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Akteure

  • Andres, Dora (BE, fdp/plr)
  • Genner, Ruth (ZH, gp/verts)
  • Darbellay, Christophe (cvp/pdc, VS) NR/CN
  • Eichenberger, Corina (fdp/plr, AG) NR/CN

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Im Kanton Aargau bewarben sich bei den Nationalratswahlen 2019 496 Personen auf 36 Listen für einen der 16 Aargauer Nationalratssitze. Der Andrang auf die begehrten Sitze war dieses Jahr noch einmal deutlich höher als 2015 (288 Kandidierende auf 23 Listen). Dieses Jahr schlug alleine schon die CVP mit neun Listen und 127 Kandidierenden zu Buche. Auch die Anzahl der Kandidatinnen war dieses Jahr so hoch wie nie zuvor (187, Frauenanteil 37.7%).

Bei den Nationalratswahlen vor vier Jahren hatten sich die SVP und die FDP im Aargau als Gewinner feiern lassen können. Sie hatten damals beide einen Sitzgewinn verzeichnet. Die 16 Nationalräte, die den Kanton während der letzten Legislatur in Bundesbern vertreten hatten, waren damit wie folgt auf die Parteien verteilt: 7 SVP, 3 FDP, 2 SP, 1 CVP, 1 GPS, 1 GLP, 1 BDP. Die beiden letztmaligen Gewinner mussten für die anstehenden Wahlen 2019 als einzige Parteien Rücktritte verkraften, wobei die SVP besonders betroffen war. Gleich vier ihrer sieben amtierenden Nationalräte fielen der parteiinternen Alters- und Amtszeitregelung zum Opfer. Sylvia Flückiger-Bäni und Ulrich Giezendanner zogen sich ganz aus der nationalen Politik zurück. Luzi Stamm und Maximilian Reimann beschlossen hingegen, auf eigenen Listen erneut zu den Wahlen anzutreten. Luzi Stamm, seit 28 Jahren im Nationalrat, stieg mit einer nach ihm benannten Liste und sieben Mitstreitern ins Rennen. Reimann, seinerseits bereits 32 Jahre lang Bundesparlamentarier, führte derweil die Seniorenliste «Team 65+» an. Für beide waren die Chancen ausserhalb der SVP-Liste ihre Wiederwahl zu schaffen sehr gering. Der SVP bereiteten zudem im Wahlkampf die Turbulenzen um die inzwischen zurückgetretene Regierungsrätin Franziska Roth (svp) Kopfzerbrechen. Immerhin gelang der Volkspartei mit der FDP, der EDU und Reimanns «Team 65+» bei den Listenverbindungen der Zusammenschluss zu einem breiten rechtsbürgerlichen Block. Die FDP erhoffte sich von der Verbindung, den freiwerdenden Sitz der zurückgetretenen Corina Eichenberger zu verteidigen. Der rechtsbürgerliche Schulterschluss geriet allerdings arg in Schieflage als die SVP im August ihr Wurmplakat veröffentlichte. Auf dem Plakat war unter anderem ein FDP-blauer Wurm abgebildet, der einen die Schweiz symbolisierenden Apfel durchbohrt. Die FDP prüfte sogar eine Auflösung der Listenverbindung, doch aufgrund der bereits abgelaufenen Frist für die Anmeldung der Listenverbindungen, hatten die Freisinnigen gar keine andere Wahl, als an die SVP gebunden in die Wahlen zu steigen. In der Mitte schloss sich die BDP mit der EVP zusammen. Damit sollte der Sitz von Bernhard Guhl (bdp) gerettet werden. Zwar garantierte die Listenverbindung den beiden Parteien praktisch einen Sitz, doch falls die EVP mehr Stimmen machen würde als die BDP, könnte Guhl sein Mandat trotzdem verlieren. Innerhalb der zweiten Mitteverbindung, zwischen der CVP und der GLP, kam es ebenfalls zu einem Zweikampf, denn beide Parteien hätten gerne jeweils einen zweiten Sitz erobert. Voraussetzung dafür war jedoch, dass beide Parteien in der Gunst der Wähler zulegen können. Der zusätzliche Sitz würde dann auf die Partei mit dem höheren Wähleranteil fallen. Auch bei den linken Parteien zeichnete sich im Wesentlichen ein Zweikampf ab. Die SP und die Grünen hatten sich beide einen Sitzgewinn zum Ziel gesetzt, doch es schien sehr unwahrscheinlich, dass dies gleich beiden Parteien gelingen würde. Zwar gesellte sich zur Listenverbindung der SP und den Grünen auch noch die Piratenpartei, doch keiner erwartete, dass die Piraten in die Nähe eines Sitzgewinnes kommen würden.

Wie in den meisten Kantonen konnten die Grünen und Grünliberalen auch im Kanton Aargau am Wahlsonntag ihre Wähleranteile kräftig ausbauen. Die Grünen legten gegenüber 2015 um 4.3 Prozentpunkte zu (neu 9.8%), die GLP um 3.3 Prozentpunkte (neu 8.5%). Es reichte jedoch keiner der beiden Parteien für einen Sitzgewinn, womit weiterhin lediglich Irène Kälin (gp) und Beat Flach (glp) im Parlament vertreten sein werden. Sitzgewinne verzeichnen konnten dafür die jeweiligen Listenpartnerinnen – trotz vergleichsweise geringerem Wählendenzuwachs. Für die SP (+0.4 Prozentpunkte, neu 16.5%) schaffte neben den Bisherigen Yvonne Feri und Cédric Wermuth auch Gabriela Suter den Einzug in den Nationalrat. Die CVP (+1.3 Prozentpunkte, neu 9.9%) freute sich darüber, dass sie endlich wieder einmal ihren Stimmenanteil ausbauen konnte, nachdem sie bei den letzten vier Nationalratswahlen jeweils Verluste hatte einstecken müssen. Neben der bestätigten Ruth Humbel wird für die CVP in der nächsten Legislatur auch die kantonale Parteipräsidentin Marianne Binder-Keller in der Grossen Kammer vertreten sein. Die Sitzgewinne von SP und CVP gingen auf Kosten der FDP und der SVP. Die FDP konnte den Sitz von Corina Eichenberger nicht verteidigen. Die beiden Bisherigen Thierry Burkhart und Matthias Samuel Jauslin schafften hingegen die Wiederwahl. Aufgrund der vielen Rücktritte in ihren Reihen, schafften bei der SVP trotz Sitzverlust gleich drei Neue den Einzug ins nationale Parlament: Martina Bircher, Jean-Pierre Gallati und Benjamin Giezendanner. Benjamin Giezendanner folgte damit direkt auf seinen zurückgetretenen Vater Ulrich Giezendanner. Problemlos wiedergewählt wurden die drei bisherigen SVP-Nationalräte Thomas Burgherr, Andreas Glarner und Hansjörg Knecht. Nicht wiedergewählt wurden hingegen wie erwartet Luzi Stamm und Maximilian Reimann. In der Mitte tauschten die BDP und die EVP einen Sitz, da die BDP 2.0 Prozentpunkte verlor (neu 3.1%) und von der EVP (+0.3 Prozentpunkte, neu 3.6%) überholt wurde. Bernhard Guhl verpasste also die Wiederwahl und musste Lilian Studer (evp) den Sitz überlassen. Die Zusammensetzung der Aargauer Volksvertretung für die Legislatur 2019-2023 lautet somit: 6 SVP, 3 SP, 2 FDP, 2 CVP, 1 GP, 1 GLP und 1 EVP. Die Wahlen lockten 44.7 Prozent der Stimmberechtigten an die Urne – 3.6 Prozentpunkte weniger als vor vier Jahren.

Fünf Wochen nach den Nationalratswahlen fand im Aargau der zweite Wahlgang der Ständeratswahlen und der Regierungsratsersatzwahl statt. Neu ins Stöckli zogen Thierry Burkhard (fdp) und Hansjörg Knecht (svp) ein. Für sie rutschten Maja Riniker (fdp) und Stefanie Heimgartner (svp) in den Nationalrat nach. Bei der Regierungsratsersatzwahl setzte sich Jean-Pierre Gallati (svp) als Nachfolger der zurückgetretenen Franziska Roth durch. Gallati gab bekannt, noch die erste Session im Nationalrat zu besuchen. Danach wird ihn Bauernverbandspräsident Alois Huber (svp) als nächster auf der SVP-Liste ersetzen.

Nationalratswahlen 2019 – Aargau
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Weil Bundesanwalt Michael Lauber Mitte Juni vom Bundesstrafgericht in der Fifa-Untersuchung für befangen erklärt worden war, schienen die Chancen für seine Wiederwahl im Herbst noch weiter zu sinken. So äusserte sich auf jeden Fall Sebastian Frehner (svp, BS) in der NZZ. Auch Corina Eichenberger (fdp, AG) sah die Position Laubers nun noch geschwächter als vorher und Beat Rieder (cvp, VS) wies darauf hin, dass die Gerichtskommission (GK) mit ihrem Entscheid, die Wahl auf den Herbst zu verschieben, wohl richtig gelegen habe. Nicht wenige Parlamentsmitglieder, so etwa Carlo Sommaruga (sp, GE) oder Marco Romano (cvp, TI), forderten Lauber auf, die Konsequenzen zu ziehen und sich nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Ansonsten winke ihm wohl eine Abwahl, prognostizierte das St. Galler Tagblatt.

Für Unruhe sorgten zudem die Ereignisse im Rahmen der Disziplinaruntersuchung gegen Lauber, die von der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) ausgelöst worden war. Die AB-BA hatte aus Gründen der Objektivität und der fehlenden eigenen Zeit einen emeritierten Strafrechtsprofessor für die Untersuchungen angestellt, wogegen Lauber vor Gericht erfolgreich rekurrierte. Die Medien urteilten, dass solche «juristischen Finessen» Laubers bei den Parlamentariern wohl eher schlecht ankämen. Matthias Aebischer (sp, BE), Mitglied der GK, die eigentlich auch auf der Basis dieser nun verzögerten Disziplinaruntersuchung im August über die Empfehlung für eine Wiederwahl Laubers entscheiden wollte, sprach von einem «unsäglichen Hickhack».

Lauber erwuchs allerdings auch Unterstützung. Vor allem in der Person von Claude Janiak (sp, BL), der Mitte August von einer Kampagne gegen den Bundesanwalt sprach. Er warnte davor, dass eine Nicht-Wiederwahl der offiziellen Schweiz grossen Schaden zufügen würde, das dies ein Signal wäre, dass man Strafverfolger eliminiere, wenn sie «jemandem auf die Füsse getreten sind», so der Baselbieter Ständerat in der Basler Zeitung. Janiak versuchte klarzustellen, dass die vor allem in den Medien immer wieder aufgeführten und kritisierten Gespräche mit Infantino nicht rechtswidrig seien, sondern in solchen komplexen Verfahren dazu gehörten. Sie nicht zu protokollieren sei ebenfalls kein rechtlicher Verstoss. Janiak äusserte sich in diesem Interview zudem über den Präsidenten der AB-BA, Hanspeter Uster. Dieser sei wohl ein «Kontrollfreak», der ins Operative reinrede, was aber nicht die Rolle einer Aufsichtsbehörde sei und wogegen sich Lauber nun zurecht wehre. In einem Gastkommentar in den AZ-Medien doppelte Janiak nach und erinnerte daran, dass sich der Bundesanwalt nichts habe zuschulden lassen kommen. Eine Nichtwiederwahl wäre aber eigentlich nur gerechtfertigt, wenn dieser grob fahrlässig seine Amtspflichten schwer verletzt hätte.
Ähnlich äusserte sich Matthias Aebischer (sp, BE) gegenüber Radio SRF. Die Gerichtskommission könne fast nicht anders, als Lauber zur Wiederwahl zu empfehlen, weil ihm keine gravierenden Fehler vorgeworfen werden könnten. In einem weiteren Gastbeitrag wurde dann wiederum Janiak von Strafrechtsprofessor Mark Pieth kritisiert. Der Basler Rechtsanwalt dürfe sich als GPK-Mitglied nicht in der Öffentlichkeit äussern. Die Causa Lauber füllte die Medienspalten.

Die GK lud dann kurz vor ihrem Entscheid über den Wahlvorschlag sowohl Lauber als auch Uster noch einmal an eine Kommissionssitzung Ende August ein. Danach entschied die GK, ihren Entscheid zu vertagen. Dem Bundesanwalt sei es nicht gelungen, alle Zweifel auszuräumen. Das Verfahren nach einem Antrag auf Nichtwiederwahl, den Sibel Arslan (basta, BS) und ein weiteres Mitglied der GK einreichten, sieht vor, dass der in Frage gestellte Bundesanwalt noch einmal schriftlich gegen die Vorwürfe Stellung nehmen kann. Am Termin für die Wahl werde jedoch nicht mehr gerüttelt, gab die GK ebenfalls bekannt. Dieser werde auf den 25. September gelegt.

Am 4. September, also eine Woche nach der Sitzung und nachdem sie die schriftliche Stellungnahme Laubers konsultiert hatte, entschied die GK schliesslich mit 9 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung, die Wiederwahl Laubers nicht zu empfehlen. Die Kommission begründete ihren Entscheid vor den Medien mit den Beschlüssen des Bundesstrafgerichts, das Lauber im Fifa-Strafverfahren für befangen gehalten und ihm eine Verletzung der Strafprozessordnung vorgeworfen habe. In die Beurteilung der GK sei auch das «uneinsichtige Verhalten» Laubers und sein «Gegenangriff» auf die AB-BA eingeflossen, gab Lorenz Hess nach der Sitzung zu Protokoll. Das Urteil sei «zu zwei Dritteln juristisch und zu einem Drittel politisch begründet» – so Hess weiter. Die GK-Mitglieder, die für eine Wiederwahl gestimmt hatten – darunter etwa Christian Lüscher (fdp, GE) – gaben zu bedenken, dass Lauber viel Gutes bewirkt habe und die Polemiken um die informellen Treffen seinen gesamten Leistungsausweis nicht beeinträchtigen sollten. Eine Nichtwiederwahl gefährde die Bundesanwaltschaft als Institution. Lauber selber gab bekannt, seine Kandidatur für die Amtsperiode 2020 bis 2023 aufrecht zu erhalten.

Die Medien sahen die Wiederwahlchancen für Lauber aufgrund der abschlägigen Empfehlung der GK allerdings nur noch als gering an. Zwar müsse sich das Parlament nicht an die Empfehlung halten, es sei aber wohl «zu viel Geschirr zerschlagen», wie etwa die NZZ kommentierte, als dass es sich noch zu einer Wiederwahl bewegen liesse. Weil er gegen alle gerichtlich vorgehe, die sich ihm in den Weg stellten, sei eine konstruktive Zusammenarbeit kaum noch denkbar. Lauber habe sich in seinem eigenen Fall verheddert und die Kontrolle über sein Image verloren, urteilte auch der Tages-Anzeiger. Es fehle ihm an Demut, befand der «Blick». Von jemandem in dieser Position dürfe mehr Souveränität erwartet werden.

Wahl des Bundesanwaltes für die Amtsperiode 2020-2023
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt

Mit seinem Bericht über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2018 beantragte der Bundesrat dem Parlament, die Motion Darbellay (cvp, VS) mit der Forderung nach einer Erhöhung der Gebührenanteile für Radio- und Fernsehstationen als erfüllt abzuschreiben. Bereits im Oktober 2017 hatte der Bundesrat beschlossen, den Gebührenanteil für konzessionierte Stationen per 2019 von CHF 67.5 Mio auf CHF 81 Mio. anzuheben, womit er die im Rahmen der RTVG-Revision eingeführte Spannbreite von 4 bis 6 Prozent vollständig und in Übereinstimmung mit der Forderung der Motion ausgeschöpft hatte. Das Parlament schrieb die Motion in der Sommersession 2019 ab.

Gebührenanteil für Radio- und Fernsehstationen auf 6 Prozent erhöhen
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

In der Frühjahrssession 2019 entschied sich der Nationalrat, die Motion Darbellay (cvp, VS) für eine Übernahme der Kosten von Rückfällen nach Unfällen aus der Jugend durch die Unfallversicherung nicht abzuschreiben. Im Rahmen des Bundesratsgeschäfts 18.037 hatten der Bundesrat und die SGK-NR die Abschreibung empfohlen, weil eine solche Übernahme neue Ungerechtigkeiten schaffen würde und im UVG systemfremd sei.

Schliessung einer Rechtslücke in der Unfallversicherung (Mo. 11.3811)

Im Zusammenhang mit der parlamentarischen Initiative Nantermod (fdp, VS; Pa.Iv. 18.408) entschied sich die SGK-NR mit 12 zu 8 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) im Hinblick auf den Bericht des Bundesrates, die Motion Darbellay (cvp, VS; Mo. 11.3811) zur Abschreibung zu empfehlen. Die Schaffung einer Regelung, gemäss der die Unfallversicherung die Kosten von Rückfällen oder Spätfolgen von Unfällen aus der Jugend übernehmen soll, würde neue Ungerechtigkeiten schaffen, erklärte die Kommission.

In der Frühjahrsession 2019 entschied sich der Nationalrat jedoch auf Antrag einer Minderheit Nantermod mit 93 zu 84 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gegen eine Abschreibung der Motion. Die Mehrheit des Rates liess sich von Thomas Weibel (glp, ZH) und Manfred Bühler (svp, BE), die auf die zentralen vom Bundesrat im Bericht aufgeführten Probleme verwiesen, nicht überzeugen. Deren Argumente hatte Philippe Nantermod zuvor zu entkräften versucht: Unter anderem verwies er darauf, dass das Rückwirkungsverbot auch bei genetischen Krankheiten missachtet werde und dass Eltern nicht die Möglichkeit hätten, Schulkinder gegen spätere Behinderungen zu versichern. Da es zudem nur Einzelfälle treffe, würden sich auch die Prämienfolgen in Grenzen halten. Abschliessend rief er zur Achtung der Entscheidungen des Parlaments in den Jahren 2013 und 2014 auf. Da sich seither die Situation nicht geändert habe, könne der Bundesrat keine Abschreibung der Motion verlangen; er sei verpflichtet, ein Gesetz vorzuschlagen. Letzterem widersprach Bundesrat Berset: Wenn der Bundesrat das Gefühl habe, dass eine Weiterverfolgung eines Vorstosses nicht mehr gerechtfertigt sei, könne er diesen sehr wohl zur Abschreibung empfehlen. Dies sah jedoch nur eine Mehrheit der SVP- und der FDP-Fraktion sowie die gesamten Fraktionen der Grünliberalen und der BDP ähnlich; die übrigen Parlamentarierinnen und Parlamentarier entschieden sich gegen eine Abschreibung der Motion.

Rechtslücke in der Unfallversicherung schliessen (BRG 18.037)

Im März 2018 reichte Philippe Nantermod (fdp, VS) eine parlamentarische Initiative zur Schliessung der Rechtslücken in der Unfallversicherung ein. Wie bereits die Motion Darbellay (cvp, VS; Mo. 11.3811) wollte er die Problematik angehen, dass Rückfälle und Spätfolgen von Jugendunfällen im Erwachsenenalter gemäss UVG nicht übernommen werden, auch wenn die betroffene Person UVG-versichert ist. Um dieses Problem zu lösen, sollen – ähnlich wie bei Erbkrankheiten – Unfälle vor Vollendung des 16. Altersjahres nicht als verursachende Unfallereignisse für Rückfälle oder Spätfolgen berücksichtigt werden. Stattdessen soll das erste Ereignis ab Vollendung des 16. Altersjahres als verursachendes Unfallereignis gelten.
Im Februar 2019 gab die SGK-NR der parlamentarischen Initiative mit 13 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen keine Folge, da es gemäss der Kommissionsmehrheit gegen das Rückwärtsversicherungsverbot verstossen würde, wenn die Unfallversicherung für Unfälle bezahlen müsste, die passiert waren, als die Betroffenen nicht nach UVG versichert waren.
Diese Meinung teilte in der Frühjahrssession 2019 auch der Nationalrat, der die parlamentarische Initiative zusammen mit dem Bundesratsgeschäft 18.037 zur Abschreibung der Motion Darbellay behandelte. Mit 123 zu 55 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) entschied sich der Rat gegen Folgegeben. Die geschlossen stimmenden SP- und Grünen-Fraktionen sowie einzelne Mitglieder der SVP-, der FDP- und der CVP/EVP-Fraktion hätten sich für Folgegeben ausgesprochen.

Schliessung der Rechtslücken in der Unfallversicherung

Im März 2018 legte der Bundesrat dem Parlament einen Bericht zur Abschreibung der Motion Darbellay (cvp, VS; Mo. 11.3811) zur Schliessung der Rechtslücke in der Unfallversicherung vor. Darin hatte er verschiedene Fragen zu den Taggeld-Zahlungen bei Erwerbsausfällen aufgrund von Rückfällen oder Spätfolgen von Jugendunfällen untersucht und war zum Schluss gekommen, dass eine solche Regelung nur Einzelfälle betreffen würde. Deutlich sprach er sich gegen eine entsprechende Regelung im Rahmen des UVG aus, da eine solche insbesondere vom Rückwärtsversicherungsverbot abweichen würde; die Personen zum Zeitpunkt des Rückfalls UVG-versichert sein müssten; die Versicherungsdeckung aufgrund des Gebots der Rechtsgleichheit nicht auf Rückfälle bei Unfällen in der Jugendzeit begrenzt werden dürfe, sondern auch Unfälle während eines Arbeitsunterbruchs berücksichtigen müsste; und da offen sei, ob die «nicht abschätzbare Prämienerhöhung» durch Arbeitgebende oder Arbeitnehmende bezahlt werden solle. Auch eine Übernahme durch andere Sozialversicherungszweige hielt der Bundesrat nicht für sinnvoll. Ganz allgemein würden bereits heute die meisten Forderungen zur Übernahme der Kosten von Rückfällen an der schwierigen Akten- und Beweislage scheitern, die es nicht erlaube, einen für eine Übernahme durch eine Versicherung notwendigen kausalen Zusammenhang zwischen Unfall und Spätfolgen festzustellen. Eine zusätzliche Regelung würde somit vor allem zu falschen Hoffnungen bei den Betroffenen und zu mehr gerichtlichen Verfahren führen. Folglich beantragte der Bundesrat die Motion zur Abschreibung.

Rechtslücke in der Unfallversicherung schliessen (BRG 18.037)

Luzi Stamm (svp, AG) reichte im Dezember 2018 eine Motion ein, mit der er vom Bundesrat intensivere Bemühungen zur Verbesserung des Vollzugs von Freiheitsstrafen im Herkunftsland verlangte. Stamm begründete sein Anliegen mit vergleichbaren Vorstössen in jüngerer Vergangenheit mit parteiübergreifender Unterstützung, die aber nur wenig konkrete Wirkung gezeigt hätten. Die Schweiz könne durch die Verlagerung des Strafvollzugs Kosten einsparen und dennoch die Einhaltung der EMRK gewährleisten. Als wichtiges Partnerland nannte er Italien, welches eng mit Albanien zusammenarbeite und dort Gefängnisplätze mitfinanziere.
Der Bundesrat betonte in seiner Stellungnahme, dass man die Bemühungen zur Überstellung von ausländischen Staatsangehörigen in deren Heimatländer im Nachgang der Motionen Stamm (Mo. 08.3441) und Darbellay (cvp, VS; Mo. 07.3710) verstärkt habe. Andere Vertragsstaaten seien aber nicht verpflichtet, einem Überstellungsverfahren zuzustimmen, zudem habe der Bund keine Handlungsmöglichkeiten, wenn kantonale Strafvollzugsbehörden ein derartiges Ersuchen ablehnten. Der Bundesrat kündigte an, die Zusammenarbeit mit den Kantonen und den betroffenen Staaten verstärken zu wollen und beantragte die Annahme der Motion.

Strafvollzug im Ausland. Verstärkung der Kooperation mit umliengeden Ländern (Mo. 18.4369)

Im September 2018 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht in Erfüllung des Postulats Darbellay (cvp, VS) zu den Kriterien für die Repräsentativität bei der Unterzeichnung von Tarifverträgen. Die Frage nach der Repräsentativität sei nur für die gesamtschweizerisch einheitlichen Tarifstrukturen relevant, befand der Bundesrat im Bericht und beschränkte seine Analyse folglich auf die Einzelleistungstarifstrukturen sowie auf die Strukturen für die pauschale Vergütung der stationären Behandlung. Das Kriterium der Repräsentativität sei gesetzlich nicht verankert, ergebe sich aber aus der Einheitlichkeit der Tarifstruktur, erklärte der Bundesrat. Der Abschluss eines Tarifvertrags bedürfe grundsätzlich keiner Mindestkriterien, er solle sich aber auf einen breiten Konsens stützen. Die Revision einer Tarifstruktur müsse jedoch in einem Tarifvertrag erfolgen, der von allen «massgeblichen Tarifpartnern» unterzeichnet werden müsse. Die Frage, ob eine Mehrheit der Tarifpartner zustimmen müsse oder ob es ausreichend sei, wenn die übrigen Tarifpartner zumindest angehört würden, werde überdies in den Gutachten von Dr. iur. Markus Moser, eingeholt durch das BAG, und Prof. Dr. Bernhard Rütsche, beauftragt von Curafutura, uneinheitlich beantwortet. Folglich entschied der Bundesrat, zukünftig das Kriterium der Repräsentativität dadurch in Betracht zu ziehen, dass er von einer Minderheit der Tarifpartner vorgelegte Verträge prüfe und bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen die Tarifstruktur per Verordnung als gesamtschweizerisch einheitlich festlege.
Nach Vorliegen des Berichts stimmte der Nationalrat der vom Bundesrat beantragten Abschreibung des Postulats in der Sommersession 2019 stillschweigend zu.

Kriterien für die Repräsentativität bei der Unterzeichnung von Tarifverträgen

Das Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) hatte 2018 eine Studie zum freiwilligen Engagement der Schweizer Bevölkerung veröffentlicht, über die in diversen Tageszeitungen berichtet wurde. Denn seit einer Studie des Soziologen Robert Putnam aus dem Jahr 2000 über die US-amerikanische Zivilgesellschaft stand auch in der Schweiz die Vermutung im Raum, die Anzahl Menschen, welche Freiwilligenarbeit leisteten, sei gesunken. Damals wurde der Fernseher für die sinkenden Zahlen verantwortlich gemacht, heute sehe die Schweizer Presse gemäss GDI den Auslöser für die rückgängige Bereitschaft, Freiwilligenarbeit zu leisten, nicht in den Fernsehern, sondern in den Smartphones. Ebendieser Anschuldigung widerspricht nun die Studie des GDI: Zwar habe in der Schweiz die Bereitschaft, in Vereinen und Organisationen zu partizipieren, abgenommen, so der Leiter der Studie Jakub Samochowiec. Zugenommen habe aber das Engagement im informellen Bereich. Denn durch die Digitalisierung sei es einfacher geworden, passende und attraktive Formen von gesellschaftlichem Engagement zu entdecken und auszuüben; sei es nun über eine Jobbörse oder andere Dienstleistungsplattformen. Stellt man etwa Informationen auf Wikipedia oder Hilfe zu spezifischen Themen per Video auf Youtube zur Verfügung, so könne die Gesellschaft hieraus ebenfalls einen Nutzen ziehen. Plattformen wie Uber, Airbnb und sogar Tinder böten laut der Studie auch Partizipationspotenzial, obschon diese letztlich von profitorientierten Unternehmen geführt würden.
Auch wenn demnach etwa mit Airbnb nicht gemeinnützige, sondern in erster Linie finanzielle Ziele verfolgt werden, ermögliche eine solche Plattform doch die Bildung «informeller Netzwerke», wie die Studie festhält. Diese Netzwerke seien nebst den Vereinen und den gemeinnützigen Organisationen wichtiger Bestandteil der Zivilgesellschaft geworden, da eine freiwillige Vernetzung der Gesellschaft als «soziales Schmiermittel» wirke und die «Grundlage für das Funktionieren von Markt und Staat» bilde. Das Vertrauen der Bürgerinnenn und Bürger untereinander und jenes zum Staat wird also der GDI-Studie zufolge mithilfe informeller Netzwerke gestärkt. Denn eine Wohnung oder das Auto einer fremden Person anzubieten, benötige nicht nur ein positives Rating auf entsprechenden Plattformen, sondern eben auch ein gewisses Vertrauen in die Gesellschaft. Vertrauen in den Staat und das eigene Umfeld seien wiederum eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich Menschen gemeinnützig engagierten.
Die «DNA der Schweiz», wie Christophe Darbellay (cvp, VS) das Milizsystem der Vereine laut Luzerner Zeitung einst nannte, sei aber gemäss derselben Zeitung tatsächlich nicht in bester Verfassung. Der Mitgliederschwund mache sich bemerkbar und viele Menschen beklagten sich deshalb über den Egoismus der jungen Generation, so die Zeitung weiter. Andreas Müller, Mitautor der Studie, erklärte diesen Mitgliederschwund derweil nicht mit Egoismus, sondern mit komplexen Veränderungen innerhalb der Gesellschaft. Man sei mobiler geworden und heute weniger an einen Ort gebunden, wodurch für viele Menschen beispielsweise Dorfvereine kaum mehr attraktiv erschienen. Die Individualität und Flexibilität der neuen Generation führe dazu, dass man sich nicht einer Gruppe verpflichten und dadurch unnötig einschränken lassen wolle. Um das formelle, vereinsgebundene Engagement wieder zu stärken, sieht die GDI-Studie derweil die Behörden und Vereine selbst in der Verantwortung: Es brauche Vereine mit aktuelleren und auch globalen Themen. Zudem müsse Aufklärungsarbeit geleistet werden, damit die Vorteile von formellem Engagement wie etwa das Sammeln von Arbeits- und Lebenserfahrung oder das Gefühl von Zufriedenheit, wenn man der Gesellschaft oder der Umwelt etwas zurückgeben könne, wieder vermehrt erkennbar würden.

Freiwilliges Engagement

Einen obligatorischen Orientierungstag für Frauen einzuführen, war ein Jahr nach der Ankündigung nicht mehr mehrheitsfähig. Die Regierungskonferenz Militär Zivilschutz Feuerwehr (RK MZF) ist inzwischen von der Idee abgerückt und beschloss an der Jahreskonferenz 2018, dies nicht länger verfolgen zu wollen. Ausschlaggebend war, unter anderem, ein externes Rechtsgutachten. Darin wurde spezifiziert, dass eine Verfassungsänderung nötig wäre. Offensichtlich wollten die Militärdirektorinnen und Militärdirektoren diesen Weg nicht beschreiten. Stattdessen wurden die Kantone verpflichtet, alle jungen Frauen zum Orientierungstag einzuladen. Er soll jedoch nach wie vor freiwillig bleiben. Diverse Sicherheitspolitiker und -politikerinnen kamen in der Presse zu Wort. Einig war man sich, dass die Armee grundsätzlich noch mehr tun könnte, um Frauen anzusprechen. Corina Eichenberger (fdp, AG) regte in der Luzerner Zeitung an, dass die Armee mehr Werbung machen müsse. Beat Flach (glp, AG) könnte sich vorstellen, dass frauenspezifische Anlässe, etwa an Schulen, hilfreich sein könnten. Es reiche nicht, den Frauen «einfach einen Brief zu schreiben».

Die Kantone prüfen einen obligatorischen Orientierungstag für Frauen

In Übereinstimmung mit dem Entscheid des Nationalrats beantragte die KVF-SR die Motion Darbellay (cvp, VS) zur Erhöhung der Gebührenanteile für Radio- und Fernsehstationen auf 6 Prozent mit 7 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen zur Annahme. Die Kommission erachte gemäss Stefan Engler (cvp, GR) in Übereinstimmung mit dem bundesrätlichen Bericht die „lokalen Radio- und TV-Stationen als wichtigen Bestandteil der Informationsbeschaffung im Lande“ und möchte deshalb nicht wie der Bundesrat bis 2020 warten, um den maximalen im Gesetz vorgesehenen Vergütungsanteil auszuschöpfen. Stattdessen sollten die Strukturdefizite sofort behoben werden. Diese Ansicht vertrat auch eine Mehrheit des Ständerats, der die Motion mit 39 zu 4 Stimmen (1 Enthaltung) annahm.

Gebührenanteil für Radio- und Fernsehstationen auf 6 Prozent erhöhen
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

Im Vorfeld der Verabschiedung der – als Folge der Terroranschläge von Paris im November 2015 – angepassten EU-Waffenrichtlinie (2017/853) durch das Europäische Parlament am 14. März 2017 regte sich in der Schweizer Waffenlobby erneut lautstarker Widerstand gegen die bevorstehende Verschärfung des Waffenrechts. Als Schengen-Vertragsstaat ist die Schweiz verpflichtet, Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands nachzuvollziehen, worunter auch die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie fällt. Dazu muss die Schweiz etwa die Registrierungspflicht für Waffen verschärfen und den Onlinehandel sowie den Besitz halbautomatischer Waffen für Privatpersonen einschränken. Bereits im Februar 2017 berichtete die Sonntagszeitung von der geplanten Gründung einer neuen parlamentarischen Gruppe «Für ein liberales Waffenrecht», welche sich unter dem Co-Präsidium von SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (VS) und FDP-Ständerat Josef Dittli (UR) dem Kampf gegen ein verschärftes Waffenrecht verpflichten werde. Auch der Schweizer Schiesssportverband (SSV) hatte zusammen mit ProTell und der Interessengemeinschaft Schiessen schon das Referendum angekündigt, sollte die Schweiz die verschärften Regeln übernehmen. Im Anschluss an die Verabschiedung der angepassten Richtlinie durch das Europäische Parlament und deren Bestätigung durch den Ministerrat meldeten sich in der Presse wiederholt Schützenvertreter zu Wort und übten harsche Kritik am vorgesehenen nationalen Waffenregister, am Zwang zur Vereinsmitgliedschaft oder am Verbot von Gewehrmagazinen mit mehr als zehn Schuss. Durch die neuen Regelungen würden sie an der Ausübung ihres Hobbys gehindert, kriminalisiert und «in den gleichen Topf wie die Terroristen gesteckt», wie die Luzerner Zeitung SVP-Nationalrat Werner Salzmann (BE) zitierte. Bestraft würden jene, die sich an das Recht halten, pflichtete ihm die Präsidentin des SSV, die Berner alt-Regierungsrätin Dora Andres, bei.

Konsequenz einer Nichtübernahme der Richtlinie könnte der Ausschluss der Schweiz aus dem Schengen-Vertrag und damit verbunden auch aus dem Dubliner Abkommen sein, dank dessen die Schweiz heute viele Asylgesuche an andere europäische Staaten abgeben kann. Darin begründet liegt die sowohl von liberaler als auch von linker Seite geäusserte Befürchtung einer neuen europapolitischen Grundsatzabstimmung. Während liberale Kreise zur Verhinderung einer solchen auf Ausnahmebestimmungen in der Umsetzung der Richtlinie hofften, betonte SP-Nationalrätin Chantal Galladé (ZH), es sei wichtig aufzuzeigen, dass die Mitgliedschaft im Schengen-Raum für die Sicherheit der Schweiz eine zentrale Rolle spiele. Sollten sich die Waffenlobby und die SVP, welche schon lange Kritik am Schengen-Abkommen übte, in der Abstimmung durchsetzen können, drohe der Schweiz «erneut eine europapolitische Baustelle», so Galladé im Tages-Anzeiger. Dass das angedrohte Referendum durch die Aushandlung weiterer Sonderregelungen für die Schweiz verhindert werden könnte, wurde in der Bundesverwaltung jedoch angezweifelt. Die Schweiz habe bereits in der Entstehungsphase der Richtlinie dahingehend einzuwirken versucht und dabei wenigstens eine Ausnahme errungen, dass Schweizer Armeeangehörige die Ordonnanzwaffe nach dem Ende der Dienstzeit weiterhin behalten dürfen, obwohl das Sturmgewehr neu eigentlich in die Kategorie der verbotenen Waffen fällt. SSV-Geschäftsführer Beat Hunziker legte unterdessen keine grosse Kompromissbereitschaft an den Tag und erklärte, man nehme mit dem Referendum eine allfällige Kündigung von Schengen/Dublin in Kauf. SSV-Präsidentin Dora Andres glaubte gar nicht erst daran, dass dieser Fall eintreten könnte; der Streitwert sei in dieser Sache zu gering, um die Schweiz tatsächlich vom Schengen-Abkommen auszuschliessen. Es wurde jedoch auch Kritik an der «Fundamentalopposition» der Schützenlobby laut; gerade weil die EU der Schweiz einen Ausnahmeparagraphen für das Sturmgewehr zugestanden habe, sei diese «unbegreiflich», äusserte sich etwa die Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf gegenüber der Luzerner Zeitung. Es «wäre ein absoluter Verhältnisblödsinn» für die Interessen der Schützen die Errungenschaften aus Schengen/Dublin wie den polizeilichen Informationsaustausch, Erleichterungen im Reiseverkehr und die europäische Zusammenarbeit in Asylverfahren zu opfern. Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga zeigte sich in der Presse wenig erfreut über die heftige und ihrer Meinung nach verfrühte Reaktion der Schützen. Sie nehme die Sorgen wahr, aber der übliche Weg der Gesetzgebung stehe noch bevor, weshalb man kühlen Kopf bewahren solle.

In der Zwischenzeit beschäftigten sich verschiedenste parlamentarische Vorstösse mit der anstehenden Übernahme der EU-Richtlinie ins schweizerische Recht. So wollte beispielsweise Chantal Galladé zusammen mit den Nationalratskolleginnen Barbara Schmid-Federer (cvp, ZH) und Kathrin Bertschy (glp, BE) die Gunst der Stunde nutzen, um mit drei gleichlautenden parlamentarischen Initiativen (17.426, 17.427 und 17.428) ein umfassendes Waffenregister für die Schweiz zu fordern. Gemäss «Sonntags-Blick» hofften die Initiantinnen, damit Druck zu machen, dass ein solches in die Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung der EU-Richtlinie einfliessen sollte. Der Aargauer FDP-Ständerat und Hobbyschütze Philipp Müller machte sich indes Sorgen um die Schweizer Schiesstradition und stellte dem Bundesrat mittels Interpellation (Ip. 17.3255) die Frage nach der «Vereinbarkeit der Schweizer Schiesstradition mit der EU-Waffenrichtlinie», wie auch der Titel des Vorstosses lautete. Gegenüber dem Tages-Anzeiger erklärte Müller es zum Ziel, «Schengen/Dublin zu behalten und dabei das traditionelle Schiesswesen nicht zu gefährden.» CVP-Nationalrat Yannick Buttet (VS) stellte dem Bundesrat ebenfalls mittels einer Interpellation (Ip. 17.3280) die Frage nach den Auswirkungen der EU-Beschlüsse zum Waffenrecht auf die Schweiz und Werner Salzmann wollte dem Bundesrat per Motion gar «verbieten, die neuen Regeln zu übernehmen», wie es der «Blick» formulierte. Er hatte im letzten Jahr bereits eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» eingereicht, die im März 2017 im Nationalrat auf breite Zustimmung gestossen war.

Da die EU-Richtlinie nicht direkt anwendbar ist, besteht bei der Überführung ins nationale Recht ein gewisser Spielraum, den die Schweiz auch nutzen wolle, wie das Fedpol im Mai verlauten liess. So solle sich für ehemalige Armeeangehörige, die bereits im Besitz eines Sturmgewehrs sind, nichts ändern. Die neuen Regeln sollen erst für jene gelten, die zukünftig eine halbautomatische Waffe kaufen oder nach dem Ende der Dienstpflicht behalten wollen. Doch anstatt zu beschwichtigen, liess diese Ankündigung die Wogen erneut hochgehen. Die Basler Zeitung schrieb fortan von der «Entwaffnung auf Zeit» und witterte dahinter die «Wahrung des Besitzstandes für ehemalige Wehrmänner», um die Führungsriege der Schützen vom Referendum abzubringen. Die obligatorische Mitgliedschaft in einem Schützenverein hingegen solle letztere «milde stimmen» und sei darüber hinaus juristisch fragwürdig, da sie gegen die negative Vereinigungsfreiheit laut Art. 23 Abs. 3 BV verstosse, so die Behauptung. Während Werner Salzmann im «Blick» erneut betonte, das schärfere Waffenrecht verhindere keinen Terroranschlag und rette kein Menschenleben, aber schikaniere die Schützen und sei ein «Bürokratiemonster», stellte Werner Hohler, Interimspräsident von ProTell, gegenüber der Basler Zeitung unmissverständlich klar: «Wir akzeptieren keine noch so minimale Verschärfung des Waffenrechts, sondern wir wehren uns mit allen politischen und rechtlichen Mitteln dagegen.»

Mitte Juni 2017 fällte der Bundesrat sodann die formale Entscheidung, dass er die EU-Feuerwaffenrichtlinie akzeptieren und diese ins Schweizer Recht übernehmen will. Die angekündigte «pragmatische» Umsetzung solle nun weder ein zentrales Waffenregister noch eine Beschränkung der Gewehrmagazine auf zehn Schuss enthalten. Auch im letzten wesentlichen Streitpunkt, der Pflicht zur Vereinsmitgliedschaft und zum regelmässigen Üben an der Waffe als Voraussetzungen für den Erwerb einer halbautomatischen Waffe, worunter auch die Armeewaffe fällt, signalisierte der Bundesrat Gesprächsbereitschaft. ProTell sah genau darin jedoch die Einführung eines Bedürfnisnachweises, wie er 2011 vom Volk abgelehnt worden war, und hielt zusammen mit weiteren Schützenkreisen und der SVP trotz aller Zugeständnisse an der Referendumsdrohung fest. Unter den bürgerlichen Politikern, die sich anfänglich noch in breiter Front gegen eine Übernahme der Richtlinie gewehrt hatten, bröckelte der Widerstand jedoch. Wegen so kleiner Einschränkungen wie der Mitgliedschaft in einem Schützenverein solle Schengen/Dublin nicht aufs Spiel gesetzt werden, war vermehrt zu vernehmen. Die Vernehmlassung zur Umsetzung der Richtlinie wird noch im Herbst 2017 erwartet.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Die im Herbst 2016 im Nationalrat angenommene Motion Darbellay (cvp, VS) betreffend den Verzicht auf eine Altersgrenze für Helikopterpilotinnen und -piloten wurde im März 2017 im Ständerat behandelt. Bundesrätin Leuthard bekräftigte in der kleinen Kammer, was sie schon im Nationalrat gesagt hatte: Dass die Alterslimite nicht für Rettungs- und Arbeitsflüge gelte und dass es bis anhin problemlos möglich gewesen sei, für betroffene Personen eine Ausnahmebewilligung auszustellen. Leuthard bemerkte, dass es momentan sieben Personen mit einer Ausnahmebewilligung gebe und sie nicht verstehe, wo es in der Praxis ein Problem geben soll. Trotzdem nahm der Ständerat die Motion mit 36 Stimmen einstimmig an (keine Enthaltungen).

Verzicht auf eine Altersgrenze von 60 Jahren für Helikopterpilotinnen und -piloten

Für verstärkte Unterstützung der regionalen Radio- und Fernsehsender kämpft eine Motion Darbellay (cvp, VS), die – wie viele andere Vorstösse – in der Woche nach der rekordknappen Annahme der RTVG-Vorlage eingereicht wurde. Das Anliegen sah vor, die Gebührenanteile für Radio- und Fernsehstationen auf 6 Prozent zu erhöhen. Die kurz zuvor angenommene RTVG-Revision sah eine Spannbreite bei den Abgabenanteilen von 4-6% vor. Diese Lösung geht zurück auf ein während der Differenzbereinigung erfolgtes Zugeständnis des Nationalrats an den Ständerat; die grosse Kammer hatte ursprünglich eine Spannbreite von 4-5% befürwortet, was gegenüber der bundesrätlichen Vorlage (3-5%) bereits einer Erhöhung entsprach. Im Nationalrat setzten sich Vertreterinnen und Vertreter aus Mitte-Links mit 77 zu 62 Stimmen bei 52 Enthaltungen erfolgreich für das mittlerweile von Fabio Regazzi (cvp, TI) übernommene Anliegen ein. Dieses Resultat kam in erster Linie zu Stande, weil sich 38 SVP-Fraktionsmitglieder der Stimme enthielten.

Gebührenanteil für Radio- und Fernsehstationen auf 6 Prozent erhöhen
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

Auch im Jahr 2017 riss die Kritik an der Admeira nicht ab. Im April 2017 begann die Swisscom, anonymisierte Werbedaten für zielgruppenbasierte Werbung an die Admeira weiterzuleiten. Zuvor hatte sie ihre Festnetzkunden auf eine aktualisierte Datenschutzerklärung hingewiesen, die unter anderem beinhaltete, dass die Kunden bei der Datenweitergabe Widerspruch einlegen können. Das Ausbleiben einer expliziten Reaktion durch den Kunden verstand die Swisscom dabei als implizite Zustimmung zu den aktualisierten Bestimmungen (Opt-Out). Dieses Vorgehen stiess jedoch im Parlament auf Widerstand: Im Mai 2017 reichten Manfred Bühler (svp, BE, Ip. 17.3185), Fabio Regazzi (cvp, TI, Ip. 17.3190) und Kathy Riklin (cvp, ZH, A. 17.1013) Interpellationen und Anfragen ein, mit denen sie vom Bundesrat Erklärungen zum Vorgehen der Swisscom forderten. Darin kritisierten sie insbesondere, dass bei einer stillschweigenden Annahme der Datenschutzerklärung die Gefahr bestehe, dass Personen unbewusst zustimmten, zum Beispiel weil sie das Kleingedruckte nicht gelesen hätten. Der Bundesrat lehnte aber eine Deutungshoheit über die Zulässigkeit dieses Opt-Out-Prinzips ab und verwies auf die Zuständigkeit der Zivilgerichte sowie auf die unternehmerische Autonomie der Swisscom.

Sorgen machten sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier insbesondere auch wegen der starken Marktposition der SRG, die sich durch ihre Beteiligung an der Admeira noch zu verstärken drohe. Die KVF-SR forderte vom Bundesrat in einer Motion (Mo. 17.3355), sicherzustellen, dass die Kooperationen der SRG der Angebots- und Meinungsvielfalt zugute kämen und interessierte Partner diskriminierungslos in die Reihen der Aktionäre aufgenommen würden. Die KVF-SR hatte die Motion ausgearbeitet, nachdem der Nationalrat im Juni 2017 eine parlamentarische Initiative von Gregor Rutz (svp, ZH, Pa.Iv. 15.495) angenommen hatte, welche eine Beschränkung der nichtkonzessionierten Tätigkeiten der SRG auf volkswirtschaftlich zwingende und nicht bereits durch private Anbieter abgedeckte Bereiche forderte. Ähnliche Anliegen hatten 2016 bereits Hugues Hiltpold (fdp, GE, pa.Iv. 16.422) und Beat Vonlanthen (cvp, FR, pa. IV. 16.410) mittels parlamentarischer Initiativen vertreten. Auch Corina Eichenberger-Walther (fdp, AG) forderte in einer Interpellation (Ip. 17.3807) Auskunft darüber, welche rechtlichen Möglichkeiten bestünden, die SRG zu einem diskriminierungsfreien Zugang für die privaten Medien zu verpflichten. In ihrer Interpellation fragte sie auch nach den durch ihre Teilnahme an der Admeira entstehenden finanziellen Risiken für die SRG – ein Thema, das auch eine Anfrage von Daniela Schneeberger (fdp, BL) aufnahm (A. 17.5300).

Die Verlage teilten die Sorgen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier bezüglich der Stellung der SRG aufgrund von Admeira. Im September 2017 forderten Pietro Supino und Peter Wanner als Verleger der Tamedia, respektive der AZ-Medien, eine Aufspaltung der Admeira in zwei separate Gesellschaften: in ein Unternehmen für Datenmanagement und eines für den Verkauf von Werbung. Die Vermischung der beiden Bereiche sei „keine saubere Lösung“, weil ein Grossteil der Daten – gemäss Wanner „das Gold von heute“ – von der staatlich kontrollierten Swisscom stamme. Nötig sei stattdessen eine offene, diskriminierungsfreie Branchenlösung, erklärte Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer. Eine für alle vollständig offene Datenplattform sei aus Datenschutzgründen nicht möglich, konterte Admeira-Sprecherin Romi Hofer. Da alle Verlage ihre Inserate über Admeira verkaufen und Aktionäre werden könnten, verfügten Swisscom, Ringier und die SRG auch nicht über einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil.

Ende August 2017 gab Admeira bekannt, dass sie ein Tochterunternehmen mit dem Namen Adtelier gegründet habe. Dieses soll Sonderwerbeformen wie Native Advertising, Storytelling und Content Marketing, also ähnliche Werbeformen wie Publireportagen, die wie redaktionelle Produkte aussehen, produzieren. Diesbezüglich wollte Karl Vogler (csp, OW, Ip. 17.3899) mittels einer Interpellation vom Bundesrat wissen, ob die Nutzung solcher Sonderwerbeformen wirklich noch dem Service Public-Auftrag der SRG entspreche. Dieser erwiderte, dass die Beteiligung an Admeira ausserhalb des Service Public-Auftrags liege, die SRG keine Gebührengelder dafür nutze und dies entsprechend ein unternehmerischer Entscheid der SRG sei.

Ende Oktober 2017 schickte das UVEK schliesslich einen Revisionsentwurf der Radio- und Fernsehverordnung (RTVV) in die Vernehmlassung, gemäss dem der SRG und den privaten Anbietern mit Konzession zielgruppenspezifische Werbung in ihren konzessionierten Programmen unter Auflagen erlaubt sein soll. Dies stiess beim Verlegerverband auf Unverständnis. Durch diese Stärkung der Admeira werde das Gebot auf Rücksichtnahme auf die privaten Medien ausgehöhlt, erklärte der Geschäftsführer des Verbands Schweizer Medien, Andreas Häuptli.

Joint Venture Vertrag der SRG mit Swisscom und Ringier

Nach einer Phase fast jährlicher Rücktritte aus dem Bundesrat zwischen 2005 und 2011 zeichnete sich das Bundesratskollegium seit der Wahl von Alain Berset 2011 durch eine relativ lange Phase der Stabilität aus. Zwar trat dann auf die Wahlen 2015 Eveline Widmer-Schlumpf zurück, die im Vergleich wenigen Wechsel regten Pressevertreterinnen und -vertreter aber zu zahlreichen Spekulationen an. Gerüchte über Rückritte und mögliche Nachfolger betrafen insbesondere Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann. Wie nachhaltig solche Spekulationen sind, lässt sich an einer nicht abschliessenden kleinen Retrospektive für das Jahr 2016 aufzeigen:
Bei der Nomination von Walter Thurnherr zum Bundeskanzler wurde bereits 2015 gemutmasst, dass Doris Leuthard bald zurücktreten werde, weil sie mit Thurnherr einen engen Mitarbeiter ziehen lasse. Als mögliche Nachfolger der amtsältesten Magistratin wurden der damalige CVP-Präsident Christoph Darbellay sowie Filippo Lombardi und Pirmin Bischof gehandelt. Vor der Abstimmung über die Atomausstiegsinitiative ortete die Sonntagszeitung im Oktober 2016 Fehltritte bei der Energieministerin, die darauf hindeuteten, dass sie wohl bald ihren Rücktritt ankündigen werde. Ende 2016 spekulierte der Sonntags-Blick über einen Rücktritt der Aargauerin nach ihrem zweiten Präsidialjahr 2017. Als Nachfolger brachte das Sonntagsblatt neben Konrad Graber und Gerhard Pfister auch Bundekanzler Thurnherr ins Gespräch.
Ein Insider gab im nachrichtenarmen Sommer 2016 mehreren Westschweizer Medien zu Protokoll, dass Johann Schneider-Ammann bald zurücktreten werde. Der Berner sei amtsmüde und mehrere dynamischere potenzielle Nachfolger stünden bereit. Genannt wurden etwa Karin Keller-Sutter, Andrea Caroni, Martin Schmid oder Ruedi Noser. Auch die Zeitung Blick stimmte im September 2016 in diesen Chor mit ein und sprach von einem lethargischen Magistraten, der innerlich bereits gekündigt habe. Freilich stellte sich einige Tage darauf heraus, dass der Berner unter einer gebrochenen Rippe zu leiden hatte und deshalb etwas müde war. Der Sitz des Berner FDP-Bundesrats kam dann mit dem im Oktober lauter werdenden Anspruch der Ostschweiz auf einen Bundesratssitz zumindest medial ins Wackeln. Als Ostschweizer Vertretung kämen laut St. Galler Tagblatt eigentlich nur Karin Keller-Sutter oder Martin Schmid, beide von der FDP, in Frage. Dies setzte freilich einen Rücktritt von Schneider-Ammann voraus. Auch die BaZ sprach im November von sich mehrenden Gerüchten eines baldigen Rücktritts – es sei nicht unwahrscheinlich, dass Schneider-Ammann auf das Ende seines Präsidialjahres 2016 noch seinen Austritt aus der Landesregierung bekannt geben werde.

Spekulationen Rücktritt Bundesräte, Nachfolge Leuthard, etc.

Im Nachgang einer Recherche der SDA fiel das Schlaglicht der öffentlichen Debatte im Februar 2016 plötzlich auf die schon seit Monaten geplante Verschärfung des EU-Waffenrechts. Als Reaktion auf die Terroranschläge von Paris im vergangenen Jahr solle mit der Einschränkung des Waffenbesitzes und -handels nun verhindert werden, «dass Waffen in die Hände von Terroristen fallen», wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von der NZZ zitiert wurde. Sofern die Richtlinie tatsächlich zustande kommt, muss die Schweiz als Schengen-Vertragsstaat diese übernehmen, um ihre Mitgliedschaft im Schengener und damit verbunden auch im Dubliner Abkommen nicht zu gefährden. Dies erläuterte der Bundesrat in seiner Antwort auf eine entsprechende Interpellation Ruiz (sp, VD; Ip. 15.4199). Die Schweiz sei jedoch in der zuständigen Expertengruppe des Ministerrates vertreten, wenn auch ohne formales Stimmrecht und nur mit beratender Funktion, was eine gewisse Einflussnahme ermögliche. Von der Kommission vorgesehen sind unter anderem strengere Registrierungspflichten, ein Verbot des Onlinehandels von Waffen und Munition, strengere Regeln für unbrauchbar gemachte Waffen, ein Bedürfnisnachweis – sei es als Jäger, Sportschütze oder Sammler – und eine medizinische Untersuchung als Vorbedingungen für den Waffenerwerbsschein sowie ein Verbot von zivilen halbautomatischen Feuerwaffen, die wie vollautomatische Kriegswaffen aussehen. Diese werden von der EU nicht nur wegen des relativ leicht möglichen Umbaus zu vollautomatischen Waffen, sondern auch aufgrund ihrer hohen Munitionskapazität als sehr gefährlich angesehen. Waffen ebendieser Kategorie kommen im ausserdienstlichen Schiesswesen in der Schweiz jedoch zu breitem Einsatz. Die verschärften Regeln liessen es in der Folge auch nicht mehr zu, dass Armeeangehörige Ordonnanzwaffen nach dem Ende der Dienstpflicht mit nach Hause nehmen.
So liess denn auch die Kritik aus dem Umfeld der Waffenlobby nicht lange auf sich warten. Dora Andres, Präsidentin des Schweizerischen Schiesssportverbandes (SSV), erklärte in den Medien, der SSV lehne die Vorschläge der Europäischen Kommission vollumfänglich ab. Die Schweiz brauche kein schärferes Waffenrecht und nötigenfalls werde man dagegen politisch aktiv werden. Mit rund 133'000 Mitgliedern wäre der SSV problemlos referendumsfähig. Schützenhilfe erhielt Andres auch von bürgerlichen Politikerinnen und Politikern, darunter CVP-Präsident Christophe Darbellay (VS), welcher die vorgesehenen Regeln gegenüber dem Sonntags-Blick als «nicht kompatibel» mit dem schweizerischen Schützenwesen und der Milizarmee bezeichnete. FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger (AG) erachtete gegenüber der Aargauer Zeitung eine Verschärfung des Waffenrechts als schlicht nicht in der Lage, mehr Sicherheit zu garantieren; es sei ein «Irrglaube», dass mit strengeren Regeln der kriminelle Waffenmissbrauch verhindert werden könne. Die Milizarmee und die Armeewaffen zu Hause seien sogar Teil der «schweizerischen DNA», liess sie im Sonntags-Blick verlauten.

Im März 2016 gab Bundesrätin Simonetta Sommaruga nach einem Treffen der EU-Innenminister erste Entwarnung: «Die EU wird der Schweiz das Sturmgewehr nicht verbieten», wurde sie in der Presse zitiert. Neben der Schweiz hätten sich auch andere EU-Länder, darunter v.a. baltische und nordische Staaten mit Schützen- und Jägertradition, gegen zu zentralistische Verschärfungen gewehrt. In der Folge verabschiedete der Rat der Innenminister Mitte Juni einen entschärften Entwurf mit einer eigens auf die Schweiz zugeschnittenen Ausnahmebestimmung. Diese «Schutzklausel für das Schweizer Sturmgewehr» (Tages-Anzeiger) ermöglicht es Schweizer Armeeangehörigen weiterhin, die Waffe nach Ende der Dienstpflicht zu behalten. Bedingungen dafür sind allerdings die Mitgliedschaft in einem Schützenverein, der Nachweis von jährlichen Schiessübungen sowie die regelmässige medizinische und psychologische Beurteilung des Waffenbesitzers.
Ebendiese Bedingungen waren es denn auch, welche die Freude über den Schweizer Verhandlungserfolg zumindest auf Seiten der Waffenlobby erheblich trübten. So schrieb die Basler Zeitung weiterhin von der «Entwaffnung Hunderttausender Schweizer Bürgerinnen und Bürger»; alle seien auf die Entwarnung Sommarugas hereingefallen, denn durch die von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Bedingungen würden «unbescholtene Schweizerinnen und Schweizer, die eine Waffe besitzen», kriminalisiert und «der Grundsatz, wonach der Staat seinen Bürgern so lange vertraut, bis ihnen eine Straftat bewiesen werden kann, [...] ausgehebelt». Stattdessen müssten ehemalige Soldaten nun beweisen, «dass sie keine Gewalttäter sein wollen». Nicht zuletzt sah sie darin über Umwege die Umsetzung der 2011 abgelehnten Initiative gegen Waffengewalt. Auch bürgerliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier übten abermals Kritik an der Richtlinie und nun insbesondere an den Bedingungen im «Schweizer Paragraphen». Von einer «schlimme[n] Einmischung in die Schweizer Gesetzgebung» (Walter Müller, fdp, SG) und der Gefährdung der Souveränität der Schweiz (Adrian Amstutz, svp, BE) war die Rede. Die Urteile über die Richtlinie im Allgemeinen wie auch über die medizinisch-psychologischen Tests im Besonderen reichten von «inakzeptabel und lächerlich» (Yannick Buttet, cvp, VS) bis zu «absurd» (Dora Andres, SSV). Der neue CVP-Präsident Gerhard Pfister (ZG) forderte von Bundesrätin Sommaruga gar eine Erklärung und allfällige Nachverhandlungen in Brüssel. Der SVP-Nationalrat und Präsident des Berner Schützenverbandes Werner Salzmann reichte indes Ende September eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» ein. Dem Vorstoss zufolge sollte die Schweiz gemeinsam mit jenen EU-Staaten, die dem neuen Waffenrecht ebenfalls kritisch gegenüberstehen, die «unannehmbaren Änderungen» bekämpfen.

Im Dezember 2016 einigten sich Vertreter der EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments auf eine Fassung der Waffenrichtlinie, über die als nächstes das Europäische Parlament befinden wird. Unterdessen war es der europäischen Waffenlobby gelungen, die Vorlage weiter abzuschwächen. So sieht der Antrag zuhanden des Europäischen Parlaments kein Verbot halbautomatischer Waffen mehr vor, sondern lediglich Einschränkungen betreffend den Verkauf und die maximale Patronenzahl. Den Mitgliedstaaten ist es nun ausserdem freigestellt, ob für den Waffenerwerb medizinisch-psychologische Tests erforderlich sind oder nicht. Bei der Überführung in nationales Recht bietet die Richtlinie daher einen gewissen Spielraum. Was jedoch geblieben ist, sind die Mitgliedschaft in einem Schützenverein und die regelmässige Teilnahme an Schiessanlässen als Voraussetzungen, damit Schweizer Armeeangehörige das Sturmgewehr behalten dürfen. Diese Punkte waren im ausgehenden 2016 denn auch die meistkritisierten, denn mit Vereinspflicht und Schiesszwang wolle die EU die Freiheit und Selbstbestimmung der Schweizer beschränken, zeigte sich Werner Salzmann gegenüber der Luzerner Zeitung besorgt. Mit mehr Dramatik bezeichnete Jean-Luc Addor (VS), SVP-Nationalrat und Vizepräsident von ProTell, die Schusswaffe als «das Symbol des freien Mannes» und die Reform daher als unverhältnismässig. ProTell kündigte bereits das Referendum an; man toleriere keine Verschärfung des Schweizer Waffenrechts. Auch ein Ausschluss aus Schengen/Dublin würde gemäss diversen Zeitungsberichten von der Waffenlobby damit bewusst in Kauf genommen.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

In einer am 6. Mai 2015 eingereichten Motion forderte Christoph Darbellay (cvp, VS) den Verzicht auf eine Altersgrenze von 60 Jahren für Helikopterpilotinnen und -piloten, welche mit der Übernahme der EU-Verordnung Nr. 1178/2011 auch für die Schweiz gilt. Darbellay bezeichnete die Altersgrenze von 60 Jahren als willkürlich und unsinnig. Es sei undenkbar, gerade die erfahrensten Pilotinnen und Piloten vorzeitig in den Ruhestand zu zwingen. Seinen Unmut bekräftigte Darbellay in der Begründung seiner Motion: "Sacré gâchis!", "eine elende Verschwendung!" sei das. In seiner Antwort schreibt der Bundesrat, einerseits erreiche die Schweiz bei der Europäischen Kommission eine zeitlich begrenzte Ausnahmeregelung, andererseits arbeite das Bazl mit Deutschland und Österreich an einer zeitlich unbegrenzten Ausnahme. Zudem stufe das Bazl Flüge im Zusammenhang mit Naturkatastrophen oder Rettungsflüge, insbesondere im Berggebiet, als Operationen im öffentlichen Interesse ein, womit diese nicht dem Geltungsbereich des EU-Rechts unterlägen. Arbeitsflüge (beispielsweise Bau- und Waldarbeiten) fielen ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung. Damit seien die zur Erreichung des Ziels der Motion vorhandenen politischen Mittel bereits ausgeschöpft - die Motion sei damit unnötig.
Entgegen dem bundesrätlichen Antrag auf Ablehnung nahm der Nationalrat die Motion in der Herbstsession 2016 mit 131 zu 52 Stimmen (bei 11 Enthaltungen) an und überwies sie an die kleine Kammer.

Verzicht auf eine Altersgrenze von 60 Jahren für Helikopterpilotinnen und -piloten

Nationalrat Caroni (fdp, AR) hatte im Juni 2015 und damit noch vor seiner Wahl in den Ständerat eine Motion eingereicht, mit der der Bundesrat beauftragt werden soll, rechtliche Grundlagen zu schaffen, damit Angehörigen der Armee Arbeitszeugnisse für ihre geleisteten Dienste ausgestellt werden können. Darin sah der Motionär - selbst Fachoffizier im Rang eines Majors - eine Stärkung der Vereinbarkeit von Beruf und Militärdienst. Es gelte zudem eine Ungerechtigkeit gegenüber Zivildienstleistenden auszumerzen, die für ihre Dienstleistungen Zeugnisse erhalten. Der administrative Aufwand wurde von Caroni selbst als klein eingeschätzt, da ohnehin militärische Qualifikationen erstellt werden und diese Dokumente mit wenig Aufwand so gestaltet werden könnten, dass sie gegenüber zivilen Arbeitgebern verwendet werden können.
Der Bundesrat war nicht ganz gleicher Meinung. Zwar teilte er den Grundsatz, dass Militärdienst und Erwerbstätigkeit vereinbar sein sollen und dies ein wichtiges Prinzip der Milizarmee sei, er beantragte jedoch mit Verweis auf bereits bestehende Möglichkeiten die Ablehnung der Motion. Bereits zum Zeitpunkt deren Einreichung konnten Armeeangehörige Leistungsnachweise verlangen, mit denen ein Zusammenhang zwischen militärischer Ausbildung und zivilen Fähigkeiten hergestellt wird. Den Absolventinnen und Absolventen der höheren Kaderausbildung beispielsweise würden solche Dokumente bereits ausgehändigt. Entgegen der Einschätzung des Motionärs zeigte sich der Bundesrat besorgt über den Aufwand einer Anpassung des Qualifikationswesens, der in "keinem Verhältnis zum allfälligen Nutzen" stehe.
Das von Corina Eichenberger (fdp, AG) übernommene Geschäft wurde in der Herbstsession 2016 im Nationalrat behandelt und angenommen. Der Aargauer Liberalen gelang es, das Anliegen durchzubringen, indem sie die Vereinbarkeit von Beruf und Militärlaufbahn als zentral bewarb. Arbeitszeugnisse könnten sich zudem als Anreiz positiv auf die Motivation der Dienstleistenden auswirken. Verteidigungsminister Parmelin schaffte es nicht, die ablehnende Haltung der Regierung hinreichend zu verteidigen. Mit 114 Ja-Stimmen gegen 71 Nein wurde die Motion an den Ständerat übergeben.

Arbeitszeugnisse für Angehörige der Armee zur Stärkung der Vereinbarkeit von Beruf und Militärdienst

Die FDP-Liberale Fraktion hatte im September 2015 eine Motion eingereicht, mit der die Mittel für den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) aufgestockt oder zumindest nicht gekürzt werden sollten. Sicherheit sei eine Kernaufgabe des Staates und deswegen dürften die Ressourcen für den NDB nicht angetastet werden. Die FDP wollte mit ihrem Vorstoss sicherstellen, dass der NDB die nötigen Abklärungen zum terroristischen Risikopotential von Asylsuchenden und Kontingentsflüchtlingen glaubwürdig durchführen kann. Die Partei setzte damit an zwei frühere Vorstösse an, in denen sie bereits Bedenken zur sicherheitspolitischen Lage in der Schweiz aufgrund der Migrationsströme geäussert hatte (Ip. 15.3546 und 15.3547). Seit der Beantwortung dieser beiden ähnlich lautenden Interpellationen habe sich die Lage noch verschärft, befürchtete die FDP, und weil unter dem Deckmantel Asylsuchender möglicherweise auch Terroristen in die Schweiz einreisen würden, sollte die Regierung aktiv werden. Da im Bundeshaushalt Sparbemühungen nötig sein werden, wollte die FDP mit dieser Motion erneut mit Nachdruck eine Budgetkürzung beim NDB verhindern.
Der Bundesrat zeigte in der Stellungnahme Verständnis für das Anliegen und räumte ein, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass auch Personen in die Schweiz einreisten, die ein Sicherheitsrisiko bedeuteten. Er sah jedoch zum damaligen Zeitpunkt keine Möglichkeit für eine Aufstockung der Mittel für den NDB, unter anderem, weil bereits Anfang Januar 2015 sechs zusätzliche Stellen beim NDB zur Stärkung der Terrorabwehr geschaffen worden seien. Zudem würden die kantonalen Polizeikorps finanziell unterstützt. Die Motion wurde entsprechend zur Ablehnung beantragt.
Dies wurde vom Nationalrat jedoch nicht goutiert, er überwies die Motion mit 128 zu 63 Stimmen und einer Enthaltung deutlich. Sprecherin Eichenberger (fdp, AG) nannte in der kurzen Darstellung des Antrags eine Reihe von Vorfällen mit terroristischem Hintergrund, beispielsweise jene in Würzburg/D oder Ansbach/D, oder auch ein verhindertes Attentat in Paris/F. Die personelle Aufstockung beim NDB und den finanziellen Support zugunsten der Kantone würdigte sie als positiv, aber dies genüge nicht, weil der NDB immer noch personell unterbesetzt sei. Verteidigungsminister Parmelin verwies vergeblich auf die von der Regierung aufgenommenen Tätigkeiten zur Terrorismusprävention, die sich unter anderem in der Schaffung von insgesamt 86 Stellen manifestiere, und vertrat damit die Ansicht der Regierung, dass die Motion nicht nötig sei. Mit dem nationalrätlichen Votum ging das Geschäft in den Ständerat.

Sicherheit ist eine Kernaufgabe des Staates

In Erfüllung eines Postulats Darbellay (cvp, VS) präsentierte der Bundesrat im August 2016 seinen Bericht Naturgefahren Schweiz. Auf 118 Seiten stellte er der Schweiz im Umgang mit Naturgefahren insgesamt ein fortschrittliches Zeugnis aus, betonte aber, dass der Klimawandel und die zunehmende Nutzungsdichte erforderten, dass man sich auch weiterhin auf neue Herausforderungen einstellen müsse. So müssten die Gefahrenkarten aktualisiert und Risiken und Gefahren im Rahmen einer risikobasierten Raumplanung in allen Kantonen flächendeckend berücksichtigt werden. Konkret bedürfe es etwa an periodisch zu aktualisierenden Gefahrengrundlagen für den Oberflächenabfluss sowie einer Vereinheitlichung der Baunormen in Bezug auf naturgefahrengerechtes Bauen. Gerade im Hochwasserschutz sei die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen «noch nicht optimal» und eine Planung über grössere Raumeinheiten hinweg wäre hilfreich. Ferner bestünden bei der Erdbebenvorsorge grosse Mängel; hier fehlten «das Wissen und die Organisationsstrukturen für die Bewältigung von Grossereignissen», so die Regierung in ihrem Bericht. Als defizitär bezeichnete sie auch den Umstand, dass die Schweiz nicht über eine obligatorische Erdbebenversicherung verfüge. Dabei sei das Schadenspotential bei Erdbeben gestiegen, da heute eher auch auf schlechten Böden gebaut werde. Um den Schutz vor Erdbeben voranzutreiben, plant der Bund ein neues Massnahmenprogramm zur Erdbebenvorsorge 2017-2020.

Infrastrukturschutz vor Steinschlägen, Erdrutschen, Fels- und Bergstürzen (Po. 12.4271)
Dossier: Schutzmassnahmen gegen Naturgefahren

Im September 2013 hatte Nationalrat Darbellay (cvp, VS) eine Motion für die vereinfachte Zulassung von Motorfahrzeugen und mehr Verkehrssicherheit eingereicht. Er schlug vor, alle in der EU genehmigten Neuwagen und Fahrzeuge mit einem maximalen Kilometerstand von 2000 km ohne Fahrzeugprüfung in der Schweiz zuzulassen. Die Prüfung dieser Fahrzeuge sei ein Leerlauf und die Entlastung der Strassenverkehrsämter von diesen Fahrzeugprüfungen würden Ressourcen frei machen, um den Überhang bei den periodischen Prüfungen von Gebrauchtwagen abzubauen.
Der Bundesrat empfahl die Motion aber zur Ablehnung, da die Kantone schon bei früherer Gelegenheit festgehalten hatten, dass sie bei der Überprüfung von Neuwagen immer wieder Fehler in der Datenerfassung aufdeckten. In der nationalrätlichen Debatte vom September 2015 stellte Bundesrätin Leuthard klar, dass die Prüfung von Neuwagen nur darauf abzielt, festzustellen, dass das Fahrzeug und die dazu gemachten Angaben übereinstimmten. Der Aufwand dieser Prüfung sei gering. Die Ausnahme von der Prüfung für Gebrauchtwagen mit einem Kilometerstand bis zu 2000 km gehe sehr weit. Trotz Leuthards Votum nahm der Nationalrat die Motion knapp an: mit 88 gegen 81 Stimmen bei 9 Enthaltungen.
Auch im Ständerat setzte sich Bundesrätin Leuthard gegen die Motion ein. Sie konterte im Juni 2016 die Ausführungen von Kommissionssprecher Müller (fdp, AG), der behauptete, die Zollämter würden bei der Einfuhr genau dasselbe tun wie die Strassenverkehrsämter, mit dem Hinweis, dass das in vielerlei Hinsicht relevante Fahrzeuggewicht vom Zoll nicht gemessen werde und diese Lücke dann eben immer noch von den Strassenverkehrsämtern gefüllt werden müsste. Die Motion wurde jedoch auch im Ständerat angenommen: Mit 22 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen.

Vereinfachte Zulassung von Motorfahrzeugen und mehr Verkehrssicherheit

Nach der schon Ende 2013 gemachten Ankündigung von Christophe Darbellay (cvp, VS), per Ende Legislatur sowohl von seinem Amt als Nationalrat als auch als CVP-Präsident zurückzutreten, tat sich parteiintern lange Zeit nicht viel hinsichtlich Nachfolge für das CVP-Präsidium. Die Medien vermuteten Anfang 2015, dass Darbellay wohl noch ein Jahr anhängen werde, weil die Neubesetzung bisher so harzig verlaufen sei. Als dieser allerdings öffentlich verneinte, weil er sich ganz auf seine Kandidatur für die Walliser Kantonsregierung 2017 konzentrieren wolle, und innerhalb der CVP auf einen Plan für die Wachablösung gedrängt wurde, fing das Kandidatenkarussell dann doch langsam an zu drehen. Freilich sagten zuerst zahlreiche potenzielle Kandidierende ab: Stefan Müller-Altermatt (cvp, SO) und Martin Candinas (cvp, GR) gaben berufliche und familiäre Gründe an, die gegen eine Präsidentschaft sprächen, und auch Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL) und Viola Amherd (cvp, VS) wollten sich nicht zur Verfügung stellen. Als Kronfavoriten wurden in der Presse Pirmin Bischof (cvp, SO), Filippo Lombardi (cvp, TI) und Gerhard Pfister (cvp, ZG) gehandelt. Lange hielten sich aber auch diese drei bedeckt bezüglich der Frage, ob sie überhaupt Ambitionen auf das Amt hegten. Dies führte in den Medien zu zahlreichen Spekulationen. Pfister wolle eine Art Philipp Müller (fdp, AG) der CVP werden und diese auf eine härtere Rechtsposition führen, während Lombardi Ambitionen habe, einst Doris Leuthard zu beerben, kommentierte etwa die Aargauer Zeitung das lange Schweigen. Für beides dürfe man sich nicht zu früh in Stellung bringen. Die NZZ forderte hingegen «Ordnung für den Hühnerhaufen»: Der neue Präsident werde eine entscheidende Rolle bei der Neuausrichtung der Partei spielen, die momentan in ganz verschiedene Richtungen strebe.
Mitte Dezember 2015 gab die CVP dann bekannt, eine Findungskommission bestehend aus Konrad Graber (cvp, LU), Filippo Lombardi, Viola Amherd, Marco Romano (cvp, TI) sowie Christophe Darbellay einzusetzen, die bis im Frühling mögliche Kandidierende präsentieren wolle. Bis Mitte Februar 2016 konnten Bewerbungen eingereicht werden. Schon kurz vor dieser Ankündigung wurde durch eine Indiskretion bekannt, dass sich Gerhard Pfister zur Verfügung stellen wollte. Er habe seine Kandidatur eigentlich erst im Januar 2016 ankündigen wollen, so Pfister. In den Medien wurde der Zuger als konservativer Politiker beschrieben, der am rechten Rand der Partei politisiere. Dies käme vor allem der SVP zupass, urteilte etwa der Tages-Anzeiger. Neben Pfister meldete niemand weiteres Ambitionen an und Mitte Februar verkündete die Findungskommission, dass sich insgesamt 13 Personen für das CVP-Präsidium beworben hätten, darunter «eine für das Amt des Präsidenten».
Ohne Konkurrenz wurde Gerhard Pfister schliesslich an der Delegiertenversammlung Ende April 2016 in Winterthur mit 340 von 376 Stimmen zum neuen Parteipräsidenten gekürt. Der ehemalige Zuger Kantonsrat (1998-2003) und seit 2003 im Nationalrat sitzende Pfister versprach, alles zu tun, was der CVP Erfolg bringe. Der nach 10-jähriger Amtszeit scheidende Präsident Christophe Darbellay wurde mit Applaus verabschiedet, der lauf Sonntags-Blick «eine Minute und 14 Sekunden» dauerte.
Ins erweiterte Präsidium wurden zudem Yannick Buttet (cvp, VS) und Ida Glanzmann-Hunkeler (cvp, LU) als Vizepräsident und Vizepräsidentin sowie die weiteren nationalen Parlamentsmitglieder Pirmin Bischof, Martin Candinas, Stefan Müller-Altermatt, Elisabeth Schneider-Schneiter und Anne Seydoux-Christe (cvp, JU) und kantonalen Vertretungen Marianne Binder-Keller (AG, cvp) und Tino Schneider (GR, cvp) gewählt. Als Fraktionspräsident gehörte auch Filippo Lombardi von Amtes wegen dem Präsidium an.

Neues CVP-Präsidium – Gerhard Pfister (2016)
Dossier: CVP-Präsidenten seit 2000

Unter dem Titel Förderung der Blutstammzellenspende in der Schweizer Armee wurde von Nationalrat Darbellay (cvp, VS) ein recht allgemein gehaltenes Anliegen formuliert. Der Bundesrat wurde aufgefordert zu prüfen, inwiefern die Armee zu einer Verbesserung der Stammzellenspende beitragen könnte. Der Postulant stellte sich vor, dass in der Gesamtheit von jungen und gesunden Stellungspflichtigen geeignete Kandidaten für eine Erweiterung des Registers von Spendern zu finden wären. Insofern wird vorgeschlagen, dass diesen jungen Menschen auf freiwilliger Basis die Möglichkeit gegeben wird, sich als Spender zur Verfügung zu stellen, wobei die Koordination beim Batallionsarzt läge. Der Bundesrat sah hierin jedoch keine Verbesserung der Stammzellenspende, da es seiner Ansicht nach eines Obligatoriums bedürfe, wofür jedoch die gesetzliche Grundlage fehle. Aus einer medizinischen Sicht sei der Vorschlag hingegen zu begrüssen. Allerdings sah der Bundesrat eher Chancen im Bereich von Information und Motivation, nicht aber aufgrund institutionalisierter Massnahmen. Solche würden lediglich in Koordination mit Public-Health-Kampagnen des BAG umgesetzt, wie das beispielsweise im Rahmen der Masernkampagne der Fall ist. Der inzwischen von Viola Amherd (cvp, VS) übernommene Vorstoss wurde im Nationalrat mit 110 zu 68 Stimmen bei 11 Enthaltungen gegen den Willen des anwesenden Verteidigungsministers angenommen.

Förderung der Blutstammzellenspende in der Schweizer Armee