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  • Kuprecht, Alex (svp/udc, SZ) SR/CE

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In der Sommersession 2020 gelang dem Parlament, was eigentlich für die Frühjahrssession geplant, aufgrund des Corona-bedingten Abbruchs jedoch nicht mehr möglich gewesen war: Es verabschiedete die Überbrückungsleistungen (ÜL) für ältere Arbeitslose.
In der letzten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens machte der Nationalrat erneut einen Kompromissvorschlag: Die Behinderungs- und Krankheitskosten sollten entsprechend der Absicht des Ständerates separat vergütet, aber in den Plafond integriert werden. Im Gegenzug sollte der Plafond gemäss Absicht des Nationalrats bei Einzelpersonen und Mehrpersonenhaushalten das 2.25-fache des allgemeinen Lebensbedarfs gemäss Ergänzungsleistungen decken. Eine Minderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) wollte weiterhin auf die separate Vergütung der Krankheitskosten verzichten, fand jedoch bei 160 zu 28 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) ausserhalb der Grünen Fraktion nur eine zusätzliche Stimme.

Die Einigungskonferenz zeigte sich mit dem Kompromissvorschlag des Nationalrats bei 18 zu 8 Stimmen mehrheitlich einverstanden. In der Ständeratsdebatte präsentierte Josef Dittli (fdp, UR) dem Rat noch ein letztes Mal die aktuellsten Zahlen: Der Plafond liege somit bei einer Einzelperson bei CHF 44'000 (anstelle der CHF 39'000, die der Ständerat vorgesehen hatte), insgesamt ergebe das Mehrkosten von CHF 1.6 Mio., mit denen jedoch der Anteil Personen, die ihren Lebensunterhalt trotz ÜL nicht decken könnten, von 16 Prozent bei der ständerätlichen Version auf 3 Prozent gesenkt werden könne. Damit rechne man mit jährlich CHF 150 Mio. bei 3'400 Bezügerinnen und Bezügern im Vergleich zu CHF 230 Mio. bei 4'600 Beziehenden, von denen der Bundesrat ausgegangen war. Alex Kuprecht (svp, SZ) vertrat in der Folge seine Minderheit auf Abschreibung der Vorlage: Er habe bereits zu Beginn der Debatte zu den ÜL darauf hingewiesen, dass die Zahlen zur Anzahl Bezügerinnen und Bezüger bei einer Rezession schnell sehr stark ansteigen könnten – dieses Szenario sei nun sehr viel schneller und sehr viel gravierender eingetreten als erwartet. Aufgrund der riesigen Neuverschuldung und des Steuereinbruchs wegen der Corona-Krise solle man nun bei neuen gebundenen Ausgaben zurückhaltend sein, zumal die Zahl der Bezügerinnen und Bezüger nun «ein Mehrfaches betragen» würde; er rechne mit jährlich CHF 500 Mio. bis CHF 1 Mrd. und zwischen 10'000 und 15'000 Bezügerinnen und Bezügern. Kuprecht und weitere Kritiker des neuen Gesetzes schöpften in ihrer Kritik noch einmal aus dem Vollen: Die Vorlage missachte das Subsidiaritäts- und das Föderalismusprinzip, sei eine zu grosse finanzielle Belastung für den Bund, zumal alle anderen Sozialwerke auch nicht gesichert seien, stelle eine Verschiebung der Verantwortung von den Sozialpartnern zum Bund dar, sei der falsche Ansatz, weil ältere Leute Arbeit, nicht Geld wollten, sowie ein bedenkliches Signal an die Arbeitswelt und an die Über-50-Jährigen. Abschliessend warb Gesundheitsminister Berset noch einmal für die Vorlage: Er pflichtete bei, dass die Situation nach Corona nun eine andere sei, betonte jedoch, dass dies nicht gegen die Vorlage spreche. So seien die gute wirtschaftliche Lage der Schweiz sowie ihre Handlungsfähigkeit in Krisenzeiten auf das Gleichgewicht zwischen einem offenen, wettbewerbsfähigen Arbeitsmarkt und einem soliden Sozialsystem zurückzuführen. Entsprechend solle man nun, nachdem man sich mit Milliarden für die Wirtschaft engagiert habe, auch CHF 150 Mio. pro Jahr für diejenigen Personen mit der schwierigsten Situation auf dem Arbeitsmarkt einsetzen. Mit 27 zu 16 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) nahm der Ständerat den Vorschlag der Einigungskonferenz an.

Ein letztes Mal versuche er nochmals, den Rat davon zu überzeugen, dass die ÜL zukünftig «verheerende Folgen» haben würden, betonte Thomas de Courten (svp, BL) in der Nationalratsdebatte zum Vorschlag der Einigungskonferenz. Man schaffe damit in schwierigen Zeiten – insbesondere auch für die übrigen Sozialwerke – ein neues Sozialwerk – und dies nur als Gegenargument zur Begrenzungsinitiative. Trotz dieser letzten mahnenden Worte entschied sich der Nationalrat mit 131 zu 57 Stimmen (bei 4 Enthaltungen), den Vorschlag der Einigungskonferenz anzunehmen. Die ablehnenden Stimmen stammten von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion sowie von je 2 Mitgliedern der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion. Ende Session stimmten schliesslich sowohl der Nationalrat (128 zu 64 Stimmen bei 6 Enthaltungen) als auch der Ständerat (27 zu 16 Stimmen bei 2 Enthaltungen) der Einführung von Überbrückungsrenten für ältere Arbeitslose zu.

Überbrückungsleistung für ältere Arbeitslose (BRG 19.051)
Dossier: Ältere Arbeitnehmende

Stillschweigend lehnte der Nationalrat in der Sommersession 2020 die Motion Kuprecht (svp, SZ) für eine Übertragung der Kontrolle über die OAK BV an das Parlament ab. Im Februar 2020 hatte die SGK-SR die Ablehnung mit 22 zu 14 Stimmen (bei 1 Enthaltung) empfohlen, da die Oberaufsichtskommission «ihre Aufgaben umfassend und ohne zusätzliche Einschränkungen wahrnehmen können» müsse. Bereits heute unterliege die OAK BV zudem der Überprüfung durch die GPK.

Gesetzesgrundlage zur Kontrolle der Oberaufsichtskommission über die berufliche Vorsorge (Mo. 19.3600)

Wie der Nationalrat musste auch der Ständerat sein Geschäftsreglement anpassen, um ausserhalb des Bundeshauses tagen zu können. Um die Hygiene- und Sicherheitsmassnahmen im Rahmen der Coronavirus-Pandemie einhalten zu können, tagte auch der Ständerat während der ausserordentlichen Session Anfang Mai in den Räumlichkeiten der BernExpo. Das Büro-SR schlug analog zum Nationalrat vor, dass Vorstösse, parlamentarische Initiativen und die Unterstützung von Anträgen nicht mehr schriftlich, sondern per E-Mail erfolgen sollen. Auf eine physische Verteilung von Unterlagen solle verzichtet werden. Darüber hinaus war ein Votum vom Platz aus, wie dies im Bundeshaus praktiziert wird, nicht möglich. Auch die Ständerätinnen und Ständeräte mussten sich also für ihre Voten an ein stets von Neuem zu desinfizierendes Rednerpult begeben. Der Sprecher des Büros, Alex Kuprecht (svp, SZ) begründete dies mit der Videoübertragung, die sehr kompliziert geworden wäre, wenn die Voten vom Platz aus hätten abgegeben werden sollen. Ebenfalls wie im Nationalrat war vorgesehen, die Stimmabgabe mit dem elektronischen Ersatzsystem durchzuführen und die Stimme jeweils vom Platz aus abzugeben – die Ersatzanlage war nicht fix mit dem Arbeitsplatz verbunden und eine Abgabe der Stimme hätte darum auch anderswo geschehen können. Anders als der Nationalrat wollte das Büro-SR allerdings vorübergehend auf eine Veröffentlichung der Abstimmungsdaten verzichten, weil eine Anzeigetafel, wie sie im Ständerat angebracht sei, fehle.
Die entsprechende vorübergehende Streichung von Absatz 2, Artikel 44a des Geschäftsreglements weckte allerdings den Argwohn des Tagesanzeigers: «Ständeräte wollen geheim abstimmen», titelte die Zeitung am Tag der Sessionseröffnung. Man wolle «die geheime Stimmabgabe einführen.» Schon bisher sei das Stimmverhalten in der kleinen Kammer nur sehr mühsam eruierbar gewesen, weil die erhobenen Hände und später die Anzeigetafel fotografiert oder gefilmt werden müssten. In der Tat werden im Ständerat seit 2014 normalerweise nur die Gesamt- und Schlussabstimmungen, nicht aber die Detailabstimmungen namentlich veröffentlicht. Wenn aber die Resultate überhaupt nicht mehr veröffentlicht würden, so sei dies ein Vorgang, den es seit 1848 noch nie gegeben habe. Der ständerätliche Vorschlag, für die Session in der BernExpo auf jegliche Veröffentlichung zu verzichten, sei von der Öffentlichkeit noch nicht bemerkt, geschweige denn diskutiert worden.

In der Folge standen bei der Diskussion über die befristeten Änderungen des Geschäftsreglements – das erste Geschäft in der ausserordentlichen Session – zwei Anträge im Zentrum. Das Büro hatte seinen eigenen Antrag auf Streichung der Veröffentlichung in der Zwischenzeit zurückgezogen, um diese beiden Vorschläge diskutieren zu können. Der Antrag von Werner Salzmann (svp, BE) sah vor, dass alle Abstimmungen nachträglich mittels Namenslisten veröffentlicht werden sollen, und Daniel Jositsch (sp, ZH) beantragte, die Stimme durch Aufstehen abzugeben. Beide berichteten, durch die Medien aufgeschreckt geworden zu sein, und gaben zu, sich wohl im Vorfeld zu wenig genau mit dem vorliegenden Reglement auseinandergesetzt zu haben. Der Sprecher des Büros, Alex Kuprecht (svp, SZ), legte freilich dar, dass sich der Ständerat mit der Einführung der elektronischen Anlage im Bundeshaus ganz bewusst dagegen verwahrt habe, auch die individuellen Entscheidungen in den Detailabstimmungen namentlich auszuweisen. Es sei sinnvoll, dass dies im Nationalrat geschehe, «wo sich primär die parteipolitischen Positionen in ausgeprägter Form gegenüberstehen». Dies sei aber in der kleinen Kammer nicht so, weshalb man nur die Schluss- und Gesamtabstimmungen namentlich veröffentliche (es sei denn, die Veröffentlichung werde von 10 Mitgliedern verlangt). An dieser Position habe sich im Büro auch in erschwerten Verhältnissen nichts geändert – allerdings war zu dieser Frage noch eine parlamentarische Initiative Minder (parteilos, SH; Pa.Iv. 19.498) hängig, über die der Rat in einer der folgenden Sessionen zu befinden haben wird.
Unter Namensaufruf – 10 Ständeratsmitglieder hatten einen entsprechenden Antrag von Werner Salzmann mitunterzeichnet – gab die kleine Kammer dem Vorschlag Jositschs den Vorzug. 25 Mitglieder stimmten diesem zu, während 20 Mitglieder die Veröffentlichung aller Namenslisten, wie von Werner Salzmann gefordert, bevorzugt hätten. In der Schlussabstimmung standen dann 43 Ständeratsmitglieder für die Annahme des Entwurfs auf, während sich ein Mitglied dagegen erhob (1 Enthaltung).
Die Ersatzanlage kam im Ständerat damit also nicht zum Einsatz. Immerhin habe diese für beide Räte CHF 47'000 gekostet, doppelte der Tagesanzeiger nach. Wenigstens hätten die Räte «nach einem mittleren Shitstorm» kapituliert, so dass es dank der Zeitung nicht vollständig zu einer «eidgenössischen Blackbox» gekommen sei.

Beratungen ausserhalb des Parlamentsgebäudes - Änderungen des Geschäftsreglements des Ständerats (Pa.Iv. 20.408)

Am ersten Tag der ausserordentlichen Session im Mai 2020, die der Bewältigung der Corona-Krise gewidmet war, gab Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga eine Erklärung des Bundesrates zur Corona-Pandemie ab. Die Schweiz sei nicht unverwundbar; ein kleines Virus habe die grossen Grundrechte in Gefahr gebracht, die der Bundesrat zur Bewältigung der Krise habe beschneiden müssen, indem er Persönlichkeits- und Wirtschaftsrechte und die kantonale Hoheit eingeschränkt habe – sich dabei stets an der von der Bundesverfassung vorgesehenen Verhältnismässigkeit orientierend. Die ergriffenen Massnahmen hätten zu vielen Härtefällen geführt und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie seien schmerzhaft. Jetzt gelte es, die Schweiz aus der Krise zu führen, wobei das Parlament wieder in der Verantwortung sei. «Unsere starke Demokratie» habe das Virus nicht beschädigen können. Es sei wichtig, dass das Parlament die Entscheide des Bundesrats hinterfrage, damit man in einem fruchtbaren Dialog gemeinsame Lösungen finde. Sie denke aber auch an die Menschen, die in der Krise Angehörige verloren haben und danke allen, die das Land stützten.
Bei der Fraktionsdebatte (Kategorie IIIa), die auf die Erklärung folgte, nahmen die Fraktionssprecherinnen und -sprecher der Fraktionsgrösse nach Stellung zur Krise. Albert Rösti (svp, BE) und Céline Amaudruz (svp, GE) dankten der Polizei, der Armee und dem Zivilschutz und kritisierten zuerst die mangelnde Vorbereitung auf die Krise. Medizinische Mittel, Medikamente und Geräte hätten nur in ungenügender Menge zur Verfügung gestanden. Mit Besorgnis nehme die SVP zudem die wirtschaftlichen Schäden wahr. Man müsse die Menschen vor Covid-19, aber auch «vor dem wirtschaftlichen Untergang» schützen. Das Notrecht sei aufzuheben und auch im Falle einer zweiten Welle nicht wieder einzusetzen. Ein zweiter Lockdown müsse vermieden werden, der Bundesrat müsse die Krisenvorsorge verbessern und die Grenzkontrollen aufrechterhalten. Die Wirtschaft müsse zudem mit tiefen Steuern, Gebühren und Abgaben in Fahrt gebracht werden.
Roger Nordmann (sp, VD) bedankte sich im Namen der SP-Fraktion beim Gesundheits- und Pflegepersonal, dem Verkaufspersonal, den Erziehungs- und Lehrpersonen, den Chauffeuren und Chauffeusen und der Polizei, die sich der Gefahr einer Covid-Erkrankung ausgesetzt hätten. Es seien die Menschen mit den häufig am schlechtesten bezahlten Berufen, die in phänomenaler Geschwindigkeit Hilfspläne ausgedacht und umgesetzt hätten. Dank ihnen sei eine Katastrophe vermieden worden. Aber auch dem Bundesrat müsse Dank ausgesprochen werden. Die SP wehre sich gegen den Versuch, einen Gegensatz zwischen Gesundheit und Wirtschaft herzustellen. Letzterer könne es nur gut gehen, wenn die Pandemie in den Griff gebracht werden könne. Der wirtschaftliche Aufschwung müsse zudem mit dem Schutz der natürlichen Ressourcen und dem Ziel einer Korrektur von Ungleichheiten verbunden werden. Weil die Pandemie global sei, könne die Schweiz die Krise nur im Verbund mit Europa angehen und müsse sich als reiches Land solidarisch mit ärmeren Staaten zeigen.
Im Namen der Mitte-Fraktion sprach Marco Romano (cvp, TI) den Menschen seinen Dank aus, die geholfen hätten, die Gesellschaft am Laufen zu halten. Auch der Bevölkerung, die sich an die Empfehlungen und die Regeln gehalten habe, gebühre Dank. Der Bundesrat müsse klarer und transparenter informieren und auf die politische und soziale Reife des Schweizer Volkes bauen. In unsicheren Zeiten brauche es eine starke Politik der Mitte und konstruktive Lösungen; es brauche nun ein Projekt für das ganze Land, um der grössten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderung der letzten Jahrzehnte zu begegnen. Marianne Streiff-Feller (evp, BE) und Martin Landolt (bdp, GL) – ebenfalls Angehörige der Mitte-Fraktion – dankten dem Bundesrat für das umsichtige Krisenmanagement. Streiff-Feller bat die Regierung, ihre Besonnenheit beizubehalten, und Landolt betonte, dass es gut sei, dass die Führung in der Situation der Krisenbewältigung beim Bundesrat liege. Es sei wesentlich einfacher, zu kommentieren, kritisieren oder zu loben, als die konkreten Entscheide treffen und Verantwortung übernehmen zu müssen. Das Parlament müsse der Versuchung widerstehen, «sich als Schattenregierung aufzuspielen».
Für die Fraktion der Grünen ergriffen Balthasar Glättli (gp, ZH) und Léonore Porchet (gp, VD) das Wort. Sie betonten die Chancen, die aus einer Krise erwachsen können. Glättli schlug etwa vor, mit den Milliarden an Wirtschaftshilfe nicht «die graue Wirtschaft von gestern» zu unterstützen, sondern in einen Umbau hin zu einer grünen Wirtschaft zu investieren. So könnten etwa die Erfahrungen mit Telearbeit zu einer Reduktion der Mobilität genutzt oder die Quartiersolidarität bewahrt werden. Ausserdem dürfe die Klimakrise, die andere grosse Krise neben der Pandemie, die im Gegensatz zu Covid vorhersehbar sei, nicht in Vergessenheit geraten. Glättli sprach sich zudem für Massnahmen aus, die das Parlament krisenresistenter und die Verhältnismässigkeit von Notverordnungen rasch überprüfbar machen. Porchet hob die Leistungen des Gesundheitspersonals hervor und erklärte, die Grünen forderten mehr Unterstützung – etwa ganz konkret in Form eines vierzehnten Monatslohnes.
Beat Walti (fdp, ZH) und Olivier Feller (fdp, VD) sprachen für die FDP-Fraktion. Walti hob hervor, dass das Gesundheits- sowie das Wirtschaftssystem auch in dieser ausserordentlichen Lage gut funktioniert hätten. Es verdiene Anerkennung, dass viele Menschen innert kürzester Zeit ihr Leben umorganisiert hätten. Bedenklich sei allerdings, wie wenig Reserven in vielen Bereichen vorhanden seien. Viele Unternehmen stünden am wirtschaftlichen Abgrund. Deshalb müsse man jetzt die Rahmenbedingungen so ausgestalten, dass die Innovationskraft der Schweiz gestärkt und ihre globale Vernetzung verbessert würden. Man müsse den Menschen zudem Eigenverantwortung zugestehen. Feller betonte, dass es hierfür eine schnelle Rückkehr zur Normalität brauche.
Für die GLP, die kleinste Fraktion im Parlament, ergriffen Tiana Angelina Moser (glp, ZH), Jürg Grossen (glp, BE) und François Pointet (glp, VD) das Wort. Moser betonte die einmalige Solidarität, die sich in der Krise gezeigt habe. Diesem Zusammenhalt sei – zusammen mit der nicht selbstverständlichen finanziellen Stabilität und tiefen Staatsverschuldung – Sorge zu tragen. Die geplanten Eingriffe zur Bewältigung der Krise dürften nicht zu einem «Providurium» werden. Die Krise sei auch eine Chance, um Digitalisierung zu realisieren und klimaschädliche Mobilität neu auszurichten. Grossen und Pointet dankten dem Gesamtbundesrat, der konsequent aber mit Augenmass agiert habe. Freilich müssten die Entscheide aber auch kritisch diskutiert werden, damit man aus der Krise lernen könne.
Nachdem Simonetta Sommaruga auf die verschiedenen Beiträge kurz einging – sie sprach von der selbstverständlich notwendigen Aufarbeitung der Krise und dem Stresstest, dem der Föderalismus ausgesetzt gewesen sei, aber auch von den funktionierenden Wirtschaftsmassnahmen und der Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten –, wurde sie mit einem bunten Strauss an Fragen von Vertreterinnen und Vertretern der bürgerlichen Parteien, vor allem aber seitens der SVP-Fraktion torpediert. Nicht so sehr die beschwichtigenden Antworten der Bundespräsidentin, sondern vielmehr die Fragen selber warfen dabei ein Licht auf die unterschiedlichen Interessen und Pläne der Fraktionen, wie die Krise bewertet und mit welchen Massnahmen sie überwunden werden sollte. So kritisierte etwa Roger Köppel (svp, ZH), dass die Politik des Bundesrates «zerstörerische Auswirkungen auf Wohlstand und Gesundheit» hätten; Yvette Estermann (svp, LU) fürchtete sich vor einem Impfzwang; Thomas Aeschi (svp, ZG) befürchtete die Verlängerung des Notstands bis September; Erich von Siebenthal (svp, BE) forderte Massnahmen, damit Gottesdienste wieder möglich sind; Mike Egger (svp, SG), Erich Hess (svp, BE) und Thomas Hurter (svp, SH) wollten eine Zusicherung, dass das CO2-Gesetz nicht prioritär behandelt werde; Hans-Ueli Vogt (svp, ZH) fragte, wann der Bundesrat die ausserordentliche Lage beenden werde; und Piero Marchesi (svp, TI) verlangte eine generelle Maskenpflicht. Fragen kamen auch aus der Mitte-Fraktion – Marco Romano sorgte sich um den Grenzschutz mit Italien; Benjamin Roduit (cvp, VS) um den «Corona-Graben», also den Umstand, dass die Romandie und das Tessin stärker unter Covid-19 gelitten hätten als die Deutschschweiz; und Fabio Regazzi (cvp, TI) um die Situation der Restaurants. Für die FDP-Fraktion wollte Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) wissen, ob für einen neuerlichen Lockdown andere Massnahmen ergriffen würden; Christian Wasserfallen (fdp, BE) interessierte sich für die Grenzmodalitäten für die Exportwirtschaft; Rocco Cattaneo (fdp, TI) fragte nach konkreten Massnahmen für die Tourismusbranche; und Frédéric Borloz (fdp, VD) wollte eine Zusicherung, dass der Inländervorrang nach wie vor Geltung habe.

Am Nachmittag hielt die Bundespräsidentin ihre Erklärung dann auch im Ständerat ab. Nicht weniger als 20 Rednerinnen und Redner meldeten sich in der kleinen Kammer im Rahmen einer «Diskussion über die Erklärung» zu Wort. Pirmin Bischof (cvp, SO) äusserte seine Dankbarkeit, dass das Parlament nun gemeinsam mit dem Bundesrat, der «sehr gut, schnell und effizient gehandelt» habe, die politische Verantwortung wieder übernehmen könne. Ruedi Noser (fdp, ZH) stellte die These auf, dass die Politik in einen «Selbstschutzmodus» verfallen sei und die Illusion schaffe, dass der Staat für jeden Schaden aufkomme. Die Aufgabe der Politik sei es aber, «den Menschen ein gutes, möglichst selbstbestimmtes Leben in Freiheit, Wohlstand und Würde zu ermöglichen». Das bedeute aber auch, dass die Gesundheit nicht einziges Ziel staatlichen Handelns sein dürfe und dafür Freiheit, Wohlstand und Selbstbestimmung nicht geopfert werden dürfen. Das Prinzip «Politik senkt Todesraten, indem sie das Leben anhält» dürfe nicht weiter gelten. Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) erinnerte daran, dass die ärmsten der Gesellschaft nicht vernachlässigt werden dürften. Zudem habe die Krise gezeigt, dass ganz viel Solidarität herrsche, aber auch, dass das Gesundheitssystem gestärkt werden müsse. Insbesondere die Pflegeberufe müssten mehr Anerkennung erhalten. Hannes Germann (svp, SH) hob das Erfolgsmodell Schweiz hervor. Der Staat habe sich in der Krise als handlungsfähig erwiesen. Es gelte nun aber, den Ausstieg aus der Krise zu finden und dabei dieses Erfolgsmodell nicht zu gefährden. Das «gigantische Hilfspaket» schaffe Vertrauen und mache Mut. Es gelte aber, in dieser «Ausgabeneuphorie» Mass zu halten. Lisa Mazzone (gp, GE) sah im Umstand, dass man über die Begrenzung individueller Freiheiten schockiert gewesen sein, ein Zeichen dafür, wie wichtig diese fundamentalen Rechte für die Gesellschaft seien. Die Begrenzung sei aber gerechtfertigt gewesen, weil ein Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit habe gefunden werden müssen. Dass der Bundesrat dieses gefunden habe, zeige etwa auch der Umstand, dass er nicht wie in anderen Ländern den totalen Lockdown, sondern nur ein «semi-confinement» gewählt habe. Die Genfer Neo-Ständerätin wollte in den kommenden Beratungen vor allem auch an die kranken Personen denken – sie selber kenne etwa 20 Personen, die an Covid-19 erkrankt seien – und an jene Menschen, denen auch aufgrund der Krise extreme Armut drohe. Die Folgerednerinnen und -redner reihten sich in den Dank an den Bundesrat ein und gaben ihrer Freude Ausdruck, wieder tagen zu dürfen. Auch Alex Kuprecht (svp, SZ) attestierte der Regierung «Leadership». Hätte das Parlament in der Krise Entscheidungen treffen müssen, so wären, «da bin ich mir fast sicher, heute noch kein Darlehen durch Banken, kein Erwerbsersatz und keine Kurzarbeitsentschädigung geflossen». In den meisten Ausführungen wurde daran erinnert, dass jetzt grosse Aufgaben auf das Parlament zukämen, sowohl was die Fragen der Hilfsmassnahmen für die Wirtschaft, aber auch was institutionelle Fragen betreffe. So wies etwa Andrea Caroni (fdp, AR) darauf hin, dass die Bundesversammlung auf die Gesundheitskrise unzureichend vorbereitet gewesen sei. Das müsse sich ändern. «Der Hals-über-Kopf-Abbruch der Frühjahrssession» sei «ein Tiefpunkt in der Parlamentsgeschichte des Landes» gewesen, befand gar Paul Rechsteiner (sp, SG). Immerhin hätten 32 Mitglieder des Ständerats diese ausserordentliche Session verlangt, um den verfassungsmässigen Zustand wiederherzustellen. Nicht wenige Rednerinnen und Redner aus dem bürgerlichen Lager forderten den Bundesrat auch auf, die Massnahmen zu lockern und eine Rückkehr zur Normalität anzustreben.
Am Schluss nahm Bundespräsidentin Sommaruga noch einmal Stellung. Sie sei froh, dass die Kommissionen davon abgesehen hätten, selber Notrechtsverordnungen zu erlassen. Der Bundesrat habe von Beginn an einen Mittelweg gewählt, was nun in der Tat erste Lockerungen erlaube. Aber auch hier wolle man nichts überstürzen, um eine zweite Welle zu verhindern. Mit den Öffnungsschritten sollten vor allem auch Perspektiven geschaffen werden. Zudem gehe es darum, die Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Kantonen zu klären. Auch eine Neudefinition davon, was kritische Infrastruktur sei und wie diese aufrecht erhalten werden solle, sei nötig. Sommaruga sprach zudem von ihren Erfahrungen, die sie während der Krise «im internationalen Bereich» gemacht habe. In einer Krise schaue jeder für sich selber und auch mit Geld könne man daran nichts ändern. Wichtig seien deshalb gute Beziehungen und gute Kontakte vor allem zu den Nachbarstaaten. Zum Schluss wies die Bundespräsidentin darauf hin, dass alle Departemente und die Bundeskanzlei in der Krise viel Arbeit geleistet und sich dauernd mit grossen und komplexen Fragen beschäftigt hätten. Es sei für den Bundesrat eine enorme Belastung gewesen, die dank der Hilfe der Verwaltung habe getragen werden können. Der Bundesrat begrüsse schliesslich die anstehende und von vielen Rednerinnen und Rednern geforderte baldige Aufarbeitung der Situation.

Erklärung des Bundesrates zur Corona-Pandemie (BRG 20.208)

Nachdem der Kompromiss der Sozialpartner zur Reform der beruflichen Vorsorge im Juli 2019 anfänglich mehrheitlich auf zurückhaltendes Wohlwollen gestossen war, wurde die Kritik an den Reformplänen schon bald darauf immer lauter. So berichtete etwa der Tages-Anzeiger im September darüber, dass «namhafte Pensionskassenverantwortliche» den neu zu schaffenden Rentenzuschlag kritisierten. Da niemand den Kompromiss der Sozialpartner torpedieren wolle, sei diese Kritik nur hinter vorgehaltener Hand zu vernehmen, berichtete der Tages-Anzeiger weiter.
Dies änderte sich aber mit der Zeit deutlich: Immer häufiger berichteten die Medien über immer neue Kritikerinnen und Kritiker: Angefangen mit dem Verband Scienceindustries und dem Verband der Chemie- und Pharmaindustrie kamen bald diverse Branchenverbände des Arbeitgeberverbands sowie der Versicherungsverband hinzu. Ende März 2020 berichtete die NZZ, dass sich in der Zwischenzeit zahlreiche gewichtige Branchen des Arbeitsgeberverbandes gegen das Modell der Sozialpartner ausgesprochen hätten, darunter Verbände aus Chemie und Pharma, Banken, Detailhandel, Bau, Versicherungen, Gastgewerbe, Informatik und Telekommunikation sowie der Hotellerie. Gewichtige befürwortende Mitglieder des Arbeitgeberverbands machte die Zeitung nur noch im Verband der Maschinenindustrie Swissmem aus. Der Arbeitgeberverband verwies jedoch auch auf die Unterstützung verschiedener Mitgliederverbände aus dem Gewerbe, wenn auch deren Dachverband zu den grössten Kritikern gehörte und einen eigenen Vorschlag präsentiert hatte.

Im Zentrum der Kritik stand der Rentenzuschlag, den Mitglieder der Übergangsgeneration erhalten sollten, weil ihr Umwandlungssatz reduziert würde, sie aber nicht mehr genügend Zeit hätten, um zusätzliches Altersguthaben anzusparen. Einerseits wurde kritisiert, dass hier mit dem Umlageverfahren ein systemfremdes Element ins BVG-System eingefügt werde. Andererseits sei es nicht nötig, allen Versicherten diesen Rentenzuschlag auszubezahlen: Sowohl Versicherte in Pensionskassen, die ihre technischen Parameter bereits angepasst hätten und deren Versicherte entsprechend nicht mit Renteneinbussen rechnen müssten, als auch Personen mit hohen Einkommen, die diesen Zuschlag nicht nötig hätten, sollten davon ausgenommen werden. Ebenfalls diskutiert, wenn auch deutlich weniger hitzig, wurde über die Höhe des Koordinationsabzugs, dessen Reduktion verschiedene Gruppierungen als zu gross erachteten. Umstritten war in den Medien aber auch die Frage der tatsächlichen Höhe der Ersatzquote, also des Anteils des vorherigen Einkommens, den man nach der Pensionierung erhält. Die Bundesverfassung sieht vor, dass 1. und 2. Säule zusammen «die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise» ermöglichen sollen (Art. 113a BV). Dies wird gemeinhin als 60 Prozent des letzten Einkommens verstanden. Nun erklärte das Beratungsunternehmen C-Alm in einer Studie, dass man bei der Schaffung des BVG in den 1980er Jahren angenommen habe, dass die Verzinsung der Altersguthaben etwa dem prozentualen Lohnwachstum entsprechen würde; seither habe die Verzinsung das Lohnwachstum aber durchschnittlich um 1.2 Prozent übertroffen. Und selbst zukünftig würde eine im Vergleich zum Lohnwachstum um 0.7 Prozent höhere Verzinsung erwartet. Damit liege die Ersatzquote für die berufliche Vorsorge bei 41 Prozent und damit ebenfalls deutlich höher als vorgesehen. Zusammen mit der AHV-Rente komme man damit deutlich über 60 Prozent. Zudem sei die Kaufkraft der Renten heute höher und sie würden für einen um 30 Prozent längeren Zeitraum ausbezahlt als früher.
Diese positive Einschätzung der Rentensituation teilte der Pensionierungs-Barometer 2019, eine Studie des VZ Vermögenszentrums, nicht. Die Studie zeigte, dass sich die durchschnittliche Rente der 1. und 2. Säule eines 65-Jährigen mit einem Einkommen über CHF 100'000 bis 2018 im Vergleich zu 2002 deutlich verringert habe: 2002 habe sie 62 Prozent seines Einkommens betragen, 2018 nur noch 55 Prozent – und liege damit unter dem gemäss Ersatzquote nötigen Anteil von 60 Prozent. Diese Werte dürften sich weiter verschlechtern, betonten die Studienautoren. Zwar sei der Absolutbetrag der Renten dank dem AHV-Teuerungsausgleich leicht gestiegen, berücksichtige man aber den Teuerungsausgleich bei den Löhnen, erhalte man ein «klares Minus». Zukünftig würden die Renten vermutlich so stark sinken, dass man auch absolut weniger Rente erhalte als früher. Damit habe auch die AHV für die Rentnerinnen und Rentner an Bedeutung gewonnen: 2002 sei sie für ein Drittel der Gesamtrente verantwortlich gewesen, 2019 für die Hälfte.

Bei den Befürwortenden konzentrierten sich die Medien vor allem auf den Arbeitgeberverband, der sich vehement für das Sozialpartnermodell einsetzte; allen voran der Präsident des SAV, Valentin Vogt, verteidigte den Vorschlag in verschiedenen Zeitungsinterviews. Der SAV wehrte sich unter anderem gegen die oben genannte Studie von C-Alm, die den «Sozialpartnerkompromiss schlecht[rede]». C-Alm hatte die Kosten des Sozialpartnermodells jährlich auf CHF 3.25 Mrd. berechnet, während die Kosten der Modelle von Asip (CHF 2.1 Mrd.) und dem Gewerbeverband (CHF 1.3 Mrd.) deutlich tiefer zu liegen kamen. Diese Zahlen seien falsch, zumal die Studienautoren sich an den Zahlen der Altersvorsorge 2020 orientiert hätten, bei der es mehr Betroffene der Übergangsgeneration gegeben hätte als beim Sozialpartnerkompromiss, betonte der Arbeitgeberverband. Obwohl C-Alm diese Anschuldigung zurückwies, musste es seine Kostenschätzung für das Sozialpartnermodell gemäss dem Tages-Anzeiger kurze Zeit später auf CHF 3.05 Mrd. und damit auf dieselbe Zahl, die der Bundesrat zuvor angegeben hatte, reduzieren. Der Arbeitgeberverband hingegen ging für sein Modell weiterhin von Kosten in der Höhe von CHF 2.7 Mrd. aus, genauso hoch wie er auch die Kosten beim Asip-Modell schätzte. Denn auch die Rückstellungen der Pensionskasse, mit denen die Asip den Rentenzuschlag finanzieren wollte, müssten als Kosten ausgewiesen werden, begründete er die Differenz zu den CHF 2.1 Mrd., welche C-Alm für das Asip-Modell ausgewiesen hatte. Auch den Vorwurf der Medien, einzelner Parteien und unter anderem auch von SGK-NR-Präsidentin Ruth Humbel (cvp, AG), wonach kaum noch Mitglieder des Verbands hinter dessen Vorschlag stünden, wies der Arbeitgeberverband vehement zurück; ausser vier Mitgliederverbänden stehe die grosse Mehrheit der 95 Verbände hinter der Lösung. Die Tatsache, dass neben dem SAV vor allem linke Parteien und Gewerkschaften das Sozialpartnermodell öffentlich lobten, wertete die NZZ als Hinweis darauf, dass der Arbeitgeberverband den «Gewerkschaften auf den Leim gekrochen» sei.

Anfang Februar waren sich schliesslich die Medien grösstenteils einig, dass der Vorschlag der Sozialpartner, den der Bundesrat in der Zwischenzeit in die Vernehmlassung geschickt hatte, im Parlament kaum noch Chancen auf Erfolg haben werde: Die SVP hatte sich schon von Anfang an dagegen ausgesprochen, zumal das gemäss Fraktionspräsident Aeschi (svp, ZG) der Anfang der Verschmelzung von AHV und zweiter Säule wäre. In der Zwischenzeit hatte auch die FDP-Fraktion beschlossen, die Umlagekomponente im BVG abzulehnen, weil sie systemfremd sei. Den «Todesstoss», wie es die Sonntagszeitung formulierte, versetzte dem Sozialpartnermodell schliesslich die CVP Mitte Februar, als sich ihre Bundeshausfraktion gegen das Umlageverfahren in der 2. Säule aussprach. Somit blieben einzig noch die GLP, die das Umlageverfahren zwar nicht unterstützte, sich aber zur Schaffung einer mehrheitsfähigen Reform einer entsprechenden Diskussion nicht verschliessen wollte, sowie die linken Parteien offen für den Sozialpartnervorschlag. Damit hatte dieser noch vor Ende der Vernehmlassung die Mehrheit im Parlament verloren.

In der Zwischenzeit hatten nach dem Gewerbeverband und der Asip verschiedene Gruppierungen neue Modelle präsentiert. So taten sich der Baumeisterverband, die Swiss Retail Federation sowie der Verband «Arbeitgeber Banken», also Verbände aus dem Hoch- und Tieflohnbereich, zur Allianz des «vernünftigen Mittelwegs» zusammen. Die dem Arbeitgeberverband angehörenden Verbände schlugen ein neues Modell vor, das einen Umwandlungssatz von 6 Prozent und einen Rentenzuschlag beinhaltete, der jedoch von den Pensionskassen durch ihre Rückstellungen beglichen werden sollte. Der Koordinationsabzug sollte weniger stark gesenkt werden und die Jungen sollten bei entsprechendem Lohn bereits ab einem Alter von 20 Jahren mit der Einzahlung in die Pensionskasse beginnen.
Anfang Febraur 2020 schlug auch die CVP eine alternative Finanzierung für den Rentenzuschlag vor, nämlich durch Reserven des Bundes oder durch ausserordentliche Gewinne der SNB. Letzterer Vorschlag fand einigen Anklang, zumal er zuvor bereits von verschiedenen Seiten angetönt worden war. Gleichzeitig würde er jedoch mit ähnlichen Forderungen für die AHV kollidieren (etwa mit den Initiativen des SGB für eine 13. AHV-Rente oder des Bunds der Steuerzahler) oder mit einer Motion von Alfred Heer (svp, ZH; Mo. 18.4327). Kritisch zeigte sich unter anderem Hans-Ulrich Bigler gegenüber diesem Vorschlag, da dieser die Unabhängigkeit der SNB in Frage stelle. Alex Kuprecht (svp, SZ) schlug hingegen vor, dass die SNB zumindest ihre durch die Negativzinsen entstandenen Gewinne auf die Altersguthaben zurückzahlen könne und sie dies am besten gleich selber vorschlagen solle.
Auch die bürgerlichen Jungparteien der BDP, CVP, EVP, FDP, GLP und SVP beteiligten sich mit einem eigenen Modell an der Ideensammlung. Demnach solle der Umwandlungssatz gesenkt und gleichzeitig an die Lebenserwartung und Renditeerwartungen geknüpft werden. Der Rentenzuschlag solle durch eine einmalige Erhöhung des Altersguthabens der Übergangsgeneration durch den Bund kompensiert werden. Das fixe Rentenalter solle abgeschafft und stattdessen entsprechend einer Motion der BDP an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Der Koordinationsabzug solle gestrichen, das Pensionskasseneintrittsalter auf 18 Jahre gesenkt und die Altersgutschriften für alle Altersstufen vereinheitlicht werden.

Diese Modelle kritisierte wiederum der Arbeitgeberverband: Sie alle erfüllten die Anforderungen des Bundesrates, wonach es nicht zu Renteneinbussen kommen dürfe, nicht, sagte Martin Kaiser, Leiter Sozialpolitik beim Arbeitgeberverband. Einzig das Sozialpartnermodell stelle dies sicher. Die Kritik, wonach vom Rentenzuschlag auch Personen profitierten, die diesen aufgrund ihrer hohen Einkommen gar nicht nötig hätten, konterte er damit, dass nur Personen, die mindestens die Hälfte des Guthabens in Rentenform beziehen, diesen Zuschlag erhalten sollten – was implizit vor allem die weniger einkommensstarken Personen betreffe.

