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Akteure

  • Stocker, Ernst (ZH, svp/udc)
  • Heiniger, Thomas (ZH, fdp/plr)
  • Maurer, Ueli (svp/udc) BR EFD / CF DFF

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Eine im Dezember 2015 von Ständerat Erich Ettlin (cvp, OW) eingereichte Motion richtete sich gegen eine übermässige administrative Belastung bei Geschäftsfahrzeuginhabern. Im Rahmen der FABI war 2014 der steuerliche Fahrkostenabzug auf CHF 3000 plafoniert worden. Um den Fahrkostenabzug war in der FABI-Debatte heftig gekämpft worden, doch mit der Annahme der FABI-Vorlage durch das Stimmvolk im Februar 2014 galt ein maximaler Fahrkostenabzug von CHF 3000. Im Sinne einer Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen plante die Eidgenössische Steuerverwaltung eine Praxisänderung, die den maximalen Fahrkostenabzug auch für Inhaber von Geschäftsfahrzeugen berücksichtigt. Weil zwischen Arbeitsweg und Aussendienst unterschieden wird, steigt gemäss Ettlin der administrative Aufwand für Arbeitgeber und -nehmer übermässig an. Weil die Fahrkosten, die CHF 3000 übersteigen, den Arbeitnehmern mit Geschäftsfahrzeug neu als Einkommen angerechnet werden, droht diesen zudem eine höhere Steuerrechnung. Motion Ettlin fordert den Bundesrat auf, die Steuerverwaltung anzuweisen, diese Praxis nicht umzusetzen. Am 3. März 2016 nahm sich der Ständerat der Motion an. Ein Ordnungsantrag von Claude Hêche (sp, JU) wollte die Motion an die Kommission für Wirtschaft und Abgaben zurückweisen. Der Ordnungsantrag Hêche wurde bei 21 zu 21 Stimmen mit dem Stichentscheid des Präsidenten Comte (fdp, NE) angenommen.
Am 27. September 2016 kam die kleine Kammer auf das Geschäft zurück. Die Kommission empfahl dem Rat mit 6 zu 5 Stimmen die Ablehnung der Motion mit der Begründung, die Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen sei mit der neuen Praxis gewährleistet und der Aufwand zu bewältigen. Bundesrat Maurer stiess ins selbe Horn und betonte, es sei ausgiebig nach der einfachsten Lösung gesucht worden und die Annahme der Motion führe kaum zu einer weniger aufwändigen Praxis. Trotzdem folgte der Rat der Minderheit Wicki (fdp, NW) und nahm die Motion bei 3 Enthaltungen mit 19 zu 18 Stimmen an.

Übermässige administrative Belastung bei Geschäftsfahrzeuginhabern (Mo. 17.3631)

Noch im April 2016 hatte sich die WAK-NR dafür ausgesprochen, sämtliche Arten der Stempelsteuern abzuschaffen. Neben der Emissionsabgabe auf Eigenkapital, deren Abschaffung im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III behandelt wird, hätten nach dem Willen der WAK auch die Umsatz- und die Versicherungsabgabe hinfällig werden sollen. Zu diesem Zweck hatte die Kommission einem entsprechenden Vorentwurf mit 14 zu 5 Stimmen deutlich zugestimmt. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder hatte sich überzeugt gezeigt, dass die Abschaffung dieser Steuern notwendig sei, um die Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen Finanzplatzes aufrechterhalten zu können, und war dafür auch bereit gewesen, Steuerausfälle zu Lasten des Bundes in der Höhe von gut CHF 2 Mrd. hinzunehmen. An diesem Votum hatten auch finanzpolitische Bedenken des Bundesrates Maurer, der die geplante Abschaffung dieser Steuern als „nicht finanzierbar" bezeichnet hatte, nicht rütteln können. Die Kommission war auf die bundesrätlichen Einwände nur insofern eingegangen, als dass sie keinen festen Zeitpunkt für die Abschaffung der betreffenden Steuern festlegen wollte, sondern diese Aufgabe der Landesregierung überlassen hatte.
Angesichts einer erwarteten Volksabstimmung zur Unternehmenssteuerreform III, erwirkt durch ein Referendum von linker Seite, revidierte die WAK-NR ihren Entschluss bezüglich Stempelsteuern gut zwei Monate später bereits wieder. Zwar hielt die Kommission an ihrer grundsätzlichen Stossrichtung, sämtliche Stempelsteuern abschaffen zu wollen, fest. Allerdings beschloss sie, die Vorlage zu sistieren und damit vorerst in die Schublade zu stecken. Das Motiv für diesen Gesinnungswandel dürfte in der Absicht zu finden sein, der Linken mit einer für den Bund soviel teureren Vorlage keinerlei Munition für den bevorstehenden Abstimmungswahlkampf zur Unternehmenssteuerreform III zu liefern – obwohl die beiden Vorlagen an sich nicht miteinander verknüpft waren. DIe WAK-NR dürfte die Diskussion rund um das Thema Stempelsteuern frühestens im Frühjahr 2017 wieder aufnehmen.

Parlamentarische Initiative will schrittweise Abschaffung der Stempelsteuer (Pa.Iv. 09.503)
Dossier: Abschaffung sämtlicher Stempelsteuern
Dossier: Referenden gegen die Abschaffung der Verrechnungssteuer

Keine Mehrwertsteuer auf subventionierten Aufgaben" beantragte eine Motion der WAK-SR. Die Motion sah vor, dass vom Gemeinwesen ausgerichtete Subventionen zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben, zum Beispiel die Pflege von Schutzwäldern, von der Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen werden sollen. Mit der Erfüllung dieser Aufgaben, für welche die Kantone respektive Gemeinden Subventionen erhalten, können diese auch Private betrauen. Ob diese mehrwertsteuerpflichtig sind, hängt – wie Stefan Engler (cvp, GR) während der Behandlung im Ständerat erklärte – davon ab, ob ein steuerbares Leistungsverhältnis oder eine nichtsteuerbare Subvention vorliegt, ob sich eine Dienststelle eines Kantons oder einer Gemeinde als autonome Dienststelle qualifiziert und ob es sich um eine hoheitliche Tätigkeit eines Gemeinwesens oder um eine unternehmerische Tätigkeit handelt. In der Praxis lässt das Mehrwertsteuergesetz zur Beantwortung dieser Fragen viel Ermessensspielraum offen und schafft damit entsprechende Unsicherheiten für die Empfänger von Finanzhilfen und Subventionen sowie für die Bundesämter. Entsprechend solle der Gesetzgeber eine klare Abgrenzung vornehmen, so dass diese nicht durch die Praxis der eidgenössischen Steuerverwaltung oder durch einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts zustande kommen müsse. Diese Problematik war zwar bereits im Rahmen der letzten Revision des Mehrwertsteuergesetzes diskutiert worden, der Überarbeitungsbedarf war aber als so grundlegend erachtet worden, dass damals darauf verzichtet worden war, der bestehenden Revision eine entsprechende Ergänzung hinzuzufügen.

Sowohl der Bundesrat als auch die WAK-NR sprachen sich für eine Annahme der Motion aus, wiesen jedoch gleichermassen darauf hin, dass das neue Gesetz Gemeinwesen gegenüber privaten Anbietern nicht privilegieren dürfe. Eine Minderheit der WAK-NR beantragte die Ablehnung der Motion – nicht, weil sie keinen Revisionsbedarf sah, sondern weil sie einerseits darauf bestand, dass möglichst viele Aufgaben vom Privatsektor übernommen werden sollen, und sie andererseits bezweifelte, dass die Regelung genügend präzise formuliert werden könne, damit eine Diskriminierung der Privaten gegenüber den Gemeinwesen tatsächlich verhindert werden könne. So sei es beinahe unumgänglich, dass eine entsprechende Revision Gemeinden erlauben würde, anderen Gemeinden ihre Dienste mehrwertsteuerbefreit anzubieten, während Private für dieselben Tätigkeiten mehrwertsteuerpflichtig wären. Nachdem die Motion vom Ständerat ohne Gegenantrag angenommen worden war, folgte der Nationalrat der Mehrheit der WAK-NR mit 120 zu 42 Stimmen bei 10 Enthaltungen und sprach sich ebenfalls für die Motion aus. Nun liegt es an Bundesrat Maurer, die Revision wie versprochen sofort anzugehen und sie noch im Jahr 2017 in die Vernehmlassung zu schicken.

Keine Mehrwertsteuer auf subventionierten Aufgaben (Mo. 16.3431)
Dossier: Weiterentwicklung der Mehrwertsteuer in einer globalisierten Wirtschaft – Das Bundesratsgeschäft (BRG 21.019) und der Weg dahin

In der Sommersession 2016 ging die Beratung der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes in die zweite Parlamentsrunde. In der ersten Lesung hatten National- und Ständerat die Stossrichtung der Teilrevision gutgeheissen, waren sich aber nicht in allen Punkten einig geworden. Dies änderte sich auch in der zweiten Lesung nicht. Grund dafür war die knappe Annahme (93 zu 90 Stimmen bei 5 Enthaltungen) zweier gleichlautender Einzelanträge Aeschi (svp, ZG) und Bigler (fdp, ZH) im Nationalrat, die eine Praxisänderung beim Vorsteuerabzug forderten und diesen auch bei Leistungen gewähren wollten, die von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind. Dadurch könnten beispielsweise Bauherren die Vorsteuer geltend machen und müssten diese erst beim Verkauf oder der Vermietung des Wohnhauses wieder zurückzahlen. Finanzminister Maurer fand wenig Gefallen an diesem Vorschlag, da der Staat dadurch "eine Art Bank" spielen müsse. Die einmaligen Mindereinnahmen schätzte Maurer auf rund CHF 1 Mrd. Für den Antrag hatten im Nationalrat SVP, FDP und BDP gestimmt. Ohne Chance blieb dieser Anpassungsvorschlag dafür im Ständerat. Auf Anraten ihrer Wirtschaftskommission (WAK-SR) stellte sich die kleine Kammer oppositionslos auf die Seite des Bundesrates. Dafür schloss sich die kleine Kammer bei der Frage über die Besteuerung von Subventionen und Leistungen zwischen Gemeinwesen und im Bereich der steuerfreien Grundstückkäufe dem Nationalrat an. Erstere sei, so Kommissionssprecher Schmid (fdp, GR), noch nicht entscheidungsreif und bei Letzterem könne die bisherige Praxis bestätigt werden, auch wenn man sie nicht festschreibe.

Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes

Im erstberatenden Nationalrat erklärte Finanzminister Ueli Maurer im Namen des Bundesrates, weswegen die Regierung dem Parlament das vorgelegte Bundesgesetz über die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke, das in Erfüllung einer Motion Leo Müller erarbeitet worden war, nicht zur Annahme empfehle. Dass Wertzuwachsgewinne aus dem Verkauf von Baulandreserven des Anlagevermögens künftig erneut nicht vollumfänglich besteuert werden sollen, widerspreche dem Rechtsgleichheitsgebot und verhindere eine Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Die bundesrätliche Argumentation deckte sich somit mit derjenigen des Bundesgerichts, welches 2011 geurteilt hatte, dass es nicht mehr länger zulässig sei, die Gewinne aus dem Verkauf sämtlicher land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke von der Bundessteuer zu befreien. Nichtsdestotrotz fanden sich im Nationalrat 100 befürwortende Stimmen, denen 84 ablehnenden Stimmen gegenüberstanden. Die stärkste Unterstützung erfuhr die Vorlage durch die SVP, welche sich geschlossen hinter das Anliegen stellte. Ferner unterstützte auch eine Grossmehrheit der CVP sowie eine starke Minderheit der FDP die Vorlage. Die Befürwortung des Geschäfts durch den Nationalrat provozierte beträchtlichen Medienrummel. Zum einen wurde Kritik am Bauernverbandspräsidenten und Nationalrat Markus Ritter (cvp) laut, der im Vorfeld der parlamentarischen Beratung intensiv für die Vorlage lobbyiert hatte. Von einer medialen Kritikwelle wurde gar Bundesrat Guy Parmelin erfasst. Im Rahmen des Mitberichtsverfahrens hätte sich der VBS-Direktor gar noch für eine Verschärfung der Vorlage eingesetzt, welche die Rückwirkung für die Zeit zwischen dem Bundesgerichtsurteil und der neuen Regelung erlauben würde. Aufgrund eigener Interessen hätte er jedoch in den Ausstand treten müssen. Obwohl der Gesamtbundesrat in seiner Botschaft auf die Einführung einer Rückwirkungsklausel verzichtet hatte, brachte die nationalrätliche Kommissionsmehrheit eine solche während der Beratung im Nationalrat erfolgreich in den Entwurf ein.
Kurz nach der nationalrätlichen Beratung drohte die GLP bereits mit dem Referendum, sollte das Steuerprivileg für die Bauern wieder eingeführt werden.

Bundesgesetz über die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke (BRG 16.031)
Dossier: Gewinnbesteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke

Die mittlerweile fast schon traditionelle Bundesratssitzung ‚extra muros‘ fand 2016 in Lausanne statt. Der Kanton Waadt sei ein bedeutender Standort für Berufsbildung, Forschung und Innovation, was die Regierung mit ihrem Besuch würdigen wolle, so die Pressemitteilung. Anders als in den Vorjahren wurde der im Anschluss an die Sitzung geplante Besuch bei der Bevölkerung von Protestaktionen begleitet. Ein Aktivist eines Flüchtlingskollektivs wollte dem Bundesrat vergeblich einen Brief überreichen – er wurde von der Polizei abgeführt –, im Gebäude der Ecole des métiers skandierten einige Personen „Stopp Dublin“ und beim Apéro mit der Bevölkerung auf der Place Saint-François positionierten sich verschiedene Gruppierungen, um etwa mit Sprüchen auf Plakaten auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Die „Jeunesse socialiste vaudoise“ überreichte Bundesrat Maurer während des Anlasses eine Petition. Freilich bestand für die Regierungsmitglieder keinerlei Gefahr. Auf das Bad in der Bevölkerung wolle und könne er denn auch nicht verzichten, gab etwa Bundesrat Alain Berset zu Protokoll. Wenn man den offenen Umgang mit den Menschen suche, dann müsse man auch mit solchen Aktionen rechnen. Die zahlreichen Selfie- und Autogrammjägerinnen und -jäger zeigten denn auch, dass die Idee der Sitzung ausserhalb des Bundeshauses durchaus auf Anklang stösst.

Bundesratssitzungen ‚extra muros‘

Indem die EU ihren Mitgliedstaaten ein Jahr mehr Zeit einräumte, die Vorgaben bezüglich Anlegerschutz zu erreichen, verringerte sie den Druck auf die Schweiz, ihrerseits den Anlegerschutz rasch zu verbessern. Einige Mitglieder der WAK-SR, die die bundesrätlichen Vorschläge im Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) als schädlich für die Branche ansahen, liebäugelten gar damit, das Geschäft an die Regierung zurückzuweisen. Schliesslich entschied sich die Kommission dafür, auf die Vorlage einzutreten, diese aber aufgrund zahlreicher Änderungsanträge ans Finanzdepartement (EFD) "zurückzuweisen". Dieses Vorgehen sorgte für Kritik von linker Seite, da nur die Möglichkeit einer Rückweisung an den Gesamtbundesrat, jedoch nicht an ein einzelnes Departement vorgesehen ist. Aus der Rückweisung ans Finanzdepartement resultierte schliesslich ein Dokument mit von Banken formulierten 55 Änderungsvorschlägen, das Bundesrat Maurer der WAK-SR unterbreitete. Weil darin nur Forderungen aufgenommen waren, die die Streichung oder Abschwächung diverser Massnahmen enthielten und damit für einen schwächeren Anlegerschutz lobbyiert wurde, wurde auch dieses Prozedere scharf kritisiert. Am deutlichsten gegen das Vorgehen sprach sich dabei die Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz, Priska Birrer-Heimo (sp, LU), aus.

Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) (BRG 15.073)

Während die Beratungen über den bundesrätlichen Vorschlag zum Bundesgesetz über die Unternehmenssteuerreform III (USR III) im Ständerat kurz vor Jahreswechsel relativ zügig vorangekommen waren, erstreckte sich die erste Lesung im Nationalrat anlässlich der Frühjahrssession 2016 über zwei Tage. Zwar stellte sich auch die grosse Kammer hinter die Stossrichtung des vorgeschlagenen Reformpakets, das steuer- und finanzpolitische Massnahmen vereinte und zum Ziel hatte, den Unternehmensstandort Schweiz attraktiv zu halten, gleichzeitig schuf sie etliche Differenzen zur Regierung und zum Ständerat. Ein erstes Mal bezogen die Parteien jedoch Position, ohne dass sich eine Differenz ergab. Die SP wollte die Vorlage an die zuständige Wirtschaftskommission (WAK-NR) zurückweisen lassen und erst wieder behandeln, wenn die Mehrbelastungen für den Bund noch maximal CHF 500 Mio. betragen. Der Rückweisungsantrag war mit 43 zu 135 Stimmen bei 7 Enthaltungen, die allesamt auf Grüne entfielen, chancenlos. Eine erste Differenz schuf die grosse Kammer, indem sie mit 138 zu 52 Stimmen dem Antrag ihrer Wirtschaftskommission folgte und eine Art Pauschalbesteuerung für Frachtschiffe, die Tonnage-Tax, in die Vorlage aufnahm. Finanzminister Maurer versuchte vergebens darauf hinzuweisen, dass die Verfassungsmässigkeit dieser Art der Besteuerung umstritten sei und es sich dabei eigentlich um einen neuen Tatbestand handle, der weder genauer geprüft noch Teil der Vernehmlassungsvorlage gewesen sei. Unterstützung erhielt Maurer nur von der SP und den Grünen. Gleiches traf bei der Frage über die von der WAK-NR vorgeschlagene Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer zu, die von den Kantonen in der Vernehmlassung kritisiert und im Ständerat deutlich abgelehnt worden war. Die Befürworter argumentierten, dass die vom Bundesrat vorgeschlagene Version der USR III, die im Kern die Abschaffung der international nicht mehr akzeptierten Steuerermässigungen von Holding-, Domizil- und gemischten Gesellschaften beinhaltete, für ebendiese Unternehmen zu wenig attraktiv sei und es deshalb eine zinsbereinigte Gewinnsteuer brauche. Der Nationalrat nahm den Antrag der Kommission mit 127 zu 59 Stimmen bei 7 Enthaltungen an. Hingegen verweigerte die grosse Kammer der Wirtschaftskommission die Gefolgschaft beim Thema der Emissionsabgaben auf Eigenkapital. Die WAK-NR hatte die Bestimmungen über die Stempelsteuer aus der Vorlage gestrichen und in einen separaten Entwurf überführt. Der Nationalrat nahm daraufhin mit 137 zu 52 Stimmen bei 2 Enthaltungen einen Antrag Müller (cvp, LU) an und wies die neue Vorlage an die Kommission zurück. Die vom Bundesrat geforderte Abschaffung der Emissionsabgaben war damit vorerst vom Tisch. Hingegen folgte der Nationalrat dem Vorschlag der Regierung, den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer von 17 auf 20,5% zu erhöhen. Der Ständerat hatte diesen auf 21,2% erhöhen wollen. Eine "kleine" Differenz bestand zwischen den Räten zudem bei der Ausgestaltung der neu eingeführten Steuerermässigungen. Während der Ständerat für die reduzierte Besteuerung der Erträge aus Patenten (Patentbox) und die Möglichkeit, Kosten für Forschung und Entwicklung zu mehr als 100% abziehen zu können (Inputförderung), separate Obergrenzen festlegen wollte, fasste der Nationalrat die Patentbox und die Inputförderung mit den Instrumenten des Zinsabzugs auf Eigenkapital und der steuerfreien Aufdeckung stiller Reserven zusammen und sah für das gesamte Bündel eine maximale steuerliche Ermässigung von 80% vor. Damit ging die Vorlage, die auf diese Weise zu CHF 1,2 Mrd. Mindereinnahmen pro Jahr geführt hätte, zurück an den Ständerat. Dessen Version hätte den Bund nach der ersten Lesung rund CHF 100 Mio. weniger gekostet.

BRG Unternehmenssteuerreform III (BRG 15.049)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)
Dossier: Referenden gegen die Abschaffung der Verrechnungssteuer

Der Bundesrat habe dem Parlament schnellstmöglich eine Gesetzesvorlage für die Individualbesteuerung vorzulegen. Dies forderte der Nationalrat wenige Tage nach der Ablehnung der Volksinitiative "Für Ehe und Familie - gegen die Heiratsstrafe" und reichte eine entsprechende Motion seiner Finanzkommission (FK-NR) mit 92 zu 88 Stimmen bei 6 Enthaltungen an den Ständerat weiter. Gegen das Ansinnen hatte sich neben einer knapp unterlegenen Kommissionsminderheit Gmür (cvp, SZ), die in der Individualbesteuerung den falschen Ansatz zur Lösung des Problems der Heiratsstrafe sah, auch der Bundesrat ausgesprochen. Man wolle, so Finanzminister Maurer, bis Ende Jahr ohnehin einen Richtungsentscheid bei der Ehepaarbesteuerung treffen.

Verschiedene Vorstösse zur Ehepaar- oder Individualbesteuerung (Mo. 05.3299, Kt.Iv. 06.302 / 07.305 / 08.318, Pa. Iv. 05.468, Mo. 16.3006, Kt.Iv. 16.318)
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

Dass die Arbeitsplätze in der Bundesverwaltung mit neuer Software ausgerüstet werden sollen, war auch im Nationalrat unbestritten. Neo-Finanzminister Ueli Maurer wies darauf hin, dass mit der neuen Betriebssoftware die Performance der bestehenden Hardware besser genutzt und die zunehmenden Mobilitätsanforderungen erfüllt werden könnten. Fachlich und wirtschaftlich sei die Beschaffung von Windows 10 vertretbar. Ein Umstieg auf eine andere Software würde einen hohen Mehraufwand bedeuten – wie schon ihre Schwesterkommission hatte auch die Finanzkommission des Nationalrates (FK-NR) die Suche nach Alternativen zu Microsoft angemahnt. Das Projekt wird aufgrund der Grösse des personellen Ressourcenbedarfs, seiner Komplexität und der Risiken als IKT-Schlüsselprojekt geführt werden, was ein Controlling und eine Prüfung durch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) bedingt. Mit 178 zu 1 Stimme bei einer Enthaltung löste die grosse Kammer die Ausgabenbremse und mit 181 zu 1 Stimme bei einer Enthaltung hiess sie den Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit von CHF 70 Mio. gut.

Arbeitsplätze mit neuer Software ausgerüstet

Mit einigen Monaten Verspätung nahm sich der Nationalrat in der Frühlingssession 2016 schliesslich doch noch der Diskussion eines Postulats der BDP-Fraktion an, das dem Bundesrat den Auftrag erteilen wollte, die Schaffung eines Staatsfonds zu prüfen. Diese Idee war in erster Linie vor dem Hintergrund der stark angewachsenen Devisenbestände der Nationalbank, die diese erworben hatte, um eine allzu starke Aufwertung des Schweizer Frankens zu verhindern, und der Suche nach Investitionsmöglichkeiten für diese Mittel zu betrachten. Fraktionssprecher Landolt (bdp, GL) wurde in seinem Votum nicht müde zu betonen, dass es nicht Ziel seiner Fraktion sei, einen solchen Staatsfonds zu schaffen, sondern sie vielmehr beabsichtige, die Machbarkeit und die Konsequenzen eines solchen Instruments einer Analyse zu unterziehen. Dieser Argumentation gegenüber zeigte sich auch der Bundesrat offen und beantragte die Annahme des Postulats. Dies, obgleich Finanzminister Maurer explizit festhielt, dass die Regierung einem Staatsfonds grundsätzlich eher kritisch gegenüberstehe. Die gestellte Frage verlange so oder so bereits im Zuge eines Postulats der CVP-Fraktion eine Antwort. Für die bürgerliche Ratsmehrheit, bestehend aus SVP, FDP und CVP, war jedoch klar, dass ein Staatsfonds, geäufnet aus Mitteln der SNB, die Unabhängigkeit der Nationalbank stark beeinträchtigen würde und ein solches Konstrukt deshalb abzulehnen sei. Weil man, wie es Nationalrat Aeschi ausdrückte, „schlechten Ideen bereits zu Beginn den Riegel vorschieben" müsse, kam deshalb auch die Zustimmung zu einem an sich „harmlosen" Postulat, das lediglich die Prüfung eines Staatsfonds vorsah, nicht infrage. So wurde der Vorstoss schliesslich mit 117 zu 76 Stimmen deutlich verworfen.

Schaffung eines Staatsfonds
Dossier: Schaffung eines Staatsfonds
Dossier: Errichtung eines souveränen Staatsfonds

Im März 2016 behandelte der Ständerat erstmals die Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG), die vom Bundesrat im Februar 2015 präsentiert worden war. Wie der Nationalrat zuvor, sprach sich auch der Ständerat dafür aus, dass ausländische Unternehmen neu ab dem ersten Franken Umsatz in der Schweiz steuerpflichtig werden, sofern sie nicht nachweisen, dass sie weltweit weniger als CHF 100'000 Umsatz erwirtschaften. Davon betroffen sind auch Online-Händler, die bis anhin von Steuerfreibeträgen profitierten. Damit war das Kernanliegen der Revision, die Beseitigung des herrschenden Wettbewerbsnachteils von Schweizer Unternehmen bei der Mehrwertsteuer, im Trockenen. Der Bundesrat geht davon aus, dass für die Umsetzung gegen 40 neue Stellen geschaffen werden müssen, diese aber jährlich gegen CHF 40 Mio. in die Bundeskassen spülen werden. Einigkeit herrschte auch bei der vom Bundesrat vorgeschlagenen Einführung einer Margenbesteuerung auf Kunstgegenständen und Antiquitäten, die den Abzug einer fiktiven Vorsteuer ersetzt und jährlich gegen CHF 30 Mio. Einnahmen generieren soll. Zudem sprach sich die kleine Kammer dafür aus, dass elektronische Zeitungen, Zeitschriften und Bücher zum reduzierten Satz von 2,5% besteuert werden. Die E-Books waren auf Vorschlag der nationalrätlichen Wirtschaftskommission (WAK-NR) in die Revision aufgenommen worden. Überdies segnete der Ständerat auch die von der WAK-NR angeregte Präzisierung der Definition zur Steuerbefreiung von Spenden und Gönnerbeiträgen ab. Diese werden künftig nur noch dann von der Mehrwertsteuer befreit, wenn ein gemeinnütziges Unternehmen, wie beispielsweise die Rega, seinen Gönnerinnen und Gönnern mitteilt, dass auf allfällige Vorteile kein Anspruch besteht. Umstritten war die Frage, wann das Recht, eine Steuerforderung festzusetzen, verjähren soll. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Erhöhung von 10 auf 15 Jahre war im Nationalrat deutlich abgelehnt worden. Wie bereits zuvor in der grossen Kammer formierte sich auch im Ständerat eine linke Minderheit, die den Regierungsvorschlag unterstütze, jedoch abermals unterlag – mit 14 zu 29 Stimmen. Die kleine Kammer wich ihrerseits in anderen Punkten vom Entwurf des Nationalrats ab. Dem Vorschlag ihrer Wirtschaftskommission (WAK-SR), auf die neue geräteunabhängige Radio- und Fernsehabgabe keine Mehrwertsteuer zu erheben, folgte sie stillschweigend. Dies tat sie auch im Falle eines Antrags Hegglin (cvp, ZG), der Leistungen innerhalb von und zwischen Gemeinden, die gesetzliche Aufgaben betreffen, von der Mehrwertsteuerpflicht befreien möchte. Finanzminister Maurer unterstützte den Antrag, da die Differenz Gelegenheit biete, die Frage noch einmal vertiefter zu prüfen.

Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes

Ende 2015 reichte Erich Ettlin (cvp, OW) eine Motion zur „ungerechtfertigten Kostenüberwälzung auf den Kunden im Zollwesen" ein. Der Motionär beanstandete, dass die Post die Revisionskosten, die durch zufallsmässige Überprüfungen am Schweizer Zoll entstehen, auf den jeweiligen Endverbraucher abwälze und die betroffenen Endverbraucher somit trotz korrektem Verhalten eine Gebühr von CHF 13 bezahlen müssten. Entsprechend solle das Zollgesetz so geändert werden, dass diejenigen Personen, denen durch die Beschau von Waren mit vereinfachter Zollanmeldung (105a ZV) – die also unter anderem einen Mehrwertsteuerwert von CHF 1000 und ein Gesamtgewicht von 1000 kg nicht überschreiten – Mehrkosten entstehen, für ihre Auslagen vom Bund einen Pauschalbetrag zurückfordern können. Diese Forderung unterstützte gemäss seinem Blog-Beitrag vom November 2016 auch Preisüberwacher Stefan Meierhans.

In seiner Stellungnahme wies der Bundesrat darauf hin, dass durch das Prinzip der Selbstanmeldung im Zollrecht der Zollanmelder, also der Spediteur oder Paketdienstleister, bei der Überprüfung der Pakete am Zoll mitwirken müsse. Diese Beschau ist für den Zollanmelder zwar kostenlos, aber dennoch mit Aufwand verbunden. Diesen Aufwand verrechnen die Zollanmelder unterschiedlich: Während die Schweizerische Post von den betroffenen Auftraggebern (also den Absendern oder Warenempfängern) für die Beschau CHF 13 verlangt, integrieren viele Kurierunternehmen die Beschaukosten in ihre allgemeinen Transport- und Verzollungskosten und verteilen sie somit auf alle Kunden. Eine Vergütung dieser Kosten durch den Bund würde zu einer Ungleichbehandlung von Kleinsendungen gegenüber anderen Sendungen führen und den „Grundprinzipien einer behördlichen Kontrolle im Allgemeinen und auch der Systematik der Zollveranlagung im Besonderen" widersprechen – so die Argumentation des Bundesrates. Entsprechend empfahl dieser die Motion zur Ablehnung.

Trotz dieser Einwände sprach sich der Ständerat als Erstrat in der Frühjahrssession 2016 mit 20 zu 14 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) für die Annahme der Motion aus. In der Folge beantragte die WAK-NR ihrem Rat jedoch, die Motion dahingehend zu ändern, dass nicht der Bund für die entstehenden Kosten aufkommen, sondern alle Zollanmelder die Beschaukosten in die übrigen Speditionskosten integrieren sollen. Auf diese Weise könne auch verhindert werden, dass nicht nur die Post, sondern alle Zollanmelder die entsprechenden Beträge vom Bund zurückforderten. In der Herbstsession 2016 sprachen sich sowohl Bundesrat Maurer als auch das Nationalratsplenum für diese Änderung aus. Somit lag der Ball wieder beim erstberatenden Ständerat, der den Vorschlag der WAK-NR in der Frühjahrssession 2017 behandelte. Martin Schmid (fdp, GR) erklärte sich im Namen der Kommission mit der Änderung einverstanden, vermutete jedoch, dass der Preisüberwacher die durch diese Lösung entstehende generelle Preiserhöhung der Post um etwa 45 Rappen pro Sendung nicht akzeptieren würde. Die WAK-SR ging hingegen davon aus, dass der Preisüberwacher mit dieser Lösung einverstanden sein werde, und Olivier Français (fdp, VD) wies darauf hin, dass der Preisüberwacher lediglich für die Umsetzung des vom Parlament verabschiedeten Gesetzes zuständig sei und folglich keinen Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess habe. Der Ständerat nahm den Vorschlag der WAK-NR und mit ihm die geänderte Motion stillschweigend an. In der Folge liegt es nun am Bundesrat, eine Lösung auszuarbeiten, welche gemäss Bundesrat Maurer die Behörden, die Post sowie den Zoll in Zukunft vor Dutzenden von Bürgerbriefen verschonen wird.

Ungerechtfertigte Kostenüberwälzung auf den Kunden im Zollwesen

Bei den Regierungsratswahlen 2015 im Kanton Zürich mussten die FDP und die SP je einen frei werdenden Sitz verteidigen. Bei der SP traten Regine Aeppli nach 12 Jahren und bei der FDP Ursula Gut, die seit 2006 in der Zürcher Regierung gesessen hatte, nicht mehr an. Fünf Bisherige stellten sich hingegen zur Wiederwahl. Die Sitze von Ernst Stocker und Markus Kägi (beide SVP), Mario Fehr (SP) und Thomas Heiniger (FDP) galten im Vorfeld der Wahlen als sehr stabil. Kaum jemand rechnete mit ihrer Abwahl. Weniger sicher fühlen konnte sich gemäss den Medieneinschätzungen im Vorfeld der Wahlen der Grüne Martin Graf, weil er aufgrund der von den Medien so benannten «Affäre Carlos» einige Male in die Schlagzeilen geraten war, aber auch weil er bei den letzten Regierungswahlen 2011 den damals amtierenden CVP-Regierungsrat Hans Hollenstein und mit ihm die Christlichdemokratische Partei nur ganz knapp aus dem Zürcher Regierungsrat verdrängt hatte. Die CVP wollte diesen Sitz wieder zurückerobern und schickte Silvia Steiner ins Rennen, die seit 2007 im Kantonsrat sass. Als amtierende Staatsanwältin bot sich Steiner für das Justizdirektorium an, das bisher von Graf gehalten wurde. Die FDP wollte ihren frei werdenden Sitz mit der Präsidentin der FDP-Frauen Schweiz und langjährigen Kantonsrätin Carmen Walker Späh verteidigen. Die SP schickte mit Jacqueline Fehr ein nationales Schwergewicht ins Rennen. Jacqueline Fehr – nicht verwandt mit dem amtierenden Mario Fehr – hatte die Zürcher Bevölkerung seit 1998 im Nationalrat vertreten. Vier weitere Kandidierende rundeten das Feld ab, wobei weder Nik Gugger (evp), Marcel Lenggenhager (bdp), Markus Bischoff (al) oder Daniel Schafroth (parteilos) Chancen eingeräumt wurden.
CVP, SVP und FDP wollten mit einem gemeinsamen Ticket und dem Slogan «Top 5» den Sitz von Martin Graf angreifen. Die Kooperation auf der linken Seite war zu Beginn etwas harziger. Zwar gab die SP bekannt, aus Rücksicht auf Graf nur mit zwei Kandidierenden anzutreten, sie stellte aber Forderungen für eine Listenverbindung für die eidgenössischen Wahlen. Unklar war zudem, ob die Kandidatur der Alternativen Liste, die in der Stadt Zürich im Jahr zuvor einige Erfolge verbuchen konnte, den Sitz von Graf eher gefährden würde oder aber allgemein mobilisierend auf das linke Lager wirke. Für Gesprächsstoff sorgte die Empfehlung der jungen Grünen, die Martin Graf, Jacqueline Fehr und Markus Bischoff unterstützten, nicht aber den amtierenden Mario Fehr. Freilich verlief auch der bürgerliche Schulterschluss nicht harmonisch. Zwar hatte man sich unter dem Namen «Top 5» auf ein gemeinsames Neun-Punkte-Programm geeinigt, für Irritationen sorgten aber gegenseitige Sticheleien zwischen Exponenten von FDP und SVP.
Beim Wahlkampf setzten die Parteien nach wie vor eher auf die klassischen Instrumente, wie Plakatkampagnen, Inserate, Podien und Standaktionen. Social Media wurde nur relativ spärlich eingesetzt. Ausnahme war diesbezüglich Jacqueline Fehr, die allerdings mit einem Tweet für einen der wenigen Aufreger im Wahlkampf sorgte. Sie reagierte auf das Attentat in Paris auf die Redaktion von «Charlie Hebdo» mit dem Satz «Humor ist, wenn man trotzdem stirbt». Für Wirbel sorgten zudem die Proteste der CVP gegen die in ihrer Ansicht zu häufigen Auftritte von Jacqueline Fehr im Schweizer Fernsehen und vor allem die Strafanzeige, die Silvia Steiner gegen ein überparteiliches Komitee einreichte. In einem anonymen Flugblatt war die CVP-Kandidatin ungewöhnlich heftig attackiert worden. Sie sei mit ihrer negativen Haltung gegen Sterbehilfe eine Gefahr für die Demokratie und die Selbstbestimmung am Lebensende. Es stellte sich heraus, dass hinter der Aktion der Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli stand, der Steiner etwas später in einem Zeitungsinserat vorwarf, aus Wahlkampfgründen Strafanzeige erhoben zu haben. In der Tat schien Steiner in weiteren Vorwahlumfragen von der Medienaufmerksamkeit zu profitieren. Der Tages-Anzeiger (8.5.15) wusste zudem zu berichten, dass die SVP in den letzten Tagen vor den Wahlen die CVP-Kandidatin mit rund CHF 50'000 unterstützte. Ansonsten pflegten die Kandidierenden – so die NZZ (5.3.15) in einem Résumé einer Wahlkampfveranstaltung – «die Inszenierung der eigenen Unaufgeregtheit».
In Umfragen zeichnete sich rund einen Monat vor dem Wahlgang ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der CVP und der GP, also zwischen Silvia Steiner und Martin Graf ab. Die Verteidigung der Sitze der FDP und der SP schien hingegen durch die beiden Frauenkandidaturen sicher und die restlichen Bisherigen könnten wohl ruhig schlafen, wie die Printmedien kurz vor dem Wahlgang prophezeiten.

Der Wahlsonntag brachte schliesslich einen Erfolg für den bürgerlichen Schulterschluss. Der CVP gelang dabei die Revanche für 2011 – aufgrund der Vorwahlbefragungen überraschend deutlich. Silvia Steiner konnte mit 118'477 Stimmen sogar noch Carmen Walker Späh (116'058 Stimmen) und Jacqueline Fehr (115'618 Stimmen) hinter sich lassen, womit Martin Graf (109'625 Stimmen) nach nur vier Jahren wieder aus der Regierung abgewählt wurde. Neben seinen unglücklichen Auftritten im «Fall Carlos» wurde das Schwächeln der grünen Parteien – auch im Zürcher Parlament verloren die Grünen und die GLP an Einfluss –, ein bürgerlicher gewordener Zeitgeist, wie Silvia Steiner ihren Erfolg deutete, und der funktionierende bürgerliche Schulterschluss – hier wurden Analogien zu den Regierungswahlen im Kanton Basel-Landschaft gezogen – für die Nichtbestätigung von Graf verantwortlich gemacht. Eine Abwahl amtierender Regierungsräte war in der Geschichte des Kantons Zürich bisher nur äusserst selten vorgekommen. So erhielten die restlichen Bisherigen denn auch starken Support. Am besten schnitt Thomas Heiniger ab, der 150'557 Stimmen erhielt. Auf dem zweiten Platz folgte Mario Fehr (146'307 Stimmen), der auch im bürgerlichen Lager punkten konnte. Auch die beiden SVP-Vertreter, Ernst Stocker (145'205 Stimmen) und Markus Kägi (136'563 Stimmen), mussten nicht zittern. Keine Chancen hatten erwartungsgemäss Markus Bischoff (67'103 Stimmen), Nik Gugger (42'623 Stimmen) und Marcel Lenggenhager (42'443 Stimmen), die alle drei das absolute Mehr (90'888 Stimmen) nicht überspringen konnten.
Der Regierungsrat wurde damit nicht nur bürgerlicher, sondern dank der Wahl der drei Neuen erhöhte sich auch der Frauenanteil. Die komfortable bürgerliche Mehrheit wurde als Indiz dafür interpretiert, dass die bürgerlichen Parteien wohl auch bei den eidgenössischen Wahlen im Herbst punkten würden. Gewarnt wurde jedoch davor, dass die bürgerliche Mehrheit in einem schwierigen Umfeld fragil bleibe und der Kanton nun Perspektiven brauche. Die Wahlbeteiligung von 31.3 Prozent erreichte einen Negativrekord. Die Zürcherinnen und Zürcher würden sich eher für kommunale und für nationale, denn für kantonale Politik interessieren, folgerte der Tages-Anzeiger mit Blick auf die Beteiligung bei den städtischen Wahlen und nationalen Abstimmungen. Die schwache Mobilisierung war gemäss Tagesanzeiger ebenfalls mitverantwortlich für das «Grüne Debakel» (TA, 13.4.15).

Regierungsratswahlen Zürich 2015
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2015

Drei neue Kandidierende traten in Zürich an, um den durch den Rücktritt von Markus Notter (sp) frei gewordenen Regierungsratssitz zu erobern: Die SP schickte Nationalrat Mario Fehr ins Rennen, mit dem sie ihren Sitz verteidigen wollte. Die EVP trat mit Nationalrätin Maja Ingold an und die Grünen kandidierten mit dem Stadtpräsidenten von Illnau-Effretikon, Martin Graf. Graf war bereits vor vier Jahren angetreten und hatte sogar das absolute Mehr geschafft, musste damals jedoch als Überzähliger in den sauren Apfel beissen. Die Grünen wollten mit ihm den vor vier Jahren an die CVP verlorenen Sitz wieder zurückgewinnen. Die restlichen sechs Bisherigen – Hans Hollenstein (cvp), Regine Aeppli (sp), Ursula Gut (fdp), Thomas Heiniger (fdp), Ernst Stocker (svp) und Markus Kägi (svp) – traten wieder an. Die BDP unterstützte die Kandidaten der bürgerlichen Parteien, inklusive der SVP. Umfragen wiesen auf eine Wahl von Fehr hin, Sitzverschiebungen zeichneten sich in diesen Vorwahlbefragungen hingegen nicht ab. Einzig für die SVP bzw. deren Regierungsrat Kägi wurde vermutet, dass die Atomkatastrophe in Japan Auswirkungen haben könnte. Graf lag nämlich in diesen Befragungen jeweils nur knapp hinter dem amtierenden SVP-Regierungsrat. In der NZZ wurden diese Umfragen, die bei Personenwahlen in der Regel nicht sehr aussagekräftig seien, allerdings kritisiert.

Die Wahlen am 3. April hielten einige Überraschungen bereit. Am wenigsten erwartet worden war wohl die Abwahl von Hans Hollenstein (cvp). Tatsächlich hatte Martin Graf (gp) erneut das absolute Mehr geschafft. Dieses Mal lag er aber auf Rang sieben und mit 120'815 Stimmen knapp vor Hollenstein (cvp, 118'487 Stimmen), der zwar ebenfalls das absolute Mehr erreichte, aber diesmal als Überzähliger ausschied. Vor vier Jahren hatte der CVP-Politiker noch das zweitbeste Resultat erzielt. Bei den Umfragen vor den Wahlen war er immer unter den ersten drei gelegen. Die Abwahl eines amtierenden Regierungsrates ist in Zürich eine Seltenheit, die letztmals 1963 eingetreten war. Die Wahl von Fehr war allgemein erwartet worden, überraschend war allerdings das er als Neuer auf Anhieb die meisten Stimmen gewann: Mit 137'035 Stimmen distanzierte er den zweitplatzierten Heiniger (fdp, 134'061 Stimmen) um fast 3'000 Stimmen. Dahinter folgten Stocker (svp, 129'943 Stimmen), Gut (fdp, 129'349 Stimmen) und Kägi (svp, 123'159 Stimmen), der entgegen der Vorwahlbefragungen sogar noch Aeppli (sp, 121'144 Stimmen) hinter sich liess. Maja Ingold (evp) erreichte als einzige mit 68'996 Stimmen das absolute Mehr nicht. Der Ausgang der Wahlen und der Erfolg von Graf und Fehr wurde in den Medien weniger als Fukushima-Effekt interpretiert, sondern vielmehr mit der Bekanntheit der beiden langjährigen Politiker erklärt. Fehr schien Stimmen bis weit ins bürgerliche Lager hinein gemacht zu haben. Die Abwahl von Hollenstein wurde mit der in Zürich traditionell schwachen CVP-Basis, aber auch mit dem Fehlen von Stimmen aus dem linken Lager gedeutet: Hollensteins Hardlinerpolitik, insbesondere im Migrationsbereich, sei ihm auf linker Seite wohl übel genommen worden. Zudem wurde vermutet, dass die Umfrageresultate vor den Wahlen, aufgrund derer mit einer deutlichen Wiederwahl Hollensteins gerechnet wurde, dem CVP-Regierungsrat zum Verhängnis geworden seien. Trotz der Stärkung von links-grün blieb der Zürcher Regierungsrat mit je zwei Vertretern von FDP und SVP allerdings in bürgerlicher Hand. Auch der Frauenanteil blieb gleich: Nach wie vor sitzen zwei Frauen in der Zürcher Regierung. Die Wahlbeteiligung lag bei 35,5%.

Regierungsratswahlen Zürich 2011
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2011

Im Kanton Zürich fand eine Ersatzwahl für den Sitz der zurückgetretenen Rita Fuhrer (svp) statt. Es kam zu einer spannenden Nominationsphase. Angesichts der Sitzverteilung 2 SP, 2 FDP, 2 SVP, 1 CVP waren neben einer SVP-Kandidatur vor allem Kandidaturen der Grünen und der Grünliberalen naheliegend. Jedoch war klar, dass nur eine dieser Parteien antreten konnte, wenn eine Chance zum Wahlsieg bestehen sollte. Bei den Grünliberalen zeigte Martin Bäumle Interesse an einer Kandidatur. Die Grünen diskutierten die Möglichkeit, Bäumle unter der Bedingung zu unterstützen, dass dieser im Falle einer Niederlage in der Ersatzwahl bei den Gesamterneuerungswahlen 2011 nicht mehr antreten und damit eine grüne Kandidatur 2011 nicht konkurrenzieren würde. Sie beschlossen letztlich, nicht anzutreten, Bäumle (glp) aber auch nicht offiziell zu unterstützen. Die SP hatte von den Grünen eine Kandidatur gefordert. Nach dem Verzicht der Grünen sprachen sich die SP-Delegierten für eine eigene Kandidatur aus, obwohl die Sozialdemokraten bereits ihrem Wähleranteil entsprechend in der Regierung vertreten waren. Als Reaktion darauf zog sich Martin Bäumle (glp) aus dem Rennen zurück. So kam es zu einem Zweikampf SVP gegen SP. Die SP nominierte Nationalrat Daniel Jositsch. Die SVP trat mit Ernst Stocker, Stadtpräsident von Wädenswil, an. Stocker hatte SVP, FDP, CVP, EVP und EDU hinter sich, Jositsch die SP und die Grünen. Die Grünliberalen beschlossen Stimmfreigabe. Stocker (svp) schaffte die Wahl deutlich mit 173'816 Stimmen, Jositsch erzielte mit 143'089 Stimmen jedoch ein gutes Resultat. In den Städten Zürich und Winterthur lag er vor Stocker, in allen anderen Gemeinden siegte der SVP-Kandidat. Mit 45'028 war die Anzahl der Leerstimmen hoch, was darauf hinweist, dass ein Teil der Wählerschaft mit der Kandidatenauswahl unzufrieden war.

Ersatzwahl Regierungsrat Zürich 2009
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2009
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich

Bei den Zürcher Regierungsratswahlen vom 15. April traten 5 der 7 Bisherigen noch einmal an: Ursula Gut (fdp), Rita Fuhrer (svp), Markus Notter (sp), Regine Aeppli (sp) und Hans Hollenstein (cvp). Die Sitze von Verena Diener (glp) und Ruedi Jeker (fdp) wurden frei. FDP und SVP bildeten zusammen ein Viererticket mit dem Namen „4 gewinnt“, dies mit dem Ziel, den Sitz von Diener zur SVP zu holen und damit gemeinsam die Mehrheit im Regierungsrat zu erringen. Die Kandidaten von SVP und FDP waren neben den bisherigen Regierungsrätinnen Fuhrer (svp) und Gut (fdp) Markus Kägi (svp) und Thomas Heiniger (fdp). Hans Hollenstein (cvp) wurde von FDP und SVP nicht unterstützt, weil er sich nicht zur Forderung nach Steuersenkungen bekennen wollte. Allerdings sympathisierten zahlreiche FDP-Kantonsräte mit Hollenstein und gehörten teilweise sogar dessen Unterstützungskomitee an, was zu einem Zwist mit der SVP führte. Hans Hollenstein (cvp) erhielt auch Unterstützung aus den Reihen der SP. Die SP beschränkte sich darauf, die Sitze ihrer beiden bisherigen Regierungsräte zu verteidigen und führte keinen starken Wahlkampf. Die Grünliberalen traten mit Martin Bäumle als Ersatz für Verena Diener an, die Grünen nominierten Martin Graf, Stadtpräsident von Illnau-Effretikon. Beide Kandidaten mussten viele Stimmen aus der bürgerlichen Mitte holen, um sich gegen Kägi (svp) oder Heiniger (fdp) durchsetzen zu können. Zudem konkurrenzierten sich Graf (gp) und Bäumle (glp) gegenseitig. Trotzdem schien das Rennen um die zwei freien Sitze im Regierungsrat lange relativ offen. Als chancenlos galten nur die Kandidaturen von Johannes Zollinger (evp) und Markus Alder (sd). Bei den Wahlen im April verfehlten Martin Graf (gp) und Martin Bäumle (glp) den Einzug in den Regierungsrat dann aber deutlich. Graf lag leicht vor Bäumle, beide erreichten das absolute Mehr, schieden aber als überzählig aus. Die fünf Bisherigen und die neuen Kandidaten von SVP und FDP, Markus Kägi (svp) und Thomas Heiniger (fdp), wurden gewählt. FDP und SVP erreichten damit ihr Ziel, die Mehrheit im Regierungsrat. Die Freisinnige Ursula Gut erzielte bei den Wahlen das beste Ergebnis vor Hans Hollenstein (cvp), dem die fehlende offizielle Unterstützung durch SVP und FDP nicht schadete. Am schlechtesten schnitt Rita Fuhrer (svp) ab. Die SP-Regierungsräte Markus Notter und Regine Aeppli wurden komfortabel gewählt. Dass Fuhrer (svp) und Kägi (svp) wesentlich schlechtere Resultate als ihre Kollegen aus der FDP erzielten, wies darauf hin, dass die SVP-Wähler die FDP-Kandidaten stärker unterstützt hatten als umgekehrt. Da als Ersatz für Verena Diener (glp) ein Mann gewählt wurde, stellen die Frauen mit einer Dreiervertretung nicht mehr die Mehrheit im Zürcher Regierungsrat.

Regierungsratswahlen Zürich 2007
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2007
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich