Suche zurücksetzen

Inhalte

Akteure

  • Addor, Jean-Luc (svp/udc, VS) NR/CN
  • Romano, Marco (mitte/centre, TI) NR/CN

Prozesse

85 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Die beiden Räte beugten sich in der Wintersession 2021 über das zweite Massnahmenpaket zur Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise. Im Nationalrat lag ein Minderheitsantrag auf Nichteintreten vor. Benjamin Giezendanner (svp, AG) erläuterte für diese Minderheit, dass ihm vor allem die geplante weitere Unterstützung des Schienengüterverkehrs ein Dorn im Auge sei. Hier gehe es nicht mehr darum, Covid-19-bedingte Ausfälle auszugleichen, sondern darum, «strukturelle Defizite zu decken, sei es bei der Alptransit Gotthard AG oder bei SBB Cargo». Der Nationalrat lehnte den Nichteintretensantrag der Minderheit jedoch ab. Ebenso erging es weiteren Minderheitsanträgen von linker und rechter Seite, welche eine Fortführung der Unterstützungsmassnahmen bis mindestens Ende 2022 (Pult; sp, GR) respektive eine kürzere Dauer der Unterstützung des touristischen Verkehrs (Giezendanner) verlangt hatten. Angenommen wurde hingegen ein weiterer Antrag Giezendanner, wonach die Betreiber touristischer Angebote zuerst alle Reserven aufbrauchen müssen, bevor sie Unterstützungsleistungen erhalten. Einstimmig angenommen wurde auch ein Antrag Romano (mitte, TI), die Vorlage dem fakultativen Referendum zu unterstellen. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 131 zu 47 Stimmen bei 7 Enthaltungen deutlich an. Lediglich in der SVP-Fraktion gab es eine Nein-Mehrheit.
Der Ständerat befasste sich rund eine Woche später mit der Vorlage und folgte dem Nationalrat in fast allen Punkten. Einzig zu den Reserven der Betreiber touristischer Angebote vertrat die kleine Kammer eine andere Meinung. Sie entschied, dass diese Anbieter bereits Unterstützung erhalten sollen, wenn die Ausfälle grösser sind als ein Drittel der zwischen 2017 und 2019 gebildeten Reserven.
Diese Differenz konnte bereits zwei Tage später behoben werden, als der Nationalrat der Version des Ständerates folgte. Die beiden Räte stimmten der Vorlage in den Schlussabstimmungen deutlich zu. Die grosse Kammer tat dies mit 145 zu 44 Stimmen bei 6 Enthaltungen, die kleine Kammer mit 40 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen.

Zweites Massnahmepaket zur Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise (BRG 21.064)
Dossier: Covid-19 und Verkehr

Im September 2021 reichte der Mitte-Nationalrat Marco Romano (TI) in der grossen Kammer ein Postulat mit der Forderung ein, dass die Prävention und das Aufdecken von Aktivitäten zur Bekämpfung der internationalen organisierten Kriminalität verbessert werden müssten. Dazu solle der Bundesrat in einem Bericht die verfügbaren Instrumente analysieren und eine Anpassung der Gesetzgebung prüfen, um die zeitnahe Erkennung von entsprechenden Aktivitäten sowie eine verstärkte Prävention zu ermöglichen. Unter die zu prüfenden Instrumente falle gemäss dem Postulant der gezielte Informationsaustausch sowohl zwischen Strafverfolgungsbehörden als auch zwischen anderen relevanten Bereichen der Verwaltung. In seiner Stellungnahme zeigte sich der Bundesrat bereit, die vorhandenen Instrumente und den allfälligen gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Rahmen der beiden überwiesenen Vorstösse Guggisberg (svp, BE; Po. 20.3809) und Eichenberger (fdp, AG; Mo. 18.3592) mit einem Fokus auf das Melderecht nicht-polizeilicher Behörden zu prüfen. In der Wintersession 2021 überwies der Nationalrat das Postulat Romano schliesslich stillschweigend.

Bekämpfung der internationalen organisierten Kriminalität. Die Prävention und das Aufdecken von Aktivitäten müssen verbessert werden (Po. 21.4219)

Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2021 mit dem Entwurf für ein neues Veloweggesetz. Marco Romano (mitte, TI) und Frédéric Borloz (fdp, VD) stellten die Vorlage vor, deren zentraler Aspekt in der Verpflichtung der Kantone lag, Velowegnetze zu planen und zu realisieren.
In der Eintretensdebatte hiessen Mitglieder der Grünen-, SP- und GLP-Fraktion die Vorlage des Bundesrates – unter anderem mit Verweis auf die wichtige Rolle der Veloförderung im Kampf gegen die Treibhausgase – gut und beabsichtigten, die «Verwässerungen» (Aebischer; sp, BE), die der Ständerat vorgenommen hatte, wieder rückgängig zu machen. Die Mitte- und die FDP.Liberalen-Fraktion wollten ebenfalls auf die Vorlage eintreten, äusserten sich jedoch nicht mit demselben Enthusiasmus zur Vorlage. Sie sahen vor allem «die Einräumung von Kompetenzen zugunsten von Interessenorganisationen» (Fluri; fdp, SO) kritisch, womit Fluri insbesondere auf den Beibezug von Velo-Fachorganisationen bei der Planung und dem Erhalt der Velowegnetze anspielte. Die SVP-Fraktion hingegen sprach sich gegen das Gesetz aus. Für sie bedeutete ein neues Gesetz mehr Ausgaben, welche die Auto- und Lastwagenfahrer sowie die Kantone und Gemeinden berappen müssten. Zudem werde der Ausbau der Velowege in der Stadt zu weniger Platz für die Autofahrer und auf dem Land zum Verlust von Landwirtschaftsfläche führen, befürchteten die Sprechenden der SVP-Fraktion.
Im Anschluss an das unbestrittene Eintreten wurden die einzelnen Minderheitsanträge debattiert, die sich um die Durchgängigkeit der Velowegnetze, um die Information der Öffentlichkeit, um die Aufgliederung in Haupt- und Nebenrouten und um die Fristen für die Umsetzung des Gesetzes drehten. Auch über den Einbezug und das Verbandsbeschwerderecht von Interessenorganisationen im Bereich des Veloverkehrs wurde – wie bereits im Ständerat – intensiv diskutiert. Die Minderheitsanträge wurden allesamt abgelehnt. In Übereinstimmung mit den Anträgen der Kommissionsmehrheit blieb der Nationalrat somit fast gänzlich auf der Linie des Ständerats. Allerdings wurde der Entscheid des Ständerates korrigiert, wonach die Velowegnetze nur «möglichst» sicher und die Streckenführung nur «möglichst» direkt sein solle. In der Version des Nationalrates müssen sie demnach «sicher» und «direkt» sein. Auch beim Ersatz von Velowegen entschied sich der Nationalrat für eine strengere Formulierung: Er strich den Passus, dass ein «ausgewiesenes öffentliches Interesse» an einem Ersatz vorliegen müsse; somit müssten Velowege in jedem Fall ersetzt werden.
In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer den Entwurf mit 135 zu 50 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Lediglich die fast geschlossen stimmende SVP-Fraktion lehnte die Vorlage ab.

Veloweggesetz (BRG 21.046)

Mittels parlamentarischer Initiative forderte SVP-Nationalrat Piero Marchesi (TI), die beiden Organisationen «Islamischer Zentralrat Schweiz» und «Association des Savants Musulmans» auf die Liste der verbotenen Organisationen zu setzen. Beide Organisationen stellten aufgrund ihrer nachgewiesenen Verbindungen zu den beiden verbotenen Gruppierungen «Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» eine Gefahr für die innere Sicherheit der Schweiz dar und müssten verboten werden, forderte der Initiant im Ratsplenum in der Wintersession 2021. Unterstützt wurde er dabei von einer Minderheit Addor (svp, VS). Die Mehrheit der SPK-NR beantragte mit 13 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung hingegen, der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben. Eine solche Gesetzesänderung würde die innere Sicherheit der Schweiz nicht signifikant verbessern und das Verbot wäre leicht zu umgehen, etwa indem die beiden Vereine unter anderem Namen fortbestehen würden, so Kommissionssprecher Thomas Rechsteiner (mitte, AI). Zudem dürfe die Schweiz nur Gruppierungen verbieten, die von der UNO sanktioniert oder verboten wurden. Der Nationalrat gab der Initiative mit 130 zu 54 Stimmen bei drei Enthaltungen keine Folge.

Die Organisationen «Islamischer Zentralrat Schweiz» und «Association des Savants Musulmans» sollen verboten werden (Pa.Iv. 20.489)

Er könne sich kurz halten, da es keine neuen Argumente gebe und auch in der neuerlichen Debatte keine aufgetaucht seien, gab Gerhard Pfister (mitte, ZG) in der Wintersession 2021 bei der Diskussion um die Einführung eines obligatorisches Referendums für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter für die Kommission zu Protokoll: Die Mehrheit der SPK-NR beantrage Festhalten am ursprünglichen Nichteintretensentscheid, weil sie keinen Handlungsbedarf sehe und die Vorlage zu wenig ausgereift sei. Eine erstarkte Minderheit – ursprünglich hatte die Kommission die Vorlage mit 17 zu 8 Stimmen abgelehnt, im zweiten Durchgang standen sich 13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung gegenüber – wolle vor allem auch den Kantonen mit Berücksichtigung des Ständemehrs mehr Gewicht geben.
Die erneute Debatte war nötig geworden, weil der Ständerat auf die Vorlage eintreten wollte, obwohl die grosse Kammer zuvor schon nichts von der Idee hatte wissen wollen. Die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen hatten vor dem Votum Pfisters ihre Positionen noch einmal ausgeführt. Marco Romano (mitte, TI) sprach sich im Namen der Mitte für eine Stärkung der Volksrechte, für die Zustimmung zum Beschluss des Ständerats und also für Eintreten aus. Die SP-Fraktion – vertreten durch Samira Marti (sp, BL) – war für Festhalten. Marti warf dem Ständerat vor, mit der Forderung nach dem obligatorischen Referendum die Macht der Kantone über Gebühr stärken zu wollen. Damit würden nicht nur «die Stimme der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger» und damit das «Demokratieprinzip» an und für sich geschwächt, zudem bedeute die notwendige Zustimmung der Kantone insbesondere bei Verträgen, in denen es um Grundrechte gehe, «höhere Hürden für einen effektiven Menschenrechtsschutz». Mit der Einführung des Ständemehrs würde überdies die im Moment auch im Rahmen der Covid-19-Pandemie viel diskutierte Spaltung der Gesellschaft noch weiter vorangetrieben. Gregor Rutz (svp, ZH) warb im Namen der SVP-Fraktion für Eintreten: Es gebe immer mehr Staatsverträge, die «direkt oder indirekt auf unsere Kompetenzordnung zugreifen», weshalb es notwendig sei, solche Abkommen Volk und Ständen zu unterbreiten. Nachdem Nationalratsvizepräsident Martin Candinas (mitte, GR) die Positionen der drei restlichen Fraktionen bekannt gegeben hatte – die FDP-Fraktion unterstütze die Minderheit, die GLP- und die GP-Fraktionen die Mehrheit – erklärte Kommissionssprecher Pfister den Grund für die Erstarkung der Kommissionsminderheit: Verschiedene Kommissionsmitglieder hatten entschieden, dem Ständerat entgegenzukommen. Dies wollte aber eine deutliche Mehrheit der grossen Kammer nicht: Zum zweiten Mal lehnten die SP-, GLP- und die GP-Fraktionen die Vorlage geschlossen ab. Die Mitte-Fraktion war gespalten und auch die FDP-Liberale Fraktion stimmte trotz anderslautender Fraktionsempfehlung grossmehrheitlich gegen Eintreten. Damit standen 114 Stimmen 69 Stimmen, die vor allem aus der SVP- und der Mitte-Fraktion stammten, gegenüber und versenkten die Vorlage endgültig.

Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter (BRG. 20.016)
Dossier: Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter

Weil sich die SPK-SR dagegen ausgesprochen hatte, der parlamentarischen Initiative von Nadine Masshardt (sp, BE) Folge zu geben, die SPK-NR das Begehren aber nach wie vor mit 13 zu 10 Stimmen unterstützen wollte, hatte sich die grosse Kammer in der Wintersession 2021 mit der Idee einer Aufstockung der Anzahl Bundesratsmitglieder auf neun zu befassen. Die nationalrätliche Kommission legte in ihrem Bericht dar, dass die Regierung «die Kräfteverhältnisse im Parlament bedeutend weniger gut abbildet als früher». Die Konkordanz verlange jedoch, dass alle wichtigen Kräfte eingebunden würden. Eine Aufstockung auf neun Magistratinnen und Magistraten würde nicht nur die parteipolitische Repräsentation verbessern, sondern auch mehr Möglichkeiten bieten, um Frauen und Männer oder verschiedene Regionen gleichberechtigter zu vertreten. Die wachsenden Aufgaben könnten zudem auf mehr Schultern verteilt werden.
Auf ebendiese zunehmende Belastung verwies die Initiantin bei der Eröffnung der Ratsdebatte, indem sie einen aktuellen Bezug zur Pandemie zeichnete, bei der sich die immer grösser werdende Aufgabenlast der Regierungsmitglieder in besonderem Masse zeige. Statt immer mehr Staatssekretärinnen und -sekretäre zu berufen – dies war eine Forderung der starken bürgerlichen Kommissionsminderheit, die sich statt einer Aufstockung eher eine Staatsleitungsreform wünschte – brächte eine Aufgabenverteilung auf mehr Schultern auch die Möglichkeit für die Regierungsmitglieder mit sich, Regierungsgeschäfte in der Öffentlichkeit stärker und präsenter vertreten zu können. Für die Minderheit nahm Kurt Fluri (fdp, SO) Stellung: Der Bundesrat sei kein «Proporzorgan», sondern eine «Staatsleitungsbehörde». Es gelte das Kollegialprinzip und eben keine Repräsentation unterschiedlichster Parteiinteressen. Ebendieses Kollegialprinzip würde aber mit mehr Mitgliedern gefährdet, weil es noch schwerer einzuhalten wäre. Zudem bedeuteten mehr Schultern nicht unbedingt weniger Arbeit. Im Gegenteil würde die Schaffung zweier neuer Departemente den Koordinationsaufwand wohl gar noch erhöhen. Abschliessend ergriffen nur noch die beiden Kommissionssprechenden das Wort: Ada Marra (sp, VD) warb für die Mehrheit der SPK-NR mit dem Argument, dass die Zeit reif sei für eine Reform der über 150-jährigen Institution «Bundesrat», und Marco Romano (mitte, TI) hob in seinem Kommissionsvotum die mögliche Bedeutung der Aufstockung für die Repräsentation der Sprachregionen hervor. Mit 109 zu 72 Stimmen (4 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat für Folgegeben aus, wobei sich im Rat die Kommissionsverhältnisse widerspiegelten: Die geschlossene SVP- und die fast geschlossene FDP-Fraktion unterstützt von zwei Mitte-Fraktionsmitgliedern standen den geschlossenen Fraktionen der SP, der GLP und der Grünen gegenüber.

Konkordanz stärken mit neun Bundesratsmitgliedern (Pa.Iv. 19.503)
Dossier: 9 statt 7 Bundesratsmitglieder?

Im Oktober 2021 veröffentlichte der Bundesrat den Bericht in Erfüllung des Postulats «Roadmap in Finanz- und Steuerfragen», mit dem Marco Romano (mitte, TI) eine Beurteilung der 2015 abgeschlossenen Roadmap mit Italien gefordert hatte. Im Bericht gab der Bundesrat eine Übersicht über den Fortschritt der einzelnen steuer- und finanzpolitischen Dossiers, die Bestandteil der Roadmap sind. Im Hinblick auf den Automatischen Informationsaustausch kam der Bundesrat zum Schluss, dass durch die Umsetzung des AIA-Standards der OECD kein weiterer Handlungsbedarf bestehe. Im Bereich des Informationsaustauschs auf Ersuchen sah der Bundesrat die Zielsetzungen aufgrund des Änderungsprotokolls zum DBA mit Italien als erfüllt an. Obwohl die Ziele der Roadmap bezüglich des DBA generell umgesetzt worden seien, soll eine weitere Revision nach Unterzeichnung des Grenzgängerabkommens auf bilateraler Ebene angestossen werden, gab der Bundesrat im Bericht bekannt. Mit ebenjenem Grenzgängerabkommen wurde gemäss Bericht zudem ein weiteres Dossier der Roadmap zielgerecht erfüllt. Auch die Forderung nach einer Streichung der Schweiz von Italiens schwarzen Listen wurde mehrheitlich erfüllt: Gewisse Listen wurden von Italien abgeschafft, bei zwei weiteren wurde die Schweiz neu kategorisiert und daher von der Liste entfernt. Nach jüngsten Gespräche zeichnete sich zudem ab, dass die Schweiz zeitnah auch von der schwarzen Liste der Steuerparadiese von 1999 gestrichen werden könnte. Die Situation der Besteuerung der italienischen Enklave Campion d'Italia sei auf bilateraler Ebene mit Italien geklärt worden und ein regelmässiger Austausch der Finanzdepartemente sei vorgesehen. Darüber hinaus wurde im Bericht erwähnt, dass sich die Schweiz um ein bilaterales Abkommen mit Italien für das grenzüberschreitende Geschäft ohne Zweigniederlassungserfordernis bei der Vermögensverwaltung mit Privatkunden bemühe. Zusammenfassend hielt der Bundesrat fest, dass die Roadmap zur Verbesserung der bilateralen Beziehungen geführt habe und auch weiterhin als Instrument genutzt werde, um einen konstruktiven Dialog in Steuer- und Finanzfragen zu führen.

Beurteilung der Roadmap zwischen der Schweiz und Italien von 2015

In der Begründung seiner parlamentarischen Initiative warnte Jean-Luc Addor (svp, VS) explizit vor einer parlamentarischen Initiative der Grünen Fraktion. Er selber verlange eine gerichtliche Kontrolle von Notrecht durch das Bundesgericht, wenn gegen notrechtliche Beschlüsse des Bundesrats Beschwerde eingereicht werde. Im Gegensatz dazu fordere der Vorstoss der Grünen Fraktion die Kontrolle nicht nur von bundesrätlichen, sondern auch von parlamentarischen Notverordnungen durch das Bundesgericht, was eine «gefährliche Büchse der Pandora» öffne, weil dadurch die Balance zwischen den Gewalten ausgehebelt würde. Es sei richtig, dass es in der Schweiz keine Verfassungsgerichtsbarkeit gebe – dieser Idee käme die von den Grünen geforderte abstrakte Normenkontrolle durch das Bundesgericht aber sehr nahe. Die Bundesversammlung als oberste Gewalt wähle die Judikative und könne deshalb von dieser eben nicht kontrolliert werden. Dieser Grundsatz gelte aber eigentlich nicht für die Exekutive. Hier herrsche eine Lücke im Bundesrecht. «Bürgerinnen und Bürger, die sich als Opfer von ungerechtfertigten Verletzung ihrer Grundrechte sehen», hätten heute nur die Möglichkeit, «die durch das Notrecht auferlegten Einschränkungen zu missachten». Mit der Ermöglichung einer Beschwerde beim Bundesgericht gegen Notrechtsbeschlüsse des Bundesrats könnte diese Lücke geschlossen werden. Mitte Oktober 2021 zog Addor seinen Vorstoss zurück.

Gerichtliche Kontrolle von Notrecht (Pa.Iv. 21.404)
Dossier: Parlament in Krisensituationen

Wie es im Herbst des Vorjahres der Nationalrat getan hatte, stimmte in der Herbstsession 2021 auch der Ständerat der Motion Addor (svp, VS) für die Verstärkung des Identitätsschutzes von Polizistinnen und Polizisten, die Ordnungsbussen verhängen, stillschweigend zu. Die RK-SR hatte die Motion im Vorhinein beraten und – wie auch der Bundesrat – deren Annahme beantragt. Wie sie in ihrem Bericht festhielt, handle es sich beim Ordnungsbussengesetz um ein besonderes Strafverfahrensrecht, weshalb sie das Anliegen der Motion grundsätzlich bereits im Rahmen der in der Kommission hängigen Detailberatung der Revision der Strafprozessordnung umgesetzt habe.

Die Personen schützen, die Ordnungsbussen verhängen (Mo. 20.3388)

Im September 2021 lehnte der Nationalrat eine Motion von Jean-Luc Addor (svp, VS; Mo. 20.3039) und ein Postulat von Jean-Pierre Grin (svp, VD; Po. 19.4375) zur Einführung eines Familienquotienten zur Beseitigung der Heiratsstrafe ab. Neu soll folglich bei der direkten Bundessteuer ein Familienquotientensystem, das auf einer Besteuerung nach Konsumeinheiten beruht, eingeführt respektive geprüft werden. Dadurch würden die «Steuerpflichtigen mit Familienlasten gleichbehandelt», unabhängig ihres Zivilstandes, jedoch in Abhängigkeit des Einkommens und der Familiengrösse, wie Addor erläuterte. Dieses Modell orientiere sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sei «neutral hinsichtlich der Verteilung der Einkommen» und benachteilige das Zweiteinkommen weniger als verschiedene Alternativen. Der Bundesrat verwies auf seine Antwort auf eine Interpellation Addor (Ip. 19.3450) sowie auf die Auslegeordnung zur Ehe- und Familienbesteuerung, welche er im Rahmen des Bundesratsgeschäfts für eine ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung bereits am Erarbeiten sei, und empfahl die Motion sowie das Postulat zur Ablehnung. Mit 133 zu 52 Stimmen (Mo. 20.3039) respektive 122 zu 61 Stimmen (bei 2 Enthaltungen; Po. 19.4375) sprach sich der Nationalrat gegen die zwei Vorstösse aus.

Familienquotient zur Beseitigung der Heiratsstrafe (Mo. 20.3039 und Mo. 19.4375)
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?

Die SPK-NR wollte den Bundesrat mittels eines Postulats dazu auffordern, einen Bericht zu E-Collecting zu verfassen. Es solle dabei weniger um technische Aspekte, als vielmehr um die «staatspolitischen Auswirkungen» gehen. Der Bericht solle die Folgen von E-Collecting auf das politische System z.B. hinsichtlich Fristen oder Unterschriftenhürden analysieren und auch eine öffentliche Diskussion anstossen. Die Idee für diesen Auftrag erwuchs der Kommission im Rahmen einer Anhörung zum Thema «elektronisches Sammeln von Unterschriften».
Der Bundesrat beantragte Annahme des Postulats. Dass es trotzdem zu einer Debatte im Nationalrat kam, war der Opposition einer Kommissionsminderheit aus SVP-Fraktionsmitgliedern geschuldet. Die SVP habe Erfahrung mit dem Sammeln von Unterschriften und sie brauche keinen Bericht, um zu wissen, dass dies nicht auf elektronischem Weg geschehen dürfe – argumentierte Jean-Luc Addor (svp, VS) als Sprecher dieser Minderheit. E-Collecting beraube die direkte Demokratie ihrem Charakter. Es sei nötig, mit den Bürgerinnen und Bürgern auf der Strasse in Kontakt zu treten. Freilich sei es für ressourcenschwache Gruppierungen einfacher, auf elektronischem Weg Unterstützung zu sammeln, aber das gelte auch für ressourcenstarke Gruppierungen, die damit die Bevölkerung massiv beeinflussen könnten. Die Mehrheit der grossen Kammer wünschte sich allerdings einen Bericht. Mit 124 zu 50 Stimmen (1 Enthaltung) erteilte sie dem Bundesrat den entsprechenden Auftrag. Die Gegenstimmern stammten praktisch ausschliesslich aus der SVP-Fraktion.

Bericht zu E-Collecting (Po. 21.3607)
Dossier: Vote électronique

Die vorberatende SPK-SR empfahl die Motion von Marco Romano (mitte, TI) für ein detailliertes jährliches Reporting über die Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung einstimmig zur Ablehnung. Diesem Antrag könne «bedenkenlos» gefolgt werden, so die Kommission in ihrem Bericht, weil die verlangten Angaben laut Bundesrat bereits im Reporting des Personalmanagements aufgeführt seien – so etwa im Bericht 2020.
In der Ratsdebatte im Ständerat wiesen sowohl Andrea Caroni (fdp, AR) als auch Finanzminister Ueli Maurer darauf hin, dass die Motion als erfüllt betrachtet werden könne. Der Rat lehnte den Vorstoss entsprechend diskussionslos und einstimmig ab.

Mehrsprachigkeit in der Bundesveraltung im jährlichen Reporting (Mo. 19.3153)

Im Vorfeld der Herbstsession 2021 beantragte die SPK-NR dem Nationalrat mit 14 zu 10 Stimmen, die Beratung der Botschaft zum UNO-Migrationspakt für ein Jahr zu sistieren. Kommissionssprecher Romano (mitte, TI) erklärte den Ratsmitgliedern, man müsse die Rückmeldungen der Subkommissionen zur Handhabung von «Soft-Law-Instrumenten» und zu den parlamentarischen Mitwirkungsrechten abwarten. Kurt Fluri (fdp, SO) – ebenfalls Sprecher der SPK-NR – wies darauf hin, dass der Ständerat bei einer nationalrätlichen Ablehnung der Sistierung seinen Sistierungsbeschluss einfach wiederholen könnte, womit die Sistierung dann sowieso beschlossen wäre. Er warnte vor dem Anliegen der Minderheit Glättli (gp, ZH), die Sistierung abzulehnen, da man bei einem Meinungsumschwung im Ständerat Gefahr laufe, dass der Migrationspakt behandelt werde, ohne dass die Resultate der Subkommissionen vorlägen. Minderheitsführer Glättli griff in der Ratsdebatte insbesondere die SVP-Fraktion frontal an und äusserte sein Unverständnis über die Zustimmung der Partei zur Sistierung. Diese habe sich in den vergangenen Jahren eindeutig gegen den Migrationspakt positioniert und sogar eine Volksabstimmung gefordert. Er warf der SVP vor, die Sistierung nur zu befürworten, um nicht über eine Frage diskutieren zu müssen, «bei der ihr offensichtlich inhaltlich die Argumente ausgegangen» seien. Bundesrat Cassis signalisierte die Bereitschaft des Bundesrats, die Debatte über den Migrationspakt jederzeit wieder aufzunehmen. Schliesslich nahm der Rat den Sistierungsantrag der Kommissionsmehrheit mit 105 zu 77 Stimmen (ohne Enthaltungen) an. Die Gegenstimmen stammten von den Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen.

Botschaft zum UNO-Migrationspakt
Dossier: Uno-Migrationspakt

Nach siebenjähriger Beratung fanden die Diskussionen um eine parlamentarische Initiative Romano (mitte, TI) in der Herbstsession 2021 ein Ende. Der Ständerat folgte nämlich dem Entscheid des Nationalrates aus dem Vorjahr und beschloss mit 37 zu 2 Stimmen (2 Enthaltungen) die Einführung eines zweiwöchigen, bezahlten Urlaubs bei der Adoption eines bis vierjährigen Kindes. Finanziert wird der Adoptionsurlaub über den Erwerbsersatz. Kommissionssprecherin Graf (gp, BL) hatte in der vorausgehenden kurzen Debatte unter anderem vorgerechnet, dass im Vorjahr in der Schweiz gerade 27 Kinder unter vier Jahren adoptiert worden seien – 2019 seien es noch deren 41 gewesen –, womit die finanziellen Auswirkungen gering seien. In der Schlussabstimmung passierte der Erlassentwurf den Ständerat mit 41 zu 3 Stimmen (0 Enthaltungen) und den Nationalrat mit 117 zu 76 Stimmen (2 Enthaltungen). Gegen den Entwurf votierten im Nationalrat neben der geschlossenen SVP beinahe alle Mitglieder der FDP.Liberalen-Fraktion.

Introduire des allocations familiales en cas d'adoption (Iv. pa. 13.478)

Drei Tage nachdem die Schweizer Stimmbevölkerung am 7. März 2021 das E-ID-Gesetz an der Urne verworfen hatte, reichten Verfechterinnen und Verfechter einer staatlichen Lösung aus allen politischen Lagern sechs gleichlautende Motionen für eine «vertrauenswürdige staatliche E-ID» ein. Gerhard Andrey (gp, FR; Mo. 21.3124), Franz Grüter (svp, LU; Mo. 21.3125), Min Li Marti (sp, ZH; Mo. 21.3126), Jörg Mäder (glp, ZH; Mo. 21.3127), Simon Stadler (mitte, UR; Mo. 21.3128) sowie die FDP-Liberale-Fraktion (Mo. 21.3129) argumentierten übereinstimmend, die Volksabstimmung habe deutlich gezeigt, dass sich die Bevölkerung eine E-ID wünsche, aber deren Herausgabe und Betrieb nicht privaten Unternehmen überlassen werden dürfe. Nur wenn der Staat dafür zuständig sei, könne die E-ID Vertrauen und Akzeptanz der Nutzerinnen und Nutzer geniessen. Die Vorstösse enthielten demzufolge den Auftrag an den Bundesrat, eine staatliche E-ID zu schaffen, die insbesondere die Grundsätze der «privacy by design», der Datensparsamkeit und der dezentralen Datenspeicherung einhalten soll.
Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motionen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter interpretierte das Abstimmungsresultat gleich wie die Motionärinnen und Motionäre und erklärte, der Bundesrat wolle so rasch wie möglich einen neuen Vorschlag für eine E-ID präsentieren. Ende Mai habe er deshalb das EJPD bereits mit der Ausarbeitung eines Grobkonzepts beauftragt. Die daraus resultierende Auslegeordnung verschiedener staatlicher Lösungsansätze befinde sich momentan in öffentlicher Konsultation. Basierend darauf wolle der Bundesrat voraussichtlich Mitte 2022 ein neues E-ID-Gesetz in die Vernehmlassung schicken, führte die EJPD-Chefin im Nationalratsplenum aus.
Für etwas Dissonanz in all dem Einklang sorgte Jean-Luc Addor (svp, VS), der die Vorstösse bekämpfte. Er sah den Ursprung des Misstrauens vonseiten der Stimmbevölkerung nicht in der privatwirtschaftlichen Natur des abgelehnten Vorschlags, weshalb es die falsche Schlussfolgerung sei, nun alles dem Staat überlassen zu wollen. Auch die Zentralisierung und der Datenschutz seien wichtige Fragen für die Konzeption der E-ID. Erfahrungen hätten zudem gezeigt, dass der Bund auch kein «unerschütterliches Vertrauen» bei der erfolgreichen Durchführung von IT-Projekten geniesse. Ausserhalb seiner eigenen Fraktion verfing die Kritik Addors allerdings nicht. Die grosse Kammer nahm die sechs Motionen in der Herbstsession 2021 mit 145 zu 39 Stimmen bei 7 Enthaltungen an. Ausser der SVP stimmten alle Fraktionen geschlossen dafür.

Vertrauenswürdige, staatliche E-ID (Mo. 21.3124, 21.3125, 21.3126, 21.3127, 21.3128 und 21.3129)
Dossier: Elektronische Identität

Dass die «Ehe für alle» an der Urne wohl angenommen werden würde, zeichnete sich bereits relativ früh in der Abstimmungskampagne ab. Schon die ersten Umfragen von Tamedia und SRG ab Mitte August zeigten komfortable Mehrheiten für die Vorlage von weit über 60 Prozent, woraufhin die Medien die Abstimmung bereits für gewonnen erklärten. Dies tat der Intensität, mit der sie über die Abstimmungsvorlage berichteten, indes keinen Abbruch. Häufig porträtierten sie gleichgeschlechtliche Paare oder homosexuelle Prominente, die der Vorlage ein Gesicht gaben. Weiter machte die Befürwortendenseite zwar nicht mit einer breiten Inseratekampagne, aber vor allem mit bunten Aktionen auf sich aufmerksam, welche die Medien in Druckerschwärze übersetzten. So planten die Befürwortenden zum Kampagnenstart Ende Juni Aktionen in zwanzig Städten, führten Hochzeitszeremonien auf dem Berner Helvetiaplatz durch oder weibelten an Pride-Umzügen für die Vorlage. Über 20'000 Teilnehmende verzeichnete etwa die Zurich Pride, nachdem LGBTQ+-Organisationen auf die «wichtigste gesellschaftspolitische Abstimmung seit Jahrzehnten» hingewiesen und zur Teilnahme an der Demonstration durch die Innenstadt aufgerufen hatten. Beim Umzug mit dabei waren nicht nur Angehörige der LGBTQ+-Gemeinschaft, sondern unter anderem auch Grossunternehmen wie IKEA, UBS und Swiss sowie Sektionen der Polizei und der Armee. Dass die Unterstützung in der Gesellschaft ausgesprochen breit war, zeigte sich somit also nicht nur an der klar positiven Tonalität in den Medien, welche das FÖG festgestellt hatte, oder an der öffentlichen Unterstützung durch viele Prominente, sondern auch durch klare Positionsbezüge von Unternehmen – ein in der Schweiz während Abstimmungskampagnen eher selten beobachteter Umstand. Dass sich IKEA in einen Schweizer Abstimmungskampf einschaltete, war indes nicht ganz neu: Bereits im Vorjahr hatte sich das Möbelunternehmen mit Inseraten und Clips für die Einführung des Vaterschaftsurlaubs ausgesprochen.

Das im Abstimmungskampf immer wieder vorgebrachte Argument der Befürwortenden lautete, dass es die Annahme der Vorlage ermögliche, eine nach wie vor bestehende und für viele Menschen unbegründet erscheinende rechtliche Ungleichbehandlung zu beseitigen, ohne dass anderen Personen daraus Nachteile erwachsen würden. Es sei nicht die Aufgabe des Staates, private Beziehungen zu werten oder Menschen vorzuschreiben, wie sie ihr Privat- und Familienleben zu führen hätten, führte Bundesrätin Keller-Sutter an ihrer Medienkonferenz zur Eröffnung der Abstimmungskampagne weiter aus. Mit der zivilen Ehe könnten Ungleichheiten für gleichgeschlechtliche Paare in Bezug auf die gemeinsame Adoption, den Zugang zu Fortpflanzungsmedizin und bei der Einbürgerung beseitigt werden, die trotz der Möglichkeit der eingetragenen Partnerschaft bisher fortbestanden hätten. Zudem hätten Studien gezeigt, «dass für die Entwicklung der Kinder nicht die Familienkonstellation entscheidend ist, sondern die Fürsorge und die Zuwendung, die sie in der Familie erhalten». Dies brachte die Bundesrätin vor, um eines der Hauptargumente der Gegnerschaft zu entkräften.

Denn insbesondere Letzteres bestritten Angehörige des Referendumskomitees nämlich vehement und richteten sich dezidiert gegen die mit der Vorlage zu schaffende Neuerung, welche lesbischen Paaren in der Schweiz Zugang zur Samenspende verschaffen wollte. Die Argumente der Gegnerschaft gründeten dabei auf dem Kindeswohl – die «Psyche der Kinder bleibt auf der Strecke», titelt etwa die Weltwoche, deren Redaktion sich hauptsächlich gegen die Vorlage stellte. Jedes Kind habe ein Recht auf einen Vater. Ein Kind brauche Vorbilder von beiden Geschlechtern und «die Verwurzelung in der Ursprungsfamilie [sei] für die kindliche Identitätsbildung zentral», argumentierte die Gegnerschaft im Abstimmungsbüchlein. In den Medien zu reden gab in diesem Zusammenhang auch ein von gegnerischen Kreisen unter der Leitung des ehemaligen Walliser Nationalrats Oskar Freysinger lanciertes Abstimmungsplakat, das in schwarzweisser Farbgebung grossflächig das Gesicht eines Zombies mit stechenden Augen zeigte, begleitet vom Slogan «Enfants avec un mort» respektive «Kinder mit einem Toten». Nach Berichten aus einer Walliser Gemeinde, in der ein Plakat in der Nähe einer Primarschule aufgestellt worden war und daraufhin wegen verängstigten Reaktionen hatte entfernt werden müssen, wurden hingegen die Auswirkungen des Plakats selber auf das Kindswohl diskutiert. Nicht zuletzt sei der Zugang zur Samenspende für lesbische Paare auch nicht verfassungskonform, da Art. 119 der BV die medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur bei Unfruchtbarkeit oder Gefahr einer schweren Krankheit erlaube, argumentierten die Gegnerinnen und Gegner weiter. Es gehe nicht, lesbische Paare aufgrund eines unerfüllten Kinderwunsches als unfruchtbar einzustufen. Als weitere negative Folge des Zugangs zur Samenspende für lesbische Paare befürchtete die Gegnerschaft bereits weitere Lockerungsschritte in der medizinisch unterstützten Fortpflanzung, namentlich die Eizellenspende und die Leihmutterschaft, da auch Alleinstehende oder schwule Paare sich bald auf ihr Recht auf Kinder berufen könnten.

Überaus häufig berichteten die Medien im Laufe der Abstimmungskampagne auch über die Positionsbezüge von Parteien und Kirchen, da sich die Haltungen auch innerhalb gewisser Parteien und kirchlicher Kreise teilweise stark unterschieden. Während sich alle Sektionen der SP, Grünen, GLP und auch der FDP – nach einigen Wirren bei den Jungfreisinnigen in Genf und mit Ausnahme der Stimmfreigabe der Kantonalsektion Jura – für die Vorlage ausgesprochen hatten, zeigte sich das Bild bei der Mitte und der SVP etwas weniger klar. Schliesslich kam es zwar nur zu wenigen abweichenden kantonalen Parolenfassungen, aber dennoch äusserten sich prominente Aushängeschilder öffentlich mit abweichenden Parteimeinungen. Bei der Mitte scherten etwa der Tessiner Nationalrat Marco Romano und sein Walliser Ratskollege Benjamin Roduit aus. Beide engagierten sich im Referendumskomitee, obwohl die Mitte an ihrer Delegiertenversammlung ein deutliches Ja beschlossen hatte. Auf der anderen Seite gab es bei der SVP, die das Referendum ergriffen hatte, vor allem junge Parteimitglieder, welche die Vorlage öffentlich unterstützten. Präsent in den Medien waren vor allem Michael Frauchiger, Vorstandsmitglied der SVP Zürich und als Homosexueller potentiell von der Vorlage betroffen, sowie die Aargauer Nationalrätin Martina Bircher. Frauchiger lancierte ein eigenes Ja-Komitee aus SVP-Mitgliedern, um sichtbar zu machen, dass die SVP keine Hinterwäldler-Partei sei, wie er gegenüber den Medien erklärte. Gegenüber dem Blick liess Bircher verlauten, dass sie innerhalb der SVP in dieser Frage einen Graben zwischen der älteren und der jüngeren Generation vermute, wobei erstere auch religiöse Werte in den Vordergrund stelle, während sich letztere primär gegen jegliche Einmischung durch den Staat zur Wehr setze.
Nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der Kirchen unterschieden sich die Positionen zur «Ehe für alle»: Während die Schweizerische Bischofskonferenz (SBK) ein Nein beschloss, portierte der Katholische Frauenbund ein Ja, ebenso wie die evangelisch-reformierte Kirche. Expertinnen und Experten stellten bei den Kirchen in Fragen rund um die Homosexualität in den letzten Jahren einen zunehmenden Wertewandel fest, was eine aktuelle GFS-Studie zumindest nicht widerlegte. Gemäss dieser befürworteten zwei Drittel der Katholikinnen und Katholiken die zur Abstimmung stehende Vorlage. Hingegen warfen einzelne im Vorfeld der Abstimmungen publizierte Zeitungsberichte Licht auf die in gewissen Kreisen noch immer existierende Praxis der Konversionstherapie.

Le mariage pour tous (Pa.Iv. 13.468)

Nationalrat Romano (mitte, TI) wollte mit seinem im März 2021 eingereichten Postulat den Bundesrat mit einer Beurteilung der Roadmap zwischen der Schweiz und Italien beauftragen. Die Roadmap war 2015 abgeschlossen worden und umfasste verschiedene steuer- und finanzpolitische Dossiers, über deren Stand Romano aufgeklärt werden wollte. Bestandteil dieses Übereinkommens waren unter anderem eine Anpassung des Doppelbesteuerungsabkommens bezüglich Grenzgängerinnern und Grenzgängern, die Streichung der Schweiz von allen schwarzen Listen Italiens, die Situation der italienischen Exklave Campione d'Italia und die bilaterale Regelung des Zugangs von Schweizer Finanzdienstleistern zum italienischen Markt. Laut Postulatstext seien verbindliche Eckwerte vereinbart worden, die nun beurteilt werden müssten, um Bilanz zu ziehen. Der Bundesrat äusserte sich positiv gegenüber dem Anliegen des Postulats und beantragte dessen Annahme. Dieser Aufforderung kam der Nationalrat in der Sommersession 2021 stillschweigend nach.

Beurteilung der Roadmap zwischen der Schweiz und Italien von 2015

Die geplante Neuausrichtung des Versuchsbetriebs zu E-Voting sehe weiterhin eine Offenlegung der Quellcodes vor, wie diese unter anderem im Postulat von Marco Romano für eine Roadmap für die elektronische Stimmabgabe gefordert worden sei, erklärte der Bundesrat in seinem Bericht. Auch die stärkere Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und die höhere Transparenz würden im neuen Anlauf berücksichtigt. Deshalb sei das Postulat als erfüllt zu betrachten und abzuschreiben. Dieser Forderung kam der Nationalrat in der Sommersession 2021 nach.

Roadmap

Jean-Luc Addor (udc, VS) a déposé un postulat afin que le Conseil fédéral examine et propose des mesures pour réduire la charge administrative – jugée «excessive» par le conseiller national – pesant sur les cadres de milice de l'armée. Les cadres aux échelons compagnie et bataillon ne peuvent se focaliser sur la conduite de leur unité ou corps de troupe, car les exigences bureaucratiques – comme par exemple l'archivage, collecte des données personnelles, etc. – prennent le dessus. Ainsi, leur mission primaire est davantage assumée par des militaires de carrière.
Le Conseil fédéral propose de rejeter le postulat. Le Système d'information du personnel de l'armée (PISA), le logiciel Mil-Office, et la numérisation du livret de service et des processus administratifs associés et d'autres outils encore à l'étude facilitent l'exécution des tâches administratives des cadres. Un rapport n'est pas nécessaire, car avec la numérisation des processus administratifs, il estime déjà répondre à la demande du parlementaire.
Lors du passage au Conseil national, le postulat a été adopté de justesse, avec 94 voix contre 93 et 1 abstention. Les quelques voix du groupe de l'Union démocratique du centre, du groupe libéral-radical et du groupe du centre ralliées à celles du groupe socialiste et du groupe des vert-e-s n'ont pas été suffisantes pour que la demande soit rejetée.

Diminution de la bureaucratie pour les cadres de milice (Po. 19.4244)

Der Nationalrat stimmte in der Sommersession 2021 im Sinne des Bundesrates und nahm ein Postulat Jans (sp, BS), das in der Zwischenzeit von Gabriela Suter (sp, AG) übernommen worden war, mit 125 zu 51 Stimmen bei einer Enthaltung an. Der Bundesrat wurde damit beauftragt, einen Bericht auszuarbeiten, inwiefern die Nutzung von Fotovoltaikanlagen auf den Gebäuden der Armee dazu beitragen könnte, das sicherheitspolitische Risiko der Abhängigkeit von ausländischen fossilen Energieträgern zu verringern. Wie Verteidigungsministerin Viola Amherd im Rat erklärte, sei die Fotovoltaik eine «interessante Option», um einerseits die autarke Energieversorgung zu steigern und gleichzeitig auch einen Beitrag zur Förderung der erneuerbaren Energien seitens der Armee zu leisten. Zwar seien derzeit bereits Arbeiten im Gange, um die Produktion und Verwendung von erneuerbaren Energien in der Armee zu fördern, eine umfassende Betrachtung der sicherheitspolitischen, rechtlichen und finanziellen Aspekte sei aber sinnreich, so Amherd. Nicht einverstanden zeigte sich die geschlossene SVP-Fraktion, die gemäss Jean-Luc Addor (svp, VS), der das Postulat zuvor bekämpft hatte, den geforderten Bericht angesichts der laufenden Arbeiten als «unnötig» betrachtete.

Fotovoltaik-Offensive der Armee (Po. 19.3779)

Einige Tage später setzte sich der Nationalrat mit der dritten Revision des Covid-19-Gesetzes auseinander. Marie-France Roth Pasquier (mitte, FR) und Matthias Aebischer (sp, BE) berichteten für die WBK-NR von den Kommissionsentscheiden: Unumstritten seien auch hier die Vorschläge des Bundesrates gewesen, da auch der Nationalrat ein abruptes Auslaufen der Covid-Hilfen verhindern wolle. Zusätzlich zu den neuen ständerätlichen Regelungen lägen jedoch auch im Nationalrat verschiedene Vorschläge von Kommissionsmehrheit und -minderheiten vor.

In der Eintretensdebatte forderten die SVP- und die FDP-Fraktion eine Rückkehr zur Normalität, während sich die GLP insbesondere gegen die Maskenpflicht im Freien aussprach. Auch die Mitte-, die SP- und die Grünen-Fraktionen zeigten sich über die bereits erfolgten Lockerungen erfreut, sprachen sich aber für einen «kontrollierten Ausstieg» aus den Covid-19-Massnahmen aus. Eintreten war in der Folge unbestritten.
Widerstandslos verlängerte der Nationalrat die Covid-19-Erwerbsausfallentschädigungen bis Ende 2021, wie es der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Stillschweigend stimmte er auch der Aufhebung der Obergrenze der A-Fonds-perdu-Beiträge für die Sportklubs zu. Gleichzeitig nahm er aber auch eine ergänzende Bestimmung der WBK-NR an, welche die Regelungen zu den A-Fonds-perdu-Beiträgen erneut ändern wollte. Ursprünglich hatte das Parlament entschieden, dass nur Klubs, die bestimmte Vorgaben erfüllen – darunter eine Reduktion der Löhne und ein Verzicht auf Lohnerhöhung während fünf Jahren – A-Fonds-perdu-Beiträge in der Höhe von 66 Prozent ihrer entgangenen Ticketeinnahmen erhalten sollen. In der Frühjahrssession 2021 hatte das Parlament diese Regelung insofern abgeschwächt, als die Sportklubs auch ohne die Erfüllung einer dieser Vorgaben, nämlich der Lohnreduktion, Finanzhilfen in der Höhe von 50 Prozent der entgangenen Ticketeinnahmen erhalten sollten – aber eben nicht die vollen 66 Prozent. Nun habe sich aber auch neben der Lohnreduktion auch die Klausel zum Verbot der Lohnerhöhungen als problematisch erwiesen, weshalb diese Regel ebenfalls geändert werden soll, wie Matthias Aebischer für die Kommission erklärte. Demnach sollen neu Sportklubs, welche die Gesamtlohnsumme aller Mitarbeitenden und aller Spielerinnen und Spieler in den nächsten fünf Jahren erhöhen, nur die erhaltenen A-Fonds-perdu-Beträge, die 50 Prozent der entgangenen Ticketeinnahmen übersteigen, – nicht aber die gesamten erhaltenen A-Fonds-perdu-Beiträge – zurückzahlen müssen.

Auch weitere Entscheidungen wurden ohne grosse Diskussionen getroffen: So entschied der Nationalrat auf Vorschlag der WBK-NR auch, die Ausnahmeregelung zur Durchführung von Generalversammlungen von Aktiengesellschaften auf schriftlichem oder elektronischem Weg bis Ende 2021 zu verlängern – der Ständerat hatte eine Verlängerung bis zum Inkrafttreten der Revision des Aktienrechts oder spätestens bis Ende 2023 vorgesehen.
Stillschweigend folgte der Nationalrat seiner Kommission zudem bei der Verlängerung der 100-prozentigen Kurzarbeitsentschädigung für Personen mit tiefen Einkommen bis Ende 2021. Hingegen lehnte die grosse Kammer einen Antrag Piller Carrard (sp, FR), basierend auf einem Mitbericht der SGK-NR, ab und sprach für die Zeit zwischen Juni und Dezember 2021 keine zusätzlichen Taggelder. Umstrittener war zudem der Antrag der Kommissionsmehrheit auf Verlängerung der Massnahmen im Kul­turbereich bis Ende April 2022: Eine Minderheit Gutjahr (svp, TG) hatte sich hier für einen Verzicht auf die vorzeitige Verlängerung ausgesprochen, war aber mit 96 zu 91 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) knapp unterlegen.

Besonders umstritten waren schliesslich die vom Ständerat eingefügten Änderungen: Die Streichung der Möglichkeit für Zugangsbeschränkungen zu öffentlich zugänglichen Einrichtungen und Veranstaltungen, sobald alle impfwilligen Erwachsenen geimpft sind, hatte die Kommission zuvor mit 12 zu 10 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) abgelehnt. Auch das ähnliche Anliegen, Inhaberinnen und Inhaber eines Covid-Zertifikats von Zugangsbeschränkungen auszunehmen, hatte bei der WBK-NR mit 11 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen und Stichentscheid der Vizepräsidentin knapp keine Zustimmung gefunden. Beide Anträge würden den Handlungsspielraum des Bundesrates einschränken, kritisierte Roth Pasquier für die Kommissionsmehrheit. Man lehne zudem generell die Aufnahme von Terminen und Kriterien ins Covid-19-Gesetz ab. Christian Wasserfallen (fdp, BE) befürwortete hingegen insbesondere diesen «GGG-Ansatz» (Geimpfte, Genesene oder Getestete), mit dem man die Lockerungen vorantreiben könne. In der Folge sprach sich die grosse Kammer mit 106 zu 81 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und mit 103 zu 78 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für beide Minderheitsanträge auf Annahme der Bestimmungen aus und folgte damit dem Ständerat. Zustimmung fanden diese bei der SVP-, der FDP.Liberalen-, einer Mehrheit der Mitte-Fraktion und einem Teil der GLP-Fraktion.

Zu einer eigentlichen Antragsflut der SVP-Fraktion kam es bei den Massnahmen im Bereich der Gesundheitsversorgung sowie zum Covid-19-Zertifikat. Dabei forderten Mitglieder der Fraktion unter anderem die Aufhebung der Maskenpflicht – im Allgemeinen (Haab, svp, ZH), für Personen mit Covid-19-Zertifikat (Martullo, svp, GR), im Freien (mit Ausnahmen für Veranstaltungen; Haab), bei Kindern und Jugendlichen auf der Primar- und Sekundarstufe I und II (Haab) sowie im Aussenbereichen von Schularealen (Aeschi, svp, ZG). Erneut ging es auch um Fragen des Umgangs mit dem Covid-19-Zertifikat. So wurde beantragt, dass dieses ausschliesslich für den internationalen Reiseverkehr und für Grossveranstaltungen in Innenräumen mit mehr als 5'000 Teilnehmenden, in Diskotheken und bei Tanzveranstaltungen gelten soll, nicht aber zum Beispiel für einen Restaurantbesuch (Gutjahr, ähnlich auch Addor (svp, VS), Aeschi sowie als einziges Mitglied einer anderen Fraktion Léonore Porchet (gp, VD)). In einem weiteren Antrag sollte die Nutzung des Zertifikats in der Schweiz bis Ende September 2021 begrenzt werden (Aeschi). Des Weiteren sollten Veranstaltungen für Geimpfte von der Verpflichtung zu zusätzlichen Massnahmen wie einem Schutzkonzept oder einer Maskenpflicht befreit werden (Herzog, svp, TG). Andere Vorstösse verlangten Rechtsgleichheit für die Impfunwilligen (Gafner, edu, BE), die Auflösung des Mandats der Swiss National Covid-19 Science Task Force (Keller, svp, NW) oder ganz allgemein ein Ende der Einschränkungen – etwa der Homeofficepflicht (Gutjahr), der Personenobergrenzen bei Veranstaltungen, Versammlungen, in Läden oder beim Schulunterricht sowie der Einschränkungen für Restaurants, sobald 80 Prozent der über 65-Jährigen geimpft sind (Aeschi) –, eine Streichung der Ordnungsbussen für Maskenverweigernde (Gafner) sowie eine systematische Kontrolle der Landesgrenzen (Aeschi) und eine Einreisebeschränkung für Personen ohne Covid-19-Zertifikat (Aeschi). Keiner der Anträge fand im Nationalrat jedoch eine Mehrheit.

Mit 149 zu 39 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) verabschiedete der Nationalrat in der Folge die dritte Revision des Covid-19-Gesetzes in der Gesamtabstimmung. Sämtliche Nein-Stimmen und Enthaltungen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Dritte Revision des Covid-19-Gesetzes (Änderung Covid-Erwerbsersatz und Massnahmen im Sportbereich; BRG 21.033)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Im Februar 2021 hatte sich der Bundesrat für den Entwurf der KVF-NR zur Umsetzung der Standesinitiative Tessin «Sicherere Strassen jetzt!» ausgesprochen, hatte aber vorgeschlagen, einen Passus zu streichen, welcher für inländische Fahrten eine längere Frist für die Ausrüstung mit Assistenzsystemen vorsieht. Eine solche Sonderbehandlung für Inlandfahrten stehe in Widerspruch zum Landverkehrsabkommen mit der EU. Er schloss sich mit dieser Haltung der Minderheit Schaffner (glp, ZH) an.
In der Sommersession 2021 befasste sich der Nationalrat mit dem Geschäft und führte eine intensive Debatte darüber. Kommissionssprecher Romano (mitte, TI) stellte den Sicherheitsaspekt ins Zentrum seiner Ausführungen. Mit der neuen Regelung würden die Fahrten über die vier Transitachsen – Gotthard, San Bernardino, Simplon und Grosser Sankt Bernhard – sowie auch die Fahrten auf den Zufahrtsstrassen zu diesen Übergängen sicherer. Die von der Kommission vorgesehene Sonderregelgung für alpenquerende, nicht grenzüberschreitende Transporte begründete Romano mit der Versorgungssicherheit bestimmter Regionen, namentlich der Südschweiz und des Wallis. Christian Wasserfallen (fdp, BE), als Vertreter des Minderheitsantrags auf Nichteintreten, und Barbara Schaffner sahen die Lage anders. Zum einen «ritze» die Vorlage am Landverkehrsabkommen mit der EU, zum anderen gebe es mit der geplanten längeren Frist für Transporte im Wallis und der Südschweiz eine innerschweizerische Diskriminierung. Seitens SP erläuterte Jon Pult (sp, GR), dass seine Partei die Vorlage der Kommissionsmehrheit unterstütze. Der Antrag Schaffner auf Aufhebung der Ausnahmeregelung sei eigentlich richtig, die SP lehne ihn aber aus taktischen Gründen ab, um hier eine mehrheitsfähige Vorlage zu finden.
Anschliessend wurde über die beiden Minderheiten abgestimmt. Weder die Minderheit Wasserfallen auf Nichteintreten, noch der Antrag Schaffner und des Bundesrates auf Streichung der Sonderregelung für den inländischen Transitverkehr fanden eine Mehrheit. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 112 zu 77 Stimmen angenommen. Die FDP.Liberale-Fraktion, fast die gesamte SVP-Fraktion sowie ein Mitte-Mitglied stimmten gegen die Vorlage.

Sicherere Strassen jetzt! (Kt. Iv. 17.304)

Marco Romano (mitte, TI) reichte im Frühling 2019 ein Postulat ein, in dem er einen Bericht über die Umwelterziehung forderte. In diesem Bericht soll der Bundesrat festhalten, «wie ein nationaler Aktionsplan zur Bildung in nachhaltiger Entwicklung (BNE) in der obligatorischen Schule gefördert werden könnte». Romano war der Ansicht, dass es in der aktuellen Situation – wohl auf den Klimawandel anspielend – angebracht sei, neue Massnahmen zur BNE zu prüfen und damit eine Debatte über dieses Thema zu eröffnen. Das Mittel des Aktionsplans habe sich schon in anderen Bereichen bewährt, nun sei es an der Zeit, dass ein solcher Plan für die Bereiche Umweltschutz und Ressourcennutzung in der obligatorischen Schulbildung erarbeitet werde.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Postulats, da die nachhaltige Entwicklung bereits grundlegend in die Lehrpläne der drei Sprachregionen integriert sei. Den Lehrpersonen stünden zahlreiche Lehrmittel des nationalen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums für BNE «Education 21» zur Verfügung. Diese Institution erstatte zudem regelmässig Bericht über die erbrachten Dienstleistungen und zeige auf, welche Trends zu beachten seien. Vor diesem Hintergrund sei ein neuer Bericht nicht angebracht.
Der Nationalrat beschäftigte sich in der Sommersession 2021 mit dem Postulat. Nachdem Nationalrat Romano und Bildungsminister Parmelin ihre Argumente noch einmal vorgebracht hatten, schritt die grosse Kammer zur Abstimmung und nahm das Postulat mit 111 zu 81 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Die SVP- und die FDP.Liberalen-Fraktion stimmten geschlossen gegen den Vorstoss. Grüne, SP, GLP sowie fast die ganze Mitte-Fraktion votierten für die Annahme des Postulats.

Bericht über die Umwelterziehung (Po. 19.3764)

Sibel Arslan (basta, BS) zitierte aktuelle Zahlen des BFS, um ihr Postulat zur Förderung des beruflichen Wiedereinstiegs von Frauen zu begründen: Gemäss dem BFS blieben Frauen dem Arbeitsmarkt aufgrund einer Familienpause im Durchschnitt fünfeinhalb Jahre fern, wobei das beruflich erworbene Know-How an Wert verliere. Die durch den Bund beschlossenen Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung seien zwar wichtig, aber an sich nicht ausreichend, um Frauen den beruflichen Wiedereinstieg zu erleichtern, so die Basler Nationalrätin. Deswegen verlangte sie in ihrem Vorstoss vom Bundesrat die Erarbeitung einer Gesamtstrategie und eines Massnahmenplans – abgestimmt auf die unterschiedlichen Verhältnisse und Bedürfnisse der Frauen.
Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats, welches jedoch in der Frühjahrssession 2021 von Therese Schläpfer (svp, ZH) bekämpft wurde, unter anderem weil sie befürchtete, dass dadurch «die Mütter oder die Kinder [...] von der Familie entfernt» würden. Ihre ablehnende Haltung wurde in der Sommersession von einer grossen Mehrheit der FDP-Fraktion sowie von der fast einstimmigen SVP-Fraktion unterstützt – die SVP-Vertretenden Amaudruz (GE) und Addor (VS) enthielten sich der Stimme. Die restlichen Ratsmitglieder befürworteten das Postulat, sodass dieses mit 117 zu 71 Stimmen angenommen wurde.

Massnahmenplan für den Wiedereinstieg von Frauen in die Arbeitswelt (Po. 20.4327)

En mettant en exergue l'importance du secteur des services pour la Suisse, le député Marco Romano (centre, TI) préconise la mise en place d'une stratégie pour favoriser la création de valeur dans le secteur des services axés vers le commerce extérieur. Les domaines concernés sont, par exemple, la finance, le tourisme, la gestion de fortune, les technologies de l'information ou encore l'architecture. L'objectif serait de dessiner des mesures et des solutions pour garantir un accès, sans entraves, aux marchés étrangers, et notamment au marché européen.
Le Conseil fédéral a confirmé l'importance de la problématique soulevée par le député tessinois. Par contre, il considère que la stratégie du commerce extérieur ne doit pas être abordée par secteur, mais dans son ensemble, et rappelle que des travaux au sein du DEFR pour une actualisation de cette stratégie sont en cours. Il recommande donc un rejet du postulat.
Le postulat a été rejeté par le Conseil national par 144 voix contre 48 et 1 abstention. Le député n'a convaincu que ses collègues du Centre (30), des Vert'libéraux (15), 2 voix socialistes et 1 voix libérale-radicale.

Elaborer une stratégie d'accès au marché dans le secteur des services axés sur l'exportation (Po. 19.3763)