40649 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Jahresrückblick 2022: Institutionen und Volksrechte

Spätestens seit dem Rücktritt von Ueli Maurer als Bundesrat Ende September dominierte die Suche nach seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger den Themenbereich «Institutionen und Volksrechte» (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse). Mit dem Rücktritt von Simonetta Sommaruga Ende November standen im Dezember 2022 gleich zwei Bundesratsersatzwahlen an. Maurer hatte seinen Rücktritt mit dem Wunsch begründet, noch einmal etwas Neues machen zu wollen, und Simonetta Sommaruga hatte sich entschieden, in Folge eines Schlaganfalles ihres Mannes ihr Leben neu auszurichten. Wie bei Bundesratsersatzwahlen üblich, überboten sich die Medien mit Spekulationen, Expertisen, Interpretationen und Prognosen. Bei der SVP galt die Kandidatur von Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der sich 2021 aus der Politik zurückgezogen hatte, als Überraschung. Dennoch zog ihn die SVP-Fraktion anderen Kandidatinnen und Kandidaten vor und nominierte ihn neben dem Favoriten Albert Rösti (svp, BE) als offiziellen Kandidaten. Bei der SP sorgte der sehr rasch nach der Rücktrittsrede von Simonetta Sommaruga verkündete Entscheid der Parteileitung, mit einem reinen Frauenticket antreten zu wollen, für Diskussionen. Die medialen Wogen gingen hoch, als Daniel Jositsch (ZH) dies als «Diskriminierung» bezeichnete und seine eigene Bundesratskandidatur verkündete. Die SP-Fraktion entschied sich in der Folge mit Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) und Eva Herzog (sp, BS) für zwei Kandidatinnen. Zum Nachfolger von Ueli Maurer wurde bereits im 1. Wahlgang Albert Rösti mit 131 von 243 gültigen Stimmen gewählt. Hans-Ueli Vogt hatte 98 Stimmen erhalten (Diverse: 14). Für die SP zog Elisabeth Baume-Schneider neu in die Regierung ein. Sie setzte sich im dritten Wahlgang mit 123 von 245 gültigen Stimmen gegen Eva Herzog mit 116 Stimmen durch. Daniel Jositsch hatte in allen drei Wahlgängen jeweils Stimmen erhalten – deren 6 noch im letzten Umgang. Die Wahl der ersten Bundesrätin aus dem Kanton Jura wurde von zahlreichen Beobachterinnen und Beobachtern nicht nur als Überraschung gewertet, sondern gar als Gefahr für das «Gleichgewicht» der Landesregierung kommentiert (Tages-Anzeiger). Die rurale Schweiz sei nun in der Exekutive übervertreten, wurde in zahlreichen Medien kritisiert.

Der Bundesrat stand aber nicht nur bei den Wahlen im Zentrum des Interesses. Diskutiert wurde auch über Vor- und Nachteile einer Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder, wie sie eine parlamentarische Initiative Pa.Iv. 19.503 forderte – es war bereits der sechste entsprechende Vorstoss in den letzten 30 Jahren. Die Begründungen hinter den jeweiligen Anläufen variieren zwar über die Zeit – der neueste Vorstoss wollte «die Konkordanz stärken», also mehr Spielraum für parteipolitische aber auch für gendergerechte Vertretung schaffen – die Projekte nahmen bisher aber stets denselben Verlauf: Auch in diesem Jahr bevorzugte das Parlament den Status quo.
Verbessert werden sollte hingegen die Krisenorganisation des Bundesrates. Dazu überwiesen beide Kammern gleichlautende Motionen und Postulate der GPK beider Räte, die Rechtsgrundlagen für einen Fach-Krisenstab sowie eine Gesamtbilanz der Krisenorganisation des Bundes anhand der Lehren aus der Corona-Pandemie verlangten.

Auch das Parlament sollte als Lehre aus der Pandemie krisenresistenter gemacht werden. Aus verschiedenen, von Parlamentsmitgliedern eingereichten Ideen hatte die SPK-NR eine einzige Vorlage geschnürt, die 2022 von den Räten behandelt wurde. Dabei sollten aber weder der Bundesrat in seiner Macht beschränkt, noch neue Instrumente für das Parlament geschaffen werden – wie ursprünglich gefordert worden war. Vielmehr sah der Entwurf Möglichkeiten für virtuelle Sitzungsteilnahme im Falle physischer Verhinderung aufgrund höherer Gewalt und die Verpflichtung des Bundesrates zu schnelleren Stellungnahmen bei gleichlautenden dringlichen Kommissionsmotionen vor. Umstritten blieb die Frage, ob es statt der heutigen Verwaltungsdelegation neu eine ständige Verwaltungskommission braucht. Der Nationalrat setzte sich für eine solche ein, der Ständerat lehnte sie ab – eine Differenz, die ins Jahr 2023 mitgenommen wird.
Nicht nur die Verwaltungskommission, auch die Schaffung einer ausserordentlichen Aufsichtsdelegation war umstritten. Die vom Nationalrat jeweils mit grosser Mehrheit unterstützte Idee, dass es neben der PUK und den Aufsichtskommissionen ein mit starken Informationsrechten ausgerüstetes Gremium geben soll, das als problematisch beurteilte Vorkommnisse in der Verwaltung rasch untersuchen könnte, war beim Ständerat stets auf Unwille gestossen. Auch nach einer Einigungskonferenz konnten sich die Räte nicht auf eine Lösung verständigen, woraufhin der Ständerat das Anliegen versenkte, zumal er die bestehenden Instrumente und Akteure als genügend stark erachtete.

Seit vielen Jahren Zankapfel zwischen den Räten ist die Frage nach der Höhe der Löhne in der Bundesverwaltung. In diesem Jahr beendete der Ständerat eine beinahe sechsjährige Diskussion dazu, indem er auf eine entsprechende Vorlage der SPK-SR auch in der zweiten Runde nicht eintrat, obwohl der Nationalrat deutlich für eine Obergrenze von CHF 1 Mio. votiert hatte. Die SPK-NR sorgte in der Folge mit einer neuerlichen parlamentarischen Initiative für ein Verbot von «goldenen Fallschirmen» für Bundeskader dafür, dass diese Auseinandersetzung weitergehen wird.

In schöner Regelmässigkeit wird im Parlament auch die Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit diskutiert. Zwei entsprechende Motionen wurden in diesem Jahr von der Mehrheit des Ständerats abgelehnt, da das aktuelle System, in welchem die Letztentscheidung dem direktdemokratischen Element und nicht der Judikative überlassen wird, so gut austariert sei, dass ein Verfassungsgericht nicht nötig sei. Freilich ist sich das Parlament der Bedeutung der obersten Bundesgerichte durchaus bewusst. Ein Problem stellt dort seit einiger Zeit vor allem die chronische Überlastung aufgrund der hohen Fallzahlen dar. Daher werde gemäss Justizministerin Karin Keller-Sutter mittelfristig eine Modernisierung des Bundesgerichtsgesetzes geprüft, kurzfristig sei eine Entlastung aber nur durch eine Erhöhung der Zahl der ordentlichen Richterinnen und Richter zu erreichen. Eine entsprechende parlamentarische Initiative der RK-NR hiessen beide Kammern gut, allerdings jeweils gegen die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, die in der Erhöhung lediglich «Flickwerk» sah.

Die mittels direktdemokratischer Abstimmungen verhandelte Schweizer Politik zeigte sich 2022 einigermassen reformresistent. Nachdem im Februar gleich beide zur Abstimmung stehenden fakultativen Referenden (Gesetz über die Stempelabgaben und Medienpaket) erfolgreich waren, wurde in den Medien gar spekuliert, ob die Bundespolitik sich nun vermehrt auf Blockaden einstellen müsse. Allerdings passierten dann im Mai und im September 4 von 5 mittels Referenden angegriffenen Bundesbeschlüsse die Hürde der Volksabstimmung (Filmgesetz, Organspende, Frontex, AHV21). Einzig die Revision des Verrechnungssteuergesetzes wurde im September an der Urne ausgebremst. 2022 war zudem die insgesamt 25. Volksinitiative erfolgreich: Volk und Stände hiessen die Initiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» gut. Die beiden anderen Volksbegehren (Massentierhaltungsinitiative, Initiative für ein Verbot von Tier- und Menschenversuchen) wurden hingegen abgelehnt.

Dass in der Schweizer Politik manchmal nur ganz kleine Schritte möglich sind, zeigen die erfolglosen Bemühungen, den Umfang an Stimm- und Wahlberechtigten zu erhöhen. Der Nationalrat lehnte zwei Vorstösse ab, mit denen das Stimmrecht auf Personen ohne Schweizer Pass hätte ausgeweitet werden sollen. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Stimmrechtsalter in naher Zukunft auf 16 gesenkt werden wird, hat sich im Jahr 2022 eher verringert: Zwar wies eine knappe Mehrheit des Nationalrats den Abschreibungsantrag für eine parlamentarische Initiative, welche eine Senkung des Alters für das aktive Stimmrecht verlangt und welcher 2021 beide Kammern Folge gegeben hatten, ab und wies sie an die SPK-NR zurück, damit diese eine Vorlage ausarbeitet. In zwei Kantonen wurde die Senkung des Stimmrechtsalters im Jahr 2022 an der Urne aber deutlich verworfen: in Zürich im Mai mit 64.8 Prozent Nein-Stimmenanteil, in Bern im September mit 67.2 Prozent Nein-Stimmenanteil.

Allerdings fielen 2022 auch Entscheide, aufgrund derer sich das halbdirektdemokratische System der Schweiz weiterentwickeln wird. Zu denken ist dabei einerseits an Vorstösse, mit denen Menschen mit Behinderungen stärker in den politischen Prozess eingebunden werden sollen – 2022 nahmen etwa beide Kammern eine Motion an, mit der Einrichtungen geschaffen werden, die helfen, das Stimmgeheimnis für Menschen mit Sehbehinderung zu gewährleisten. Zudem gaben National- und Ständerat einer parlamentarischen Initiative für die Barrierefreiheit des Live-Streams der Parlamentsdebatten Folge, damit auch hörgeschädigte Menschen diesen folgen können. Andererseits verabschiedete der Bundesrat die Verordnung zu den künftigen Transparenzbestimmungen bei Wahlen und Abstimmungen. Ob und wie die erstmals für die eidgenössischen Wahlen 2023 bzw. für das Finanzjahr 2023 vorzulegenden Kampagnen- und Parteibudgets die politischen Debatten beeinflussen werden, wird sich weisen.

Jahresrückblick 2021: Institutionen und Volksrechte
Dossier: Jahresrückblick 2022

Jahresrückblick 2022: Kultur, Sprache, Kirchen

Nach gut zwei Jahren Covid-19-Pandemie war es dieses Jahr endlich wieder so weit: Die Schweiz durfte die Kultur wieder ohne Einschränkungen geniessen. Bereits am 16. Februar 2022 hob der Bundesrat den Grossteil der nationalen Massnahmen – auch diejenigen im Kulturbereich – auf, woraufhin es in der Kultur ein breites Aufatmen und Erwachen gab. Konzerte und Festivals, sowie Museen, Theater oder Kinos konnten wieder gänzlich ohne Einschränkungen besucht werden. Dies führte auch dazu, dass der Kulturbereich – nach zwei Jahren verstärkter Aufmerksamkeit durch Covid-19 – in den Medien etwas aus dem Fokus geriet, wie Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse zeigt.

Die Kulturpolitik der Schweiz war 2022 von drei grösseren Themen geprägt: der Abstimmung zur Revision des Filmförderungsgesetzes, dem neuen Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele und der Frage, wie die Schweiz mit Nazi-Raubkunst umgehen soll.

Nachdem die Beratungen zur Revision des Filmförderungsgesetzes – Lex Netflix – nach langwierigen Diskussionen als letztes Geschäft der Kulturbotschaft 2021-2024 in der Herbstsession 2021 zu einem Abschluss gekommen war, ergriffen die Jungfreisinnigen, die Jungen Grünliberalen sowie die Junge SVP Ende Januar 2022 erfolgreich das Referendum. Streaming-Anbietende wie Netflix oder Disney+ sollten mit diesem Gesetz unter anderem dazu verpflichtet werden, vier Prozent des Umsatzes in das schweizerische Filmschaffen zu investieren oder für die Bewerbung Schweizer Filme einzusetzen. Zudem mussten die Plattformen 30 Prozent des Angebots mit europäischen Beiträgen füllen. Die bürgerlichen Jungparteien störten sich besonders an diesen beiden Punkten: Zum einen befürchteten sie, mit der Pflichtabgabe würde eine Erhöhung der Abo-Preise einhergehen, und zum anderen erachteten sie die Quote für europäische Filme und Serien als «bevormundend und eurozentristisch». Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nahmen das Gesetz im Mai 2022 jedoch mit 58.1 Prozent Ja-Stimmen an. Der Abstimmungskampf war dann auch das einzige Ereignis des Jahres, welches im Bereich Kulturpolitik zu einem substantiellen Anstieg der medialen Berichterstattung führte (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse).

Ohne grosse mediale Beachtung fanden in der Herbstsession 2022 die Beratungen um das neue Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele nach gut zwei Jahren ein Ende. Ziel des Gesetzes soll es sein, Kinder und Jugendliche besser vor Gewalt- und Sexualdarstellungen in Filmen und Videospielen zu schützen, etwa durch eine schweizweite Alterskennzeichnung und -kontrolle der Produkte. Die Verantwortung, diese Regelungen zu entwickeln, wurde den Branchenorganisationen überlassen, welche entsprechende Expertinnen und Experten hinzuziehen sollen.

Für hitzige mediale Debatten sorgte hingegen die Kunstsammlung von Emil Bührle, der gemäss Medien ein Nazisympathisant und Waffenlieferant im Zweiten Weltkrieg war. Als Teile seiner Sammlung im Sommer 2021 im Kunsthaus Zürich ausgestellt worden waren, waren darob hitzige Diskussionen entbrannt, insbesondere weil Bührle Nazi-Raubkunst besessen habe und die Provenienz bei einigen Werken der Sammlung nicht endgültig geklärt sei. Diese Debatte ging auch an Bundesbern nicht ohne Spuren vorbei. So nahmen die Räte eine Kommissionsmotion der WBK-NR an, welche die Schaffung einer Plattform für die Provenienzforschung von Kulturgütern forderte. Weiter hiessen sie eine Motion gut, mit der eine unabhängige Kommission für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter geschaffen werden sollte. Offen liessen die Räte, ob eine solche Kommission auch für Raubkunst aus kolonialen Kontexten geschaffen werden soll.

Rund um die kirchen- und religionspolitische Fragen blieb es in der Bundespolitik im Jahr 2022 eher ruhig, jedoch weckte die katholische Kirche der Schweiz einige mediale Aufmerksamkeit, wie erneut in der APS-Zeitungsanalyse ersichtlich wird. Der Universität Zürich war im Frühling 2022 in Form eines Pilotprojekts ein Forschungsauftrag erteilt worden, mit dem die sexuellen Missbräuche innerhalb der Schweizer katholischen Kirche seit 1950 wissenschaftlich untersucht werden sollten. Dabei sollte ein Fokus auf die Strukturen gelegt werden, welche dabei geholfen hatten, die Missbräuche zu vertuschen. Zu diesem Zweck öffnete die katholische Kirche der Schweiz ihre Geheimarchive für die Forschenden.
Heftige Debatten rief auch der vom Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain eingeführte, für die Angestellten aller Ebenen der katholischen Kirche verbindliche Verhaltenskodex hervor, mit dem sexuellem Missbrauch vorgebeugt werden sollte. Einige Priester von Chur weigerten sich, den Kodex zu unterzeichnen, da einzelne Weisungen daraus der katholischen Lehre entgegenlaufen würden – so untersage er es etwa, sich negativ über die sexuelle Ausrichtung von Menschen auszusprechen.

Anfang 2022 verlängerte das SEM die muslimische Seelsorge in den Bundesasylzentren, welche Anfang 2021 in einzelnen Regionen als Pilotprojekt eingeführt worden war. Zuvor hatte eine Studie des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft (SZIG) der Universität Freiburg eine positive Bilanz gezogen. Sollten die Ergebnisse auch nach diesem Jahr positiv ausfallen, strebt das SEM eine permanente Einführung des Angebots und einen Ausbau auf alle Bundesasylzentren an – sofern die Finanzierung dafür gesichert werden kann. Bereits 2018 war ein entsprechendes Pilotprojekt aufgrund fehlender finanzieller Mittel auf Eis gelegt worden.

Jahresrückblick 2022: Kultur, Sprache, Kirchen
Dossier: Jahresrückblick 2022

Jahresrückblick 2022: Soziale Gruppen
von Viktoria Kipfer und Marlène Geber

Die Schweizer Asylpolitik wurde vor allem im Frühjahr 2022 primär durch den Krieg in der Ukraine geprägt, wie auch die Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse zeigt. So aktivierte die Schweiz im März 2022 erstmals den Schutzstatus S, der es den Geflüchteten aus der Ukraine erlaubt, ohne reguläres Asylverfahren in der Schweiz eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Bis im November 2022 fanden so rund 70'000 Flüchtende aus der Ukraine in der Schweiz Schutz. Das Zusammenleben zwischen Geflüchteten aus der Ukraine und Schweizerinnen und Schweizern nahm zu Beginn des Krieges eine Hauptrolle in der medialen Berichterstattung ein. So zeigten sich viele Schweizerinnen und Schweizer vor allem zu Beginn solidarisch mit den Flüchtenden, von denen in der Folge rund die Hälfte bei Privatpersonen unterkam, wie die SFH berichtete. Gleichzeitig wurde der Schutzstatus S aber auch als «faktische Ungleichbehandlung» der Ukrainerinnen und Ukrainer gegenüber allen anderen Asylsuchenden kritisiert. Folglich wurden im Parlament zahlreiche Vorstösse zum neuen Schutzstatus eingereicht, welche diesen unter anderem einschränken oder anpassen wollten – jedoch erfolglos. Insgesamt führte die Zeitungsberichterstattung zur Asylpolitik im Zuge des Ukraine-Kriegs zu einem deutlichen Anstieg des medialen Interesses des Jahres 2022 zum Thema «Soziale Gruppen» gegenüber dem Vorjahr (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse).

Diskutiert wurden auch allgemeine Neuregelungen bei den Asylsuchenden, etwa zur Schaffung der Möglichkeit, dass Asylsuchende nach einem negativen Aufenthaltsentscheid ihre Lehre in der Schweiz beenden dürften. Dieser Vorschlag scheiterte jedoch im Ständerat. Hingegen sprach sich der Nationalrat für zwei Motionen für eine Erleichterung des Zugangs zu einer beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans-Papier sowie für die Ermöglichung der Erwerbstätigkeit auch im Falle eines negativen Asylentscheids aus. Unverändert bestehen blieben die zwangsweisen Covid-19-Tests von Abgewiesenen bei der Rückstellung in ihr Herkunftsland, welche das Parlament bis ins Jahr 2024 verlängerte. Finanzielle Unterstützung wollte der Bundesrat schliesslich Kantonen mit Ausreisezentren an der Landesgrenze in Ausnahmesituationen gewähren, National- und Ständerat nahmen jedoch gewichtige Änderungen an der entsprechenden Revision des AIG vor.

Im Jahre 2022 unternahmen Bundesrat und Parlament einige Anstrengungen bei der Bekämpfung von häuslicher Gewalt und Gewalt an Frauen. Einerseits inspirierte ein Bericht zu Ursachen von Homiziden im häuslichen Umfeld eine Vielzahl verschiedener Vorstösse, andererseits diente auch die Ratifikation der Istanbul-Konvention als Ansporn zur Lancierung parlamentarischer Vorlagen gegen häusliche und geschlechterbezogene Gewalt. Als Erbe der letztjährigen Frauensession wurde zudem ein erster Vorstoss, der nationale Präventionskampagnen gegen Gewalt fordert, überwiesen. Während sich bei diesem Thema eine Allianz von Frauen verschiedenster Parteien beobachten liess, fand ein Vorstoss aus dem rechten Lager, mit dem Gewalt an Frauen künftig mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden müsste, im Parlament keine Mehrheit. Des Weiteren rückte auch die Mehrdimensionalität der Gewalt an Frauen im Rahmen intersektionaler Vorstösse in den Fokus. Einerseits erhielt die Forderung nach verbessertem Schutz ausländischer Opfer vor häuslicher Gewalt mehr Aufmerksamkeit, andererseits wurde die Schutzbedürftigkeit von Menschen mit Behinderung bei häuslicher Gewalt hervorgehoben. Zwei weitere, im Frühjahr 2022 lancierte Vorlagen mit dem Titel «Wer schlägt, geht!» beschäftigten sich mit dem Wohnverhältnis nach Vorfällen der häuslichen Gewalt, während sich der Nationalrat in der Sommersession für eine nationale Statistik über Kinder, die Zeuginnen und Zeugen von häuslicher Gewalt sind, aussprach. Zuletzt forderten Vertreterinnen unterschiedlicher Parteien in sechs parlamentarischen Initiativen, Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts der Antirassismus-Strafnorm zu unterstellen, was von der erstberatenden RK-NR befürwortet wurde.

Die Idee eines «pacte civil de solidarité» (Pacs) treibt die Schweiz bereits seit mehreren Jahren um, was im Frühjahr 2022 in einem Bericht des Bundesrats über die «Ehe light» mündete. Auf Grundlage des Berichts wurde bereits ein parlamentarischer Vorstoss zur Schaffung entsprechender Rechtsgrundlagen im Ständerat eingereicht. Auch die Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen fand im Jahr 2022 Platz auf der politischen Agenda. Denn Ende 2021 hatten Vertreterinnen und Vertreter der SVP zwei Volksinitiativen lanciert, welche die Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen reduzieren wollten: einerseits die Initiative «Für einen Tag Bedenkzeit vor jeder Abtreibung (Einmal-darüber-schlafen-Initiative)» und andererseits die Initiative «Für den Schutz von ausserhalb des Mutterleibes lebensfähigen Babys (Lebensfähige-Babys-retten-Initiative)». 2022 führten diese Anliegen auch innerhalb der SVP zu Diskussionen; insbesondere jüngere Vertreterinnen der Volkspartei äusserten sich dezidiert dagegen. Dieser Konflikt mündete unter anderem in der Ablehnung hauseigener Vorstösse durch eine Minderheit der SVP-Fraktion in der Sondersession 2022. Umgekehrt hatten es auch Vorstösse, die auf einen flächendeckenden und hürdenfreien Zugang zu Abtreibung abzielten, 2022 nicht leicht im Parlament.

Betreffend die Familienplanung sprachen sich beide Räte für eine Legalisierung der Eizellenspende für Ehepaare aus. Unter anderem weil die parlamentarische Initiative zur Überführung der Anstossfinanzierung für die familienexterne Kinderbetreuung in eine zeitgemässe Lösung den Sprung ins Sessionsprogramm 2022 verpasst hatte, stimmten National- und Ständerat einer Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienexterne Kinderbetreuung bis Ende 2024 zu. Um jedoch die Kosten für die familienergänzende Kinderbetreuung zu senken und die Anzahl Kitaplätze zu erhöhen, wurde im Frühjahr 2022 eine Volksinitiative «Für eine gute und bezahlbare familienergänzende Kinderbetreuung für alle (Kita-Initiative)» lanciert. Auch die Annahme der «Ehe für alle» im September 2021 blieb nicht folgenlos im Parlament: Da gleichgeschlechtliche Paare nach der Heirat bei der Familienplanung weiterhin eingeschränkt seien, setzten sich zwei Motionen mit der rechtlichen Anerkennung der Elternschaft gleichgeschlechtlicher Paare auseinander, um deren Gleichberechtigung auch über die «Ehe für alle» hinaus voranzutreiben.

Darüber hinaus wurde 2022 eine Reihe von Forderungen aus der zweitägigen Frauensession 2021 vom Parlament aufgegriffen. Zwei Motionen zum Einbezug der Geschlechterperspektive in der Medizin stiessen in der Herbstsession 2022 in der grossen Kammer auf Akzeptanz. In Anbetracht des bevorstehenden digitalen Wandels fokussierten andere, auf die Frauensession zurückgehende erfolgreiche parlamentarische Vorstösse auf den Einbezug von Frauen in die Digitalisierungsstrategie des Bundes. In Anbetracht der in der Frauensession eingereichten Petitionen reichten die betroffenen Kommissionen auch mehrere Postulate ein, welche unter anderem Berichte zur Strategie zur Integration von Frauen in MINT-Berufen, zur Evaluation der schulischen Sexualaufklärung und zur Aufwertung der Care-Arbeit forderten – sie wurden allesamt angenommen.

In der LGBTQIA-Politik nahm besonders die Diskussion über die Existenz und das Verbot von Konversionstherapien viel Platz ein. Nach der Annahme der «Ehe für alle» waren 2021 drei parlamentarische Initiativen zum Verbot von Konversionstherapien eingereicht, später aber wegen einer lancierten Kommissionsmotion zurückgezogen worden. Angenommen wurde hingegen ein Postulat, das die Datengrundlage zum Vorkommen von Konversionsmassnahmen in der Schweiz verbessern möchte.

Auch die Gleichstellung gehörloser und hörbehinderter Menschen sollte gemäss Parlament vorangetrieben werden, weshalb National- und Ständerat eine Motion zur Schaffung eines Gesetzes zur Anerkennung der Gebärdensprachen annahmen.

Jahresrückblick 2022: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2022

Jahresrückblick 2022: Raumplanung und Wohnungswesen

Die Entwicklungen im Themenbereich Wohnungswesen waren 2022 stark geprägt von der steigenden Inflation und vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine. So kam es nach Jahren eines Booms an den Immobilienmärkten aufgrund des Anstiegs der Leit- und Hypothekarzinsen zu einer Trendwende am Immobilienmarkt. Aufgrund der gestiegenen Hypothekarzinsen war es nach langer Zeit an den meisten Orten in der Schweiz wieder attraktiver, ein Wohnobjekt zu mieten, als ein gleichwertiges Objekt zu kaufen. Obwohl die Preise für Wohneigentum vorerst weiter stiegen, gab es erste Anzeichen dafür, dass die Nachfrage nach Wohneigentum abnehmen und der Wohneigentumsmarkt sich nach langer Boom-Zeit etwas abkühlen könnte. Die Bewegungen am Wohneigentumsmarkt waren auch medial sehr präsent, wie die APS-Zeitungsanalyse zeigt: Insbesondere über den Sommer, als die Hypothekarzinsen zum ersten Mal stark anstiegen, wurde in den nationalen Zeitungen oft über dieses Thema berichtet.

Der Krieg führte derweil auch zu höheren Energiepreisen, weshalb Verbände einen Nebenkostenschock beim nächsten Abrechnungstermin befürchteten und Mieterinnen und Mietern rieten, ihre Akontozahlungen freiwillig zu erhöhen oder Geld auf die Seite zu legen. Dabei kam es auch vereinzelt zu Zwist zwischen Mietenden und Vermieterschaft, etwa bei Diskussionen um die Verwaltungspauschale auf Nebenkostenabrechnungen. Bis zum Jahresende wurden im Parlament einige Vorstösse eingereicht, mit denen die Auswirkungen der steigenden Energiepreise für Mieterinnen und Mieter abgefedert werden sollten. Zudem erarbeitete der Bundesrat Verordnungen mit Massnahmen, die er im Falle von schweren Gas- oder Strommangellagen beschliessen könnte. Darunter befindet sich auch eine Temperaturobergrenze für Innenräume, was Fragen zu möglichen Klagen von Mietenden aufwarf.

Beim Mietrecht blieben die Fronten auch im Jahr 2022 verhärtet: Linke Anliegen blieben im Parlament allesamt chancenlos (Po. 21.3759; St.Iv 21.316; Pa.Iv. 20.449; Mo. 20.4031; Pa.Iv. 21.476). Auch für die bürgerliche Parlamentsmehrheit waren allerdings höchstens kleine Änderungen umsetzbar. Die von der RK-NR aufgrund von parlamentarischen Initiativen vorgelegten Vorlagen zur Stärkung der Kompetenzen der Vermieterschaft bei Untermietverhältnissen, zur Senkung der Hürden für Kündigungen von Mietverhältnissen wegen Eigenbedarf) oder zur Lockerung von Formvorschriften bei gewissen Mietvertragsänderungen stiessen allerdings mit Ausnahme des Entwurfs zu den Formvorschriften sowohl in der Vernehmlassung als auch in der Kommission selber auf einigen Widerstand. Der Bundesrat empfahl sie zur Ablehnung. Überdies scheiterte ein Versuch des Bundesrates, die verhärteten Fronten rund um das Mietrecht mit einem runden Tisch und allen relevanten Verbänden zu lösen.

Auch in anderen Politikbereichen im Wohnungswesen gab es kaum Einigkeit. Eine zuerst vom Nationalrat angenommene Motion der RK-NR über eine Wiederaufnahme der parlamentarischen Revisionsarbeiten am Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Lex Koller) scheiterte im Ständerat. Virulent wurde zudem die Abschaffung des Eigenmietwerts diskutiert: Der Nationalrat kam nach langer Debatte zum Schluss, dass die aktuelle Vorlage nur schwer finanzierbar und kaum mehrheitsfähig sei, und schickte sie zurück an seine WAK. Die Räte lehnten zudem zwei gleichlautende Motionen (Mo. 22.3817; Mo. 22.3862) der SVP zur Abschaffung des Eigenmietwerts für Rentnerinnen und Rentner ab. Das Bundesgericht wiederum hiess eine Beschwerde gegen eine Eigenmietwert-Härtefallregelung im Tessiner Steuergesetz gut, was auch Auswirkungen auf andere Kantone mit ähnlichen Regelungen haben dürfte.

Weniger umstritten war 2022 die Raumplanung, wo es dem Ständerat unter der Leitung seiner UREK nach längerer Zeit wohl gelang, eine mehrheitsfähige Vorlage für die zweite Etappe der RPG-Revision zu zimmern. An diesem Revisionsvorhaben hatten die Räte seit 2015 erfolglos gearbeitet. Herzstück der neuen Vorlage ist ein Stabilisierungsziel der Gebäudezahl ausserhalb der Bauzone, das mit verpflichtenden kantonalen Richtplänen, Abbruchprämien für Bauten ausserhalb der Bauzone und Sanktionen für Kantone, die das Stabilisierungsziel nicht einhalten, erreicht werden soll. Ausserdem soll den Kantonen zusätzlicher Spielraum eingeräumt werden, damit diese in der Raumplanung ihren kantonalen oder regionalen Eigenheiten besser Rechnung tragen können. Dieser RPG2-Entwurf wurde in der kleinen Kammer einstimmig angenommen. Der Ständerat hatte den Entwurf als indirekten Gegenentwurf zur Landschaftsinitiative ausgestaltet, die er deutlich zur Ablehnung empfahl.

Neben der RPG-Revision beschäftigte sich das Parlament mit weiteren Vorstössen betreffend Bauten ausserhalb von Bauzonen. Beide Räte überwiesen eine Motion, die eine Verjährung illegaler Bauten ausserhalb der Bauzonen nach 30 Jahren fordert. Eine Motion, mit welcher die Schaffung dezentraler kantonaler Behörden zur Bearbeitung von Anträgen für Bauvorhaben ausserhalb von Bauzonen hätte erlaubt werden sollen, wurde jedoch vom Ständerat abgelehnt. Schliesslich war das Bauen ausserhalb der Bauzone verglichen mit den anderen Themen im Bereich Raumplanung auch am meisten in den nationalen Zeitungen präsent.

Jahresrückblick 2022: Raumplanung und Wohnungswesen
Dossier: Jahresrückblick 2022

Rétrospective annuelle 2022: Agriculture

L'année 2022 aura été l'occasion de réveiller de vieux souvenirs dans les débats agricoles. Alors que la crise du Covid avait relancé les discussions sur notre dépendance aux importations alimentaires et l'importance de la production locale, la situation en Ukraine fera resurgir le plan Wahlen – mis en place par la Suisse durant la deuxième guerre mondiale – des archives. C'est ainsi que les événements liés à la guerre en Ukraine amèneront certain.e.s élu.e.s de l'UDC a réclamer une version 2.0 de cette politique agricole de crise – allant jusqu'à vouloir lancer une initiative populaire – qui avait pour but d'augmenter l'autosuffisance alimentaire, pour pallier aux importations qui se faisaient de plus en plus rares. Le spectre d'un conflit qui durerait et qui impacterait les chaines alimentaires mondiales – l'Ukraine et la Russie étant deux grands pays exportateurs de certains biens agricoles – a mené à des discussions parfois houleuses entre tenant.e.s d'une agriculture conventionnelle et défenseuses et défenseurs d'une agriculture pour qui le tournant écologique est un impératif. Ces débats ont été exacerbés par la publication d'une série d'ordonnances par le Conseil fédéral dans le cadre de la mise en œuvre de l'Iv. pa. 19.475 visant tant une réduction des risques liés aux produits phytosanitaires qu'une réduction des pertes d'éléments fertilisants. Pour cela, le Conseil fédéral à prévu, d'une part, une réduction de l'ordre de 20 pour cent des pertes de phosphore et d'azote et, d'autre part, d'allouer 3.5 pour cent des terres d'assolement à la biodiversité à partir de 2024, provoquant l'ire d'une partie de la classe politique. La fraction UDC convoquera d'ailleurs une session extraordinaire pour débattre, tant au Conseil des Etats, qu'au Conseil national, de ces questions et pour forcer l'exécutif à revenir sur ses décisions; une tentative qui ne réussira qu'à moitié, le Parlement transmettant au Conseil fédéral une motion pour revoir ses objectifs de réduction des pertes d'éléments fertilisants, mais rejettent finalement d'attaquer les mesures liées aux surfaces dédiées à la biodiversité. Pour les partis conservateurs, il n'était pas question d'affaiblir l'autoapprovisionnement alimentaire alors que l'Europe vit une situation de crise exceptionnelle. D'autres ont profité de ce débat pour réclamer un changement dans les habitudes alimentaires de la population afin d'augmenter l'autarcie alimentaire et de relever les défis qui nous attendent sur ces question-là, notamment en ce qui concerne le gaspillage alimentaire – que le Conseil fédéral veut réduire de moitié d'ici 2030 – et la consommation de produits carnés. Sur ce dernier point, l'initiative sur la fin de l'élevage intensif – qui a bénéficié d'un certain écho dans les médias, comme montré par l'analyse APS des journaux – aura été l'occasion de questionner la place de la viande et, plus largement, du traitement des animaux dans notre société. Tandis que les initiant.e.s avaient à cœur de mettre en place d'ici à 2050 des conditions d'élevage des animaux équivalentes aux normes du cahier des charges de BioSuisse (réduction du nombre d'animaux par exploitation, plus de surface par tête, accès à l'extérieur, etc.) et de les imposer aux produits importés pour éviter tout dumping, les opposant.e.s ont décrié un texte trop radical, la législation suisse en la matière étant considérée comme l'une des plus poussée au monde. Plus de 62 pour cent du corps électoral glissera un non dans l'urne, se laissant convaincre par les arguments des opposant.e.s et des autorités.

Toutes ces discussions ont été menées alors que le Conseil fédéral a publié un rapport en réponse à la suspension provisoire de la Politique agricole 22+ (PA 22+) décidée par le Parlement en 2021. Dans ce rapport, le Conseil fédéral explique avoir à cœur de penser, dans le futur, le système alimentaire dans sa globalité, de la production à la consommation. Au fondement de cette stratégie, la volonté d'avoir en Suisse une agriculture durable. La publication de cet explicatif a permis de relancer les discussions en commission et d'entamer le travail parlementaire dans la chambre haute lors de la session d'hiver. La PA 22+ permettra, selon les autorités, de poser les jalons d'une agriculture plus résiliente face aux changements climatiques; une préoccupation qui a, une fois encore, été particulièrement prégnante durant l'été. En effet, l'agriculture a dû faire face à une saison estivale particulièrement sèche, alors que l'année 2021 s'était caractérisée par un été très pluvieux.

La sécheresse n'a pas été la seule préoccupation des agricultrices et agriculteurs en cet été 2022. En effet, la période estivale a été le théâtre d'attaques de loup sur des élevages bovins et ovins, menant les autorités cantonales à réclamer des autorisations de tir, cela alors que le Parlement débat de la révision de la Loi sur la chasse (LChP) après l'échec dans les urnes de la précédente mouture en 2020. Comme à son habitude, ce sujet particulièrement sensible a suscité de nombreuses réactions, les un.e.s souhaitant faciliter au maximum la régulation de ce grand prédateur, tandis que d'autres se battent pour protéger un animal considéré comme un bienfait pour la biodiversité et dont le statut dans le cadre de la Convention de Berne n'a pas été remis en question. Finalement, et après plusieurs votes très serrés, le Parlement a décidé d'alléger les conditions permettant le tir du loup. Les organisations défendant Ysengrin, le grand prédateur, réfléchissent à lancer un référendum.

Alors que les discussions se poursuivront l'année prochaine sur plusieurs des gros dossiers agricoles précédemment évoqués, le renouvellement du moratoire sur les organismes génétiquement modifiés a connu un retournement de situation particulièrement intéressant durant le courant de cette année. Les parlementaires ont, en effet, décidé de le prolonger tout en laissant la porte ouverte aux nouvelles techniques d'édition génomique n'impliquant pas l'ajout de matériel génétique transgénique. Ces nouvelles techniques sont vues par certains comme un moyen parmi d'autres de relever les défis futurs qui attendent l'agriculture : comment assurer de bonnes récoltes en des temps incertains ?

L'année 2022 aura donc été, pour l'agriculture, une année ayant au cœur de ses préoccupations l'approvisionnement alimentaire. Comment réagir face à un danger de pénurie? Quelles stratégies adopter? Le spectre des possibilités passant de l'intensification de la production à un changement de nos modes de consommation. Quel équilibre trouver entre protection de l'environnement et productivisme? Quelle place laisser aux nouvelles techniques génétiques, alors que le changement climatique se fait de plus en plus ressentir sur les récoltes? Avec cette question fondamentale qui rythmera sans aucun doute les débats agricoles en 2023 avec la PA 22+: quelle agriculture «durable» souhaitons-nous pour le futur?

Rétrospective annuelle 2022: Agriculture
Dossier: Jahresrückblick 2022
Dossier: Jahreszahlen zur Schweizer Landwirtschaft

Jahresrückblick 2022: Rechtsordnung

Im Jahr 2022 standen im Themenbereich Rechtsordnung mehrere grosse zivil- und strafrechtliche Gesetzesrevisionen auf der Agenda, so etwa die beiden langjährigen Grossprojekte zur Verbesserung der Praxistauglichkeit der Straf- und der Zivilprozessordnung. Beide Gesetze waren in den 2000er-Jahren geschaffen worden, um die bis dahin verschiedenen kantonalen Verfahrensregeln schweizweit zu vereinheitlichen. Knapp zehn Jahre nach Inkrafttreten wurden die beiden Prozessordnungen – nicht zuletzt in Reaktion auf zahlreiche parlamentarische Vorstösse – einer Gesamtschau unterzogen und wo nötig überarbeitet.

Bei der Revision der Strafprozessordnung, die im Sommer 2022 abgeschlossen wurde, blieb der ganz grosse Wurf nach umfangreichen Debatten letztlich aus. Mit seinem Hauptanliegen, der Einschränkung der Teilnahmerechte, konnte der Bundesrat nicht beide Parlamentskammern überzeugen, weshalb die heutige Regelung bis auf Weiteres unverändert bestehen bleibt. Die Regierung hatte mit der Möglichkeit, Beschuldigte unter gewissen Umständen von den Einvernahmen mitbeschuldigter Personen auszuschliessen, verhindern wollen, dass mehrere Beschuldigte ihre Aussagen einander anpassen können. Das in der juristischen Praxis festgestellte Problem, das gemäss Bundesrätin Karin Keller-Sutter einer der Hauptauslöser für die Vorlage gewesen war, blieb damit ungelöst. Dennoch wurden an der Strafprozessordnung viele punktuelle Neuerungen vorgenommen, etwa bei den Grundlagen zur Erstellung von DNA-Profilen oder bei den Verfahrensrechten. Das vom links-grünen Lager aufs Tapet gebrachte Konzept der restaurativen Gerechtigkeit wurde zwar im Zuge dieser Revision noch abgelehnt, ist aber damit nicht vom Tisch: Mit der Annahme einer entsprechenden Motion der RK-SR beauftragten die eidgenössischen Räte den Bundesrat, eine Gesetzesgrundlage zur Verankerung der «justice restaurative» in der Strafprozessordnung auszuarbeiten.

Bei der Revision der Zivilprozessordnung schlug das Parlament die wichtigsten Pflöcke ein, wenngleich Ende 2022 noch einige Differenzen bestanden. So wurden verschiedene Massnahmen getroffen, um die Prozesskosten zu senken und so den Zugang zum Gericht zu erleichtern. Zudem sollten Erleichterungen in der Verfahrenskoordination sowie die Stärkung des Schlichtungsverfahrens die Effizienz der Prozesse steigern. Im Parlament waren vor allem die Frage der zulässigen Verfahrenssprachen an kantonalen Gerichten sowie eine Lockerung der Voraussetzungen für vorsorgliche Massnahmen gegen Medien hoch umstritten. Gegen den Willen des Bundesrats setzten die eidgenössischen Räte durch, dass es einfacher sein soll, die Veröffentlichung von rufschädigenden Medienberichten mittels superprovisorischer Verfügung vorläufig zu verhindern. Erfolgreich war der Bundesrat hingegen mit seinem Ansinnen, die Einrichtung internationaler Handelsgerichte in den Kantonen zu fördern: Den Kantonen ist es künftig freigestellt, in internationalen Handelsstreitigkeiten an ihren Gerichten auch Englisch und alle Schweizer Landessprachen als Verfahrenssprachen zuzulassen.

Begleitet von einer regen gesellschaftlichen Debatte begannen die eidgenössischen Räte die Beratung der Revision des Sexualstrafrechts. Der aus der Harmonisierung der Strafrahmen herausgetrennte Entwurf war in der Vernehmlassung grundsätzlich positiv aufgenommen worden und der Reformbedarf war auch in der Gesellschaft nahezu unbestritten. In einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage hielten nur 13 Prozent der Befragten die geltenden Normen für ausreichend. Mit dem neuen Sexualstrafrecht soll etwa der Straftatbestand der Vergewaltigung neu definiert werden, so dass nicht mehr nur Frauen davon betroffen sein können und dass keine Nötigung mehr vorausgesetzt wird. Hauptstreitpunkt war sowohl im Parlament als auch ausserhalb, ob anstelle von abgenötigten sexuellen Handlungen neu Handlungen «gegen den Willen» des Opfers oder «ohne Einwilligung» des Opfers unter Strafe stehen sollen. Während sich der Bundesrat und der Ständerat als Erstrat für die sogenannte Widerspruchslösung («Nein heisst Nein») aussprachen, schwenkte der Nationalrat als Zweitrat auf die Zustimmungslösung – die in der gesellschaftlichen Debatte lautstark geforderte «Nur-Ja-heisst-Ja»-Variante – um. Der Ball liegt 2023 wieder beim Ständerat. Wie die APS-Zeitungsanalyse zeigt, war die Reform des Sexualstrafrechts ein Treiber der medialen Debatte im Bereich Rechtsordnung: Über den Jahresverlauf waren im April, im Juni sowie gegen Ende Jahr drei kleine Spitzen in der Medienaufmerksamkeit zu verzeichnen, als jeweils die Stellungnahme des Bundesrats und die Behandlung in den beiden Parlamentskammern aktuell waren.

Im Bereich Innere Sicherheit trat Anfang Juni 2022 das Bundesgesetz über präventiv-polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT) in Kraft. Obwohl sich Bundesrat und Parlament bei der Ausarbeitung des PMT-Gesetzes aus Menschenrechtsbedenken gegen die Präventivhaft als zusätzliche Massnahme entschieden hatten, beschäftigte diese die eidgenössischen Räte auch nach Inkrafttreten des Gesetzes weiter. Eine 2020 eingereichte parlamentarische Initiative, die eine gesicherte Unterbringung für staatsgefährdende Personen forderte, wurde erst in der Wintersession 2022 erledigt. Derselbe Casus Belli – die fragliche Vereinbarkeit mit den Menschenrechten – lag auch der umstrittenen Abschreibung einer Motion zur Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in Folterstaaten zugrunde. Ein rechtsbürgerlicher Teil des Parlaments wollte sich nicht damit abfinden, dass der Bundesrat die Motion nicht umgesetzt hatte. Die Regierung hatte argumentiert, dass eine Umsetzung nicht opportun sei, da die Motion den Bruch von zwingendem Völkerrecht gefordert habe. Beide Räte stimmten letztlich aber der Abschreibung zu.

Mit Ausnahme des Sexualstrafrechts bewegte sich die Medienberichterstattung über den Bereich Rechtsordnung recht gleichförmig auf eher tiefem Niveau übers Jahr 2022 (vgl. Abbildung 1: Anteil Zeitungsberichte pro Monat). Insgesamt erhielt der Bereich Rechtsordnung im Jahr 2022 deutlich weniger mediale Aufmerksamkeit als in den Vorjahren (vgl. Abbildung 2: Anteil Zeitungsberichte pro Jahr). Zum einen stand 2022 keine Volksabstimmung im Bereich Rechtsordnung an und die in den vergangenen Jahren virulente Diskussion über die Corona-Massnahmen war 2022 deutlich weniger relevant. Zum anderen vereinnahmten der Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Debatten über die Aufnahme von Flüchtenden, über Sanktionen und Neutralität sowie über eine drohende Energiekrise einen Grossteil der Medienaufmerksamkeit. Der Bereich Rechtsordnung war davon nur marginal tangiert.

Jahresrückblick 2022: Rechtsordnung
Dossier: Jahresrückblick 2022

Rétrospective annuelle 2022 : Crédit et monnaie

Alors que, depuis plusieurs années, le Conseil fédéral et le Parlement continuaient d'alimenter la locomotive financière helvétique, l'année 2022 a été marquée par les nombreux freins tirés, soit par la population, soit par la majorité du Parlement, soit par le Conseil fédéral. En d'autres termes, malgré de nombreux projets de réforme, l'année 2022 a été marquée par une perte de vitesse des réformes liées à la place financière et aux banques helvétiques.

Premièrement, la population helvétique a refusé la suppression du droit de timbre et la réforme de l'impôt anticipé. Lors de deux votations populaires, les Suisses et Suissesses ont sanctionné les velléités de la droite et du gouvernement de supprimer progressivement la totalité des droits de timbre. Le PLR avait clamé, en 2009 déjà, son ambition d'abolir l'ensemble des trois droits de timbre afin de renforcer l'attractivité économique de la Suisse. Le 13 février 2022, 62.7 pour cent des citoyens et citoyennes helvétiques ont refusé une suppression du droit de timbre d'émission sur le capital propre. Le PS, les Verts et les syndicats ont saisi le référendum pour soumettre cette réforme du droit de timbre à la population, et mené la bataille avec une campagne qui interrogeait les votant.e.s sur «A qui profite la suppression du droit de timbre d'émission sur le capital propre?». Dans les urnes, les citoyens et citoyennes helvétiques ont, toutes régions confondues, rejeté la réforme à plus de 60 pour cent. Puis, le 25 septembre 2022, 52.01 pour cent des citoyens et citoyennes helvétiques ont rejeté la modification de la loi fédérale sur l’impôt anticipé. Cette réforme de l'impôt anticipé, prévoyait notamment la suppression du droit de timbre de négociation sur les obligations et exonérait les placements suisses de l'impôt anticipé. Lors de cette campagne, une impression de déjà-vu a dominé les débats. L'analyse APS des journaux indique que ces deux votations ont dynamisé les thématiques liées au marché financier et aux banques. En comparaison, en 2022, ces deux thématiques ont capturé plus de 5 pour cent des articles sur la politique, alors qu'ils ne représentent, de 2016 à 2021, qu'environ 3 pour cent. Il est notamment possible de noter un pic en janvier-février 2022. Lors de la campagne sur la votation du 13 février, la presse helvétique a consacré 7 pour cent de ses articles sur la politique à ces thématiques. A l'inverse, la campagne de votation du 25 septembre n'a pas généré un autant grand trafic. «Seulement» 4.6 pour cent de ces articles sur la politique ont traité de la thématique des marchés financiers et des banques. Ce relativement faible pourcentage, en comparaison avec la campagne du 13 février, s'explique par la prépondérance des campagnes sur la réforme de l'AVS21 et sur l'initiative populaire sur l'élevage intensif qui ont phagocyté la campagne. Au final, ces deux rejets successifs de la population ponctuent un feuilleton de plus de dix années sur la suppression des droits de timbre.

Deuxièmement, la majorité du Parlement, et le Conseil fédéral, ont successivement balayé toutes les velléités d'ajouter des wagons au train de la finance durable helvétique. Tout d'abord, le Parlement a rejeté plusieurs objets qui visaient une plus grande transparence sur l'impact des portefeuilles des investisseurs institutionnels sur le changement climatique, une politique financière compatible avec les impératifs environnementaux de la gouvernance, une veille micro- et macroprudentielle des risques financiers liés au changement climatique et la création d'un comité d'éthique pour évaluer les décisions d'investissements de la Banque nationale suisse (BNS). Pour sa part, comme en 2021, le Conseil fédéral a confirmé qu'il préconisait l'autorégulation de la finance helvétique avec un rôle uniquement subsidiaire pour l'État et non régulateur. Finalement, afin de maintenir le wagon de la finance durable sur les rails de la politique helvétique, un groupe de cinq parlementaires d'horizons politiques différents (Verts, Vert'libéraux, PS, Centre et PLR) ont déposé cinq motions identiques pour dynamiser les investissements écologiques grâce à une banque publique helvétique. Si le Conseil fédéral a déjà affirmé son scepticisme, le dossier sera traité dans les chambres en 2023.

Troisièmement, le Parlement a rejeté la privatisation de PostFinance. Alors que le Conseil fédéral a soumis un prototype de révision partielle de la Loi sur l'organisation de la Poste (LOP), avec comme objectifs de lever d'abord l'interdiction à PostFinance d'octroyer des crédits et des hypothèques, puis de privatiser PostFinance, l'ensemble du Parlement a préféré un retour au Conseil fédéral, plutôt qu'une réforme expérimentale. Autant au Conseil des États, qu'au Conseil national, tous les partis politiques ont fustigé cette révision de la LOP.

Quatrièmement, le bénéfice de la BNS a déraillé et a forcé les politiciens et politiciennes à ralentir leur appétit financier. La perte estimée d'environ CHF 150 milliards pour la BNS, pour l'année 2022, est due essentiellement aux positions en monnaies étrangères déficitaires, avec la guerre en Ukraine en toile de fond. Cette perte, inédite depuis 2008, a refroidi les politicien.ne.s suisses. De ce fait, le Conseil national a notamment rejeté une initiative parlementaire pour affecter les bénéfices de la BNS à la mise en œuvre de la politique énergétique 2050 et une motion pour clarifier la fonction de la réserve pour distributions futures dans le bilan de la BNS. En parallèle, cette perte a provoqué des maux d'estomac aux argentiers cantonaux qui avaient pris l'habitude de bénéficier de cette manne financière supplémentaire.

Cinquièmement, l'économie et la presse helvétique ont salué la fin des taux négatifs. La conjoncture économique mondiale, la hausse des prix des biens et services, avec notamment les prix de l'énergie, et les conséquences économiques de la crise du Covid-19, ont forcé la BNS a rehaussé son taux directeur, d'abord de 0.50 points en avril 2022, puis de 0.75 points en septembre 2022, et à nouveau de 0.5 points en décembre 2022 mettant un terme à la situation inédite des taux négatifs. Le taux directeur de la BNS fini donc l'année 2022 à 1 pour cent. Cette hausse était pressentie dès le début de l'année. D'un côté, cela a confirmé qu'en 2022 l'inflation semble avoir détrôné le franc fort sur la liste des préoccupations de la BNS. Après avoir percuté la parité au printemps 2022, le franc a continué son appréciation face à l'euro. Il flirtait avec les 95 centimes à la fin de l'été 2022. D'un autre côté, la hausse du taux directeur de la BNS a mis sous pression le marché hypothécaire helvétique. Les taux hypothécaires n'ont cessé de croître et l'Autorité fédérale de surveillance des marchés financiers (FINMA) s'est inquiétée d'une surchauffe du marché immobilier. A partir de là, la BNS a forcé la main du Conseil fédéral pour réactiver le volant anticyclique sectoriel de fonds propres qui avait été désactivé en mars 2020, face à la crise du Covid-19.

Sixièmement, la transparence financière a été au cœur des débats en 2022. Pour commencer, les révélations sur les clients Crédit Suisse et les «Suisse Secrets» ont posé la question de la liberté de la presse concernant la place financière. Puis, la guerre d'agression de la Russie en Ukraine a mis le secteur bancaire helvétique sous les feux des projecteurs. Si le Conseil fédéral a d'abord été critiqué pour son attentisme, il a fini par s'aligner sur les sanctions occidentales. Ensuite, Pierin Vincenz, ex-dirigeant de la banque Raiffeisen Suisse, a été condamné pour gestion déloyale, abus de confiance et faux dans les titres. Est-ce que cette sanction marque un tournant dans les relations de la finance avec la justice? Finalement, plusieurs objets liés à la transparence ont également été débattus au Parlement. La Berne fédérale a ainsi accepté des postulats sur le traçage des transactions financières en crypto-monnaies, sur la responsabilisation des cadres supérieurs des établissements financiers helvétiques et sur le renforcement des efforts de transparences des flux financiers. En outre, le Conseil national a validé l'extension de l'échange automatique de renseignements relatif aux comptes financiers (EAR) avec douze États supplémentaires.

Pour finir, la révision partielle de la loi sur la surveillance des assurances (LSA) est arrivée à destination. Elle a été adoptée par les deux chambres. Pour sa part, le Conseil fédéral a mis sur les rails la modification de la loi sur les infrastructures des marchés financiers (LIMF). L'objectif est l'équivalence boursière, à moyen terme, avec l'Union européenne (UE).

Rétrospective annuelle 2022: Crédit et monnaie
Dossier: Jahresrückblick 2022

Rétrospective annuelle 2022 : Énergie

En 2022, le thème de l'énergie, et plus particulièrement la menace sur la sécurité de l'approvisionnement énergétique de la Suisse, a mis sous tension l'ensemble du réseau politique. Pour faire face à cette menace, le Conseil fédéral a été forcé d'ouvrir en urgence le tableau électrique helvétique. Il n'a pas été le seul à enfiler son bleu de travail. Politiciens et politiciennes, experts et expertes, ou même citoyens et citoyennes, n'ont pas hésité à s'exprimer pour soutenir ou court-circuiter la démarche gouvernementale. Ainsi, en 2022, l'analyse APS des journaux démontre que neuf pour cent des articles sur la politique helvétique traitaient du thème de l'énergie. Un pic, à dix-sept pour cent, notamment induit par les discussions sur la hausse des prix et les mises en consultation de diverses ordonnances du Conseil fédéral, a été enregistré à la rentrée de septembre 2022. En comparaison, le thème de l'énergie n'a représenté que 2.2 pourcent des articles sur la politique helvétique de 2016 à 2021.

La forte volatilité sur les marchés internationaux de l'énergie, renforcée par la guerre en Ukraine et les sanctions occidentales qui l'ont accompagnées, notamment dans le secteur du gaz, ainsi que la hausse des prix et de la demande en électricité, mais également l'instabilité des centrales nucléaires françaises ont plongé dans le noir la politique énergétique helvétique. Le Conseil fédéral a donc été obligé d'avancer à tâtons. Cette incertitude l'a forcé à décliner sa stratégie tout au long de l'année. Premièrement, le gouvernement a préconisé la création d'une réserve hydroélectrique et de centrales à gaz de réserve pour éviter un black-out électrique. Dans l'optique d'une «réserve hiver», la centrale à gaz de réserve de Birr (AG) devrait être opérationnelle en février 2023. En parallèle, le Conseil fédéral a adopté une ordonnance pour augmenter temporairement la production des centrales hydroélectriques en abaissant le débit résiduel d'eau. Deuxièmement, la conseillère fédérale Simonetta Sommaruga a suggéré une accélération et simplification des procédures d'autorisation pour les installations hydroélectriques et éoliennes de grandes tailles. Une initiative parlementaire pour accélérer les projets de parcs éoliens et les grands projets de centrales hydrauliques a également été déposée au Parlement. Troisièmement, pour faire face à la volatilité des prix de l'électricité et éviter un écroulement de l'approvisionnement électrique Suisse, le gouvernement a soumis au Parlement un mécanisme de sauvetage des entreprises électriques d'importance systémiques. Cette loi fédérale sur les aides financières subsidiaires (LFiEl) est une réponse aux manques de liquidités subies par Alpiq, à la fin décembre 2021, et au sauvetage d'Axpo en septembre 2022. Quatrièmement, le Conseil fédéral a présenté ses mesures prévues en cas de pénurie d'électricité. Ce plan en quatre étapes évolue de la demande de réduction de la consommation au délestage électrique par zone. Cinquièmement, le Conseil fédéral a lancé une campagne d'information intitulée «L'énergie est limitée. Ne la gaspillons pas». Cette campagne a pour objectif de renforcer l'efficacité énergétique en modifiant les habitudes de consommation des Helvètes. Sixièmement, la guerre en Ukraine a mis en lumière le rôle du gaz dans le mix énergétique Suisse. D'un côté, le Conseil fédéral a joué des coudes à l'internationale pour sécuriser des livraisons supplémentaires de gaz non russe, et également collaborer à la mise en place d'une réserve de gaz à l'échelle européenne. D'un autre côté, le Conseil fédéral a concrétisé son plan de gestion réglementé en cas de pénurie de gaz. Ce plan par étape prévoit, par exemple, une limite de température de 20 degrés Celsius à l'intérieur des bâtiments, ou encore des contingentements immédiats en cas de pénurie grave. Finalement, le gouvernement a institutionnalisé un état-major «Pénurie d'énergie».

Présentée en 2021, la loi fédérale relative à un approvisionnement en électricité sûr reposant sur des énergies renouvelables s'est également branchée sur le courant continu de 2022. L'électricité des débats sur la crise énergétique a envahi la Coupole fédérale et le Parlement a remodelé le projet de réforme de l'énergie avec des objectifs beaucoup plus ambitieux. Dans cette optique, le Conseil fédéral et le Parlement ont coupé le courant de la libéralisation du marché de l'électricité.

En parallèle des efforts gouvernementaux à court-terme, pour répondre à une menace urgente, le Parlement a validé une multitude d'objets parlementaires qui avaient pour objectif de sécuriser, à long-terme, l'approvisionnement énergétique suisse. De janvier 2022 à décembre 2022, le Parlement a adopté des motions, postulats et initiatives parlementaires pour renforcer l'efficacité énergétique, modifier les habitudes de consommation d'énergie des Helvètes, accélérer le remplacement des chauffages à énergie fossile, exploiter le stockage saisonnier de chaleur, réduire la période de référence de marquage de l'électricité, donner accès au réseau électrique aux personnes produisant leur propre électricité, exploiter la flexibilité de la consommation individuelle d'électricité, intégrer les acteurs de petite ou moyenne taille sur le marché de l'énergie de réglage, développer les réseaux intelligents, exploiter le parc de véhicules électrique pour stocker l'énergie excédentaire, évaluer le potentiel hydraulique de la fonte des glaciers, développer une stratégie nationale pour une production d'hydrogène neutre en CO2, encourager le remplacement des anciennes chaudières à bois, soutenir le développement du stockage de l'énergie solaire sous forme de gaz de synthèse, favoriser l'installation de panneaux photovoltaïques dans les décharges et carrières abandonnées, soumettre les inventaires fédéraux à l'approbation du Parlement, simplifier l'installation de pompes à chaleur et soutenir le biogaz indigène. Au final, il est intéressant de noter que la majorité de ces objets parlementaires ont été adoptés tacitement par les chambres. En 2022, le simple argument d'un renforcement potentiel de la sécurité d'approvisionnement suffisait pour convaincre la totalité du spectre politique.

Pour sa part, l'énergie solaire s'est retrouvée sous le feu des projecteurs. En 2022, une large majorité des réponses à la crise énergétique tournaient autour du soleil. En février, le Conseil fédéral clamait sa volonté de créer des conditions-cadres pour un boom du photovoltaïque en Suisse. Étant donné l'urgence de la situation, le Parlement a étudié la réquisition du moindre centimètre carré pour installer des panneaux photovoltaïques: le patrimoine immobilier de la Confédération, les murs antibruit, les façades, les toits et les couvertures existantes des CFF et de l'OFROU, les surfaces disponibles le long des routes nationales et les grandes surfaces dans les régions de montagne.

Si la politique helvétique s'est évertuée à stocker ou produire un maximum de kilowattheures, les débats sociétaux et économiques se sont véritablement concentrés sur la hausse du prix de l'énergie. La hausse du prix de l'essence a occupé tous les esprits durant le printemps et l'été 2022 et la hausse des prix de l'électricité pour 2023 a affolé les compteurs au début de l'automne. D'après les entrepreneurs helvétiques, la hausse du prix de l'énergie serait un fardeau plus lourd à porter que le franc fort ou le Covid-19. Dans un premier temps, le Conseil fédéral a mis sur pied un groupe de travail pour étudier différentes mesures pour aider les ménages et les entreprises face à la hausse des prix de l'énergie. Puis, plusieurs parlementaires ont déposé des objets pour soutenir les ménages à faibles revenus grâce à des aides financières temporaires, ou une allocation énergie. Néanmoins, ces propositions ont été balayées dans les chambres. À l'identique, le Conseil fédéral a finalement conclu, à partir des recommandations du groupe de travail, qu'il n'était pas nécessaires de prendre de mesures extraordinaires pour soutenir les entreprises ou les ménages face à la hausse des prix de l'énergie.

En dehors de la Coupole fédérale, les partis politiques ont mis toute leur énergie à trouver un coupable indigène à la crise énergétique actuelle. L'UDC a notamment déclaré que les maux énergétiques que la Suisse rencontre actuellement ne seraient que le fruit d'une mauvaise gestion du conseiller et des conseillères fédérales socialistes et démocrate-chrétienne qui se sont partagés le siège du Département fédéral de l'énergie depuis 1995. L'élection d'Albert Rösti, et la nouvelle répartition des départements, a fait écho à ces critiques. En effet, dès 2023, un agrarien sera à la tête du Département de l'environnement, des transports, de l'énergie et de la communication (DETEC). Sinon, la plupart des partis politique ont mijoté leur propre solution pour résoudre cette crise. Par exemple, le Parti socialiste a revendiqué une restructuration complète du marché de l'électricité. L'UDC a proposé la nomination d'un général de l'électricité et lancé une campagne d'affiches publicitaires sur la hausse du prix de l'essence. Mais surtout, le PLR a proposé la levée de l'interdiction de construire des nouvelles centrales nucléaires, décidée en mai 2017 lors de la votation populaire sur la Stratégie énergétique 2050. Un comité d'élus de partis de droite, et des représentant.e.s de l'économie, ont ainsi lancé l'initiative populaire «De l'électricité pour tous en tout temps». Ces débats sur l'atome ont eu lieu en parallèle de la décision de la Nagra d'entreposer les déchets nucléaires suisses sur le site des Lägern, entre les cantons d'Argovie et de Zürich.

En conclusion, la politique énergétique suisse a été marquée, d'un côté, par l'activité gouvernementale pour sécuriser l'approvisionnement énergétique helvétique à court-terme et l'unité des partis politiques pour adopter tacitement une multitude d'objets parlementaires liés à la sécurité de l'approvisionnement énergétique à long-terme. Alors que, d'un autre côté, les (en)jeux politiques dans la presse et la décision de ne pas aider les ménages et entreprises face à la hausse des prix de l'énergie, malgré les nombreux appels du pied relayés par la presse, ont également résonné en Suisse.

Rétrospective annuelle 2022: Énergie
Dossier: Jahresrückblick 2022

Zwei Themen dominierten die mediale Diskussion im Jahr 2022 hinsichtlich Lobbying: Eine Auswertung des Vereins «Lobbywatch» zur Anzahl bezahlter Mandate von Parlamentsmitgliedern sowie – damit verknüpft – die Kritik am für den Bundesrat kandidierenden und später zum Nachfolger von Ueli Maurer gekürten Albert Rösti bzw. seinen zahlreichen Mandaten.

Lobbywatch, ein Verein, der nach eigenen Aussagen durch Offenlegung von Interessenbindungen von Parlamentsmitgliedern mehr Transparenz in die Politik bringen will, veröffentlichte Ende Oktober 2022 eine Liste, auf der die Parlamentsmitglieder hinsichtlich ihrer bezahlten Mandate rangiert wurden. Seit 2019 müssen Parlamentarierinnen und Parlamentarier ihre ausserparlamentarischen, entschädigten und ehrenamtlichen Tätigkeiten offenlegen. Lobbywatch zog für seine Rangliste nicht bloss diese öffentlich einsehbaren Dokumente bei, auf denen von den aktuellen 246 Parlamentsmitgliedern insgesamt 2'363 Interessenbindungen vermerkt waren, sondern nach eigenen Angaben auch Einträge im Handelsregister und weitere, «eigene Recherchen». Die Medien interessierten sich sehr für diese Liste, insbesondere für die Spitzenplätze. Dort befanden sich Ruth Humbel (mitte, AG) mit 21 bezahlten Mandaten, gefolgt von Peter Schilliger (fdp, LU) mit 18 Mandaten und ex aequo mit jeweils 16 Mandaten Martin Schmid (fdp, GR), Beat Walti (fdp, ZH), Erich Ettlin (mitte, OW) und Albert Rösti (svp, BE). Ruth Humbel sei die «Ämtli-Königin», berichtete in der Folge etwa der Blick über die Rangliste.
Die Auswertung zeigte weiter, dass insgesamt jedes dritte Mandat entlohnt wurde. Ehrenamtliche, also unbezahlte Tätigkeiten seien bei Parlamentsmitgliedern im linken ideologischen Spektrum verbreiteter als auf bürgerlicher Seite, so die Studie dazu. Fast jedes zweite Mandat in der Mitte-EVP- und in der SVP-Fraktion werde gegen Entgelt erbracht; total wurden in der Mitte-EVP-Fraktion 245 und in der SVP-Fraktion 186 bezahlte Mandate gezählt. In der FDP-Fraktion betrug der Anteil bezahlter Mandate an allen Mandaten laut Lobbywatch 38 Prozent (total 218 bezahlte Mandate), bei der GLP 33 Prozent (45 bezahlte Mandate), bei der SP 25 Prozent (118 bezahlte Mandate) und bei den Grünen 23 Prozent (64 bezahlte Mandate).

Die Auswertung von Lobbywatch stiess allerdings auch auf Kritik. Ruth Humbel beklagte sich etwa im Blick, dass bei ihr falsch gezählt worden sei. Sie habe offiziell lediglich sieben Mandate inne; die in der Studie aufgelisteten weiteren Mandate erbringe sie ehrenamtlich oder es handle sich um Vereinsmitgliedschaften. Lobbywatch weise bei ihr zudem auch Mandate von Untergesellschaften auf (z.B. Concordia Beteiligungen AG, Stiftung Concordia), obwohl sie nur für das Hauptmandat (Concordia-Krankenkasse) entlohnt werde. Zudem sei die Auswertung «unfair», weil nicht zwischen der Höhe der Bezahlung differenziert werde. So werde ihr Mandat bei Vitaparcours, für das sie lediglich CHF 150 pro Jahr erhalte, gleich bewertet und gezählt wie alle anderen Mandate, die weitaus höher entlohnt würden. Humbel kündigte in der Aargauer Zeitung gar zivilrechtliche Schritte an. Auch Maja Riniker (fdp, AG) forderte den Verein vergeblich auf, Korrekturen an ihren Einträgen vorzunehmen.
Die NZZ kritisierte «den schalen Beigeschmack», den die Liste aufgrund der von Humbel im Blick erwähnten Unzulänglichkeiten hinterlasse. Eifrige «Ämtlisammler» stünden «zu Unrecht am Pranger», so die NZZ. Die Liste nähre zudem die gängigen Vorurteile. Interessenbindungen seien nicht eine Frage von Machtungleichgewicht und klandestinem Einfluss, sondern für das Milizparlament wichtig, weil Parlamentsmitglieder dadurch an Expertise in wichtigen Fachbereichen gewännen.
Lobbywatch argumentierte anfänglich, man habe alle Mandate gezählt, weil diese jeweils auch die Verfolgung unterschiedlicher Interessen anzeigten. Ein paar Tage später musste der Verein jedoch zurückkrebsen. Man habe bei Ruth Humbel in der Tat versehentlich auch sieben ehrenamtliche Ämter mitgezählt, wurde bekannt gegeben. Sie habe also nicht 21, sondern 14 bezahlte Mandate. Lobbywatch entschuldigte sich offiziell für die entstandenen Unannehmlichkeiten. Neu an der Spitze der Liste stand nun also Peter Schilliger, wie die Medien berichtigten.

Einigen Wirbel löste die Liste auch im Rahmen der Bundesratsersatzwahlen 2022 aus. Dass Albert Rösti, der Kronfavorit auf die Nachfolge von Ueli Maurer, so viele Mandate innehatte, führte zu Diskussionen über eine allfällige Abhängigkeit von verschiedenen Interessengruppen in der Regierung. Der «prince du lobbyisme», wie Le Temps Albert Rösti bezeichnete, bzw. die Breite seiner verschiedenen Mandate könne aber auch als Zeichen seiner Verankerung in bürgerlich-konservativen Kreisen gelesen werden, so Le Temps weiter. Albert Rösti verteidigte sich in der Zeitung auch selber: Weil man keine kompromittierenden Dinge über ihn finde, würde man vor allem seine Mandate zum Thema machen. Das störe ihn aber nicht, weil er, wie andere auch, Milizparlamentarier mit verschiedenen Einkommensquellen sei; das seien bei ihm sein Nationalratsmandat, sein Amt als Gemeindepräsident von Uetendorf und als Präsident von Auto-Schweiz. Würde er zum Bundesrat gewählt, werde er selbstverständlich alle Mandate niederlegen, so Rösti in Le Temps.

Lobbying 2022
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Nach den turbulenten Vorjahren kehrte 2022 in der Diskussion um E-Voting wieder etwas Ruhe ein. Der Bundesrat konnte scheinbar mit einer auf Verordnungsrevisionen basierenden und per 1. Juli 2022 in Kraft gesetzten Neuausrichtung einige Gemüter beruhigen. Mit der neuen Grundlage wurden nämlich die Sicherheitsstandards für neue Systeme verstärkt und eine kontinuierliche Überprüfung verlangt.

Das einzig verbleibende E-Voting-System der Post war erstes Objekt dieser neuen Bestimmungen. Bereits im Vorjahr hatte der Bundesrat externe unabhängige Expertinnen und Experten mit einer Überprüfung des Post-Systems beauftragt. Diese hatten das sogenannte kryptographische Protokoll, das den Schutz von vertraulichen Informationen regelt, die Software selber und die Betriebsinfrastruktur zu testen. Darüber hinaus war ein Intrusionstest vorgeschrieben, also eine Einladung an Hackerinnen und Hacker, das System gegen Belohnung auf Mängel zu überprüfen. Die Resultate der Tests lagen im April 2022 vor. Sie zeigten, dass das neue System der Post im Vergleich zum Vorläufer wesentlich verbessert worden war. Beim Intrusionstest konnten keine Mängel gefunden werden. Sicherheitslücken wurden allerdings im kryptographischen Protokoll, also beim Datenverschlüsselungsverfahren festgestellt. Die Post musste entsprechend nachbessern und das System soll in Folge erneut überprüft werden.

