet, dass man mit der Vorlage implizit zwei hängigen Volksinitiativen – „AHV plus" der SP und „Gegen die Heiratsstrafe" der CVP – habe entgegenkommen wollen. Der fixe Ausbau um CHF 70 stehe bei einer Sanierungsvorlage quer in der Landschaft, eine „Heiratsstrafe", die es zu kompensieren gälte, existiere summa summarum gar nicht. Nicht zuletzt wäre eine Erhöhung ausschliesslich der Neurenten ohnehin ungerecht. In klassisch-liberaler Manier wurde auch angemerkt, eine Erhöhung der Lohnbeiträge würde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft schwächen. Ganz grundsätzlich, so die Ausführungen, sollten die erste und die zweite Säule nicht vermischt werden und Kompensationen für Kürzungen grundsätzlich in der selben Säule vorgenommen werden.

Auf Seiten der kleinen Mitteparteien zeigte sich Uneinigkeit: Während Verena Diener Lenz (glp, ZH) sich insgesamt mit der Vorlage zufrieden zeigte, kritisierte Werner Luginbühl (bdp, BE) insbesondere den Verzicht der Kommission auf einen Interventionsmechanismus. Beide Räte hätten einem solchen mehrmals zugestimmt. Insgesamt sei die Vorlage zu wenig nachhaltig und um eine Erhöhung des Rentenalters führe letztlich kein Weg herum.

Die Sprecher der SVP-Fraktion betonten, die Reform müsse zwar referendumsfest sein, man könne dem Volk jedoch keinen Sand in die Augen streuen. Für Spezialwünsche sei in der Vorlage kein Platz. Zwar sei der Entwurf der Kommission gegenüber jenem des Bundesrats bereits schlanker, jedoch gefährde der vorgesehene Ausbau der AHV deren Stabilität und sei darüber hinaus nicht notwendig, da die anderen vorgesehenen Massnahmen die durch die Senkung des BVG-Umwandlungssatzes verursachten Rentenkürzungen kompensieren würden. Entsprechend sei auch eine Erhöhung der Lohnbeiträge, welche aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage ohnehin nicht vertretbar sei, nicht vonnöten, so die Volkspartei. Die Sprecher befürworteten zudem die Angleichung des Rentenalters von Mann und Frau. Diese sei gemäss neuen Umfragen in der Bevölkerung akzeptiert.

Die CVP-EVP-Fraktion schliesslich, grösste Fraktion im Ständerat, hatte am Kommissionsentwurf in entscheidender Position mitgearbeitet und erklärte sich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Da das Konzept ausgewogen sei, könne es auch an der Urne akzeptiert werden. Die Sozialeinrichtungen würden mit dem vorliegenden Entwurf stabilisiert und die Renten gesichert. Damit entstehe für die Arbeitgeber auch wichtige Planungssicherheit. Insgesamt, so die Sprecher, sei der Vorschlag der Kommission zudem um CHF 250 Mio. günstiger als jener des Bundesrats.

Am Ende der Eintretensdebatte führte Bundesrat Berset in einem langen Plädoyer noch einmal die aktuelle Problemlage, die Eckwerte und Ziele der Reform, die Unterschiede zwischen dem Entwurf des Bundesrates und jenem der Kommission, sowie die Haltung des Bundesrates gegenüber dem Vorschlag der Kommission aus. Es handle sich hier tatsächlich um eine Reform des Bundesrates, und nicht um eine „Reform Berset", wie in den Medien oft dargestellt, beantwortete der Innenminister eine Frage, die zuvor gestellt worden war. Der Gesamtbundesrat habe sich seit dem Jahr 2012 intensiv mit der Materie beschäftigt. In den wichtigsten Punkten, so der Sozialminister, sei die vorberatende Kommission nun auch dem Entwurf des Bundesrates gefolgt. Diese seien insbesondere die Behandlung der ersten und zweiten Säule in einer einzigen Vorlage und der Erhalt des Rentenniveaus. Die wichtigsten Unterschiede sah er bei der Kompensation durch eine Erhöhung der AHV und bei der Anhebung der Mehrwertsteuer bloss um einen statt 1,5 Prozentpunkte. Während er sich mit dem ersten Punkt anfreunden könne, führte Berset aus, wäre eine stärkere Erhöhung der Mehrwertsteuer bei gleichzeitiger Senkung des Bundesbeitrags an die AHV aus Sicht des Bundesrates erstrebenswerter. Insgesamt drückte Berset jedoch seine Zufriedenheit mit der Arbeit der Kommission und der Haltung des Rates aus, wonach es nicht nur zu „versuchen" gelte, die Altersvorsorge zu reformieren, sondern dies auch tatsächlich gelingen müsse. In diesem Sinne empfahl der Bundesrat Eintreten, und der Ständerat folgte ohne Gegenantrag.

Nachdem Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen worden war, begann noch am selben Tag die Detailberatung. Zuerst wurde Entwurf 1 behandelt, der die 15 Bundesgesetze zur Reform der Altersvorsorge enthält. Erster Diskussionspunkt war die Angleichung des Rentenalters für Männer und Frauen. Der Rat beschloss gegen eine Minderheit Rechsteiner Paul (sp, SG), die das Rentenalter der Frauen bei 64 Jahren belassen wollte, die Rentenalter auf 65 anzugleichen, den Angleichungsprozess direkt bei Inkrafttreten der Reform zu beginnen und diesen auf drei Jahre zu beschränken. Der Entscheid fiel mit 37 zu 8 Stimmen. Damit hatte auch ein Teil der SP-Fraktion die Erhöhung des Frauenrentenalters als Kompromiss mitgetragen. Gegen eine weitere Minderheit Rechsteiner, die den Umwandlungssatz im obligatorischen Teil der zweiten Säule hatte bei 6,8 Prozent belassen wollen, beschloss die kleine Kammer, den Satz auf 6 Prozent zu senken. 37 Ratsmitglieder sprachen sich für die Senkung aus, 7 dagegen. In der Frage des Koordinationsabzuges folge der Rat seiner Kommission einstimmig und ohne Enthaltungen.

Am 15. September 2015, so die späteren Pressereaktionen, setzte sich im Ständerat eine Mitte-Links-Allianz durch. SVP und FDP hofften nun auf den Nationalrat für eine Korrektur, hiess es. Als erstes Traktandum fällte die kleine Kammer nämlich einen Grundsatzentscheid und beschloss die von ihrer Kommission vorgesehene Erhöhung der AHV-Neurenten – einerseits eine lineare Erhöhung um CHF 70, andererseits die Erhöhung der Ehepaarrenten von 150 auf 155 Prozent einer Maximalrente. Der Entscheid fiel mit 21 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung gegen den Willen einer rechts-bürgerlichen Minderheit Gutzwiller (fdp, ZH), die die Erhöhung hatte streichen wollen. Eine sozialdemokratische Minderheit Rechsteiner Paul (sp, SG), die eine Erhöhung für alle Renten statt nur der Neurenten gefordert hatte, wurde dagegen zurückgezogen. In der weiteren Debatte folgte der Rat diskussionslos seiner Kommissionsmehrheit darin, die Lohnbeiträge für die AHV um 0,3 Punkte anzuheben, welche je hälftig auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verteilen sind. Eine Minderheit Rechsteiner hatte eine Anhebung um 0,5 Punkte gefordert, eine Minderheit Gutzwiller wehrte sich gegen eine Anhebung der Lohnbeiträge.

Entsprechend dem Antrag seiner Kommissionsmehrheit beschloss der Rat, die AHV-Beitragssätze für Angestellte und Selbstständigerwerbende zwar anzunähern, jedoch nicht ganz zu vereinheitlichen. Er blieb auch bei der sinkenden AHV-Beitragsskala für Selbstständige mit kleinem Einkommen. Eine Minderheit Rechsteiner hatte die sinkende Skala abschaffen wollen, eine Minderheit Gutzwiller wollte dem Vorschlag des Bundesrates folgen. Eine weitere Differenz zum Bundesratsentwurf entstand, indem der Ständerat mit 25 zu 11 Stimmen bei 5 Enthaltungen seiner Kommissionsmehrheit folgte und jegliche Änderungen bei den Witwen- und Witwerrenten sowie den Waisenrenten strich. Die Kommissionssprecherin erklärte, nach ausführlicher Diskussion habe die Kommission die Änderungen als verfrüht klassiert. Weiter strich die kleine Kammer auf Antrag ihrer Kommission und gegen eine sozialdemokratische Minderheit Bruderer (sp, AG) mit 25 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung die vom Bundesrat vorgesehene Flexibilisierung des Altersrücktritts für Personen, welche bereits früh in die AHV einbezahlt und insgesamt ein tiefes Einkommen erzielt haben. Gemäss aktueller Rechtslage fliessen vor dem 21. Altersjahr bezahlte AHV-Beiträge nicht in die Rentenberechnung ein; die Flexibilisierung wäre gemäss der Minderheitssprecherin mehrheitlich Frauen zugute gekommen. Auch in der Frage der Höhe der Bundesbeiträge zur AHV folgte der Ständerat seiner Kommission und beliess diese einstimmig auf der ursprünglichen Höhe, während der Bundesrat eine Senkung vorgesehen hatte. Ebenfalls einstimmig verzichtete der Rat auf die Einführung eines zweistufigen Interventionsmechanismus in der AHV mit automatischen Stabilisierungsmassnahmen. Er erhöhte aber den Schwellenwert für die Verpflichtung zu nicht-automatischen politischen Massnahmen von einem Stand des AHV-Fonds bei 70% einer Jahresausgabe auf 80% einer Jahresausgabe. Die Übergangsbestimmungen für die Anhebung des Referenzalters der Frauen beschloss die kleine Kammer gemäss Antrag ihrer Kommission mit 26 zu 11 Stimmen bei drei Enthaltungen, womit der Übergang innerhalb von drei Jahren vollzogen wird.

Nachdem die Gesetzesänderungen zur Reform der AHV beraten waren, wandte sich der Ständerat der Reform der beruflichen Vorsorge zu. Er führte auf Antrag seiner Kommission einen neuen Artikel ein, welcher es Personen, die nach ihrem 58. Altersjahr arbeitslos werden, ermöglicht, ihre Einzahlungen in die zweite Säule fortzuführen. Die weitere Beratung verlief unkontrovers, mit Ausnahme einer Bestimmung über die Evaluation der beruflichen Vorsorge, bei der die kleine Kammer vom Bundesrat vorgesehene Kompetenzen für das Bundesamt für Statistik wieder strich. Argumentiert wurde mit Doppelspurigkeiten und zusätzlichen Kosten. Die Sitzung schloss am Mittag und wurde am Morgen des Folgetages wieder aufgenommen. Zu reden gab dabei insbesondere noch die „Legal Quote", jenen Anteil der Erträge in der beruflichen Vorsorge, den ein Lebensversicherer seinen Versicherten mindestens auszahlen muss. Nach geltendem Recht beträgt die Quote 90% und die Kommissionsmehrheit beantragte, daran festzuhalten. Der Bundesrat hatte eine Anhebung auf 92% vorgesehen, und eine Minderheit Egerszegi (fdp, AG) beantragte, dem Bundesrat zu folgen. Der Rat entschied mit 28 zu 15 Stimmen gemäss dem Antrag seiner Kommission.

Damit war die Beratung der Bundesgesetze im Ständerat abgeschlossen und es blieb die Verfassungsbestimmung zur Anpassung des Mehrwertsteuersatzes. Eintreten war obligatorisch. Gemäss Vorschlag des Bundesrates sollte die Mehrwertsteuer gestaffelt um 1,5 Punkte angehoben werden. Die Kommissionsmehrheit beantragte eine ebenfalls gestaffelte Erhöhung um bloss einen Prozentpunkt. Der erste Erhöhungsschritt soll dabei mit dem Ende der Zusatzfinanzierung der Invalidenversicherung über die Mehrwertsteuer zusammenfallen, womit der Satz faktisch gleich bleibt. Ein zweiter Erhöhungsschritt soll dann im Jahr 2021 zusammen mit der Angleichung des Referenzalters von Mann und Frau vollzogen werden. Eine Minderheit Gutzwiller (fdp, ZH) verlangte eine Erhöhung um nur insgesamt 0,9 Prozentpunkte, eine Minderheit Stöckli (sp, BE) eine Anhebung um 1,5 Prozentpunkte. Letztere wurde im Laufe der Debatte zurückgezogen. Der Antrag der Kommissionsmehrheit obsiegte schliesslich gegenüber jenem der Minderheit Gutzwiller mit 27 zu 17 Stimmen ohne Enthaltung. Anschliessend bevorzugten die Kantonsvertreterinnen und Kantonsvertreter den Antrag ihrer Kommissionsmehrheit gegenüber jenem des Bundesrates mit 42 zu einer Stimme bei einer Enthaltung.

In der Gesamtabstimmung sprachen sich 29 Ständeratsmitglieder für die Annahme des Entwurfes aus, fünf dagegen, bei 10 Enthaltungen. Das Resultat bestätigte den Eindruck, dass sich Mitte-links im Rat durchgesetzt hatte: Während sämtliche Vertreterinnen und Vertreter von CVP, SP, GP und GLP für die Vorlage stimmten, kamen aus der FDP bloss zwei Ja-Stimmen, aus der SVP gar keine. Die Enthaltungen verteilten sich gleichmässig auf die FDP-Liberale- und die SVP-Fraktion sowie den BDP-Vertreter.

Reform «Altervorsorge 2020» (BRG 14.088)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter
Dossier: Erhöhung des Rentenalters
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

Der Ständerat überwies in der Herbstsession 2015 ohne Debatte ein Postulat Maury Pasquier (sp, GE) zum Thema Arbeitsunterbrüche vor Geburtstermin im Zusammenhang mit der Mutterschaftsversicherung. Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht zu der Anzahl, der Dauer und den Gründen für solche Arbeitsunterbrüche zu verfassen, wobei er auch Statistiken aus dem europäischen Ausland heranziehen soll. Damit soll festgestellt werden, ob in diesem Bereich ein politischer Handlungsbedarf besteht und insbesondere, ob der Mutterschaftsurlaub in Zukunft bereits einige Zeit vor dem Geburtstermin beginnen sollte. Sozialminister Berset hatte sich für die Annahme des Postulats ausgesprochen. Tatsächlich bestehe eine Wissenslücke im Bezug auf pränatale Arbeitsunterbrüche, welche es zu schliessen gelte.

Arbeitsunterbrüche vor Geburtstermin

In der Herbstsession 2015 gelangte die Revision des Unfallversicherungsgesetzes in den Ständerat. Wie bereits zuvor im Nationalrat war auch in der Kantonskammer Eintreten vollkommen unbestritten.
In der Detailberatung ergaben sich bei den Bestimmungen zur Unfallversicherung und Unfallverhütung (Entwurf 3) drei Abweichungen zum Beschluss des Erstrates. Dies betraf einerseits den vom Nationalrat eingefügten Absatz über die Möglichkeit einer 30-tägigen Karenzfrist bis zur Übernahme der Taggelder durch die Versicherung. Die SGK-SR beantragte, die Bestimmung wieder zu streichen. Der Kommissionssprecher argumentierte, das System schaffe neue Unsicherheiten. Zudem würde es die Bemühungen des Case Managements unterlaufen, mit dem versucht wird, die Zahl der Invaliditätsfälle nach Unfällen zu vermindern, indem frühzeitig eine Rückkehr an den Arbeitsplatz angestrebt wird. Erfahre die Versicherung erst nach 30 Tagen von dem Unfall, sei es für solche Bemühungen oft schon zu spät. Bundesrat Berset ergänzte, die Forderung sei nicht neu, sondern bereits einmal in der Vernehmlassung auf ein so gemischtes Echo gestossen, dass der Bundesrat sie fallen gelassen habe. Auch die Suva lehnte eine Karenzfrist ab. Der Rat folgte dieser Haltung und strich die Bestimmung. Ebenfalls seiner Kommission folgend fügte der Ständerat dem Gesetz einen neuen Absatz zur Verwendung freiwerdender Reserven hinzu und schuf damit eine zweite Differenz zum Nationalrat. Die Bestimmung sollte verhindern, dass freiwerdende Reserven der Unfallversicherung zweckentfremdet werden können. Als dritte Änderung gegenüber dem nationalrätlichen Entscheid beantragte die SGK-SR ihrem Rat, einen vom Bundesrat vorgesehenen neuen Passus aus dem Gesetz zu streichen. Dieser besagt, dass die Suva in aussergewöhnlichen Situationen überschüssige Reserven abbauen kann, und dass die Modalitäten zur Reduktion der Genehmigung durch das BAG bedürfen. Es war eben diese Genehmigungspflicht, die den Unmut der Kommissionsmitglieder geweckt hatte: Bei der paritätisch verwalteten Suva gebe es keinen Anlass anzunehmen, dass Reserven auf inkorrekte Weise verwendet würden, so der Kommissionssprecher. Dieser Ansicht folgte die kleine Kammer gegen das Votum des Sozialministers, welcher erklärte, die aktuelle Situation, in der die Suva aufgrund ihrer hohen Reserven eigenmächtig die Prämien gesenkt habe, sei rechtswidrig, was durch die neue Bestimmung behoben würde.
Bei den Bestimmungen zur Organisation und den Nebentätigkeiten der Suva (Entwurf 2) nahm die kleine Kammer infolge eines von der Redaktionskommission unterstützen Einzelantrags Berberat (sp, NE) eine sprachliche Korrektur vor, welche sicherstellen sollte, dass das neue Gesetz auch in seiner französischen Ausführung für die Suva jene Bezeichnung bzw. Abkürzung verwendet, welche in der Romandie geläufig ist, nämlich CNA (Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents). Der Bundesrat hatte im Gegensatz dazu die Verwendung des Deutschen Begriffes „Suva" (Schweizerische Unfallversicherungsanstalt) in allen drei sprachlichen Ausführungen vorgesehen.
Mit diesen insgesamt vier Abweichungen ging die Vorlage vom Ständerat zurück an den Nationalrat zur Differenzbereinigung.

révision de l’assurance accident

Der Ständerat beugte sich in der Herbstsession 2015 wieder über das Heilmittelgesetz (HMG). Zunächst stand die Marktexklusivität respektive der Unterlagenschutz zur Debatte. Mit knapper Mehrheit von 6 zu 5 Stimmen wollte die ständerätliche Gesundheitskommission bei der vorherigen Fassung der eigenen Kammer bleiben, sprich keine Marktexklusivität gewähren. Dagegen brachte Felix Gutzwiller (fdp, ZH) einen Einzelantrag vor, mit dem er auf die Fassung des Nationalrates einschwenken wollte. Mit der Zusicherung von Marktexklusivität könne man am besten Anreize schaffen, damit Arzneimittel für seltene Krankheiten entwickelt würden, gerade weil solche kommerziell einige Zeit lang nicht interessant seien, argumentierte er. Seitens der SGK-SR war man jedoch mehrheitlich der Meinung, dass ein Unterlagenschutz zielführender sei, weil man nicht auf Abschottung und in diesem Sinne auch nicht auf Verhinderung von Innovation setzen wolle. Pascale Bruderer (sp, AG) sah im Festhalten aber auch einen Weg, um noch länger über die bestmögliche Lösung diskutieren zu können. Bundesrat Berset setzte sich ebenfalls für den Unterlagenschutz ein, schliesslich entsprach dieser auch der vom Bundesrat ursprünglich vorgesehenen Lösung. Mit 25 zu 16 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte das Plenum diesem Antrag und damit auch der Kommissionsmehrheit. Eine weitere Differenz zum Nationalrat wurde bezüglich der Zulassungskriterien aufrechterhalten, wobei es um die erleichterte Inumlaufbringung von in EU- oder EFTA-Staaten bereits zugelassenen Produkten auf den schweizerischen Markt ging. Hier verabschiedete die kleine Kammer eine revidierte Fassung des betreffenden Artikels und schlug damit auch einen Antrag des Bundesrates aus, die Bestimmung gänzlich fallen zu lassen. Auf die Linie des Nationalrates schwenkte man hingegen bezüglich der Modalitäten zur Verschreibung von Arzneimitteln ein: Der Ständerat nahm keine Vorgaben diesbezüglich in das Gesetz auf. Ein Minderheitsantrag Stöckli (sp, BE), der im Grunde verhindern wollte, dass hierzu 26 kantonale Normen etabliert würden, und stattdessen den Bund verpflichten wollte, entsprechende Kriterien aufzustellen, war mit 10 zu 29 Stimmen chancenlos.
Eine leidenschaftliche Debatte entwickelte sich bezüglich der Rezeptpflicht für den Versandhandel mit Medikamenten, genauer gesagt bezüglich dem Zeitpunkt, wann eine Versandapotheke das betreffende Rezept zur Kenntnis nehmen muss: Ist eine Vorlage des Rezepts vor dem Versand der verschreibungspflichtigen Arzneimittel nötig oder kann auch eine nachträgliche Vorlage des Rezeptes zulässig sein? Die Mehrheit der SGK wollte die strengere nationalrätliche Fassung unterstützen und eine vorgängige Rezeptabgabe vorsehen. Anders eine Minderheit Eberle (svp, TG), die die frühere ständerätliche Version aufrechterhalten wollte, wonach nur in bestimmten Fällen ein Rezept vorliegen muss. Zwar soll für verschreibungspflichtige Arzneimittel weiterhin in jedem Fall ein Rezept vorhanden sein, aber rezeptfreie Produkte, hierzu sind auch diverse Ergänzungsmittel wie Gesundheitsbäder oder Tees zu zählen, sollen keine Rezepte nötig machen. Eine Rezeptpflicht führe hier nicht nur zu zusätzlichen Kosten, sondern verhindere auch einen fairen Wettbewerb zwischen Versandapotheken und herkömmlichen Anbietern. Die Ständekammer teilte mehrheitlich die letztere Position und hielt mit 29 zu 16 Stimmen an der flexibleren Variante fest und schuf damit wiederum eine Differenz zum Nationalrat. Ebenso beharrte der Ständerat auf seiner Haltung in allen Fragen zu Rabattierung und den Modalitäten zur Integrität, Transparenz und Offenlegung. Diese sollten unbedingt auf alle Heilmittel angewendet werden und nicht, wie vom Nationalrat beschlossen, lediglich auf verschreibungspflichtige Arzneimittel. Denn der Missbrauch sei bei den Medizinalprodukten genauso gross, schätzte Stöckli (sp, BE). Auch in diesem Punkt eröffne ein Festhalten die Möglichkeit, dieser wichtigen Frage noch einmal vertieft nachzugehen, erklärte Felix Gutzwiller (fdp, ZH).
Somit war im Gesamtpaket des Heilmittelgesetzes Vieles noch offen, als der Ständerat das Projekt an den Nationalrat zurückgab.

Heilmittelgesetz

In der Herbstession 2016 behandelte der Nationalrat als Erstrat die Bundesratsvorlage zur Steuerung des ambulanten Bereichs in der obligatorischen Krankenversicherung. In der Eintretensdebatte sprach sich eine Mehrheit der nationalrätlichen Kommission für Gesundheit und soziale Sicherheit für Eintreten aus, eine Kommissionsminderheit Stolz (fdp, BS) für Nichteintreten. Die Kommissionssprecherin und der Kommissionssprecher betonten, gemäss Ansicht der Mehrheit sei nun der Zeitpunkt gekommen, die Angelegenheit nicht mehr im Dringlichkeitsverfahren, sondern im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu regeln. Darin erschöpfte sich die Übereinstimmung mit der Ansicht des Bundesrates jedoch bereits weitgehend. Die Kommission hatte dessen Entwurf verworfen und einen Alternativvorschlag erarbeitet, um insbesondere den Bedenken vor einer staatlichen Überregulierung mit langen, komplizierten Prozessen entgegenzukommen. Ihr Entwurf lehnte sich stark an der bisherigen Übergangsbestimmung an. Die Voraussetzung für die Zulassungen von Ärztinnen und Ärzten, mindestens drei Jahre lang an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet zu haben, soll erhalten bleiben, um einen übermässigen Zustrom aus dem Ausland zu verhindern. Auf Vorschriften für die Kantone, was im Falle einer von Überkapazitäten oder einer Unterversorgung zu tun ist, soll dagegen verzichtet werden. Anstelle von „Steuerung des ambulanten Bereichs" erhielte die Vorlage den Titel „Regulierung der Zulassung". Die bestehende Lösung habe sich bewährt, so der Tenor, und schränke junge inländische Ärztinnen und Ärzte oder solche mit einer schweizerischen Ausbildung nicht in ihrer beruflichen Entwicklung ein. Zudem gewährleiste er die Patientensicherheit. Handlungsbedarf sei eindeutig gegeben, wie die Zahlen aus der Periode ohne Zulassungsbeschränkung zeigten – ein Kostenwachstum von 8,6 Prozent innerhalb eines Jahres. Die Zeit sei zudem recht knapp, da die bestehende Übergangsregelung bis Ende Juni 2016 befristet ist. Die aus Mitgliedern der SVP und FDP bestehende Minderheit, welche für Nichteintreten plädierte, vertrat damit die Position der Krankenversicherer. Der Minderheitssprecher kritisierte den Vorschlag des Bundesrates, ging jedoch nicht näher auf den Alternativvorschlag der Kommission ein. Die Befürworter der Zulassungsbeschränkung könnten deren Wirksamkeit nicht belegen, führte er aus, weshalb auf einen Eingriff zu verzichten sei. Durch das Nichteintreten bleibe der Druck aufrecht, nach besseren Lösungen zu suchen. Bundesrat Berset sprach sich in einem ausführlichen Plädoyer für Eintreten und erneut für das Modell des Bundesrates aus, wobei er konstatierte, dass dieses angesichts des Fehlens einer unterstützenden Kommissionsminderheit vorerst vom Tisch war. Er werde sich im Zweitrat erneut für die ursprüngliche Variante einsetzen. 111 Ratsmitglieder, mehrheitlich aus den Fraktionen der SP, der CVP-EVP, der Grünen, Grünliberalen und der BDP, sprachen sich für Eintreten aus, 76 dagegen. In der Detailberatung folgte der Rat dem Antrag der Kommission diskussionslos und nahm den Entwurf mit 128 zu 44 Stimmen bei einer Enthaltung an. Die Nein-Stimmen kamen aus der SVP- und der gespaltenen FDP-Liberalen Fraktion. Alle anderen Fraktionen drückten geschlossen ihre Zustimmung aus.

Das Parlament versenkt in der Schlussabstimmung eine definitive Lösung im Rahmen des KVG für die Regelung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten. (BRG 15.020)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

An seiner Rede am Filmfestival Locarno erläuterte Bundesrat Berset die Pfeiler der künftigen Schweizer Filmförderung. Durch die im Rahmen der Kulturbotschaft 2016–2020 gesprochenen Gelder stehen den Schweizer Filmschaffenden in den kommenden fünf Jahren zusätzlich CHF 27 Mio. zur Verfügung, deren Zweck es ist, eine Abwanderung der Dreharbeiten oder der Produktion von Schweizer Filmen ins kostengünstigere Ausland zu verhindern. Der Kulturminister äusserte ferner seine Bedenken, was das EU-Filmförderungsprogramm MEDIA anbelangt. Dieses wurde nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative sistiert und durch Übergangsmassnahmen ersetzt. Der Bundesrat hob die Bedeutung des internationalen Austausches für die Branche hervor und beteuerte den Willen der Regierung, in Zukunft wieder am europäischen MEDIA teilnehmen zu wollen.

Bundesrat Berset äussert sich am Filmfestival Locarno zur Filmförderung

Im Wahljahr stiessen die 1.-August-Ansprachen von Bundesräten und Parteipräsidenten auf grössere mediale Resonanz. Dabei schlugen die Vertreter der Parteien lautere Töne an und richteten ihre Festreden thematisch anders aus als die Regierungsmitglieder. So warnte etwa SVP-Parteipräsident Toni Brunner vor der Zuwanderung, die noch immer nicht gestoppt worden sei. SP-Präsident Christian Levrat warf der SVP Polemik und Niveaulosigkeit vor und rief dazu auf, Menschen in Not aufzunehmen. Christophe Darbellay - Präsident der CVP - warnte vor "Brandstiftern", die Panik schürten, obwohl die Integration von Einwanderinnen und Einwandern trotz einigen Problemen gut funktioniere. Auch BDP-Präsident Martin Landolt sprach sich für eine Aufnahme von Zuflucht suchenden Menschen aus. Das seien nicht einfach Wirtschaftsflüchtlinge, sondern Menschen, die per Geburt weniger privilegiert seien als Schweizerinnen und Schweizer.
Die Bundesrätinnen und Bundesräte betonten derweil eher die Europapolitik. In ihrer Radioansprache und ihrer Festrede auf dem Rütli betonte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga, dass die anstehenden Weichenstellungen mit Europa nur mit einer lösungsorientierten politischen Kultur bewältigt werden könnten. Auch Eveline Widmer-Schlumpf betonte bei ihrer Festrede in Titterten (BL), dass schrille Töne in der Politik nicht zu Lösungen führten. Leider werde die Kultur des Ausgleichs von einigen immer stärker aufs Spiel gesetzt. Die wirtschaftliche Bedeutung der Zusammenarbeit mit der EU wurde von Doris Leuthard in Ottenbach (ZH) und Zurzach (AG) betont. Als einzige Magistratin sprach sie auch die Flüchtlingspolitik an: Die Schweiz könne im Bewusstsein ihrer humanitären Tradition mehr tun als andere Länder. Die Wirtschaft war Thema von Johann Schneider-Ammanns Rede. Auch der Wirtschaftsminister, der ebenfalls im Kanton Basel-Landschaft, in Allschwil und in Windisch (AG), auftrat, betonte dabei die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Europa. Einer Stärkung des inneren Zusammenhaltes redeten Didier Burkhalter (in Zürich und in Sumiswald, BE) und Alain Berset (in Lindau, ZH) das Wort - Berset war der einzige Regierungsvertreter, der zudem auch noch eine Ansprache in der Romandie hielt (in Sierre, VS): Die Masseneinwanderungsinitiative scheine die Schweiz gespalten zu haben; trotz wachsender kultureller Vielfalt müsse die Gesellschaft aber zusammengehalten werden. Einzig Ueli Maurer warnte in Grosswangen (LU) und Nottwil (LU) vor einem engeren Anschluss an die EU und lobte auch bezugnehmend auf die Geschichte der Eidgenossenschaft den bewährten Weg der Unabhängigkeit.

1.-August-Ansprachen

Im Parlament war die Kulturbotschaft 2016–2020 weniger umstritten als die Vernehmlassungsergebnisse des Vorjahres vermuten liessen – gemäss der NZZ waren die Debatten gar "andächtig ruhig wie in einem Museum". National- und Ständerat zeigten sich durchgehend einig, schätzten die vorliegende Botschaft grossmehrheitlich als ausgewogen ein und schickten keinen der zehn beratenen Entwürfe in die Differenzbereinigung. Während jedoch die bundesrätlichen Beschlüsse zu den Zahlungsrahmen in den Bereichen Film (CHF 253,9 Mio.), Kulturgütertransfer (CHF 3,9 Mio.), Heimatschutz und Denkmalpflege (CHF 132,6 Mio.), Nationalmuseum (CHF 160,6 Mio.), Sprachen und Verständigung (CHF 75,5 Mio.), Schweizerschulen im Ausland (CHF 110,1 Mio.) sowie für Pro Helvetia (CHF 210,9 Mio.) im Parlament eine Mehrheit fanden, wich das gesetzgebende Organ betreffend Finanzhilfen des BAK leicht vom Entwurf des Bundesrates ab. In letzterem Bereich beschloss der erstberatende Ständerat auf Anraten seiner Kommissionsmehrheit eine Aufstockung der Mittel für Museen und Sammlungen um CHF 3 Mio. zur Förderung der Chancengleichheit bei der Mittelvergabe. Erfolglos wehrten sich bürgerliche Parlamentarier – und dabei in erster Linie und grossmehrheitlich SVP-Vertreter – gegen die Aufstockung der gesamten Mittel um 3,4% im Vergleich zur Kulturbotschaft 2012–2015; entsprechende Minderheiten Germann (svp, SH) und Müri (svp, NR) mit dem Antrag auf Rückweisung und Plafonierung der Mittel auf dem Stand der Vorperiode wurden in beiden Räten deutlich abgelehnt. Dasselbe Schicksal ereilte in der Kantonskammer ein Rückweisungsantrag Föhn (svp, SZ), welcher mit der Kulturbotschaft eine Zentralisierung der Kulturförderung befürchtete und dem Antrag der Minderheit Germann (svp, SH) unterlag. In seinen ausführlichen Stellungnahmen machte Bundesrat Berset unter anderem deutlich, dass es hier in erster Linie um eine bessere Koordination zwischen den verschiedenen Entscheidungsebenen gehe und keinesfalls um eine Bevormundung aus Bundesbern. Weitere Rednerinnen und Redner rechtfertigten die Mittelerhöhung ferner mit der Ausweitung der Kulturförderung auf zusätzliche Bereiche, die zum einen auf in der Zwischenzeit vom Parlament gefasste Beschlüsse zurückgehen, denen zum anderen jedoch auch ein Verfassungsauftrag zugrunde liegt: So soll mit der Kulturbotschaft der im Jahr 2012 angenommene Gegenvorschlag zur Volksinitiative "jugend+musik" umgesetzt werden. Die entsprechende Änderung des Kulturförderungsgesetzes passierte den Ständerat mit 39 zu 6 und den Nationalrat mit 136 zu 51 Stimmen in der Sommersession relativ unproblematisch. Dass die Kultur auch in finanziell angespannten Zeiten etwas kosten darf – und dabei sogar noch etwas mehr im Vergleich zur vergangenen Vierjahresperiode – stiess in den Medien auch auf negative Resonanz. Als Sprachrohr der Ostschweiz freute sich hingegen das St. Galler Tagblatt (SGT): Von den zusätzlichen CHF 3 Mio. für Museen und Sammlungen sollen auch solche Institutionen profitieren, die bis anhin noch nicht in den Genuss von Fördergeldern gekommen sind. Die Vergabe der Gelder soll neu nach klar festgelegten Kriterien erfolgen. Das SGT rechnete der Stiftsbibliothek St. Gallen hier künftig grosse Chancen für finanzielle Unterstützung ein.

Kulturbotschaft 2016-2020 (BRG 14.096)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Josef Ostermayer, ministre autrichien de l’Art, de la Culture, de la Constitution et des Médias a été accueilli à Berne par le conseiller fédéral Alain Berset. Lors de cette rencontre, il a été convenu d'institutionnaliser un échange entre les deux pays en matière de politique culturelle. Il a aussi été question de la participation de la Suisse aux programmes MEDIA et Europe Créative de l'UE, compromise depuis l'acceptation de l'initiative contre l'immigration de masse.

Josef Ostermayer a été accueilli à Berne par le conseiller fédéral Alain Berset

Wie zuvor bereits der Nationalrat, genehmigte auch der Ständerat einstimmig und ohne Debatte ein Abkommen der Schweiz mit Brasilien zur sozialen Sicherheit. Bundesrat Berset hatte zuvor die Wichtigkeit der Kontakte zwischen der Schweiz und Brasilien betont.

Abkommen der Schweiz mit Brasilien über die soziale Sicherheit (BRG 14.075)

Die Motion Lohr (cvp, TG) wurde vom Ständerat in der Sommersession abgewiesen. Ein Schulobstprogramm für die Schweiz, wie es vom Nationalrat noch unterstützt worden war, kommt also nicht zustande. Die SGK hatte den Vorstoss vorgängig einstimmig zur Ablehnung empfohlen mit der Argumentation, dass bereits durch das neue Lebensmittelgesetz ähnliche Kompetenzen erteilt wurden. Überdies seien die Kantone und Gemeinden für Schulobstprogramme zuständig. Ohne längere Debatte und entgegen der von Bundesrat Berset dargelegten Unterstützung der Regierung für das Anliegen, lehnte die Ständekammer die Motion ab.

Ein Schulobstprogramm für die Schweiz

Noch in der gleichen Session beschäftigte sich der Ständerat mit der parlamentarischen Initiative Pelli (fdp, TI) zur Stärkung der Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen und schloss damit die erste Runde der Differenzbereinigung ab. Ohne Gegenantrag beantragte die SGK-SR dem Rat, bei seiner eigenen Version zu bleiben – dies aus der gleichen Argumentation, wie sie bereits in der Erstberatung vorgetragen worden war. Bundesrat Berset stellte sich hinter diesen Antrag, und die kleine Kammer folgte dem stillschweigend.

Stärkung der Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen