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Akteure

  • Andres, Dora (BE, fdp/plr)
  • Genner, Ruth (ZH, gp/verts)
  • Reimann, Maximilian (svp/udc, AG) SR/CE
  • Marty, Dick (fdp/plr, TI) SR/CE

Prozesse

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Zur Erfüllung der Motion Reimann (svp, AG) wurde die Bundeskanzlei beauftragt, mit den Departementen Lösungen zu finden, damit den Mitgliedern der eidgenössischen Räte keine Druckerzeugnisse mehr ungefragt zugestellt werden. Die Lösung bestand darin, dass Printprodukte der Bundesverwaltung seither zentral über die Parlamentsbibliothek angeboten werden. Die Parlamentsmitglieder entscheiden dann frei, ob sie das Produkt beziehen oder nicht.
Der Bundesrat erachtete das Anliegen der Motion als erfüllt und beantragte Ende 2017 deren Abschreibung. Die beiden Räte stimmten der Abschreibung im Sommer 2018 zu.

Papierflut einzudämmen

Im Mai 2018 schlug die WAK-SR vor, als Gegenstück zur Unternehmenssteuerreform der AHV aus dem vollständigen Demografieprozent der Mehrwertsteuer, einer Erhöhung des Bundesbeitrags sowie der Lohnbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern neu zusätzlich ungefähr CHF 2 Mrd. jährlich zukommen zu lassen – was von den Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern im Mai 2019 angenommen wurde. Diese Idee einer Zusatzfinanzierung für die AHV kam jedoch nicht von ungefähr, hatten doch seit 2017 zahlreiche Mitglieder der eidgenössischen Räte Vorstösse für eine einmalige oder regelmässige Zusatzfinanzierung für die AHV eingereicht.
Den Anfang machte die FK-NR im Oktober 2017. Nachdem die Schweizer Stimmbevölkerung die Altersvorsorge 2020 kurz zuvor an der Urne abgelehnt hatte, beantragte die Kommission in einer parlamentarischen Initiative (Pa.Iv. 17.496), der AHV im Jahr 2018 den im Budget 2018 frei gewordenen Betrag von CHF 441.8 Mio., der zuvor für die AHV geplant gewesen war, ihr nun aufgrund der abgelehnten Altersvorsorge aber verwehrt werden sollte, zukommen zu lassen. Dieser Vorschlag fand jedoch in der FK-SR keine Mehrheit.
In der Folge waren insbesondere Forderungen, wonach die SNB eine Finanzzulage an die AHV leisten solle, prominent. Den ersten Schritt machte diesbezüglich Peter Keller (svp, NW; Ip. 18.3124) mit einer Interpellation. Da die SNB seit Januar 2015 einen Negativzins von 0.75 Prozent auf die Gelder, die bei ihr lagerten, kassiere und dadurch auf Kosten der Schweizer Sparenden sowie Rentnerinnen und Rentner 2015 bis 2017 fast CHF 5 Mrd. eingenommen habe, wollte er vom Bundesrat wissen, ob dieser ebenfalls der Meinung sei, dass die entsprechenden Gelder nach Beendigung der ausserordentlichen Massnahmen durch die SNB wieder der Schweizer Bevölkerung zurückgegeben werden sollten – etwa über die AHV. Der Bundesrat erklärte sich dabei mit der aktuellen Regelung, die eine Ausschüttung der Gewinne an die Bevölkerung ermögliche, aber auch die Unabhängigkeit der SNB gewährleiste, zufrieden. Ende 2018 folgte Alfred Heer (svp, ZH; Mo. 18.4327) mit einer Motion, die den Bundesrat beauftragen sollte, die Gewinnaufteilung der SNB so zu ändern, dass die von der Nationalbank erhobenen Negativzinsen vollständig auf Kosten des Bundes, dessen Auszahlungen entsprechend gekürzt werden sollten, an die AHV fliessen sollten. Da der Bund faktisch keine Schuldzinsen bezahle und stattdessen sogar ein Zinsüberschuss auf neuen Bundesobligationen erwirkt werde, sei er einer der Profiteure der Negativzinsen, argumentierte der Motionär. Thomas Matter (svp, ZH; Pa.Iv. 18.465) forderte in einer parlamentarischen Initiative – erfolglos –, dass die Nationalbank die Hälfte ihres Eigenkapitalzuwachses seit dem 31. Dezember 2007 einmalig an die AHV überweisen solle, sobald sich das internationale Finanzsystem und die Bilanzsumme der SNB normalisiert haben. Noch bevor sich der Nationalrat entschieden hatte, dem Vorstoss Matters keine Folge zu geben, wollte Maximilian Reimann (svp, AG; Pa.Iv. 19.481) ebenfalls mit einer parlamentarischen Initiative dafür sorgen, dass die Erträge aus Negativzinsen nicht als Reingewinn der SNB verbucht werden, sondern der AHV – sowie allenfalls den Pensionskassen und der dritten Säule – zugute kommen.
Doch nicht nur im Bereich der Nationalbank, auch in weiteren Bereichen sah die SVP Potenzial für eine Unterstützung der AHV. So reichte die SVP-Fraktion im September 2018 drei Motionen ein, mit denen die Rahmenkredite für die Entwicklungshilfe um CHF 1 Mrd. pro Jahr (Mo. 18.3755) respektive für den Asyl- und Flüchtlingsbereich vorgesehene Gelder um CHF 500 Mio. jährlich gekürzt (Mo. 18.3757) sowie die sogenannte Kohäsionsmilliarde für die EU gestrichen werden (Mo. 18.3756) und die frei werdenden Gelder der AHV zugeführt werden sollten. Mit entsprechenden Anträgen war sie zuvor im Nationalrat bei der Besprechung der STAF gescheitert. Die Motionen 18.3755 sowie 18.3756 fanden jedoch in der Herbstsession 2019 ausserhalb der SVP keinen Anklang und wurden entsprechend deutlich abgelehnt. Die Motion 18.3757 wurde bis zum Ende der Herbstsession 2019 noch nicht behandelt.
Einen weiteren Vorschlag für eine Zusatzfinanzierung für die AHV machte Luzi Stamm (svp, AG; Pa.Iv. 19.435) – und somit wiederum ein Mitglied der SVP-Fraktion – im Mai 2019 in einer parlamentarischen Initiative. Demnach sollen zukünftig aufgrund von fix installierten Überwachungsgeräten ausgestellte Bussen und Geldstrafen im Strassenverkehr in den AHV-Fonds fliessen. Dabei ging es ihm jedoch nicht in erster Linie um die Finanzierung der AHV, sondern vor allem um die Überwachungsgeräte. Durch eine solche Änderung würden diejenigen Stellen, die Überwachungsgeräte aufstellen, nicht direkt von diesen profitieren, wodurch sichergestellt werden könne, dass diese tatsächlich zur Sicherheit, nicht nur für den Profit installiert würden.
Im September 2018 reichte schliesslich mit Beat Flach (glp, AG; Po. 18.4009) auch ein Mitglied der Grünliberalen Fraktion ein Postulat ein, gemäss dem der Bundesrat die Höhe der Zusatzfinanzierung für die AHV und IV durch eine Legalisierung von Cannabis und eine Besteuerung analog zu Tabak berechnen sollte. Dieselbe Problematik nahm auch Fabian Molina (sp, ZH; Anfrage 19.1039) im Juni 2019 in seiner Anfrage an den Bundesrat auf.
Eine Unterstellung von Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs unter den reduzierten Mehrwertsteuersatz sowie eine Erhöhung des Normalsatzes zugunsten der AHV forderte die Jugendsession 2017 in einer Petition (Pet. 18.2006).

Zusatzfinanzierung für die AHV

Im Vorfeld der Verabschiedung der – als Folge der Terroranschläge von Paris im November 2015 – angepassten EU-Waffenrichtlinie (2017/853) durch das Europäische Parlament am 14. März 2017 regte sich in der Schweizer Waffenlobby erneut lautstarker Widerstand gegen die bevorstehende Verschärfung des Waffenrechts. Als Schengen-Vertragsstaat ist die Schweiz verpflichtet, Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands nachzuvollziehen, worunter auch die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie fällt. Dazu muss die Schweiz etwa die Registrierungspflicht für Waffen verschärfen und den Onlinehandel sowie den Besitz halbautomatischer Waffen für Privatpersonen einschränken. Bereits im Februar 2017 berichtete die Sonntagszeitung von der geplanten Gründung einer neuen parlamentarischen Gruppe «Für ein liberales Waffenrecht», welche sich unter dem Co-Präsidium von SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (VS) und FDP-Ständerat Josef Dittli (UR) dem Kampf gegen ein verschärftes Waffenrecht verpflichten werde. Auch der Schweizer Schiesssportverband (SSV) hatte zusammen mit ProTell und der Interessengemeinschaft Schiessen schon das Referendum angekündigt, sollte die Schweiz die verschärften Regeln übernehmen. Im Anschluss an die Verabschiedung der angepassten Richtlinie durch das Europäische Parlament und deren Bestätigung durch den Ministerrat meldeten sich in der Presse wiederholt Schützenvertreter zu Wort und übten harsche Kritik am vorgesehenen nationalen Waffenregister, am Zwang zur Vereinsmitgliedschaft oder am Verbot von Gewehrmagazinen mit mehr als zehn Schuss. Durch die neuen Regelungen würden sie an der Ausübung ihres Hobbys gehindert, kriminalisiert und «in den gleichen Topf wie die Terroristen gesteckt», wie die Luzerner Zeitung SVP-Nationalrat Werner Salzmann (BE) zitierte. Bestraft würden jene, die sich an das Recht halten, pflichtete ihm die Präsidentin des SSV, die Berner alt-Regierungsrätin Dora Andres, bei.

Konsequenz einer Nichtübernahme der Richtlinie könnte der Ausschluss der Schweiz aus dem Schengen-Vertrag und damit verbunden auch aus dem Dubliner Abkommen sein, dank dessen die Schweiz heute viele Asylgesuche an andere europäische Staaten abgeben kann. Darin begründet liegt die sowohl von liberaler als auch von linker Seite geäusserte Befürchtung einer neuen europapolitischen Grundsatzabstimmung. Während liberale Kreise zur Verhinderung einer solchen auf Ausnahmebestimmungen in der Umsetzung der Richtlinie hofften, betonte SP-Nationalrätin Chantal Galladé (ZH), es sei wichtig aufzuzeigen, dass die Mitgliedschaft im Schengen-Raum für die Sicherheit der Schweiz eine zentrale Rolle spiele. Sollten sich die Waffenlobby und die SVP, welche schon lange Kritik am Schengen-Abkommen übte, in der Abstimmung durchsetzen können, drohe der Schweiz «erneut eine europapolitische Baustelle», so Galladé im Tages-Anzeiger. Dass das angedrohte Referendum durch die Aushandlung weiterer Sonderregelungen für die Schweiz verhindert werden könnte, wurde in der Bundesverwaltung jedoch angezweifelt. Die Schweiz habe bereits in der Entstehungsphase der Richtlinie dahingehend einzuwirken versucht und dabei wenigstens eine Ausnahme errungen, dass Schweizer Armeeangehörige die Ordonnanzwaffe nach dem Ende der Dienstzeit weiterhin behalten dürfen, obwohl das Sturmgewehr neu eigentlich in die Kategorie der verbotenen Waffen fällt. SSV-Geschäftsführer Beat Hunziker legte unterdessen keine grosse Kompromissbereitschaft an den Tag und erklärte, man nehme mit dem Referendum eine allfällige Kündigung von Schengen/Dublin in Kauf. SSV-Präsidentin Dora Andres glaubte gar nicht erst daran, dass dieser Fall eintreten könnte; der Streitwert sei in dieser Sache zu gering, um die Schweiz tatsächlich vom Schengen-Abkommen auszuschliessen. Es wurde jedoch auch Kritik an der «Fundamentalopposition» der Schützenlobby laut; gerade weil die EU der Schweiz einen Ausnahmeparagraphen für das Sturmgewehr zugestanden habe, sei diese «unbegreiflich», äusserte sich etwa die Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf gegenüber der Luzerner Zeitung. Es «wäre ein absoluter Verhältnisblödsinn» für die Interessen der Schützen die Errungenschaften aus Schengen/Dublin wie den polizeilichen Informationsaustausch, Erleichterungen im Reiseverkehr und die europäische Zusammenarbeit in Asylverfahren zu opfern. Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga zeigte sich in der Presse wenig erfreut über die heftige und ihrer Meinung nach verfrühte Reaktion der Schützen. Sie nehme die Sorgen wahr, aber der übliche Weg der Gesetzgebung stehe noch bevor, weshalb man kühlen Kopf bewahren solle.

In der Zwischenzeit beschäftigten sich verschiedenste parlamentarische Vorstösse mit der anstehenden Übernahme der EU-Richtlinie ins schweizerische Recht. So wollte beispielsweise Chantal Galladé zusammen mit den Nationalratskolleginnen Barbara Schmid-Federer (cvp, ZH) und Kathrin Bertschy (glp, BE) die Gunst der Stunde nutzen, um mit drei gleichlautenden parlamentarischen Initiativen (17.426, 17.427 und 17.428) ein umfassendes Waffenregister für die Schweiz zu fordern. Gemäss «Sonntags-Blick» hofften die Initiantinnen, damit Druck zu machen, dass ein solches in die Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung der EU-Richtlinie einfliessen sollte. Der Aargauer FDP-Ständerat und Hobbyschütze Philipp Müller machte sich indes Sorgen um die Schweizer Schiesstradition und stellte dem Bundesrat mittels Interpellation (Ip. 17.3255) die Frage nach der «Vereinbarkeit der Schweizer Schiesstradition mit der EU-Waffenrichtlinie», wie auch der Titel des Vorstosses lautete. Gegenüber dem Tages-Anzeiger erklärte Müller es zum Ziel, «Schengen/Dublin zu behalten und dabei das traditionelle Schiesswesen nicht zu gefährden.» CVP-Nationalrat Yannick Buttet (VS) stellte dem Bundesrat ebenfalls mittels einer Interpellation (Ip. 17.3280) die Frage nach den Auswirkungen der EU-Beschlüsse zum Waffenrecht auf die Schweiz und Werner Salzmann wollte dem Bundesrat per Motion gar «verbieten, die neuen Regeln zu übernehmen», wie es der «Blick» formulierte. Er hatte im letzten Jahr bereits eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» eingereicht, die im März 2017 im Nationalrat auf breite Zustimmung gestossen war.

Da die EU-Richtlinie nicht direkt anwendbar ist, besteht bei der Überführung ins nationale Recht ein gewisser Spielraum, den die Schweiz auch nutzen wolle, wie das Fedpol im Mai verlauten liess. So solle sich für ehemalige Armeeangehörige, die bereits im Besitz eines Sturmgewehrs sind, nichts ändern. Die neuen Regeln sollen erst für jene gelten, die zukünftig eine halbautomatische Waffe kaufen oder nach dem Ende der Dienstpflicht behalten wollen. Doch anstatt zu beschwichtigen, liess diese Ankündigung die Wogen erneut hochgehen. Die Basler Zeitung schrieb fortan von der «Entwaffnung auf Zeit» und witterte dahinter die «Wahrung des Besitzstandes für ehemalige Wehrmänner», um die Führungsriege der Schützen vom Referendum abzubringen. Die obligatorische Mitgliedschaft in einem Schützenverein hingegen solle letztere «milde stimmen» und sei darüber hinaus juristisch fragwürdig, da sie gegen die negative Vereinigungsfreiheit laut Art. 23 Abs. 3 BV verstosse, so die Behauptung. Während Werner Salzmann im «Blick» erneut betonte, das schärfere Waffenrecht verhindere keinen Terroranschlag und rette kein Menschenleben, aber schikaniere die Schützen und sei ein «Bürokratiemonster», stellte Werner Hohler, Interimspräsident von ProTell, gegenüber der Basler Zeitung unmissverständlich klar: «Wir akzeptieren keine noch so minimale Verschärfung des Waffenrechts, sondern wir wehren uns mit allen politischen und rechtlichen Mitteln dagegen.»

Mitte Juni 2017 fällte der Bundesrat sodann die formale Entscheidung, dass er die EU-Feuerwaffenrichtlinie akzeptieren und diese ins Schweizer Recht übernehmen will. Die angekündigte «pragmatische» Umsetzung solle nun weder ein zentrales Waffenregister noch eine Beschränkung der Gewehrmagazine auf zehn Schuss enthalten. Auch im letzten wesentlichen Streitpunkt, der Pflicht zur Vereinsmitgliedschaft und zum regelmässigen Üben an der Waffe als Voraussetzungen für den Erwerb einer halbautomatischen Waffe, worunter auch die Armeewaffe fällt, signalisierte der Bundesrat Gesprächsbereitschaft. ProTell sah genau darin jedoch die Einführung eines Bedürfnisnachweises, wie er 2011 vom Volk abgelehnt worden war, und hielt zusammen mit weiteren Schützenkreisen und der SVP trotz aller Zugeständnisse an der Referendumsdrohung fest. Unter den bürgerlichen Politikern, die sich anfänglich noch in breiter Front gegen eine Übernahme der Richtlinie gewehrt hatten, bröckelte der Widerstand jedoch. Wegen so kleiner Einschränkungen wie der Mitgliedschaft in einem Schützenverein solle Schengen/Dublin nicht aufs Spiel gesetzt werden, war vermehrt zu vernehmen. Die Vernehmlassung zur Umsetzung der Richtlinie wird noch im Herbst 2017 erwartet.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Im Nachgang einer Recherche der SDA fiel das Schlaglicht der öffentlichen Debatte im Februar 2016 plötzlich auf die schon seit Monaten geplante Verschärfung des EU-Waffenrechts. Als Reaktion auf die Terroranschläge von Paris im vergangenen Jahr solle mit der Einschränkung des Waffenbesitzes und -handels nun verhindert werden, «dass Waffen in die Hände von Terroristen fallen», wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von der NZZ zitiert wurde. Sofern die Richtlinie tatsächlich zustande kommt, muss die Schweiz als Schengen-Vertragsstaat diese übernehmen, um ihre Mitgliedschaft im Schengener und damit verbunden auch im Dubliner Abkommen nicht zu gefährden. Dies erläuterte der Bundesrat in seiner Antwort auf eine entsprechende Interpellation Ruiz (sp, VD; Ip. 15.4199). Die Schweiz sei jedoch in der zuständigen Expertengruppe des Ministerrates vertreten, wenn auch ohne formales Stimmrecht und nur mit beratender Funktion, was eine gewisse Einflussnahme ermögliche. Von der Kommission vorgesehen sind unter anderem strengere Registrierungspflichten, ein Verbot des Onlinehandels von Waffen und Munition, strengere Regeln für unbrauchbar gemachte Waffen, ein Bedürfnisnachweis – sei es als Jäger, Sportschütze oder Sammler – und eine medizinische Untersuchung als Vorbedingungen für den Waffenerwerbsschein sowie ein Verbot von zivilen halbautomatischen Feuerwaffen, die wie vollautomatische Kriegswaffen aussehen. Diese werden von der EU nicht nur wegen des relativ leicht möglichen Umbaus zu vollautomatischen Waffen, sondern auch aufgrund ihrer hohen Munitionskapazität als sehr gefährlich angesehen. Waffen ebendieser Kategorie kommen im ausserdienstlichen Schiesswesen in der Schweiz jedoch zu breitem Einsatz. Die verschärften Regeln liessen es in der Folge auch nicht mehr zu, dass Armeeangehörige Ordonnanzwaffen nach dem Ende der Dienstpflicht mit nach Hause nehmen.
So liess denn auch die Kritik aus dem Umfeld der Waffenlobby nicht lange auf sich warten. Dora Andres, Präsidentin des Schweizerischen Schiesssportverbandes (SSV), erklärte in den Medien, der SSV lehne die Vorschläge der Europäischen Kommission vollumfänglich ab. Die Schweiz brauche kein schärferes Waffenrecht und nötigenfalls werde man dagegen politisch aktiv werden. Mit rund 133'000 Mitgliedern wäre der SSV problemlos referendumsfähig. Schützenhilfe erhielt Andres auch von bürgerlichen Politikerinnen und Politikern, darunter CVP-Präsident Christophe Darbellay (VS), welcher die vorgesehenen Regeln gegenüber dem Sonntags-Blick als «nicht kompatibel» mit dem schweizerischen Schützenwesen und der Milizarmee bezeichnete. FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger (AG) erachtete gegenüber der Aargauer Zeitung eine Verschärfung des Waffenrechts als schlicht nicht in der Lage, mehr Sicherheit zu garantieren; es sei ein «Irrglaube», dass mit strengeren Regeln der kriminelle Waffenmissbrauch verhindert werden könne. Die Milizarmee und die Armeewaffen zu Hause seien sogar Teil der «schweizerischen DNA», liess sie im Sonntags-Blick verlauten.

Im März 2016 gab Bundesrätin Simonetta Sommaruga nach einem Treffen der EU-Innenminister erste Entwarnung: «Die EU wird der Schweiz das Sturmgewehr nicht verbieten», wurde sie in der Presse zitiert. Neben der Schweiz hätten sich auch andere EU-Länder, darunter v.a. baltische und nordische Staaten mit Schützen- und Jägertradition, gegen zu zentralistische Verschärfungen gewehrt. In der Folge verabschiedete der Rat der Innenminister Mitte Juni einen entschärften Entwurf mit einer eigens auf die Schweiz zugeschnittenen Ausnahmebestimmung. Diese «Schutzklausel für das Schweizer Sturmgewehr» (Tages-Anzeiger) ermöglicht es Schweizer Armeeangehörigen weiterhin, die Waffe nach Ende der Dienstpflicht zu behalten. Bedingungen dafür sind allerdings die Mitgliedschaft in einem Schützenverein, der Nachweis von jährlichen Schiessübungen sowie die regelmässige medizinische und psychologische Beurteilung des Waffenbesitzers.
Ebendiese Bedingungen waren es denn auch, welche die Freude über den Schweizer Verhandlungserfolg zumindest auf Seiten der Waffenlobby erheblich trübten. So schrieb die Basler Zeitung weiterhin von der «Entwaffnung Hunderttausender Schweizer Bürgerinnen und Bürger»; alle seien auf die Entwarnung Sommarugas hereingefallen, denn durch die von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Bedingungen würden «unbescholtene Schweizerinnen und Schweizer, die eine Waffe besitzen», kriminalisiert und «der Grundsatz, wonach der Staat seinen Bürgern so lange vertraut, bis ihnen eine Straftat bewiesen werden kann, [...] ausgehebelt». Stattdessen müssten ehemalige Soldaten nun beweisen, «dass sie keine Gewalttäter sein wollen». Nicht zuletzt sah sie darin über Umwege die Umsetzung der 2011 abgelehnten Initiative gegen Waffengewalt. Auch bürgerliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier übten abermals Kritik an der Richtlinie und nun insbesondere an den Bedingungen im «Schweizer Paragraphen». Von einer «schlimme[n] Einmischung in die Schweizer Gesetzgebung» (Walter Müller, fdp, SG) und der Gefährdung der Souveränität der Schweiz (Adrian Amstutz, svp, BE) war die Rede. Die Urteile über die Richtlinie im Allgemeinen wie auch über die medizinisch-psychologischen Tests im Besonderen reichten von «inakzeptabel und lächerlich» (Yannick Buttet, cvp, VS) bis zu «absurd» (Dora Andres, SSV). Der neue CVP-Präsident Gerhard Pfister (ZG) forderte von Bundesrätin Sommaruga gar eine Erklärung und allfällige Nachverhandlungen in Brüssel. Der SVP-Nationalrat und Präsident des Berner Schützenverbandes Werner Salzmann reichte indes Ende September eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» ein. Dem Vorstoss zufolge sollte die Schweiz gemeinsam mit jenen EU-Staaten, die dem neuen Waffenrecht ebenfalls kritisch gegenüberstehen, die «unannehmbaren Änderungen» bekämpfen.

Im Dezember 2016 einigten sich Vertreter der EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments auf eine Fassung der Waffenrichtlinie, über die als nächstes das Europäische Parlament befinden wird. Unterdessen war es der europäischen Waffenlobby gelungen, die Vorlage weiter abzuschwächen. So sieht der Antrag zuhanden des Europäischen Parlaments kein Verbot halbautomatischer Waffen mehr vor, sondern lediglich Einschränkungen betreffend den Verkauf und die maximale Patronenzahl. Den Mitgliedstaaten ist es nun ausserdem freigestellt, ob für den Waffenerwerb medizinisch-psychologische Tests erforderlich sind oder nicht. Bei der Überführung in nationales Recht bietet die Richtlinie daher einen gewissen Spielraum. Was jedoch geblieben ist, sind die Mitgliedschaft in einem Schützenverein und die regelmässige Teilnahme an Schiessanlässen als Voraussetzungen, damit Schweizer Armeeangehörige das Sturmgewehr behalten dürfen. Diese Punkte waren im ausgehenden 2016 denn auch die meistkritisierten, denn mit Vereinspflicht und Schiesszwang wolle die EU die Freiheit und Selbstbestimmung der Schweizer beschränken, zeigte sich Werner Salzmann gegenüber der Luzerner Zeitung besorgt. Mit mehr Dramatik bezeichnete Jean-Luc Addor (VS), SVP-Nationalrat und Vizepräsident von ProTell, die Schusswaffe als «das Symbol des freien Mannes» und die Reform daher als unverhältnismässig. ProTell kündigte bereits das Referendum an; man toleriere keine Verschärfung des Schweizer Waffenrechts. Auch ein Ausschluss aus Schengen/Dublin würde gemäss diversen Zeitungsberichten von der Waffenlobby damit bewusst in Kauf genommen.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Mittels einer Motion «EU-Beitrittsgesuch, Klarheit schaffen» forderte Antragsteller Lukas Reimann (svp, SG) vom Bundesrat, das Gesuch über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU zurückzuziehen. Reimann kritisierte den Bundesrat dafür, dass es durch den versäumten Rückzug bereits mehrfach zu Irritationen in der Interaktion mit EU-Vertretenden gekommen sei. Zudem habe der Bundesrat wiederholt geäussert, dass ein Rückzug nicht möglich sei. Dass dies doch ginge, habe das EFTA-Mitgliedsland Island jedoch 2014 gezeigt. Reimann fürchtete zudem, dass neue Verhandlungen – etwa das Rahmenabkommen – durch die Pendenz belastet würden.
In seiner Stellungnahme wies der Bundesrat darauf hin, dass das EU-Beitrittsgesuch durch das Nein zum Europäischen Wirtschaftsraum 1992 gegenstandslos geworden sei. Überdies beeinflusse das Weiterbestehen desselben die gegenwärtigen Verhandlungen mit der EU in keiner Weise und bringe ein Rückzug keinerlei Vorteile mit sich. Der Bundesrat empfahl daher die Ablehnung der Motion.
Mit seinem Anliegen reihte sich Lukas Reimann in eine Riege ähnlicher parlamentarischer Vorstösse vonseiten der SVP ein. Dazu gehören die Motion des damaligen Ständerats Maximilian Reimann (svp, AG; Mo. 11.3053) aus dem Jahr 2011 sowie jene der SVP-Fraktion von 2013 (Mo. 13.4117).
Der Nationalrat entschied sich in der Frühjahrssession 2016, der Empfehlung des Bundesrats nicht zu folgen, und nahm die Motion stattdessen mit 126 zu 46 Stimmen (bei 18 Enthaltungen) an. Womöglich trug auch das Votum des anwesenden Bundesrats Burkhalter zur Annahme bei: Dieser verdeutlichte zwar die Position des Bundesrats und hob hervor, dass die Schweiz von der EU weder als Mitgliedskandidat, noch als potentielles Mitglied angesehen werde und die Motion bereits geschaffene Tatsachen wiederhole. Jedoch forderte er daraufhin den Nationalrat auf, die Motion anzunehmen, um «diese sinnlose Debatte ein für alle Mal zu beenden».

EU Beitrittsgesuch, Klarheit schaffen

Für die Gesamterneuerungswahlen für den Zürcher Gemeinderat balgten sich im Schnitt fast neun Kandidierende pro Sitz: Total 1'119 Personen bewarben sich um eines der 125 Mandate im Stadtzürcher Parlament. Auch weil während der letzten Legislatur nicht weniger als 50 Rücktritte stattgefunden hatten, traten auf die Wahlen hin lediglich 13 Bisherige nicht mehr an. Zwar dominierten im Wahlkampf die Exekutivwahlen (vgl. nachfolgend), die Resultate der Legislativwahlen waren aber wichtig: Weil vor den Wahlen weder die Linke mit 39 SP-, 14 GP- und fünf AL-Sitzen noch die Bürgerlichen, mit 24 SVP-, 18 FDP-, sieben CVP- und zwei SD-Sitzen eine Mehrheit hatten, konnte man auch gespannt sein auf das Abschneiden der „neuen Mitte“. Die GLP schien mit 12 Mandaten ihr Potenzial noch nicht ausgeschöpft zu haben. Die EVP, die bisher über vier Gemeinderatssitze verfügte, hatte die 5-Prozent-Hürde vor vier Jahren nur sehr knapp übersprungen und musste um den Verbleib im Stadtzürcher Parlament zittern. Neben den im Gemeinderat bereits vertretenen Parteien gingen auch erstmals die BDP, sowie die Piratenpartei und die Aktion für humanen Städtebau (AHS) auf Stimmenfang. Die EDU komplettierte das Parteienkarussell. Allerdings wurden diesen Parteien kaum Chancen auf das Überspringen der Wahlhürde eingerechnet.
Am gleichzeitig mit der eidgenössischen Abstimmung zur Masseneinwanderungsinitiative durchgeführten Wahltag, an dem 43% der Berechtigten an die Urne gingen (2010: 39,1%), wurde ein „Filippo-Effekt“ registriert – Filippo Leutenegger war als Wahllokomotive für die FDP in den Stadtrat gewählt worden (vgl. nachfolgend) und der Freisinn konnte im Gemeinderat nicht nur um drei Sitze zulegen (neu 21) sondern rückte mit 16,0% (+2 Prozentpunkte) auch der stärksten bürgerlichen Kraft, der SVP, auf die Pelle. Die Volkspartei, die ihrerseits einen Sitz verlor (neu: 23 Sitze) und noch 17,3% der Stadtzürcher Wählerschaft hinter sich weiss (2010: 18,6%) konnte sich allerdings noch als insgesamt zweitstärkste Partei im Gemeinderat vor den Freisinnigen halten. Auch die CVP musste ein Mandat abgeben. Mit 4,6% Wählerstärke und neu sechs Sitzen blieb man Juniorpartner im bürgerlichen Lager. Zulegen konnte Links-Grün. Zwar wahrten die SP als stärkste Partei (39 Sitze; 29,2%; -1,1 Prozentpunkte) wie auch die GP (14 Sitze; 10,6%; -0,8 Prozentpunkte) trotz leichten Wählerverlusten lediglich ihren Besitzstand, die AL legte aber um vier zusätzliche Sitze zu und konnte sich als eigentliche Wahlsiegerin feiern lassen. Sie hatte nicht nur ihren Regierungssitz mit Richard Wolff (al) verteidigt (siehe unten), sondern war mit neun Sitzen und einer Zunahme der Parteienstärke um 2,3 Prozentpunkte (neu: 6,5%) eine ernst zu nehmende Kraft geworden. Um einen Sitz zulegen konnte auch die GLP, die mit 13 Sitzen und 10,2% Wählerstärke (2010: 9,8%) nach wie vor das Zünglein an der Waage zwischen den beiden Blöcken spielen wird. Sowohl die EVP als auch die SD schafften die 5-Prozent-Hürde in keinem der zwölf Wahlkreise mehr. Mit gesamtstädtischen 2,5% für die EVP und 0,9% für die SD mussten beide Parteien ihre Sitze im Gemeinderat räumen. Brutal war dies insbesondere für die EVP, für die am Wahlsonntag im Kreis 9 noch eine Wählerstärke von 5,00% ausgewiesen wurde – nur gerade eine einzige Stimme hätte den Ausschlag für die EVP gegeben. Allerdings entschied sich das Wahlbüro zusammen mit dem Stadtrat für eine Nachzählung, die aufzeigte, dass die EVP 31 Stimmen zu wenig hatte, um die Wahlhürde zu überspringen. Ebenfalls keine Chancen hatten erwartungsgemäss die BDP (0,9%), die AHS (0,1%), die Piraten (0,7%) und die EDU (0,5%). Gegen die 5-Prozent-Klausel, die seit der Einführung des doppelten Pukelsheim im Jahr 2006 gilt, sammelte die EVP zusammen mit anderen kleinen Parteien Unterschriften. Die Piratenpartei reichte eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein, die allerdings abgelehnt wurde. Weil sich das Verwaltungsgericht in seinem Urteil allerdings recht stark auf die bundesgerichtliche Beurteilung stützte und gleichzeitig durchblicken liess, dass es diese Beurteilung für umstritten hält, zogen die Piraten die Sache ans Bundesgericht weiter, um einen Grundsatzentscheid zu erwirken. Dieser wurde dann Ende Jahr vom Bundesgericht gefällt. Dieses begründete den erneut abschlägigen Entscheid mit dem Argument, dass gerade in Gemeindeparlamenten einer Zersplitterung der Kräfte vorgebeugt werden sollte, was mit der Hürde der Fall sei. Die Initiative der Kleinparteien war Ende 2014 noch im Sammelstadium.

Nachdem im April 2013 bei Ersatzwahlen für den zurückgetretenen Martin Vollenwyder (fdp) dem Freisinn ein Sitz weggeschnappt und mit Richard Wolff von der Alternativen Liste (al) ein siebter der neun Stadtratssitze von der Linken erobert wurde, reagierten die Bürgerlichen früh mit Kandidierenden für die regulären Gesamterneuerungswahlen vom Frühjahr 2014. Als erste meldete sich die amtierende Nationalrätin Doris Fiala zu Wort. Ihr blute das Herz bei dieser einseitigen linken Dominanz und sie schliesse nicht aus, mit einer Kandidatur dagegen anzukämpfen. Allerdings kandidierte nicht Fiala, sondern Nationalrat Filippo Leutenegger (fdp), der sein Interesse ebenfalls früh anmeldete; zudem wollte er gleich auch das Stadtpräsidium erobern, das seit 2009 von Corine Mauch (sp) geführt wurde. Erklärtes Ziel der Bürgerlichen, bei denen die amtierenden Gerold Lauber (cvp) und Andres Türler (fdp) wieder antraten, war eine bürgerliche Regierungsmehrheit, die unter dem Label „Top 5 – für ein liberales Zürich“ angestrebt wurde. Die CVP distanzierte sich freilich früh vom „utopischen“ Ziel einer bürgerlichen Mehrheit; man wolle lediglich den eigenen Sitz verteidigen. Dies galt nicht für die SVP, die seit 20 Jahren und trotz einem Wähleranteil von 18,6% nicht mehr in der Stadtregierung vertreten war. Die Volkspartei trat deshalb ebenfalls mit einem Zweierticket an. Nummer vier und fünf der Top 5 waren Roland Scheck und Nina Fehr Düsel, die Tochter von Nationalrat Hans Fehr. Weil mit Martin Waser (sp) und Ruth Genner (gp), zwei der neun Amtierenden nicht wieder antraten, schickten auch die Grünen und die SP neue Kandidierende ins Rennen. Neben dem amtierenden Daniel Leupi (gp) trat Markus Knauss für die Grünen an. Knauss ist Co-Geschäftsleiter des VCS. Für die SP kandidierten die bisherigen Corine Mauch (sp), André Odermatt (sp) und Claudia Nielsen (sp). Raphael Golta trat für die Genossen an, um den Sitz von Martin Waser zu verteidigen. Auch der erst 2013 frisch gewählte Richard Wolff kandidierte erneut. Auch die GLP wollte in den Stadtrat einziehen und stellte den Gemeinderat Samuel Dubno (glp) auf. Für die SD kandidierte Walter Wobmann, der bereits 2010 angetreten und damals abgeschlagen auf dem letzten Platz gelandet war. Den 15. Kandidaten stellten die Piraten, die mit Peter Keel in See stachen. Allgemein wurde erwartet, dass die Linke ihre sieben Sitze, auch in Anbetracht des Wähleranteils von rund 46%, nicht würde halten können. Mit Leutenegger als Lokomotive sollten die Bürgerlichen an der links-grünen Mehrheit sägen können. Der amtierende freisinnige Nationalrat versuchte insbesondere mit Lösungsvorschlägen für die Sanierung der maroden Stadtfinanzen zu punkten. Als wacklig wurden nicht nur die beiden frei werdenden Sitze betrachtet, sondern auch der Sitz des neu gewählten Richard Wolff, der lediglich lose ins linke Lager eingebunden schien. Zudem leistete sich der Vorsteher des Polizeidepartements einen Lapsus, indem er den schwarzen Block als interessante Ergänzung bezeichnete. Auch der Sitz von Lauber (cvp) galt nicht als wirklich sicher. Allerdings zeigte die Geschichte der Regierungswahlen in der Stadt Zürich, dass eine Abwahl aus dem Stadtrat eher selten war. Als wenig spannend wurde der Kampf ums Stadtpräsidium betrachtet: Leutenegger dürfte gegen Mauch kaum eine Chance haben. Der Wahlkampf wurde – im Gegensatz zu vor vier Jahren, als die SVP mit provokativen Plakaten auftrat – als brav bezeichnet. Zurückzuführen sei dies auf die Wahlmüdigkeit, die durch die ausserordentlichen Rücktritte aus der Stadtregierung bzw. die nötigen Ersatzwahlen verursacht worden wäre, auf die Attraktivität der Stadt Zürich, die es der Opposition schwer mache, eine Angriffsfläche zu finden und auf die bewusst gemässigt auftretenden Bürgerlichen, die erstmals wieder einen Schulterschluss zustande brachten. Allerdings gelang es den fünf bürgerlichen Kandidierenden nur selten, als Einheit aufzutreten. Der Linken wurde vorgeworfen, dass sie die Diskussion um die zentralen Finanzfragen im Wahlkampf verweigere und unangenehmen Fragen ausweiche. Erfahrungsgemäss haben es nationale Politiker einfacher, in die Stadtzürcher Exekutive gewählt zu werden. Waren es früher Monika Weber (ldu), Monika Stocker (gp), Elmar Ledergerber (sp) und Ruth Genner (gp), die direkt vom nationalen Parlament in den Stadtrat wechselten, schaffte dies 2014 Filippo Leutenegger, der mit 42'193 Stimmen als achtplatzierter in den Stadtrat gewählt wurde und zwar auf Kosten der Grünen, die ihren zweiten Sitz nicht verteidigen konnten. Markus Knauss (gp) erhielt lediglich 35'330 Stimmen, kam damit auf den zehnten Platz und musste über die Klinge springen. Der dritte Platz für Daniel Leupi (52'744 Stimmen) war für die Grünen nur ein schwacher Trost. Ihren vakanten Sitz verteidigen konnte hingegen die SP. Raphael Golta erhielt 40'178 Stimmen und war damit als Neunter gewählt. Auch die drei Bisherigen SP-Stadträte wurden sicher wiedergewählt. Corine Mauch lag mit 55'646 Stimmen auf dem zweiten, André Odermatt mit 48'143 Stimmen auf dem fünften und Claudia Nielsen mit 44'258 Stimmen auf dem sechsten Platz. Noch vor Leutenegger auf Platz sieben liegend, schaffte auch Richard Wolff mit 42'249 Stimmen die Wiederwahl. Das Spitzenresultat machte Andres Türler (fdp) mit 56'907 Stimmen. Auch Gerold Laubers (cvp) Sitz war nie wirklich in Gefahr. Der viertplatzierte Lauber erhielt 52'157 Stimmen. Keine Chance hatten die Kandidierenden der SVP: Nina Fehr Düsel erhielt 27'696 Stimmen und Roland Scheck 23'585 Stimmen. Beide lagen damit zwar noch vor dem GLP-Kandidaten Samuel Dubno (21'896 Stimmen), aber weit hinter einem Stadtratssitz. Erwartungsgemäss keine Chancen hatten Walter Wobmann (sd; 5'139 Stimmen) und Peter Keel (piraten; 3'919 Stimmen). Chancenlos blieb auch Filippo Leutenegger im Kampf um das Stadtpräsidium. Mauch hatte mit 48'608 Stimmen einen stattlichen Vorsprung auf Leutenegger (32'276 Stimmen), der sich allerdings mit den rund 40% der Stimmen mehr als zufrieden zeigte. Damit war der Status Quo in der Zürcher Stadtregierung wieder hergestellt: drei Bürgerliche stehen sechs links-grünen Stadträten gegenüber. Noch spannender als die Wahlen dürften die anstehenden Debatten um die Finanzen werden.

Kommunale Wahlen Zürich 2014
Dossier: Kommunale Wahlen 2014

Nachdem die Motion «Die UNO untergräbt das Fundament unserer Rechtsordnung» von Dick Marty (fdp, TI) 2010 angenommen worden war, beantragten die Aussenpolitischen Kommissionen beider Räte in der Herbstsession 2013 eine Fristverlängerung um ein Jahr. Nationalrat Marty hatte vom Bundesrat verlangt, dem UNO-Sicherheitsrat mitzuteilen, dass die Schweiz die Sanktionen, die gegen natürliche Personen im Rahmen der Terrorbekämpfung beschlossen werden, nicht mehr umsetzen werde. Die Grundrechte derartiger Personen würden ansonsten stark eingeschränkt, ohne dass die Betroffenen ein Einsichts- oder Rekursrecht hätten. Laut Kommissionssprecherin Keller-Sutter (fdp, SG) sei die APK-SR zum Schluss gekommen, dass das Anliegen der Motion aufrecht erhalten werden müsse, auch wenn bereits Veränderungen am Sanktionensystem des UNO-Sicherheitsrats vorgenommen worden seien. Diesem Antrag kamen beide Kammern stillschweigend nach, womit die Motion ein weiteres Jahr ihre Gültigkeit behielt.

In den darauffolgenden Jahren wiederholten sich derartige Verlängerungsanträge aufgrund der anhaltenden Relevanz des Themas sowohl im National-, wie auch im Ständerat. In der Herbstsession 2016 begründete Daniel Jositsch (sp, ZH) den erneuten Antrag der APK-SR damit, dass die Kommission die Stossrichtung der Motion zwar für richtig empfinde, die vorgeschlagene Massnahme aber nicht «der Weisheit letzter Schluss» sei und deshalb eine vertiefte Auseinandersetzung nötig sei.

In der Frühjahrssession 2019 wurde die Behandlungsfrist des Geschäfts erneut von beiden Räten verlängert. Ständerat Filippo Lombardi (cvp, TI) hob im Namen der APK-SR die Erfolge der Motion hervor, insbesondere die Schaffung des Büros der Ombudsperson im Jahr 2009. Dadurch wurde es Personen, welche auf einer schwarzen Liste stehen, möglich, ein Gesuch um Streichung einzureichen. Laut Lombardi wolle man sich weiterhin für die Effizienz und die Legitimität aller UNO-Sanktionsregime einsetzen und benötige daher mehr Zeit.

Non-application des sanctions de l'ONU dans le cadre de la lutte contre le terrorisme (Mo. 09.3719)

Nach jahrelangen und zahlreichen, zähen Diskussionen und Verhandlungen über die nach wie vor nicht gelöste Jurafrage, legte die 1994 gegründete Assemblé Interjurassienne (AIJ) – die Tripartite Konferenz bestehend aus den beiden Kantonen Jura und Bern und einer Vertretung des Bundes – eine Absichtserklärung vor. Das in Anwesenheit von Bundesrätin Sommaruga und dem Präsidenten der AIJ, Dick Marty, verabschiedete Dokument sieht rund 40 Jahre nach der ersten Jura-Abstimmung ein neues Referendumsprozedere vor. Zwei Volksabstimmungen sollen gleichzeitig im Kanton Jura und im Berner Jura durchgeführt werden. Die Abstimmungsfrage lautet dabei, ob ein Verfahren für die Gründung eines neuen Kantons eingeleitet werden solle, der den jetzigen Kanton Jura und den französischsprachigen Teil des Kantons Bern umfassen soll. Im Kanton Jura soll diese Frage im Rahmen einer Verfassungsänderung beantwortet werden, während es sich im Berner Jura um eine Konsultativabstimmung handeln wird. Die Vereinbarung wurde möglich, nachdem die Berner Regierung in der von der Presse so betitelten „Moutierfrage“ eingelenkt hatte: Nach der ersten Abstimmungsrunde können die bernjurassischen Gemeinden innert zwei Jahren einzeln eine kommunale Abstimmung durchführen mit der sie – je nach Ausgang der ersten Abstimmung – einen Verbleib beim Kanton Bern oder aber einen Wechsel zum Kanton Jura beantragen können. Erwartet wird, dass der Berner Jura sich für den Verbleib im Kanton Bern aussprechen wird, die ziemlich separatistische Berner Gemeinde Moutier dann aber eine zweite kommunale Abstimmung einfordern könnte.

Votation populaire du Jura bernois du 24 novembre 2013 pour un processus de création d'un nouveau canton (avec le canton du Jura)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

In der Frühjahrssession wurde die Motion der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates für die Ausarbeitung eines Integrationsrahmengesetzes vom Ständerat beraten. Da die Integration von Ausländern eine Querschnittsaufgabe darstellt, legte der Bundesrat in seinem Bericht dar, dass nicht nur das Ausländergesetz, sondern 16 weitere, sehr diverse Gesetzestexte – vom Jugend- und Kulturförderungsgesetz bis hin zum Raumplanungsgesetz – einer Ergänzung bedürften. Trotz Widerstand seitens der SVP wurde der Vorstoss Ende des Vorjahres vom Nationalrat gutgeheissen. Bei den Beratungen im Ständerat gab es zwei Anträge. Die ständerätliche Sicherheitspolitische Kommission (SPK-SR) forderte eine Anpassung des Motionstextes, so dass die Integration auch im Ausländergesetz festgeschrieben werden könnte. Wie Kommissionssprecher Büttiker (fdp, SO) betonte, berücksichtige dieser Vorschlag die Bedenken der Kantone, die eine Beschränkung ihrer Kompetenzen im Integrationsbereich befürchteten. Der zweite Antrag im Ständerat stammte von der Minderheit Reimann (svp, AG) und forderte die Ablehnung der Motion. Nach Ansicht dieser Minderheit habe das Volk seinen Willen klar kundgetan, indem es den Gegenentwurf zur Ausschaffungsinitiative verworfen hatte, der verschiedene Integrationsmassnahmen vorgesehen hätte. Bei der eingehenden Diskussion in der kleinen Kammer erhielt der Entwurf der SPK-SR sowohl von Bundesrätin Sommaruga als auch von links-liberalen Rednern Zustimmung. Ständeräte, welche den Minderheitsantrag begrüssten, taten dies im Namen der Kantone, welche sich, wie durch die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) kommuniziert, gegen neue Bundeskompetenzen im Integrationsbereich wehrten. Deren ablehnende Haltung gegenüber dem Gesetzesvorschlag sei zu respektieren und zudem seien sie bereits heute im Bereich der Integration sehr aktiv. Dennoch wurde der abgeänderte Motionstext mit 22 zu 12 Stimmen angenommen. Ende des Berichtsjahres fand im Nationalrat die Differenzenbereinigung statt. Die Mehrheit forderte die Zustimmung zum abgeänderten Entwurf des Ständerates, während die Minderheit Fehr (svp, ZH) die Ablehnung befürwortete, da die Bemühungen der Schweiz im Bereich der Integrationsförderung bereits ausreichend seien und die Hauptverantwortung zur Integration bei den Ausländern selbst liege. Dieser Minderheitsantrag erhielt jedoch nur 42 Stimmen, praktisch ausschliesslich aus der SVP-Fraktion, und wurde zugunsten des Antrags der Mehrheit, welcher 108 Stimmen erhielt, verworfen. Damit wurde die abgeänderte Motion an den Bundesrat überwiesen. Gleichzeitig wurde im Nationalrat eine parlamentarische Initiative der FDP-Fraktion mit ähnlichem Wortlaut zurückgezogen.

Integrationsrahmengesetzes

Zu einer ersten Klärung der Situation trugen die Parlamentswahlen bei. So zogen die Grünen aufgrund der Niederlage bei den Parlamentswahlen ihren Anspruch auf einen Bundesratssitz zurück und traten nicht bei den Erneuerungswahlen an, obwohl sie noch vor den Wahlen einen Regierungssitz für sich reklamiert hatten. Sie hatten dabei nicht nur mit ihrer Wählerstärke sondern auch mit der wachsenden Bedeutung und Berücksichtigung der Umweltpolitik argumentiert und eine Liste mit möglichen Kandidierenden (darunter die Regierungsräte Bernhard Pulver (BE) und Guy Morin (BS), der Genfer Ständerat Robert Cramer oder die Zürcher Stadträtin Ruth Genner) ins Gespräch gebracht. Die BDP hingegen sah dank ihres Erfolges bei den Wahlen keinen Anlass, ihre Bundesrätin zurückzuziehen. Eveline Widmer-Schlumpf gab Ende Oktober denn auch definitiv bekannt, sich für die Wiederwahl bereitzustellen. Die SVP ihrerseits, die bei den Wahlen Sitze einbüssen musste, schloss vorerst eine Kampfkandidatur gegen die FDP aus.

Die SP brachte mögliche Kandidaten für die Nachfolge von Micheline Calmy-Rey früh in Stellung und nutzte die Auswahlprozedur geschickt für zusätzliche Medienaufmerksamkeit im Wahlkampf. Die Partei bekräftigte, dass nur Kandidierende aus der lateinischen Schweiz in Frage kämen. Als Topfavoriten galten der Waadtländer Staatsrat Pierre-Yves Maillard und der Freiburger Ständerat Alain Berset. Kandidaturen reichten zudem Nationalrat Stéphane Rossini (VS) und die Tessiner Nationalrätin Marina Carobbio ein. Die SP-Fraktion präsentierte Ende November mit Alain Berset und Pierre-Yves Maillard ein Zweierticket. Die Nichtnomination von Marina Carobbio stiess insbesondere in der Südschweiz auf Enttäuschung, bedeutete dies doch, dass das Tessin seit 1996 (Rücktritt von Flavio Cotti) weiter auf eine Vertretung in der Landesregierung warten musste.

Obwohl die SVP sich schon sehr früh als Herausforderin profilierte, tat sie sich mit der Suche nach Kandidierenden schwer. Zwar brachte sich Jean-François Rime (FR) schon früh in Stellung. Die als Favoriten gehandelten Kandidaten sagten aber spätestens nach den Parlamentswahlen alle ab: So verzichteten etwa der nicht in den Ständerat gewählte Caspar Baader (BL) oder der neue Ständerat Roland Eberle (TG). Auch Nationalrat Adrian Amstutz (BE), der im November seine Wiederwahl in den Ständerat nicht geschafft hatte, verzichtete genauso auf eine Kandidatur wie der umworbene Nationalrat Peter Spuhler (TG) und Parteipräsident Toni Brunner (SG). Zum Problem der SVP wurde allgemein die Wählbarkeit der Kandidierenden: Während linientreue Hardliner vom Parlament als nicht wählbar betrachtet wurden, hatten es moderate SVP-Exponenten schwer, die Hürde der Fraktionsnominierung zu überspringen. Bis Ende November meldeten schliesslich Nationalrat Guy Parmelin (VD), Ständerat Hannes Germann (SH), und die Regierungsräte Jakob Stark (TG) und Heinz Tännler (ZG) ihre Ambitionen an. Eher überraschend kam die Kandidatur von Nationalrat und Gewerbeverbandspräsident Bruno Zuppiger (ZH), der als Schwergewicht betrachtet wurde und der angab, auf Bitte von Christoph Blocher (ZH) anzutreten. Zuppiger war jeweils schon bei den Bundesratswahlen 2003, 2007 und 2008 von der SP als valabler SVP-Kandidat ins Spiel gebracht worden. Er galt deshalb weit über das bürgerliche Lager hinaus als wählbar und wurde denn auch prompt neben Rime auf ein Zweierticket gehievt. Allerdings zwang ihn ein von der Weltwoche verbreiteter Vorwurf, bei einer Erbschaft unrechtmässig Geld abgezweigt zu haben, zum Rückzug seiner Kandidatur. Die Presse ging mit der SVP-Spitze, die offenbar von der Sache gewusst hatte und vorerst an Zuppiger festhielt, hart ins Gericht. In einer Nacht- und Nebelaktion stellte die SVP in der Folge nicht etwa einen der von den Kantonalsektionen nominierten Kandidaten, sondern Nationalrat Hansjörg Walter als Ersatzkandidaten auf. Dieser hatte sich im offiziellen Nominationsverfahren nicht zur Verfügung gestellt, weil er das Amt des Nationalratspräsidenten übernehmen wollte. Der Wechsel wurde in der Presse als unprofessionell, unglaubwürdig und peinlich bezeichnet und die Spitze der SVP musste Fehler bei der Beurteilung der Kandidaten einräumen. Walter selber, der noch 2008 aufgrund einer einzigen Stimme nicht zum Bundesrat und im Berichtjahr mit einem glänzenden Resultat zum Nationalratspräsidenten gewählt worden war, machte deutlich, dass er nur gegen den Sitz der BDP antreten würde.

Nach den Hearings gaben sowohl die Grünen als auch die SP bekannt, dass sie ihrer Fraktion die Wiederwahl von Eveline Widmer-Schlumpf empfehlen würden. Die CVP und die BDP diskutierten gleichzeitig über eine stärkere künftige Kooperation. Es zeichnete sich deshalb ab, dass die SVP höchstens auf Kosten der FDP einen zweiten Sitz erhalten würde.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2011 – Nachfolge Micheline Calmy-Rey
Dossier: Wahlen des Bundespräsidiums
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Für die Wahlen 2011 traten 38 Nationalrätinnen und Nationalräte und 12 Ständerätinnen und Ständeräte nicht mehr an. Damit gab es 2011 mehr Rücktritte als 2007; vor vier Jahren traten gesamthaft 24 Volks- und 14 Kantonsvertreterinnen und -vertreter zurück. In drei Kantonen mussten mindestens die Hälfte der Nationalratssitze ersetzt werden: im Kanton Tessin (vier von acht), in Graubünden (drei von fünf) und im Kanton Schwyz (zwei von vier). Kein Sitz frei wurde in den Kantonen Wallis, Zug, Schaffhausen, Neuenburg und Basel-Stadt. Den grössten Aderlass an bisherigen Nationalräten hatte die FDP zu verkraften (10 Rücktritte). Von der SVP, der SP und der CVP traten je acht Volksvertreterinnen und -vertreter nicht mehr an. Die Grünen mussten zwei Rücktritte verteidigen und die BDP und die PdA je einen. André Daguet (sp, BE) war zudem bereits per Ende Frühlingssession zurückgetreten, auch um damit dem nachrückenden Corrado Pardini die Wahlchancen zu verbessern. Aus der kleinen Kammer traten sechs Kantonsvertreter der FDP (Briner, SH; Büttiker, SO; Forster, SG; Leumann, LU; Marty, TI und Schweiger, ZG), sowie je drei von der CVP (Inderkum, UR; Maissen, GR; Stähelin, TG) und der SVP (Brändli, GR; Bürgi TG und Reimann, AG, der mit Nationalrat Giezendanner eine Rochade plante) zurück.

Rücktritte Eidgenössische Wahlen 2011
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2011 - Übersicht

Im Kanton Aargau kandidierten zwei Frauen und neun Männer für die Sitze im Ständerat. Die SVP versuchte mit einer Rochade ihren Sitz zu halten. Der Bisherige Maximilian Reimann kandidierte neu für die grosse und Nationalrat Ulrich Giezendanner neu für die kleine Kammer. Die FDP trat mit der Bisherigen Christine Egerszegi an. Von den restlichen neun Kandidaten wurden der Nationalrätin Pascale Bruderer (sp) gute Chancen eingeräumt. Geri Müller (gp), Kurt Schmid (cvp) und der wild kandidierende SVP-Politiker Lieni Füglistaller, der nicht mehr für den Nationalrat zur Wahl antreten wollte, sich aber aufgrund parteiinterner Auseinandersetzungen schliesslich für die kleine Kammer zur Verfügung stellte, durften sich ebenfalls Hoffnungen machen. Als chancenlos wurden die Kandidaturen der GLP (Peter Schumacher) und der EVP (Roland Bialek) eingeschätzt. Pius Lischer von den Parteilosen, Samuel Schmid von der Sozial-Liberalen Bewegung und René Bertschinger von der Familiä-Partei ergänzten den Kandidatenreigen.

Die SP schaffte nach rund 60-jähriger Durststrecke mit Pascale Bruderer wieder den Einsitz im Ständerat. Der Nationalrätin gelang der Wechsel in die kleine Kammer im ersten Wahlgang. Sie schaffte mit 93'293 Stimmen als einzige das absolute Mehr von 89'905 Stimmen. Egerszegi (88'829 Stimmen) und Giezendanner (77'530 Stimmen) verpassten diese Hürde. Weiter abgeschlagen folgten Müller (28'829), Schmid (20'057), Füglistaller (19'945) und Schumacher (10'122). Die restlichen Kandidierenden erreichten weniger als 10'000 Stimmen. Trotzdem traten zwei von ihnen – Lischer und Bertschinger – neben Egerszegi und Giezendanner für den zweiten Wahlgang noch einmal an. Der Ausgang des zweiten Wahlgangs entsprach den Resultaten der Kantone mit einer ähnlichen Ausgangslage: die SVP – hier mit Giezendanner – schien keine Wählerinnen und Wähler ausserhalb ihrer eigenen Klientel anziehen zu können, während die Konkurrenz – hier Egerszegi – im Gegenteil auch die Wählerschaft über die eigenen Parteigrenzen hinaus zu mobilisieren vermochte. Egerszegi erreichte denn – bei einer weitaus geringeren Wahlbeteiligung als im ersten Umgang (39,7%) – mit 91'973 rund 3'000 Stimmen mehr als im ersten Wahlgang, während Giezendanner mehr als 30'000 Stimmen einbüsste und nur noch 57'135 Wählerinnen und Wähler auf seiner Seite hatte. Damit konnte Egerszegi ihren Sitz verteidigen, indessen sich die Rochade der SVP zwischen Reimann und Giezendanner nur für ersteren ausbezahlte. Erstmals wird der Kanton Aargau damit durch zwei Frauen vertreten. Dies war bisher lediglich in den Kantonen Genf (1995-2007) und Zürich (1995-1999) der Fall gewesen.

Kanton Aargau – Ständeratswahlen 2011
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2011 (nach Kantonen)

Unter den Kandidierenden fanden sich einige prominente Quereinsteiger. In Bern trat der Fernsehmoderator Matthias Aebischer für die SP an und wollte es seinen Vorgängern Filippo Leutenegger (fdp, ZH, 2011 wiedergewählt), Maximilian Reimann (svp, AG, 2011 wiedergewählt), Anton Schaller (ldu, ZH, bis 1999) oder Werner Vetterli (svp, ZH, bis 1999) gleichtun, die ebenfalls den Sprung vom Fernsehstudio in die Politik geschafft hatten. Ein ehemaliger Skirennfahrer (Paul Accola, svp, GR), ein Herzchirurg (Thierry Carrel, fdp, BE), der Präsident der Ärzteverbindung FMH (Jacques de Haller, sp, BE) ein Kriminologe (Martin Kilias, sp, AG) und der parteilose Vater der Abzocker-Initiative (Thomas Minder, SH) wollten von ihrer Bekanntheit Profit ziehen und direkt in die nationale politische Arena einsteigen. Zudem lächelten einige bekannte Köpfe von den Wahlplakaten, die sich einen Wiedereinstieg erhofften, allen voran Christoph Blocher (svp, ZH) aber auch Alexander Tschäppät (sp, BE), Christoph Eymann (lp, BS), Silva Semadeni (sp, GR) oder die erste grüne Nationalrätin aus Solothurn, Marguerite Misteli.

Kandidaturen und Listen - Eidgenösissche Wahlen 2011

Mit den Behauptungen, die „Dunkelkammer Ständerat“ werde immer linker und „europhiler“ und die „Heimatmüdigkeit“ in der kleinen Kammer könne nur gestoppt werden, wenn mehr SVP-Kandidierende in den Ständerat gewählt würden, gelang es der Volkspartei nicht nur, den eigentlich kantonal ausgetragenen Ständeratswahlen nationale Bedeutung und Medienaufmerksamkeit zu verleihen, sondern sie verabreichte ihnen auch einen gehörigen Schuss Themenzentriertheit: Erst mit der Wahl von SVP-Personal – so die zugrunde liegende Idee – würde der Ständerat wieder für Schweizer Werte, also gegen Migration und EU, einstehen. Das Vorhaben, das in den Medien unter dem Titel „Sturm aufs Stöckli“ Niederschlag fand, muss im Nachhinein allerdings als gescheitert betrachtet werden. Zwar trat die SVP mit Ausnahme von lediglich sechs Ständen (OW, NW, AR, AI, TI und GE) in allen Kantonen mit teilweise namhaften und landesweit bekannten Personen zu den Wahlen in die kleine Kammer an und war damit auch für die zahlreichen nötigen zweiten Umgänge mitverantwortlich. Letztlich musste sie im Vergleich zu 2007 per Saldo aber sogar zwei Sitzverluste verkraften und sitzt lediglich noch mit fünf Vertretern im Ständerat. Einer ihrer Sitze war bereits während der vorangehenden Legislatur mit der Abspaltung der BDP verloren gegangen. Zwar vermochte die Partei bei den Ersatzwahlen für Bundesrätin Sommaruga im Frühling des Berichtsjahrs mit Adrian Amstutz kurzfristig das zweite Berner Mandat zu besetzen, nach wenigen Monaten in der kleinen Kammer musste dieser dann aber Hans Stöckli (sp) Platz machen. Weitere Sitzverluste erlitt die SVP in den Kantonen Graubünden und Aargau. In Graubünden war die SVP aufgrund der dortigen Stärke der BDP nach dem Rücktritt von Christoffel Brändli (svp) gar nicht erst angetreten und im Kanton Aargau scheiterte die angestrebte Rochade zwischen dem ehemaligen Nationalrat Giezendanner und dem ehemaligen Ständerat Reimann. Hier verlor die Volkspartei den Ständeratssitz an die SP (Bruderer). Einen Sitz gewinnen konnte die SVP im Kanton Schwyz, wo neu beide Kantonsvertreter der Volkspartei angehören. Alex Kuprecht wurde im ersten Wahlgang bestätigt und der für den zweiten Wahlgang nach seinem eigentlichen Rücktritt als Nationalrat reaktivierte Peter Föhn konnte den Sitz der CVP erobern. Die Angriffe in den weiteren Kantonen (ZH, LU, UR, ZG, FR, SO, BS, BL, SG, VD, VS, NE und JU), die mit bekannten Namen geführt wurden (z.B. Blocher, ZH, Baader, BL, Rime, FR, Brunner, SG, Parmelin, VD oder Freysinger, VS) führten zwar zu zweiten Wahlgängen, waren aber letztlich alle erfolglos. Verteidigen konnte die SVP ihre Sitze in jenen Kantonen, in denen eher als konziliant geltende Persönlichkeiten ihre Sitze verteidigten (Jenny in GL, Germann in SH, Roland Eberle neu in TG).

Wahlkampf und Resultate der SVP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Im Januar des Berichtsjahres trat die FDP mit Vorschlägen zur Migrationspolitik vor die Medien. Im Hinblick auf die aufgrund der Unruhen in Nordafrika zu erwartende Zunahme von Einwanderungen sei eine Verschärfung der Regulierung anzustreben. Die Immigration aus Drittstaaten müsse eingeschränkt werden, was insbesondere mit einer Erschwerung des Familiennachzugs erreicht werden solle. Nur wer keine Sozialhilfe beziehe, soll in Zukunft seine Familie in die Schweiz holen dürfen. Zudem sollen Asylverfahren beschleunigt und Rückführungen konsequenter durchgesetzt werden. Allerdings müsse die Zuwanderung von qualifizierten Einwanderern verstärkt gefördert werden. Das Positionspapier, das unter der Federführung von Philipp Müller (AG) entstanden war, stiess parteiintern auf Widerstand. FDP-Vertreter aus der lateinischen Schweiz, wie etwa Dick Marty (TI) oder Claude Ruey (VD), erinnerten an die humanitäre Tradition der FDP und des Landes. Am Parteitag Mitte Februar in Zürich sprach sich die Mehrheit der Delegierten jedoch für eine härtere Gangart aus. In der Folge reichte die FDP Ende September sieben Motionen zur Asylpolitik ein. Sie distanzierte sich allerdings deutlich von der SVP-Masseneinwanderungsinitiative, durch die sie die Personenfreizügigkeit und somit die Schweizer Wirtschaft gefährdet sah [30].

Migrationspolitik

Im Frühling begann der Ständerat die Diskussion des Entwurfes zu einer Totalrevision des Kinder- und Jugendförderungsgesetz (KJFG), welchen der Bundesrat im September 2010 präsentiert hatte. Durch diese Totalrevision soll den veränderten gesellschaftlichen Gegebenheiten besser Rechnung getragen werden. Über das Gesamtanliegen war sich die kleine Kammer einig und dieses wurde einstimmig befürwortet – allerdings mit Änderungen am Entwurf des Bundesrates. Bei der ausführlichen Grundsatzdebatte im Ständerat zeigte sich, dass die parlamentarischen Interessenvertreter der grossen Jugendverbände – die Ständeräte Janiak (sp, BL), Marty (fdp, TI) und Schwaller (cvp, FR) – um die finanzielle Unterstützung von Pfadi, Jungwacht, Blauring und Cevi fürchteten. Ihre Einzelanträge für eine Besserstellung dieser Vereine waren dennoch chancenlos. Bei den Beratungen im Nationalrat forderte eine Minderheit Müri (svp, LU) Nichteintreten, mit der Begründung dass die Kinder- und Jugendförderung eine kommunale und kantonale Aufgabe sei. Die Mehrheit folgte dieser Argumentation nicht und beschloss mit 95 zu 37 Stimmen Eintreten. Ein Minderheitenantrag Prelicz-Huber (gp, ZH), welcher die Festsetzung der Altersgrenze für die Adressaten des Gesetzes von 25 auf 30 Jahre erhöhen wollte, wurde abgelehnt. Einzig der Minderheitsantrag Häberli-Koller (cvp, TG), der die Bedingung im Gesetz streichen wollte, dass Jugendaustauschorganisationen nur noch finanzielle Unterstützung erhalten können, wenn sie mindestens 50 solche Austausche pro Jahr realisieren, erhielt ausreichend Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager. Der Ständerat hielt bei der Differenzbereinigung in der Herbstsession jedoch an seiner anfänglichen Einschätzung fest und lehnte es aus Effizienzgründen ab, auch sehr kleine Austauschorganisationen, für die 50 Austausche nicht möglich sind, finanziell zu unterstützen. Der Nationalrat hielt anschliessend nicht an seinem Einwand fest und stimmte dem Gesetzesentwurf des Ständerats ebenfalls diskussionslos zu. Das neue Kinder- und Jugendförderungsgesetz wurde in der Schlussabstimmung im Ständerat einstimmig, im Nationalrat mit 141 zu 53 Stimmen angenommen. Mit dem Gesetz nicht einverstanden war bis zum Schluss die SVP.

Ständerat Kinder- und Jugendförderungsgesetz (KJFG)

Der neue Präsident der Assemblée interjurassienne AIJ, der Tessiner Ständerat Dick Marty (fdp), galt bei seiner Wahl als umstritten, weil er kein Romand ist. Er übernahm die interjurassische Versammlung, bestehend aus einem 25- köpfigen Gremium, welche vor bald 20 Jahren vom Bund als Dialogplattform zwischen den Kantonen Bern und Jura eingerichtet wurde und in der die beiden Kantone je die Hälfte der Sitze innehaben.
Marty übernahm die AIJ in einer heiklen Phase, denn 2011 wurde intensiv über die Zukunft des Berner Juras diskutiert. Zur Debatte standen zwei vom AIJ erarbeitete Modelle. Ein grösserer Kanton Jura, welcher den exportstarken Berner Jura und den defizitären Kanton Jura vereinigen sollte oder der „Status quo plus“, der den Berner Jura stärken würde, ihn aber im Kanton Bern belässt.

Wahl Dick Martys zum Präsidenten der Assemblée interjurassienne AIJ
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Au mois de mars, le Conseil des Etats a traité du rapport sur la continuation de la coopération au développement présenté par le Conseil fédéral en octobre 2009. La majorité de la CPE-CE a proposé de renvoyer le rapport au gouvernement en exigeant qu’il présente un message demandant un crédit-cadre additionnel dans le but de faire passer la part de l’aide publique au développement à 0,5% du revenu national brut (RNB) dès 2015. Elle a estimé que le Conseil fédéral désavoue le parlement en ne respectant pas sa décision d’augmentation de 2008. Une minorité Maximilian Reimann (udc, AG) a proposé de prendre acte du rapport en soulignant que les paramètres du moment ne sont plus les mêmes que ceux qui ont mené à cette augmentation. Le sénateur a estimé que le gouvernement a su prendre acte de ces changements. La chambre haute a suivi sa commission et a décidé par 24 voix contre 13 de renvoyer le rapport au Conseil fédéral. Au Conseil national, la majorité de la commission a recommandé de se rallier à cette décision. Une minorité Brunschwig Graf (plr, GE) s’y est toutefois opposée arguant que le programme d’économie prévu ne permet plus de maintenir cette augmentation à l’ordre du jour. Le groupe radical-libéral a estimé nécessaire de prendre en considération l’état des finances fédérales et de refuser le renvoi. De même, le groupe UDC a critiqué l’aide au développement en général et a insisté sur l’absence de résultats malgré les millions investis. Le groupe démocrate-chrétien a proposé de renvoyer le projet au gouvernement soulignant l’absence de proposition de crédit supplémentaire permettant d’atteindre les objectifs fixés en 2008. Les groupes socialiste et écologiste ont estimé qu’il est inacceptable que le Conseil fédéral ne respecte pas le mandat donné par le parlement. La chambre basse a rejeté la proposition de sa commission et a décidé par 88 voix contre 84 de ne pas renvoyer le document au gouvernement. La gauche, unanime, la majorité des démocrates-chrétiens et quelques libéraux-radicaux ont soutenu le renvoi sans succès. Au cours de la procédure d’élimination des divergences, la CPE-CE a maintenu sa proposition de renvoi. Micheline Calmy-Rey a alors affirmé que le Conseil fédéral présenterait un message avant l’automne de l’année sous revue si la chambre haute renvoie à nouveau le rapport. Au vote, le Conseil des Etats a maintenu le renvoi par 27 voix contre 5.

De la sorte, en septembre, le Conseil fédéral a présenté un message relatif à l’augmentation des ressources destinées à financer l’aide publique au développement dans la continuation de la stratégie adoptée en 2008. Ce projet contient deux volets, l’un visant la Direction du développement et de la coopération (DDC) et l’autre le Secrétariat à l’économie (SECO). Le gouvernement veut ainsi augmenter leur crédit-cadre respectif pour un montant total de 640 millions de francs durant les années 2011 et 2012. Dans une progression linéaire, la part de l’aide de la Suisse satisferait ainsi l’objectif de 0,5% du Revenu national brut en 2015. Le Conseil des Etats a approuvés les deux volets et a finalement pris acte du rapport.

Bericht zur Weiterführung der Entwicklungszusammenarbeit

Was prägte 2010 die Schweizer Politik? Welches waren die bedeutenden Geschäfte im Parlament? Und was hat die politisch interessierte Öffentlichkeit bewegt? Nachfolgend werden die wichtigsten Ereignisse im Jahr 2010 zusammengefasst und anschliessend nach Thema geordnet aufgelistet. Mit den Links gelangen Sie direkt zu diesen im Berichtsjahr zentralen Geschäften und Ereignissen. Vous trouverez ici la version française de cet article.

Im fünften Jahr in Folge kam es 2010 zu einer Umbildung der Regierung. Nach dem Rücktritt von Bundesrat Deiss (cvp) 2006, der Nichtwiederwahl von Bundesrat Blocher (svp) 2007 sowie den Rücktritten von Samuel Schmid (svp) 2008 und Pascal Couchepin (fdp) 2009, demissionierten 2010 erneut zwei Bundesräte. Moritz Leuenberger (sp) und Hans-Rudolf Merz (fdp) wurden durch Simonetta Sommaruga (sp) und Johann Schneider-Ammann (fdp) ersetzt. Beide Sitze wurden von der SVP angegriffen. Der Sitz der FDP wurde zudem von den Grünen streitig gemacht. Weder Jean-François Rime (svp) noch Brigit Wyss (gp) erhielten aber die nötigen Stimmen. Ob die Regierungszusammensetzung von 2010 nun ein wenig stabiler bleibt als die vorangehenden, ist höchst fragwürdig. Erstens wird ein Rücktritt von Micheline Calmy-Rey (sp) auf Ende der Legislatur erwartet und zweitens wird die Verteilung der Sitze unter den Parteien von der SVP nach wie vor heftig kritisiert. Sie moniert, dass sie als fraktionsstärkste Partei ein Anrecht auf mehr als einen Sitz habe. Die National- und Ständeratswahlen von 2011 versprechen auch unter dem Gesichtspunkt der Regierungszusammensetzung spannend zu werden.

Mit den Neubesetzungen in der Exekutive kam es knapp 40 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts erstmals in der Geschichte der Schweiz zu einer Frauenmehrheit in der Regierung. Vier der sieben Magistratinnen sind Frauen. Zudem wurden im Berichtsjahr die drei höchsten politischen Ämter von Frauen besetzt. Als Bundespräsidentin amtierte Doris Leuthard (cvp), als Nationalratspräsidentin Pascale Bruderer Wyss (sp) und als Ständeratspräsidentin Erika Forster-Vannini (fdp). Allerdings sind die Frauen in den nationalen und kantonalen Parlamenten nach wie vor deutlich in der Minderheit. Nach den kantonalen Parlamentswahlen, die in acht Kantonen stattfanden, waren die Frauenanteile sogar rückläufig.

Das Berichtsjahr stand im Zeichen der Aufarbeitung der verschiedenen Krisen der Vorjahre. Der Bundesrat musste für sein Krisenmanagement viel Kritik einstecken. Ihm wurden Führungsdefizite, mangelndes gegenseitiges Vertrauen im Kollegium und eine schlecht koordinierte Informationspolitik vorgeworfen. Die UBS-Krise, die Libyen-Krise, die zuerst unkoordinierten Rücktrittswünsche der Bundesräte Leuenberger und Merz sowie die grosse Rochade bei der Departementsverteilung wurden als Zeichen eines Konkordanz- und Kollegialitätsverlusts gedeutet. Die Lancierung einer Initiative für die Volkswahl des Bundesrates und zahlreiche Vorstösse für eine Regierungsreform waren die Folgen.

Auch in der Aussenpolitik galt es im Berichtsjahr, Krisen aufzuarbeiten. Infolge der Aufweichung des Bankgeheimnisses im Rahmen der Übernahme der OECD-Standards bei der Amtshilfe in Steuersachen wurden mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Das Amtshilfeabkommen mit den USA musste in einen Staatsvertrag umgewandelt werden, in dem sich die Schweiz zur Herausgabe von UBS-Kundendaten verpflichtete. Das Parlament tat sich mit der nachträglichen Annahme dieses Vertrages sehr schwer. Insbesondere SVP und SP wollten ihre Zusage an Bedingungen knüpfen. Die SP hatte aber weder mit ihrer Forderung nach strengeren Regeln für den Bankensektor noch nach Beschränkungen der Manager-Boni Erfolg. Nach langem Hin und Her und einer Kehrtwende der SVP wurde der Vertrag schliesslich gutgeheissen, ohne dass er dem Referendum unterstellt wurde.

Die EU fuhr fort, das schweizerische Steuersystem zu attackieren und verlangte einen automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen. Sie machte auch deutlich, dass der bilaterale Weg an Grenzen stosse und drohte, dass sie nicht mehr bereit sei, über zahlreiche unterschiedliche Dossiers zu verhandeln. Der Bundesrat machte in seinem Bericht zur Europapolitik allerdings deutlich, dass er am bilateralen Weg festhalten will.

Der Bundesrat legte 2010 den Armeebericht vor, der eine Verkleinerung des Bestandes auf 80'000 Mann und jährliche Gesamtausgaben von CHF 4.4 Mia. vorsieht. Der Kauf einer neuen Kampfjetflotte wurde hingegen aufgrund fehlender Mittel auf 2015 verschoben, woraufhin die GSoA ihre Initiative für ein Moratorium für die Anschaffung von Kampfflugzeugen zurückzog.

Im Berichtsjahr war in der Schweiz ein konjunktureller Aufschwung zu verzeichnen. Das nominelle BIP nahm um 2 Prozent zu. Die Wirtschaftsleistung pendelte sich auf den Vorkrisenwerten ein. Der Aufschwung schlug sich auch in der Staatsrechnung nieder, die – entgegen aller Erwartungen – mit einem Überschuss von CHF 3.6 Mia abschloss. Die Staatsquote sank leicht um 0.1 Prozent. Die Arbeitslosigkeit sank von 4.5 Prozent auf 3.8 Prozent, lag aber im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt um 0.2 Prozentpunkte höher. Die Nationalbank trug mit ihrer expansiven Geldmengenpolitik zum Aufschwung bei. Die europäische Staatsschuldenkrise und die unsichere Entwicklung der Wirtschaft in den USA hatten jedoch zur Folge, dass der Franken gegenüber dem Euro und dem US-Dollar massiv an Wert gewann. Die Nationalbank intervenierte deshalb im Frühling massiv am Devisenmarkt, um die Exportwirtschaft zu stützen. Während des Berichtsjahres gewann der Franken gegenüber dem Euro um 17 Prozent und gegenüber dem Dollar um 11 Prozent an Wert, was sich ab der zweiten Jahreshälfte konjunkturdämpfend auswirkte.

Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wurden im Berichtsjahr zum Entscheid über sieben Vorlagen an die Urne gerufen. Unterschiedlichen Erfolg hatte die Linke, die zusammen mit den Gewerkschaften Referenden gegen Reformen in den Sozialversicherungen eingereicht hatten. Während das Referendum gegen die Anpassung des BVG-Mindestumwandlungssatz erfolgreich war, wurde die Änderung im Arbeitslosenversicherungsgesetz, die Kürzungen in Dauer und Höhe der Taggelder vorsieht, gegen die Opposition der Linken gutgeheissen. Wenig umstritten war der Verfassungsartikel über die Forschung am Menschen, der dem Bund die Möglichkeit gibt, Forschungsvorhaben gesamtschweizerisch zu regeln sowie den Schutz von Würde und Persönlichkeit des Menschen und die Gewährleistung von wissenschaftlicher Freiheit in der Verfassung zu verankern. Die Vorlage, die dem obligatorischen Referendum unterstand, wurde mit über drei Viertel der Stimmen angenommen. Drei Initiativen standen zur Abstimmung. Weder die Tierschutzanwaltinitiative, welche die Einsetzung kantonaler Tierschutzanwälte gefordert hatte, noch die Steuergerechtigkeitsinitiative, die eine Einschränkung des Steuerwettbewerbs zwischen den Kantonen vorgesehen hätte, fanden Gehör. Erfolgreich war hingegen die Ausschaffungsinitiative der SVP. Die Vorlage verlangt, dass Ausländerinnen und Ausländer, die aufgrund bestimmter Straftaten verurteilt wurden, ihre Aufenthaltsansprüche verwirken und aus der Schweiz ausgewiesen werden. Im Vorfeld der Abstimmung kam es im Parlament zu intensiven Debatten über die Gültigkeit der Vorlage und über einen Gegenvorschlag. Dieser kam zwar zustande, wurde an der Urne jedoch abgelehnt. Die Ausschaffungsinitiative, aber auch die im Vorjahr angenommene Minarettinitiative sowie die im Berichtsjahr allerdings zurückgezogene Initiative zur Einführung der Todesstrafe beförderten die Diskussion über die Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit internationalen Abkommen sowie dem Völker- und Menschenrecht. Während auf der einen Seite Möglichkeiten für eine bessere Prüfung dieser Vereinbarkeit diskutiert wurden, die bis hin zum Vorschlag eines Verfassungsgerichts reichten, versuchte auf der anderen Seite insbesondere die SVP mit verschiedenen erfolglosen Vorstössen Regelungen einzuführen, die Landesrecht zwingend über Völkerrecht stellen würden.

Politische Grundfragen:
– In Zukunft soll zu Beginn einer Legislaturperiode im Parlament die Nationalhymne gespielt werden.
– Die grössten Sorgen in der Bevölkerung sind die Angst vor Arbeitslosigkeit und vor dem Klimawandel.
– Der Schweizer Pavillon an der Weltausstellung lockte zahlreiche Besucher an.

Rechtsordnung:
– Im Rahmen der Revision des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes wurde über Datenschutz debattiert.
– Der Bericht über die Inspektion der Datenbank ISIS weckte Erinnerungen an die Fichenaffäre in den 1990er Jahren.
– In mehreren Kantonen wurde die Einführung des kantonalen oder kommunalen Ausländerstimmrechts deutlich abgelehnt.
– Die Verschärfung des Strafrechts war Gegenstand verschiedener überwiesener Vorstösse.
– Das Alarmsystem bei Kindesentführungen soll Anfang 2011 funktionstüchtig sein.
– Die Internetkriminalität und die bisher unzulänglichen Instrumente dagegen waren Gegenstand intensiver Debatten.
– Einer Petition des Verbands Schweizerischer Polizeibeamter wurde Folge gegeben.
– Die Räte befassten sich mit der Waffeninitiative.

Institutionen und Volksrechte:
– Gleich zwei Bundesräte traten im Berichtsjahr zurück: das Parlament wählte für Moritz Leuenberger und Hans-Rudolf Merz Simonetta Sommaruga (SP) und Johann Schneider-Ammann (FDP); Kampfkandidaturen der SVP und der Grünen blieben ohne Erfolg.
– Bei der Departementsverteilung kam es zu einer grossen Rochade.
– Zahlreiche Vorstösse forderten eine umfassende Regierungsreform; der Bundesrat reagierte mit einem ersten Vorschlag.
– Die Bundesversammlung soll in Zukunft bei Notverordnungen besser und schneller informiert werden.
– Eine Verordnung soll helfen, die Repräsentation der Landessprachen in der Verwaltung zu verbessern.
– Das Parlament erteilt sich die Kompetenz, die Bundesanwaltschaft und ihre Aufsichtsbehörde selbst zu wählen.
– Kontrovers diskutiert wurde das Problem der Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit dem Völkerrecht.

Föderativer Aufbau:
– Der Trend zu stärkerer Nutzung von Standesinitiativen hält an.
– Die Anzahl Gemeinden nimmt aufgrund von Fusionen weiter ab.
– In den beiden Basel und im Arc jurassien wird über Kantonsfusionen nachgedacht.
– Der Tessiner Ständerat Dick Marty wird neuer Präsident der Assemblée interjurassienne.

Wahlen:
– In den Kantonen Bern, Glarus und Graubünden traten erstmals BDP und SVP gegeneinander an. Beide Parteien profitierten vom Wahlkampf.
– Die GLP eroberte Parlamentssitze in drei weiteren Kantonen.
– In Bern kann sich die rot-grüne Regierungsmehrheit halten.
– In Appenzell Innerrhoden wurde zum zweiten Mal eine Frau in die Regierung gewählt.
– Die SVP erobert weitere Regierungssitze: in Nidwalden und Zug errang sie ein zweites Regierungsmandat und bei den Ersatzwahlen in Uri schaffte sie zum ersten Mal den Einzug in die Regierung.

Aussenpolitik:
– Das Parlament beauftragte den Bundesrat, die gesetzlichen Grundlagen so anzupassen, dass die Regierung nicht mehr im Alleingang internationale Verträge abschliessen kann.
– Der Bundesrat schlug einen Gegenvorschlag zur Initiative der AUNS vor, welche die Volksrechte in der Aussenpolitik stärken will.
– Die EU attackierte das fiskalische System der Schweiz wiederholt und verlangte einen automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen.
– In seinem Bericht zur Europapolitik hielt der Bundesrat fest, dass der bilaterale Weg für die Schweiz auf kurze Sicht die gangbarste Variante sei.
– Das Parlament verlangte vom Bundesrat Vorschläge, wie die bis zum Jahr 2015 geplante Erhöhung der Entwicklungshilfe auf 0.5 Prozent des BIP erreicht werden kann.
– Die beiden in Libyen festgehaltenen Schweizer Geiseln wurden freigelassen, nachdem der Konflikt auf europäisches Niveau gehoben wurde. Der Bundesrat wurde für sein Krisenmanagement scharf kritisiert.

Landesverteidigung:
– Der Bundesrat veröffentlichte den Bericht über die Sicherheit, der wegen fehlender politischer Linie stark kritisiert wurde. Der Ständerat nahm ihn mit Skepsis zur Kenntnis.
– Nach mehreren Verschiebungen hat die Regierung ihren Bericht über die Armee vorgestellt, der die Reduktion des Bestandes der Armee um 80'000 und die Aufrechterhaltung des jährlichen Budgets in der Höhe von CHF 4.4 Mia. empfiehlt.
– Das Parlament hat die Anpassung des Gesetzes über die Armee und die militärische Administration angenommen.
– Das Parlament hat mehrere Motionen angenommen, welche sich mit der Überarbeitung der vorgesehenen Modifikationen zur Unterzeichnung des Übereinkommens von Oslo über Streumunition beschäftigten.
– Aus budgetären Gründen verschob der Bundesrat den Ersatz der F-5 Tiger auf unbestimmte Zeit.
– Die Zunahme der Zahl der Gesuche um Zivildienst hat eine Reihe von parlamentarischen Vorstössen erzeugt. Ein bundesrätlicher Bericht kam jedoch zum Schluss, dass die Bestände der Armee dadurch nicht in Gefahr seien.

Wirtschaftspolitik:
– Die Schweizerische Wirtschaftsleistung hat sich 2010 mit Ausnahme der Warenexporte auf den Vorkrisenwerten stabilisiert.
– Die europäische Staatsschuldenkrise und die allgemeine Wirtschaftsschwäche der USA beflügeln den Frankenkurs und drücken auf die Margen der Exportwirtschaft.
– Das Cassis-de-Dijon-Prinzip tritt in Kraft, bewegt bezüglich Lebensmittelqualität aber nach wie vor die Gemüter.
– Der Bundesrat beabsichtigt über eine vorgezogene Teilrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen, den Mehrkosten entgegenzuwirken, die der öffentlichen Hand durch blockierte Vergabeentscheide entstehen.
– Die Uneinigkeit der Räte im Umgang mit der «Abzocker-Initiative» verkompliziert und verzögert die Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts.

Geld, Währung und Kredit:
– Die Nationalbank hielt an ihrer expansiven Geldmengenpolitik fest und verzeichnet einen Konzernverlust von CHF 19.2 Mia.
– Der Schweizer Franken gewinnt massiv an Wert.
– Das Systemrisiko durch die Grossbanken («too-big-to-fail») wird über eine Revision des Bankengesetzes angegangen.
– Nach umfangreichen politischen Taktierereien der Flügelparteien nimmt das Parlament den Staatsvertrag Schweiz-USA in Sachen UBS in extremis an.
– Das Bankgeheimnis erodiert und die Schweiz diskutiert unter dem massiven Druck ausländischer Akteure eine Weissgeldstrategie.

Landwirtschaft:
– Der Ständerat beschloss Massnahmen zur Sicherung eines Selbstversorgungsgrads bei Nahrungsmitteln von mindestens 60 Prozent.
– Mit knapper Mehrheit schuf das Parlament im Landwirtschaftsgesetz eine Bilanzreserve zur Finanzierung von Begleitmassnahmen zu möglichen Freihandelsabkommen.
– Der Nationalrat verabschiedete einen Antrag, mit dem die Allgemeinverbindlichkeit für ein neues von den Produzenten bewirtschaftetes Milchmengensteuerungsmodell festgelegt werden soll.
– Das Parlament stimmte einer Verlängerung des GVO-Moratoriums in der Landwirtschaft zu.
– Das Inkrafttreten des Cassis de Dijon-Prinzips provozierte erneut Vorstösse zur Sicherung der Nahrungsmittelqualität.
– Das Parlament beschloss, den Schutz des Wolfs einzuschränken.
– Die Initiative für einen Tierschutzanwalt wurde mit 70.5 Prozent Nein-Stimmen und in allen Kantonen verworfen.

Öffentliche Finanzen:
– Das Stimmvolk lehnte eine Volksinitiative für mehr Steuergerechtigkeit mit 58.5 Prozent ab.
– Das Parlament lehnte eine radikale Vereinfachung der Mehrwertsteuer ab und wies die Vorlage an den Bundesrat zurück.
– Die Staatsrechnung 2010 schloss mit einem Überschuss von CHF 3.6 Mia. und damit deutlich besser als erwartet.
– Das vom Parlament beschlossene Budget sah ein Defizit von CHF 600 Mio. vor.

Energie:
– Die SP lancierte eine eidgenössische Volksinitiative für «Neue Arbeitsplätze dank erneuerbaren Energien (Cleantech-Initiative)».
– Der Bundesrat verabschiedete die Verlängerung des SuisseEnergie Programms bis 2020.
– Die Landesregierung räumte eine einjährige Verspätung bei der Ausarbeitung der Revision des Elektrizitätsversorgungsgesetzes ein.
– National- und Ständerat stimmten einer Erhöhung des Wasserzinses und der Abgabe zur kostendeckenden Einspeisevergütung zu.
– Das Parlament beriet über die CO2-Abgabebefreiung fossilthermischer Kraftwerke.

Verkehr und Kommunikation:
– Das Parlament sprach für den Infrastrukturfonds einen ausserordentlichen Beitrag von CHF 850 Millionen.
– Die Volksinitiative «für den öffentlichen Verkehr» kam zustande.
– Die beiden Kammern bewilligten die Kredite für die dringenden Agglomerationsprogramme und für die erste Etappe des Programms zur Beseitigung der Engpässe auf dem Nationalstrassennetz.
– Das BAV veröffentlichte das Konzept Bahn 2030.
– Während die Initiative «für eine starke Post» Ende Sommer zustande kam, nahm das Parlament ein neues Postgesetz an, worin es sich gegen die Abschaffung des Restmonopols der Post aussprach.
– Das Parlament nahm die erste der drei Teilrevisionen zum Luftfahrtgesetz an.

Raumplanung und Wohnungswesen:
– Der Bundesrat präsentierte seinen indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative in Form einer Teilrevision des Raumplanungsgesetzes, welcher vom Ständerat in verschiedener Hinsicht konkretisiert wurde.
– Das Parlament verabschiedete die flankierenden Massnahmen zur Aufhebung der Lex Koller als indirekten Gegenvorschlag zur Zweitwohnungs-Initiative.
– Der Nationalrat trat zum zweiten Mal nicht auf die Mietrechtsrevision ein und versenkte das Geschäft somit.
– Der Bundesrat präsentierte seine Botschaft zur Volksinitiative «Sicheres Wohnen im Alter».
– Der Nationalrat beantragte die Annahme von zwei Volksinitiativen zu steuerlich privilegiertem Bausparen; der Ständerat hingegen setzte sich für die Erarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags ein.

Umweltschutz:
– Der Nationalrat empfahl die Volksinitiativen «für ein gesundes Klima» und «für menschenfreundliche Fahrzeuge (Offroader-Initiative)» zur Ablehnung und befürwortete in beiden Fällen einen indirekten Gegenvorschlag.
– Die Volksinitiative «Lebendiges Wasser» wurde zu Gunsten des vom Parlament im Vorjahr angenommenen indirekten Gegenvorschlages zurückgezogen.
– Mit seinem erneuten Entscheid auf Nichteintreten beschloss der Nationalrat definitiv, die Durchführungsprotokolle zur Alpenkonvention nicht zu ratifizieren.
– Entgegen dem Antrag des Bundesrates verlängerte das Parlament den Fonds Landschaft Schweiz um weitere 10 Jahre.

Bevölkerung und Arbeit:
– Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz betrug am Ende des Berichtsjahres etwas mehr als 7.8 Millionen Personen.
– Die Arbeitslosenquote zeigte sich relativ robust, sie betrug im Mittel 3.9 Prozent.
– Der Nominallohn stieg um 0.8 Prozent an, die Reallöhne blieben nahezu unverändert.
– Es wurden mehrere neue GAVs – bei Swissport und Dnata, der ISS Aviation, der Swiss, der SBB und dem deutschen Discounter Lidl – abgeschlossen.

Gesundheit, Sozialhilfe, Sport:
– Der Nationalrat verabschiedete Massnahmen zur Integration von komplementärmedizinischen Kenntnissen in die Ausbildung von Medizinalpersonen.
– Die grosse Kammer nahm verschiedene Vorstösse (siehe auch hier) an, welche im Bereich der Pflege eine Weiterbildungs- und Ausbildungsoffensive starten wollen.
– Der Bundesrat schickte ein neues Alkoholgesetz in die Vernehmlassung.
– Bund, Kantone, Gemeinden und Städte trafen sich im November anlässlich einer ersten nationalen Armutskonferenz.
– National- und Ständerat berieten die Botschaft zum Sportförderungsgesetz.

Sozialversicherungen:
– Der Nationalrat lehnte die leistungsseitigen Massnahmen der 11. AHV-Revision ab.
– Das Parlament (Ständerat, Nationalrat) behandelte ein erstes Massnahmenpaket der 6. IV-Revision.
– National- und Ständerat nahmen die Revisionen des BVG bezüglich der Finanzierung öffentlich-rechtlicher Vorsorgeeinrichtungen und die Strukturreform der beruflichen Vorsorge an.
– Das Volk lehnte die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge ab.
– Der Nationalrat lehnte die Revision des KVG mit den Massnahmen zur Eindämmung der Kostenentwicklung ab und behandelte die KVG-Revision zu Managed-Care.
– Der Nationalrat wies die Revision der Unfallversicherung zurück an den Bundesrat.
Parlament und Volk nahmen die 4. Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes an.

Soziale Gruppen:
– Volk und Stände hiessen im Berichtsjahr eine Volksinitiative zur Ausschaffung krimineller Ausländer gut; der Gegenvorschlag des Parlaments wurde hingegen abgelehnt.
– Die eidgenössischen Räte verabschiedeten ein Bundesgesetz über die Koordination des Asyl- und des Auslieferungsverfahrens.
– Ein Komitee aus christlich-konservativen Kreisen lancierte eine Volksinitiative zur Streichung der Abtreibungskosten aus dem Leistungskatalog der obligatorischen Krankenversicherung.
– National- und Ständerat stimmten einer Verlängerung der Anschubfinanzierung für familien- und schulergänzende Kinderbetreuungsangebote zu.
– Der Bundesrat unterbreitete dem Parlament eine Totalrevision des Jugendförderungsgesetzes.

Bildung und Forschung:
– Die Schweiz unterzeichnete im Berichtsjahr ein Bildungsabkommen mit der EU.
– Die Romandie und das Tessin verabschiedeten im Juni einen gemeinsamen Lehrplan für die obligatorische Schule.
– In der Herbstsession verabschiedete die kleine Kammer ein neues Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich.
– Der Verband der Schweizer Studierendenschaften lancierte im Berichtsjahr eine Volksinitiative für höhere und schweizweit einheitliche Stipendien.
– In der Volksabstimmung vom 7. März wurde ein neuer Verfassungsartikel über die Forschung am Menschen mit 77.2 Prozent der Stimmen gutgeheissen.

Kultur, Sprache, Kirchen:
– Das EDI eröffnete das Anhörungsverfahren zur Kulturbotschaft.
– Das Bundesgesetz über die Buchpreisbindung ging nach der Detailberatung des Ständerates in die Differenzbereinigung.
– Die Verordnung zum Sprachengesetz trat per 1. Juli in Kraft.
– Die Schweizerische Bischofskonferenz verstärkte ihr Engagement zur Bekämpfung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche.
– Das Ergebnis der Minarett-Initiative entpuppte sich als Ausgangspunkt einer intensiven politischen Debatte zur Rolle des Islam in der Schweiz.

Medien:
– Anlässlich der Postgesetzrevision beschloss das Parlament die Weiterführung der indirekten Presseförderung; gleichzeitig erging der Auftrag an den Bundesrat, Alternativen dazu zu prüfen.
– Sowohl in der Deutsch- als auch in der Westschweiz setzte sich die Bereinigung auf dem Pressemarkt mit wesentlichen Änderungen der Besitzverhältnisse bei den Verlagshäusern Basler Zeitung Medien, Tamedia, NZZ und Rhône Media AG fort.
– Die SRG kämpfte mit dem fünften Defizit in Folge, setzte ihr Konvergenzprojekt aber zu wichtigen Teilen um.
– Das MEDIA-Abkommen Schweiz-EG trat zusammen mit einer Lockerung der Werbevorschriften für öffentliches und privates TV in Kraft.
– Der Bundesrat setzte eine Arbeitsgruppe zur Erarbeitung einer Cyber-Defense-Strategie ein und verabschiedete das Präventionsprogramm «Jugendmedienschutz und Medienkompetenz».
– Das Seco lancierte zur Verbesserung der Sicherheit im elektronischen Datenverkehr das Pilotprojekt Suisse-ID.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2010
Dossier: Jahresrückblicke 2004 bis 2014

Qu'est-ce qui figurait à l'agenda politique suisse en 2010? Quelles étaient les affaires les plus importantes au Parlement? Et qu'est-ce qui a interpellé le public intéressé par la politique ? Les événements les plus importants en 2010 sont résumés ci-dessous et ensuite listés par thème. Les liens vous mèneront directement à ces objets et événements clés de l'année en cours. Hier finden Sie die deutsche Version dieses Artikels.

Pour la cinquième année consécutive, il y a eu un remaniement gouvernemental en 2010. Après le retrait du conseiller fédéral Deiss (pdc) en 2006, la non réélection du conseiller fédéral Blocher (udc) en 2007, ainsi que les démissions de Samuel Schmid (udc), en 2008, et Pascal Couchepin (plr), en 2009, deux autres conseillers fédéraux ont quitté leur fonction en 2010. Moritz Leuenberger (ps) et Hans-Rudolf Merz (plr) ont été remplacés par Simonetta Sommaruga (ps) et Johann Schneider-Ammann (plr). Ces deux sièges ont été attaqués par l’UDC. Le siège du PLR a en outre été contesté par les Verts. Ni Jean-François Rime (udc), ni Brigit Wyss (pe) n’ont toutefois obtenu les voix nécessaires. La composition du gouvernement ne semble toutefois guère stabilisée. Premièrement, la démission de Micheline Calmy-Rey (ps) au terme de la législature semble probable et, deuxièmement, la répartition des sièges entre les partis est toujours aussi âprement critiquée par l’UDC. Invoquant son statut de premier groupe parlementaire, cette dernière revendique en effet un deuxième siège. Les élections fédérales de 2011 promettent d’être passionnantes du point de vue de la composition du gouvernement.

À la faveur de ce remaniement, près de 40 ans après l’introduction du suffrage féminin et pour la première fois dans l’histoire de la Suisse, une majorité de femmes siègent au gouvernement. Quatre des septs conseillers fédéraux sont des femmes. Par ailleurs, au cours de l’année sous revue, les trois fonctions politiques les plus importantes ont été occupées par des femmes. Doris Leuthard (pdc) a assuré la présidence de la Confédération, alors que Pascale Bruderer Wyss (ps) et Erika Forster-Vannini (plr) ont respectivement présidé le Conseil national et le Conseil des Etats. Ceci étant, les femmes sont demeurées nettement minoritaires dans les parlements national et cantonaux. Les élections parlementaires, qui ont eu lieu dans huit cantons au cours de l’année sous revue, ont même vu la proportion de femmes parmi les élus régresser.

2010 est demeurée sous le signe de la résolution des diverses crises des années précédentes. Le Conseil fédéral a enduré de nombreuses critiques pour sa gestion des dites crises. On lui a notamment reproché un déficit de pilotage, un manque de confiance mutuelle entre les membres du collège et une politique d’information mal coordonnée. L’affaire UBS, la crise libyenne, l’absence de coordination des annonces de démission des conseillers fédéraux Leuenberger et Merz, ainsi que l’importante rocade dans la répartition des départements ont été interprétées comme les signes d’une perte de concordance et de collégialité. Le lancement d’une initiative pour l’élection du Conseil fédéral par le peuple et de nombreuses propositions en faveur d’une réforme du gouvernement en ont été les conséquences.

En matière de politique étrangère, il a également été question de résoudre des crises. En conséquence de l’assouplissement du secret bancaire induit par la conformation aux standards de l’OCDE concernant l’entraide administrative en matière fiscale, de nombreuses conventions bilatérales de double imposition ont été conclues. L’accord d’entraide administrative avec les Etats-Unis a dû être converti en un traité, par lequel la Suisse s’est engagée à fournir des données de clients de l’UBS. L’approbation de ce traité par le parlement s’est faite dans la douleur. L’UDC et le PS ont posé des conditions à leur soutien. Le PS n’a obtenu gain de cause ni pour sa revendication de soumettre le secteur bancaire à des règles plus sévères, ni pour son exigence de réglementer les bonus des managers. Après de longues tergiversations et une volte-face de l’UDC, le traité a finalement été adopté.

L’UE a poursuivi ses attaques contre le système fiscal suisse et exigé un échange automatique de données en matière fiscale. Jugeant que la voie bilatérale avait atteint ses limites, elle a en outre fait savoir qu’elle n’était pas prête à négocier avec la Suisse sur des dossiers aussi divers que nombreux. Dans son rapport sur la politique européenne, le Conseil fédéral a cependant réaffirmé sa volonté de poursuivre sur la voie bilatérale.

Le Conseil fédéral a présenté son rapport sur l’armée, qui prévoit une réduction des effectifs à 80'000 hommes et une facture annuelle globale de CHF 4.4 milliards. L’achat de nouveaux avions de combat a été repoussé à 2015 en raison de moyens financiers insuffisants, raison pour laquelle le GSsA a retiré son initiative pour un moratoire sur l’achat de nouveaux avions militaires.

Au cours de l’année sous revue, la Suisse a connu une reprise conjoncturelle. Le PIB nominal a crû de 2 pourcent et la performance économique a retrouvé les valeurs d’avant-crise. La reprise s’est également traduite dans les comptes d’Etat, qui – contre toute attente – ont affiché un excédent de CHF 3.6 milliards. La quote-part étatique a légèrement reculé à 0.1 pourcent. Le taux de chômage est quant à lui passé de 4.5 à 3.8 pourcent, mais il est demeuré en moyenne 0.2 pourcent plus élevé que l’année précédente. La Banque nationale a contribué à la reprise grâce à sa politique monétaire expansive. La crise européenne de la dette publique et l’évolution incertaine de l’économie américaine ont causé une forte revalorisation du franc par rapport à l’euro et au dollar. La Banque nationale est intervenue massivement sur le marché des devises afin de soutenir l’industrie d’exportation. Au cours de l’année sous revue, la valeur du franc a crû de 17 pourcent par rapport à l’euro et de 11 pourcent par rapport au dollar, entraînant des conséquences anticonjoncturelles au second semestre.

En 2010, les citoyennes et les citoyens ont été appelés aux urnes pour se prononcer sur sept objets fédéraux. La gauche, qui a lancé avec les syndicats des référendums contre des réformes des assurances sociales, a connu un succès variable. Victorieuse avec le référendum contre l’abaissement du taux minimal de conversion du deuxième pilier, elle a par contre perdu la lutte contre les restrictions de durée et de montant des indemnités journalières introduites dans la loi sur l’assurance chômage. L’article constitutionnel relatif à la recherche sur l’être humain, qui donne à la Confédération la possibilité de réglementer la recherche de manière uniforme pour toute la Suisse, tout en protégeant la dignité et la personnalité humaines et en garantissant la liberté scientifique, a été peu contesté. Soumis au référendum obligatoire, il a été accepté avec plus de trois quarts des voix. Trois initiatives ont en outre été soumises au peuple et aux cantons. Ni l’initiative en faveur de l’institution d’un avocat pour les animaux, ni celle en faveur d’une plus grande justice fiscale, qui visait à modérer la concurrence fiscale intercantonale, n’ont connu le succès, à l’inverse de l’initiative sur le renvoi de l’UDC. Celle-ci exige que les étrangères et les étrangers condamnés pénalement pour certains délits et crimes se voient retirer leur titre de séjour et expulser du territoire suisse. Au préalable, le parlement avait longuement et vivement discuté de la validité de l’initiative, ainsi que d’un contre-projet, qui fut cependant rejeté par le peuple. L’initiative pour le renvoi, comme celle contre les minarets, l’année précédente, ainsi qu’une troisième initiative en faveur de la réintroduction de la peine de mort, lancée au cours de l’année sous revue et presque immédiatement retirée, ont alimenté la discussion sur la compatibilité des initiatives populaires avec le droit international et les droits de l’homme. Alors que, d’un côté, on a discuté des possibilités d’améliorer le contrôle de cette compatibilité, évoquant même la proposition d’instituer une cour constitutionnelle, de l’autre, on a essayé, notamment de la part de l’UDC, à travers diverses propositions, toutes refusées, d’affirmer formellement la primauté du droit national sur le droit international.

Problèmes politiques fondamentaux:
– À l’avenir, l’hymne national sera joué au parlement au début de la législature.
– Les principales préoccupations au sein de la population sont la peur du chômage et du changement climatique.
– Le pavillon suisse à l’Exposition universelle de Shanghai a attiré de nombreux visiteurs.

Ordre juridique:
– La protection des données a fait débat dans le cadre de la révision de la loi sur l’organisation du gouvernement et de l’administration.
– Le rapport d’enquête sur la base de données ISIS a réveillé le souvenir de l’affaire des fiches du début des années 1990.
– L’introduction du droit de vote communal ou cantonal des étrangers a été nettement rejetée dans plusieurs cantons.
– Plusieurs propositions individuelles en faveur d’un durcissement du droit pénal ont été adoptées.
– Le système d’alerte pour les enlèvements d’enfants entrera en fonction début 2011.
– La criminalité sur Internet et les instruments pour y faire face ont suscité d’intenses débats.
– Le Conseil national a décidé de donner suite à une pétition de la Fédération suisse des fonctionnaires de police.
– Les chambres ont traité l’initiative sur les armes.

Institutions et droits populaires:
Deux conseillers fédéraux se sont retirés au cours de l’année sous revue: le parlement a élu Simonetta Sommaruga (PS) et Johann Schneider-Ammann (PLR) pour remplacer Moritz Leuenberger et Hans-Rudolf Merz; des candidatures de combat de l’UDC et des Verts ont échoué.
– D’importants changements sont survenus dans la répartition des départements.
– De nombreuses propositions ont exigé une réforme en profondeur du gouvernement; le Conseil fédéral y a répondu avec un premier projet.
– L’Assemblée fédérale sera dorénavant mieux et plus rapidement informée des réglementations urgentes adoptées par le gouvernement.
– Une ordonnance doit améliorer la représentation des langues nationales au sein de l’administration fédérale.
– Le parlement s’est octroyé la compétence d’élire le Ministère public de la Confédération et les autorités de surveillance.
– La question de la compatibilité entre les initiatives populaires et le droit international public a été vivement débattue.

Structures fédéralistes:
– La tendance à une utilisation accrue du droit d'initiative par les cantons s'est confirmée.
– Le nombre de communes a connu une nouvelle diminution en raison de fusions.
– Dans les deux Bâle et dans l'Arc jurassien, l'idée d'une fusion des cantons a été avancée.
– Le conseiller aux Etats tessinois Dick Marty a été élu à la présidence de l'Assemblée interjurassienne.

Elections:
– Dans les cantons de Berne, de Glaris et des Grisons, le PBD et l'UDC se sont affrontés pour la première fois. Les deux partis ont tiré profit de la lutte électorale.
– Les Verts libéraux ont conquis des mandats parlementaires dans trois cantons supplémentaires.
– A Berne, la majorité gouvernementale rose-verte a pu se maintenir.
– Pour la deuxième fois de son histoire, le canton d'Appenzell Rhodes Intérieures a connu l'élection d'une femme au gouvernement.
– L'UDC a gagné de nouveaux sièges dans les exécutifs cantonaux: elle a conquis un deuxième mandat gouvernemental à Nidwald et à Zoug et fait son entrée dans le gouvernement d'Uri lors d'une élection complémentaire.

Politique étrangère:
– Le parlement a chargé le gouvernement de modifier la base légale afin que ce dernier ne puisse conclure seul des traités internationaux.
– Le Conseil fédéral a proposé un contre-projet à l’initiative de l’ASIN visant au renforcement des droits populaires dans la politique étrangère.
– L’UE a attaqué à de multiples reprises le système fiscal helvétique en exigeant un échange automatique d’informations.
– Dans son rapport sur la politique européenne, le Conseil fédéral a considéré que la voie bilatérale est, à court terme, la voie la plus praticable.
– Le parlement a exigé que le Conseil fédéral fasse des propositions afin d’atteindre l’objectif de 0.5 pourcent du RNB en 2015 pour l’aide au développement. Le gouvernement s’est exécuté à la fin de l’année.
– Les deux otages en Libye ont été libérés après l’intervention de l’UE. Le Conseil fédéral a été fortement critiqué pour sa gestion collective de l’affaire.

Armée:
– Le Conseil fédéral a finalement publié son rapport sur la sécurité. Il a été fortement critiqué pour l’absence de ligne politique claire. Le Conseil des Etats en a pris acte avec scepticisme.
– Après de multiples reports, le gouvernement a présenté son rapport sur l’armée. Il préconise la réduction des effectifs de l’armée à 80'000 et le maintien du budget annuel aux alentours de CHF 4.4 milliards.
– Le parlement a accepté la modification de la loi sur l’armée et l’administration militaire.
– Le parlement a adopté des motions remaniant les modifications prévues pour la ratification de la Convention d’Oslo sur les armes à sous-munitions.
– Le Conseil fédéral a décidé de repousser à une date indéterminée le remplacement des F-5 Tiger pour des raisons budgétaires.
– L’augmentation des demandes de service civil a entraîné le dépôt de nombreuses interventions parlementaires. Le rapport présenté par le gouvernement considère que cette augmentation ne met pas en péril les effectifs de l’armée.

Politique économique:
– Durant l’année 2010, l’activité économique suisse s’est stabilisée au niveau d’avant-crise, à l’exception des exportations de marchandises.
– La crise européenne de la dette des Etats et la faiblesse économique des Etats-Unis a provoqué l’envol du cours du franc et comprimé les marges de l’économie d’exportation.
– Le principe du Cassis de Dijon est entré en vigueur, toutefois la question de la qualité des denrées alimentaires a continué d’agiter les esprits.
– Le Conseil fédéral envisage une révision partielle de la loi fédérale sur les marchés publics afin de combattre les dépenses supplémentaires générées par des décisions d’affectation bloquées.
– Le désaccord des chambres relatif au traitement de l’initiative contre les rémunérations abusives a compliqué et retardé la révision du droit de la société anonyme et du droit comptable.

Crédit et monnaie:
– La Banque nationale s’en est tenue à une politique monétaire expansive et a enregistré une perte consolidée de CHF 19.2 milliards.
– Le franc suisse a massivement gagné en valeur.
– Le risque systémique des banques trop grandes pour faillir («too big too fail») est traité à travers une révision de la loi sur les banques.
– Après de multiples manœuvres politiques de l’UDC et du PS, le parlement a adopté in extremis l’accord entre la Suisse et les Etats-Unis relatif à l’UBS.
– Le secret bancaire s’affaiblit et la Suisse discute d’une stratégie «argent propre» sous la pression massive d’acteurs étrangers.

Agriculture:
– Le Conseil des Etats a décidé de prendre des mesures afin que la production réponde aux exigences de la souveraineté alimentaire et assure un auto-approvisionnement atteignant 60 pourcent.
– Le parlement a décidé de justesse de constituer une réserve dans la loi sur l’agriculture destinée aux mesures d’accompagnement d’un hypothétique accord de libre-échange.
– Le Conseil national a adopté une motion qui attribue le statut de force obligatoire à un nouveau modèle de régulation des quantités de lait géré par les producteurs.
– Les deux chambres ont décidé de prolonger le moratoire sur l’utilisation d’OGM dans l’agriculture.
– L’entrée en vigueur du principe du Cassis de Dijon a été suivie de réactions musclées dénonçant une baisse de la qualité des produits.
– Le parlement a décidé d’entamer des démarches afin d’amoindrir le niveau de protection du loup en Suisse.
– L’initiative pour un avocat des animaux a été rejetée par 70.5 pourcent des votants et la totalité des cantons.

Finances publiques:
– Le peuple a rejeté à 58.5 pourcent une initiative populaire pour plus de justice fiscale.
– Le parlement a refusé une simplification drastique de la TVA et renvoyé l'objet au Conseil fédéral.
– Les comptes 2010 ont affiché un excédent de recettes de CHF 3.6 milliards, nettement supérieur aux prévisions.
– Le budget 2011 adopté par le parlement prévoit un déficit de CHF 600 millions.

Energie:
– Le PS a lancé une initiative populaire fédérale baptisée «De nouveaux emplois grâce aux énergies renouvelables (initiative cleantech)».
– Le Conseil fédéral a décidé le renouvellement pour une durée de dix ans du programme SuisseEnergie.
– Le gouvernement a annoncé un retard d’une année dans l’élaboration de la révision de la loi sur l’approvisionnement électrique.
– Les chambres ont approuvé l’augmentation progressive de la redevance hydraulique et la hausse de la redevance pour la rétribution à prix coûtant du courant vert.
– Le parlement a reconduit l’exemption de la taxe sur le CO2 des centrales à combustibles fossiles.

Transports et communications:
– Le parlement a décidé le versement d’une contribution extraordinaire de CHF 850 millions au fonds d’infrastructure.
– L’initiative populaire «pour les transports publics» a abouti.
– Les chambres ont alloué les crédits en faveur des programmes d’agglomération urgents et de la première étape du programme d’élimination des goulets d’étranglement des routes nationales.
– L’OFT a rendu public le concept Rail 2030.
– Alors que l’initiative populaire «Pour une poste forte» a abouti à la fin de l’été, les chambres ont adopté le projet de nouvelle législation postale après avoir renoncé à la suppression du monopole résiduel de La Poste.
– Le parlement a adopté la première des trois révisions partielles de la loi sur l’aviation.

Aménagement du territoire et logement:
– Le Conseil fédéral a présenté son contre-projet indirect à l’initiative pour le paysage sous la forme d’une révision partielle de la loi sur l’aménagement du territoire; le Conseil des Etats l’a approuvé après l’avoir amendé.
– Le parlement a adopté les mesures d’accompagnement de la suppression de la Lex Koller au titre de contre-projet indirect à l’initiative sur les résidences secondaires.
– Le Conseil national a refusé une seconde fois d’entrer en matière sur la révision du droit du bail, liquidant ainsi l’objet.
– Le Conseil fédéral a présenté le message relatif à l’initiative «sécurité du logement à la retraite».
– Le Conseil national a recommandé l’approbation de deux initiatives populaires pour un traitement fiscal privilégié de l’épargne logement; à l’inverse, le Conseil des Etats s’est prononcé en faveur de l’élaboration d’un contre-projet indirect.

Protection de l'environnement:
– Le Conseil national a recommandé le rejet des initiatives populaires «pour un climat sain» et «pour des véhicules plus respectueux des personnes et de l’environnement» et approuvé pour chacune d’elles un contre-projet indirect.
– L’initiative populaire «Eaux vivantes» a été retirée en faveur du contre-projet indirect adopté par le parlement l’année précédente.
– Suite au second refus d’entrer en matière du Conseil national, le projet de ratification des protocoles de mise en œuvre de la Convention alpine a été définitivement liquidé.
– Contre l’avis du Conseil fédéral, le parlement a renouvelé le Fonds suisse pour le paysage pour une durée de dix ans.

Population et travail:
– La population résidente permanente de la Suisse a franchi la barre des 7.8 millions de personnes à la fin de l'année sous revue.
– Le nombre de chômeurs est demeuré relativement élevé, atteignant 3.9 pourcent en moyenne.
– Le salaire nominal a progressé de 0.8 pourcent, alors que les salaires réels sont demeurés pratiquement inchangés.
– Plusieurs nouvelles conventions collectives de travail – à Swissport et Dnata, ISS Aviation, Swiss, CFF et à Lidl – ont été conclues.

Santé, assistance sociale, sport:
– Le Conseil national a adopté des mesures pour inclure des connaissances de médecines complémentaires dans la formation du personnel médical.
– La chambre basse a accepté diverses propositions (voir aussi la) afin de lancer une campagne de formation continue et de formation de base dans le domaine des soins.
– Le Conseil fédéral a mis en consultation une nouvelle loi sur l’alcool.
– La Confédération, les cantons, les communes et les villes se sont rencontrés en novembre dans le cadre d’une première conférence nationale sur la pauvreté.
– Le Conseil national et le Conseil des Etats ont débattu du message relatif à la loi sur l’encouragement au sport.

Assurances sociales:
– Le Conseil national a refusé les mesures relatives aux prestations de la 11e révision de l‘AVS.
– Le parlement (Conseil d'états, Conseil national) a traité le premier paquet de mesures de la 6e révision de l’AI.
– Les chambres ont approuvé les révisions de la LPP concernant le financement des institutions de prévoyance de droit public et la réforme des structures de la prévoyance professionnelle.
– Le peuple a rejeté l’adaptation du taux minimal de conversion des rentes LPP.
– Le Conseil national a refusé la révision de la LAMal comportant des mesures visant à contenir la croissance des coûts mais il a traité celle relative au Managed Care.
– La chambre basse a renvoyé au Conseil fédéral le projet de modification de la loi sur l’assurance accident.
– Le parlement et le peuple ont approuvé la 4e révision de la loi sur l’assurance chômage.

Groupes sociaux:
– Le peuple et les cantons ont approuvé l’initiative populaire pour le renvoi des criminels étrangers; le contre-projet du parlement a par contre été rejeté.
– Les chambres ont adopté une loi sur la coordination entre la procédure d’asile et la procédure d’extradition.
– Un comité issu des milieux chrétiens-conservateurs a lancé une initiative populaire pour la suppression du remboursement des coûts de l’avortement du catalogue de prestations de l’assurance maladie obligatoire.
– Les chambres ont décidé une prolongation des aides financières en faveur de l’accueil extrafamilial et extrascolaire des enfants.
– Le Conseil fédéral a soumis au parlement une révision totale de la loi sur les activités de jeunesse.

Enseignement et recherche:
– La Suisse a signé un accord sur la formation avec l’UE.
– La Romandie et le Tessin ont adopté un plan d’études commun pour l’école obligatoire.
– Lors de la session d’automne, la chambre haute a adopté une nouvelle loi fédérale sur l’aide aux universités et la coordination dans le domaine des hautes écoles.
– L’Union nationale des étudiants de Suisse a lancé une initiative populaire en faveur d’une unification nationale et d’une hausse générale des bourses d’études.
– Lors de la votation populaire du 7 mars, un nouvel article constitutionnel concernant la recherche sur l’être humain a été approuvé par 77.2 pourcent des voix.

Culture, langues, églises:
– Le DFI a lancé une procédure d’audition concernant le message sur la culture.
– Après les délibérations du Conseil des Etats, le projet de loi fédérale sur la réglementation du prix du livre est allé en procédure d’élimination des divergences.
– L’ordonnance d’application de la loi sur les langues est entrée en vigueur le 1er juillet.
– La Conférence des évêques suisses a renforcé son engagement dans la lutte contre les abus sexuels au sein de l’Eglise catholique.
– Le résultat du vote sur l’initiative anti-minarets a débouché sur un intense débat politique au sujet du rôle de l’Islam en Suisse.

Médias:
– Lors de la révision de la loi sur la Poste, le parlement a décidé de maintenir l’aide indirecte à la presse; le Conseil fédéral s’est par ailleurs vu confier l’examen d’alternatives à celle-ci.
– Autant en Suisse alémanique qu’en Suisse romande, la concentration du marché de la presse s’est poursuivie à travers des changements importants de propriétaire au sein des maisons d’édition de Basler Zeitung Medien, de Tamedia, de NZZ et de Rhône Media SA.
– La SSR a fait face à son cinquième déficit successif, parvenant toutefois à réaliser les parties les plus importantes de son projet de convergence.
– L’accord MEDIA entre la Suisse et l’UE est entré en vigueur. Il assouplit les prescriptions publicitaires pour les télévisions publiques et privées. Le Conseil fédéral a créé un groupe de travail chargé d’élaborer une stratégie de cyber-défense et a adopté un programme de prévention «protection de la jeunesse face aux médias et compétences médiatiques».
– Le Seco a lancé le projet pilote Suisse-ID visant à améliorer la sécurité de la transmission électronique de données.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2010
Dossier: Jahresrückblicke 2004 bis 2014

Die Assemblée interjurassienne (AIJ) und die Tripartite-Konferenz bestehend aus Delegationen der bernischen und jurassischen Regierungen sowie der Vorsteherin des EJPD zogen nach der Vorstellung ihres Berichtes über die Zukunft der Region an verschiedenen öffentlichen Informationsveranstaltungen Bilanz und bekräftigten ihre bereits im Vorjahr abgegebene Empfehlung für eine Volksabstimmung zur Lösung des Jurakonfliktes. Die Kantone Jura und Bern sollten nochmals die Durchführung eines Urnengangs prüfen. Während die Jurassische Regierung einen raschen Abstimmungstermin anstrebte, gab sich die Berner Regierung zurückhaltender und sprach sich für weitere Abklärungen aus. Nach dem Rücktritt von Serge Sierro ernannte der Bundesrat den Tessiner Ständerat Dick Marty (fdp) zum Nachfolger als Präsident der AIJ. Während das Mouvement autonomiste jurassien die Wahl begrüsste, stiess sie bei den Berntreuen auf Kritik, da diese gegen eine externe Präsidentschaft einstanden.

Wahl Dick Martys zum Präsidenten der Assemblée interjurassienne AIJ
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

En décembre, le DFAE a appelé le Kosovo à faire la lumière sur les accusations du rapport du Conseil de l’Europe établi par le sénateur Marty (plr, TI). Ce dernier affirme que l’armée de libération du Kosovo, dirigée alors par le premier ministre Hashim Thaçi, a commis des activités criminelles, notamment un trafic d’organes prélevés sur des prisonniers exécutés. En conséquence, Micheline Calmy-Rey a renoncé à recevoir le prix de la diaspora kosovare des mains de l’ambassadeur du Kosovo à Berne.

Accusations du rapport du Conseil de l’Europe envers le premier ministre kosovar Hashim Taçi

Le Conseil fédéral a présenté son message relatif à l’adhésion de la Suisse aux nouveaux accords d’emprunts modifiés (NAE) du FMI. Ces accords sont censés répondre aux besoins des Etats membres lorsque les moyens ordinaires ne suffisent pas dans un contexte de crise menaçant le système monétaire et financier international. Le montant de ces emprunts sont ainsi passés de 34 milliards de droits de tirages spéciaux (DTS : unité monétaire propre au FMI) à 367 milliards et les outils ont été modifiés afin d’en garantir une mobilisation assouplie et rapide en cas de nécessité. Le Conseil fédéral a donc demandé une augmentation faisant passer la participation maximale helvétique de 1,5 milliards de DTS à 10,9, soit à un total avoisinant les 18 milliards de francs. Malgré cette augmentation, la part helvétique diminuerait de 1,5 point et passerait de 4,5% à environ 3% de l’ensemble des NAE. Le gouvernement a néanmoins considéré que cette augmentation renforcerait l’image de la Suisse en tant que place financière d’importance. Il a demandé de traiter en urgence ce message ainsi que celui relatif à l’augmentation des ressources du FMI, adopté par la Conseil des Etats l’année précédente. Une motion d’ordre a donc été déposée en ce sens par le bureau du Conseil national, la voix du président ayant été prépondérante. La chambre du peuple a toutefois refusé de traiter ces messages avant l’année suivante. En effet, une alliance de circonstance entre l’UDC et la gauche a conduit à lier les crédits pour le FMI à l’aide au développement. La gauche souhaite augmenter l’aide à 0,5% du RNB de manière effective et demande de traiter ces deux thématiques simultanément. Quant à l’UDC, elle met en avant les risques potentiels de ces engagements, souhaite diminuer cette aide et exige des garanties auprès de l’UE concernant les accords bilatéraux. Au Conseil des Etats, une proposition de renvoi Maximilian Reimann (udc, AG) a été écartée par 30 voix contre 5 et le premier projet a été aisément adopté par 27 voix contre 3.

Neue Kreditvereinbarungen des internationalen Währungsfonds

Bereits in der Herbstsession wählte die vereinigte Bundesversammlung zum ersten Mal die besagte Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA). Sechs der sieben Kandidaten waren unbestritten. Die Wahl von Hansjörg Seiler, Giorgio Bomio, Thomas Fingerhuth, Carla Wassmer, Thierry Béguin und Niklaus Oberholzer wurde von allen Fraktionen unterstützt. Die Ratslinke, unterstützt von Dick Marty (fdp, TI), wehrte sich erfolglos gegen den SVP-Kandidaten David Zollinger, der als Geschäftsleitungsmitglied einer Bank nicht in einem Gremium Einsitz nehmen solle, das auch über Banken urteilen müsse. Dieses Argument wurde jedoch von der Mehrheit der Bundesversammlung nicht geteilt und der von der grünen Fraktion vorgeschlagene Pascal Mahon hatte keine Chance gegen Zollinger.

Wahl der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft 2010
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Im Juni liessen einige Exponenten der SVP durchsickern, dass Christoph Blocher für die Wahlen 2011 wieder kandidieren werde. Seit seiner Abwahl als Bundesrat ist der Unternehmer ohne politisches Mandat geblieben. Im Kanton Aargau beschloss die kantonale SVP bereits im Juni eine Rochade für die Wahlen 2011. Noch-Nationalrat Ulrich Giezendanner soll für die kleine, Noch-Ständerat Maximilian Reimann für die grosse Kammer kandidieren.

alt-BR kandidiert für die Wahlen 2011