Reform der Beruflichen Vorsorge (BVG 21; BRG 20.089)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

In der Wintersession 2019 setzte sich der Ständerat mit den Überbrückungsleistungen (ÜL) für ältere Arbeitslose auseinander. Josef Dittli (fdp, UR) präsentierte die Vorlage und erläuterte die Position der Kommissionsmehrheit, die auf Eintreten plädierte. Er erklärte, Überbrückungsleistungen sollten wie die Ergänzungsleistungen der Differenz zwischen den anerkannten Ausgaben und den anrechenbaren Einnahmen entsprechen – jedoch mit kleineren Änderungen. Die Kosten schätzte er bei jährlich etwa 4'400 Personen auf CHF 230 Mio. ab dem Jahr 2030, wenn sich die Zahlen eingependelt hätten. Hinzu kämen die Kosten für die Förderung der Wiedereingliederung älterer einheimischer Arbeitskräfte in der Höhe von CHF 210 Mio. für die drei Jahre, die die entsprechenden Massnahmen dauern sollten.
Alex Kuprecht (svp, SZ) kritisierte als Sprecher der Kommissionsminderheit, welche Nichteintreten auf die Vorlage empfahl, eine ganze Reihe an Aspekten der neuen Überbrückungsleistungen. Einerseits sei die Höhe von maximal CHF 4'862 im Monat für Alleinstehende und maximal CHF 7'294 im Monat für Ehepaare sowie die zahlreichen von der ÜL übernommenen Kosten zu hoch. Dann stellte er die Schätzungen der Verwaltung zur Anzahl Bezügerinnen und Bezüger in Frage; diese träfen nur bei Vollbeschäftigung zu. Bei einer Rezession könnten hingegen gegen 10'000 Personen ein Anrecht auf ÜL haben und die Kosten der Massnahme entsprechend stark steigen, wie es auch im Kanton Waadt – dessen Modell unter anderem als Vorbild der Massnahme dient – geschehen sei. Kosten in der Höhe von CHF 500 Mio. jährlich seien «nicht unrealistisch», wodurch «drastische Sparmassnahmen oder Entlastungsprogramme, wie wir sie alle kennen, [...] wohl unausweichlich sein [werden]». Die Überbrückungsleistungen kämen weiter einer frühzeitigen Pensionierung für gewisse Personen gleich, womit falsche Anreize gesetzt würden. Stattdessen sollten die Arbeitslosen wieder in den Arbeitsprozess integriert werden. Als letzten Punkt kritisierte er das eigentliche Ziel, das mit dieser Regelung verfolgt werde, nämlich den Kampf gegen die Begrenzungsinitiative oder gar für das institutionelle Rahmenabkommen.
Nach einer längeren Debatte schritt die kleine Kammer zur Abstimmung und sprach sich mit 31 zu 14 Stimmen (ohne Enthaltungen) für Eintreten aus. In der Detailberatung änderte der Ständerat den bundesrätlichen Vorschlag an einigen, teilweise sehr gewichtigen Stellen. So folgte er einem mehrere Aspekte umfassenden Konzeptantrag Noser (fdp, ZH). Dieser störte sich daran, dass 62-Jährige besser fahren würden, wenn sie arbeitslos würden und dann ÜL bezögen, als wenn sie sich mit 62 Jahren frühpensionieren liessen. Er beantragte deshalb, den ÜL-Bezug nur bis zum Erreichen des Frühpensionierungsalters zuzulassen. Kommissionssprecher Dittli kritisierte diesen Vorschlag im Namen der Kommission, weil die Betroffenen dadurch ihr Vorsorgevermögen anzapfen und allenfalls später EL beziehen müssten. Knapp sprach sich der Ständerat aber mit 23 zu 21 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für den Antrag Noser aus.
In einem weiteren Konzeptantrag, dem zweiten Teil seines ersten Antrags, wie Ruedi Noser erklärte, wollte Noser das Leistungsniveau zwischen ÜL und Frühpensionierung angleichen und entsprechend den ausbezahlten Betrag von CHF 58'350 (Alleinstehende) respektive CHF 87'525 (Ehepaare) auf CHF 38'900 (Alleinstehende) respektive CHF 58'350 (Ehepaare) reduzieren, gleichzeitig aber auch die die Besteuerung der Leistungen aufheben. Obwohl sich zahlreiche Sprechende gegen diese Änderung aussprachen und auf die «Logik» (Rechsteiner) hinter den Überlegungen des Bundesrates hinwiesen, nahm der Ständerat auch diese Änderung mit 24 zu 19 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an.
Ansonsten brachte der Ständerat nur noch kleinere Änderung an der bundesrätlichen Version an. Unter anderem schuf er eine jährliche Nachweispflicht für Bemühungen um die Integration in den Arbeitsmarkt, eine Evaluationsbestimmung, gemäss der der Bundesrat fünf Jahre nach Inkrafttreten dem Parlament Bericht über Umsetzung und Wirksamkeit des Gesetzes erstatten muss, sowie eine auf drei Jahre begrenzte Zusatzfinanzierung in der Höhe von jährlich CHF 69.5 Mio. zur Förderung der Wiedereingliederung inländischer Arbeitskräfte.
Mit 36 zu 7 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) respektive 38 zu 5 Stimmen (bei 1 Enthaltung) löste der Ständerat die Ausgabenbremse für die ÜL sowie die Zusatzfinanzierung für die Wiedereingliederung gegen den Willen der SVP-Fraktion und stimmte der Vorlage mit 33 zu 11 Stimmen zu. Die Überbrückungsleistungen in dieser Form trafen nicht nur bei den SVP-Mitgliedern, sondern auch bei mehreren CVP- und einem FDP-Mitglied auf Widerstand.

Überbrückungsleistung für ältere Arbeitslose (BRG 19.051)
Dossier: Ältere Arbeitnehmende

Auch im Ständerat traf die Motion der SGK-NR für eine teilweise Übernahme der Kosten von betreutem Wohnen durch die Ergänzungsleistungen zur AHV auf keinen Widerstand. Für die Kommission erläuterte Alex Kuprecht (svp, SZ) die Entstehungsgeschichte der Motion: Eine solche Regelung habe im Rahmen der EL-Revision aufgenommen werden sollen, man habe jedoch auf eine Aufnahme ohne sorgfältige Prüfung und Vernehmlassung verzichtet und stattdessen die Kommissionsmotion eingereicht. Stillschweigend sprach sich nun auch der Ständerat als Zweitrat dafür aus, dass der Bundesrat eine entsprechende Regelung umsetzen solle.

Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen

Nachdem 19 der 22 neuen Ständeratsmitglieder vereidigt worden waren, schritt die kleine Kammer zur Wahl des Büros 2019/20. Normalerweise übernimmt der oder die noch amtierende Präsident oder Präsidentin des Ständerats die Leitung der Wahl des neuen Präsidiums. Da René Fournier (cvp, VS) aber bei den eidgenössischen Wahlen nicht mehr angetreten war, übernahm zuerst der amtierende zweite Vizepräsident, Alex Kuprecht (svp, SZ), die Organisation der Wahl des amtierenden ersten Vizepräsidenten, Hans Stöckli (sp, BE), zur Wahl des neuen Präsidenten.
Stöckli, dessen Name auf 39 der 43 ausgeteilten Wahlzettel stand (2 leer, 2 Diverse), erinnerte in seiner Rede daran, dass ursprünglich nicht er für das Amt vorgesehen gewesen sei, sondern Géraldine Savary (sp, VD), die aber aus der Politik zurückgetreten war. Seit 30 Jahren in der Politik, sei der Entscheid, erneut zu kandidieren, für ihn und sein familiäres Umfeld nicht leicht gewesen – so der ehemalige Stadtpräsident von Biel. Heiterkeit löste der neue Präsident aus, als er berichtete, dass er als Studierender der Rechtswissenschaften einst einen Artikel zur Abschaffung des Ständerats geschrieben habe, weil er überzeugt gewesen sei, dass die kleine Kammer den bürgerlichen Parteien als «Notbremse gegen den Fortschritt» diene. Zu Beginn des Bundesstaates habe der Ständerat als altbacken und bedeutungslos gegolten, der Nationalrat hingegen als progressiv und bedeutend. «Wichtige Männer» hätten damals lieber im National- als im Ständerat gesessen. Die Zeiten hätten sich geändert und auch er, Stöckli, habe mit der Zeit verstanden, wie wichtig der Ständerat sei. Daran gedacht, dass er ihn einst präsidieren werde, habe er aber natürlich nie. Er werde sein Präsidialjahr nutzen, um die Mehrsprachigkeit und die politische Bildung zu fördern und die Identität des Ständerats weiter zu stärken.
Nach einem musikalischen Intermezzo schritt Stöckli zur Wahl der restlichen Mitglieder des Büros. Zum ersten Vizepräsidenten wurde Alex Kuprecht gewählt. Er erhielt 42 Stimmen, wobei einer aus 43 eingelangten Wahlzetteln leer geblieben war. Dasselbe Resultat galt auch für Thomas Hefti (fdp, GL), der zum zweiten Vizepräsidenten aufstieg. Brigitte Häberli-Koller (cvp, TG) wurde mit 40 Stimmen zur Stimmenzählerin (2 Diverse, 1 leer) und Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) mit 39 Stimmen (4 leere) zur Ersatzstimmenzählerin gekürt.
Da die Grünen im Ständerat neu mit 5 Mitgliedern vertreten waren und damit eine Gruppe bildeten, hatten sie laut Geschäftsreglement des Ständerats Anrecht auf einen Sitz im Büro. Somit musste ein weiteres Mitglied des Büros gewählt werden. Mit Lisa Mazzone (gp, GE), die 38 Stimmen erhielt (4 leere und 1 ungültiger Wahlzettel), wurde zum ersten Mal überhaupt ein Grünes Parlamentsmitglied in das Büro-SR gewählt.

Wahl ins Ständeratspräsidium 2019/20
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Im Vorfeld der Ständeratswahlen 2019 im Kanton Schwyz hatte die kantonale SVP einen gewichtigen Rücktritt zu vermelden. Peter Föhn stellte sich nach 16 Jahren im Nationalrat und zuletzt acht Jahren im Ständerat nicht mehr für eine Wiederwahl zur Verfügung. Sein Amtskollege während der letzten acht Jahre, Alex Kuprecht (svp), wollte es hingegen noch einmal wissen und kandidierte für eine fünfte Legislatur im Ständerat. Um den freigewordenen Sitz von Föhn zu verteidigen, schickte die SVP den langjährigen Nationalrat Pirmin Schwander ins Rennen. Schwander geriet vor einigen Jahren in die nationalen Schlagzeilen, als die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern ein Verfahren wegen angeblicher Beihilfe zu Kindsentführung gegen ihn eröffnete. Nach dreijährigen Ermittlungen entlastete ihn die Staatsanwaltschaft im Sommer 2019. Auch gegen einen seiner Herausforderer, den Schwyzer Regierungsrat Othmar Reichmuth (cvp), war im Wahljahr noch ein Verfahren hängig. Die Staatsanwaltschaft Schwyz ermittelte gegen den Schwyzer Baudirektor Reichmuth im Zusammenhang mit einer potentiell illegalen Entsorgungsaktion von kontaminiertem Bauschlamm. Die Ermittlungen waren bis zu den Wahlen noch nicht abgeschlossen. Nichtsdestotrotz wurde Reichmuth von seiner Partei als Ständeratskandidat nominiert. Nach achtjähriger Absenz hofften die Christdemokraten mit ihm auf eine Rückkehr ins «Stöckli». Die FDP hatte schon seit 16 Jahren keinen Schwyzer Ständerat mehr gestellt, doch auch sie peilte einen Sitz in der kleinen Kammer an. Für die Freisinnigen kandidierte der kantonale Finanzdirektor Kaspar Michel. Auch die vierte grosse Partei im Kanton, die SP, stellte einen Kandidaten – den ehemaligen Küssnachter Bezirksammann Michael Fuchs. Neben Fuchs setzten die Sozialdemokraten auch Othmar Reichmuth auf ihre Ständeratsliste. Damit wollten sie die Chancen erhöhen, dass Schwyz in der nächsten Legislatur einen Ständerat aus einer anderen Partei als der SVP und der FDP stellt. Das Kandidatenfeld wurde durch die parteilose polnische Auslandsschweizerin Honorata Züger komplettiert. Trotz der spannenden Ausgangslage verlief der Wahlkampf wenig lebhaft.

Am Wahlsonntag schwang der bisherige Ständerat Alex Kuprecht obenaus. Er holte 24'695 Stimmen, übertraf knapp das absolute Mehr von 24'135 und konnte deshalb schon nach dem ersten Wahlgang seine Wiederwahl feiern. Dahinter blieb es spannend. Kuprechts Parteikollege Schwander holte am zweitmeisten Stimmen (21'340), lag damit aber nicht einmal 100 Stimmen vor Othmar Reichmuth, dem ein überraschend gutes Ergebnis gelang – wohl auch wegen der zusätzlichen Stimmen durch die SP-Wählenden. An vierter Stelle reihte sich Kaspar Michel ein (15'379). Michael Fuchs kam immerhin noch auf 11'672 Stimmen. Abgeschlagen auf dem letzten Platz landete Honorata Züger (1'226 Stimmen).
Da neben Kuprecht keiner der Kandidierenden das absolute Mehr erreichte, musste ein zweiter Wahlgang entscheiden. Sowohl Michel als auch Fuchs verzichteten auf eine Teilnahme am zweiten Wahlgang. Während die FDP in der Folge Stimmfreigabe beschloss, unterstützte die SP weiterhin Othmar Reichmuth. Diese Strategie sollte sich schlussendlich auszahlen. Reichmuth entschied die Stichwahl im zweiten Wahlgang nämlich für sich. Er holte 23'359 Stimmen und distanzierte Schwander damit um rund 2'000 Stimmen. Züger (870 Stimmen) blieb erneut chancenlos. Die CVP knöpfte damit der SVP also einen Sitz ab und schickt erstmals seit 2011 wieder einen Ständeratsvertreter nach Bundesbern.

Ständeratswahlen 2019 – Schwyz
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2019 (nach Kantonen)
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Im Juni 2019 reichte Alex Kuprecht (svp, SZ) eine Motion ein, die zum Ziel hatte, dem Parlament die Kontrolle über die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) zu übertragen und die Weisungen der Kommission jeweils vorgängig vom BJ oder dem BSV auf ihre Gesetzeskonformität überprüfen zu lassen. Hintergrund der Vorlage war vermutlich – zumindest war dies der Ausgangspunkt von Kuprechts entsprechender Interpellation (Ip. 18.4166) – die Weisung der OAK BV, mit der sie auf mehr Transparenz bei den Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen hinzuwirken versuchte. Es könne nicht sein, dass die Kommission nicht überwacht oder sanktioniert werden könne, wie es der Bundesrat als Antwort auf seine Interpellation erklärt habe, und gleichzeitig unklar sei, welche rechtlichen Wirkungen ihre Weisungen hätten, wie das Postulat Ettlin (cvp, OW; Po. 16.3733) ergeben habe. Es müsse daher eine Kontrollinstanz geschaffen werden, wodurch sich Rechtsunsicherheiten beseitigen liessen. Dieser Einschätzung widersprach der Bundesrat: Bereits heute könnten die GPK-NR oder die GPK-SR die Tätigkeiten der OAK BV überprüfen – was die nationalrätliche Geschäftsprüfungskommission überdies 2012 bereits getan habe. Die Kommission führe darüber hinaus auch Anhörungen zu den Weisungsentwürfen durch, zudem könnten ihre Weisungen auch vor Gericht angefochten werden. Da die Unabhängigkeit der Kommission vom Gesetzgeber gewollt sei, wie eine Anfrage von Daniel Fässler (cvp, AI; Frage 14.1070) gezeigt habe, sei auch eine vorgängige Prüfung ihrer Weisungen nicht opportun, erklärte der Bundesrat weiter. Folglich empfahl er den Vorstoss zur Ablehnung.
In der Herbstsession 2019 behandelte der Ständerat die Motion. Dabei meldeten sich mit Motionär Kuprecht, Erich Ettlin und Daniel Fässler, der in der Zwischenzeit ebenfalls in den Ständerat gewählt worden war, die Urheber der verschiedenen Vorstösse zu diesem Thema zu Wort, um ihre Unterstützung des Vorhabens kundzutun. In der Folge verdeutlichte Bundesrat Berset noch einmal die Problematik der früheren und nun womöglich erneut angestrebten Lösung: Damals sei das BSV sowohl oberste Aufsichtsinstanz als auch direkte Aufsichtsbehörde für national tätige Pensionskassen gewesen. Damit die Aufsichtsbehörde objektiv arbeiten könne, müsse sie aber unabhängig sein. Durch die Motion Kuprecht würde die Aufsicht nun aber wieder politisiert, wofür der Bundesrat keinen Grund sehe. Dies sah der Ständerat offensichtlich anders und nahm die Motion mit 22 zu 14 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an.

Gesetzesgrundlage zur Kontrolle der Oberaufsichtskommission über die berufliche Vorsorge (Mo. 19.3600)

Anders als der Nationalrat, der die Motion Heim (sp, SO) für eine Vergütungspflicht für im Ausland eingekaufte medizinische Mittel und Gegenstände angenommen hatte, um den Bundesrat zum Handeln zu bewegen, entschied sich der Ständerat in der Herbstsession 2019 stillschweigend, die Ergebnisse des Bundesrats abzuwarten. Einen Überblick über die Bemühungen des Bundesrates lieferte Kommissionssprecher Kuprecht (svp, SZ): Nach seinem Beschluss zur Revision der MiGeL 2015 habe der Bundesrat bis Ende 2017 die umsatzstärksten Produktegruppen «Verband», «Diabetes» und «Inkontinenzmaterial» überprüft und dabei auch eine teilweise Lockerung des Territorialprinzips, wie sie von der Motion gefordert wurde, diskutiert. Die entsprechenden Ergebnisse seien auf Ende 2019 zu erwarten. Zudem werde die Frage der teilweisen Lockerung des Territorialprinzips vermutlich auch ins erste oder zweite Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen aufgenommen. Die Motion solle daher nicht parallel zu diesen Prozessen behandelt werden, hatte die SGK-SR folglich mit 7 zu 0 Stimmen bei 5 Enthaltungen bereits im August 2019 empfohlen.

Vergütungspflicht der Krankenkassen für im Ausland eingekaufte medizinische Mittel und Gegenstände (Mo. 16.3169)
Dossier: Änderungsvorschläge zur Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL)

In seiner Beratung der Weiterentwicklung der IV schuf der Ständerat in der Herbstsession 2019 gemessen an der Grösse des Projekts nur wenige, jedoch sehr gewichtige Differenzen zum Nationalrat. So entschied er sich, die Kinderrenten nicht von 40 auf 30 Prozent zu kürzen. Der Nationalrat habe sicherstellen wollen, dass Personen, die eine IV-Rente beziehen, nicht bessergestellt würden als Personen, die keine IV-Rente beziehen, hatte Kommissionssprecher Eder (fdp, ZG) zuvor erklärt. Nun habe eine Abklärung der finanziellen Verhältnisse aber ergeben, dass Familien mit Kinderrenten und Ergänzungsleistungen in allen berechneten Konstellationen weniger Einkommen zur Verfügung hätten als vergleichbare Familien ohne Kinderrenten und EL. Entsprechend sei eine Reduktion der Kinderrenten «nicht angebracht». Im Rahmen dieses Entscheids hatte die SGK-SR auch die Petition Bonvin (Pe. 19.2013) zur Kenntnis genommen. Gleichzeitig verzichtete die kleine Kammer auf die Begriffsänderung von «Kinderrenten» zu «Zulage für Eltern». Zwar habe ein Bericht der Verwaltung gezeigt, dass «Zulage für Eltern» die passendere Bezeichnung sei, eine entsprechende Umstellung würde aber beträchtlichen administrativen Aufwand mit sich bringen, so der Kommissionssprecher.
Eine weitere Änderung gegenüber der nationalrätlichen Version nahm der Ständerat aufgrund eines Änderungsantrags des Bundesrates vor. So sollte gemäss IVG das BSV in einer IV-Arzneimittelliste auch die Höchstpreise einzelner Arzneimittel festlegen. Entsprechend der aktuellen Regelungen träfen heute jedoch sowohl das BSV als auch das BAG Abklärungen zu den Medikamentenkosten, die überdies aufgrund von Behandlungskosten von bis zu einer Million Franken pro Jahr und Kind auch immer aufwändiger würden, hatte der Bundesrat brieflich erklärt. In Zukunft solle hierfür ein Kompetenzzentrum geschaffen werden und die Zuständigkeit für die IV-Arzneimittel folglich entweder dem BSV oder dem BAG übertragen werden. Da bisher das BSV von der IV Rückvergütungen für solche Abklärungen erhalten habe, müsse sichergestellt werden, dass diese allenfalls zukünftig auch das BAG erhalten könne. Stillschweigend nahm der Ständerat die entsprechenden Änderungen an.
Darüber hinaus schuf der Ständerat einige weitere kleinere Differenzen: Er entschied sich, die vom Nationalrat vorgeschlagene Liste mit allen Sachverständigen und Gutachterstellen der Versicherungsträger statt im ATSG im IVG aufzuführen, so dass davon nur die IV betroffen ist. Im Gegenzug sollte die Liste zukünftig aber trotz Kritik des Bundesrates und des Bundesgerichts auch die Anzahl der durch die verschiedenen Gutachter attestierten Arbeitsunfähigkeiten enthalten. Die Protokollierung der Gutachten, die ebenfalls der Nationalrat eingeführt hatte, änderte der Ständerat in eine kostengünstigere Pflicht, die Tonaufnahmen zwischen den Versicherten und den Sachverständigen in die Akten aufzunehmen. Alex Kuprecht (svp, SZ) hatte auf eine entsprechende Pflicht zur Protokollierung oder zu Tonaufnahmen verzichten wollen, um eine «Verrechtlichung der medizinischen Untersuchungen» zu verhindern. Mit 34 zu 8 Stimmen folgte der Ständerat jedoch der Kommissionsmehrheit. Des Weiteren schuf der Ständerat eine Möglichkeit, Forderungen nach allfälligen nichtkostendeckenden IV-Tarifen Nachdruck verleihen zu können. Dies hatten indirekt vier Standesinitiativen gefordert. So soll das EDI neu für den Festsetzungsentscheid zuständig sein. Es kann Verträge zur Regelung der Zusammenarbeit mit Personen und Stellen, welche Abklärungs- oder Eingliederungsmassnahmen durchführen, abschliessen. Kommen keine solchen Verträge zustande, soll es zukünftig anfechtbare Verfügungen zur Regelung der Zusammenarbeit und der Tarife erstellen, bestehende Verträge allenfalls um ein Jahr verlängern und anschliessend die Tarife selbst festlegen können.
In den restlichen Punkten folgte der Ständerat dem Nationalrat. So sprach er sich ebenfalls für das stufenlose Rentensystem aus. Kommissionssprecher Eder argumentierte, dass finanzielle Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder die Erhöhung des Arbeitspensums geschaffen würden, wenn das Gesamteinkommen aus Rente und Erwerbseinkommen bei steigendem Erwerbseinkommen stetig zunehme. Für Personen über 55 Jahren – der Bundesrat und der Nationalrat hatten hier eine Grenze von 60 Jahren vorgeschlagen, der Ständerat zog jedoch eine Grenze von 55 Jahren vor – sollen die bisherigen Renten jedoch bestehen bleiben. Damit lehnte der Rat sowohl eine Minderheit Kuprecht, die volle Invalidenrenten erst ab einem Invaliditätsgrad von 80 Prozent sprechen wollte, sowie eine Minderheit Rechsteiner, die auf den Systemwechsel verzichten wollte, da dieser zwar für das System, nicht aber für die einzelnen Versicherten kostenneutral sei, ab. Entgegen einem weiteren Antrag Rechsteiner verzichtete der Ständerat schliesslich auch darauf, die Zinsen der IV-Schulden bis zu deren vollständiger Entschuldung dem Bund zu übertragen.
Insgesamt stimmte die kleine Kammer der Vorlage mit 37 Stimmen bei 4 Enthaltungen ohne Gegenstimmen zu.

Weiterentwicklung der IV (BRG 17.022)
Dossier: Weiterentwicklung der IV (2015-2020) und die dazu führenden Vorstösse

Wie bereits in ihrer ersten Stellungnahme zur parlamentarischen Initiative Kuprecht (svp, SZ) zur Stärkung der Autonomie der kantonalen und regionalen Stiftungsaufsichten über das BVG verwies die SGK-NR auch in ihrem Kommissionsbericht vom Mai 2019 auf die Bundesratsvorlage, die im Sommer 2019 ins Parlament kommen soll. Die Ausgangslage habe sich im Vergleich zum Mai 2017 nicht verändert, erklärte die Kommission und beantragte mit 20 zu 2 Stimmen, im Gegensatz zum Ständerat der Initiative keine Folge zu geben. Trotz eines Antrags Gmür-Schönenberger (cvp, LU) auf Folgegeben, der von einer Mehrheit der CVP-, einer Minderheit der SVP-Fraktion sowie von einzelnen Mitgliedern der anderen Fraktionen unterstützt wurde, befürwortete der Nationalrat den Kommissionsantrag in der Sommersession 2019 mit 143 zu 43 Stimmen und verwarf die parlamentarische Initiative.

Stärkung der Kantonsautonomie bei den regionalen Stiftungsaufsichten über das BVG

In der Ständeratsdebatte im Frühjahr 2019 beantragte die SGK-SR die Ablehnung der Motion Brand (svp, GR) zur Eindämmung des Kostenwachstums in der OKP. Zwar bestünden inhaltlich keine Differenzen, da die Motion aber mit dem ersten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung, das sich in der Vernehmlassung befinde, bereits umgesetzt worden sei, solle sie abgelehnt werden, erklärte Alex Kuprecht (svp, SZ) dem Ständerat. Gesundheitsminister Berset widersprach dieser Argumentation nicht und die kleine Kammer lehnte die Motion stillschweigend ab.

KVG. Keine Tarifverträge ohne Kosteneindämmungselement (Mo. 18.3305)

Auf Antrag seiner SGK lehnte der Ständerat die Motion Brand zur Einführung einer Innovationsbestimmung im KVG in der Frühjahrssession 2019 stillschweigend ab. Alex Kuprecht (svp, SZ) argumentierte für die Kommission, dass bereits ein Experimentierartikel Eingang in das erste Massnahmenpaket zur Kostendämpfung gefunden habe und daher dem Bundesrat kein zusätzlicher entsprechender Auftrag erteilt werden solle. Mit derselben Begründung sei auch schon die Motion Humbel (cvp, AG; Mo. 17.3827) abgelehnt worden, betonte Kuprecht.

Einführung einer Innovationsbestimmung im Krankenversicherungsgesetz

Das in der NZZ prominent platzierte, aber auch von anderen Medien aufgenommene Parlamentarierrating 2018, das von der Forschungsstelle Sotomo aufgrund des Abstimmungsverhaltens im National- und Ständerat berechnet wird, zeigte seit der letzten Ausgabe 2017 nur wenig Veränderungen hinsichtlich Positionierung der Parteien. Noch immer war eine deutliche Trennung der einzelnen Fraktionen im Nationalrat zu beobachten, mit Ausnahme der SP und der Grünen sowie der CVP und der BDP, bei denen sich die Positionierungen einzelner Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf einer Skala von -10 (ganz links) und +10 (ganz rechts) teilweise überlappten. Die Extrempole des Nationalrats wurden von Fraktionsmitgliedern der SP- bzw. der SVP eingenommen: Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) sowie Luzi Stamm (svp, AG; 10.0) und Toni Brunner (svp, SG; 10.0) besetzten die Skalengrenzen. Das Spektrum der SP-Fraktion reichte von dieser Extremposition bis -8.5. Dieser «rechte Flügel» der Sozialdemokraten wurde vom neu in den Nationalrat nachgerückten Adrian Wüthrich (sp, BE) besetzt. Die Spannweite der Grünen reichte von -9.5 (Regula Rytz; gp, BE) bis -8.6 (Bastien Girod; gp, ZH). Im Schnitt waren die Mitglieder der SP-Fraktion erneut etwas linker positioniert als jene der GP-Fraktion. Das war zwischen 1995 und 2011 umgekehrt. Zwischen dem links-grünen Pol und der Mitte tat sich eine ziemliche Lücke auf. Die beiden der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder Marianne Streiff-Feller (evp, BE) und Niklaus Gugger (evp, ZH), der Ende 2017 in den Nationalrat nachgerutscht war, waren mit ihren Werten von -4.1 bzw. -3.7 zwar deutlich am linken Fraktionsrand angesiedelt, damit aber noch immer mehr als vier Skalenpunkte von SP und GP entfernt positioniert. Immer noch links der Mitte reihte sich anschliessend die GLP-Fraktion ein, die sich erneut als sehr homogen präsentierte (-3.3 bis -3.0). Die CVP- und die BDP-Fraktion überlappten sich ebenfalls. Bei beiden kam dabei der rechte Rand genau bei der Position 0 zu liegen; bei der BDP wurde dieser von Hans Grunder (bdp, BE) und bei der CVP von Daniel Fässler (cvp, AI), Gerhard Pfister (cvp, ZG) und Fabio Regazzi (cvp, TI) besetzt. Den linken Rand besetzten bei der CVP Kathy Riklin (cvp, ZH: -1.5) und bei der BDP Rosmarie Quadranti (bdp, ZH: -1.9). Auch auf der rechten Ratsseite klaffte eine Lücke. Der Abstand zwischen der FDP, deren Spektrum sich zwischen 1.0 (Christa Markwalder; fdp, BE) und 3.4 (Walter Müller; fdp, SG) aufspannte und der SVP, deren linker Pol bei 7.4 zu liegen kam (Jean-Pierre Grin, svp, VD) betrug ebenfalls 4 Skalenpunkte.

In der NZZ wurden auch die Positionen einzelner Parlamentsmitglieder diskutiert, die sich über die Jahre stark verändert hatten. So hatte etwa Thomas Müller (svp, SG) laut der Auswertung einen Sprung auf der Skala von 1.5 nach 9.5. gemacht. Müller war 2006 als CVP-Politiker gewählt worden und hatte 2011 in die SVP gewechselt, wo er dann mit den Jahren einen eigentlichen Rechtsrutsch vollzog. Die Gegenrichtung hatte Gerhard Pfister eingenommen, der von einer rechten Position (4.0) genau in die Mitte (0) gerückt war. Dies sei erst nach seiner Übernahme des CVP-Präsidiums passiert, was belege, so die NZZ, dass Pfister die CVP nicht nach rechts gezogen, sondern den rechten Flügel in die Partei integriert habe.

Im Ständerat waren die Lücken zwischen den Fraktionen geringer. Zwischen dem am weitesten «rechts» stehenden SP-Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH: -5.6) und der am weitesten «links» positionierten CVP-Ständerätin Anne Seydoux-Christe (JU) lagen knapp 2 Skalenpunkte. Mit Raphaël Comte (fdp, NE) fand sich gar ein FDP-Ständerat an dieser Position (-3.8). Allerdings war Comte damit relativ weit von seiner restlichen Ständeratsfraktion entfernt, bei der Philipp Müller (fdp, AG) bei 3.6 den rechten Rand einnahm. Auch hier war der Skalenabstand zur SVP, deren Spektrum sich zwischen den beiden Schwyzer Ständeräten, Alex Kuprecht (6.9) und Peter Föhn (10.0) erstreckte, mit 3.3 Punkten kleiner als im Nationalrat.

Nationalratsrating

Zum Abschluss seiner politischen Karriere wurde Jean-René Fournier (cvp, VS) ins Ständeratspräsidium gewählt. 1985 war er ins Walliser Parlament gewählt worden. Ab 1997 gehörte er der Kantonsregierung an, wo er auch noch zwei Jahre verblieb, nachdem er 2007 in den Ständerat gewählt worden war. Zum vierten Mal in der Geschichte des Bundesstaates präsidierte damit ein Walliser die kleine Kammer. Fournier erhielt 41 von 42 gültigen Stimmen, zwei der 45 ausgeteilten Wahlzettel blieben leer und auf einem stand ein anderer Name. Die scheidende Präsidentin, Karin Keller-Sutter (fdp, SG), dankte ihrem Nachfolger für die gute Zusammenarbeit. In seiner Rede gab Fournier den Dank zurück und lobte die St. Gallerin für ihre effiziente Arbeit und wünschte ihr – im Hinblick auf die anstehende Wahl in den Bundesrat – Glück für ihre weitere Arbeit.
Zum ersten Vizepräsidenten und damit zum voraussichtlichen Nachfolger Fourniers wurde Hans Stöckli (sp, BE) bestimmt. Der Bieler erhielt 34 von 40 gültigen Stimmen. Von den 43 ausgeteilten Wahlzetteln kamen 2 leer und einer ungültig zurück. Auf 6 Bulletins standen andere Namen. Als amtierende zweite Vizepräsidentin wäre eigentlich Géraldine Savary (sp, VD) für das erste Vizepräsidium an der Reihe gewesen. Da sie aber angekündigt hatte, bei den Wahlen 2019 nicht mehr anzutreten, kam Stöckli zum Handkuss, was die für ständerätliche Verhältnisse doch recht bescheidene Stimmenzahl zu erklären vermag. Zum zweiten Vizepräsidenten wurde Alex Kuprecht (svp, SZ) gewählt. Er erhielt 40 von 42 Stimmen, zwei der 44 ausgeteilten Wahlzettel blieben leer und auf zwei weiteren stand ein anderer Name als der des Schwyzers. In der Folge wurden Thomas Hefti (fdp, GL) zum Stimmenzähler (43 ausgeteilte Wahlzettel, 1 leer, 42 für Hefti) und Brigitte Häberli-Koller (cvp, TG) zur Ersatzstimmenzählerin gewählt (44 ausgeteilte Wahlzettel, 2 leer, 1 Diverse, 41 Stimmen für Häberli-Koller). Damit war das Büro-SR für das letzte Jahr der 50. Legislatur besetzt.

Wahl ins Ständeratspräsidium 2018/19
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Im Oktober 2018 erliess die OAK BV Weisungen, welche die Transparenz von Pensionskassen zum Beispiel bezüglich Risikoverteilung und Entscheidungsstrukturen verbessern sollten. Eigentliche Adressaten dieser neuen Weisungen waren die sogenannten Schweizer Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen. Sammelstiftungen richten sich an kleinere Unternehmen, für die sich eigene Vorsorgeeinrichtungen nicht lohnen, und führen für die angeschlossenen Unternehmen jeweils einzelne eigene Vorsorgewerke. Auch Gemeinschaftseinrichtungen übernehmen die Vorsorge für verschiedene Unternehmen, diese stellen jedoch Solidargemeinschaften mit einem gemeinsamen Reglement dar. Da der Konzentrationsprozess bei den Vorsorgeeinrichtungen steige, wachse die Bedeutung dieser Zusammenschlüsse, berichteten die Medien. Ende 2016 seien bereits 60 Prozent der aktiven Versicherten bei einer von ihnen versichert gewesen. Mit ihrer Grösse nehme zudem auch das Interesse der OAK BV an ihnen zu, zumal sie sehr unterschiedliche und teilweise sehr komplexe Strukturen aufwiesen und ein grosser Wettbewerb zwischen ihnen herrsche. Gemäss OAK BV bestünden folglich grössere Anforderungen an Governance, Transparenz und Finanzierungssicherheit für diese Art der Vorsorgeeinrichtungen. Da Sammeleinrichtungen durch das BVG aber kaum geregelt seien, seien dem Spielraum der OAK BV enge Grenzen gesetzt. Dieser Spielraum solle mit den neuen Weisungen ausgedehnt werden.
Dagegen wehrten sich die betroffenen Verbände jedoch im Februar 2019, weil sie hohe administrative Kosten und einen Anstieg der Bürokratie befürchteten. Hanspeter Konrad, Direktor des Schweizerischen Pensionskassenverbands ASIP kritisierte, dass eine solche Regelung zudem die Kompetenz der OAK BV überschreite; ein Vorwurf, der Alex Kuprecht (svp, SZ) zum Einreichen einer entsprechenden Interpellation (Ip. 18.4166) und anschliessend gar einer Motion (Mo. 19.3600) veranlasste.

Die Problematik solcher Sammelstiftungen verdeutlichten sich kurz darauf an verschiedenen in der Presse diskutierten Fällen. Einerseits wurden Fälle publik, in denen Sammelstiftungen sanierungsunfähige Pensionskassen übernahmen und durch deren Verwaltung solange Geld verdienten, bis deren Kapital aufgebraucht war und der Sicherheitsfonds BVG die ausstehenden Renten übernehmen musste. Verfügt eine Kasse vornehmlich noch über Rentner, deren Renten garantiert sind, und über immer weniger aktive Versicherte, kann sie eine Unterdeckung nicht mehr durch eine Senkung des Umwandlungssatzes kompensieren. Dadurch sinkt der Deckungsgrad immer weiter, bis schliesslich kein Kapital mehr vorhanden ist, um die Renten zu decken. Wie das Bundesgericht bestätigte, darf der Sicherheitsfonds selbst in solchen Fällen erst einspringen, wenn ein Vorsorgeunternehmen sanierungs- und zahlungsunfähig ist, berichteten die Medien.

Sammeleinrichtungen

Nachdem der Vorschlag der WAK-SR bereits ausführlich ausserhalb des Parlaments diskutiert worden war, folgte im Juni 2018 die Ständeratsdebatte zur Steuervorlage 17. Kommissionspräsident Pirmin Bischof (cvp, SO) stellte dem Rat den Kommissionsvorschlag detailliert vor und betonte, der Kompromiss sei kein Diktat, auch nicht für die Schwesterkommission, aber er stelle «im Moment die beste Lösung» dar. Um diesen Kompromiss zu erarbeiten, habe die Kommission Vertreterinnen und Vertreter verschiedenster Organisationen und Behörden angehört, darunter Delegierte der FDK, des Kantons Zürich, des Städte- und des Gemeindeverbands, von Economiesuisse oder des Gewerkschaftsbundes. Die ESTV und das BSV hätten zudem auf Verlangen der Kommission 24 Berichte erstellt. Unter anderem war ein Gutachten des Bundesamtes für Justiz zum Schluss gekommen, die Vorlage sei «verfassungsrechtlich vertretbar». Bischof betonte, dass der Kompromiss alle Eckpunkte des Vorschlags der WAK-SR umfasse und nur in seiner Gesamtheit in dieser Breite getragen werde. Würden Teile davon verändert, sei diese Unterstützung nicht mehr vollständig gegeben. Abschliessend betonte Bischof, dass die Kommission offen sei für Alternativvorschläge.
Im Ratsplenum rief die Vorlage ebenfalls gemischte Gefühle hervor. Die in «Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung» (STAF) umgetaufte Vorlage sei eine «Sternstunde der parlamentarischen Arbeit», lobte Roberto Zanetti (sp, SO). Viele Ratsmitglieder betonten hingegen ihre Skepsis, einige wurden sogar richtig deutlich: Thomas Minder (parteilos, SH) sprach von einer «Birchermüesli-Politik», Alex Kuprecht (svp, SZ) von einem «Sündenfall» und Werner Luginbühl (bdp, BE) von einem Kauf von Mehrheiten mit Geschenken. Mehrfach wurde das Gutachten des BJ als politische Gefälligkeit anstelle einer juristischen Einschätzung bezeichnet. Finanzminister Maurer wurde nicht müde, die Wichtigkeit der SV17, respektive dem STAF, zu betonen und den Kompromiss zu loben.
Inhaltlich gab es kaum Streitpunkte, was die NZZ darauf zurückführte, dass die Vorlage ein politischer Balanceakt sei: Man könne kein Element ändern, ohne das alles auseinanderbreche. Dennoch wurden drei Änderungsanträge eingebracht. Eine Minderheit I Zanetti forderte, die minimale Dividendenbesteuerung der Kantone gemäss dem Vorschlag des Bundesrates auf 70 Prozent zu erhöhen, da die Kantone diese Regelung erarbeitet hätten und diese bevorzugen würden. Finanzminister Maurer pflichtete ihm bei und bat den Rat darum, der Minderheit I zu folgen. Gleichzeitig beantragte eine Minderheit II Föhn dem Ständerat, darauf zu verzichten, den Kantonen bezüglich Dividendenbesteuerung Vorgaben zu machen, da die Unternehmen gemäss dem Vorschlag der WAK-SR bereits genügend zur Kasse gebeten würden. Mit 25 zu 14 Stimmen (5 Enthaltungen) und 26 zu 12 Stimmen (6 Enthaltungen) setzte sich der Kommissionvorschlag gegen die zwei Minderheitsvorschläge durch. Eine Minderheit Fetz wollte erreichen, dass die Regeln zum Kapitaleinlageprinzip (KEP) auch auf Nennwertsenkungen angewendet werden und dass Gratisaktien und Gratisnennwerterhöhungen unterbunden werden. Anita Fetz (sp, BS) bat um Zustimmung zu ihrem Minderheitsantrag, damit die bei der Unternehmenssteuerreform II gemachten Fehler korrigiert werden könnten. Mit 30 zu 11 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Ständerat gegen eine solche Änderung aus. Unverändert wurde der Kommissionsvorschlag somit an den Zweitrat weitergereicht.

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

Die Grüne Fraktion forderte mit einer im Juni 2017 eingereichten parlamentarischen Initiative die Einsetzung einer PUK für die Aufklärung der Spionageaffäre um Daniel M. Die PUK sollte die Rollen von mutmasslich in den Fall involvierten Akteuren und Institutionen (Nachrichtendienst, Bundesrat, Bundeskriminalpolizei/Fedpol, Bundesanwaltschaft, GPDel) gründlich durchleuchten. Im Mai 2017 hatte die GPDel angekündigt, den Fall «Daniel M.» im Rahmen einer Inspektion vertiefter zu untersuchen. Die Grüne Fraktion war jedoch der Meinung, die GPDel könne eine Aufklärung der Affäre nicht mehr glaubwürdig vornehmen, nachdem einzelne Mitglieder der GPDel sich öffentlich mit widersprüchlichen Angaben zur Affäre positioniert hätten und nachdem gemäss verschiedenen Medienquellen die GPDel den Einsatz von Daniel M. selber gutgeheissen habe. Stattdessen müsse die GPDel selbst kritisch untersucht werden, forderten die Initianten.
Das Büro des Nationalrates sprach im Rahmen der Prüfung der Initiative mit dem Präsidenten der GPDel, Ständerat Alex Kuprecht (svp, SZ). Dieser habe laut dem Büro glaubhaft aufzeigen können, dass die GPDel sowohl über den notwendigen Sachverstand als auch die Kompetenzen verfüge, um die Untersuchung zügig und seriös zu führen. Der im März 2018 veröffentlichte Bericht der GPDel bestätigte diesen Eindruck in den Augen des Büros und es empfahl deshalb die Ablehnung der parlamentarischen Initiative. Auch der Fraktionspräsident der Grünen, Balthasar Glättli (ZH), zeigte sich zufrieden ob der Arbeit der GPDel, die entgegen der Befürchtungen der Grünen sehr gute Arbeit geleistet habe. Die Grünen zogen ihre Initiative daraufhin im Sommer 2018 zurück.

Parlamentarische Untersuchungskommission im Fall Daniel M. (Pa.Iv. 17.464)

Im März 2017 reichte der Kantonsrat von St. Gallen eine Standesinitiative ein, die zum Ziel hatte, die Schweizer Vorsorgeeinrichtungen, ausdrücklich genannt wurden die Pensionskassen, der AHV-Ausgleichsfonds sowie die (Freizügigkeits-)Stiftungen der zweiten und dritten Säule, von den Negativzinsen auszunehmen. Aufgrund des Tiefzinsumfeldes sei es für die Vorsorgeeinrichtungen schwierig, Renditen zu erwirtschaften, erklärte der St. Galler Kantonsrat. Zudem würden bei einer Aufkapitalisierung öffentlicher Pensionskassen – wie sie der Kanton St. Gallen plane – noch mehr Negativzinsen anfallen. Im Mai 2018 entschied die WAK-SR einstimmig, der Standesinitiative keine Folge zu geben, da die Geldpolitik in der Verantwortung der Nationalbank liege. Damit die Negativzinsen im Stande seien, den Druck auf den Schweizer Franken zu reduzieren, dürfe es nur so wenige Ausnahmen wie möglich geben, argumentierte die Kommission. Zudem stelle das weltweite Tiefzinsumfeld eine grössere Herausforderung für die Vorsorgeeinrichtungen dar als die Negativzinsen.
Im Mai 2018 behandelte der Ständerat die Vorlage; Paul Rechsteiner (sp, SG) hatte einen Antrag auf Folge geben gestellt. Pirmin Bischof (cvp, SO) erklärte als Kommissionspräsident, dass die WAK-SR die Vorlage ausführlich behandelt habe. Man habe einen Bericht zur Geldpolitik aus dem Dezember 2016 sowie die Stellungnahme des Bundesrates zur Motion Kuprecht (Mo. 15.3160) in Betracht gezogen und sei überzeugt, dass ausschliesslich die SNB für die Geldpolitik verantwortlich sei und sie diese folglich unabhängig gestalten können müsse. Wie bereits die WAK-SR erklärt hatte, seien zudem die Anlagen kaum von den Negativzinsen betroffen. Hingegen fürchte man den präjudiziellen Charakter einer solchen Entscheidung: Andere Institutionen, zum Beispiel Lebensversicherungen, könnten ebenfalls eine Ausnahme von den Negativzinsen verlangen. Schliesslich seien die zentrale Bundesverwaltung sowie die Compenswiss, also der AHV/IV/EO-Ausgleichsfonds, bereits von den Negativzinsen ausgenommen.
Paul Rechsteiner bedauerte, dass sich die WAK-SR nicht ausführlicher mit der Standesinitiative beschäftigt habe, denn eine Ausnahme der Vorsorgeeinrichtungen würde den Wechselkurs nicht beeinflussen und somit dem Zweck der Negativzinsen, die Anlagen auf dem Schweizer Markt weniger attraktiv zu machen, nicht zuwiderlaufen. Die übrigen Redner zeigten ein gewisses Verständnis für die Standesinitiative des Kantons St. Gallen und anerkannten das angesprochene Problem. Während aber Alex Kuprecht (svp, SZ) um Annahme des Vorstosses bat, sahen Martin Schmid (fdp, GR) und Hannes Germann (svp, SH) die Lösung des Problems woanders: Schuld seien die Negativzinsen – Germann sprach von einer «schleichenden Enteignung des Volkes» –, man solle daher keine weiteren Ausnahmen machen, stattdessen solle die SNB die Negativzinsen so schnell wie möglich abschaffen. Schliesslich sprach sich der Ständerat mit 32 zu 6 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) gegen Folge geben aus.

Befreiung der Altersvorsorgegelder in der Schweiz von den Negativzinsen der Schweizerischen Nationalbank

Noch in der gleichen Woche wie die erste nationalrätliche Debatte fand das Differenzbereinigungsverfahren statt, wobei nicht mehr viele Fragen zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Überwachung von Versicherten offen waren. Der Ständerat zeigte sich grösstenteils mit den Vorschlägen des Nationalrats einverstanden: Er hiess die Notwendigkeit eines Antrags auf Überwachung mit technischen Hilfsmitteln zur Standortbestimmung sowie die Schweigepflicht für die Mitarbeitenden der externen Unternehmen gut. Er bestand jedoch darauf, Observationen nur durch Personen mit Direktionsfunktion erlauben zu lassen. Da eine Observation „einen beachtlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person” darstelle, sei diese Entscheidung auf Stufe Direktion zu treffen, erklärte Pirmin Bischof (cvp, SO) für die SGK-SR. Er ergänzte, dass die Kommission aufgrund der vorgängigen nationalrätlichen Diskussion noch zwei Fragen bei der Verwaltung habe abklären lassen. Demnach würden erstens Drohnen gemäss Verwaltung ebenfalls zu den technischen Hilfsmitteln der Standortbestimmung zählen, wenn sie für die Standortbestimmung eingesetzt würden – nicht aber, wenn sie für die konkrete Observation verwendet würden. Zweitens stellte die Verwaltung klar, dass gemäss ihrer Auffassung die Rahmenfrist von sechs Monaten für die Überwachung durch das Einreichen eines Antrages zur Verwendung der Hilfsmittel zur Standortbestimmung nicht neu zu laufen beginne.
Noch an demselben Tag beschäftigte sich auch der Nationalrat erneut mit der Vorlage. Nachdem die Problematik des Drohneneinsatzes auf Nachfrage von Silvia Schenker (sp, BS) durch Isabelle Moret (fdp, VD) geklärt wurde – Drohnen seien bewilligungspflichtig für die Standortfeststellung einsetzbar, jedoch nicht um Ton- und Bildaufnahmen zu machen, betonte sie – nahm sich die grosse Kammer der letzten Differenz an: Auf Antrag der SGK-NR lenkte sie ein und akzeptierte die Bestimmung des Ständerats; somit dürfen nur Personen mit Direktionsfunktion zukünftig Observationen anordnen.
Tags darauf folgten die Schlussabstimmungen in beiden Räten. Der Nationalrat nahm die Vorlage mit 141 zu 51 Stimmen an, wobei sich an den Lagern nichts geändert hatte: Die SP- und die Grünen-Fraktion waren einstimmig gegen die Schaffung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen, die übrigen Fraktionen sprachen sich einstimmig dafür aus. Im Ständerat fiel das Bild ähnlich aus, hier standen 29 zustimmende 10 ablehnenden Stimmen und 3 Enthaltungen gegenüber.

Damit war das Geschäft innert dreier Monate durch das Parlament „gepeitscht” worden, wie es Balthasar Glättli (gp, ZH) gleichentags formulierte; zuletzt wurde es in einer Woche dreimal vom National- und zweimal vom Ständerat beraten. „Wahnsinn. Raserei. Eskalation” titelte der Tages Anzeiger bereits am Tag der Schlussabstimmungen und sprach dabei nicht vom Resultat, sondern vom Behandlungstempo. „Warum diese Eile, dieses Politisieren nahe am Notrecht?” fragte er weiter und gab die Antwort gleich selber: Die Beteuerungen zahlreicher Politikerinnen und Politiker – namentlich erwähnt wurden Josef Dittli (fdp, UR), Alex Kuprecht (svp, SZ), Roland Eberle (svp, TG), Lorenz Hess (bdp, BE) und Ruth Humbel (cvp, AG) –, wonach ein vehementer Zeitdruck herrsche und die Missbrauchsbekämpfung für die Sozialversicherungen immens wichtig sei, stünden in Zusammenhang mit den Mandaten der Sprechenden bei Versicherern, „die direkt vom Gesetz profitier[t]en”. Diesen Vorwurf liess Lorenz Hess nicht gelten; er argumentierte, das Gesetz betreffe vor allem die Suva und die IV, für die Visana, deren Präsident er ist, seien Observationen nebensächlich. Gerade die Suva hatte aber gemäss Tages Anzeiger bei der Beratung dieser Vorlage eine wichtige Rolle gespielt, wie auch der Basler Strafrechtsprofessor Markus Schefer bestätigte. Ihre Vorschläge seien im Gesetzgebungsprozess „willig aufgenommen“ worden, erklärte er.
Mit Bezug auf diesen Artikel des Tages Anzeigers reichte Balthasar Glättli noch am selben Tag eine Interpellation (Ip. 18.3330) ein und wollte wissen, ob andere Gesetzesrevisionen ähnlich schnell vom Parlament verabschiedet worden waren, ob Beratungs- und Verwaltungsratsmandate bei von der Vorlage betroffenen Versicherern als relevante Interessenbindungen gelten und welche Konsequenzen allfällige in den Kommissionsdiskussionen oder im Plenum nicht offengelegte Interessenbindungen hätten. Für ihn sei „klar, dass die Versicherungsvertreter im Rat auf ihre Interessenbindungen hätten hinweisen sollen“. Anfang Mai beantwortete das Büro-NR die Interpellation: Seit der Wintersession 2011 seien 110 von 400 Bundesgesetzen und Bundesbeschlüssen innert zweier aufeinanderfolgender Sessionen fertig behandelt worden. Das Büro bestätigte, dass die erwähnten Mandate offenzulegen seien und die Betroffenen dies getan hätten – die entsprechenden Mandate seien in einem Register der Parlamentsdienste öffentlich zugänglich aufgeführt. Dadurch würden sie als bekannt vorausgesetzt und müssten im Rahmen von einzelnen Geschäften nicht genannt werden. Somit kam es bei der Beratung des Observationsartikels zu keinen Unregelmässigkeiten bezüglich der Offenlegung von Interessenbindungen. Bestehen bleibt jedoch der grosse potenzielle Einfluss der Versicherer, was nicht zuletzt auch Alex Kuprecht bestätigte: „Hätten alle Politiker in den Ausstand treten müssen, die bei einer Krankenkasse, einer Versicherung oder einer Pensionskasse ein Mandat haben, hätten wir das Gesetz gar nicht beraten können”, erklärte er gegenüber dem Tages Anzeiger.

Parlament schafft eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten (Pa. Iv. 16.479)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Im September 2017 reichte Isidor Baumann (cvp, UR) eine Motion für eine faire Lastenverteilung bei den Familienzulagen ein. Das Anliegen liess sich im Motionstext zwar in lediglich sieben Worten ausdrücken, beinhaltete jedoch einige Brisanz: Baumann wollte die Lohnanteile, welche die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zur Finanzierung der Familienzulagen zu bezahlen haben, vereinheitlichen. Aktuell schwanken diese zwischen den 229 Familienausgleichskassen (FAK) zwischen 0.1 und 3.36 Prozent des AHV-pflichtigen Lohns. Dies, da der Bund nur die Mindestleistungen, nicht aber die Beitragssätze festschreibt und sich die FAK bezüglich Versicherten-Portfolios stark unterscheiden: Insbesondere in Branchen mit vergleichsweise tiefen Lohnsummen, einem hohen Mütteranteil und einer hohen Teilzeiterwerbsquote seien die Beitragssätze hoch, begründete der Motionär sein Anliegen. Daher soll innerhalb der Kantone zwingend ein Lastenausgleich zwischen den FAK, wie er in 16 Kantonen bereits besteht und sich dort gemäss dem Motionär bewährt hat, eingeführt werden.
Der Bundesrat verwies indes auf das Familienzulagengesetz, das den Kantonen Vorgaben zu Mindestbeträgen und Anspruchsvoraussetzungen macht, ihnen aber ansonsten weitreichende Kompetenzen lässt – explizit auch bezüglich der Einführung eines Lastenausgleichs. Da die Kantone über die Art und Höhe der Leistungen für Familien entschieden, liege auch die Entscheidung bezüglich eines Lastenausgleichs in ihrer Kompetenz, führte der Bundesrat aus und beantragte die Motion zur Ablehnung.
Die anschliessende Behandlung der Motion im Ständerat in der Herbstsession 2017 fiel aufgrund eines angenommenen Ordnungsantrags Dittli (fdp, UR) nur kurz aus. Dittli, ein Mitunterzeichner der Motion, beantragte eine Zuweisung an die zuständige Kommission, weil er einen vorschnellen negativen Entscheid aufgrund der ablehnenden Haltung des Bundesrates verhindern wollte. Die Kommission solle erst die «Vor- und Nachteile der neuen Lastenverteilung im Verhältnis zur Einschränkung der Kantonsautonomie» sowie die Kosten und Nutzen des Vorschlags überprüfen. Im Februar 2018 bestätigte die SGK-SR jedoch mit 5 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung knapp die Einschätzung des Bundesrates: Da einige Kantone bereits Änderungen planten oder diese angedacht hätten, die Kantone insgesamt folglich dabei seien, «ihren Bedürfnissen entsprechende Massnahmen» zu treffen, sei kein Handlungsbedarf auf Bundesebene gegeben, erklärte die Kommissionsmehrheit. Eine starke Minderheit begrüsste aber die Motion, da sie «Familienausgleichskassen in Branchen mit tendenziell tiefen Löhnen und einem hohen Mütteranteil» entlasten würde.
In der Ständeratsdebatte in der Frühjahrssession 2018 führte Paul Rechsteiner (sp, SG) die Position der Minderheit weiter aus. Man habe sich insbesondere durch den Bericht des Vertreters der Konferenz der kantonalen Ausgleichskassen überzeugen lassen, gemäss dem die Einführung des Lastenausgleichs im Kanton Schwyz die Beiträge insgesamt gesenkt und gleichzeitig die Leistungen verbessert habe. Die Kommissionsminderheit sei der Meinung, die Familienzulage sei «im Begriff, eine richtige Sozialversicherung zu werden». Diesen Punkt bestritt Kommissionssprecher Kuprecht (svp, SZ) mit Verweis auf die fehlende Gegenseitigkeit heftig: Da nur Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Prämien bezahlten, nicht aber Arbeitnehmende, handle es sich hier lediglich um eine Zulage, nicht um eine Versicherung. Umstritten war schliesslich auch die Frage, inwiefern diese Regelung für die Steuervorlage 17 relevant sei. Gemäss bundesrätlichem Vorschlag sollen bei der SV17 die kantonalen Mindestvorgaben bei den Kinderzulagen erhöht werden. Isidor Baumann sprach sich folglich dafür aus, hier die Lasten für die KMU fair zu verteilen, um sich diese nicht zusätzlich als Gegner bei der Steuervorlage einzuhandeln. Alex Kuprecht wehrte sich jedoch dagegen, noch weitere Elemente in die SV17 hineinzupacken. Knapp entschied sich der Ständerat mit 20 zu 18 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für die Annahme der Motion.

Familienzulagen. Für eine faire Lastenverteilung (Mo. 17.3860)

In der Frühjahrssession 2018 behandelte der Ständerat die Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)». Die Debatte wurde vom Schweizer Fernsehen direkt übertragen. Robert Cramer (gp, GE), Sprecher der RK-SR, erörterte zunächst die ablehnende Position der Kommission, die sich unter anderem auch auf die Anhörung verschiedener Rechtsprofessorinnen und Rechtsprofessoren stütze, welche einhellig der Meinung seien, dass die Initiative mehr Probleme verursache, als sie löst. Die momentane Situation lasse den obersten Gerichten den nötigen Spielraum für eine Abwägung zwischen Völkerrecht und Landesrecht. Es sei in den Augen der Experten nicht angebracht, die beiden Normen gegeneinander auszuspielen, da internationales Recht, das in der Schweiz angewendet werde, genauso legitim und demokratisch abgestützt sei wie das Landesrecht selbst. Cramer erklärte, dass die Kommission auch verschiedene Akteure aus der Wirtschaft angehört habe, wobei die Stellungnahmen auch hier einhellig gegen die Initiative ausgefallen seien. Die Kommission sei auch deshalb mit 12 zu 1 Stimmen zum Schluss gekommen, dem Rat die Ablehnung der Initiative zu empfehlen. Allerdings gebe es zwei Minderheitenanträge: Zum einen lege Andrea Caroni (fdp, AR) – unterstützt von vier Kommissionsmitgliedern – einen Gegenvorschlag vor, zum anderen empfehle Thomas Minder (parteilos, SH) die Initiative zur Annahme.

Andrea Caroni betonte in seinem Votum für seinen Gegenvorschlag, dass die Schweizer Rechtsordnung bei Konfliktfragen unterschiedlicher Normstufen sehr klar sei, mit Ausnahme eben des Verhältnisses zwischen Landes- und Völkerrecht. Dort herrsche «Improvisation» oder «Durchwursteln» vor, wobei in der Regel die Bundesgerichte «mit der Wurst betraut» seien. Dies sei aber «institutionell falsch» und es brauche deshalb eine klare Regelung. Eine solche müsse im Normalfall – hier wich der Gegenvorschlag deutlich von der Initiative ab – dem Völkerrecht den Vorrang geben, da man hier im Sinne von «Pacta sunt servanda» gegebene Versprechen einzuhalten habe. In begründeten Ausnahmefällen solle allerdings die Möglichkeit bestehen, durch ausdrücklichen und expliziten Beschluss durch den Verfassungs- oder Gesetzgeber vom Vorrang des Völkerrechts abzuweichen. Caroni exemplifizierte seine Idee an der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, die ja nicht explizit eine Änderung von Völkerrecht vorgesehen habe. Wäre sein Vorschlag damals schon umgesetzt gewesen, dann hätte in der Initiative entweder explizit erwähnt werden müssen, dass ein internationaler Vertrag – konkret das Personenfreizügigkeitsabkommen – gekündigt werden solle, oder die Nichterwähnung hätte bedeutet, dass die Initianten das Völkerrecht implizit akzeptierten und bei der Umsetzung darauf Rücksicht genommen werden müsse. Caroni führte weiter aus, dass er seinen Vorschlag nicht aus taktischen Überlegungen einreiche, weil er Angst vor einer Annahme der Initiative an der Urne habe. Es gehe ihm vielmehr um das inhaltliche Anliegen, das er mit den Initianten teile: Die konkrete Regelung des Verhältnisses zwischen Landes- und Völkerrecht. Allerdings schlug er selber vor, auf den Gegenvorschlag zu verzichten – und diesen vorerst zu schubladisieren –, wenn die Initianten ihr Begehren nicht zu dessen Gunsten zurückziehen würden. Die Materie sei für sich genommen schon komplex genug. Wenn gleich zwei Vorlagen an die Urne kämen, sei dies dem Verständnis des Themas wohl eher abträglich.

Thomas Minder zählte in der Verteidigung seines Minderheitenantrags zur Annahme der Volksinitiative eine Reihe von aktuellen Vorstössen auf, in denen das Parlament Beschlüsse fasse, die im Widerspruch zu bestehendem internationalen Recht stünden: So verstosse etwa die Motion Grin (svp, VD), welche die Ausklammerung von Palmöl beim Freihandelsabkommen mit Malaysia verlange und soeben vom Nationalrat angenommen worden sei, gegen EFTA-Recht. Ebenso stünde eine Annahme der Fair-Food-Initiative im Widerspruch zu zahlreichen völkerrechtlichen Verträgen. Es gebe aber auch andere Beispiele, wo Vertragspartner der Schweiz Verträge nicht gänzlich einhielten. So habe etwa die EU bei Horizon 2020 oder Erasmus plus völkerrechtliche Verpflichtungen verletzt. Niemand habe damals nach einer Kündigung der Bilateralen Verträge gerufen, sondern man habe die Kröte geschluckt. Bei den über 5'000 völkerrechtlichen Verträgen, welche die Schweiz abgeschlossen habe – in ihrem Schlussvotum sprach Bundesrätin Simonetta Sommaruga von rund 4'000 Verträgen – bestünden zahlreiche potenzielle Normenkonflikte. Und hier setze die Initiative an, indem sie klar festlege, dass bei Normenkonflikten die Verfassung vorzugehen habe.

In der Folge äusserten sich 17 Ständerätinnen und -räte zur Vorlage, wobei sich die Argumente mehr oder weniger wiederholten: Die Initiative sei konfus und widersprüchlich; der SVP wurde vorgeworfen sich damit nicht gegen fremde Richter, sondern gegen das eigene Bundesgericht zu wenden. Betont wurde zudem die Gefährdung schweizerischer Wirtschaftsinteressen. Die Verlässlichkeit der Schweiz würde bei einer Annahme des Begehrens auf dem Spiel stehen. Völkerrecht helfe zudem insbesondere Kleinstaaten, die ohne rechtliche Absicherung dem Recht des Stärkeren ausgesetzt wären.

Die Ständeräte der SVP sprachen sich für eine Annahme der Initiative aus, weil laut Werner Hösli (svp, GL) die «Macht des Volkes» geschützt werden müsse; gemäss Peter Föhn (svp, SZ) der zunehmenden Aushöhlung der Bundesverfassung durch internationale Bestimmungen Einhalt geboten werden müsse; oder der Politikverdrossenheit begegnet werden müsse, die – so Alex Kuprecht (svp, SZ) – auch deshalb wachse, weil «die Menschen das Gefühl haben [...], dass die da oben in Bern sowieso machen, was sie wollen» – etwa bei der Umsetzung angenommener Volksinitiativen. Gefordert sei deshalb ein «bisschen mehr 'Switzerland first'».

Der Ständerat war sich also mehrheitlich einig darin, dass die Initiative abzulehnen sei. Weniger einig waren sich die Kantonsvertreterinnen und -vertreter hingegen darüber, ob die Normenkonflikte, die sich langfristig wohl noch häufen werden, gesondert geregelt werden müssten, oder ob die so genannte Schubert-Praxis genüge. Zur Frage stand folglich, ob man es wie bis anhin dem Bundesgericht überlassen wolle, zu regeln, wann Landesrecht ausnahmsweise Völkerrecht vorgehen solle. Nicht wenige Voten plädierten für den Gegenvorschlag Caroni. Letztlich setzte sich allerdings die Überzeugung durch, dass auch der Gegenvorschlag eine «fausse bonne idée» sei, wie sich Didier Berberat (sp, NE) ausdrückte.

In ihrem Schlussvotum wollte Justizministerin Simonetta Sommaruga klarstellen, dass es «grundfalsch» sei, das Völkerrecht mit Unterdrückung und Fremdbestimmung in Verbindung zu bringen. Sie wies auf verschiedene Geschäfte hin, mit denen die Problematik der Beziehung internationaler Verträge und innerstaatlichen Rechts angegangen werde – so etwa eine Erweiterung des obligatorischen Staatsvertragsreferendums oder die Anpassung der Symmetrie bei der Kündigung von Staatsverträgen. Die Bundesrätin hielt zudem Gericht über das Parlament: Man habe in der Debatte einige Male gehört, dass der Volkswille nicht richtig umgesetzt werde, diese Kritik richte sich aber eigentlich an die Volks- und Kantonsvertretung. Das Parlament habe ja bereits die Möglichkeit, im Einzelfall zu entscheiden, dass Landesrecht gegenüber internationalem Recht der Vorrang gegeben werden solle. Und wenn es dies nicht tue, dann habe es sicherlich gute Gründe dafür. Der Bundesrat empfehle die Initiative insbesondere deshalb zur Ablehnung, weil sie starre Regeln fordere und so die zahlreichen, heute bestehenden Möglichkeiten für pragmatische Einzelfalllösungen beschneide. Das Begehren verspreche zwar Klarheit im Verhältnis zwischen Landesrecht und internationalem Recht, schaffe aber grundsätzlich das Gegenteil, nämlich Rechtsunsicherheit. Dies wäre freilich – so die Magistratin abschliessend – auch beim diskutierten Gegenvorschlag der Fall.

Nach rund vierstündiger Debatte schritt die kleine Kammer zur Abstimmung. Das Stimmverhältnis von 27 zu 15 Stimmen für Nichteintreten auf den Gegenvorschlag Caroni widerspiegelte den doch recht grossen Wunsch nach Klärung, während die Initiative mit 36 zu 6 Stimmen letztlich recht deutlich zur Ablehnung empfohlen wurde.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Die von der SiK des Nationalrates initiierte und vom Plenum auf den Weg gebrachte Änderung des Zivildienstgesetzes musste Anfang 2018 auch noch vom Ständerat behandelt werden. Dessen sicherheitspolitische Kommission wollte jedoch in der kleinen Kammer beliebt machen, die Behandlung des Vorstosses vorerst noch auszusetzen, weil der Bundesrat in der Zwischenzeit einen entscheidenden Schritt gemacht hatte, in dem entschieden wurde, dass die Zulassungen zum Zivildienst generell reduziert werden sollen. Dafür wurde eine Revision des Zivildienstgesetzes – was diese Motion im Kern ja verlangt – in Auftrag gegeben. Das WBF wird sich im Laufe des Jahres damit auseinandersetzen und per Herbst 2018 eine Vernehmlassungsvorlage vorlegen müssen. Vorgabe dafür war, dass die Mindestanzahl von 150 zu leistenden Diensttagen im Zivildienst festgesetzt und zusätzlich eine Wartefrist festgelegt werden soll: AdA, die nach abgeschlossener RS in den Zivilidienst wechseln wollen, sollen erst nach einer Frist von 12 Monaten einen entsprechenden Antrag stellen dürfen. Weil dieser Gesetzesentwurf nicht vor 2019 erwartet wird, beantragte die SiK dem Plenum, die Motion zu sistieren. Es gab jedoch innerhalb der Kommission auch Stimmen, die sich für eine Beschlussfassung einsetzten, weil man die Motion grundsätzlich ablehnte. Der Rat folgte jedoch der Kommissionsmehrheit und hielt die Motion offen, bis sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder behandelt werden kann.

Bevor die Ständerätinnen und Ständeräte jedoch diesen Beschluss mit 26 zu 12 Stimmen fassten, entfachte sich noch eine kurze Diskussion dazu. Kommissionssprecher Kuprecht (svp, SZ) äusserte sich indes nicht materiell zur Vorlage, sondern beschränkte sich auf die Schilderung der unternommenen Schritte. Es mache keinen Sinn vorzugreifen, da entsprechende Forderungen der Motion in die Vernehmlassungsvorlage einfliessen sollen. Seitens der Kommissionsminderheit wurde auch in der kleinen Kammer moniert, dass man den Zivildienst nicht „schlecht machen dürfte” und Ständerat Hêche (sp, JU) zeigte sich besorgt, dass die vorliegende Motion „fatal” für den Zivildienst sei. Er kritisierte ferner auch die Meinung „einiger Parlamentarier”, die glaubten, dass der Zivildienst aus Bequemlichkeit gewählt werde. Sein Parteigenosse Berberat (sp, NE) äusserte eine weitere Überlegung: Er glaubte, dass die Motion gar einen konträren Effekt haben könnte. Die Befürchtung war, dass unentschiedene Stellungspflichtige – im Wissen, dass ein späterer Wechsel von der Armee in den Zivildienst unattraktiv sein würde – von vornherein den Zivildienst bevorzugen würden. Es gebe genügend Ärzte, die eine Militärdienstuntauglichkeit bescheinigten, so der Neuenburger weiter. Dass die Motion schliesslich tatsächlich sistiert worden ist, kann auch auf die Ausführungen des Wirtschaftsministers zurückzuführen sein, der die Eckpunkte der angesprochenen Gesetzesrevision darlegte und entsprechend um die Sistierung durch den Ständerat gebeten hat.

Änderung des Zivildienstgesetzes (Mo. 17.3006)
Dossier: Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst