Die Entwicklung auf dem Boden- und Wohnungsmarkt bewog die Landesregierung schliesslich, nach einem verkürzten Vernehmlassungsverfahren, zur Ergreifung von Sofortmassnahmen. Mit drei befristeten Dringlichen Bundesbeschlüssen, welche dem fakultativen Referendum unterstehen, sollen Angebot und Nachfrage nach Boden und Wohnungen in einer verteilungspolitisch befriedigenden Weise besser aufeinander abgestimmt und damit der grassierenden «Spekulationsmentalität» Einhalt geboten werden. Mit diesem Vorgehen erhoffte sich der Bundesrat eine psychologische Wirkung, wollte aber auch Zeit für ein Massnahmenpaket mit mittel- und langfristigen Lösungen gewinnen, welches die Ursachen der Boden- und Wohnungsmarktprobleme, die nach seiner Analyse in Veränderungen von Nachfrage und Angebot bestehen, besser berücksichtigt. Verfassungsrechtlich sind die Bundesbeschlüsse nach einem Gutachten des Staatsrechtlers J.F. Aubert durch die Zivilrechtskompetenz des Bundesrats abgestützt.
Im einzelnen sahen die Bundesbeschlüsse gemäss Vorschlag der Exekutive vor: Eine Sperrfrist für die Veräusserung von nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken während fünf Jahren nach dem Erwerb, mit Ausnahmen bei Veräusserungen im Erbgang, an Ehegatten oder Nachkommen, im Rahmen einer Zwangsverwertung, eines Enteignungsverfahrens oder einer Baulandumlegung unter Mitwirkung der Behörden sowie – bei Bewilligung durch den Kanton – bei Verkäufen ohne Gewinn, nach zweijähriger Eigennutzung und bei massgeblicher geschäftsmässiger Mitwirkung des Besitzers an Planung, Erschliessung oder Erstellung des Baus. Mit der Sperrfrist sollen vor allem Kaskadenverkäufe und die damit verbundenen Spekulationsgewinne verhindert werden. Ein ähnliches Instrument besteht bereits für landwirtschaftliche Grundstücke. Die Festlegung einer maximalen Pfandbelastungsgrenze für nichtlandwirtschaftliche Grundstücke – während einer Dauer von fünf Jahren seit dem letzten Erwerb – von 80 Prozent des Verkehrswerts sowie von 90 Prozent im Falle der Selbstnutzung in irgendeiner Form. Damit sollen diejenigen, die ohne Eigenmittel Wohneigentum oder Bauland aus rein spekulativen Gründen erwerben, nach Möglichkeit vom Bodenmarkt ferngehalten werden. Die Limitierung der Anlage von Geldern der beruflichen und privaten Vorsorge in Grundstücken, womit die Anlagevorschriften für Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und für Lebensversicherungen in dem Sinne geändert werden, dass bei den einzelnen Anlagekategorien der Anteil schweizerischer Grundstücke am Kapital höchstens 25 Prozent betragen darf.
In der Vernehmlassung wurden die drei Dringlichen Bundesbeschlüsse mit wenig Begeisterung aufgenommen. Einigkeit bestand darin, dass etwas geschehen müsse und dass mit diesen Vorschlägen allenfalls eine politische Beruhigung erreicht werden könne. Wie später ihre Fraktionen, sprachen sich CVP, LdU und EVP für die bundesrätliche Version aus. Die FDP plädierte für eine bloss dreijährige Sperrfrist und für eine Ausweitung des Ausnahmekatalogs. Die SVP erachtete die Sperrfrist für untauglich und sah Lösungswege eher über dringliche Bundesbeschlüsse zur vorzeitigen Inkraftsetzung von wichtigen Elementen des zu revidierenden Raumplanungsgesetzes sowie zur Einführung einer Grundstückgewinnsteuer auf kurzfristigen Liegenschaftsgewinnen: Als ungenügend bis völlig ungenügend beurteilten die SP und die Grüne Partei (GPS) die Vorlage, ohne sie allerdings zu Fall bringen zu wollen. Die vorgeschlagenen Anlagebeschränkungen wurden von Vertretern der Pensionskassen und Lebensversicherungen kritisiert. Sie wiesen darauf hin, dass ihre Immobilienanlagen längerfristigen Charakter hätten und spekulative Praktiken ausgeschlossen seien. Anlagebeschränkungen würden Neuinvestitionen praktisch ausschliessen und letztlich zu Mietzinssteigerungen führen.
Bei den Beratungen in Kommission und Plenum der beiden Kammern des Parlaments war zunächst ein Scheitern oder eine erhebliche Verwässerung der Vorlage bis zur vollumfänglichen Wirkungslosigkeit durch den Ständerat befürchtet worden. Letzterer lenkte für viele etwas überraschend ein, erachtete die Massnahmen entgegen dem Kommissionsantrag als verfasssungskonform und schwenkte mehrheitlich auf die antizipierten Kompromissvorschläge des Nationalrates ein. Diese Wende wurde namentlich dadurch ermöglicht, dass die CVP-Fraktion der kleinen Kammer 'ihren' Bundesrat Koller nicht im Regen stehen liess. Im einzelnen erfuhren die Vorschläge der Exekutive im Parlament nach Ablehnung von Rückweisungsanträgen der SVP-Abgeordneten Blocher (ZH) und Gadient (GR) dennoch einige Änderungen. Bei der Sperrfrist für die Veräusserung von Grundstücken wurden die Ausnahmebestimmungen erheblich erweitert; so werden als zusätzliche Gründe für Fristverkürzungen selbstgenutztes Eigentum, Betriebsumwandlungen und -zusammenschlüsse sowie Aufgaben im öffentlichen Interesse zugelassen. Insbesondere aber entfällt die Sperrfrist, wenn der Veräusserer Grundstücke als Bauland oder zum Umbau erworben und selbst oder durch Dritte am Bau massgeblich mitgewirkt hat. Im weitern erhalten die Kantone die Kompetenz, Eigentumsübertragungen bei Grundstücken zu veröffentlichen. Bei der Festlegung der Pfandbelastungsgrenze werden keine Mindestanteile an Eigenmitteln für Selbstnutzer, Gewerbetreibende oder Wohngenossenschaften vorgeschrieben. Bei den Anlagevorschriften für Pensionskassen legten die Räte schliesslich die Beschränkung auf 30 Prozent fest. In der Schlussabstimmung wurden die Dringlichen Bundesbeschlüsse zum Bodenrecht, nachdem ihnen zuvor in separater Abstimmung der dringliche Charakter zugemessen worden war, mit deutlichen Mehrheiten in beiden Kammern bei den beiden ersten Vorlagen sowie eher knapp (um die 60 Prozent Ja) bei den Pensionskassenvorschriften angenommen; sie traten am 7. Oktober in Kraft.
Bodenrecht Sofortmassnahmen drei dringliche Bundesbeschlüsse (BRG 89.042)