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  • Andres, Dora (BE, fdp/plr)
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  • Calmy-Rey, Micheline (sp/ps) BR EDA / CF DFAE

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Jahresrückblick 2019: Aussenpolitik

Im Jahr 2019 beschäftigte sich das Parlament im Rahmen der Schweizer Aussenpolitik mit Geschäften im Bereich der Aussenwirtschaft – wie Freihandelsabkommen und Doppelbesteuerungsabkommen – aber auch mit zwischenstaatlichen Beziehungen. Wie die Medienanalyse von APS zeigt, nahm das mediale Interesse – im Vergleich der letzten drei Jahre – an Geschäften, die sich mit Staatsverträgen oder Entwicklungspolitik befassten, tendenziell eher ab. Über die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU wurde besonders oft berichtet. Dies dürfte insbesondere an den neuen Entwicklungen und Eskalationsstufen rund um das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU sowie an dem zweiten Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedsstaaten – in den Medien als Kohäsionsmilliarde bezeichnet – liegen.

Ein erster gewichtiger Schwerpunkt im Jahr 2019 bildete jedoch ein anderer Politikbereich, die Aussenwirtschaftspolitik. So entschieden die Räte unter anderem über aktualisierte Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Türkei sowie Ecuador. Hinzu kam das revidierte Agrarabkommen zwischen der Schweiz und der Türkei. Insbesondere gegenüber Letzterem gab es aufgrund der kritischen Menschenrechtslage in der Türkei zwiespältige Gefühle. Eine Minderheit forderte, mit Verweis auf Berichte der EU und der UNO, gar die Rückweisung an den Bundesrat. Der Bundesbeschluss wurde aber vom Ständerat im März und vom Nationalrat im Juni angenommen. Die Kantone Thurgau (Kt.Iv. 17.317) und Genf (Kt.Iv. 18.303) hatten in den vergangenen Jahren Standesinitiativen lanciert, um bei den Verhandlungen von Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien die Zollbefreiung von Palmöl und Palmkernöl zu verhindern. Grund dafür war einerseits die Sorge, dass einheimische Ölproduzenten durch die Aufweichung der Grenzschutzmassnahmen benachteiligt werden könnten, andererseits wurden auch die negativen ökologischen Folgen der Palmölproduktion bemängelt. Im März wurden zwei dieser Initiativen durch den Nationalrat versenkt, drei weitere standen aber noch an, womit das Thema beileibe noch nicht vom Tisch war. Ebenfalls im März wurde im Nationalrat – als Zweitrat – eine Motion der APK-SR (Mo. 18.3717) angenommen, die verlangte, dass die beiden Freihandelsabkommen sich nicht negativ auf die inländische Ölproduktion auswirken dürfen. Diesen Forderungen wurde Rechnung getragen, woraufhin der Nationalrat dem Freihandelsabkommen mit Indonesien zustimmte. Eine Minderheit zeigte sich zwar mit den Regelungen zur Nachhaltigkeit von Palmöl nicht zufrieden, doch sie unterlag mit ihrem Antrag. Zwar noch kein konkretes FHA, aber dafür zumindest die Erlaubnis für erste Sondierungsgespräche über ein Freihandelsabkommen mit den USA gab es in der Sommersession. Die Motion von Ständerat Graber (cvp, LU; Mo. 18.3797) aus dem Jahr 2018 erhielt auch vonseiten des Bundesrats Unterstützung und wurde im Juni vom Nationalrat ebenfalls angenommen. Dadurch soll die Schweizer Exportindustrie gestärkt und der Zugang zum amerikanischen Markt, der sich seit 2016 immer protektionistischer gibt, gesichert werden.
Eine Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Grossbritannien wurde ebenso problemlos angenommen wie der Abschluss eines nach mehrjähriger Verhandlung erarbeiteten Doppelbesteuerungsabkommen mit Brasilien. Weitere Anpassungen an bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen zur Implementierung von Mindeststandards stehen 2020 bevor.

Am meisten Gesprächsstoff boten sicherlich jene Debatten, welche die Beziehung zwischen der EU und der Schweiz zum Thema hatten. Für hitzige Diskussionen und Differenzen zwischen der Bundesversammlung und dem Bundesrat sorgte im Juni das kritisierte und noch immer nicht abgeschlossene institutionelle Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Ausdruck der Unzufriedenheit war die im März abgelehnte Motion von Ständerat Minder (parteilos, SH; Mo. 18.4165), die vom Bundesrat die Nichtunterzeichnung des Abkommens verlangte. Anfang Juni kam es schliesslich zu einer mehr oder weniger offenen Konfrontation zwischen Bundesbern und Brüssel, als der Bundesrat in einer Botschaft Klärung zu fundamentalen Fragen des institutionellen Abkommens forderte. Zwar schätzte man den Entwurf des Abkommens grundsätzlich positiv ein, doch die Europäische Kommission solle mehr Rücksicht auf nationale Prozesse nehmen, damit man in Fragen des Lohn- und Arbeitnehmerschutzes, der Unionsbürgerrichtlinie und der staatlichen Beihilfen eine Einigung finde. Auch der Ständerat schlug in die gleiche Kerbe, als er kurz darauf mittels Motion (Mo. 19.3416) die Regierung und deren Chefunterhändler mit Zusatzverhandlungen beauftragte. Des Weiteren hing die «Begrenzungsinitiative» der SVP quasi als Damoklesschwert über dem bilateralen Weg der Schweiz.
Die Antwort aus Brüssel liess nur einige Tage auf sich warten, als Kommissionspräsident Juncker durchblicken liess, dass Nachverhandlungen kaum eine Chance hätten. Die Medien berichtete, dass sich die EU offiziell «offen für ergänzende Gespräche» zeige, aber durch die Blume deutlich mache, dass der Schweiz kaum Spielraum eingeräumt werden würde. Für Empörung sorgte Jean-Claude Juncker mit seinem Ultimatum, dass die von der Schweiz geforderten ergänzenden Gespräche innert einer Woche abgehandelt werden müssten. Als Druckmittel hatte die EU noch immer die in der Luft hängende Verlängerung der Börsenäquivalenz in der Hinterhand, die bei Nichterfüllung des Ultimatums beendet werden könnte.

Ebenjene Entwicklungen hinsichtlich der Anerkennung der Börsenäquivalenz sorgten in der Schweiz mit ihrem traditionell starken Bankenplatz schon seit geraumer Zeit für rote Köpfe. Die Europäische Kommission hatte Ende Dezember 2017 die Verlängerung der Börsenäquivalenz von den Fortschritten bei den Verhandlungen über ein institutionelles Abkommen abhängig gemacht. Zwar hatte sie die EU anfänglich befristet bis zum 30. Juni 2019 verlängert, erklärte sie danach aber für beendet. Dementsprechend zahlten sich die 2018 ergriffenen Massnahmen des Bundesrats zum Schutz der Börseninfrastruktur im Fall einer Nichtverlängerung der Äquivalenzanerkennung aus. Auch medial war das bevorstehende Ende der Börsenäquivalenz – und damit gezwungenermassen das institutionelle Rahmenabkommen – das dominierende Thema. Eine drohende Eskalation, die mit der Aufhebung der Börsenäquivalenz erst ihren Anfang nähme, wurde befürchtet. Die medial kritisierte bilaterale «Trotzkopf-Logik», die sich durch gegenseitige angedrohte Sanktionen äussere, wurde für enorm kontraproduktiv befunden. Das effektive Ende der Börsenäquivalenz Anfang Juli wurde in der Presse hingegen eher nüchtern thematisiert; man verwies auf die in naher Zukunft marginalen, möglicherweise gar positiven Auswirkungen für die Schweizer Börse. Kritisiert wurde vor allem, dass diese gegenseitige Blockade keine positiven Signale hinsichtlich zukünftiger Verhandlungen über das Rahmenabkommen aussende.

Sehr umstritten war aufgrund dieser Kette von Ereignissen der zweite Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Staaten, der im März und Juni ausgiebig diskutiert wurde. Die Aufstockung der Mittel für den Migrationskredit auf Kosten des Kohäsionsrahmenkredits wurde vor allem von den linken Parteien kritisiert. Im Nationalrat errangen schliesslich zwar beide Kreditanträge eine Mehrheit, doch der Ständerat stimmte den vorgeschlagenen Änderungen nicht zu. Eng verbandelt mit dem Kohäsionskredit war ein Entwurf für eine Asylgesetzesänderung. Dieser sollte es dem Bundesrat erlauben, ohne Zustimmung des Parlaments internationale Abkommen im Rahmen des – vom Parlament bereits beschlossenen – Migrationskredits abzuschliessen. Bei beiden Geschäften entstanden Differenzen zwischen den beiden Parlamentskammern, denn es war bis anhin nicht eindeutig geklärt, ob die Massnahmen der EU – siehe Börsenäquivalenz – als diskriminierend eingestuft werden können, was wiederum die Blockierung der Schweizer Fördergelder zur Folge hätte. Der Bundesrat gelangte im Herbst zum Schluss, dass die EU-Massnahmen unter dem WTO-Gleichbehandlungsgebot tatsächlich als diskriminierend gelten. Somit würden die beiden Kredite selbst bei einer Genehmigung durch die Räte bis auf Weiteres nicht ausbezahlt werden. Im Dezember beriet der Nationalrat schliesslich ein letztes Mal über den zweiten Beitrag der Schweiz an die EU und bereinigte die Differenzen zum Ständerat. Somit waren die beiden Kredite zwar bewilligt, ausbezahlt werden sie aber erst, wenn die Börsenäquivalenz wiederhergestellt ist.
Im August zeigte sich Bundesrat Cassis nicht sehr optimistisch und bezeichnete eine Einigung im Rahmenabkommen mit der amtierenden Kommission als «ein Wunder». Nach ihrem Amtsantritt liess die neue Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen verlauten, dass die Verhandlungen mit der Schweiz auch weiterhin Chefsache blieben. Die Medien zweifelten aber nach wie vor an einer Einigung vor der Abstimmung zur Begrenzungsinitiative.

Nicht alle Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz gestalteten sich so problematisch wie die bisher aufgeführten. Die Sicherheit des Schengen-Raums und eine qualitativ hochwertige Grenzkontrolle schienen diesbezüglich ein verbindendes Element zu sein. Auf alle Fälle sprachen sich Ständerat und Nationalrat mit grosser Mehrheit für den bundesrätlichen Entwurf zum EES (Entry-Exit-System / Einreise- und Ausreisesystem) und die damit verbundenen Anpassungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes aus. Bereits im Mai hatte sich das Volk nachdrücklich zum Schengen-Raum bekannt, als es der Übernahme einer EU-Waffenrichtlinie zustimmte, die unter anderem den Besitz halbautomatischer Waffen verschärfen sollte.

Auch über die Rolle der Schweiz als Gastland und Zentrum der Global Governance wurde intensiv beraten. Ebendiese soll auch weiterhin gestärkt und ausgebaut werden, damit die Schweiz – und insbesondere Genf – weiterhin ein internationales Zentrum für Diplomatie, Krisenbewältigung und NGOs sein kann. In eine ähnliche Richtung zielte die Diskussion über die Erneuerung des Kredits für drei Genfer Zentren in der Herbstsession. Diese bemühen sich um politische Sicherheit, humanitäre Minenräumung und die demokratische Kontrolle von Streitkräften. Obwohl der Kredit noch nicht definitiv beschlossen wurde, zeigten sich beide Kammern von der Wichtigkeit der Schweizer Aussenwahrnehmung in diesen Politikfeldern überzeugt.

Jahresrückblick 2019: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2019

En novembre 2017, à l'occasion de la venue du président de la Commission européenne Jean-Claude Juncker à Berne, Doris Leuthard, alors présidente de la Confédération, confirmait devant la presse que la Suisse verserait bien un «nouveau milliard de cohésion» à l'Union européenne. Il n'en fallait alors pas moins pour que les commentateurs et commentatrices s'empressent d'annoncer un «réchauffement des relations entre la Suisse et l'UE», du moins pour un temps.
Dans un tel contexte, le Conseil fédéral a publié, au mois de septembre 2018, son message sur la deuxième contribution de la Suisse en faveur de certains Etats membres de l'UE. Deux arrêtés fédéraux – un pour chacun des deux volets différenciés composant cette deuxième contribution – sont ainsi soumis parallèlement à l'approbation du Parlement. Le premier, intitulé «crédit-cadre pour la cohésion», prévoit l'allocation de 1'046.9 millions de francs pour la réduction des disparités économiques et sociales au sein de l'UE-13 – soit les treize pays ayant intégré l'Union européenne depuis 2004. Le deuxième arrêté fédéral, sous l'appellation de «crédit-cadre pour la migration», envisage l'octroi de 190 millions aux Etats membres de l'UE pour le financement de mesures à adopter dans le domaine de la migration. Dans son message, l'exécutif national précise également que si cette deuxième contribution s'inscrit bel et bien dans le cadre de la politique européenne de la Suisse, elle est néanmoins décidée de «manière autonome». Elle ne présente en ce sens «aucun lien direct» avec l'accord-institutionnel ou la reconnaissance de l'équivalence boursière.
En novembre 2018, le Conseil des Etats a approuvé les deux arrêtés fédéraux relatifs à la deuxième contribution en faveur de certains Etats membres de l'UE, mais uniquement à condition que l'Union européenne n'adopte aucune mesure discriminatoire à son encontre. La chambre haute a alors accepté (par 38 voix pour, 1 contre et 2 abstentions) la proposition du sénateur Ruedi Noser (plr, ZH), modifiant le projet initialement proposé par le Conseil fédéral. Tel que mentionné par Christian Levrat (ps, FR), la proposition Noser «est une solution de compromis raisonnable [...] Elle se limite à exiger un traitement non discriminatoire de la part de l'Union européenne, elle ne pose pas d'exigence de réciprocité». Selon le conseiller fédéral Ignazio Cassis, la contribution de la Suisse constitue un signal politique important pour le développement des relations bilatérales. La première contribution avait en ce sens permis d'améliorer la réputation de la Suisse auprès de ses partenaires européens. Le principe général du versement d'une nouvelle contribution n'a d'ailleurs pas été contesté par la chambre des cantons. Lors des votes sur l'ensemble, les crédits-cadres pour la cohésion et pour la migration n'ont chacun récolté qu'une seule et unique voix d'opposition, celle de Peter Föhn (udc, SZ).

Deuxième contribution de la Suisse en faveur de certains Etats membres de l'UE (MCF 18.067)
Dossier: Schweizer Beitrag an die erweiterte EU

Auch 2017 trafen sich die Präsidentinnen und Präsidenten der Bundesratsparteien und deren Fraktionen viermal im Rahmen der von-Wattenwyl-Gespräche mit den Bundesrätinnen und Bundesräten, um strategische Gespräche zu führen.
Die Einschätzung der aktuellen aussen- und sicherheitspolitischen Lage war Hauptdiskussionspunkt Anfang Februar. Übereinstimmung bestand bei allen Akteurinnen und Akteuren darin, dass die Schweiz ihre Interessen auch zu Zeiten von Cyberkriminalität, Terrorismus und Falschinformationen wahren müsse. Über die Bedeutung der anstehenden Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III herrschte jedoch keine Einigkeit.
Mitte Mai stand der Brexit im Fokus der Gespräche, wobei auch die Fortschritte beim Rahmenabkommen mit der EU diskutiert wurden. Hierbei betonten die Parteien, dass nicht nur die Aussen-, sondern auch die Innenpolitik beachtet werden müsse.
Die Gesundheits- und erneut die Europapolitik waren die Traktanden für die Gespräche Anfang September. Ein gut zugängliches und tragbares Gesundheitswesen stelle innerhalb der Legislaturziele 2015-2019 ein Hauptziel des Bundesrates dar, wie dies in der Strategie Gesundheit 2020 dargelegt werde. Betreffend Informationen zu den Verhandlungen mit der EU über die institutionellen Fragen vertröstete der Bundesrat die Parteien auf den Herbst; geplant sei aber ein Treffen von Doris Leuthard mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Nicht wie im Vorjahr festgelegt an der dritten Sitzung, dafür bei den Gesprächen Mitte November, die als Klausur organisiert wurden, nahm der Bundesrat in corpore teil. Hauptgegenstand war freilich, wie im Vorjahr vereinbart, die Präsentation der Jahresziele 2018. Darüber hinaus äusserte die Regierung ihre Sorge zur Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative, die sie momentan durch das diskutierte Verordnungsveto in Gefahr sehe. Bezüglich der EU erklärte Neo-Aussenminister Ignazio Cassis, dass man im Rahmen eines weiteren Treffens mit Juncker im November die nächsten Schritte in den verschiedenen Bereichen der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU definieren wolle.

Von-Wattenwyl-Gespräche seit 2013

Au mois de novembre 2017, le Président de la Commission européenne, Jean-Claude Juncker, a été reçu à Berne par la Présidente de la Confédération Doris Leuthard, à l'occasion d'une visite officielle. Mme Leuthard et M. Juncker ont évoqué avec satisfaction les avancées constatées dans de nombreux domaines: signature d'un accord relatif à l'Emissions Trading System (ETS), paraphe à Bruxelles de l'accord permettant aux autorités de poursuite pénale suisses d’accéder aux données de la base de données EURODAC, mise à jour de l'accord sur les entraves techniques au commerce (ARM), progrès en ce qui concerne la coopération scientifique et technique entre l’Office fédéral de la santé et l’Agence européenne des produits chimiques (ECHA) ainsi que l’actualisation de l’accord sur les assurances, ouverture de négociations concernant la coopération de la Suisse avec l’Agence ferroviaire européenne (ERA) et assurance de sa participation à l’Agence du système global de navigation par satellite européen (GSA). Le Président de la Commission européenne a également pris connaissance de la volonté helvétique d'envisager le versement d'une nouvelle contribution à la réduction des disparités économiques et sociales dans certains pays membres de l’UE. Si la Suisse et l'union européenne ont toutes deux renouvelé leur soutien à la voie bilatérale et appelé à la poursuite de relations solides et stables, la Présidente de la Confédération n'en a pas moins fait part des attentes helvétiques dans certains domaines de coopération, et ce notamment en ce qui concerne l'avenir du règlement Dublin, l'accès direct des autorités suisses à la banque de donnée EUROPOL, le fonctionnement de la coopération Schengen, la participation de la Suisse au programme-cadre de l’UE «Europe Créative» et au programme Galileo, la conclusion d'un accord dans le domaine de la santé publique, les reconnaissances d'équivalence dans le domaine financier ou les obstacles au commerce entre la Suisse et l'UE.
Au lendemain de cette rencontre au sommet, une majorité des titres de presse suisse se réjouissait de l'amitié retrouvée entre Berne et Bruxelles, les deux entités étant enfin parvenues à «surmonter les difficultés du passé» et les blocages politiques engendrés, notamment, par le résultat de la votation du 9 février 2014 sur l'initiative «Contre l'immigration de masse».

La Présidente de la Confédération Mme Leuthard reçoit le Président de la Commission européenne
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen

Im Vorfeld der Verabschiedung der – als Folge der Terroranschläge von Paris im November 2015 – angepassten EU-Waffenrichtlinie (2017/853) durch das Europäische Parlament am 14. März 2017 regte sich in der Schweizer Waffenlobby erneut lautstarker Widerstand gegen die bevorstehende Verschärfung des Waffenrechts. Als Schengen-Vertragsstaat ist die Schweiz verpflichtet, Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands nachzuvollziehen, worunter auch die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie fällt. Dazu muss die Schweiz etwa die Registrierungspflicht für Waffen verschärfen und den Onlinehandel sowie den Besitz halbautomatischer Waffen für Privatpersonen einschränken. Bereits im Februar 2017 berichtete die Sonntagszeitung von der geplanten Gründung einer neuen parlamentarischen Gruppe «Für ein liberales Waffenrecht», welche sich unter dem Co-Präsidium von SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (VS) und FDP-Ständerat Josef Dittli (UR) dem Kampf gegen ein verschärftes Waffenrecht verpflichten werde. Auch der Schweizer Schiesssportverband (SSV) hatte zusammen mit ProTell und der Interessengemeinschaft Schiessen schon das Referendum angekündigt, sollte die Schweiz die verschärften Regeln übernehmen. Im Anschluss an die Verabschiedung der angepassten Richtlinie durch das Europäische Parlament und deren Bestätigung durch den Ministerrat meldeten sich in der Presse wiederholt Schützenvertreter zu Wort und übten harsche Kritik am vorgesehenen nationalen Waffenregister, am Zwang zur Vereinsmitgliedschaft oder am Verbot von Gewehrmagazinen mit mehr als zehn Schuss. Durch die neuen Regelungen würden sie an der Ausübung ihres Hobbys gehindert, kriminalisiert und «in den gleichen Topf wie die Terroristen gesteckt», wie die Luzerner Zeitung SVP-Nationalrat Werner Salzmann (BE) zitierte. Bestraft würden jene, die sich an das Recht halten, pflichtete ihm die Präsidentin des SSV, die Berner alt-Regierungsrätin Dora Andres, bei.

Konsequenz einer Nichtübernahme der Richtlinie könnte der Ausschluss der Schweiz aus dem Schengen-Vertrag und damit verbunden auch aus dem Dubliner Abkommen sein, dank dessen die Schweiz heute viele Asylgesuche an andere europäische Staaten abgeben kann. Darin begründet liegt die sowohl von liberaler als auch von linker Seite geäusserte Befürchtung einer neuen europapolitischen Grundsatzabstimmung. Während liberale Kreise zur Verhinderung einer solchen auf Ausnahmebestimmungen in der Umsetzung der Richtlinie hofften, betonte SP-Nationalrätin Chantal Galladé (ZH), es sei wichtig aufzuzeigen, dass die Mitgliedschaft im Schengen-Raum für die Sicherheit der Schweiz eine zentrale Rolle spiele. Sollten sich die Waffenlobby und die SVP, welche schon lange Kritik am Schengen-Abkommen übte, in der Abstimmung durchsetzen können, drohe der Schweiz «erneut eine europapolitische Baustelle», so Galladé im Tages-Anzeiger. Dass das angedrohte Referendum durch die Aushandlung weiterer Sonderregelungen für die Schweiz verhindert werden könnte, wurde in der Bundesverwaltung jedoch angezweifelt. Die Schweiz habe bereits in der Entstehungsphase der Richtlinie dahingehend einzuwirken versucht und dabei wenigstens eine Ausnahme errungen, dass Schweizer Armeeangehörige die Ordonnanzwaffe nach dem Ende der Dienstzeit weiterhin behalten dürfen, obwohl das Sturmgewehr neu eigentlich in die Kategorie der verbotenen Waffen fällt. SSV-Geschäftsführer Beat Hunziker legte unterdessen keine grosse Kompromissbereitschaft an den Tag und erklärte, man nehme mit dem Referendum eine allfällige Kündigung von Schengen/Dublin in Kauf. SSV-Präsidentin Dora Andres glaubte gar nicht erst daran, dass dieser Fall eintreten könnte; der Streitwert sei in dieser Sache zu gering, um die Schweiz tatsächlich vom Schengen-Abkommen auszuschliessen. Es wurde jedoch auch Kritik an der «Fundamentalopposition» der Schützenlobby laut; gerade weil die EU der Schweiz einen Ausnahmeparagraphen für das Sturmgewehr zugestanden habe, sei diese «unbegreiflich», äusserte sich etwa die Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf gegenüber der Luzerner Zeitung. Es «wäre ein absoluter Verhältnisblödsinn» für die Interessen der Schützen die Errungenschaften aus Schengen/Dublin wie den polizeilichen Informationsaustausch, Erleichterungen im Reiseverkehr und die europäische Zusammenarbeit in Asylverfahren zu opfern. Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga zeigte sich in der Presse wenig erfreut über die heftige und ihrer Meinung nach verfrühte Reaktion der Schützen. Sie nehme die Sorgen wahr, aber der übliche Weg der Gesetzgebung stehe noch bevor, weshalb man kühlen Kopf bewahren solle.

In der Zwischenzeit beschäftigten sich verschiedenste parlamentarische Vorstösse mit der anstehenden Übernahme der EU-Richtlinie ins schweizerische Recht. So wollte beispielsweise Chantal Galladé zusammen mit den Nationalratskolleginnen Barbara Schmid-Federer (cvp, ZH) und Kathrin Bertschy (glp, BE) die Gunst der Stunde nutzen, um mit drei gleichlautenden parlamentarischen Initiativen (17.426, 17.427 und 17.428) ein umfassendes Waffenregister für die Schweiz zu fordern. Gemäss «Sonntags-Blick» hofften die Initiantinnen, damit Druck zu machen, dass ein solches in die Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung der EU-Richtlinie einfliessen sollte. Der Aargauer FDP-Ständerat und Hobbyschütze Philipp Müller machte sich indes Sorgen um die Schweizer Schiesstradition und stellte dem Bundesrat mittels Interpellation (Ip. 17.3255) die Frage nach der «Vereinbarkeit der Schweizer Schiesstradition mit der EU-Waffenrichtlinie», wie auch der Titel des Vorstosses lautete. Gegenüber dem Tages-Anzeiger erklärte Müller es zum Ziel, «Schengen/Dublin zu behalten und dabei das traditionelle Schiesswesen nicht zu gefährden.» CVP-Nationalrat Yannick Buttet (VS) stellte dem Bundesrat ebenfalls mittels einer Interpellation (Ip. 17.3280) die Frage nach den Auswirkungen der EU-Beschlüsse zum Waffenrecht auf die Schweiz und Werner Salzmann wollte dem Bundesrat per Motion gar «verbieten, die neuen Regeln zu übernehmen», wie es der «Blick» formulierte. Er hatte im letzten Jahr bereits eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» eingereicht, die im März 2017 im Nationalrat auf breite Zustimmung gestossen war.

Da die EU-Richtlinie nicht direkt anwendbar ist, besteht bei der Überführung ins nationale Recht ein gewisser Spielraum, den die Schweiz auch nutzen wolle, wie das Fedpol im Mai verlauten liess. So solle sich für ehemalige Armeeangehörige, die bereits im Besitz eines Sturmgewehrs sind, nichts ändern. Die neuen Regeln sollen erst für jene gelten, die zukünftig eine halbautomatische Waffe kaufen oder nach dem Ende der Dienstpflicht behalten wollen. Doch anstatt zu beschwichtigen, liess diese Ankündigung die Wogen erneut hochgehen. Die Basler Zeitung schrieb fortan von der «Entwaffnung auf Zeit» und witterte dahinter die «Wahrung des Besitzstandes für ehemalige Wehrmänner», um die Führungsriege der Schützen vom Referendum abzubringen. Die obligatorische Mitgliedschaft in einem Schützenverein hingegen solle letztere «milde stimmen» und sei darüber hinaus juristisch fragwürdig, da sie gegen die negative Vereinigungsfreiheit laut Art. 23 Abs. 3 BV verstosse, so die Behauptung. Während Werner Salzmann im «Blick» erneut betonte, das schärfere Waffenrecht verhindere keinen Terroranschlag und rette kein Menschenleben, aber schikaniere die Schützen und sei ein «Bürokratiemonster», stellte Werner Hohler, Interimspräsident von ProTell, gegenüber der Basler Zeitung unmissverständlich klar: «Wir akzeptieren keine noch so minimale Verschärfung des Waffenrechts, sondern wir wehren uns mit allen politischen und rechtlichen Mitteln dagegen.»

Mitte Juni 2017 fällte der Bundesrat sodann die formale Entscheidung, dass er die EU-Feuerwaffenrichtlinie akzeptieren und diese ins Schweizer Recht übernehmen will. Die angekündigte «pragmatische» Umsetzung solle nun weder ein zentrales Waffenregister noch eine Beschränkung der Gewehrmagazine auf zehn Schuss enthalten. Auch im letzten wesentlichen Streitpunkt, der Pflicht zur Vereinsmitgliedschaft und zum regelmässigen Üben an der Waffe als Voraussetzungen für den Erwerb einer halbautomatischen Waffe, worunter auch die Armeewaffe fällt, signalisierte der Bundesrat Gesprächsbereitschaft. ProTell sah genau darin jedoch die Einführung eines Bedürfnisnachweises, wie er 2011 vom Volk abgelehnt worden war, und hielt zusammen mit weiteren Schützenkreisen und der SVP trotz aller Zugeständnisse an der Referendumsdrohung fest. Unter den bürgerlichen Politikern, die sich anfänglich noch in breiter Front gegen eine Übernahme der Richtlinie gewehrt hatten, bröckelte der Widerstand jedoch. Wegen so kleiner Einschränkungen wie der Mitgliedschaft in einem Schützenverein solle Schengen/Dublin nicht aufs Spiel gesetzt werden, war vermehrt zu vernehmen. Die Vernehmlassung zur Umsetzung der Richtlinie wird noch im Herbst 2017 erwartet.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Die APK-SR hatte vor der Sommersession 2016 Stellung zur Motion Reimann (svp, SG) mit dem Titel «EU-Beitrittsgesuch, Klarheit schaffen» genommen und nach Stichentscheid des Präsidenten die Ablehnung ebenjener beantragt. Die Mehrheit der Kommission hatte die Motion für überflüssig befunden, während eine Minderheit Keller-Sutter (fdp, SG) gehofft hatte, durch die Annahme endlich Klarheit in der Sache schaffen zu können.
In der Beratung des Geschäfts während der Sommersession 2016 äusserte sich Ständerätin Seydoux-Christe (cvp, JU) als Sprecherin der Kommissionsmehrheit und bezeichnete den Inhalt der Motion als «unnötig», «bizarr» und «lächerlich». Die Vertreterin der Kommissionsminderheit – Karin Keller-Sutter – wies darauf hin, dass der Rückzug des Gesuchs aus Brüssel zwar keinen Vorteil, aber auch keinen Nachteil mit sich bringe und man dennoch nachdrücklich einen Schlussstrich ziehen würde. Der Ständerat tat es schliesslich dem Nationalrat gleich und nahm die Motion mit 27 zu 13 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an.

Der Bundesrat beantragte im darauffolgenden Jahr die Abschreibung der Motion. Durch ein offizielles Schreiben setzte Bundespräsident Johann Schneider-Ammann den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker davon in Kenntnis, dass das Gesuch gegenstandslos sei und als zurückgezogen angesehen werden müsse. Die EU nahm davon Kenntnis, womit die Motion erfüllt worden war. National- und Ständerat schrieben das Geschäft in der Sommersession 2017 ab.

EU Beitrittsgesuch, Klarheit schaffen

Im Nachgang einer Recherche der SDA fiel das Schlaglicht der öffentlichen Debatte im Februar 2016 plötzlich auf die schon seit Monaten geplante Verschärfung des EU-Waffenrechts. Als Reaktion auf die Terroranschläge von Paris im vergangenen Jahr solle mit der Einschränkung des Waffenbesitzes und -handels nun verhindert werden, «dass Waffen in die Hände von Terroristen fallen», wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von der NZZ zitiert wurde. Sofern die Richtlinie tatsächlich zustande kommt, muss die Schweiz als Schengen-Vertragsstaat diese übernehmen, um ihre Mitgliedschaft im Schengener und damit verbunden auch im Dubliner Abkommen nicht zu gefährden. Dies erläuterte der Bundesrat in seiner Antwort auf eine entsprechende Interpellation Ruiz (sp, VD; Ip. 15.4199). Die Schweiz sei jedoch in der zuständigen Expertengruppe des Ministerrates vertreten, wenn auch ohne formales Stimmrecht und nur mit beratender Funktion, was eine gewisse Einflussnahme ermögliche. Von der Kommission vorgesehen sind unter anderem strengere Registrierungspflichten, ein Verbot des Onlinehandels von Waffen und Munition, strengere Regeln für unbrauchbar gemachte Waffen, ein Bedürfnisnachweis – sei es als Jäger, Sportschütze oder Sammler – und eine medizinische Untersuchung als Vorbedingungen für den Waffenerwerbsschein sowie ein Verbot von zivilen halbautomatischen Feuerwaffen, die wie vollautomatische Kriegswaffen aussehen. Diese werden von der EU nicht nur wegen des relativ leicht möglichen Umbaus zu vollautomatischen Waffen, sondern auch aufgrund ihrer hohen Munitionskapazität als sehr gefährlich angesehen. Waffen ebendieser Kategorie kommen im ausserdienstlichen Schiesswesen in der Schweiz jedoch zu breitem Einsatz. Die verschärften Regeln liessen es in der Folge auch nicht mehr zu, dass Armeeangehörige Ordonnanzwaffen nach dem Ende der Dienstpflicht mit nach Hause nehmen.
So liess denn auch die Kritik aus dem Umfeld der Waffenlobby nicht lange auf sich warten. Dora Andres, Präsidentin des Schweizerischen Schiesssportverbandes (SSV), erklärte in den Medien, der SSV lehne die Vorschläge der Europäischen Kommission vollumfänglich ab. Die Schweiz brauche kein schärferes Waffenrecht und nötigenfalls werde man dagegen politisch aktiv werden. Mit rund 133'000 Mitgliedern wäre der SSV problemlos referendumsfähig. Schützenhilfe erhielt Andres auch von bürgerlichen Politikerinnen und Politikern, darunter CVP-Präsident Christophe Darbellay (VS), welcher die vorgesehenen Regeln gegenüber dem Sonntags-Blick als «nicht kompatibel» mit dem schweizerischen Schützenwesen und der Milizarmee bezeichnete. FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger (AG) erachtete gegenüber der Aargauer Zeitung eine Verschärfung des Waffenrechts als schlicht nicht in der Lage, mehr Sicherheit zu garantieren; es sei ein «Irrglaube», dass mit strengeren Regeln der kriminelle Waffenmissbrauch verhindert werden könne. Die Milizarmee und die Armeewaffen zu Hause seien sogar Teil der «schweizerischen DNA», liess sie im Sonntags-Blick verlauten.

Im März 2016 gab Bundesrätin Simonetta Sommaruga nach einem Treffen der EU-Innenminister erste Entwarnung: «Die EU wird der Schweiz das Sturmgewehr nicht verbieten», wurde sie in der Presse zitiert. Neben der Schweiz hätten sich auch andere EU-Länder, darunter v.a. baltische und nordische Staaten mit Schützen- und Jägertradition, gegen zu zentralistische Verschärfungen gewehrt. In der Folge verabschiedete der Rat der Innenminister Mitte Juni einen entschärften Entwurf mit einer eigens auf die Schweiz zugeschnittenen Ausnahmebestimmung. Diese «Schutzklausel für das Schweizer Sturmgewehr» (Tages-Anzeiger) ermöglicht es Schweizer Armeeangehörigen weiterhin, die Waffe nach Ende der Dienstpflicht zu behalten. Bedingungen dafür sind allerdings die Mitgliedschaft in einem Schützenverein, der Nachweis von jährlichen Schiessübungen sowie die regelmässige medizinische und psychologische Beurteilung des Waffenbesitzers.
Ebendiese Bedingungen waren es denn auch, welche die Freude über den Schweizer Verhandlungserfolg zumindest auf Seiten der Waffenlobby erheblich trübten. So schrieb die Basler Zeitung weiterhin von der «Entwaffnung Hunderttausender Schweizer Bürgerinnen und Bürger»; alle seien auf die Entwarnung Sommarugas hereingefallen, denn durch die von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Bedingungen würden «unbescholtene Schweizerinnen und Schweizer, die eine Waffe besitzen», kriminalisiert und «der Grundsatz, wonach der Staat seinen Bürgern so lange vertraut, bis ihnen eine Straftat bewiesen werden kann, [...] ausgehebelt». Stattdessen müssten ehemalige Soldaten nun beweisen, «dass sie keine Gewalttäter sein wollen». Nicht zuletzt sah sie darin über Umwege die Umsetzung der 2011 abgelehnten Initiative gegen Waffengewalt. Auch bürgerliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier übten abermals Kritik an der Richtlinie und nun insbesondere an den Bedingungen im «Schweizer Paragraphen». Von einer «schlimme[n] Einmischung in die Schweizer Gesetzgebung» (Walter Müller, fdp, SG) und der Gefährdung der Souveränität der Schweiz (Adrian Amstutz, svp, BE) war die Rede. Die Urteile über die Richtlinie im Allgemeinen wie auch über die medizinisch-psychologischen Tests im Besonderen reichten von «inakzeptabel und lächerlich» (Yannick Buttet, cvp, VS) bis zu «absurd» (Dora Andres, SSV). Der neue CVP-Präsident Gerhard Pfister (ZG) forderte von Bundesrätin Sommaruga gar eine Erklärung und allfällige Nachverhandlungen in Brüssel. Der SVP-Nationalrat und Präsident des Berner Schützenverbandes Werner Salzmann reichte indes Ende September eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» ein. Dem Vorstoss zufolge sollte die Schweiz gemeinsam mit jenen EU-Staaten, die dem neuen Waffenrecht ebenfalls kritisch gegenüberstehen, die «unannehmbaren Änderungen» bekämpfen.

Im Dezember 2016 einigten sich Vertreter der EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments auf eine Fassung der Waffenrichtlinie, über die als nächstes das Europäische Parlament befinden wird. Unterdessen war es der europäischen Waffenlobby gelungen, die Vorlage weiter abzuschwächen. So sieht der Antrag zuhanden des Europäischen Parlaments kein Verbot halbautomatischer Waffen mehr vor, sondern lediglich Einschränkungen betreffend den Verkauf und die maximale Patronenzahl. Den Mitgliedstaaten ist es nun ausserdem freigestellt, ob für den Waffenerwerb medizinisch-psychologische Tests erforderlich sind oder nicht. Bei der Überführung in nationales Recht bietet die Richtlinie daher einen gewissen Spielraum. Was jedoch geblieben ist, sind die Mitgliedschaft in einem Schützenverein und die regelmässige Teilnahme an Schiessanlässen als Voraussetzungen, damit Schweizer Armeeangehörige das Sturmgewehr behalten dürfen. Diese Punkte waren im ausgehenden 2016 denn auch die meistkritisierten, denn mit Vereinspflicht und Schiesszwang wolle die EU die Freiheit und Selbstbestimmung der Schweizer beschränken, zeigte sich Werner Salzmann gegenüber der Luzerner Zeitung besorgt. Mit mehr Dramatik bezeichnete Jean-Luc Addor (VS), SVP-Nationalrat und Vizepräsident von ProTell, die Schusswaffe als «das Symbol des freien Mannes» und die Reform daher als unverhältnismässig. ProTell kündigte bereits das Referendum an; man toleriere keine Verschärfung des Schweizer Waffenrechts. Auch ein Ausschluss aus Schengen/Dublin würde gemäss diversen Zeitungsberichten von der Waffenlobby damit bewusst in Kauf genommen.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Nachdem die Mitglieder des Bundesrates vereidigt worden waren – mit Ausnahme von Simonetta Sommaruga (sp), die das Gelübde ablegte –, wurden die Wahlen des Bundespräsidenten und der Vizepräsidentin für 2016 durchgeführt. Die turnusgemässen Wahlen von Johann Schneider-Ammann (fdp) zum Präsidenten und von Doris Leuthard (cvp) zur Vizepräsidentin waren unbestritten. Schneider-Ammann erhielt 196 Stimmen. Von den 241 eingelangten Stimmzetteln waren 27 leer, sechs waren ungültig und zwölf enthielten andere Namen. In der Presse wurde dieses Resultat als breite Akzeptanz in der Bundesversammlung interpretiert. Auf Doris Leuthard entfielen 180 Stimmen. Lediglich 218 Wahlzettel wurden an die noch anwesenden Parlamentsmitglieder verteilt. Davon blieben acht leer, sieben waren ungültig und auf 23 stand ein anderer Name als jener der CVP-Magistratin.
In seiner Ansprache machte Johann Schneider-Ammann die Verunsicherung im vergangenen Jahr zum Thema, die durch die Aufwertung des Frankens, Terroranschläge und Flüchtlingsströme genährt worden sei und aufgezeigt hätte, wie verletzlich die freien Gesellschaften seien. Auch wenn die Wurzeln dieser Krisen nicht in der Schweiz selber lägen, müsse man in der Schweiz die Reihen schliessen und sich dagegen wehren. Die Schweiz dürfe dabei aber ihre humanitäre Tradition nicht vergessen. Wer Hilfe brauche, werde geschützt, müsse aber die vorherrschenden Regeln akzeptieren. Die anstehenden Herausforderungen – Schneider-Ammann nannte die Verteidigung von Offenheit und Souveränität, von Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit, aber auch die Beziehung zu Europa – müssten gemeinsam mit Reformwillen angegangen werden. Dabei könne man auf eigene Stärken, wie der Innovationskraft, der dualen Bildung oder der intakten Sozialpartnerschaft bauen. Sein Motto als Bundesrat laute "Gemeinsam für Jobs und unser Land".
Der Berner FDP-Bundesrat, der es auch nicht versäumte, der abtretenden Eveline Widmer-Schlumpf, die er als "grosse Persönlichkeit" bezeichnete, zu danken, löste als Regierungschef Simonetta Sommaruga ab, die das Amt im Jahr 2015 inne gehabt hatte. Anders als Didier Burkhalter – ihr Vorgänger in diesem Amt –, der Anfang 2015 zum Schweizer des Jahres gekürt worden war und im März gar für den Friedens-Nobelpreis vorgeschlagen wurde und als neuer UNO-Generalsekretär im Gespräch war, hatte die SP-Magistratin im Wahljahr 2015 einen sehr schweren Stand gehabt, da sie in ihrer Funktion als Justizministerin insbesondere von der Rechten immer wieder angegriffen wurde. Als Verantwortliche für das Migrationsdossier hatte sie nicht nur auf die in den Medien als "Flüchtlingskrise" bezeichnete Migrationswelle reagieren müssen, sondern sie hatte auch das Dossier zur Masseneinwanderungsinitiative und hierzu die Verhandlungen mit der EU zu betreuen. Die Bundespräsidentin war entsprechend ein äusserst beliebtes Sujet in der Weltwoche. Mit Ausnahme der SVP attestierten ihr die Parteien aber, gute Arbeit geleistet zu haben. Als Meilenstein, aus der Sicht der abtretenden Bundespräsidentin, galten ihre Gespräche mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, welche die Situation mit der EU deblockiert hätten.

2016 - Johann Schneider-Ammann
Dossier: Wahlen des Bundespräsidiums

Die personelle Zusammensetzung des Regierungsgremiums war schon lange Zeit nicht mehr so konstant gewesen wie beim Bundesrat der Ausgabe 2011 bis 2015. Tatsächlich hatte die letzte Mutation Ende 2011 stattgefunden, als Micheline Calmy-Rey (sp) ihren Sitz für Alain Berset (sp) geräumt hatte. Ähnlich lange Phasen unveränderter Zusammensetzung gab es in der Geschichte der Landesregierung nur sehr selten. Im Schnitt kam es in den letzten rund 50 Jahren alle eineinhalb Jahre zu personellen Veränderungen. Einiges sprach dafür, dass die Regierung auch nach den Gesamterneuerungswahlen von 2015 nicht verändert werden würde. Zwar wurde vor allem seitens der SVP immer wieder der Rücktritt von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) gefordert, weder die BDP-Bundesrätin noch ein anderes Regierungsmitglied äusserte aber vor den Parlamentswahlen Rücktrittsgedanken.
Erst zehn Tage nach den eidgenössischen Wahlen, die ein Erstarken von SVP und FDP und deutliche Verluste für BDP, CVP und GLP brachten, reichte die Bündner Magistratin ihre Demission ein. Das Wahlresultat sei zwar ein Faktor für ihren Rücktritt, aber nicht der entscheidende. Sie sei auch nicht amtsmüde, wolle aber zugunsten ihrer Familie kürzer treten, die wesentlich mehr unter den dauernden Attacken auf ihre Person gelitten hätte als sie selber. Sie sei ob des Entscheides nicht erleichtert, aber trotzdem davon überzeugt, mit ihrem Entschluss, welcher bei den Gesamterneuerungswahlen gereift war, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Auch für die Entwicklung der BDP, die in den Medien stets sehr stark mit ihrem Namen in Verbindung gebracht werde, sei es besser, wenn sie zurücktrete.
In den acht Jahren ihrer Amtszeit, die mit der Nicht-Bestätigung von Christoph Blocher begonnen hatte, stand Eveline Widmer-Schlumpf zuerst drei Jahre dem EJPD und dann dem EFD vor. Die Regierungszeit der BDP-Bundesrätin war geprägt durch stetige und harte Attacken seitens der SVP, der sie ursprünglich als Regierungsrätin von Graubünden vor der Abspaltung der BDP selber angehört hatte. In der Bevölkerung war die Magistratin allerdings beliebt, wurde sie doch im Januar 2009 zur Schweizerin des Jahres 2008 gekürt. Damit sei ihre Standhaftigkeit gegenüber der Hetzkampagne der SVP belohnt worden. Die Volkspartei hatte sie aufgefordert, sofort zurückzutreten oder die SVP Graubünden werde aus der Partei ausgeschlossen. Auch die deutliche Bestätigung bei den Bundesratswahlen nach den Parlamentswahlen 2011 zeigte den Rückhalt, den die Bündnerin auch in grossen Teilen des Parlaments hatte. In den Medien wurde Widmer-Schlumpf als sehr dossiersicher, tüchtig und fachkompetent beschrieben. Der Umstand, dass sie nie über eine Hausmacht im Parlament verfügt habe und sich trotzdem acht Jahre habe halten können, zeige ihre Standhaftigkeit. Die Rückzugsgefechte beim Bankgeheimnis und die Steuerkonflikte mit den USA bleiben mit ihrem Namen behaftet. Die NZZ urteilte, dass Widmer-Schlumpf als Finanzministerin mehr verändert habe, als viele ihrer Vorgänger zusammen. Laut der BZ werde sie als Frau in die Geschichte eingehen, die das Bankgeheimnis beerdigte. Zudem weise ihre Bilanz auch Makel auf. Vor allem die Reorganisation des Bundesamtes für Migration während den ersten Jahren im Justizdepartement sei auf viel Misskredit gestossen. Im TA wurde die Bundesrätin gelobt, weil sie ohne Ideologie getan habe, was nötig gewesen sei. Der Abgang erfolge zudem mit Würde; sie leiste damit der Schweiz einen Dienst und vermeide schmutzige Spielchen bei den anstehenden Bestätigungswahlen. Auch Le Temps lobte Eveline Widmer-Schlumpf als Frau mit Nerven aus Stahl, die mit ihrer Dossiersicherheit unaufgeregt getan habe, was getan werden musste. Weil ihre Basis immer mehr schwächelte – hingewiesen wurde etwa auch auf die geplatzte Zusammenarbeit zwischen CVP und BDP – und die Bündnerin auf wechselnde Koalitionen angewiesen gewesen sei, sei der Rücktritt aber letztlich gar nicht zu verhindern gewesen.
Bei der Verabschiedung der Magistratin im Rahmen der Bundesratswahlen Anfang Dezember würdigte Nationalratspräsidentin Christa Markwalder (fdp, BE) den feinen Humor von Eveline Widmer-Schlumpf und sprach ihr eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise zu. Dass die Finanzen im Lot geblieben seien, sei auch ihr Verdienst. Der langanhaltende Applaus und die stehende Ovation wurde auch von den SVP-Ratsmitgliedern gespendet. Für Unmut sorgte allerdings Neo-Nationalrat Roger Köppel (svp, ZH), der während der Würdigung an seinem Notebook arbeitete. In ihrer Abschiedsrede hob die scheidende Magistratin den Mahnfinger und wies darauf hin, dass der Weg der Schweiz darin bestehe, Minderheiten zu respektieren und Kompromisse zu suchen.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Im Kanton Zürich wurden Mitte April die Gesamterneuerungswahlen 2015 bereits zum dritten Mal nach dem Doppelproporzverfahren (doppelter Pukelsheim) durchgeführt. Dieses Wahlverfahren, bei dem zuerst berechnet wird, wie viele Sitze einer Partei im gesamten Kanton zustehen (Oberzuteilung), und anschliessend die Sitzgewinne den Wahlkreisen zugeordnet werden (Unterzuteilung), wirkt sich auf das Verhalten der Parteien aus. Listenverbindungen werden hier obsolet und im Prinzip haben auch kleinere Parteien bessere Chancen, einen Sitz zu erobern. Damit es nicht zu einer zu starken Fraktionalisierung kommt, wird der doppelte Pukelsheim im Kanton Zürich mit einer Wahlhürde von 5 Prozent kombiniert: In mindestens einem Wahlkreis muss eine Partei also wenigstens 5 Prozent der dortigen Wählerschaft von sich überzeugen können, um an der Sitzverteilung teilnehmen zu können.
Das neue Verfahren hatte bereits bei seiner ersten Anwendung 2007 eine massive Reduktion der antretenden Listen von 47 (im Jahr 2003) auf elf (im Jahr 2007) zur Folge gehabt. Im aktuellen Wahljahr 2015 nahm diese Zahl wieder ein wenig zu: Insgesamt standen 13 Listen zur Wahl, auf denen 1734 Kandidierende aufgeführt waren (2003: 1968 Kandidierende; 2007: 1641 Kandidierende; 2011: 1720 Kandidierende). Mit vollen Listen in allen 18 Wahlkreisen und ergo 180 Kandidierenden traten die FDP, die SP, die SVP sowie die GLP an; bei der EVP und den Grünen fehlte jeweils ein Kandidat für eine volle Liste. Auch die CVP (173 Kandidierende), die Alternative Liste (170 Kandidierende) und die EDU (158 Kandidierende) traten in allen Wahlkreisen an, während die BDP (85 Kandidierende) und die Piraten (59 Kandidierende) nicht in jedem Wahlkreis Personal rekrutieren konnten. Lediglich in einem Wahlkreis traten die Juso (7 Kandidierende im Bezirk Uster) und die «Integrale Politik» (IP ZH) (4 Kandidierende im Bezirk Affoltern) an. Weil keine Listenverbindungen möglich sind, war das Engagement der Juso von der Mutterpartei nicht gerne gesehen, da die Jungpartei die SP so Stimmen kosten könnte. Die IP ZH, ein Ableger der 2007 gegründeten IP Schweiz trat zum ersten Mal an, konnte aber kaum mit einem Überspringen der 5-Prozent-Hürde rechnen. Im Gegensatz zu 2011 traten die SD – wie bereits in Basel-Landschaft – nicht mehr zu den Wahlen an; man wolle sich nach dem Debakel bei den lokalen Wahlen 2014 neu orientieren, gab Kantonalpräsident Andreas Stahel zu Protokoll.
Insgesamt traten 159 der 180 Bisherigen wieder an, wesentlich mehr als in bisherigen Jahren. Dies war freilich auch auf den Umstand zurückzuführen, dass mehr als ein Viertel der 2011 gewählten Abgeordneten während der Legislatur zurückgetreten waren. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden lag bei 36 Prozent (2011: 34%), wobei bei Links-Grün überdurchschnittlich und bei Rechts-Bürgerlich unterdurchschnittlich viele Frauen kandidierten. Das Durchschnittsalter der Kandidierenden betrug 46 Jahre.
Die stärkste Partei im Zürcher Kantonsrat, die SVP (54 Sitze), hatte 2011 zum zweiten Mal in Folge bei den Kantonsratswahlen eine Niederlage einstecken müssen. Auch bei den nachfolgenden nationalen Wahlen hatte man ein Nationalratsmandat verloren und war ebenso bei der Ausmarchung um den Ständerat unterlegen. Zudem hatte die Volkspartei bei kantonalen Abstimmungen häufig Niederlagen über sich ergehen lassen müssen. Vor den anstehenden Wahlen 2015 zeigte man sich deshalb auffallend bemüht, die bürgerlichen Partner bei den Regierungsratswahlen nicht zu brüskieren, was allerdings nicht gänzlich gelang: Weil einzelne FDP-Exponenten auch die Regierungsratskandidatinnen und -kandidaten von SP und GP unterstützten, verglich der SVP-Kantonspräsident Alfred Heer die FDP mit einem Pudding, der einmal nach links, einmal nach rechts neige.
Erklärtes Ziel der SP, die mit ihren Anliegen im Rat jeweils nur dann durchkam, wenn sie Kompromisse hin zur Mitte eingehen konnte, war eine Steigerung des Wähleranteils um zwei Prozentpunkte und eine damit verbundene Verstärkung der momentan 35-köpfigen Fraktion. Die FDP (23 Sitze) befand sich im Aufwind; sie hatte nicht nur bei den Kommunalwahlen 2014 zulegen können, sondern mit Filippo Leutenegger auch den zweiten Sitz in der Zürcher Stadtregierung zurückerobert. Zum Mindestziel wurde deshalb der Gewinn von drei Sitzen erklärt, womit man allerdings nur die Hälfte der Verluste von 2011 wettgemacht hätte.
Die Grünen hatten 2011 mit der Wahl von Martin Graf in die Regierung einen Erfolg gefeiert. Damals hatte man die Sitzzahl im Parlament (19 Sitze) mit einem leichten Wählerzuwachs halten können. Dank dem Erfolg mit der kantonalen Kulturlandinitiative erhoffte sich die GP auch bei den kantonalen Wahlen 2015 Aufwind. Die Grünen wollten mindestens zwei weitere Mandate erringen und die viertstärkste Partei im Kanton bleiben. Die GLP (19 Sitze) hatte kurz vor den Zürcher Wahlen mit dem überdeutlichen Nein zu ihrer nationalen Initiative «Energie statt Mehrwert besteuern» eine herbe Niederlage einstecken müssen. Es blieb abzuwarten, ob dies auf die kantonale Wählerschaft abfärben würde. Die CVP (9 Sitze) hatte Ende März von sich reden gemacht, als die Kandidatur des im Wahlkreis 3 (Stadtkreise 4 und 5) antretenden Friedrich Studer für ungültig erklärt werden musste, weil der Präsident der CVP der beiden Stadtkreise gar nicht mehr im Kanton Zürich wohnhaft war und so eine Bedingung für seine Wählbarkeit verletzte. Zwar habe die CVP in diesem Wahlkreis ohnehin keine Chance und die Listenstimmen würden trotzdem mitgezählt, die Sache sei aber unschön, so der CVP-Stadtpräsident Markus Hungerbühler. Studer war aus persönlichen Gründen in den Kanton Solothurn umgezogen.
Für die kleineren Parteien war das Überspringen der 5-Prozent-Hürde vordringlichstes Ziel. Die EDU (5 Sitze) hatte dies 2007 und 2011 jeweils nur in einem Wahlkreis geschafft. In Hinwil schien die Partei allerdings über eine relativ treue Wählerschaft zu verfügen. Auch die EVP (7 Sitze) hatte damals über Gebühr zittern müssen. Da sich die EDU und die EVP in den gleichen Wahlkreisen die christlichen Stimmen abspenstig machten, drohte für beide Ungemach. Wenig Sorgen über die Wahlhürde musste sich die Alternative Liste (AL) machen, da sie im Wahlkreis 3 – also in den Stadtkreisen 4 und 5 – jeweils sehr stark abschneidet. In der Regel lag die AL hier jeweils gar noch vor der SVP und der FDP. Entsprechend strebte die Linkspartei Fraktionsstärke an. Zu den drei bisherigen Sitzen, unter anderem gehalten von Markus Bischoff, der auch für die Regierungsratswahlen antrat, sollten also noch mindestens zwei weitere hinzu kommen. Zittern musste hingegen die BDP, die ihre Kandidierenden auf einige Wahlkreise konzentrierte. Vor vier Jahren noch hatte sie ihre sechs Sitze dank mehr als 5 Prozent Wähleranteil in drei Wahlkreisen geschafft. Kaum Chancen konnten sich die Piraten und die IP ausrechnen. Das Scheitern an der 5 Prozent-Hürde könnte mitunter zu dramatischeren Sitzverschiebungen führen als leichte Wählerverschiebungen zwischen den arrivierten Parteien.
In den Medien wurde der Wahlkampf insgesamt als lau bezeichnet, zumal kaum medial verwertbare Skandale oder personalisierte Ereignisse, sondern insbesondere sachliche, aber vermutlich nur wenig mobilisierende Podiumsdiskussionen im Zentrum standen. Zu reden gab immerhin – auch das scheint ein Dauerbrenner kantonaler Wahlkampagnen zu sein – die Plakatierung, die von den verschiedenen Gemeinden mit unterschiedlichen juristischen Grundlagen sehr uneinheitlich bewilligt oder eben nicht bewilligt wurde. Für Gesprächsstoff sorgte auch ein Plakat der SVP, das Bundesrätin Simonetta Sommaruga zeigte, die von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker einen Begrüssungskuss erhielt. Das Plakat war mit dem Slogan «Wähle lieber SVP» versehen. Zu reden gab der Umstand, dass die SVP den Schnappschuss ohne Erlaubnis der Abgebildeten als Wahlwerbung verwendete, was rechtlich nicht zulässig ist. Weil die Magistratin das Plakat aber weder kommentieren noch juristisch dagegen vorgehen wollte, liess man die SVP gewähren.

Als grosse Siegerin der Zürcher Kantonsratswahlen 2015 ging die FDP hervor. Der Freisinn konnte um ganze acht Mandate und 4.4 Prozentpunkte an Wählerstärke zulegen (neu: 31 Sitze; 17.3% Wähleranteil). Dieses «triumphale Comeback» nach «jahrzehntelangem Niedergang» – so der Tages-Anzeiger – verhalf dem Bürgerblock zur absoluten Mehrheit, weil sowohl die SVP (54 Sitze) als auch die CVP (9 Sitze) ihren Besitzstand wahren konnten: Beide legten leicht an Wähleranteil zu (SVP +0.4 Prozentpunkte; CVP +0.1 Prozentpunkte). Für rechtsbürgerliche Anliegen ist allenfalls nicht einmal die CVP nötig, da auch die EDU ihre 5 Sitze zu verteidigen wusste (Wähleranteil: 2.7%; +0.1 Prozentpunkte). Zu den Gewinnerinnen durfte sich aber auch die Linke zählen. Die SP holte mit einem Wähleranteil von 19.7 Prozent (+0.4 Prozentpunkte) einen zusätzlichen Sitz (neu: 36 Sitze) und die AL konnte gar zwei zusätzliche Mandate für sich verbuchen und kommt nun auf 5 Sitze. Sie weiss neu 3 Prozent der Zürcher Wahlberechtigten hinter sich (+1.4 Prozentpunkte); in den Stadtkreisen 4 und 5 sind es gar 17.7 Prozent. Die Gewinne der FDP und der Linken gingen unter anderem auf Kosten der Mitte. Zwar konnte die EVP ihren Wähleranteil um 0.5 Prozentpunkte auf 4.3 Prozent steigern und damit einen Sitz gewinnen, die GLP und die BDP mussten aber Federn lassen. Die BDP verlor einen Sitz (neu: 5 Sitze) und verfügte nur noch über 2.6 Prozent Wähleranteil (-0.9 Prozentpunkte). Schlimmer erging es der GLP, die 5 Sitzverluste verschmerzen musste (neu: 14 Sitze). Mit 7.6 Prozent Wähleranteil (-2.6 Prozentpunkte) überholten die Grünliberalen aber gar noch die Grünen, für die die kantonalen Wahlen zum eigentlichen Debakel verkamen. Sie verloren nicht nur ihren Sitz bei den Regierungsratswahlen, sondern mussten auch im Parlament 6 Sitze räumen (neu: 13 Sitze). Der Verlust von 3.4 Prozentpunkten, der noch einen Wähleranteil von 7.2 Prozent bedeutete, liess das Lager mit den grünen Anliegen (GP und GLP) um einen Viertel schrumpfen. Für die Piraten, die Juso und die IP waren die Hürden zu hoch. Insgesamt 15 wiederkandidierende Kantonsratsmitglieder wurden abgewählt.
Wie schon bei den Wahlen im Kanton Basel-Landschaft und im Kanton Luzern verfügte der Bürgerblock aus SVP, FDP und CVP damit auch im Kanton Zürich wieder über eine komfortable Mehrheit im Parlament. Dies sei der erfolgreichen bürgerlichen Wahlallianz «Top 5» zu verdanken, kommentierten bürgerliche Kreise. Der Fraktionschef der SP, Markus Späth, gab allerdings in einem Interview zu Protokoll, dass die FDP und nicht die Bürgerlichen gewonnen hätten. Er hoffe, die FDP werde jetzt wieder ein wenig selbständiger und unabhängiger von der SVP und dass sich dies dann in bildungs-, sozial- und gesellschaftspolitischen Fragen bemerkbar mache. Die Wählerinnen und Wähler seien der grünen Anliegen überdrüssig und hätten «gemerkt, dass das nur kostet und nichts bringt», erklärte hingegen SVP-Kantonsrat Hans-Peter Amrein am Tag danach. Eine andere Interpretation lieferte indes CVP-Fraktionschef Philipp Kutter: Umweltanliegen seien kein Alleinstellungsmerkmal der grünen Parteien, die Energiewende beispielsweise sei breit abgestützt.
Die Niederlage der grünen Kräfte wurde in den Medien auch als Korrektur interpretiert, nachdem diese vor vier Jahren stark vom Reaktorunfall in Fukushima profitiert hätten. Eine Analyse der Wählerverschiebungen infolge einer Nachwahlbefragung zeigte in der Tat, dass zahlreiche Wählerinnen und Wähler der GLP und der GP aus dem Wahljahr 2011 im aktuellen Wahljahr der Urne ferngeblieben waren. Zudem hatte die GP viele Anhängerinnen an die SP und die AL verloren, während zahlreiche Wählerinnen und Wähler der GLP zur FDP abgewandert zu sein schienen. Der Frauenanteil im Zürcher Parlament nahm von 33.3 auf 33.9 Prozent nur leicht zu. Zu reden gab nach den Wahlen vor allem die historisch tiefe Wahlbeteiligung von 32.7 Prozent (2011: 38.2%). Erklärt wurde diese mit einer Entfremdung von der kantonalen Politik. Die lokale Verwurzelung nehme durch Arbeitsmobilität und Anonymisierung ab, was mit einem sinkenden Interesse an kantonaler Politik und eben auch einer abnehmenden Partizipationsbereitschaft einhergehe.

Kantonsratswahlen Zürich 2015
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2015

Die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative und auch die Diskussionen um deren schwierige Umsetzung gestalten die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sicher nicht einfacher, was nicht zuletzt der Bundesrat nun ausbaden muss. Harsche Kritik musste sich etwa Simonetta Sommaruga von der SVP anhören, weil sie eine Präsentation zu Umsetzungsvorschlägen verschoben hatte, um ihren Besuch bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nicht unnötig zu belasten – so zumindest die Vermutung in den Medien. Prompt warf SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz der Justizministerin eine „unsägliche Verzögerungstaktik“ vor. Öl ins Feuer goss dann wenige Tage später Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, die in einem Online-Interview eine rasche Abstimmung zur Klärung des Verhältnisses zwischen der Schweiz und der EU verlangte, weil die Masseneinwanderungsinitiative mit den bilateralen Verträgen nicht vereinbar sei. In den Medien wurde gemutmasst, dass dies die Mehrheitsmeinung des Bundesrats sei. Einige bürgerliche Parlamentarier forderten in der Folge lautstark, dass die Regierung in der Aussenpolitik mehr Geschlossenheit und mehr Verhandlungsgeschick an den Tag legen müsse. Der Blick bezeichnet die Regierung als „sieben Leichtmatrosen“ ohne Kapitän. Das Gremium komme zwar sehr gut miteinander aus, jede und jeder einzelne arbeite sehr dossiersicher, aber es fehle an einer „zupackenden Steuerfrau oder einem seefesten Kapitän“. In der Weltwoche wurde beanstandet, dass das Kollegialsystem heute nicht mehr funktioniere; man müsse ungeeignete Regierungsmitglieder auch entlassen können. Diese „Diskreditierung“ des Bundesrates (AZ) wurde freilich auch kritisiert: Dass es der Bundesrat niemandem recht machen könne, gehöre zum System.

Kritik an der Geschlossenheit des Bundesrates in der Aussenpolitik

Für die Gesamterneuerungswahlen für den Zürcher Gemeinderat balgten sich im Schnitt fast neun Kandidierende pro Sitz: Total 1'119 Personen bewarben sich um eines der 125 Mandate im Stadtzürcher Parlament. Auch weil während der letzten Legislatur nicht weniger als 50 Rücktritte stattgefunden hatten, traten auf die Wahlen hin lediglich 13 Bisherige nicht mehr an. Zwar dominierten im Wahlkampf die Exekutivwahlen (vgl. nachfolgend), die Resultate der Legislativwahlen waren aber wichtig: Weil vor den Wahlen weder die Linke mit 39 SP-, 14 GP- und fünf AL-Sitzen noch die Bürgerlichen, mit 24 SVP-, 18 FDP-, sieben CVP- und zwei SD-Sitzen eine Mehrheit hatten, konnte man auch gespannt sein auf das Abschneiden der „neuen Mitte“. Die GLP schien mit 12 Mandaten ihr Potenzial noch nicht ausgeschöpft zu haben. Die EVP, die bisher über vier Gemeinderatssitze verfügte, hatte die 5-Prozent-Hürde vor vier Jahren nur sehr knapp übersprungen und musste um den Verbleib im Stadtzürcher Parlament zittern. Neben den im Gemeinderat bereits vertretenen Parteien gingen auch erstmals die BDP, sowie die Piratenpartei und die Aktion für humanen Städtebau (AHS) auf Stimmenfang. Die EDU komplettierte das Parteienkarussell. Allerdings wurden diesen Parteien kaum Chancen auf das Überspringen der Wahlhürde eingerechnet.
Am gleichzeitig mit der eidgenössischen Abstimmung zur Masseneinwanderungsinitiative durchgeführten Wahltag, an dem 43% der Berechtigten an die Urne gingen (2010: 39,1%), wurde ein „Filippo-Effekt“ registriert – Filippo Leutenegger war als Wahllokomotive für die FDP in den Stadtrat gewählt worden (vgl. nachfolgend) und der Freisinn konnte im Gemeinderat nicht nur um drei Sitze zulegen (neu 21) sondern rückte mit 16,0% (+2 Prozentpunkte) auch der stärksten bürgerlichen Kraft, der SVP, auf die Pelle. Die Volkspartei, die ihrerseits einen Sitz verlor (neu: 23 Sitze) und noch 17,3% der Stadtzürcher Wählerschaft hinter sich weiss (2010: 18,6%) konnte sich allerdings noch als insgesamt zweitstärkste Partei im Gemeinderat vor den Freisinnigen halten. Auch die CVP musste ein Mandat abgeben. Mit 4,6% Wählerstärke und neu sechs Sitzen blieb man Juniorpartner im bürgerlichen Lager. Zulegen konnte Links-Grün. Zwar wahrten die SP als stärkste Partei (39 Sitze; 29,2%; -1,1 Prozentpunkte) wie auch die GP (14 Sitze; 10,6%; -0,8 Prozentpunkte) trotz leichten Wählerverlusten lediglich ihren Besitzstand, die AL legte aber um vier zusätzliche Sitze zu und konnte sich als eigentliche Wahlsiegerin feiern lassen. Sie hatte nicht nur ihren Regierungssitz mit Richard Wolff (al) verteidigt (siehe unten), sondern war mit neun Sitzen und einer Zunahme der Parteienstärke um 2,3 Prozentpunkte (neu: 6,5%) eine ernst zu nehmende Kraft geworden. Um einen Sitz zulegen konnte auch die GLP, die mit 13 Sitzen und 10,2% Wählerstärke (2010: 9,8%) nach wie vor das Zünglein an der Waage zwischen den beiden Blöcken spielen wird. Sowohl die EVP als auch die SD schafften die 5-Prozent-Hürde in keinem der zwölf Wahlkreise mehr. Mit gesamtstädtischen 2,5% für die EVP und 0,9% für die SD mussten beide Parteien ihre Sitze im Gemeinderat räumen. Brutal war dies insbesondere für die EVP, für die am Wahlsonntag im Kreis 9 noch eine Wählerstärke von 5,00% ausgewiesen wurde – nur gerade eine einzige Stimme hätte den Ausschlag für die EVP gegeben. Allerdings entschied sich das Wahlbüro zusammen mit dem Stadtrat für eine Nachzählung, die aufzeigte, dass die EVP 31 Stimmen zu wenig hatte, um die Wahlhürde zu überspringen. Ebenfalls keine Chancen hatten erwartungsgemäss die BDP (0,9%), die AHS (0,1%), die Piraten (0,7%) und die EDU (0,5%). Gegen die 5-Prozent-Klausel, die seit der Einführung des doppelten Pukelsheim im Jahr 2006 gilt, sammelte die EVP zusammen mit anderen kleinen Parteien Unterschriften. Die Piratenpartei reichte eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein, die allerdings abgelehnt wurde. Weil sich das Verwaltungsgericht in seinem Urteil allerdings recht stark auf die bundesgerichtliche Beurteilung stützte und gleichzeitig durchblicken liess, dass es diese Beurteilung für umstritten hält, zogen die Piraten die Sache ans Bundesgericht weiter, um einen Grundsatzentscheid zu erwirken. Dieser wurde dann Ende Jahr vom Bundesgericht gefällt. Dieses begründete den erneut abschlägigen Entscheid mit dem Argument, dass gerade in Gemeindeparlamenten einer Zersplitterung der Kräfte vorgebeugt werden sollte, was mit der Hürde der Fall sei. Die Initiative der Kleinparteien war Ende 2014 noch im Sammelstadium.

Nachdem im April 2013 bei Ersatzwahlen für den zurückgetretenen Martin Vollenwyder (fdp) dem Freisinn ein Sitz weggeschnappt und mit Richard Wolff von der Alternativen Liste (al) ein siebter der neun Stadtratssitze von der Linken erobert wurde, reagierten die Bürgerlichen früh mit Kandidierenden für die regulären Gesamterneuerungswahlen vom Frühjahr 2014. Als erste meldete sich die amtierende Nationalrätin Doris Fiala zu Wort. Ihr blute das Herz bei dieser einseitigen linken Dominanz und sie schliesse nicht aus, mit einer Kandidatur dagegen anzukämpfen. Allerdings kandidierte nicht Fiala, sondern Nationalrat Filippo Leutenegger (fdp), der sein Interesse ebenfalls früh anmeldete; zudem wollte er gleich auch das Stadtpräsidium erobern, das seit 2009 von Corine Mauch (sp) geführt wurde. Erklärtes Ziel der Bürgerlichen, bei denen die amtierenden Gerold Lauber (cvp) und Andres Türler (fdp) wieder antraten, war eine bürgerliche Regierungsmehrheit, die unter dem Label „Top 5 – für ein liberales Zürich“ angestrebt wurde. Die CVP distanzierte sich freilich früh vom „utopischen“ Ziel einer bürgerlichen Mehrheit; man wolle lediglich den eigenen Sitz verteidigen. Dies galt nicht für die SVP, die seit 20 Jahren und trotz einem Wähleranteil von 18,6% nicht mehr in der Stadtregierung vertreten war. Die Volkspartei trat deshalb ebenfalls mit einem Zweierticket an. Nummer vier und fünf der Top 5 waren Roland Scheck und Nina Fehr Düsel, die Tochter von Nationalrat Hans Fehr. Weil mit Martin Waser (sp) und Ruth Genner (gp), zwei der neun Amtierenden nicht wieder antraten, schickten auch die Grünen und die SP neue Kandidierende ins Rennen. Neben dem amtierenden Daniel Leupi (gp) trat Markus Knauss für die Grünen an. Knauss ist Co-Geschäftsleiter des VCS. Für die SP kandidierten die bisherigen Corine Mauch (sp), André Odermatt (sp) und Claudia Nielsen (sp). Raphael Golta trat für die Genossen an, um den Sitz von Martin Waser zu verteidigen. Auch der erst 2013 frisch gewählte Richard Wolff kandidierte erneut. Auch die GLP wollte in den Stadtrat einziehen und stellte den Gemeinderat Samuel Dubno (glp) auf. Für die SD kandidierte Walter Wobmann, der bereits 2010 angetreten und damals abgeschlagen auf dem letzten Platz gelandet war. Den 15. Kandidaten stellten die Piraten, die mit Peter Keel in See stachen. Allgemein wurde erwartet, dass die Linke ihre sieben Sitze, auch in Anbetracht des Wähleranteils von rund 46%, nicht würde halten können. Mit Leutenegger als Lokomotive sollten die Bürgerlichen an der links-grünen Mehrheit sägen können. Der amtierende freisinnige Nationalrat versuchte insbesondere mit Lösungsvorschlägen für die Sanierung der maroden Stadtfinanzen zu punkten. Als wacklig wurden nicht nur die beiden frei werdenden Sitze betrachtet, sondern auch der Sitz des neu gewählten Richard Wolff, der lediglich lose ins linke Lager eingebunden schien. Zudem leistete sich der Vorsteher des Polizeidepartements einen Lapsus, indem er den schwarzen Block als interessante Ergänzung bezeichnete. Auch der Sitz von Lauber (cvp) galt nicht als wirklich sicher. Allerdings zeigte die Geschichte der Regierungswahlen in der Stadt Zürich, dass eine Abwahl aus dem Stadtrat eher selten war. Als wenig spannend wurde der Kampf ums Stadtpräsidium betrachtet: Leutenegger dürfte gegen Mauch kaum eine Chance haben. Der Wahlkampf wurde – im Gegensatz zu vor vier Jahren, als die SVP mit provokativen Plakaten auftrat – als brav bezeichnet. Zurückzuführen sei dies auf die Wahlmüdigkeit, die durch die ausserordentlichen Rücktritte aus der Stadtregierung bzw. die nötigen Ersatzwahlen verursacht worden wäre, auf die Attraktivität der Stadt Zürich, die es der Opposition schwer mache, eine Angriffsfläche zu finden und auf die bewusst gemässigt auftretenden Bürgerlichen, die erstmals wieder einen Schulterschluss zustande brachten. Allerdings gelang es den fünf bürgerlichen Kandidierenden nur selten, als Einheit aufzutreten. Der Linken wurde vorgeworfen, dass sie die Diskussion um die zentralen Finanzfragen im Wahlkampf verweigere und unangenehmen Fragen ausweiche. Erfahrungsgemäss haben es nationale Politiker einfacher, in die Stadtzürcher Exekutive gewählt zu werden. Waren es früher Monika Weber (ldu), Monika Stocker (gp), Elmar Ledergerber (sp) und Ruth Genner (gp), die direkt vom nationalen Parlament in den Stadtrat wechselten, schaffte dies 2014 Filippo Leutenegger, der mit 42'193 Stimmen als achtplatzierter in den Stadtrat gewählt wurde und zwar auf Kosten der Grünen, die ihren zweiten Sitz nicht verteidigen konnten. Markus Knauss (gp) erhielt lediglich 35'330 Stimmen, kam damit auf den zehnten Platz und musste über die Klinge springen. Der dritte Platz für Daniel Leupi (52'744 Stimmen) war für die Grünen nur ein schwacher Trost. Ihren vakanten Sitz verteidigen konnte hingegen die SP. Raphael Golta erhielt 40'178 Stimmen und war damit als Neunter gewählt. Auch die drei Bisherigen SP-Stadträte wurden sicher wiedergewählt. Corine Mauch lag mit 55'646 Stimmen auf dem zweiten, André Odermatt mit 48'143 Stimmen auf dem fünften und Claudia Nielsen mit 44'258 Stimmen auf dem sechsten Platz. Noch vor Leutenegger auf Platz sieben liegend, schaffte auch Richard Wolff mit 42'249 Stimmen die Wiederwahl. Das Spitzenresultat machte Andres Türler (fdp) mit 56'907 Stimmen. Auch Gerold Laubers (cvp) Sitz war nie wirklich in Gefahr. Der viertplatzierte Lauber erhielt 52'157 Stimmen. Keine Chance hatten die Kandidierenden der SVP: Nina Fehr Düsel erhielt 27'696 Stimmen und Roland Scheck 23'585 Stimmen. Beide lagen damit zwar noch vor dem GLP-Kandidaten Samuel Dubno (21'896 Stimmen), aber weit hinter einem Stadtratssitz. Erwartungsgemäss keine Chancen hatten Walter Wobmann (sd; 5'139 Stimmen) und Peter Keel (piraten; 3'919 Stimmen). Chancenlos blieb auch Filippo Leutenegger im Kampf um das Stadtpräsidium. Mauch hatte mit 48'608 Stimmen einen stattlichen Vorsprung auf Leutenegger (32'276 Stimmen), der sich allerdings mit den rund 40% der Stimmen mehr als zufrieden zeigte. Damit war der Status Quo in der Zürcher Stadtregierung wieder hergestellt: drei Bürgerliche stehen sechs links-grünen Stadträten gegenüber. Noch spannender als die Wahlen dürften die anstehenden Debatten um die Finanzen werden.

Kommunale Wahlen Zürich 2014
Dossier: Kommunale Wahlen 2014

Die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte gaben Mitte März in ihrem Bericht zum Rücktritt des SNB-Präsidenten Hildebrand einige Empfehlungen ab, wie sich der Bundesrat in Zukunft in ähnlichen Situationen verhalten soll. Nach Ansicht der GPK hatte der Bundesrat seine Kompetenzen überschritten. Die Kommissionen hielten fest, dass die Massnahmen, die von der damaligen Bundespräsidentin Calmy-Rey (sp) ergriffen wurden, einer rechtlichen Grundlage entbehrten. Eine der Empfehlungen der beiden GPK lautete deshalb, dass auch bei dringlichen Geschäften mit grosser politischer Tragweite die rechtliche Zuständigkeit abzuklären sei, um das Legalitätsprinzip – keine staatliche Handlung ohne Rechtsgrundlage – nicht zu verletzen. Zudem solle der Bundesrat auch in ausserordentlichen Situationen statt Ad-hoc-Ausschüsse reguläre Ausschüsse nutzen. Zudem wurde die ehemalige SP-Bundesrätin gerügt, weil sie den Gesamtbundesrat zu spät informiert habe; auch die Bundeskanzlei hätte früher einbezogen werden müssen. Es sei deshalb ein Kommunikationssystem zu schaffen, mit dem das gesamte Gremium einfach, schnell und sicher informiert werden könne. Dieses System soll zudem auch sicherstellen, dass bundesrätliche Telefonkonferenzen – eine solche hatte Anfang 2012 stattgefunden – abhörsicher sind. Gemahnt wurde von den beiden GPK zudem die schlechte Qualität der Bundesratsprotokolle. Diese seien zu knapp abgefasst und teilweise gar fehler- und lückenhaft gewesen. Nachvollziehbarkeit sei so nicht gegeben und die Arbeit der GPK werde damit erschwert. Nicht nur vom Bundesrat, sondern auch in der Presse wurde die Kritik der zuständigen Kommissionen als teilweise zu heftig erachtet: Ein gewisser Spielraum müsse der Regierung in Krisensituation eingeräumt werden. Sogar Christoph Blocher nahm das Vorgehen von Micheline Calmy-Rey in Schutz, die in der NZZ eine Plattform zu ihrer Verteidigung erhielt.

Bericht zum Rücktritt des SNB-Präsidenten Hildebrand
Dossier: Affäre Hildebrand

Christoph Blochers (ZH) Rolle in der Affäre Hildebrand hatte ein Nachspiel für den ehemaligen SVP-Bundesrat. Die Übergabe gestohlener Kontodaten hatten zum Rücktritt des einstigen Nationalbankchefs Hildebrand geführt. Blocher hatte die Daten am 3. Dezember von Hermann Lei erhalten, der diese wiederum von einem IT-Techniker zugespielt erhielt. Die Rolle Blochers, der die Informationen an Bundesrätin Calmy-Rey und an die Weltwoche übergeben haben soll, blieb lange Zeit unklar und wurde auch parteiintern kritisiert. Im März wurde beim alt-Bundesrat eine Hausdurchsuchung durchgeführt und ein Strafverfahren wegen Verdachts auf Verletzung des Bankgeheimnisses bzw. der Gehilfenschaft dazu eröffnet. Das Verfahren wurde aber verzögert, weil sich Blocher auf seine Immunität als Nationalrat berief und eine Beschwerde beim Bundesgericht ankündigte, worauf er dann allerdings Mitte Juli verzichtete. Mitte Jahr wurde seine Immunität aufgehoben. Bis Ende Jahr ruhte das Verfahren allerdings weiter. Darüber hinaus geriet auch der Thurgauer SVP-Grossrat Hermann Lei in die Schlagzeilen. Gegen ihn wurde ebenfalls ein Strafverfahren wegen Widerhandlung gegen das Bankengesetz und Verletzung des Bankgeheimnisses eröffnet. Bei den Wahlen im Thurgau Mitte April wurde Lei allerdings wiedergewählt.

Hildebrand
Dossier: Affäre Hildebrand

Was prägte 2011 die Schweizer Politik? Welches waren die bedeutenden Geschäfte im Parlament? Und was hat die politisch interessierte Öffentlichkeit bewegt? Nachfolgend werden die wichtigsten Ereignisse im Jahr 2011 zusammengefasst und anschliessend nach Thema geordnet aufgelistet. Mit den Links gelangen Sie direkt zu diesen im Berichtsjahr zentralen Geschäften und Ereignissen. Vous trouverez ici la version française de cet article.

Die Schweizer Politik im Jahr 2011 stand im Zeichen der Gesamterneuerungswahlen für das nationale Parlament. Zum ersten Mal seit 1991 konnte die SVP dabei nicht mehr zulegen. Sie büsste 2.3 Prozentpunkte an Wählerstimmen ein, blieb jedoch mit 26.6 Prozent deutlich stärkste Partei im Parlament. Die grossen Gewinnerinnen der Wahlen für den Nationalrat waren die GLP und die BDP, die beide je 5.4 Prozent der Wählerschaft von sich überzeugen konnten. Die Erfolge der beiden jungen Parteien, die auch auf ihre Frische und Unverbrauchtheit zurückgeführt wurden, gingen dabei nur teilweise auf Kosten der SVP, die insgesamt weniger Wählerinnen und Wähler verlor, als die von ihr abgespaltene BDP auf sich vereinen konnte. Vielmehr mussten die FDP und die CVP grosse Verluste und einen historischen Tiefstand ihrer Wähleranteile in Kauf nehmen. Unter dem Erfolg der GLP litten auch die Grünen, die mit viel Proporzpech ein Viertel ihrer Sitze abgeben mussten und noch über 15 Sitze verfügen. Proporzglück konnte hingegen die SP für sich verbuchen. Trotz dem im Vergleich zu 2007 nur noch leichten Wählerverlust, konnten die Genossen Sitze gewinnen. Neu im Nationalrat vertreten ist der Mouvement Citoyens Romands (MCR), der wie die Lega, die wieder mit zwei Sitzen in Bern vertreten ist, als regionale Partei eines Grenzkantons mit dem Schüren von Ressentiments gegen Grenzgänger punkten konnte. Ihre Sitze halten konnte die EVP. Nicht mehr in Bern vertreten sind hingegen die EDU und die PdA; letztere hatte seit 1947 immer mindestens ein Mandat in der grossen Kammer innegehabt. Insgesamt führten die Wahlen von 2011 damit zu einer leichten Verschiebung des Parteienspektrums hin zur Mitte, die sich jedoch gleichzeitig stark aufsplitterte.

In nicht weniger als 13 Kantonen waren zweite Wahlgänge nötig, um den Ständerat zu besetzen. Dies war insbesondere der SVP geschuldet, die mit zahlreichen landesweit bekannten Parteiexponenten einen in der Presse als «Sturm aufs Stöckli» Niederschlag findenden Angriff auf die kleine Kammer fuhr. Die Volkspartei schaffte es damit nicht nur, den traditionell eher kantonal ausgerichteten Wahlkampf um die Kantonsvertretung zu einem nationalen Ereignis zu stilisieren und mit einer gehörigen Portion Sachpolitik zu versehen, sondern in zahlreichen Kantonen mehr Wettbewerb und knappe Wahlausgängen zu provozieren. Ihr eigentliches Ziel, den Ständerat zu erobern, verpasste die Volkspartei jedoch deutlich. Ihre Strategie, mit Hardlinern Majorzwahlen zu gewinnen, ging nicht auf. Die SVP musste gar zwei Mandate abgeben. In der kleinen Kammer kam es deshalb zu einer leichten Verschiebung zugunsten des links-grünen Lagers. Gewinnerin der Ständeratswahlen war die SP, die zwei Sitze zulegte und mit elf Mandaten genau gleich stark ist wie die FDP, die ein Mandat abgeben musste. Die CVP blieb mit 13 Sitzen trotz zwei Verlusten stärkste Fraktion im Ständerat. Einen Sitz hinzugewinnen konnte die GLP, die neu zwei Kantonsvertreter stellt, gleich viele wie die Grünen, die ihre Sitze verteidigen konnten, was auch der BDP mit ihrem Berner-Sitz gelang. Neben dem neu gewählten parteilosen Vater der Abzockerinitiative Thomas Minder (SH) sitzen somit nicht weniger als sieben unterschiedliche Parteien im Ständerat.

Hinsichtlich der Anzahl eingereichter Listen (365) und der Zahl an Kandidierenden für den Nationalrat (3472) wie auch für den Ständerat (152) war 2011 ein Rekordwahljahr. Ebenfalls weiterhin leicht ansteigend war die Wahlbeteiligung (48.5 %). Rückläufig war allerdings der Anteil an Kandidatinnen. Waren 2007 insgesamt noch 35.2 Prozent aller für den Nationalrat Kandidierenden Frauen gewesen, lag dieser Anteil 2011 noch bei 32.8 Prozent. Dieser Rückgang wirkte sich anscheinend auch auf den Frauenanteil im Parlament aus, der zum ersten Mal seit der Einführung des Frauenwahlrechts 1971 rückläufig war: sowohl im National- wie auch im Ständerat verloren die Frauen je einen Sitz; insgesamt werden damit im Parlament noch 67 der 246 Sitze von Frauen gehalten (27.2 %; 2007: 28 %).

Das eher schlechte Abschneiden der SVP bei den Wahlen, das wenig professionelle Prozedere der Volkspartei bei der Auswahl der Kandidierenden und die Unlust der restlichen Parteien, schon wieder eine Änderung in der Besetzung des Bundesrates vorzunehmen, führte zu einer Bestätigung der BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Als nach wie vor stärkste Partei im Bundeshaus ist die SVP damit weiterhin mit lediglich einem Sitz in der Regierung vertreten. Auf den durch den Rücktritt von Micheline Calmy-Rey frei gewordenen SP-Sitz wurde der Freiburger Ständerat Alain Berset gewählt.

Zwei internationale Ereignisse wirkten sich 2011 stark auf die Schweizer Politik aus: Die Atomreaktorkatastrophe im japanischen Fukushima und die Krise im Euro-Raum. Die Ereignisse in Japan waren ursächlich für eine Wende in der Schweizer Energiepolitik, die neu auf einen progressiven Ausstieg aus der Atomenergie abzielt und vom Bundesrat in einer neuen Energiestrategie 2050 umrissen wurde. Verschiedene Parteien lancierten Ausstiegsszenarien und im Kanton Aargau demonstrierten mehr als 20'000 Personen gegen den Atomstrom. Die Wirtschaftskrise, welche die Schweizer Bevölkerung laut Umfragen stark beschäftigte, wirkte sich in der Schweiz weniger stark als erwartet aus. So sank die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt gar von 3.9 Prozent auf 3.1 Prozent. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Ländern zeigte sich der Finanzhaushalt der Schweiz äusserst solide: 2011 resultierte ein Rechnungsüberschuss von CHF 1.9 Mia. Allerdings litt die Exportwirtschaft unter der Frankenstärke, was die Nationalbank zur Einführung eines Euro-Mindestkurses von CHF 1.20 veranlasste. Darüber hinaus hiessen die Räte ein CHF 869 Mio. starkes Frankenpaket zur Entlastung der Wirtschaft gut.

Zwar wurden im Hinblick auf die nationalen Wahlen zahlreiche Initiativen lanciert – nicht weniger als 28 Begehren befanden sich Ende 2011 im Unterschriftenstadium und acht wurden mit den nötigen Unterschriften eingereicht (14 waren hängig) – dennoch kam es im Wahljahr nur zu einer einzigen nationalen Abstimmung. Die Initiative zum Schutz vor Waffengewalt, die ein Verbot der privaten Aufbewahrung von gefährlichen Waffen, einen Fähigkeitsnachweis und ein nationales Waffenregister gefordert hatte, wurde von Volk und Ständen mit 56.3 Prozent Nein-Stimmenanteil abgelehnt.

Die Aussenpolitik war geprägt von eher zähen Verhandlungen zu Steuerabkommen mit Deutschland und den USA. Mit dem nördlichen Nachbarn wurde ein Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart, das von beiden Räten angenommen wurde und der Steuerstreit schien dank der Unterzeichnung des bilateralen Steuerabkommens zwischen Bundesrätin Widmer-Schlumpf und Finanzminister Wolfgang Schäuble ein vorläufiges Ende zu nehmen. Allerdings verhärteten sich die Fronten im Fluglärmstreit. Der Druck der USA auf den Finanzplatz Schweiz nahm ebenfalls zu. Ein Vergleich, mit dem der Steuerstreit beigelegt werden sollte, wurde im Berichtsjahr noch von der kleinen Kammer gutgeheissen. Die Verhandlungen mit der EU mit Bezug auf die Weiterentwicklung der institutionellen bilateralen Zusammenarbeit blieben hingegen blockiert.

Einigen Wirbel verursachte der Entscheid des Bundesrates, als Ersatz für den Militärjet Tiger F-5, den vom Schwedischen Hersteller Saab angebotenen JAS 39 Gripen zu beschaffen. Wenige Wochen vor dem Entscheid gelangten Evaluationsdokumente an die Öffentlichkeit, die dem Gripen ein eher schlechtes Leistungszeugnis ausstellten. Im Rahmen der Rüstungsdebatte und mit der Diskussion des Armeeberichts entschieden sich die Räte, die Anschaffung der Flugzeuge über das Rüstungsbudget abzuwickeln. Es wurde auf CHF 5 Mia. festgelegt. Gleichzeitig entschied das Parlament, den Flugzeugkauf nicht einem Volksentscheid zu unterwerfen.

In verschiedenen Geschäften zeigte sich das Parlament wenig konsensorientiert. So wurden etwa das modifizierte Bundesgesetz über die Krankenversicherung (Managed Care) oder das Sportförderungsgesetz erst nach einer Einigungskonferenz angenommen. Insgesamt waren 2011 bei neun Geschäften Einigungskonferenzen nötig (2010: fünf; 2009: sieben), wovon bei einem Geschäft die Konferenz nicht zu einer Lösung führte. Dabei kam es bei der Volksinitiative «Eigene vier Wände dank Bausparen» zu einem Novum: Da der Nationalrat der Empfehlung der Einigungskonferenz, die Initiative zur Annahme zu empfehlen, folgte, der Ständerat sich aber querstellte, wurde die Initiative ohne parlamentarische Empfehlung zur Abstimmung vorgelegt. Allerdings fanden die Räte nach einer Einigungskonferenz mit den Mindestanforderungen an das Eigenkapital der Banken beim Bankengesetz eine Lösung für das Too-big-to-fail-Problem. Der lange Entscheidungsprozess der im April 2008 eingereichten Abzockerinitiative nahm hingegen auch 2011 noch kein Ende. Der Nationalrat lehnte eine Bonussteuer als möglichen Gegenvorschlag ab.

Bei seinem Beschluss einer Reorganisation der Departemente ersetzte der Bundesrat per 2013 das Volkswirtschaftsdepartement mit dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), in welches auch das neu geschaffene Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation integriert wird. Dieses resultiert aus einem Zusammenschluss des Staatssekretariats für Bildung und Forschung (SBF) und dem ETH-Bereich (beide bisher im EDI) sowie dem Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT), das schon bisher im EVD (bzw. neu: WBF) war.

Politische Grundfragen:
– Zum ersten Mal wurde zu Beginn der neuen Legislatur die Nationalhymne in den Ratssälen intoniert.
– Das Bundesamt für Kultur verabschiedete eine Liste mit immateriellem Kulturerbe.
– Das EDA beurteilte die Berichterstattung ausländischer Medien als zunehmend kritisch.
– Die Sorgen der Bevölkerung um die Wirtschaftskrise nahmen 2011 stark zu.

Rechtsordnung:
– Die herkömmliche Identitätskarte ohne biometrische Daten bleibt erhalten und darf weiterhin bei der Wohnsitzgemeinde beantragt werden.
– Der Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür zog Google Street View vor das Bundesgericht.
– Das Parlament hiess eine Revision des Bundesgesetzes über die Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) gut.
– Im Aargau demonstrierten über 20‘000 Personen gegen den Atomstrom.
– Die Bundesversammlung genehmigte das Übereinkommen des Europarates über die Cyberkriminalität.
– Der Bundesrat erlaubte der Transportpolizei das Tragen von Feuerwaffen.
– Die Volksinitiative «Zum Schutz vor Waffengewalt» wurde an der Urne verworfen.
– Nach der Eheschliessung können neu grundsätzlich beide Ehegatten ihren Familiennamen behalten, es sei denn, sie entscheiden sich für einen gemeinsamen Familiennamen.

Institutionen und Volksrechte:
– Bei den Bundesratserneuerungswahlen wurde der Status Quo bewahrt. Der Sitz der BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf wurde bestätigt und die SVP war weiterhin nur mit einem Sitz in der Regierung vertreten. Für die zurückgetretene SP-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey wurde der Freiburger SP-Ständerat Alain Berset gewählt.
– Die SVP reichte ihre Initiative zur Volkswahl des Bundesrates ein.
– Die Räte beschlossen einfachere Zugänge zu Regierungsdokumenten.
– National- und Ständerat regelten die Immunitätsbestimmungen neu.
– Zum ersten Mal wählte das Parlament und nicht mehr der Bundesrat den Bundesanwalt. Der in die Kritik geratene Erwin Beyeler wurde dabei abgewählt.
– Der Trend zu einer stärkeren Nutzung der Volksrechte hielt ungebrochen an.
– Die Räte diskutierten neue Bestimmungen zur Vereinbarkeit von Volksinitiativen und Grundrechten.
E-Voting wurde weiter langsam ausgebaut.

Föderativer Aufbau:
– Die Änderung des Bundesgesetzes über den Finanz- und Lastenausgleich (FiLaG) und die Festlegung der Grundbeiträge des Ressourcen- und Lastenausgleichs wurden im Juni des Berichtsjahres von beiden Räten angenommen.
– Die Regierungen der Kantone Bern und Jura sind sich nicht einig, in welcher Form die Bevölkerung des Berner Juras zu einem allfälligen Beitritt zum Kanton Jura befragt werden soll.

Wahlen:
– Bei den Nationalratswahlen konnte die neue Mitte mit GLP und BDP zulegen.
– Die FDP und die CVP büssten Sitze ein und mussten beide einen historischen Tiefststand ihres Wähleranteils hinnehmen.
– Die seit 1991 anhaltende Erfolgswelle der SVP wurde gebremst; ihre Verluste waren aber geringer als die Gewinne der BDP.
– Die SP konnte trotz leichten Wählerverlusten Sitze gewinnen.
– Die Grünen litten unter der Konkurrenz der GLP und mussten Wähleranteile und Sitze abgeben.
– Neben der Lega konnte mit dem MCR eine weitere regionale Partei aus einem Grenzkanton in die grosse Kammer einziehen.
– Im Ständerat konnte die SP zulegen, der «Sturm aufs Stöckli» der SVP scheiterte hingegen.
– Die Wahlbeteiligung nahm erneut leicht zu.
– Der Frauenanteil im Nationalrat war erstmals seit Einführung des Frauenstimmrechts rückläufig.
– Auch bei den kantonalen Legislativwahlen gehörten die GLP und die BDP zu den Gewinnerinnen. Zulegen konnten hier aber auch die Grünen und die SVP.
– Auch bei den kantonalen Wahlen mussten die CVP und die FDP starke Einbussen in Kauf nehmen.
– Die Grünen eroberten 2011 nicht weniger als vier kantonale Regierungssitze. Die Lega avancierte in der Tessiner Regierung zur stärksten Partei.

Aussenpolitik:
– Das Parlament beschloss, die Entwicklungshilfe auf 0.5 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) anzuheben.
– Die grosse Kammer gab ihre Zustimmung zur Sonderhilfe für den Internationalen Währungsfonds.
– Die Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz in Bezug auf eine Weiterentwicklung der institutionellen bilateralen Zusammenarbeit sind blockiert.
– Trotz Druck seitens der EU, welche eine einheitliche, alle Mitgliedsstaaten umfassende Lösung anstrebt, gelang es der Schweiz im Herbst, ein bilaterales Steuerabkommen mit Deutschland abzuschliessen.
– Das Parlament lehnte den vom Bundesrat ausgearbeiteten Gegenvorschlag zur Staatsvertragsinitiative der AUNS ab.
– Im Zuge der Aufstände in Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens verhängte der Bundesrat Sanktionen gegen verschiedene Machthaber und sperrte deren Vermögenswerte in der Schweiz.
– Der Bundesrat beabsichtigt, die schweizerische Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat für die Periode 2023−24 zu lancieren.
– Durch die im Rahmen des Schutzmachtmandats der Schweiz erfolgte Vermittlung haben Georgien und Russland im Herbst ein bilaterales Abkommen unterzeichnet.

Landesverteidigung:
– Eine Motion der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates beauftragte den Bundesrat, sich mit einem Bewilligungssystem für Sicherheitsfirmen zu befassen.
– Der Sicherheitsverbund Schweiz nahm im Jahr 2011 klare Züge an.
– In verschiedenen Geschäften und mit der parlamentarischen Debatte um das Übereinkommen über Streumunition setzte das Parlament den eingeschlagenen Weg der Friedensförderung fort.
– Im Rahmen der Debatte um das Rüstungsprogramm 2011 und den Armeebericht 2010 sprach sich das Parlament für eine Armee mit 100'000 Dienstleistenden und einem Budget von CHF 5 Mia. aus.
– Der Bundesrat entschied sich als Ersatz der Tiger F-5 Kampfflugzeuge für den Schwedischen Saab JAS 39 Gripen.
– Der Revision des Zivildienstgesetzes wurde im Ständerat keine Folge gegeben, da seitens des Bundesrates bereits nötige Schritte eingeleitet wurden.
– Die Teilrevision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes wurde in beiden Kammern angenommen.

Wirtschaftspolitik:
– Die Schweizerische Wirtschaft hielt sich trotz des schwierigen internationalen Umfelds erstaunlich gut.
– Während sich der Binnenmarkt dynamisch entwickelte, litt der Exportsektor unter der Frankenstärke, was zur Folge hatte, dass die Schweizerische Nationalbank einen Mindestkurs zum Euro einführte.
– Das Parlament stockte die Gelder für die Standortförderung auf.
– Der Bundesrat beabsichtigte einen Paradigmenwechsel in der Kartellgesetzgebung.
– Der Ständerat und der Nationalrat kamen sich beim indirekten Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative näher.

Geld, Währung und Kredit:
– Die Nationalbank erklärte, dass sie einen Eurokurs unter CHF 1.20 nicht länger toleriere.
– Ein Frankenpaket im Umfang von CHF 869 Mio. zur Entlastung der Wirtschaft wurde gutgeheissen.
– Die Schweiz erhöhte in verschiedenen Bereichen ihre Beiträge an den Internationalen Währungsfonds.
– Die gesetzliche Regulierung von systemrelevanten Grossbanken («too-big-to-fail») wurde zum Abschluss gebracht.
– Das Bankgeheimnis geriet im Zuge des Steuerstreits mit den USA weiter unter Druck.
– Die Botschaft zum Bundesgesetz über die internationale Amtshilfe in Steuersachen (Steueramtshilfegesetz) wurde publiziert.
– Der Bundesrat verabschiedete die Botschaft zur Totalrevision des Versicherungsvertragsgesetzes.

Landwirtschaft:
– Der Bundesrat schickte sein Projekt zur Agrarpolitik 2014−2017 in die Vernehmlassung. Die Vorschläge stiessen bei den Landwirten, den Umweltschutzverbänden und economiesuisse auf Kritik.
– Der Nationalrat überwies mehrere Motionen, die einen Abbruch der Verhandlungen über ein Agrarfreihandelsabkommen mit der EU verlangen.
– In Abweichung zum Entschluss des Nationalrates wollte der Ständerat den Zahlungsrahmen für die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft lediglich um CHF 122 Mio. aufstocken.
– Der Bundesrat legte eine Revision des Lebensmittelgesetzes vor.
– Die Regierung präsentierte die Botschaft zur Änderung des Tierschutzgesetzes.
– Die Exekutive legte den Räten die Botschaft zum Bundesgesetz über den Verkehr mit Tieren und Pflanzen geschützter Arten vor.
– National- und Ständerat nahmen mehrere Motionen an, die eine Anpassung der Jagdverordnung zwecks Erlaubnis des Abschusses von Grossraubtieren verlangen. Eine Revision der Verordnung wurde vom UVEK in die Vernehmlassung geschickt.
– Der Bundesrat präsentierte einen Bericht zur Waldpolitik 2020 vor.

Öffentliche Finanzen:
– Der Bundesrat legte dem Parlament einen Gesetzesentwurf zur Verschärfung der Pauschalbesteuerung vor.
– Unerwartet hohe Steuerausfälle im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform II führten zur Einberufung einer Sondersession.
– Das Parlament wies den Mehrwertsteuer-Einheitssatz an den Bundesrat zurück.
– Die Staatsrechnung 2011 schloss mit einem Überschuss von CHF 1.9 Mia. weit besser ab als budgetiert.
– Der Voranschlag 2012 sah ein ausgeglichenes Finanzergebnis vor.

Energie:
– Infolge einer Nuklearkatastrophe in Fukushima (Japan) begann die Schweiz den Weg eines progressiven Ausstiegs aus der Atomenergie zu beschreiten.
– Aufgrund dieser neuen Ausgangslage lancierte der Bundesrat ein neue Energiestrategie 2050.
– Das Parlament stimmte einer Änderung des Energiegesetzes zu, welche den Bundesrat ermächtigt, Vorschriften zum Verbrauch von Anlagen, Fahrzeugen und Geräten zu erlassen.
– Das Bundesgericht sprach sich für die teilweise unterirdische Verlegung einer Hochspannungsleitung aus.
– Ein Bundesgerichtsurteil stellte de facto die Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes für Grosskunden in Frage.

Verkehr und Kommunikation:
– Der Bundesrat wollte die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs auf eine neue Basis stellen und hat dazu die Botschaft zur FABI-Vorlage als Gegenentwurf zur VCS-Initiative für den öffentlichen Verkehr verabschiedet.
– Bund, Kantone und betroffene Wirtschaftsakteure suchen nach dem geeigneten Verkehrsregime, das während der geplanten Sanierungsarbeiten am Gotthardstrassentunnel gelten soll.
– Das Via-Sicura-Massnahmenpaket und der letzte Teil der Bahnreform 2 gingen in die Differenzbereinigung.
– Nach Inkraftsetzung der Verordnung über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr Ende 2011, entschieden sich die SBB im Gegensatz zur BLS für die Ausrüstung ihrer Bahnpolizei mit Handfeuerwaffen.
– Die flächendeckende Versorgung der Schweiz mit Hochbreitbandtechnologie soll unter Wettbewerbsbedingungen erreicht werden.
– Die Fronten im Fluglärmstreit zwischen Deutschland und der Schweiz verhärteten sich.

Raumplanung und Wohnungswesen:
– Der Entwurf für ein Raumkonzept Schweiz wurde präsentiert.
– In den Beratungen zur Teilrevision des Raumplanungsgesetzes zeigten sich gewichtige Differenzen zwischen National- und Ständerat.
– Nachdem das Parlament im Vorjahr bereits einem indirekten Gegenvorschlag zugestimmt hatte, empfahl es im Berichtsjahr die Zweitwohnungsinitiative zur Ablehnung.
– Während der Ständerat die Ablehnung der Volksinitiative «Sicheres Wohnen im Alter» beantragte, setzte sich der Nationalrat für das Begehren ein.
– Die Bausparinitiativen werden dem Volk ohne Empfehlung des Parlaments und ohne indirekten Gegenentwurf unterbreitet. Letzterer wurde in der Schlussabstimmung vom Ständerat abgelehnt.

Umweltschutz:
– Der Ständerat empfahl die Volksinitiative «für menschenfreundliche Fahrzeuge (Offroader-Initiative)» zur Ablehnung und befürwortete einen indirekten Gegenvorschlag, der vom Parlament in der Schlussabstimmung angenommen wurde.
– Nach erfolgreicher Differenzbereinigung verabschiedete das Parlament die Revision des CO2-Gesetzes, welche der Volksinitiative «für ein gesundes Klima» als indirekter Gegenvorschlag gegenübergestellt werden soll.
– Der Bund führte die ersten formellen Verhandlungen mit der EU über den Anschluss der Schweiz an das europäische Emissionshandelssystem.
– Die Vernehmlassungsantworten zur Ratifizierung der Europäischen Landschaftskonvention waren grossmehrheitlich positiv.
– Das Parlament hielt den Bundesrat zur Erstellung einer Gesamtübersicht über mögliche Zielkonflikte zwischen Förderung erneuerbarer Energien und anderer Bundesprojekte und -strategien, darunter auch die Biodiversitätsstrategie, an.

Bevölkerung und Arbeit:
– Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz betrug am Ende des Berichtsjahres etwas mehr als 7.9 Millionen Personen.
– Die Arbeitslosenquote sank im Jahresdurschnitt von 3.9 Prozent auf 3.1 Prozent.
– Die Nominallöhne stiegen um 1.0 Prozent, die Reallöhne um 0.7 Prozent.
– Ein Bericht des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) wies auf Missbräuche im Zusammenhang mit der Personenfreizügigkeit hin.
– Der Bundesrat erklärte den GAV für den Personalverleih allgemeinverbindlich.

Gesundheit, Sozialhilfe, Sport:
– Nachdem der Nationalrat das Bundesgesetz über Prävention und Gesundheitsförderung modifiziert und angenommen hatte, entschied der Ständerat knapp Nichteintreten.
– In Folge der angenommen Volksabstimmung im Jahr 2008 nahm der Bundesrat die Alternativmedizin vorerst wieder in die Grundversicherung auf.
– Die Regierung empfahl die Initiative «Ja zur Hausarztmedizin» zur Ablehnung und präsentierte einen direkten Gegenvorschlag.
– Das Parlament beauftragte den Bundesrat mittels verschiedener Motionen eine Mindestzahl von Studienplätzen an den medizinischen Fakultäten festzulegen.
– Bundesrat und Nationalrat empfahlen, die Initiative «Schutz vor Passivrauchen» abzulehnen.
– Erst nach einer Einigungskonferenz nahmen die Räte das Sportförderungsgesetz an.

Sozialversicherungen:
– Der Bundesrat präsentierte seine Botschaft zum Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung unter Ausklammerung der im Vorjahr umstrittenen Punkte. Das Parlament hiess die Botschaft mit grosser Mehrheit gut.
– National- und Ständerat nahmen das modifizierte erste Massnahmenpaket für die 6. IV-Revision an.
– Im Berichtjahr überwies der Ständerat auch das zweite Massnahmepaket.
– Trotz Kritik in der Vernehmlassung setzte der Bundesrat verschiedene Verordnungen zur beruflichen Vorsorge in Kraft.
– Die Volksinitiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache», welche die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch von der obligatorischen Grundversicherung streichen will, kam zustande.
– Das modifizierte Bundesgesetz über die Krankenversicherung (Managed Care) wurde erst nach einer Einigungskonferenz angenommen.
– Das EDI startete eine Vernehmlassung für den Entwurf des Bundesgesetzes betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung sowie für eine Korrektur der zwischen 1996 und 2011 bezahlten Prämien zwecks Ausgleich kantonaler Überschüsse und Defizite in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung.

Soziale Gruppen:
– Die eidgenössischen Räte verabschiedeten das Integrationsrahmengesetz.
– Aufgrund der politischen Unruhen in den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens gab es eine starke Zunahme an Asylgesuchen.
– Der Ständerat stimmte sowohl der Revision des Asylgesetzes als auch verschiedenen kurzfristigen Massnahmen zu, welche zu einer Effizienzsteigerung des Asylwesens führen sollten.
– Die Schweizer Demokraten lancierten eine Volksinitiative zur Stabilisierung der Gesamtbevölkerung.
– Ein ähnliches Ziel verfolgt die von der SVP lancierte Volksinitiative «gegen Masseneinwanderung».
– Das Parlament sprach sich für eine eigenständige Verankerung des Tatbestands der sexuellen Verstümmelung im Strafgesetzbuch aus.
– Beide Kammern stimmten der Änderung des Familienzulagengesetzes zu, womit zukünftig auch Selbständigerwerbende Anspruch auf Kinderzulagen haben.
– Die CVP lancierte eine eidgenössische Volksinitiative zur Steuerbefreiung der Kinder- und Ausbildungszulagen.
– Die eidgenössischen Räte stimmten der Neuregelung des ehelichen Namensrechts zu.
– Das totalrevidierte Kinder- und Jugendförderungsgesetz wurde von beiden Parlamentskammern angenommen.

Bildung und Forschung:
– Der Bundesrat gab die Zusammenführung des Staatssekretariats für Bildung und Forschung (SBF) sowie des Bundesamts für Berufsbildung und Technologie (BBT) in einem Bildungsdepartement unter dem Dach des EVD (dannzumal Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung, WBF) auf Anfang 2013 bekannt.
– Die Regierung verabschiedete die Botschaften zum Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung der berufsorientierten Aus- und Weiterbildungskosten sowie zum Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz.
– Das Weiterbildungsgesetz gelangte in die Vernehmlassung.
– National- und Ständerat begannen mit den Detailberatungen zum Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung der berufsorientierten Aus- und Weiterbildungskosten und schickten die Volksinitiative «Jugend und Musik» in die Differenzbereinigung.
– Die Räte verabschiedeten die BFI-Botschaft 2012 sowie das Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im Schweizerischen Hochschulbereich (HFKG).

Kultur, Sprache, Kirchen:
– Das Parlament verabschiedete die Kulturbotschaft 2013−2015 und das Bundesgesetz über die Buchpreisbindung.
– Luzern und Schwyz lieferten sich einen bildungs- und kulturpolitischen Schlagabtausch.
– Das Bundesamt für Kultur erstellte ein Inventar von 167 erhaltenswerten, lebendigen Traditionen.
– Religionspolitische Fragen intensivierten den öffentlichen Diskurs über Stellung, Relevanz und Gewichtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten im demokratischen, säkularen Staatswesen.

Medien:
– Das Bundesamt für Kommunikation präsentierte sechs Studien zur Lage der Schweizer Medien.
– Es wurde aufgezeigt, dass die Medien ihre demokratietheoretisch begründete Aufgabe als Meinungsbildner aufgrund der Pressekonzentration nur noch eingeschränkt wahrnehmen.
– Von der allgemeinen wirtschaftlichen Erholung profitierten auch die Medien.
– Die Auflagen der Gratiszeitungen legten stark zu.
– Die Verlage kritisierten die zunehmende Konkurrenz der SRG durch deren publizistische Tätigkeit im Internet.
– Gemäss einer Studie brachte die bis anhin getätigte Presseförderung nicht die gewünschte Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage der Abonnementspresse.
– Das Parlament entschied sich für ein neues System zur Erhebung der Radio- und Fernsehgebühren, wies jedoch verschiedene, gegen die Billag gerichtete politische Vorstösse ab.
– 86.8 Prozent der Schweizer Haushalte verfügten im Berichtjahr über einen Internetzugang.
– Das hohe Strukturveränderungspotenzial des Internets in der Medienlandschaft (Medienkonvergenz) und die Regulierung der elektronischen Medien waren im Berichtsjahr zentrale Themen.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2011
Dossier: Jahresrückblicke 2004 bis 2014

Qu'est-ce qui figurait à l'agenda politique suisse en 2011? Quelles étaient les affaires les plus importantes au Parlement? Et qu'est-ce qui a interpellé le public intéressé par la politique ? Les événements les plus importants en 2011 sont résumés ci-dessous et ensuite listés par thème. Les liens vous mèneront directement à ces objets et événements clés de l'année en cours. Hier finden Sie die deutsche Version dieses Artikels.

En 2011, la politique suisse était placée sous le signe des élections fédérales. Pour la première fois depuis 1991, l’UDC n’a plus progressé. Le parti a perdu 2.3 pourcent en parts de suffrages, mais, grâce à ses 26.6 pourcent, est resté de loin la plus grande formation au sein du Conseil national. Les Vert’libéraux et le PBD sont sortis grands vainqueurs du scrutin. Les deux partis sont parvenus à convaincre respectivement 5.4 pourcent de l’électorat. Le succès de ces deux jeunes formations s’explique par leur nouveauté. Ces gains ne sont qu’en partie attribuables aux pertes de l’UDC. Cette dernière a en effet perdu moins d’électeurs que le PBD, issu d’une scission avec l’UDC, n’a réussi à mobiliser. Ce sont plutôt le PLR et le PDC qui ont subi des pertes douloureuses. La force électorale de ces deux partis s’établit désormais à des niveaux historiquement bas (15.1 % et 12.3 %). Les Verts (-1.2 %) ont, quant à eux, souffert du succès des Vert’libéraux en perdant, par les aléas de la proportionnelle, un quart de leurs députés au Conseil national. En revanche, le PS a été chanceux. Malgré de légères pertes par rapport à 2007 (-0.9 %), les socialistes ont gagné deux sièges. Le Mouvement des Citoyens Romands (MCR) a fait son entrée au parlement en attisant avec succès les ressentiments envers les frontaliers. Cela s’applique tout autant à la Lega, qui détient de nouveau deux sièges à Berne. Le PEV est parvenu à maintenir ses deux sièges. Par contre, l’UDF ainsi que le PST-POP ne sont plus représentés à Berne. Ce dernier détenait pourtant, depuis 1947, au moins un mandat au sein de la chambre du peuple. Dans l’ensemble, les élections 2011 ont abouti à un léger report des forces vers le centre, qui s’est cependant fortement fractionné.

Afin de pourvoir les sièges du Conseil des Etats, des deuxièmes tours ont eu lieu dans pas moins de 13 cantons. Cela était en particulier attribuable au fait que l’UDC avait lancé une attaque sur la chambre des cantons en misant sur des personnalités connues. Le parti est non seulement parvenu à faire de la campagne, traditionnellement calquée sur la représentation cantonale, un événement national avec une mise en avant de la politique des dossiers, mais aussi à rendre les scrutins plus concurrentiels, entraînant ainsi des résultats plus serrés dans la plupart des cantons. En revanche, l’UDC a nettement échoué dans son objectif de gagner du terrain au Conseil des Etats. Sa stratégie, consistant à gagner ces élections au scrutin majoritaire grâce à des personnalités adhérant à la ligne dure de parti, n’a pas fonctionné. L’UDC a même dû céder deux mandats. Au sein de la chambre des cantons, le camp rouge-vert a légèrement progressé. Le PS est sorti vainqueur des élections au Conseil des Etats en parvenant à gagner deux sièges. Les socialistes en détiennent désormais onze, ce qui les place au même niveau que le PLR(-1 siège). Malgré la perte de deux sièges, le PDC demeure, avec ses 13 sièges, le plus grand groupe au Conseil des Etats. Les Verts et les Vert’libéraux ont réussi à maintenir leurs deux mandats respectifs et le PBD son siège dans le canton de Berne. En plus de ces six formations, le Conseil des Etats compte avec Thomas Minder, l’auteur de l’initiative populaire contre les rémunérations abusives, un membre sans appartenance politique.

Pour ce qui est du nombre des listes déposées (365) et le nombre de candidats au Conseil national (3472) et au Conseil des Etats (152), les élections 2011 ont établi de nouveaux records. La participation (48.5 %) s’est également inscrite en légère progression. Néanmoins, la proportion de candidates a diminué. Alors que 35.2 pourcent de femmes s’étaient portées candidates en 2007, elles ne représentaient plus que 32.8 pourcent en 2011. Ce recul s’est répercuté sur le taux de femmes au sein du parlement. Celui-ci a diminué pour la première fois depuis l’introduction du vote des femmes en 1971. Au Conseil national et au Conseil des Etats, les femmes ont respectivement perdu un siège. Au total, elles détiennent encore 67 des 246 sièges.(27.2 % contre 28 % en 2007).

Les pertes de sièges subies par l’UDC, la procédure peu professionnelle du parti quant à la sélection de ses candidats et le refus des autres partis de recourir à un changement dans la composition des partis représentés au gouvernement, ont conduit à la réélection d’Eveline Widmer-Schlumpf, la Conseillère fédérale du PBD. L’UDC, le parti le plus fort au parlement, n’est donc représenté que par un Conseiller fédéral. Pour ce qui est du PS, c’est Alain Berset, le Conseiller aux Etats fribourgeois, qui a été élu au Conseil fédéral en remplacement de Micheline Calmy-Rey.

Deux événements internationaux ont eu une grande influence sur la politique suisse: la catastrophe nucléaire survenue à Fukushima (Japon) et la crise dans la zone euro. Les événements au Japon ont été à l’origine d’un tournant de la politique énergétique suisse visant désormais une sortie progressive de l’énergie nucléaire. Le Conseil fédéral a esquissé une nouvelle Stratégie énergétique 2050 à cet égard. Plusieurs partis ont lancé des scénarios de sortie du nucléaire et 20'000 personnes ont protesté contre cette technologie en mai. La crise économique, qui constitue selon les sondages la préoccupation majeure de la population suisse, a eu néanmoins un impact moins important que prévu. Le taux de chômage a ainsi diminué de 3.9 pourcent à 3.1 pourcent en moyenne annuelle. Contrairement à la plupart des autres pays européens, la situation budgétaire n’a pas donné lieu à des préoccupations. La Confédération a bouclé l’année 2011 par un excédent budgétaire de CHF 1.9 milliards. Toutefois, le secteur exportateur a souffert du franc fort, ce qui a entraîné la Banque nationale suisse à introduire un taux plancher de CHF 1.20 par rapport à l’euro. Par ailleurs, les chambres ont adopté un paquet de mesures de CHF 869 millions destiné à soutenir l’économie.

Bien que de nombreuses initiatives aient été lancées à l’approche des élections fédérales – pas moins de 28 projets se trouvaient au stade de la récolte des signatures fin 2011, huit avaient été déposés et 14 étaient en suspens – une seule votation fédérale a eu lieu au cours de cette année électorale. L’initiative populaire «Pour la protection face à la violence des armes» demandant une interdiction de la conservation d’armes dangereuses, une attestation de capacité à les manipuler ainsi qu’un registre central des armes à feu, a été rejetée par 56.3 pourcent des votants.

La politique étrangère s’est caractérisée par des négociations plutôt tenaces avec l’Allemagne et les Etats-Unis au sujet des accords fiscaux. Avec le voisin du nord, un accord de double imposition a été conclu. Grâce à un accord fiscal bilatéral signé par la Conseillère fédérale, Eveline Widmer-Schlumpf, et le ministre des finances allemand, Wolfgang Schäuble, le conflit en matière fiscale semblait prendre une fin provisoire. En revanche, les fronts se sont durcis pour ce qui est de la dispute liée au bruit du trafic aérien. La pression exercée par les Etats-Unis sur la place financière suisse s’est également accentuée. Un acte transactionnel destiné à mettre fin à la dispute en matière fiscale a été adopté par le Conseil des Etats à la fin de l’année sous revue. Les négociations menées avec l’Union européenne portant sur le développement de la coopération bilatérale institutionnalisée sont cependant restées bloquées.

La décision du Conseil fédéral de remplacer les avions de combat Tiger F-5 par l’achat de 22 Gripen JAS 39, produits par le constructeur suédois Saab, a causé des remous. Quelques semaines avant cet arrêté, des documents d’évaluation secrets dressant un avis plutôt défavorable au Gripen sont parvenus à la presse. Dans le cadre des délibérations parlementaires sur l’armement et sur fond du rapport de l’armée, les chambres ont pris la décision d’effectuer cette acquisition par le budget de l’armement. Celui-ci a été fixé à CHF 5 milliards. En même temps, le parlement a décidé de ne pas soumettre la transaction au référendum.

Dans plusieurs thématiques, le parlement s’est montré peu enclin au consensus. Ainsi, la modification de la loi sur l’assurance-maladie (Managed Care) et la révision de la loi fédérale sur l’encouragement du sport n’ont été acceptées qu’au bout d’une conférence de conciliation. Au total, neuf conférences de conciliation se sont tenues en 2011 (contre cinq en 2010 et sept en 2009). Les chambres ne sont pas parvenues à s’entendre sur l’initiative populaire «Accéder à la propriété grâce à l’épargne-logement». Dans ce cas précis, les observateurs de la politique suisse ont assisté à une première. Alors que le Conseil national a suivi la recommandation de la conférence d’émettre un avis favorable à l’initiative, le Conseil des Etats a refusé de faire de même. Par conséquent, l’initiative a été soumise au peuple sans recommandation. En revanche, les chambres ont trouvé, suite à une conférence de conciliation, une solution à la problématique «too big to fail» en s’entendant sur les fonds propres minimaux dans le cadre de la révision de la loi fédérale sur les banques. A contrario, le long processus de prise de décision du parlement quant à l’initiative populaire sur les rémunérations abusives n’a pas pris fin en 2011.

Le Conseil fédéral a arrêté une réorganisation des départements. Dès 2013, le Département fédéral de l’économie (DFE) portera le nom de Département fédéral de l'économie, de la formation et de la recherche (DEFR). Le Secrétariat d'état à l'éducation et à la recherche (SER), le domaine des écoles polytechniques fédérales et l'Office fédéral de la formation professionnelle et de la technologie (OFFT) seront ainsi regroupés dans ce nouveau département. En même temps, le SER et l'OFFT fusionneront en un nouveau Secrétariat d'Etat à la formation, à la recherche et à l'innovation, le SEFRI.

Problèmes politiques fondamentaux:
– Pour la première fois, l’hymne national a été entonné dans les Chambres fédérales pour le commencement de la nouvelle législature.
– L’Office fédéral de la culture a publié une liste du patrimoine culturel immatériel.
– Le DFAE a jugé la couverture médiatique des médias étrangers comme étant de plus en plus critique.
– Les préoccupations de la population concernant la crise économique ont fortement augmenté en 2011.

Ordre juridique:
– La carte d’identité continuera d’être émise sous sa forme actuelle, à savoir sans puce et sans données enregistrées électroniquement et elle peut être commandée, auprès de la commune de domicile.
– Le Préposé fédéral à la protection des données et à la transparence, Hanspeter Thür a porté plainte contre Google Street View devant le tribunal fédéral.
– Le parlement a approuvé une révision de la loi fédérale instituant des mesures visant au maintien de la sûreté intérieure (LMSI).
– En Argovie plus de 20'000 personnes ont manifesté contre l’énergie nucléaire.
– L’Assemblée fédérale a approuvé la convention du Conseil de l’Europe sur la cybercriminalité.
– Le Conseil fédéral a autorisé la police des transports de porter des armes à feu.
– L’initiative populaire «Pour la protection face à la violences des armes» a été rejetée aux urnes.
– Une révision du code civile permet aux époux de garder leur nom de famille original à moins qu’ils décident d’adopter un nom commun.

Institutions et droits populaires:
– Lors des élections pour le renouvellement du Conseil fédéral, le statut quo a été conservé. Le siège de la Conseillère fédérale PBD Eveline Widmer-Schlumpf a été confirmé et l’UDC n’est toujours représentée que par un siège au gouvernement. Alain Berset, Conseiller d’Etat PS du canton de Fribourg, a été élu suite à la démission de la Conseillère fédérale PS Micheline Calmy-Rey.
– L’UDC a déposé une initiative pour l’élection du Conseil fédéral par le peuple.
– Les Chambres fédérales ont décidé de simplifier l’accès aux documents du gouvernement.
– Le Conseil national et le Conseil des Etats ont établi de nouvelles réglementations concernant les dispositions sur l’immunité.
– Le procureur fédéral a été élu pour la première fois par le Parlement et non plus par le Conseil fédéral. Erwin Beyeler, ayant été fortement critiqué, n’a pas été réélu.
– La tendance visant une utilisation plus large des droits populaires a persisté.
– Les Chambres fédérales ont examiné de nouvelles dispositions concernant la compatibilité des initiatives populaires avec les droits fondamentaux.
– Le vote électronique a continué son développement.

Structures fédéralistes:
– La modification de la loi fédérale sur la péréquation financière et la compensation des charges (PFCC) ainsi que la fixation des contributions de base en ce qui concerne le transfert des ressources et des charges a été accepté en juin de l’année sous revue par les deux chambres.
– Les gouvernements des cantons de Berne et du Jura ne sont pas d’accord sur la façon dont la population du jura bernois devra se prononcer sur la possible adhésion au canton du Jura.

Elections:
– Le BDP ainsi que les Vert libéraux, nouveaux partis du milieu, ont progressé lors des élections du Conseil national.
– Le PLR et le PDC ont tous deux perdu des sièges et ont dû faire face à un pourcentage de voix au plus bas.
– La vague de succès de l’UDC, persistant depuis 1991, a été freinée ; leurs pertes ont été cependant plus petites que les gains du BDP.
– Le PS a pu gagner des sièges malgré la perte d’électeurs.
– Les Verts ont souffert de la concurrence des Vert libéraux. Leur pourcentage de voix a diminué et ils ont perdu des sièges.
– En plus de la Lega, le MCR, un autre parti régional venant d’un canton frontalier, a pu faire son entrée au Conseil national.
– Tandis que le PS a pu gagner des sièges au Conseil des Etats, l’offensive lancée par l’UDC a échoué.
– La participation électorale a à nouveau légèrement augmenté.
– Pour la première fois depuis l’introduction du droit de vote des femmes, la part des femmes au Conseil national a diminué.
– Le BDP et les Vert libéraux ont également fait partie des gagnants lors des élections législatives cantonales, de même que les Verts et l’UDC.
– Le PDC et le PLR ont quant à eux dû faire face à des pertes importantes lors des élections cantonales.
– Les Verts ont conquis en 2011 pas moins de quatre sièges dans les gouvernements cantonaux. La Lega est devenue le parti le plus fort au sein du gouvernement tessinois.

Politique étrangère:
– Le Parlement a décidé de relever à 0.5 pour-cent du revenu national brut (RNB) les fonds affectés à l’aide au développement.
– La Grande Chambre a approuvé une aide spéciale au Fonds monétaire international.
– Les négociations entre l’UE et la Suisse au sujet de la coopération bilatérale relative aux institutions sont bloquées.
– Malgré la pression de l’UE qui aimerait une solution unitaire pour tous ses membres, la Suisse a conclu un accord bilatéral en matière d’imposition avec l’Allemagne.
– Le Parlement a refusé le contre-projet préparé par le Conseil fédéral concernant l’initiative en matière de traités internationaux de l’ASIN.
– Suite aux soulèvements dans les pays d’Afrique du Nord et du Proche-Orient, le Conseil fédéral a annoncé des sanctions contre les dirigeants, ainsi que le blocage de leurs avoirs.
– Le Conseil fédéral a l’intention de déposer la candidature de la Suisse au Conseil de sécurité de l’ONU pour la période 2023-24.
– Grâce à la médiation de la Suisse dans le cadre de son mandat de puissance protectrice, la Géorgie et la Russie ont signé un contrat bilatéral en automne.

Armée:
– Une motion de la Commission de la politique de sécurité du Conseil des Etats a chargé le Conseil fédéral de se pencher sur la question d’un système d’autorisation pour les entreprises de sécurité.
– Le Réseau national de sécurité a pris forme en 2011.
– Dans différentes affaires et lors du débat parlementaire autour de l’accord sur les armes à sous-munitions, le parlement a décidé de poursuivre la voie de la promotion de la paix.
– Dans le cadre du débat sur le programme d’armement 2011 et du rapport sur l’armée 2010, le parlement s’est prononcé en faveur d’une armée à 100'000 hommes et pour un budget de CHF 5 milliards.
– Le Conseil fédéral a décidé d’acquérir 22 avions de combat de type Saab Gripen pour remplacer les vieux Northrop F-5E/F Tiger II.
– Le Conseil des Etats n’a pas de donné suite à la révision de la loi sur le service civil étant donné que des étapes nécessaires avaient déjà été entamées par le Conseil fédéral.
– La révision partielle de la loi sur la protection de la population et sur la protection civile a été approuvée par les deux chambres.

Politique économique:
– L’économie suisse a résisté étonnement bien au contexte international difficile.
– Alors que le marché intérieura fait preuve de dynamisme, le secteur exportateur a souffert du franc fort, ce qui a incité la Banque nationale suisse à instaurer un taux plancher face à l’euro.
– Le parlement a augmenté les fonds destinés à la promotion économique.
– Le Conseil fédéral a envisagé un changement de paradigme en matière de cartels.
– Le Conseil des Etats et le Conseil national se sont rapprochés en ce qui concerne le contre-projet indirect à l’initiative contre les rémunérations abusives.

Crédit et monnaie:
– La Banque nationale a déclaré ne plus tolérer de taux de change de l’Euro inférieur à CHF 1.20.
– Le plan contre le franc fort de CHF 869 millions pour soutenir l’économie a été approuvé.
– La Suisse a augmenté ses contributions au Fonds Monétaire International.
– La règlementation sur les banques d’importance systémique («too big too fail») a été finalisée.
– Le secret bancaire s’est retrouvé sous pression suite au conflit fiscal avec les Etats-Unis.
– Le message concernant l’assistance internationale administrative en matière fiscale (loi sur l’assistance administrative en matière fiscale) a été publié.
– Le Conseil fédéral a approuvé le message relatif à la révision totale de la loi sur le contrat d’assurance.

Agriculture:
– Le Conseil fédéral a mis en consultation le projet de politique agricole 2014-2017. Ce dernier a rencontré de vives critiques issues des milieux paysans, des associations de protection de l’environnement et d’economiesuisse.
– Le Conseil national a adopté plusieurs motions visant à mettre fin aux négociations sur un accord de libre-échange agricole avec l’UE.
– Le Conseil des Etats a modifié la proposition du Conseil national en autorisant une augmentation de CHF 122 millions des moyens financiers destinés à l’agriculture pour les années 2012 et 2013.
– Le Conseil fédéral a présenté un projet modifiant la loi sur les denrées alimentaires.
– Le gouvernement a soumis son projet visant la mise à jour de la loi sur la protection des animaux.
– Le Conseil fédéral a présenté un message sur la circulation des espèces de faune et de flore protégées.
– Les chambres ont adopté des motions visant à modifier l’ordonnance sur la chasse afin d’autoriser le tir de l’ours, du lynx et du loup. Le DETEC a mis en consultation un projet de révision de l’ordonnance.
– Le Conseil fédéral a présenté son message sur la politique forestière 2020.

Finances publiques:
– Le Conseil fédéral a soumis au parlement un message portant sur un durcissement des forfaits fiscaux.
– Des pertes fiscales plus importantes que prévues dans le cadre de la deuxième réforme de l’imposition des entreprises ont conduit à une session spéciale.
– Le parlement a renvoyé le taux unique de la TVA au Conseil fédéral.
– Les comptes 2012 ont affiché un excédent de CHF 1.9 milliards, un résultat nettement supérieur aux prévisions.
– Le budget 2012 a tablé sur un compte financier équilibré.

Energie:
– Suite à un accident nucléaire survenu à Fukushima (Japon), la Suisse s’est engagée dans la voie d’une sortie progressive de l’énergie nucléaire.
– Compte tenu de la nouvelle donne, le Conseil fédéral a lancé une nouvelle stratégie énergétique 2050.
– Les chambres ont approuvé une modification de la loi sur l’énergie permettant au Conseil fédéral d’établir des prescriptions quant à la consommation d’énergie d’installations, de véhicules et d’appareils.
– Le Tribunal fédéral s’est prononcé pour l’enfouissement partiel d’une ligne à haute tension.
– Un jugement du Tribunal fédéral a de fait remis en cause la libéralisation du marché de l’électricité pour les grands consommateurs en énergie.

Transports et communications:
– Le Conseil fédéral a souhaité mettre en place une nouvelle base pour le financement des transports publics et a adopté le projet FAIF comme contre-projet à l'initiative ATE pour les transports publics.
– La Confédération, les cantons et les acteurs économiques concernés cherchent quel régime des transports sera le plus approprié lors des travaux d’assainissement prévus sur le tunnel routier du Gothard.
– Le programme de renforcement de la sécurité routière «Via sicura» ainsi que la dernière partie de la réforme des chemins de fer 2 sont entrés en processus d’élimination des divergences.
– Après l’entrée en vigueur fin 2011 de l’ordonnance sur le service de sécurité des entreprises de transports publics, les CFF ont décidé au contraire du BLS d’équiper leur police des chemins de fer avec des armes à feu portatives.
– L’approvisionnement complet du territoire suisse en technologie à très haut débit doit être atteint sous des conditions de concurrence.
– Les fronts dans la polémique des bruits de la circulation aérienne entre l’Allemagne et la Suisse se sont durcis.

Aménagement du territoire et logement:
– Le Projet de territoire Suisse a été présenté.
– D’importantes différences sont apparues entre le Conseil des Etats et le Conseil national lors des consultations visant la révision partielle de la loi sur l'aménagement du territoire.
– Alors que le Parlement avait déjà accepté un contre-projet indirect l’année précédente, il a recommandé lors de l’année en cours de rejeter l’initiative sur les résidences secondaires.
– Tandis que le Conseil des Etats a demandé de refuser l’initiative populaire «Sécurité du logement à la retraite», le Conseil national s’est engagé en faveur de cette demande.
– Les initiatives sur l’épargne-logement seront soumises au peuple sans recommandations du Parlement et sans contre-projet indirect. Ce dernier a été rejeté par le Conseil des Etats lors du vote final.

Protection de l'environnement:
– Le Conseil des Etats a recommandé de refuser l’initiative populaire «pour des véhicules plus respectueux des personnes (initiative anti-4x4)» et a soutenu un contre-projet indirect, accepté par le Parlement en vote final.
– Le Parlement a adopté, après une procédure d’élimination des divergences réussie, la révision de la loi sur le CO2, devant être proposé comme contre-projet indirect à l’initiative populaire fédérale «pour un climat sain».
– La Confédération a mené les premières négociations formelles avec l’UE sur la participation de la Suisse au système européen d'échange de quotas d'émission.
– Les réactions suite à la consultation concernant la ratification de la Convention européenne du paysage étaient majoritairement positives.
– Le Parlement a encouragé le Conseil fédéral à élaborer une vue d’ensemble des possibles conflits d’objectifs entre la promotion des énergies renouvelables et d’autres projets et stratégies de la Confédération, dont notamment la Stratégie Biodiversité Suisse.

Population et travail:
– La population résidente permanente de la Suisse a franchi la barre des 7.9 millions de personnes à la fin de l'année sous revue.
– Le nombre de chômeurs a diminué de 3.9 à 3.1 pourcent en moyenne annuelle.
– Les salaires nominaux ont progressé de 1.0 pourcent, les salaires réels de 0.7 pourcent.
– Un rapport du Secrétariat d’Etat à l’économie (SECO) a mis en lumière des abus liés à la libre circulation des personnes.
– Le Conseil fédéral a étendu le champ d’application de la CCT du travail temporaire.

Santé, assistance sociale, sport:
– Le Conseil national a adopté avec modifications la loi sur la prévention et la promotion de la santé tandis que le Conseil des Etats a refusé de justesse d’entrer en matière.
– Suite à la votation populaire de 2008, le Conseil fédéral a réintroduit provisoirement les médecines complémentaires dans le catalogue de l’assurance de base.
– Le gouvernement a recommandé de rejeter l’initiative «Oui à la médecine de famille» et a présenté un contre-projet direct.
– Le parlement a adopté des motions chargeant le gouvernement de fixer un nombre minimum de places d’études dans les facultés de médecine.
– Le Conseil fédéral, puis le Conseil national ont recommandé de rejeter l’initiative «Protection contre le tabagisme passif».
– Les chambres ont adopté une loi sur l’encouragement du sport après la convocation d’une conférence de conciliation.

Assurances sociales:
– Le Conseil fédéral a présenté son message relatif à la révision de la loi sur l’AVS qui ne contient pas les éléments contestés l’année précédente. Le parlement l’a aisément adopté.
– Les chambres ont modifié puis adopté le projet de révision 6b de l’AI.
– Le Conseil des Etats a adopté le message relatif à la révision 6b de l’AI présenté par le Conseil fédéral au cours de l’année sous revue.
– Le Conseil fédéral a mis en œuvre diverses ordonnances relatives à la réforme structurelle de la prévoyance professionnelle malgré les oppositions soulevées lors de la procédure de consultation.
– L’initiative populaire visant à supprimer l’interruption volontaire de grossesse du catalogue de la LAMal a abouti.
– Les chambres fédérales ont modifié puis finalement adopté une révision partielle de la LAMal relative au managed care après avoir convoqué une conférence de conciliation.
– Le DFI a mis en consultation un projet de loi visant à renforcer la surveillance sur les assureurs et un autre compensant les excédents et les déficits accumulés par les assureurs dans les réserves de la LAMal.

Groupes sociaux:
– Les Chambres fédérales ont adopté la loi-cadre sur l’intégration.
– Dû aux tensions politiques rencontrées par les pays d’Afrique du Nord et du Proche-Orient, il y a eu une forte augmentation des demandes d’asile.
– Le Conseil des Etats a approuvé non seulement la révision de la loi sur l’asile mais également différentes mesures à court terme visant à rendre le système plus efficace.
– Les Démocrates Suisses ont lancé une initiative populaire «pour la stabilisation de la population totale», devant donner au Conseil fédéral plus de moyens de régulation pour lutter contre la surpopulation.
– L’initiative populaire «stopper l’immigration massive», lancée par l’UDC, poursuit un objectif semblable.
– Le parlement s’est prononcé en faveur de l’inscription à part entière dans le code pénal de normes qui répriment des mutilations sexuelles féminines.
– Les deux chambres ont accepté la modification de la loi sur les allocations familiales, donnant, à l’avenir, le droit aux personnes non salariées (indépendantes) de recevoir des allocations pour enfants.
– Le PDC a revendiqué à l’aide d’une initiative populaire l’exonération d’impôts pour les allocations pour enfants et les allocations de formation professionnelle.
– Les Chambres fédérales ont approuvé la nouvelle réglementation concernant le nom et droit de cite des époux.
– La révision totale de la loi sur les activités de jeunesse a été approuvée par les deux chambres.

Enseignement et recherche:
– Le Conseil fédéral a annoncé le regroupement pour 2013 du Secrétariat d’Etat à l’éducation et à la recherche (SER) ainsi que de l’Office fédéral de la formation professionnelle et de la technologie (OFFT) dans un département de l’éducation au sein du DFE (qui prendra le nom de Département pour l’économie, l’éducation et la recherche, DEFR).
– Le gouvernement a adopté les messages relatifs à la loi fédérale sur l'imposition des frais de formation et de perfectionnement à des fins professionnelles ainsi que la loi sur l’encouragement de la recherche et de l’innovation.
– La loi sur la formation continue a été envoyée en consultation.
– Les Chambres ont commencé la discussion par article sur la loi fédérale sur l'imposition des frais de formation et de perfectionnement à des fins professionnelles et ont envoyé l’initiative populaire «jeunesse et musique» en processus d’élimination des divergences.
– Les Chambres ont adopté le message FRI pour l’année 2012 et la loi fédérale sur l’encouragement des hautes écoles et la coordination dans le domaine suisse des hautes-écoles (LEHE).

Culture, langues, églises:
– Le parlement a adopté le message culture 2013−2015 ainsi que la loi sur la règlementation du prix du livre.
– Lucerne et Schwyz se sont livrés une querelle en question de politique culturelle et d’éducation.
– L’Office fédéral de la culture a élaboré un inventaire de 167 traditions vivantes et dignes d’être protégées.
– Des questions politico-religieuses ont intensifié le discours sur la position, l’importance et la priorité des droits de l’Homme et des libertés fondamentales au sein de l’Etat démocratique et séculaire.

Médias:
– L’Office fédéral de la communication a présenté six études sur la situation des médias en Suisse.
– Il a été démontré que les médias, dû à la concentration de la presse, n’assument plus que de façon restreinte leur rôle démocratique concernant la formation de l’opinion.
– Les médias ont profité de la reprise économique générale.
– Les tirages de journaux gratuits ont fortement augmenté.
– Les maisons d’édition ont critiqué la concurrence croissante de la SSR pour son activité publicitaire sur Internet.
– Selon une étude, l’aide à la presse effectuée jusqu’à présent, n’a pas apporté la stabilisation souhaitée de la situation économique concernant la vente de presse par abonnements.
– Le Parlement s’est prononcé pour un nouveau système de perception de la redevance radio et télévision, mais a toutefois rejeté différentes offensives politiques à l’encontre de Billag.
– 86.8 pourcent des ménages suisses disposaient dans l’année sous revue d’un accès Internet.
– Le potentiel de modification de la structure d’Internet dans le paysage médiatique (pôle audiovisuel) ainsi que la régulation des médias électroniques ont été des thèmes importants dans l’année sous revue.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2011
Dossier: Jahresrückblicke 2004 bis 2014

Die Frauen sind auch nach den eidgenössischen Wahlen vom Herbst des Berichtsjahres im Parlament noch signifikant untervertreten. Der Anteil an Ständerätinnen in der kleinen Kammer liegt nach den Wahlen bei 19.6 Prozent. Im Gegensatz zur vorangehenden Legislatur verloren die Frauen einen Sitz und haben nun neun Ständeratsmandate inne. Im Nationalrat sind 29 Prozent aller Politiker weiblichen Geschlechts. Der Frauenanteil nahm damit – verglichen mit den Wahlen 2007 – ebenfalls um einen Sitz auf 58 Sitze ab. Von den Bundesratsparteien verfügt die SP mit beinahe der Hälfte aller Mandate (45.7%) über den grössten Anteil an Frauen im Nationalrat. Bei der CVP sind rund ein Drittel der Sitze in Frauenhand (32.1%), gefolgt von der FDP (23.3%) und der BDP (22.2%). Bei der im Nationalrat stärksten Partei, der SVP, sind lediglich 6 von 54 Sitzen von Nationalrätinnen besetzt. Bei der Grünen Partei der Schweiz und den Grünliberalen gingen 6 von 15 respektive 4 von 12 Nationalratsmandaten an Politikerinnen. In der Exekutive sind neu, nach dem Rücktritt von Micheline Calmy-Rey (sp, GE), welche von Alain Berset (sp, FR) ersetzt wurde, und nach den Gesamterneuerungswahlen von Anfang Dezember mit Doris Leuthard (cvp, AG), Simonetta Sommaruga (sp, BE) und Eveline Widmer-Schlumpf (bdp, GR) noch drei Frauen vertreten.

im Parlament noch signifikant untervertreten Exekutive

Im September erklärte Bundesrätin Micheline Calmy-Rey ihren Rücktritt. Die SP konnte dadurch eine im Wahlkampf nicht unwichtige, verstärkte Medienaufmerksamkeit generieren, da das Karussell mit den potentiellen Nachfolgerinnen und Nachfolgern relativ rasch zu drehen begann. Früh gab die Partei bekannt, nur Kandidierende aus der lateinischen Schweiz zu berücksichtigen. Schliesslich entschied sich die Fraktion für ein Zweierticket mit dem Staatsrat Pierre-Yves Maillard aus dem Kanton Waadt und dem Freiburger Ständerat Alain Berset. Obwohl die SVP bei den Bundesratswahlen im Dezember schliesslich beide Sitze der SP angriff, wurden sowohl Simonetta Sommaruga im ersten Wahlgang bestätigt als auch Alain Berset bereits im zweiten Umgang gewählt. Sommaruga behielt das EJPD und Berset übernahm das EDI.

Wahlkampf und Resultate der SP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Die Bundesratswahlen vom 14. Dezember verliefen schliesslich weit weniger spektakulär, als dies die Berichterstattung im Vorfeld hätte vermuten lassen. Die NZZ betitelte die Wahlen gar als „Ruhe nach dem Sturm“ und die AZ bezeichnete das Ereignis als „langweilig“, was Bundesratswahlen aber eigentlich gut anstünde. In den Fraktionserklärungen vor dem Wahlakt wurde noch einmal von allen Parteien die Konkordanz beschworen, wobei Antonio Hodgers (gp) auf den Punkt brachte, dass es zwischen den Parteien eben „keine Konkordanz darüber (gebe), was Konkordanz konkret bedeutet“. Schliesslich wurden alle amtierenden Bundesrätinnen und Bundesräte bereits im ersten Wahlgang bestätigt: Doris Leuthard (cvp) erhielt glanzvolle 216 Stimmen (11 Stimmen entfielen auf Verschiedene). Die mit Spannung erwartete Bestätigungswahl von Eveline Widmer-Schlumpf war relativ eindeutig: die BDP-Magistratin erhielt 131 Stimmen und war damit im ersten Umgang gewählt. 63 Stimmen entfielen auf Hansjörg Walter und 41 Stimmen auf Jean-François Rime (Verschiedene: 4 Stimmen). Ueli Maurer wurde mit respektablen 159 Stimmen gewählt. 41 Stimmen fielen hier auf Hansjörg Walter und 13 auf Luc Recordon (gp) (Verschiedene: 13). Erstaunlicherweise erfolgte vor der Wahl von Didier Burkhalter – der FDP-Bundesrat erhielt 194 Stimmen und 24 Stimmen entfielen auf Jean-François Rime (Verschiedene: 14) – keine Erklärung der SVP. Fraktionspräsident Baader ergriff erst vor dem fünften Wahlgang das Wort und klagte, dass sich die FDP nicht an die Konkordanz gehalten habe und die SVP deshalb alle drei verbleibenden Sitze mit Jean-François Rime angreifen werde. Dieses Unterfangen scheiterte jedoch sowohl bei der Bestätigung von Simonetta Sommaruga (sp), die mit 179 Stimmen (Rime: 61 Stimmen; Verschiedene: 2 Stimmen) genauso im ersten Wahlgang bestätigt wurde wie auch bei Johann Schneider-Ammann (fdp), der 159 Stimmen auf sich vereinte (Rime: 64 Stimmen; Verschiedene: 11 Stimmen). Auch bei der Ersatzwahl von Micheline Calmy-Rey war rasch klar, dass dem Angriff der SVP kein Erfolg beschieden war. Im ersten Wahlgang erhielten die beiden SP-Kandidaten mehr Stimmen als der Sprengkandidat Rime: Auf Alain Berset entfielen 114 Stimmen, Pierre-Yves Maillard und Jean-François Rime erhielten beide 59 Stimmen. Die 10 Stimmen, die Marina Carobbio im ersten Wahlgang erhielt (Verschiedene: 1), fielen dann wahrscheinlich Alain Berset zu, der bereits im zweiten Wahlgang mit 126 Stimmen das absolute Mehr erreichte und zum neuen SP-Bundesrat erkoren wurde (Maillard: 63 Stimmen; Rime: 54 Stimmen; Verschiedene: 2 Stimmen).

Eine weitere Bestätigung erhielt Eveline Widmer-Schlumpf mit der Wahl zur Bundespräsidentin 2012. Sie bekam 174 Stimmen; 32 Stimmen entfielen auf Bundesrat Maurer, der anschliessend mit 122 Stimmen turnusgemäss zum Vizepräsidenten gewählt wurde.

Die Bundesratswahlen wurden in der Presse unterschiedlich kommentiert. Auf der einen Seite wurde der SP eine strategische Meisterleistung attestiert. Der ideale Zeitpunkt des Rücktritts von Calmy-Rey, die guten Kandidaten und die Erfolge bei den Ständeratswahlen hätten ihr eine ausgezeichnete Ausgangslage verschafft, die sie gut genutzt habe. Zudem hätte die Allianz zwischen SP, GP, GLP und CVP gut funktioniert, um die Wiederwahl von Eveline Widmer-Schlumpf zu schaffen. Auf der anderen Seite wurden der SVP Fehler und eine wenig überzeugende Strategie vorgeworfen. Das Verheizen bekannter Köpfe bei den Ständeratswahlen, die (zu) späte Nominierung der Kandidaten und die negativen Schlagzeilen um Bruno Zuppiger hätten der erfolgsverwöhnten Partei geschadet. Alain Berset wurde als viertjüngster Bundesrat in der Geschichte des Bundesstaates als idealer, linker Bundesrat gewürdigt. (Nur Numa Droz (31 Jahre; 1876-1892), Jakob Stämpfli (34 Jahre; 1855-1863) und Ruth Metzler (34; 1999-2003) waren bei Amtsantritt jünger als Berset.) Insgesamt habe sich das Parlament nach den Querelen von 2003 und 2007 wieder für Stabilität im Gremium entschieden. Allerdings bleibe abzuwarten, wie die SVP, die in der Regierung deutlich untervertreten sei, nun reagieren werde. Für ersten Wirbel sorgte der Umstand, dass Ueli Maurer entgegen des Kollegialprinzips seine Wahl nicht im Bundeshaus, sondern mit Parteifreunden in einer Gaststätte verfolgt und dort auch Kommentare zu den Wahlen abgegeben hatte.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2011 – Nachfolge Micheline Calmy-Rey
Dossier: Wahlen des Bundespräsidiums
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Der Präsident Estlands Toomas Hendrik Ilves weilte im Dezember zu einem Arbeitsbesuch in der Schweiz und diskutierte mit Aussenministerin Calmy-Rey über verschiedene bilaterale und internationale Themen.

Besuch des estnischen Präsidenten Toomas Hendrik Ilves

Zu einer ersten Klärung der Situation trugen die Parlamentswahlen bei. So zogen die Grünen aufgrund der Niederlage bei den Parlamentswahlen ihren Anspruch auf einen Bundesratssitz zurück und traten nicht bei den Erneuerungswahlen an, obwohl sie noch vor den Wahlen einen Regierungssitz für sich reklamiert hatten. Sie hatten dabei nicht nur mit ihrer Wählerstärke sondern auch mit der wachsenden Bedeutung und Berücksichtigung der Umweltpolitik argumentiert und eine Liste mit möglichen Kandidierenden (darunter die Regierungsräte Bernhard Pulver (BE) und Guy Morin (BS), der Genfer Ständerat Robert Cramer oder die Zürcher Stadträtin Ruth Genner) ins Gespräch gebracht. Die BDP hingegen sah dank ihres Erfolges bei den Wahlen keinen Anlass, ihre Bundesrätin zurückzuziehen. Eveline Widmer-Schlumpf gab Ende Oktober denn auch definitiv bekannt, sich für die Wiederwahl bereitzustellen. Die SVP ihrerseits, die bei den Wahlen Sitze einbüssen musste, schloss vorerst eine Kampfkandidatur gegen die FDP aus.

Die SP brachte mögliche Kandidaten für die Nachfolge von Micheline Calmy-Rey früh in Stellung und nutzte die Auswahlprozedur geschickt für zusätzliche Medienaufmerksamkeit im Wahlkampf. Die Partei bekräftigte, dass nur Kandidierende aus der lateinischen Schweiz in Frage kämen. Als Topfavoriten galten der Waadtländer Staatsrat Pierre-Yves Maillard und der Freiburger Ständerat Alain Berset. Kandidaturen reichten zudem Nationalrat Stéphane Rossini (VS) und die Tessiner Nationalrätin Marina Carobbio ein. Die SP-Fraktion präsentierte Ende November mit Alain Berset und Pierre-Yves Maillard ein Zweierticket. Die Nichtnomination von Marina Carobbio stiess insbesondere in der Südschweiz auf Enttäuschung, bedeutete dies doch, dass das Tessin seit 1996 (Rücktritt von Flavio Cotti) weiter auf eine Vertretung in der Landesregierung warten musste.

Obwohl die SVP sich schon sehr früh als Herausforderin profilierte, tat sie sich mit der Suche nach Kandidierenden schwer. Zwar brachte sich Jean-François Rime (FR) schon früh in Stellung. Die als Favoriten gehandelten Kandidaten sagten aber spätestens nach den Parlamentswahlen alle ab: So verzichteten etwa der nicht in den Ständerat gewählte Caspar Baader (BL) oder der neue Ständerat Roland Eberle (TG). Auch Nationalrat Adrian Amstutz (BE), der im November seine Wiederwahl in den Ständerat nicht geschafft hatte, verzichtete genauso auf eine Kandidatur wie der umworbene Nationalrat Peter Spuhler (TG) und Parteipräsident Toni Brunner (SG). Zum Problem der SVP wurde allgemein die Wählbarkeit der Kandidierenden: Während linientreue Hardliner vom Parlament als nicht wählbar betrachtet wurden, hatten es moderate SVP-Exponenten schwer, die Hürde der Fraktionsnominierung zu überspringen. Bis Ende November meldeten schliesslich Nationalrat Guy Parmelin (VD), Ständerat Hannes Germann (SH), und die Regierungsräte Jakob Stark (TG) und Heinz Tännler (ZG) ihre Ambitionen an. Eher überraschend kam die Kandidatur von Nationalrat und Gewerbeverbandspräsident Bruno Zuppiger (ZH), der als Schwergewicht betrachtet wurde und der angab, auf Bitte von Christoph Blocher (ZH) anzutreten. Zuppiger war jeweils schon bei den Bundesratswahlen 2003, 2007 und 2008 von der SP als valabler SVP-Kandidat ins Spiel gebracht worden. Er galt deshalb weit über das bürgerliche Lager hinaus als wählbar und wurde denn auch prompt neben Rime auf ein Zweierticket gehievt. Allerdings zwang ihn ein von der Weltwoche verbreiteter Vorwurf, bei einer Erbschaft unrechtmässig Geld abgezweigt zu haben, zum Rückzug seiner Kandidatur. Die Presse ging mit der SVP-Spitze, die offenbar von der Sache gewusst hatte und vorerst an Zuppiger festhielt, hart ins Gericht. In einer Nacht- und Nebelaktion stellte die SVP in der Folge nicht etwa einen der von den Kantonalsektionen nominierten Kandidaten, sondern Nationalrat Hansjörg Walter als Ersatzkandidaten auf. Dieser hatte sich im offiziellen Nominationsverfahren nicht zur Verfügung gestellt, weil er das Amt des Nationalratspräsidenten übernehmen wollte. Der Wechsel wurde in der Presse als unprofessionell, unglaubwürdig und peinlich bezeichnet und die Spitze der SVP musste Fehler bei der Beurteilung der Kandidaten einräumen. Walter selber, der noch 2008 aufgrund einer einzigen Stimme nicht zum Bundesrat und im Berichtjahr mit einem glänzenden Resultat zum Nationalratspräsidenten gewählt worden war, machte deutlich, dass er nur gegen den Sitz der BDP antreten würde.

Nach den Hearings gaben sowohl die Grünen als auch die SP bekannt, dass sie ihrer Fraktion die Wiederwahl von Eveline Widmer-Schlumpf empfehlen würden. Die CVP und die BDP diskutierten gleichzeitig über eine stärkere künftige Kooperation. Es zeichnete sich deshalb ab, dass die SVP höchstens auf Kosten der FDP einen zweiten Sitz erhalten würde.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2011 – Nachfolge Micheline Calmy-Rey
Dossier: Wahlen des Bundespräsidiums
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Die Schweiz hatte bis im Dezember 2011 den Vorsitz der Ministerkonferenz der Frankophonie inne, welchen sie 2009 übernommen hatte. Anfang Dezember fand in Paris die Ministerkonferenz der Frankophonie unter der Leitung von Bundespräsidentin Calmy-Rey statt. Die aus den Mitglieds- und Beobachterstaaten angereisten Minister debattierten unter anderem über die Demokratisierungsbewegungen im nordafrikanischen Raum und Teilen des Nahen Ostens. Die Konferenz der Staats- und Regierungschefs der Frankophonie wird noch bis im Herbst 2012 von der Schweiz präsidiert.

Vorsitz der Ministerkonferenz der Frankophonie

Der Aussenminister Kosovos Enver Hoxhaj weilte Mitte November zu einem Arbeitsbesuch in der Schweiz. Beim Treffen mit Amtskollegin Calmy-Rey unterzeichnete er ein bilaterales Strassenverkehrsabkommen. Ebenfalls nahm er an einer Veranstaltung teil, bei dem die Bundesrätin von der kosovarischen Diaspora in der Schweiz für ihren Einsatz zugunsten des jungen Staates gewürdigt wurde.

Besuch des kosovarischen Aussenministers Enver Hoxhaj

Der Bundesrat kündigte im Januar die Kandidatur der Schweiz für den UNO-Sicherheitsrat an. Würde die Schweiz durch die UNO-Generalversammlung im anvisierten Wahljahr 2022 gewählt werden, wäre das Land nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrates für die Periode 2023−2024. Laut Aussenministerin Micheline Calmy-Rey könnte die Schweiz ihre Interessen so besser vertreten und ihr Engagement im Bereich der Friedensförderung verstärken sowie die internationale Vernetzung vertiefen. Die Idee für eine Kandidatur wurde von beiden Aussenpolitischen Ratskommissionen unterstützt. Nach Ansicht des Bundesrates wäre der Einsatz im Sicherheitsrat mit der Neutralität vereinbar und würde den verschiedenen Guten Diensten der Schweiz nicht schaden. Die Mehrheit der Parteien zeigte sich grundsätzlich offen für das Vorhaben, das erwartungsgemäss bei der SVP, welche um die schweizerische Neutralität besorgt war, auf Ablehnung stiess. Die Frage nach der Vereinbarkeit eines möglichen Sicherheitsratsmandats mit der Neutralität wurde auch in der Presse kontrovers diskutiert.

Kandidatur der Schweiz für den UNO-Sicherheitsrat
Dossier: Schweizer Sitz im UNO-Sicherheitsrat

Der Besuch von Bundespräsidentin Calmy-Rey in Brüssel war mit Spannung erwartet worden, da auch EU-Kommissionspräsident Barroso von der Aussenministerin eine klare Stellungnahme zur weiteren Entwicklung des Verhältnisses Schweiz-EU erwartete. Das Treffen zwischen beiden Seiten verlief ohne konkrete Ergebnisse. Die EU forderte von der Schweiz die automatische Übernahme von europäischem Recht bei neuen Abkommen, ein Vorschlag, welcher bei der Schweizer Delegation auf Ablehnung stiess. Die selektive Weiterentwicklung des Bilateralismus sei für die Union kein Thema, hiess es in Brüssel. Aber auch Bundesrätin Calmy-Rey machte in ihrer Erklärung klar, dass die Beibehaltung des Status quo für die Schweiz nicht von Vorteil sei. Damit war man sich nach dem Treffen zumindest „einig über die Uneinigkeit“. Aufgrund der Kontroverse um ein mögliches drittes bilaterales Verhandlungspaket forderten die Aussenpolitischen Kommissionen beider Räte eine Klarstellung der Bundesräte Calmy-Rey und Schneider-Ammann bezüglich der Sichtweise der Schweizer Exekutive auf die Weiterentwicklung des Verhältnisses mit der EU. Nachdem sich abzeichnete, dass die Blockade der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU von längerer Dauer sein würde, kritisierte die Aussenministerin in der Schweizer Presse das Verhalten der EU als zu passiv. Deren Vorgehen sei keiner Lösung förderlich. Die Aussagen der Bundesrätin wurden von Politikern sämtlicher Lager kritisiert. EU-Botschafter Reiterer konterte, dass nach Ansicht Brüssels der Ball bei der Schweiz liege. Beim Besuch des EU-Ratspräsidenten Van Rompuy in Zürich im November bekräftigen beide Parteien nochmals ihre Sicht auf die zukünftigen Verhandlungen. Während die EU nach wie vor eine institutionelle Lösung mit automatischer Rechtsübernahme durch die Schweiz forderte, sprach sich Aussenministerin Calmy-Rey für sektorielle Abkommen aus.

Entwicklung des Verhältnisses Schweiz-EU
Dossier: Beziehungen Schweiz–EU, institutionelle Frage