Da sich die Diskussionen um E-Voting scheinbar beruhigten, wurden in den Medien sporadisch andere Digitalisierungsprojekte in den Fokus genommen. Darunter vor allem E-Collecting, also die Möglichkeit, Volksinitiativen und Referenden mittels digitaler Unterschrift zu unterstützen. Im Moment muss eine entsprechende Unterschrift von Hand auf entsprechenden Unterschriftenbogen angebracht werden. Es besteht allerdings die Möglichkeit, solche Unterschriftenbogen z.B. aus dem Internet herunterzuladen oder als E-Mail-Anhang zu verschicken. Diese teilweise vorfrankierten Bogen müssen ausgedruckt, unterschrieben und ans Komitee gesandt werden. E-Collecting würde hier Medienbruchfreiheit bringen, indem etwa auf Basis einer E-ID eine Unterschrift rein digital abgegeben werden kann. Im Vorjahr hatte der Nationalrat den Bundesrat mit einem Postulat beauftragt, einen Bericht über eine mögliche Einführung von E-Collecting zu verfassen. In den Medien wurde freilich diskutiert, ob eine Datenbank an Mail-Adressen mit Unterschriftswilligen, wie sie etwa die Plattform We-Collect besitzt, bereits heute das Sammeln von Unterschriften zu stark vereinfache. Während die Aargauer Zeitung diesbezüglich den Gründer von We-Collect, Daniel Graf, zu Wort kommen liess, der von einer «demokratischeren direkten Demokratie» oder von einem «Fonds für die Demokratie» sprach, mit dem neue Ideen rasch lanciert werden könnten, warnte die NZZ vor «Gesinnungsdatenbanken», mit denen «die Polarisierung beschleunigt» würde, oder von einer «Plattformökonomie», die von Grosskonzernen betrieben oder beeinflusst werde.

«Vote électronique» – Kritik und gesellschaftliche Debatte von 2015 bis 2022
Dossier: Vote électronique

Nach zwei Rekordjahren – sowohl 2020 als auch 2021 war die Arbeitsbelastung des Parlaments gemessen an der Zahl eingereichter, neu vorgelegter oder erledigter Vorstösse und Geschäfte rekordhoch gewesen – wurde 2022 ein leichter Rückgang verzeichnet.
Noch immer war die Zahl der Vorstösse, mit denen Parlamentsmitglieder Auskünfte bei der Exekutive verlangen (75 Anfragen, 1'018 nur für den Nationalrat vorgesehene Fragen für die Fragestunde, 902 Interpellationen), beinahe 65 Prozent höher als der langjährige Durchschnitt (total 1'257). Im Vergleich zum Vorjahr wurden aber weniger Postulate (202; 2021: 240) und parlamentarische Initiativen (101; 2021: 131) eingereicht. Hingegen nahm die Zahl der 2022 neu eingereichten Motionen im Vergleich zum Vorjahr wieder leicht zu (547; 2021: 528). Praktisch unverändert blieb die Anzahl neu vorgelegter Bundesratsgeschäfte (73; 2021: 72) und Standesinitiativen (25; 2021: 24). 2022 wurden zudem 43 Petitionen eingereicht (2021: 53) und das Parlament hatte über 41 Wahlgeschäfte zu befinden, die grösste Zahl seit dem Jahr 2000 (Schnitt von 2000-2022: 27).

Ein leichter Rückgang – verglichen mit den beiden Vorjahren – konnte 2022 auch bei der Erledigung der Gesamtzahl aller Vorstösse und Geschäfte beobachtet werden. Lag dieser Wert 2021 noch bei 3'530, wurden 2022 insgesamt 3'251 Erledigungen gezählt, was freilich noch weit über dem langjährigen Schnitt zwischen 2000 und 2022 lag (2'081). Der leichte Rückgang zeigte sich allerdings nicht bei allen Kategorien: 2022 beantwortete vor allem die Verwaltung im Vergleich zu 2021 etwas weniger Anfragen (81; 2021: 100; Schnitt 2000-2021: 131), Fragen (1'015; 2021: 1253; Schnitt: 570) und Interpellationen (812; 2021: 921; Schnitt: 534); auch hier war die Aufgabenlast aber nach wie vor überdurchschnittlich hoch. Das Parlament erledigte derweil 344 Postulate (2021: 298) – mehr als jemals zuvor seit dem Jahr 2000 (Schnitt: 187) –, 696 Motionen (Schnitt: 397) und 128 parlamentarische Initiativen (Schnitt: 96). Die starke Aktivität der Kantone im Covid-19-Pandemie-Jahr 2020, als nicht weniger als 45 Standesinitiativen eingereicht worden waren, resultierte 2022 in einer ebenfalls rekordhohen Zahl von 41 erledigten Standesinitiativen (Schnitt: 20). In Anbetracht der hohen Zahl an 2022 eingereichten Parlaments- bzw. Wahlgeschäften kam es auch in dieser Kategorie 2022 zu den meisten Erledigungen (37 erledigte Geschäfte; Schnitt: 26) seit 2000. Unterdurchschnittlich waren 2022 hingegen die Zahl erledigter Bundesratsgeschäfte (69; Schnitt: 81) sowie die Zahl erledigter Petitionen (28; Schnitt: 29).

Die reine Zahl der erledigten Motionen und Postulate führt freilich zu einer Überschätzung der parlamentarischen Arbeitsbelastung. «Erledigt» bedeutet nämlich nicht bloss «debattiert» im Sinne von «angenommen» oder «abgelehnt», sondern auch «unbehandelt abgeschrieben» oder «zurückgezogen». Für Diskussionen sorgte in diesem Zusammenhang die sogenannte «Guillotine-Klausel», also die Regel, dass während zweier Jahre seit Einreichung nicht behandelte Postulate und Motionen automatisch abgeschrieben werden. Gegen diese Guillotine-Klausel reichte Matthias Jauslin (fdp, AG) 2022 eine parlamentarische Initiative ein: Durch eine Optimierung der parlamentarischen Behandlung von Vorstössen solle der Anteil abgeschriebener Postulate und Motionen verringert werden, so die Forderung.
Allerdings war der Anteil abgeschriebener Postulate und Motionen im Jahr 2022 unterdurchschnittlich: Von den 344 erledigten Postulaten wurden 54 abgeschrieben (15.7%; Schnitt 2000-2022: 22.4%) und der Anteil abgeschriebener Motionen lag 2022 gar nur bei 14.4 Prozent (Schnitt: 28.8%). Weil nicht weniger als 140 Motionen im Jahr 2022 zurückgezogen wurden (20.1% aller 696 erledigten Motionen), lag die Zahl effektiv vom Parlament debattierter Motionen bei 456. 178 davon (39%; Schnitt 2000-2022: 36%) wurden angenommen, 144 bereits vom Erstrat und 134 vom Zweitrat abgelehnt. Bei den Postulaten lag die entsprechende Erfolgsquote bei 77 Prozent: Von den 259 behandelten Postulaten (von den total 344 Postulaten waren 31 zurückgezogen und wie erwähnt 54 abgeschrieben worden) wurden 200 angenommen (Schnitt 2000-2022: 69.6%).

Arbeitsbelastung 2022
Dossier: Geschäftsstatistik der Bundesversammlung

En 2022, la population de sept cantons (BE, GL, GR, NW, OW, VD, ZG) s’est rendue aux urnes pour renouveler ses autorités législatives. En 2020 et 2021, les partis écologistes, sur la lancée des élections fédérales de 2019, étaient en constante progression. Si les Vert-e-s ont commencé à s’essouffler légèrement en 2022, le Parti vert’libéral a lui encore surfé sur la vague écologiste. Si l’on met de côté le canton des Grisons, qui a connu un changement de système électoral, 21 sièges supplémentaires sont tombés dans l’escarcelle des vert’libéraux (de 29 à 50 au total des six cantons restants). Ils sont ainsi entrés pour la première fois au législatif à Nidwald et Obwald, et ont progressé dans les autres cantons, à l’exception de Glaris, où ils ont perdu un strapontin. Le Parti des vert-e-s a lui récolté 9 sièges supplémentaires, grâce à de bons scores à Berne (+5 sièges) et Vaud (+4 sièges). Cependant, la gauche n’en est pas ressortie renforcée, car les socialistes ont perdu 15 sièges, avec des scores en recul dans chaque canton. L’UDC et le PLR sont restés plus ou moins stables (-3 sièges pour l’UDC et +2 pour le PLR). L’UDC demeure le parti le plus fort à Berne et Glaris, le PLR à Nidwald et dans le canton de Vaud. À Zoug et Obwald, le parti détenant le plus de sièges est le Centre, qui concourrait pour la première fois sous sa nouvelle bannière dans ces cantons. Issu de la fusion du PDC et du PBD, le parti a certes perdu 5 sièges par rapport au total cumulé de ses deux prédécesseurs, mais le tableau est nuancé selon les cantons. Les forces centristes ont progressé à Obwald, et ont légèrement cédé du terrain sinon, n’ayant désormais plus de représentant.e.s au Grand Conseil vaudois notamment. Au vu de ces résultats, la fusion ne semble pas encore avoir porté ses fruits.
Reste donc le cas des Grisons, où de nouveaux équilibres ont émergé en raison du nouveau système de vote. En effet, un système biproportionnel (double Pukelsheim) a été instauré en lieu et place du système majoritaire, jugé partiellement anticonstitutionnel par le Tribunal fédéral. Ce nouveau système était favorable aux partis plus petits. Sans surprise, les deux fractions les plus fortes au Grand Conseil, à savoir le Centre et le PLR, ont perdu respectivement 19 et 9 sièges, alors que l’UDC et le PS en ont gagné 16 et 7. Ce changement a également profité aux Vert’libéraux (+4 sièges) et aux Vert-e-s (+2 sièges).

Parmi les cantons élisant leurs autorités en 2022, celui qui s'est le plus rapproché de la parité femme-homme est le canton de Berne, avec 39.4 pour cent d'élues (35.6% lors de l'élection précédente). La part des femmes a également augmenté dans les cantons de Nidwald (de 21.7% à 26.7%), de Glaris (de 21.7% à 25%), de Zoug (de 28.8% à 30.0%), des Grisons (de 21.7% à 33.3%) et de Vaud (de 32.0% à 36.0%). En revanche, moins de 20 pour cent des députées sont des femmes à Obwald (de 25.5% à 18.2%), où la Nidwaldner Zeitung a parlé de «véritable débâcle» pour qualifier ce résultat.

Les Nidwaldien.ne.s ont été les champion.ne.s de la participation, avec 47.9 pour cent des ayants droit s'étant rendu.e.s aux urnes. Suivent Obwald (44.2%), Zoug (44.0%) et les Grisons (38.4%). La participation a navigué autour de 34 pour cent dans les cantons de Glaris (34.8%) et Vaud (34.3%), alors que moins d'un.e électeur.trice sur trois a voté dans le canton de Berne (31.9%). Dans certains cantons (Berne, Glaris, Zoug, Grisons), la participation a augmenté par rapport aux élections précédentes.

Au niveau des exécutifs, la stabilité a été de mise dans la plupart des cantons se rendant aux urnes. La répartition des sièges entre les partis n'a, en effet, pas changé à Berne (deux UDC, deux PS, une verte, un PLR, une centriste), à Zoug (trois centristes, deux UDC, deux PLR), à Glaris, où tous les sortant.e.s ont été réélu.e.s (deux PLR, un centriste, une UDC, un PS) et aux Grisons (trois centristes, un PLR, un PS). Le PLR n'a pas été à la fête à Obwald, où il a cédé un siège au Centre (deux centristes, un PCS, un UDC, un sans-parti). A Nidwald, c'est le Parti vert'libéral qui lui a subtilisé un siège (trois centristes, deux UDC, un PLR, un PVL). Peter Truttmann est ainsi devenu le deuxième vert'libéral à entrer dans un exécutif cantonal après Esther Keller à Bâle-Ville. Enfin, le canton de Vaud a vécu un changement de majorité. En effet, l'alliance de droite composée du Centre, du PLR et de l'UDC a repris le quatrième siège cédé à la gauche en 2011. La PS Cesla Amarelle a ainsi été contrainte de quitter le gouvernement au profit de la surprenante centriste Valérie Dittli. Avec l'élection de Dittli, le Centre vaudois possède donc un siège au gouvernement, mais aucun représentant au Grand Conseil. Notons encore que la sœur de Valérie Dittli, Laura Dittli, a, quant à elle, été élue au gouvernement zougois, le canton d'origine de la famille.

Après deux années durant lesquelles les citoyen.ne.s ont dû se rendre aux urnes pour renouveler le mandat accordé à leurs autorités, les «Bestätigungswahlen» ont à nouveau pu se tenir à la Landsgemeinde dans le canton d'Appenzell Rhodes-Intérieures. Sans surprise, les sept membres de l'exécutif ont été confirmés dans leurs fonctions.

Dans le canton de Schwyz, une élection complémentaire s'est tenue en raison des départs de Kaspar Michel (plr) et d'Andreas Barraud (udc). Le PLR et l'UDC ont conservé ces sièges avec les élections de Damian Meier (plr) et Xavier Schuler (udc).

A la fin de l'année 2022, 44 femmes siégeaient dans des exécutifs cantonaux, 3 de plus qu'une année auparavant, sur un total de 154 sièges (28.6% de femmes). 6 cantons ne comptaient aucune femme au sein de leur gouvernement (LU, UR, AR, TI, VS), alors que quatre étaient à majorité féminine (ZH, SO, TG, VD).

Parmi les dix plus grandes villes du pays, la population de Zurich et de Winterthour s'est rendue aux urnes en 2022. Au législatif de la ville de Zurich, la gauche a, de très peu, conservé sa majorité, avec 63 sièges sur 125. Les gains des Vert-e-s n'ont pas compensé les pertes du PS. A droite, le PVL, le PLR et le Centre sont sortis gagnants, alors que l'UDC a perdu des sièges.
A l'exécutif, pas de grand bouleversement des forces en présence: le seul sortant à ne pas briguer un nouveau mandat, membre de la gauche alternative, a été remplacé par une représentante du PS. A l'exécutif de Winterthour, la stabilité a également été de mise puisque tous les sortant.e.s ont été réélu.e.s. Au législatif, le PS est resté le parti le mieux représenté malgré de légères pertes, suivi par l'UDC et le PLR.

Récapitulatif des élections cantonales et communales 2022
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2022
Dossier: Kantonale Regierungsratswahlen 2022
Dossier: Kommunale Wahlen 2022
Dossier: Übersicht über die Wahlen auf Kantons- und Gemeindeebene

In seinem jährlichen Antisemitismusbericht sammelt und analysiert der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) in Zusammenarbeit mit der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) seit 2008 antisemitische Vorfälle aus der deutschsprachigen, rätoromanischen und italienischsprachigen Schweiz. Die Vorfälle sammelt der SIG zum einen über eine interne Meldestelle, andererseits werden auch Fälle aufgenommen, über welche die Medien berichten, sowie vom SIG im Internet selbst recherchierte Fälle. Als Grundlage nutzt der SIG dabei die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance. Für die Westschweiz erstellt die CICAD einen eigenen Antisemitismusbericht, der jedoch methodisch vom Bericht des SIG abweicht.

Wie bereits im Vorjahr verzeichnete der SIG 2022 erneut einen Anstieg an antisemitischen Vorfällen. Wie sein jährlicher Antisemitismusbericht zeigte, kam es 2022 zu insgesamt 910 gemeldeten oder beobachteten antisemitischen Übergriffen (2021: 859). Davon fanden 57 in der realen und 853 in der digitalen Welt statt. In der grossen Mehrheit der Fälle handelte es sich dabei um antisemitische Aussagen (96.3%), deutlich seltener waren Beschimpfungen (1.7%), Schmierereien (1.0%), Karikaturen (0.5%), Plakate/Banner (0.1%) oder Auftritte (0.1%). Zudem gab es gemäss CICAD-Bericht auch wieder einen physischen Übergriff (0.1%) sowie einen Angriff auf eine Synagoge in der Westschweiz. Wie bereits in den beiden Jahren zuvor handelte es sich dabei inhaltlich hauptsächlich um antisemitische Verschwörungstheorien (54.8%) und allgemeinen Antisemitismus, der die Verbreitung von antisemitischen Stereotypen beinhaltet (33.8%), während Israel-bezogener Antisemitismus (6,4%) oder eine Leugnung oder Banalisierung des Holocaust (5.0%) seltener vorkamen.

Gemäss Bericht fördern gewisse Trigger auf internationaler oder nationaler Ebene jeweils antisemitische Übergriffe, so auch im Jahr 2022. Im Untersuchungsjahr wurde der Antisemitismus vor allem durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg angetrieben, wobei die beiden Themen häufig inhaltlich verknüpft würden. Dabei komme der Antisemitismus gemäss Bericht aus einer eher neuen, generell «staats- und gesellschaftsfeindliche[n] Subkultur», welche sich aus dem Milieu der Coronagegnerinnen und -gegner entwickelt habe. Wie bereits in den Vorjahren nutzte diese Gruppierungen insbesondere soziale Medien als Kanal für die Verbreitung solcher antisemitischer Verschwörungstheorien oder für antisemitische Übergriffe. Im Vergleich zum Vorjahr sei es in diesem Jahr aber deutlich seltener zu Widerstand gegen antisemitische Posts gekommen, sogar bei offenem Antisemitismus. Dies könne gemäss SIG entweder daran liegen, dass Antisemitismus innerhalb dieser Gruppierungen mehrheitsfähig geworden sei oder dass diese Kreise ein sehr breit gefasstes Verständnis von Meinungsfreiheit hätten, wodurch auch Hassrede als Meinung akzeptiert werde. Gemäss CICAD-Bericht sei in der Westschweiz auch die Präsidentschaftswahl in Frankreich ein Trigger für Antisemitismus gewesen.

Wie bereits im Jahr zuvor enthielt der Bericht des SIG auch Empfehlungen an die Politik und definierte Handlungsfelder. Dazu gehörten insbesondere bessere rechtliche Möglichkeiten, Antisemitismus im Internet zu bekämpfen, sowie ein Verbot der Verwendung von Nazi-Symbolen in der Öffentlichkeit. Drei Vorstösse zum Thema (Mo. 21.4354, Pa.Iv. 21.524, Pa.Iv. 21.525) veranlassten das BJ Ende 2022 zur Veröffentlichung eines Berichts zur Machbarkeit eines solchen Verbotes, welcher zum Schluss kam, dass dies durchaus möglich sei. Um diese und andere Punkte gezielt angehen zu können, forderte der SIG zudem eine nationale Strategie gegen Antisemitismus. Positiv wertete der SIG hingegen, dass der Bund nach der entsprechenden Kritik über die letzten Jahre das Budget zum Schutz jüdischer und muslimischer Gemeinschaften vorerst bis 2028 von CHF 500'000 auf CHF 2.5 Mio. pro Jahr erhöht habe.

Antisemitismus 2022

Rétrospective annuelle APS 2022
Anja Heidelberger, Karel Ziehli, Marc Bühlmann

Comment la politique suisse gère-t-elle les crises? 2022 entrera dans l’Histoire comme une année (de plus) qui aura apporté de nombreuses réponses à cette question. Non seulement parce que le traitement politique et les conséquences de la crise du Covid-19 ont pris du temps, mais également parce que deux nouvelles crises, la guerre d’agression de la Russie contre l’Ukraine et la menace d’une pénurie d’énergie, ont entraîné un travail politique considérable – au-delà «des affaires courantes» de la politique, dans le cadre desquelles de nombreuses décisions importantes étaient à prendre.


Traitement et conséquences de la pandémie du Covid-19

Après deux ans durant lesquelles le Covid-19 a dominé presque toute la politique suisse, une troisième année de pandémie montrerait-elle le bout de son nez? Et serait-elle même pire que les deux premières? En janvier, de nombreux éléments laissaient encore présager une confirmation de ces craintes, mais il est vite devenu clair que la pandémie avait perdu de son caractère effrayant. De nombreuses mesures de protection contre le Covid-19 seront donc assouplies avant que le Conseil fédéral ne décide, fin mars, de lever les dernières restrictions qui touchaient les citoyennes et citoyens suisses.

Par conséquent, l’attention parlementaire et médiatique portée à la pandémie a nettement diminué, comme le montrent nos analyses APS sur la conjoncture des médias et des objets parlementaires. Mais, malgré tout, le Covid-19 est resté, pour diverses raisons, l’objet de négociations politiques. D’une part, il s’agissait de composer avec une menace certes plus faible, mais toujours présente. Et d’autre part, les parlementaires étaient amenés à s’exprimer sur des interventions déposées au plus fort de la pandémie. Ainsi, le gouvernement a, à nouveau, prolongé la loi Covid-19 afin de continuer à disposer d’instruments pour lutter contre la pandémie jusqu’en juin 2024. L’achat de doses de vaccin a également fait l’objet d’un débat – plus virulent encore que lors des années précédentes – en 2022. L’obligation d’effectuer un test Covid-19 lors de renvois ou d’expulsion a, par ailleurs, été maintenue.

Le Covid-19 aura laissé des traces évidentes dans le domaine des finances fédérales. Jusqu’à fin 2022, la pandémie a creusé un «trou» de CHF 26 milliards dans les caisses. Les propositions de réduction de la dette ont suscité de vives discussions au Parlement. Les conséquences financières de la pandémie se sont également fait ressentir, entre autres, sur les primes d’assurance-maladie de 2023.

L'année 2022 a, en outre, été placée sous le signe d’un travail politique lié aux bouleversements suscités par la crise du Covid-19. C’est ainsi que plusieurs interventions parlementaires ont été discutées pour rendre tant la Confédération que le Parlement plus résilients face à des situations de crise. Les avantages et les inconvénients de la répartition des compétences entre la Confédération et les cantons ont également été discutés dans ce contexte. De plus, la pandémie, mais également la guerre en Ukraine, ont mis en évidence une certaine vulnérabilité en termes de sécurité d’approvisionnement dans de nombreux domaines: dans le domaine médical, notamment s’agissant des unités de soins intensifs et des médicaments, mais également dans le domaine économique, dans le cadre desquels des réserves obligatoires et des mesures visant à réduire la dépendance vis-à-vis de l’étranger ont été exigées.

Le Covid-19 aura eu également des effets sur l’engagement politique: en 2021, de nombreuses organisations avaient reçu un soutien appuyé dans le cadre des manifestations contre les restrictions liées au Covid-19, mais ces groupes ont perdu leur thème mobilisateur lorsque la virulence de la pandémie a diminué. Les nouvelles orientations dans le contenu politique qu’ont pris ces mouvements de protestation ont mené à des querelles internes de leadership et à des échecs aux élections cantonales. Les bénéficiaires de la pandémie et de la politisation accrue de la population qui en a résulté semblent donc plutôt être les partis politiques, dont le nombre d’adhérent.e.s a nettement augmenté depuis la pandémie. Reste à savoir si cette mobilisation politique sera durable – la participation moyenne aux votations nationales, qui était exceptionnellement élevée en 2021, a en tout cas de nouveau nettement diminué en 2022 (passant de 57.2% à 45.9%).


Réactions face à la guerre d’agression menée par la Russie contre l’Ukraine

Fin février s’est produit ce que pratiquement personne n’aurait pu imaginer: la Russie a lancé une guerre d’agression contre l’Ukraine. En Suisse, la guerre a, d’une part, déclenché des discussions animées sur l’orientation de la politique étrangère et de la politique de neutralité. D’autre part, cela aura influencé plusieurs débats et décisions de politique intérieure. C’est ainsi que la politique extérieure a logiquement remplacé la pandémie du Covid-19 en tant que sujet numéro 1 des médias en Suisse, comme l’illustre la figure 1 de l’analyse APS 2022 des objets parlementaires et des journaux.

C’est en réaction à une forte pression politique, provenant tant de l’interne que de l’externe, que le Conseil fédéral reprendra fin février les sanctions décidées par l’UE contre la Russie, ainsi que celles qui suivront. Le Conseil fédéral n’a pas manqué de souligner que la neutralité n’était pas touchée par ces décisions. Une partie du Parlement a, malgré tout, vu les choses différemment. La direction prise par le régime de sanctions et ses conséquences sur la neutralité ainsi que sur les «bons offices» ont fourni matière à de discussions approfondies, qui ont notamment débouché sur un rapport actualisé du Conseil fédéral sur la neutralité ou encore sur le lancement d’une initiative sur la neutralité par «Pro Suisse», successeur de l’ASIN.

La conséquence directe de la guerre a été l’accueil de réfugié.e.s en provenance d’Ukraine. C’est ainsi que, jusqu’à la fin de l’année, environ 70'000 personnes ont été accueillies en Suisse. En mars, le statut de protection S a été activé pour la première fois, accordant aux réfugié.e.s d’Ukraine un droit de séjour sans devoir passer par une procédure d’asile ordinaire. A cette occasion, les discussions n’ont pas uniquement porté sur le traitement différencié entre réfugié.e.s de différents Etats, mais également sur la répartition des demandeuses et demandeurs d’asile entre les cantons.

La guerre a également eu des conséquences indirectes sur la politique intérieure. C’est ainsi que, peu après le début du conflit, le Parlement décidera d’augmenter le budget militaire à 1 pour cent du PIB d’ici 2030. En 2019, ce chiffre atteignait 0.67 pour cent. L’agression russe a montré l’importance de la défense militaire, a-t-il argumenté. Mais ce qui a été particulièrement contesté, était de savoir quoi faire avec cet argent supplémentaire, d’autant plus que l’achat des avions de combat F-35A – qui a fait l’objet de vives discussions et a été décidé cet été malgré une initiative populaire en suspens – avait déjà été budgétisé.

Mais il n’y a pas que la sécurité militaire de la Suisse qui a profité d’une plus grande attention depuis le début de la guerre. Il en a également été de même quant à la sécurité de l’approvisionnement dans le secteur agricole. C’est ainsi que le faible taux d’auto-approvisionnement alimentaire de la Suisse combiné aux perturbations que connaitront les livraisons agricoles de ces deux grands pays exportateurs que sont l’Ukraine et la Russie ont déclenché des discussions sur la nécessité de mettre en place un deuxième plan de bataille agricole, autrement dit, un nouveau «Plan Wahlen». Le Parlement n’aura traité, en 2022, aucun autre sujet autant de fois que l’agriculture, comme le montre la figure 2 de l’analyse APS des objets parlementaires et des médias.

La guerre en Ukraine a également eu des répercussions sur la BNS, qui s’attendait à des pertes à hauteur de CHF 150 milliards en 2022, notamment en raison de ses positions en devises étrangères. Cela aura également des conséquences sur les finances de la Confédération, des cantons et des communes, la BNS ne pouvant, cette année, pas procéder à une redistribution du bénéfice.

Finalement, la guerre en Ukraine et le nombre élevé de réfugié.e.s ont également mis les établissements scolaires au pied du mur. En plus de l’importante pénurie d’enseignant.e.s déjà existante, l’accueil d’enfants ukrainiens, qui ne parlent que très rarement l’une des langues nationales en arrivant, a représenté et représente encore un défi de taille pour l’enseignement scolaire.


Crise redoutée dans le domaine de l’énergie

Conséquence directe de la guerre en Ukraine, le problème de l’approvisionnement en énergie s’est également aggravé. Au cours de l’année, les prix de l’énergie n’ont cessé d’augmenter. S’agissant de l’électricité, il a été communiqué, fin août, que les prix pour les ménages augmenteraient même de 27 pour cent en moyenne en 2023. Pour expliquer cette forte hausse des tarifs, le Conseil fédéral a évoqué entre autres les augmentations de prix sur le marché de gros, poussées notamment par la hausse des prix du gaz due à la guerre et aux sanctions. Ensuite, le gouvernement s’est préparé à une situation de pénurie de gaz. Les autorités participeront ainsi, d’une part, à la constitution de réserves de gaz en Europe et édicteront, d’autre part, une ordonnance selon laquelle les bâtiments chauffés au gaz ne pourront pas dépasser les 20 degrés en cas de pénurie grave de gaz. Cela a suscité des critiques au sein de la population: certaines voix craignant qu’on en vienne à un «contrôle de la température» dans les maisons privées.

En réaction à la pénurie d’énergie, le Conseil fédéral a voulu miser en premier lieu sur les énergies renouvelables – il a notamment fait augmenter temporairement la production des centrales hydroélectriques et a souhaité simplifier la procédure d’autorisation pour les grandes installations hydroélectriques et éoliennes. Malgré une possible pénurie, le Conseil fédéral a tout de même opté, en cas d’urgence, pour l’énergie au gaz, faisant construire une centrale à gaz de réserve, qui devrait être mise en service en février 2023. En outre, des voix se sont élevées pour miser à nouveau sur l’énergie nucléaire – un comité d’initiative proche du PLR lançant même une initiative demandant «De l’électricité pour tous en tout temps (Stop au blackout)». Par le biais d’une campagne, le gouvernement a, de son côté, voulu sensibiliser la population à une utilisation économe de l’énergie qui pourrait se faire rare.

La crise énergétique aura eu, pour la protection du climat et de l’environnement, tant des avantages que des inconvénients: d’un côté, elle a probablement contribué à ce que le contre-projet indirect à l’initiative pour les glaciers obtienne une majorité, celui-ci visant également une réduction des combustibles fossiles. D'un autre côté, le Parlement a adopté des mesures urgentes visant à assurer rapidement l’approvisionnement en électricité pendant l’hiver – ce qui n’a pas manqué de susciter des critiques dans les milieux de la protection de la nature et de l’environnement.

L’effet le plus perceptible de la crise énergétique pour la population a été l’augmentation des prix des ressources énergétiques. Les coûts du carburant ont ainsi pris l’ascenseur en 2022 (70367), entraînant un renchérissement du coût de la vie et une hausse des taux d’intérêt hypothécaires. Cela a donc conduit à de multiples propositions visant à soutenir la population – par exemple, par une baisse de l’impôt sur les huiles minérales, par des mesures concernant les primes d’assurance-maladie ou encore, par une suppression de la valeur locative pour les retraité.e.s – la valeur locative n’a pas été touchée en 2022, malgré des discussions de longue date. Le Parlement a donc consacré une session extraordinaire pour débattre de ces interventions, mais n’acceptera finalement que la compensation intégrale du renchérissement pour les rentes AVS. En dehors des arcanes du Parlement, les syndicats ont demandé une augmentation des salaires afin que ceux-ci se calquent sur l‘inflation. La BNS réagira également en augmentant à plusieurs reprises son taux d’intérêt directeur afin de lutter contre l’inflation.


Au-delà des crises

Les préoccupations liées aux effets de la pandémie ont, dans la société également, cédé la place aux craintes liées à la guerre en Ukraine et à la pénurie d’énergie. La sécurité de l’approvisionnement a été un thème central en 2022 – celle-ci étant considérée comme menacée dans les domaines médical, économique, énergétique et agricole. C’est donc tout logiquement que le baromètre des préoccupations la propulse en première position.

L’année politique 2022 n’a, bien sûr, pas été placée uniquement sous le signe de ces trois crises: l’environnement et les retraites ont également été cités comme des problèmes importants par les personnes interrogées dans le cadre du baromètre des préoccupations. La crise climatique a certes perdu un peu en attention par rapport à l’année précédente, mais le contre-projet à l’initiative pour les glaciers ait fait l’objet d’un travail conséquent. La réforme de l’AVS a, elle, été soumise au vote. Selon les sondages, une majorité d’hommes favorables à la réforme a supplanté une majorité de femmes défavorables, ayant pour conséquence une hausse de l’âge de la retraite des femmes à 65 ans.

En outre, la révision du droit pénal en matière sexuelle – «Non c’est non» contre «Oui c’est oui» – a remué les esprits. Les élections pour le remplacement de deux membres du Conseil fédéral ont également enflammé les débats, particulièrement dans les médias, et ont même ravivé le clivage ville-campagne qui s’était atténué par rapport aux années précédentes. En 2022, la forme que devrait prendre les relations avec l’UE, la décision de la NAGRA concernant le lieu de stockage des déchets nucléaires dans la région du «Nord des Lägern» ou encore la gestion du loup ont également provoqué des remous. Mais encore, la démocratie directe n’a pas été en reste: le rejet des deux projets fiscaux, le «non» au train de mesures en faveur des médias et l’adoption de la modification de la loi sur le cinéma ont suscité la joie d’un côté et des froncements de sourcils de l’autre, tandis que l’acceptation de l’initiative «Enfants et jeunes sans publicité pour le tabac» – la 25e initiative populaire nationale couronnée de succès dans l’histoire de la Suisse – provoquera, sans aucun doute, de vives discussions l’année prochaine dans le cadre de sa mise en œuvre.


Que nous réserve 2023?

Une analyse des plus de 850 nouveaux objets parlementaires proposés en 2022 par le Conseil fédéral et par le Parlement pourrait nous aider à répondre à cette question: si l’on s’y fie, alors les thèmes «Transports» et «Groupes sociaux» seront au centre de l’actualité en 2023, comme le montre la figure 3 de l’analyse APS 2022 des objets parlementaires et des journaux. Le thème de «l’énergie» semble, quant à lui, rester très central, avec un doublement du nombre d’interventions déposées par rapport à l’année précédente.

La guerre en Ukraine et la crise énergétique ont servi de base d’argumentation dans de nombreux débats parlementaires en 2022, aboutissant parfois, sur certains d’entre eux, à une opposition bien moins virulente que ce à quoi on aurait pu s’attendre en «temps normal». Reste à savoir s’il en sera de même en 2023. Comme l’a montré la crise du Covid-19, il est probable que les propositions déposées au plus fort de la crise soient considérées comme moins essentielles en l’absence de danger imminent.

APS-Jahresrückblick 2022 – Rétrospective annuelle APS 2022
Dossier: Jahresrückblick 2022

APS-Jahresrückblick 2022
Von Anja Heidelberger, Karel Ziehli und Marc Bühlmann

Wie geht die Schweizer Politik mit Krisen um? 2022 wird als (weiteres) Jahr in die Geschichte eingehen, das zahlreiche Antworten auf diese Frage lieferte. Nicht nur, weil die politische Aufarbeitung und die Folgen der Covid-19-Krise Zeit in Anspruch nahmen, sondern auch weil mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und dem drohenden Energiemangel zwei neue akute Krisen politische Arbeit verursachten – neben dem «normalen Politikbetrieb», in dem ebenfalls zahlreiche zentrale Weichenstellungen anstanden.


Aufarbeitung und Folgen der Covid-19-Pandemie.

Droht nach zwei Jahren, in denen Covid-19 fast die gesamte Schweizer Politik dominierte, tatsächlich ein drittes Pandemiejahr? Und wird dieses womöglich gar noch schlimmer als die ersten zwei? Im Januar deutete zwar noch vieles auf eine Bestätigung dieser Befürchtungen hin, schnell wurde jedoch klar, dass die Pandemie an Schrecken verloren hatte. Entsprechend wurden zahlreiche Massnahmen zum Schutz vor Covid-19 gelockert und Ende März hob der Bundesrat auch die letzten Einschränkungen, welche die Schweizer Bürgerinnen und Bürger betrafen, auf.

In der Folge nahmen die parlamentarische und die mediale Aufmerksamkeit für die Pandemie zwar deutlich ab, wie auch unsere APS-Analysen zur Medien- und zur Geschäftskonjunktur zeigen. Covid-19 blieb aber aus verschiedenen Gründen Gegenstand politischer Verhandlungen. Einerseits ging es darum, sich mit der zwar schwächeren, aber weiterhin vorhandenen Bedrohung zu arrangieren. Andererseits standen einige Vorstösse zur parlamentarischen Beratung an, die im Höhepunkt der Pandemie eingereicht worden waren. So verlängerte die Regierung etwa erneut das Covid-19-Gesetz, um bis Juni 2024 weiterhin Instrumente gegen die Pandemie zur Verfügung zu haben. Auch über die Beschaffung der Impfdosen wurde im Jahr 2022 gestritten – noch heftiger als in den Vorjahren. Aufrechterhalten wurden zudem die zwangsweisen Covid-19-Tests bei Ausschaffungen.

Deutliche Spuren hinterliess Covid-19 im Bereich der Bundesfinanzen. Hier hatte die Pandemie bis Ende 2022 ein «Loch» von CHF 26 Mrd. in die Kasse gerissen. Vorschläge zum Schuldenabbau stiessen im Parlament auf hitzige Diskussionen. Finanzielle Auswirkungen der Pandemie waren unter anderem auch bei den Krankenkassenprämien 2023 spürbar.

2022 stand zudem im Zeichen erster politischer Aufarbeitung der Covid-19-Krise. So wurden verschiedene Vorstösse diskutiert, mit denen Bund und Parlament krisenresistenter gemacht werden sollten. Auch Vor- und Nachteile der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen wurden in diesem Zusammenhang dargelegt. Zudem hatte die Pandemie, aktuell aber auch der Ukraine-Krieg, eine gewisse Vulnerabilität hinsichtlich der Versorgungssicherheit in zahlreichen Bereichen aufgezeigt, insbesondere im medizinischen Bereich, etwa bei den Intensivstationen und den Medikamenten, aber auch im wirtschaftlichen Bereich, wo Pflichtlager und Massnahmen zur Verringerung der Abhängigkeit vom Ausland gefordert wurden.

Auswirkungen zeigte Covid-19 auch auf das politische Engagement: 2021 hatten zahlreiche Organisationen im Rahmen der Proteste gegen die Covid-19-Massnahmen grossen Zuspruch erhalten, diese verloren aber mit Abnahme der Virulenz der Pandemie ihr mobilisierendes Thema. Die inhaltlichen Neuausrichtungen, die die Protestbewegungen in der Folge vornahmen, gingen 2022 dann aber mit inneren Richtungsstreitigkeiten und Misserfolgen bei kantonalen Wahlen einher. Profiteure der Pandemie und der damit zusammenhängenden stärkeren Politisierung der Bevölkerung scheinen deshalb vielmehr die Parteien zu sein, deren Mitgliederzahlen seit der Pandemie deutlich angestiegen waren. Wie nachhaltig diese politische Mobilisierung ist, bleibt abzuwarten – die mittlere Beteiligung bei nationalen Abstimmungen, die 2021 ausserordentlich hoch war, nahm 2022 jedenfalls wieder deutlich ab (von 57.2% auf 45.9%).


Reaktionen auf den Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine

Ende Februar geschah, womit praktisch niemand gerechnet hatte: Russland begann einen Angriffskrieg auf die Ukraine. In der Schweiz löste der Krieg hitzige Diskussionen zur Ausrichtung der Aussen- und Neutralitätspolitik aus und beeinflusste einige innenpolitische Debatten und Entscheidungen. In der Folge löste die Aussenpolitik die Covid-19-Pandemie als Thema Nummer 1 der Schweizer Medien ab, wie Abbildung 1 der APS-Analyse 2022 der Parlamentsgeschäfte und Zeitungen verdeutlicht.

Nach grossem innen- und aussenpolitischem Druck übernahm der Bundesrat Ende Februar die von der EU beschlossenen Sanktionen gegen Russland und in der Folge auch alle Ausweitungen. Der Bundesrat wurde zwar nicht müde zu betonen, dass die Neutralität davon nicht betroffen sei, Teile des Parlaments sahen dies jedoch anders. Die Ausrichtung des Sanktionswesens und ihre Auswirkungen auf die Neutralität sowie auf die «Guten Dienste» lieferten Stoff für ausführliche Debatten, die unter anderem in einem aktualisierten Neutralitätsbericht des Bundesrats oder in die Lancierung einer Neutralitätsinitiative durch die AUNS-Nachfolgerin «Pro Schweiz» mündeten.

Unmittelbare Folge des Kriegs war die Aufnahme von Flüchtenden aus der Ukraine; bis Ende Jahr wurden rund 70'000 Personen aufgenommen. Im März wurde zum ersten Mal der Schutzstatus S aktiviert, der Flüchtenden aus der Ukraine ein Aufenthaltsrecht gewährt, ohne dass sie ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen müssen. Zu Diskussionen führten diesbezüglich nicht nur die Ungleichbehandlung der Flüchtenden aus verschiedenen Staaten, sondern auch die Verteilung der Asylsuchenden auf die Kantone.

Der Krieg hatte zudem mittelbare innenpolitische Folgen. So entschied das Parlament kurz nach Kriegsausbruch, das Militärbudget bis 2030 auf 1 Prozent des BIP – zu erhöhen. 2019 lag dieser Anteil bei 0.67 Prozent. Der Angriff habe die Wichtigkeit der militärischen Verteidigung aufgezeigt, wurde argumentiert. Strittig war, was mit dem zusätzlichen Geld genau geschehen soll, zumal der heftig diskutierte, im Sommer trotz anstehender Volksinitiative beschlossene Kauf der F-35A-Kampfflugzeuge bereits vorher budgetiert worden war.

Nicht nur der militärischen Sicherheit der Schweiz wurde nach Kriegsausbruch mehr Aufmerksamkeit geschenkt, sondern auch der Versorgungssicherheit im Landwirtschaftsbereich. So löste der tiefe Selbstversorgungsgrad der Schweiz und die drohenden Ausfälle an Lieferungen aus den grossen Agrarexportländern Ukraine und Russland gar Diskussionen um die Notwendigkeit einer zweiten Anbauschlacht, sozusagen eines neuen «Plan Wahlen», aus. Das Parlament beschäftigte sich im Jahr 2022 denn auch mit keinem Thema mehr als mit der Landwirtschaft, wie in Abbildung 2 der APS-Analyse 2022 der Parlamentsgeschäfte und Zeitungen ersichtlich ist.

Auswirkungen hatte der Ukraine-Krieg auch auf die SNB, welche im Jahr 2022 insbesondere aufgrund ihrer Fremdwährungsbestände mit rund CHF 150 Mrd. Verlust rechnete. Dies wird auch Folgen für die Finanzen von Bund, Kantonen und Gemeinden haben, da die SNB in diesem Jahr keine Ausschüttungen wird vornehmen können.

Schliesslich stellten der Ukraine-Krieg und die hohen Zahlen an Flüchtenden auch die Schulen vor grosse Probleme. Zusätzlich zum sonst bereits akuten Lehrerinnen- und Lehrermangel stellten und stellen die zahlreichen ukrainischen Kinder, die in den seltensten Fällen eine Landessprache beherrschen, eine Herausforderung für den Schulunterricht dar.


Drohende Krise im Energiebereich

Als direkte Folge des Ukraine-Krieges verstärkte sich zudem die Versorgungsproblematik im Energiebereich. Im Laufe des Jahres stiegen die Preise für Energie an und Ende August wurde bekannt, dass die Strompreise für Haushalte im Jahr 2023 gar um durchschnittlich 27 Prozent zulegen werden. Als Gründe für die starke Tariferhöhung nannte der Bundesrat unter anderem die Preisanstiege im Grosshandelsmarkt , die vor allem von den aufgrund des Krieges und der Sanktionen steigenden Gaspreisen getrieben wurden. In der Folge bereitete sich die Regierung auf eine Gasmangellage vor. Einerseits half sie beim europäischen Aufbau von Gasreserven mit, andererseits erliess sie eine Verordnung, gemäss der mit Gas beheizte Gebäude bei einer akuten Gasmangellage nur noch bis 20 Grad beheizt werden dürfen. Dies führte auch zu Kritik aus der Bevölkerung: Einige Stimmen äusserten gar die Befürchtung, dass es zu einer «Temperaturkontrolle» in Privathäusern kommen könnte.

Als Reaktion auf die Energieknappheit wollte der Bundesrat in erster Linie auf erneuerbare Energien setzen – er liess unter anderem temporär die Produktion der Wasserkraftwerke erhöhen und wollte das Genehmigungsverfahren für grosse Wasser- und Windkraftanlagen vereinfachen lassen. Trotz möglicher Knappheit setzte er für den Notfall aber trotzdem auch auf Gaskraft und liess ein Reservegaskraftwerk bauen, das im Februar 2023 in Betrieb gehen soll. Zudem wurden Stimmen laut, die verstärkt wieder auf Atomkraft setzen wollten – ein Initiativkomitee um die FDP lancierte gar eine Initiative, mit der es «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)» forderte. Mit einer landesweiten Kampagne wollte die Regierung überdies die Bevölkerung dafür sensibilisieren, mit der knappen Energie sparsam umzugehen.

Vor- und Nachteile brachte die Energiekrise für den Klima- und Umweltschutz mit sich: Einerseits verhalf sie womöglich dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative zu einer Mehrheit, da dieser auch auf eine Reduktion fossiler Brennstoffe abzielte. Gleichzeitig verabschiedete das Parlament dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter – was aber in Natur- und Umweltschutzkreisen durchaus auch auf Kritik stiess.

Den für die Bevölkerung spürbarsten Effekt hatte die Energiekrise in Form von Preisanstiegen bei Energieträgern. So wuchsen die Treibstoffkosten im Jahr 2022 stark an und sorgten damit für einen allgemeinen Anstieg der Teuerung sowie der Hypothekarzinsen. Dies führte zu breiten Forderungen nach Unterstützung für die Bevölkerung – etwa durch eine Senkung der Mineralölsteuer, Massnahmen bei den Krankenkassenprämien oder eine Abschaffung des Eigenmietwerts für Rentnerinnen und Rentner – der Eigenmietwert selbst blieb trotz langjähriger Diskussionen auch im Jahr 2022 unangetastet. Das Parlament widmete den entsprechenden Vorstössen eine ausserordentliche Session, nahm dabei aber einzig den vollständigen Teuerungsausgleich für die AHV-Renten an. Zudem forderten die Gewerkschaften eine Erhöhung der Löhne, so dass diese mit der Teuerung schritthalten können. Auch die SNB reagierte und erhöhte in der Folge mehrfach den Leitzins, um die Teuerung zu bekämpfen.


Über die Krisen hinaus

Auch in der Gesellschaft machten im Jahr 2022 die Sorgen vor den Auswirkungen der Pandemie den Sorgen aufgrund des Kriegs in der Ukraine und der Energieknappheit Platz. Die Versorgungssicherheit war im Jahr 2022 ein zentrales Schlagwort – gefährdet sah man sie etwa im medizinisch, wirtschaftlichen, Energie- sowie im Landwirtschaftsbereich. Im Sorgenbarometer nahm sie denn auch den ersten Platz ein.

Das politische Jahr 2022 stand aber natürlich nicht bloss im Zeichen dieser drei Krisen, auch die Umwelt und die Renten wurden von den im Rahmen des Sorgenbarometers Befragten als wichtige Probleme genannt. Zwar verlor die Klimakrise in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr etwas an Aufmerksamkeit, jedoch wurde insbesondere am indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative gearbeitet. Abgestimmt wurde über die AHV-Reform, bei der laut Nachbefragungen eine zustimmende Mehrheit der Männer eine ablehnende Mehrheit der Frauen überstimmte und – unter anderem – das Frauenrentenalter auf 65 Jahre erhöhte.

Daneben bewegte die Revision des Sexualstrafrechts – «Nein heisst Nein» vs. «Nur Ja heisst ja» – die Gemüter. Auch die Bundesratsersatzwahlen entflammten vor allem mediale Diskussionen, die gar den im Vergleich zu den Vorjahren eigentlich abflauenden Stadt-Land-Graben wieder zum Kochen brachten. Für rote Köpfe sorgten 2022 etwa auch die Ausgestaltung der Beziehungen zur EU, der Entscheid der NAGRA für den Standort von Atomabfällen im Gebiet «Nördlich Lägern» oder der Umgang mit dem Wolf. Aber auch die direkte Demokratie sorgte wie üblich für Gesprächsstoff: Insbesondere die Ablehnung der beiden Steuervorlagen, das «Nein» zum Medienpaket und die Annahme der Änderung des Filmgesetzes sorgten für Freude auf der einen und Stirnrunzeln auf der anderen Seite, während die Annahme der Initiative für «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» – das 25. erfolgreiche nationale Volksbegehren in der Geschichte der Schweiz – nächstes Jahr für heisse Diskussionen bei der Umsetzung sorgen wird.


Was erwartet uns 2023?

Ein Hinweis zur Beantwortung dieser Frage könnten die mehr als 850 im Jahr 2022 neu vorgelegten Bundesratsgeschäfte oder neu eingereichten parlamentarischen Vorstösse bieten: Geht es nach ihnen, stünden im nächsten Jahr die Themen «Verkehr» und «Soziale Gruppen» im Mittelpunkt des Geschehens, wie Abbildung 3 der APS-Analyse 2022 der Parlamentsgeschäfte und Zeitungen verdeutlicht. Weiterhin sehr zentral scheint das Thema «Energie» zu bleiben, zu dem verglichen mit dem Vorjahr noch einmal mehr als doppelt so viele Vorstösse lanciert wurden.

Der Ukraine-Krieg und die Energiekrise haben 2022 in zahlreichen parlamentarischen Debatten als Argumentationsbasis gedient, auf der manche Vorstösse auf deutlich weniger Gegenwehr stiessen, als dies im «Normalbetrieb» zu erwarten gewesen wäre. Es bleibt abzuwarten, ob dies auch 2023 so bleiben wird. Womöglich werden – wie die Reformvorschläge für Regierung und Parlament in der Covid-19-Krise gezeigt haben – die Geschäfte, die noch während der Krise vorgelegt wurden, beim Fehlen einer akuten Gefahr nicht mehr so heiss gegessen werden, wie sie gekocht wurden.

APS-Jahresrückblick 2022 – Rétrospective annuelle APS 2022
Dossier: Jahresrückblick 2022

Dans le cadre de l'ordonnance sur une réserve d'énergie, le Conseil fédéral a signé un accord pour une centrale de réserve à gaz à Cornaux dans le canton de Neuchâtel. Il s'agit de la seconde centrale de réserve après celle de Birr dans le canton d'Argovie.

Une centrale de réserve à gaz à Cornaux

Im Kanton Glarus verloren die Grünen Ende 2022 zwei Aushängeschilder an die GLP: Bloss ein halbes Jahr nach den Landratswahlen traten die Landrätinnen Priska Müller Wahl und Nadine Landolt Rüegg zur GLP über. Als Begründung nannten sie an einer Medienkonferenz «unterschiedliche Ansichten betreffend Organisation, Ressourceneinsatz und demokratischen Entscheiden», ohne weiter ins Detail gehen zu wollen. Inhaltliche Differenzen seien jedenfalls nicht ausschlaggebend gewesen, wie auch die Grünen in ihrer Stellungnahme betonten. Die Kantonalpartei erklärte, dass die beiden altgedienten Ländrätinnen «offenbar den Generationenwechsel, der mit dem neuen Vorstand eingeleitet werden konnte, und den damit verbundenen neuen und pragmatischen Stil nicht mittragen wollten».
Im Glarner Kontext war der Schritt insofern ein Novum, als damit erstmals in dem Kanton grüne Amtsträgerinnen zur GLP wechselten: Anders als in anderen Kantonen war die Glarner GLP 2013 nicht als Abspaltung der Grünen gegründet worden, sondern durch «Christlichsoziale, die in der CVP offenbar keine Zukunft mehr sahen», wie die Glarner Nachrichten schrieben; auch danach sei es «bis jetzt nicht zu Übertritten von grünen Schwergewichten gekommen».

Die Landratsfraktion der Grünen schrumpfte mit dem Doppelwechsel von 8 auf 6 Mitglieder, die Vertretung der GLP wuchs hingegen von 3 auf 5. Die Glarner Grünliberalen konnten damit erstmals eine eigene Fraktion bilden, nachdem sie bei den Wahlen 2022 ihr erklärtes Ziel, Fraktionsstärke zu erreichen, noch verpasst und sogar einen Sitz eingebüsst hatten.
Mit dem Entstehen der neuen Fraktion hatte das Glarner Kantonsparlament zu entscheiden, wie mit zwei widersprüchlichen Vorgaben der Landratsverordnung umzugehen sei: Diese schreibt einerseits vor, dass in jeder Kommission jede Fraktion mit mindestens einem Sitz vertreten sein soll, andererseits sehen die Regeln eine Besetzung der Kommissionssitze lediglich zu Legislaturbeginn vor. Eine knappe Landratsmehrheit lehnte eine vorgezogene Neuverteilung der Kommissionssitze schliesslich ab; die Nein-Stimmen kamen von der SVP und der FDP, welche bei einer Neuverteilung Mandate hätten abgeben müssen. Damit blieben bis zum Ende der Legislatur 2026 zwei Kommissionen ohne Vertretung der Grünliberalen und eine Kommission ohne Vertretung der Grünen, weil die beiden Parteiwechslerinnen ihre Kommissionssitze von den Grünen zu den Grünliberalen mitnahmen.

Parteiaustritte bei den Grünen

In Erfüllung zweier Postulate Arslan (basta, BS; Po. 17.4121) und Ruiz (sp, VD; Po. 17.4185) veröffentlichte der Bundesrat Ende 2022 den Bericht «Einführung eines dritten Geschlechts oder Verzicht auf den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister – Voraussetzungen und Auswirkungen auf die Rechtsordnung». Darin lehnte es die Regierung ab, ein drittes Geschlecht oder die Möglichkeit zum Verzicht auf den Geschlechtseintrag einzuführen. Eine solche Abkehr vom binären Geschlechtermodell bedinge die Anpassung zahlreicher Rechtserlasse – «von der Bundesverfassung bis auf Verordnungen der untersten Stufe». Von erheblichem Ausmass wären dem Bericht zufolge auch die praktischen Auswirkungen; insbesondere bei der Erhebung von Statistiken befürchtete der Bundesrat einen Informationsverlust. Nicht zuletzt, konstatierte die Regierung, sei die Binarität der Geschlechter «in der Bevölkerung nach wie vor fest verankert», sodass «die gesellschaftlichen Voraussetzungen für eine Aufhebung des Geschlechts oder die Einführung eines dritten Geschlechts heute nicht gegeben» seien.
Mit dieser Haltung stiess der Bundesrat bei Organisationen für die Rechte von non-binären und trans Personen auf wenig Verständnis. Das Transgender Network Switzerland bezeichnete den Bericht in der Presse als «Ohrfeige gegen nichtbinäre Menschen». Dass die Gesellschaft dafür nicht bereit sei, stimme nicht. Das Netzwerk berief sich auf eine 2021 durchgeführte Umfrage von Sotomo, in der sich 53 Prozent der Schweizer Bevölkerung für die Einführung eines dritten Geschlechts in offiziellen Dokumenten ausgesprochen hätten. Die Westschweizer Organisation Epicène kritisierte gegenüber «Le Temps», dass es die Regierung vorziehe, «ihre Komfortzone nicht zu verlassen». Enttäuscht zeigte sich gegenüber den Medien auch Postulantin Sibel Arslan: Der Bundesrat schiebe mit der gesellschaftlichen Verankerung eine Begründung vor; in Wahrheit scheue er sich vor der gesetzgeberischen Verantwortung.

Einführung einer dritten Geschlechtsidentität. Folgen für die Rechtsordnung und für Infostar (Po. 17.4185)

Im Dezember 2022 veröffentlichte der Bundesrat den Bericht in Erfüllung des Postulats Pfister (mitte, ZG) zur Schaffung eines «Swiss Fund» für exportierende KMU. Der Fonds, welcher mit einem Eigenkapitalanteil an Bundesgeldern geschaffen würde, sollte einerseits KMU helfen, einfacher an liquide Mittel für Investitionen zu kommen, und andererseits Investorinnen und Investoren attraktive Anlagemöglichkeiten bieten. Der Bundesrat kam zum Schluss, dass ein staatlicher KMU-Fonds nicht sinnvoll sei und die Finanzierung der KMU über Eigenmittel sowie über Bankkredite gut funktioniere. Die derzeitige Politik setze den Fokus vorwiegend auf die Rahmenbedingungen, zudem gebe es bereits vereinzelt Fonds, etwa für Bürgschaften oder für Innosuisse-Projektmitfinanzierungen, welche aber noch vermehrt genutzt werden könnten. Prüfen wolle der Bundesrat hingegen die Schaffung eines Innovationsfonds für Start-ups, da dort ein Bedürfnis bestehe. Er hatte im Juni 2022 einen entsprechenden Richtungsentscheid gefällt.

Swiss Fund. Une contribution à la maîtrise des défis actuels de la Suisse (Po. 15.3243)

Im Dezember 2022 kam der Bundesrat zum Schluss, dass es derzeit keine neuen staatlichen Instrumente brauche, um die Resilienz der Schweizer Unternehmen zu stärken. Dies legte er in einem Bericht in Erfüllung eines Postulats Noser (fdp, ZH) dar, welcher auf einer Unternehmensbefragung mit anschliessendem Expertinnen- und Expertengespräch basierte. Ständerat Ruedi Noser hatte in seinem Postulat vorgeschlagen, die Bildung von steuerbefreiten Reserven in Unternehmen zu prüfen, die in ausserordentlichen Situationen – wie beispielsweise einer Pandemie – auf Beschluss des Bundesrats aufgelöst werden könnten. Auf diese Weise könne die Risikovorsorge der Schweizer Unternehmen gestärkt werden, hatte sich der Zürcher erhofft. Der Bundesrat argumentierte aber, dass sich ein solcher «ordnungspolitischer Eingriff» nur durch ein Marktversagen rechtfertigen würde – das hier aber nicht gegeben sei. Zudem würden entsprechende steuerliche Massnahmen zu unerwünschten Verzerrungen führen. Der Status quo, insbesondere die antizyklisch agierenden automatischen Stabilisatoren – die Arbeitslosenversicherung, die Kurzarbeit, das progressive Steuersystem und die Schuldenbremse –, sei besser geeignet, um Krisen zu bewältigen. Die einzelnen Unternehmen würden zudem am besten eigenständig entscheiden, welche finanziellen Mittel sie als Reserven anlegen möchten, schloss der Bundesrat seinen Bericht.

Renforcer la résistance des entreprises suisses (Po. 20.3544)
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

Im Dezember 2022 publizierte der Bundesrat einen kurzen Bericht in Erfüllung des Postulats Clivaz (gp, VS) zur Aktualisierung der «Strategie Digitale Schweiz» aufgrund der Erfahrungen mit der Covid-19-Krise. Im Postulat wurde verlangt, die Chancen und Risiken der Nutzung digitaler Hilfsmittel im Beruf und im privaten Rahmen in den Bereichen «Familienleben und Telearbeit», «digitale Bildung», «Datenschutz und Privatsphäre», «Datennetzwerke» und «Bildschirmarbeit» aufzuzeigen. Der Bundesrat erläuterte im Bericht, dass all diese Forderungen des Postulats mit der aktualisierten Strategie, die er gleichentags beschloss, abgedeckt und damit erfüllt würden. So wurde etwa die Forderung von Clivaz, dass die Digitalisierung der Bildung so ausgestaltet sein müsse, dass Kompetenzen und Sinn für Kritik gestärkt würden, angegangen, indem das SBFI einen Aktionsplan mit dem Titel «Digitalisierung im BFI-Bereich in den Jahren 2019–2020» erarbeitete. Dieser verfolgte das Ziel, die digitalen Kompetenzen in den Bereichen Bildung und Forschung zu stärken und damit dafür zu sorgen, dass die Schweiz weiterhin eine Spitzenposition bei der Entwicklung und Anwendung digitaler Technologien einnimmt. In der Folge wurden die im Aktionsplan erarbeiteten Massnahmen in die BFI-Botschaft 2021-2024 integriert und würden nun von den entsprechenden Akteuren weitergeführt. Zudem würden auf allen Ebenen des Schweizer Bildungssystems digitale Kompetenzen in den Unterricht integriert. Gemessen werden könne der Erfolg dieser Massnahmen aufgrund der beiden Messgrössen «Anteil der Bevölkerung mit erweiterten digitalen Kompetenzen» sowie «Anteil IKT-Spezialistinnen und -Spezialisten auf dem Schweizer Arbeitsmarkt», die im Wirkungsbereich «Bildung und Kompetenzen» in der aktualisierten «Strategie Digitale Schweiz» aufgeführt sind. Auch in allen vier anderen Bereichen verwies der Bundesrat auf laufende Arbeiten. Beim Thema Telearbeit habe das SECO beispielsweise eine Empfehlungsbroschüre für Arbeitgebende herausgegeben, im Bereich des Datenschutzes bestehe eine nationale Strategie zum Schutz vor Cyberrisiken, die Datennetzwerke würden mit einer schnelleren Grundversorgung gestärkt und die negativen körperlichen Folgen von Bildschirmarbeit würden etwa mit der Strategie Gesundheit2030 angegangen. Der Bundesrat war deshalb der Ansicht, dass die aktualisierte Strategie des Bundes und die «Aktivitäten der federführenden Organisationen» die Forderungen des Postulats erfüllt hätten und kein weiterer Handlungsbedarf bestehe.

Strategie «Digitale Schweiz» nach dem Coronavirus (Po. 20.3363)

Der Bundesrat legte Ende 2022 einen Bericht zur Regulierung der internationalen Rheinschifffahrt vor, mit dem er das Postulat 18.3750 des Baselbieter Ständerates Claude Janiak (sp, BL) erfüllte. Im Bericht erläuterte er, dass die Regeln und Standards für die europäische Binnenschifffahrt mittels der Zusammenarbeit der ZKR und der Europäischen Kommission über den CESNI erarbeitet werden. Durch ihre Mitgliedschaft in der ZKR und dem Einsitz im CESNI könne die Schweiz aktiv an der Gestaltung der europäischen Binnenschifffahrtsgesetzgebung mitwirken. Seit 2021 sei indes eine verstärkte Einflussnahme der EU-Kommission auf die Rheinschifffahrt festzustellen. Diese Entwicklung stelle die Zuständigkeiten der ZKR in Rechtsetzungsangelegenheiten in einem gewissen Masse in Frage. Ein im Jahr 2022 gefundener Kompromiss zwischen ZKR und EU-Kommission zur Anerkennung von Berufsqualifikationen in der Binnenschifffahrt habe das Spannungsverhältnis zwischen EU- und ZKR-Zuständigkeiten jedoch etwas entschärft und könne als Modell für die Lösung zukünftiger Probleme herangezogen werden. Bei dieser Kompromissfindung hätten sich nicht nur die Schweiz, sondern auch die übrigen ZKR-Mitgliedstaaten, welche zugleich EU-Mitglieder sind, engagiert und sich somit für den Erhalt der Zuständigkeiten der ZKR eingesetzt. Dies zeige, dass auch diese Staaten daran interessiert seien, die rechtsetzenden Kompetenzen der ZKR parallel zu den Kompetenzen der EU zu wahren. Schliesslich deute die durch die EU-Kommission und die ZKR bis ins Jahr 2027 verlängerte Finanzierungsvereinbarung des CESNI darauf hin, dass auch die EU weiterhin auf die Erfahrung der ZKR bei der Regulierung der Binnenschifffahrt zurückgreifen möchte und daher die Rechtsetzungskompetenzen der ZKR bezüglich des Rheins anerkenne, was der Bundesrat sehr begrüsse.

Verstärkte Regulierung der internationalen Rheinschifffahrt (Po. 18.3750)

"Ein bisschen Paris für Montreal" clame la Wochenzeitung en parlant de l'accord trouvé concernant le Cadre mondial de la biodiversité de Kunming, à l'issue de la quinzième Conférence des Parties (COP) qui s'est déroulée dans la ville québécoise en décembre 2022. L'objectif principal fixé à l'issue des tractations est clair : la conservation de 30 pour cent des zones terrestres et marines ainsi que la restauration de 30 pour cent des écosystèmes dégradés à l'horizon 2030. Cet objectif – parmi 21 autres cibles – a pour but d'enrayer la perte de la biodiversité. Il est vu par la presse suisse comme particulièrement ambitieux, rappelant quelque peu l'euphorie qui avait suivi la signature des accords de Paris sur le climat en 2015. Les mécanismes sont également semblables à ceux mis en place suite à l'accord de Paris, avec un cap commun et des ambitions revues régulièrement à la hausse. Pour la communauté scientifique, il y a urgence à agir, au vu de l'effondrement de la biodiversité que nous sommes en train de vivre, à l'image de la chute drastique des populations de vertébrés lors de ces cinquante dernières années à l'échelle planétaire (moins 69 pour cent). En Suisse, un tiers des espèces sont considérées comme menacées.
Toutefois, selon la presse helvétique, l'accord trouvé n'est pas exempt de critiques, notamment sur les moyens mis à la disposition des pays économiquement moins bien lotis ou sur les formulations vagues quant aux zones à protéger. Des questions se poseraient également sur les mesures à prendre en cas de non-respect par les pays signataires des objectifs fixés et sur la possibilité même d'agir si rapidement, alors qu'il reste moins d'une décennie pour mettre en œuvre ces différentes cibles. La Suisse, par exemple, ne protège à l'heure actuelle que 13.4 pour cent de son territoire, loin des 30 pour cent demandés à l'international et pour lesquels la délégation helvétique s'est battue. Elle est d'ailleurs considérée comme une lanterne rouge en comparaison européenne concernant les efforts menés pour protéger la biodiversité. L'Office fédéral de l'environnement (OFEV) aura donc fort à faire pour atteindre ces objectifs, bien que l'administration précise que ces 30 pour cent ne seront pas soumis à une protection absolue, mais comprendront également les zones favorables à la biodiversité.
Malgré tout, tant le directeur de l'USAM, Hans-Ulrich Bigler que le président de l'USP, Markus Ritter (centre, SG) s'opposent à la poursuite de cet objectif, estimant qu'il n'est tout simplement pas réaliste et qu'il bloquerait tant l'agriculture que le secteur industriel. A noter que le Conseil fédéral aurait voulu augmenter les surfaces protégées à 17 pour cent (que la Suisse s'était engagée à respecter en 2010 déjà lors de la Conférence sur la biodiversité à Nagoya) dans le cadre du contre-projet à l'initiative biodiversité. Mais cela a été refusé par le Conseil national, une majorité de centre-gauche estimant préférable de laisser une marge de manœuvre à la Confédération; au grand dam de Markus Ritter qui redoute qu'il soit revu à la hausse dans le futur et n'empiète sur les terres agricoles. A travers un autre prisme et pour exemplifier les difficultés rencontrées pour étendre les surfaces protégées, la NZZ rappelle l'échec du projet de parc national Adula en 2016, après 16 ans de travail en collaboration avec la population. Ce n'est que dans un deuxième temps que plusieurs des communes impliquées dans le projet d'origine rejoindront un parc naturel régional de moindre ampleur.
Autre point central de l'accord, la réduction des subventions nuisant à la biodiversité d'ici à 2030. A cet égard, la Suisse avait d'ores et déjà pris des engagements en 2012 pour l'année 2020. Une étude menée par l'Institut fédéral de recherches sur la forêt, la neige et le paysage (WSL), et publiée en 2020, arrivait à la conclusion que les subventions nuisant à la biodiversité atteignaient CHF 40 milliards par année, alors que les moyens alloués à la promotion de la biodiversité se limitaient à un milliard. Les principaux bénéficiaires de ces aides étatiques se comptent parmi les automobilistes, les personnes prenant l'avion et les agricultrices et agriculteurs. 46 des 160 subventions pointées du doigt par le WSL concernent l'agriculture ; un constat que l'USP conteste, estimant que plus aucune aide étatique agricole ne nuit aujourd'hui à la biodiversité.
Les autres objectifs fixés à la COP 15 touchent, entre autres, à la réduction des risques liés aux pesticides de 50 pour cent d'ici à 2030 également ; une thématique que le Parlement connaît bien, l'ayant traitée à plusieurs reprises et particulièrement dans le cadre de l'Iv. pa. 19.475. Le brevetage du vivant et le partage des bénéfices liés au patrimoine génétique tiré de la diversité biologique étaient également à l'ordre du jour.
Le DETEC étant passé en mains UDC avec l'élection d'Albert Rösti au Conseil fédéral, il s'agira également d'observer si un changement de stratégie sera proposé à l'avenir, comme espéré par le chef du groupe UDC au Parlement, Thomas Aeschi (udc, ZG). Le positionnement du Conseil fédéral pourrait se faire ressentir dans un avenir proche. Les moyens d'action sont actuellement en discussion au Parlement, particulièrement dans le cadre des débats autour du contre-projet à l'initiative biodiversité.

Cadre mondial de la biodiversité de Kunming à Montréal

Mitte Dezember 2022 erschien die vierte Umfrage zu den Kulturbesuchen in Zeiten von Corona, welche zwischen September und Oktober 2022 mit 1'235 Befragten (565 Deutschschweiz, 466 Westschweiz, 204 Tessin) durchgeführt worden war.
In Bezug auf die Bereitschaft der Befragten, wieder an kulturellen Aktivitäten teilzunehmen, zeichnete die Studie ein zweischneidiges Bild: Einerseits gaben 41 Prozent der Befragten an, dass sie seltener kulturelle Veranstaltungen besuchen als noch vor der Krise, wovon besonders Veranstaltungen im Amateurbereich stark betroffen waren. Dies sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass sich die Menschen aufgrund der Covid-19-Pandemie daran gewöhnt hätten, zuhause zu bleiben, und sich ein sogenannter «Cocooning-Effekt» eingestellt habe: Sorgen über Geschehnisse in der Welt und die schlechte wirtschaftliche Lage bewegten Menschen dazu, sich in die eigenen vier Wände zurückzuziehen, wurde im Bericht erläutert. Andererseits verzeichnete die Studie aber auch einen Rückgang der Angst vor Kulturbesuchen, so verdoppelte sich der Anteil der Befragten, welche angaben, kulturelle Aktivitäten «ohne grosse Bedenken» besuchen zu wollen, auf 60 Prozent (Juni 2021: 30%; September 2020: 18%; Juni 2020: 24%). Zudem gaben 54 Prozent der Befragten an, dass sie Kulturbesuche kaum erwarten können, wobei der Hauptgrund für eine kulturelle Aktivität weiterhin die Freude daran blieb, etwas zu unternehmen (Dezember 2022: 46%; Juni 2021: 40%).
Kaum Änderungen hatte es bezüglich der Nutzung von digitalen Angeboten gegeben – erneut wurden insbesondere Filme und Serien gestreamt, während digitale Angebote von kulturellen Veranstaltungen weiterhin nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu den Angeboten vor Ort angesehen wurden. Immerhin 24 Prozent der Befragten hatten jedoch angegeben, dass sie gewisse kulturelle Aktivitäten durch digitale Alternativen ersetzt hätten.
Erneut nahmen auch die negativen finanziellen Auswirkungen der Pandemie auf den Kultursektor ab, so wollten noch 30 Prozent der Befragten ihre Ausgaben für die Kultur reduzieren (Juli 2021: 36%; September 2020: 55%; Juni 2020: 46%).

Kulturbesuche während und nach Corona

La motion du député Jacques Nicolet (udc, VD) sur la reprise du volet social de la politique agricole 22+ (PA 22+) prévoyant une amélioration de la couverture sociale des femmes paysannes a été classée, car non-traitée par les chambres dans un délai de deux ans. Toutefois, les doléances du député vaudois seront vraisemblablement concrétisées dans le cadre de la PA 22+. En effet, les travaux touchant à la future politique agricole ont repris et un certain consensus règne sur ce point-là.

Mettre en oeuvre la couverture sociale prévue dans le projet PA 22+ (Mo. 20.4592)
Dossier: Lage der Bäuerinnen verbessern