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Akteure

  • Andres, Dora (BE, fdp/plr)
  • Genner, Ruth (ZH, gp/verts)
  • Widmer-Schlumpf, Eveline (bdp/pbd) BR EFD / CF DFF
  • Gugger, Niklaus-Samuel (evp/pev, ZH) NR/CN

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162 Resultate
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Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass auch der Parlamentsbetrieb mit verschiedenen Ratings und Rankings vermessen werden kann, welche die Arbeit, den Einfluss oder die ideologische Positionierung der Parlamentsmitglieder zu bestimmen versuchen. Der Versuch, anschauliche Ranglisten zu erstellen und so auch durch Personalisierung die Komplexität von Politik zu reduzieren, dient vor allem den Medien, die sich auch 2019 den verschiedenen Analysen widmeten.

Den Beginn machte Anfang Juli eine neue Plattform namens «politik.ch» mit einer Auswertung der Präsenz während der ganzen bisherigen 50. Legislatur. «Präsenz» wurde dabei mit der Teilnahme an den total 4'076 Abstimmungen, die im Nationalrat bis zur vorletzten Session durchgeführt wurden, gemessen. Zum «Absenzenkönig von Bern» – so die Aargauer Zeitung, die über die Studie berichtete – wurde Roger Köppel (svp, ZH) gekürt. Er habe 22.4 Prozent aller Abstimmungen «geschwänzt», gefolgt von Martin Bäumle (glp, ZH; 21.9%) und Hans Grunder (bdp, BE; 21.7%). Frauen stimmten tendenziell disziplinierter ab, schloss die Zeitung, weil sich am anderen Ende der Skala Andrea Geissbühler (svp, BE), Barbara Keller-Inhelder (svp, SG) und Sandra Sollberger (svp, BL) fanden, die alle weniger als sechs der über 4'000 Abstimmungen verpasst hatten. Die Aargauer Zeitung liess die Protagonisten zu Wort kommen. Bei wichtigen Abstimmungen sei er vor Ort, nicht aber, wenn «das ausufernde Berufsparlament mit sich selbst beschäftigt» sei, verteidigte sich Roger Köppel. «Das Volk» habe sie ins Parlament gewählt und erwarte, dass sie an den Abstimmungen teilnehme, befand hingegen Andrea Geissbühler. Im Schnitt hatten die Nationalrätinnen und Nationalräte drei Prozent der Abstimmungen verpasst. Im Tages-Anzeiger wurde daran erinnert, dass «immer brav auf dem ehrwürdigen Nationalratssessel zu sitzen» nicht mit politischem Einfluss gleichzusetzen sei. Die wichtigsten Entscheidungen fielen nicht im Ratssaal, sondern «in den Kommissionen, in den Hinterzimmern des Bundeshauses und den Salons des Bellevue-Hotels».

Einen Versuch, diese Art von Einfluss zu messen, unternahm die Sonntagszeitung mit ihrem alle zwei Jahre publizierten «Parlamentarier-Rating». Hier erhält Punkte, wer viele Reden hält, in wichtigen Kommissionen sitzt und erfolgreich Vorstösse einreicht; wer innerhalb der eigenen Partei wichtige Funktionen innehat, einer starken Fraktion angehört, hohe Medienpräsenz hat und ausserhalb des Parlaments gut vernetzt ist. Wie schon zwei Jahre zuvor wies die Zeitung SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) als «mächtigsten» Parlamentarier aus, gefolgt von Pirmin Bischof (cvp, SO) und Thomas Aeschi (svp, ZG). Levrat sei «immer dabei, wenn es in der Schweizer Politik etwas anzuschieben oder zu blockieren» gelte. Allerdings falle die SP-interne grosse Lücke hinter Levrat auf. In den Top Ten gebe es kein weiteres SP-Mitglied, was darauf hindeute, dass die parteiinterne Erneuerung wohl noch nicht geschafft sei. Ausgerechnet bei den Frauen schneide die SP schlecht ab. Unter den 15 höchst bewerteten Frauen – diese Liste wurde von Tiana Angelina Moser (glp, ZH; total Rang 6) und Lisa Mazzone (gp, GE; Rang 13) angeführt – fänden sich lediglich zwei Genossinen: Maria Carobbio Guscetti (sp, TI; Rang 23) und Barbara Gysi (sp, SG; Rang 34). Für das Rating berücksichtigt wurden nur jene Parlamentsmitglieder, die seit Beginn der Legislatur in den Räten gesessen hatten und bei den eidgenössischen Wahlen 2019 wieder antreten wollten. Entsprechend war der 173. Rang auch der letzte. Dort befand sich Bruno Walliser (svp, ZH). Indem die Sonntagszeitung die Rangierung hinsichtlich Medienpräsenz mit der Gesamtrangierung verglich, machte sie auch «die grössten Blender» aus. Die drei Zürcher Abgeordneten Claudio Zanetti (svp), Roger Köppel (svp) und Regine Sauter (fdp) seien zwar «Lieblinge der Medien», spielten im Parlament aber «eine bescheidene Rolle».

Auf der Basis der Abstimmungen im Nationalrat berechnete die Sonntagszeitung in einer weiteren Analyse, wie häufig alle Volksvertreterinnen und -vertreter bei Gesamtabstimmungen in der 50. Legislatur zur Mehrheit gehört hatten. Wenig überraschend fanden sich auf den vorderen Rängen – die Sonntagszeitung nannte sie «die Erfolgreichsten» – Mitglieder der CVP- und der BDP-Fraktion, die jeweils mit links oder rechts oder innerhalb einer grossen Koalition Mehrheiten schaffen. Angeführt wurde die Liste von Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL), die bei 98.5 Prozent aller Gesamtabstimmungen gleich wie die Mehrheit gestimmt hatte, was ihr in der Weltwoche den Titel «[d]ie mit dem Strom schwimmt» einbrachte. Auf Platz zwei und drei folgten Viola Amherd (cvp, VS; 98.3%) und Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS; 98.2%). Bei den 68 «Erfolglosesten» handelte es sich durchgängig um SVP-Fraktionsmitglieder, angeführt von Erich Hess (svp, BE; 46.8%), Toni Brunner (svp, SG; 48.8)%) und Pirmin Schwander (svp, SZ; 49.8%).

Mitte Oktober warteten dann schliesslich die NZZ und Le Temps mit ihrem alljährlich erscheinenden «Parlamentarier-Rating» auf. Erneut wiesen die auf der Basis des Abstimmungsverhaltens vorgenommenen Positionierungen der Parlamentsmitglieder auf einer Skala von -10 (ganz links) bis +10 (ganz rechts) auf eine zunehmende Homogenisierung innerhalb der Parteien hin. Insbesondere an den Polen habe die Fraktionsdisziplin ein noch nie gekanntes Ausmass erreicht, so die NZZ. So hätten sich die Mitglieder der SP-Fraktion vor den Wahlen 2015 auf einer Skalen-Spannweite von 3.4 Punkten verteilt, im aktuellen Rating betrage dieser Wert lediglich noch 1.2 Punkte. Die Extrempositionen in der SP besetzten im aktuellen Rating Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) und Adrian Wüthrich (sp, BE; -8.8). Eine im Vergleich zu 2015 wesentlich grössere Fraktionsdisziplin wiesen bei dieser Berechnung auch die Grünen auf. Lagen das am meisten linke und am meisten rechte grüne Fraktionsmitglied 2015 noch um 2.7 Skalenpunkte auseinander, trennten Maya Graf (gp, BL; -9.2) und die drei ganz am linken Rand politisierenden Michael Töngi (gp, LU; -10.0), Irène Kälin (gp, AG; -10.0) und Regula Rytz (gp, BE; -10.0) im Jahr 2019 lediglich noch 0.8 Skalenpunkte. Damit waren die Grünen im Durchschnitt erstmals seit 2011 wieder weiter links positioniert als die SP: «Les Verts n'ont jamais été aussi à gauche», war dies Le Temps gar die Überschrift der Analyse wert. Am anderen Ende der Skala, bei der SVP, verringerte sich der Wert der Spannweite von 3.7 auf 1.2 Punkte – ohne Berücksichtigung von Roberta Pantani (lega, TI), die zwar der SVP-Fraktion angehört, aber die Lega vertritt und mit einem Wert von 8.2 die am weitesten «linke» Position in der SVP-Fraktion im Nationalrat vertrat. Gleich drei SVP-Nationalräte politisierten ganz rechts aussen und wiesen einen Skalenwert von 10.0 aus: Toni Brunner, Luzi Stamm (svp, AG) und Adrian Amstutz (svp, BE). Jean-Pierre Grin (svp, VD) fand sich bei Position 8.8 und war damit das am weitesten links positionierte Mitglied der SVP im Nationalrat. Selbst bei der CVP war eine Disziplinierung festzustellen: Es zeigte sich im Vergleich zu 2015 ein Rückgang der Spannweite von 3.6 auf 2.6 Punkte, wobei die Fraktion im Vergleich zum Vorjahr zahlreiche Mitglieder leicht rechts von der Mitte aufwies und sich von -1.0 (Dominique de Buman; cvp, FR) bis 1.6 (Philipp-Matthias Bregy; cvp, VS) erstreckte. Die der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder waren wesentlich weiter links als ihre Fraktion: Niklaus Gugger (ZH) wurde auf der Skala bei -4.2 und Marianne Streiff-Feller (BE) bei -4.3 eingestuft. Die restlichen drei Fraktionen hingegen waren im Vergleich zu 2015 heterogener geworden. Bei der FDP war die Zunahme von 2.5 auf 2.6 Skalenpunkte freilich minim. Die Fraktionsgrenzen wurden bei den Freisinnigen von Walter Müller (fdp, SG; 4.5) und Christa Markwalder (fdp, BE; 1.9) eingenommen. Grössere Sprünge machten die BDP und die GLP. Während sich bei der BDP die Spannweite im Vergleich zu 2015 von 1.2 auf 2.0 fast verdoppelte – wie schon 2015 deckte Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; -1.7) die linke Flanke ab, während sich Hans Grunder (bdp, BE; 0.3) am rechten Rand der BDP positionierte – wuchs die Heterogenität innerhalb der traditionell eigentlich sehr homogenen GLP von 0.5 auf 2.7 Skalenpunkte an. Hauptgrund dafür war Daniel Frei (glp, ZH), der von der SP in die GLP gewechselt hatte und mit seiner Position von -5.7 zwar weit weg vom rechten Rand der SP (-8.8), aber auch weit weg vom linken Rand der bisherigen GLP-Mitglieder war. Dieser wurde von Kathrin Bertschy (glp, BE; -3.5) eingenommen, die in der Tat lediglich 0.5 Skalenpunkte von Martin Bäumle (-3.0), also dem rechten GLP-Rand, positioniert war. Die politische Landschaft verarme, schloss die NZZ aus diesen Zahlen. Vor allem zwischen den Mitte- und den Polparteien klaffe eine Lücke. Dort hätten früher moderate SVP- und SP-Vertreter als Brückenbauer gewirkt. Schuld für die zunehmende Fraktionsdisziplin seien aber nicht nur die Parteizentralen, sondern auch die wachsende Zahl an zu behandelnden Geschäften, bei denen Parlamentsmitglieder keine fundierte eigene Meinung mehr bilden könnten und deshalb gemäss der Empfehlung der Parteileitung stimmten.
Die zahlreichen auf die neue Legislatur 2019 bis 2023 hin angekündigten Rücktritte im Ständerat veranlasste die Verfasser des Ratings zur Spekulation eines Rechtsrutschs der kleinen Kammer nach den Wahlen 2019. Die politische Mitte des Ständerats befinde sich bei Pirmin Bischof, also bei -2.8. Da elf zurücktretende Kantonsvertreterinnen und -vertreter links und lediglich sieben rechts von Bischof seien und alle zurücktretenden im Schnitt deutlich linker (-5.3) positioniert seien als die wieder antretenden (-2.3), stellten die Ständeratswahlen vor allem für Mitte-Links eine Herausforderung dar, so die NZZ. Eindrücklich liess sich dies anhand von Raphaël Comte (fdp, NE) nachzeichnen. Der Neuenburger Freisinnige positionierte sich mit -5.7 näher bei Daniel Jositsch (sp, ZH), der mit -6.8 den rechten Rand der SP in der kleinen Kammer besetzte, als bei seinem am weitesten rechts positionierten Fraktionskollegen Philipp Müller (fdp, AG; 4.5) und dem Schnitt der FDP (2.3). Da Comte nicht mehr antrete, sei wohl auch in der FDP mit einem Rechtsrutsch in der kleinen Kammer zu rechnen.

Nationalratsrating

Die beiden bisherigen Ständeräte kandidierten bei den Ständeratswahlen 2019 im Kanton Zürich für eine weitere Amtszeit. Sowohl Ruedi Noser (fdp) als auch Daniel Jositsch (sp) waren erst 2015 in die kleine Kammer eingezogen. Seither wurden die Beiden in der Öffentlichkeit häufig als Duo wahrgenommen und sie wehrten sich im Wahlkampf auch nicht ernsthaft gegen dieses Narrativ. Sie gaben zahlreiche gemeinsame Interviews, betonten ihre gute Zusammenarbeit und stellten einen gemeinsamen Email-Versand aus den Sessionen auf die Beine. Daniel Jositsch, der laut den Medien eher am rechten Rand der SP politisiert, verärgerte seine eigene Partei, weil er nicht für die grüne Kandidatin Marionna Schlatter Wahlwerbung betrieb, sondern mit Noser einen Newsletter verschickte, auf dem ein mit den Namen von Jositsch und Noser ausgefüllter Wahlzettel abgebildet war. Noser sorgte derweil im bürgerlichen Lager für einige Unstimmigkeiten, da er innerhalb der FDP an vorderster Front für eine grünere und klimafreundlichere Umweltpolitik seiner Partei weibelte. Zwar galt die Wiederwahl der beiden Bisherigen als eher ungefährdet, trotzdem wurden sie gleich von acht Kandidierenden herausgefordert. Für die Grünen trat wie erwähnt die Kantonsrätin und kantonale Parteipräsidentin Marionna Schlatter an, während für die Grünliberalen die langjährige Nationalrätin und Fraktionspräsidentin Tiana Angelina Moser ins Rennen stieg. Beide hofften im von Frauen- und Klimastreiks geprägten Wahljahr auf eine Überraschung. Auch der Nationalrat und Weltwoche-Verleger Roger Köppel (svp) warf seinen Hut in den Ring. Köppel gab seine Kandidatur im Januar in einer medienwirksamen Pressekonferenz bekannt. Er überrumpelte damit allerdings seine Partei, welche er erst kurz zuvor über seine Absichten informiert hatte. Die SVP nominierte ihn schlussendlich doch noch offiziell, nachdem er sich parteiintern gegen Alfred Heer durchzusetzen vermochte. Der medial stark wahrgenommene Fokus von Köppels Kandidatur war die Europapolitik. Er kritisierte in seinem Wahlkampf, der ihn unter anderem in jede der Zürcher 162 Gemeinden führte, wiederholt die europafreundliche Haltung des Duos «Nositsch» (Zitat Köppel). Ausserdem kandidierten die CVP-Parteipräsidentin Nicole Barandun, der Nationalrat und Vize-Präsident der EVP Schweiz Nik Gugger, Klaus Marte (du), sowie die parteilosen Paulin Kqira und Jan Linhart.

Am Wahlsonntag liess Daniel Jositsch alle hinter sich und konnte dank einem Glanzresultat bereits nach dem ersten Wahlgang seine Wiederwahl feiern. Der SP-Vertreter vereinte 216'679 Stimmen auf sich und übertraf damit problemlos das absolute Mehr von 183'919 Stimmen. Jositsch genoss dabei weit über seine Partei hinaus Unterstützung und schnitt auch in vielen Landgemeinden am besten ab. Das zweitbeste Resultat erzielte Ruedi Noser, der 141'700 Stimmen holte, das absolute Mehr damit aber deutlich verpasste. Roger Köppel erhielt 107'528 Stimmen – eine Enttäuschung für den bestgewählten Nationalrat, der sich erhofft hatte, die beiden Bisherigen stärker in Bedrängnis bringen zu können. Über ein überraschend starkes Resultat freuen konnte sich die Grüne Marionna Schlatter. Mit 95'142 Stimmen rangierte sie unter anderem vor der ungleich profilierteren Tiana Angelina Moser (80'450 Stimmen). Nicole Barandun (20'405), Nik Gugger (17'750) und die restlichen Kandidaten blieben chancenlos.
Für den zweiten Wahlgang konnten sich also vier Kandidierende noch realistische Chancen ausrechnen. Die Grünliberalen zogen ihre Kandidatin Moser jedoch zugunsten von Schlatter zurück. Somit waren alle Augen auf Köppel und die SVP gerichtet. Viele Stimmen aus dem bürgerlichen Lager forderten mit Nachdruck, dass sich Köppel zurückziehen solle, um eine Wahl von Schlatter aufgrund der Aufteilung der bürgerlichen Stimmen zu verhindern. Der wiedergewählte SVP-Nationalrat lenkte schliesslich ein und verzichtete auf eine Teilnahme am zweiten Wahlgang. So verblieb Schlatter als einzige Herausforderin von Noser. Zwischen den beiden Wahlgängen sorgte ein Inserat von fünf der sieben Zürcher Regierungsräte für Furore, das Noser zur Wahl empfahl. Einer der mitunterzeichnenden Regierungsräte, Mario Fehr (SP), kassierte von seiner Partei einen Rüffel. Besonders harsch kritisierte ihn die Juso, welche zudem eine Stimmrechtsbeschwerde gegen die Regierung einreichte, mit der Begründung, die Unterstützung Nosers durch die Regierung «verstosse gegen geltendes Recht». Die für die Beschwerde zuständige Stelle war aber ausgerechnet der Regierungsrat. Dieser entschied sich, nicht auf die Einsprache einzugehen, da auf den ersten Blick zu erkennen gewesen sei, dass die Wahlempfehlung keine offizielle Verlautbarung des Regierungsrates gewesen sei. Beschwerden gingen auch gegen das Schweizer Fernsehen ein, da in der Sendung «Club» vom 22. Oktober, zwei Tage nach dem ersten Wahlgang, sowohl Marionna Schlatter als auch Roger Köppel (damals noch Kandidat) auftraten, während Ruedi Noser keine Einladung erhalten hatte. SRF wurde daraufhin von ihrem Ombudsmann gerügt. Ausserdem kam es beim Versand der Wahlcouverts zu einer Panne, so dass zahlreiche Wählerinnen und Wähler keine Unterlagen zugestellt bekamen.
All dies änderte nichts daran, dass der zweite Wahlgang wie geplant vier Wochen nach dem ersten Urnengang abgehalten wurde und Ruedi Noser einen ungefährdeten Sieg einfahren konnte. Er holte 185'276 Stimmen und distanzierte Marionna Schlatter (116'594 Stimmen) letztlich deutlich. Noser und Jositsch bildeten somit auch in den nächsten vier Jahren die Zürcher Standesstimme.

Ständeratswahlen 2019 – Zürich
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2019 (nach Kantonen)
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Im Kanton Zürich kandidierten bei den Nationalratswahlen 2019 insgesamt 966 Personen auf 32 Listen. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden betrug 43 Prozent. Während die Anzahl Listen gegenüber 2015 leicht zurückging, bedeuteten die Zahl der Kandidierenden und der Frauenanteil neue Höchstwerte. Zu vergeben waren im bevölkerungsreichsten Kanton der Schweiz weiterhin 35 Sitze.

Bei den Wahlen vor vier Jahren hatte sich entgegen dem nationalen Trend die SP als Siegerin feiern lassen können. Sie hatte damals zwei zusätzliche Sitze gewonnen. Auch die SVP und die FDP hatten zulegen können. Die Verteilung der 35 Zürcher Nationalratssitze lautete seither: 12 SVP, 9 SP, 5 FDP, 3 GLP, 2 GPS, 2 CVP, 1 BDP, 1 EVP. Die Ergebnisse der Kantonsratswahlen im März 2019 deuteten darauf hin, dass es für die SVP schwierig werden könnte, bei den nationalen Wahlen im Oktober ihre zwölf Sitze zu halten. Nach der veritablen Wahlschlappe bei den kantonalen Wahlen war auf Druck von Parteidoyen Christoph Blocher fast die gesamte Parteileitung zurückgetreten. So stieg die SVP mit einem jungen Interimspräsidenten, Patrick Walder, in den Wahlkampf. Die Partei hatte zudem zwei Rücktritte zu verkraften – Jürg Stahl und Hans Egloff verzichteten auf einen erneute Legislatur. Dafür gab bei der Volkspartei der 2015 nicht wiedergewählte Christoph Mörgeli sein Comeback als Nationalratskandidat. Die SVP verband dieses Jahr ihre Listen einzig mit der EDU. Die Gewinner bei den Kantonsratswahlen waren die Grünliberalen und die Grünen gewesen. Die guten Resultate und das aktuell heisseste Thema – die Klimapolitik – machten beiden Parteien Hoffnung auf Sitzgewinne auch bei den nationalen Wahlen. Die beiden Zugpferde der Zürcher Grünen – der Fraktionspräsident Balthasar Glättli und der ehemalige Vizepräsident der Grünen Schweiz Bastien Girod – reihten sich auf der Hauptliste nur auf den Plätzen drei und vier ein. Angeführt wurde die Liste von zwei Frauen – der ehemaligen Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber sowie Parteipräsidentin Marionna Schlatter-Schmid. Auf der Liste vertreten war ursprünglich auch das bekannte Model Tamy Glauser. Allerdings zog Glauser ihre Kandidatur zurück, nachdem sie mit einer «sehr unbedarften Aussage» über die angeblich heilende Wirkung von Veganer-Blut auf einer Online-Plattform heftige Reaktionen ausgelöst hatte. Die andere Partei der Stunde, die Grünliberalen, hatten auf das Wahljahr hin ihre Parteispitze ausgewechselt. Das junge Duo Nicola Forster und Corina Gredig bildeten neu ein Co-Präsidium. Dank diesem frischen Wind und einer Listenverbindung mit der CVP, der BDP und der EVP erhoffte sich die GLP, die angestrebten Sitzgewinne zu realisieren. Eine gänzlich andere Stimmung herrschte derweil bei den Sozialdemokraten. Am meisten Schlagzeilen generierte die SP im Wahljahr durch das parteiinterne Seilziehen über die künftige politische Ausrichtung der Partei. Anhänger des sozialliberalen Flügels fühlten sich dabei zunehmend marginalisiert. Der Konflikt führte schliesslich dazu, dass zuerst die ehemalige Nationalrätin Chantal Galladé und danach der amtierende Nationalrat und ehemalige Parteipräsident Daniel Frei aus der Partei austraten und zur GLP wechselten. In Freis Fall geschah dies, nachdem die SP ihn bereits auf ihre Nationalratsliste gesetzt hatte. Frei verzichtete letztlich ganz auf eine Teilnahme an den Nationalratswahlen. Neben Verlusten von Parteiangehörigen und Wählerinnen und Wählern an die GLP befürchteten die Genossen zusätzlich, dass linke Wechselwähler bei der «Klimawahl» eher die Listenpartnerin, die Grünen, wählen würden und die SP so Sitze verlieren könnte. Auch im Lager der Christdemokraten kam es zu einem Wirbel um eine Personalie. Kathy Riklin (CVP) wurde nach zwanzig Jahren als Nationalrätin von ihrer Partei nicht mehr nominiert. Stattdessen kandidierte Riklin für die Christlichsoziale Vereinigung – mit geringen Chancen auf eine Wiederwahl. Bei der FDP kandidierte der aufstrebende Jungpolitiker und ehemalige Präsident der Jungfreisinnigen, Andri Silberschmidt. Da sämtliche fünf bisherigen Freisinnigen erneut zur Wahl antraten, erklärte die FDP offiziell den Gewinn eines Sitzes zum Ziel. Trotz dieses hochgesteckten Ziels ging die FDP keine Listenverbindung mit anderen Parteien ein. Die Zürcher EVP ist seit 100 Jahren fast ausnahmslos im Nationalrat vertreten, da sie auf eine treue Wählerschaft zählen kann. Ihr Sitz schien daher auch dieses Jahr nicht in Gefahr. Ganz anders sah die Ausgangslage bei der anderen Partei aus, welche 2015 einen Sitz geholt hatte: Bei der BDP ging es ums politische Überleben, nachdem die Partei im März bei den kantonalen Wahlen alle ihre fünf Sitze im Kantonsparlament verloren hatte.

Am Wahlsonntag dominierte die Farbe Grün. Sowohl die Grünen (+7.2 Prozentpunkte, neu 14.1%) als auch die Grünliberalen (+5.8 Prozentpunkte, neu 14.0%) konnten ihre Wähleranteile deutlich ausbauen und gewannen je drei zusätzliche Sitze. Für die Grünen zog neben den beiden Bisherigen und den Spitzenkandidatinnen Schlatter-Schmid und Perlicz-Huber auch noch Meret Schneider in die Grosse Kammer ein. Bei den Grünliberalen gab es nach dem Rücktritt von Thomas Weibel sogar Platz für vier neue Gesichter. Corina Gredig, Jörg Mäder, Judith Bellaïche und Barbara Schaffner vertreten neu den Kanton Zürich in Bundesbern. Co-Präsident Nicola Forster verpasste den Einzug ins Parlament nur knapp. Auf der Verliererseite befanden sich die SVP und die SP, welche je zwei Sitze abgeben mussten. Am meisten Wähleranteile verlor die SP (-4.1 Prozentpunkte, neu 17.3%). Trotzdem schaffte eine neue Sozialdemokratin den Sprung in den Nationalrat, denn Céline Widmer setzte sich gleich vor zwei bisherige Nationalräte – Martin Naef und Thomas Hardegger –, die beide die Wiederwahl verpassten. Die SVP verlor beinahe so viele Wählerprozente (-4.0 Prozentpunkte, neu 26.7%) wie die SP. Während Martin Haab, der erst im Juni für Jürg Stahl nachgerutscht war, sein Mandat verteidigen konnte, verpasste Claudio Zanetti nach nur einer Legislatur im Nationalrat seine Wiederwahl. Auch Christoph Mörgeli verpasste seinen Wiedereinzug in die Grosse Kammer. Ebenfalls zu den Verlierern des Tages gehörten die CVP und die BDP. Die CVP konnte ihren Wähleranteil zwar leicht ausbauen (+0.2 Prozentpunkte, neu 4.4%), verlor aber trotzdem einen ihrer beiden Sitze. Für die BDP verkam die Wahl zu einem veritablen Desaster. Sie verlor über die Hälfte ihres Wähleranteils (neu 1.6%) und mit der Nicht-Wiederwahl von Rosmarie Quadranti war die BDP Zürich ab sofort nicht mehr im Nationalrat vertreten. Die FDP verlor zwar 1.6 Prozentpunkte ihres Wähleranteils (neu 13.7%) und war damit neu nur noch die fünftstärkste Kraft im Kanton, doch immerhin konnte sie ihre fünf Sitze verteidigen. Andri Silberschmidt schaffte den Einzug ins Parlament und verdrängte damit den Direktor des SGV Hans-Ulrich Bigler – eine herbe Niederlage für den Gewerbeverband, da neben Bigler auch Verbandspräsident Jean-François Rime (svp, FR) abgewählt wurde. Die EVP (+0.2 Prozentpunkte, neu 3.3%) verteidigte den Sitz von Niklaus Gugger problemlos. Das beste Resultat aller Kandidierenden erzielte Roger Köppel (svp) mit 121'098 Stimmen. Die Zusammensetzung der Zürcher Nationalratsdelegation lautete damit neu: 10 SVP, 7 SP, 6 GLP, 5 GP, 5 FDP, 1 CVP, 1 EVP. Der Frauenanteil unter den Gewählten betrug neu 45.7 Prozent. Die Stimmbeteiligung fiel gegenüber 2015 um 2.8 Prozentpunkte (2019: 44.4%).

Nationalratswahlen 2019 – Zürich
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Par le biais d'un postulat intitulé «Quand les enfants vont bien, c'est toute la Suisse qui va mieux», le député évangélique Nik Gugger (pev, ZH) exhorte le Conseil fédéral à commanditer un rapport traitant des possibilités d'amélioration des points suivants: la qualité des métiers dédiés à la petite enfance, l'intégration des enfants allophones, la coordination des prestations existantes, les projets scientifiques et enfin les possibilités de coopération entre la Confédération, les cantons et les communes. Le député Gugger a motivé sa demande suite à la lecture du rapport de la Commission suisse pour l'Unesco qui dénonçait une institutionnalisation encore trop faible du domaine de l'éducation et de l'accueil des jeunes enfants (EAJE).
Le Conseil fédéral a recommandé l'acceptation du postulat, estimant qu'il était nécessaire de procéder à un état des lieux, notamment dans le domaine de l'encouragement précoce. La majorité du Conseil national (112 voix) a soutenu le projet, contre 76 et 3 abstentions. Les oppositions sont à trouver principalement dans le camp UDC, chez six membres du PLR et six PBD.

Quand les enfants vont bien, c'est toute la Suisse qui va mieux

Im Mittelpunkt der Revision des KVG bezüglich der Zulassung von Leistungserbringenden in der Herbstsession 2019 durch den Nationalrat stand ein Rückkommensantrag der SGK-NR, der von ihrer ständerätlichen Schwesterkommission gutgeheissen worden war. Sowohl Nationalrat als auch Ständerat hatten in der ersten Behandlungsrunde den bundesrätlichen Vorschlag zur Schaffung von Auflagen für die Leistungserbringenden in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit und die Qualität durch die Aufsichtsbehörde gutgeheissen. Damit habe man gemäss Kommissionssprecherin Ruth Humbel (cvp, AG) jedoch Koordinationsprobleme mit der Vorlage «Steigerung von Qualität und Wirtschaftlichkeit» und Zuständigkeitskonflikte zwischen Kantonen und Tarifpartnern geschaffen. Gemäss letzterer Vorlage sei der Bund für die Regulierung der Krankenversicherungen und die Tarifpartner für die Durchführung von Qualitätskontrollen zuständig. Statt den Kantonen mit der Zulassungsvorlage nun ebenfalls noch Kontrollaufgaben und somit eine zusätzliche Aufsichts- und Sanktionierungskompetenz zu geben, sollten sie ausschliesslich für die gesundheitspolitische Zulassung von Ärztinnen und Ärzten sowie für deren Zulassung zur OKP zuständig sein, während die Wirtschaftlichkeits- und Kosteneffizienzprüfung durch die Tarifpartner erfolgen solle. Dagegen wehrte sich eine Minderheit Heim (sp, SO) heftig. Barbara Gysi (sp, NR) betonte für die SP-Fraktion, dass diese Änderung aufgrund eines Rechtsgutachtens und des Lobbyings von Curafutura eingereicht worden sei. «Dieses Rückkommen ist nichts anderes als der Versuch, einen Teil der Macht – die Sanktionsmöglichkeiten, den Einfluss und die Steuerungsmöglichkeiten – bei den Kantonen wieder zu streichen und ihn den Versicherungen zuzuschieben», kritisierte sie. Dies wecke die Gefahr, dass die Versicherungen die Qualität der Gesundheitsversorgung ihrem Kostendenken unterordneten. Wenn die Kantone zudem neu über die Zulassung der Leistungserbringenden entscheiden könnten, gemäss Verfassung für die Gesundheitsversorgung verantwortlich seien und diese zukünftig aufgrund von EFAS auch mitfinanzieren müssten, sollten sie auch die Umsetzung der Qualitätsvorgaben beaufsichtigen können. Zudem habe die Verwaltung den Koordinationsbedarf zwischen den zwei Vorlagen überprüft und in Abklärung mit dem Bundesamt für Justiz kleinere Ergänzungen vorgeschlagen. Auch Bundesrat Berset erachtete diese vorgeschlagenen kleineren Korrekturen als ausreichend, um die entsprechenden Koordinationsprobleme zu beheben. Dennoch sprach sich der Rat – bei 27 nicht teilnehmenden Personen – mit 122 zu 49 Stimmen für die Änderung aus. Die ablehnenden Stimmen stammten von der SP- und Grünen-Fraktion sowie von Roger Golay vom MCG und Marianne Streiff-Feller und Nik Gugger von der EVP.
Auch die weiteren Punkte der Reform wurden hitzig diskutiert. Bei der Frage, ob die Kantone Zulassungsbeschränkungen einführen müssen oder können, sprachen sich ausser der FDP-Fraktion und Angelo Barrile (sp, ZH) und vereinzelten Enthaltungen alle Ratsmitglieder für eine entsprechende Pflicht für die Kantone aus (146 zu 30 Stimmen bei 4 Enthaltungen). Bei der freiwilligen Möglichkeit auf Vertragsfreiheit, die der Nationalrat eingeführt, der Ständerat aber deutlich abgelehnt hatte, folgte die grosse Kammer mit 135 zu 41 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) ihrer Kommissionsmehrheit und lenkte gegenüber dem Ständerat ein. Eine Mehrheit der FDP-Liberalen-Fraktion und eine Minderheit der SVP-Fraktion hatte hier auf Festhalten plädiert. Nicht einlenken wollte der Nationalrat hingegen beim Beschwerderecht für die Versicherungen und die Versicherungsverbände bezüglich der Ärztehöchstzahlen; dieses bestätigte er mit 131 zu 52 Stimmen gegen den Widerstand von SP- und Grünen-Fraktion sowie von Roger Golay. Mit 123 zu 53 Stimmen hielt die grosse Kammer schliesslich auch trotz kritischer Stimmen des Gesundheitsministers und von linker Ratsseite an der Verbindung dieser Zulassungsvorlage mit EFAS fest. Die Verbindung diene dazu, dass «Efas die Räte und das Referendum erfolgreich übersteht», erklärte Kommissionssprecherin Humbel.

KVG. Zulassung von Leistungserbringern (BRG 18.047)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

«Vous avez aussi quelque part quelque chose qui ressemble à un cœur, je vous invite donc à donner suite à cette initiative parlementaire.» Lisa Mazzone (pes, GE) a ainsi conclu son plaidoyer pour l'initiative parlementaire qu'elle avait déposée en septembre 2017, et qui visait à mettre fin à la détention administrative de mineurs, dans le respect de l'intérêt supérieur de l'enfant. Elle a rappelé que la Suisse a ratifié en 1997 la Convention relative aux droits de l'enfant, qui se retrouve violée par l'incarcération entre 2015 et 2017 d'une centaine d'enfants. Selon un rapport de Terre des Hommes, la détention administrative, autorisée dans le droit suisse pour les mineurs de 15 à 18 ans, est en augmentation. Selon la conseillère nationale, cette mesure est inefficace et dangereuse, elle a des conséquences graves sur la santé physique et psychique des enfants. De plus, le rapport de Terre des Hommes dit que le plus souvent, les requérants et requérantes mineures à qui l'on a signifié un ordre de détention disparaissent dans la nature. Cette situation est problématique, notamment parce que cela les rend plus vulnérables face aux réseaux de traite humaine. La députée verte rappelle que des alternatives à la détention existent, comme par exemple l'obligation de se présenter régulièrement à une autorité. La preuve en est, selon elle, que neuf cantons ont renoncé à la détention de personnes mineures. Genève et Neuchâtel l'ont inscrit dans leur loi et le Valais, Vaud, Appenzell Rhodes-Intérieures, Argovie, Bâle-Campagne, Jura et Nidwald n'appliquent pas cette mesure sur le principe.
La CIP-CN est restée sourde à ces arguments. Selon elle, l'application des renvois est une compétence cantonale, et la législation en vigueur tient suffisamment compte de la situation des personnes migrantes mineures. Une ingérence dans les compétences cantonales serait aller trop loin, souligne la commission, qui estime qu'il est de la responsabilité des parents requérants d'asile de quitter la Suisse avec leurs enfants pour ne pas leur faire subir de séjour en prison. Une minorité de la commission (9 voix contre 15) s'oppose à la détention des enfants.
Lors du débat, Pierre-Alain Fridez (ps, JU) a pris la parole, et a déclaré ses liens d'intérêts: il est rapporteur général dans la campagne du Conseil de l'Europe contre la détention administrative des enfants migrants, dont la Suisse est le principal contributeur. Le socialiste a posé la question des risques face aux bénéfices: Vaut-il la peine de faire encourir aux enfants d'importants risques pour leur santé juste pour des raisons administratives? Le conseiller national Romano (pdc, TI) a balayé cette objection d'un geste: «Monsieur Fridez, en Suisse, on ne met pas des enfants en prison. C'est prévu seulement pour des personnes ayant déjà atteint l'âge de 16 ans.» Le rappel du texte de la Convention relative aux droits de l'enfant, qui dit que toute personne en dessous de 18 ans en est un, n'a pas fait le poids, l'initiative parlementaire a été refusée par 118 voix contre 57, avec 3 abstentions. Si l'habituelle opposition rose-verte contre le reste du Parlement était visible, il y a eu tout de même quelques voix dissidentes au sein du bloc bourgeois: Alfred Heer (udc, ZH), Isabelle Moret (plr, VD), Rosmarie Quadranti (pbd, ZH) les deux PEV Niklaus-Samuel Gugger (ZH), Marianne Streiff-Feller (BE) et le PDC Guillaume Barazzone (GE) ont refusé d'entrer en matière sur l'initiative. Les Verts'libéraux n'étaient pas au diapason sur la question: un seul député s'est prononcé contre l’initiative, trois pour, un s'est abstenu et deux n'ont pas participé au vote.

Mettre fin à la détention administrative de mineurs, dans le respect de l'intérêt supérieur de l'enfant

Auch 2018 wurde keines der sechs zur Abstimmung stehenden Volksbegehren angenommen. Unerwartet deutlich wurden dabei die «No-Billag-Initiative» und die «Selbstbestimmungsinitiative» abgelehnt. Sie konnten genauso wie die «Vollgeld-Initiative», die «Fair-Food-Initiative» oder die Initiative «für Ernährungssouveränität» nicht einmal 40 Prozent der Stimmenden überzeugen. Am nächsten an einen Erfolg an der Urne kam noch die «Hornkuh-Initiative», aber auch sie wurde mit 45.3 Prozent Ja-Stimmen abgelehnt. Immerhin waren 2018 wieder Entscheidungen über Volksbegehren angestanden, nachdem 2017 keine einzige Volksinitiative an die Urne gekommen war.

Mit diesen sechs erledigten Volksinitiativen war die Liste der beim Parlament oder beim Bundesrat hängigen Begehren auf sieben geschrumpft (2017: 12). Allerdings hatten es 2018 auch fünf Komitees geschafft, die nötigen Unterschriften in der gegebenen Frist zu sammeln. Der Bundesrat und das Parlament werden sich folglich über ein «Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten», zwei Umweltschutzanliegen («für sauberes Trinkwasser» und «für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide»), die beide weniger als ein Jahr zum Sammeln der Unterschriften brauchten, die «Fair-Preis-Initiative» sowie über die von der SVP noch im Lancierungsjahr erfolgreich innert sieben Monaten zustande gekommene «Begrenzungsinitiative» beugen müssen. 2017 waren noch vier Begehren zustande gekommen.
Im Berichtsjahr wurden – einschliesslich der Begrenzungsinitiative – acht Volksinitiativen lanciert, 2017 hatten sich zehn Komitees auf die Unterschriftenjagd gemacht. Von diesen acht befand sich 2018 noch die Hälfte im Sammelstadium. Unter den neuen Begehren war die «Korrektur-Initiative», die von einer breiten Parteienallianz gegen den Beschluss des Bundesrats, Kriegsmaterialexporte zu lockern, gestartet wurde. Die CVP wollte mit der «Kostenbremse-Initiative» etwas gegen die steigenden Krankenkassenkosten unternehmen, wobei ihr unterstellt wurde, dass sie die Initiative wohl auch als Werbevehikel für die 2019 anstehenden eidgenössischen Wahlen einsetzen wolle. Ebenfalls lanciert wurden die «Justiz-Initiative», die «Massentierhaltungsinitiative», die «Kesb-Initiative», eine Initiative «gegen Tabakwerbung bei Kindern und Jugendlichen» und die von Workfair 50+ ausgearbeitete Initiative mit dem Titel «Arbeit statt Armut».

Für zwei im Sommer 2017 lancierte Begehren war Ende 2018 die Frist für die Abgabe der nötigen Unterschriften verstrichen. Sowohl die Initiative «Zuerst Arbeit für Inländer» als auch die Initiative «Atomkraftwerke abschalten» waren im Sammelstadium gescheitert. Bereits im Jahr 2017 hatten es zwei Begehren nicht geschafft, die Unterschriftenhürden in der vorgegebenen Frist zu überspringen.

Volksinitiativen entfalten nicht nur Wirkung, wenn sie an der Urne angenommen werden. Vielmehr können sie als Druckmittel verwendet werden, um das Parlament zu Gesetzesrevisionen zu veranlassen. Dies gelang 2018 mit der «Velo-Initiative», für die der Bundesrat und das Parlament einen direkten Gegenentwurf ausgearbeitet hatten. Der Bundesbeschluss Velo, zu dessen Gunsten die Initiative zurückgezogen worden war, war – anders als die sechs Initiativen im Berichtsjahr – an der Urne erfolgreich. Zurückgezogen wurde auch die Initiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre», die als rechtskonservative Drohkulisse gegen die von Eveline Widmer-Schlumpf angeregte, 2018 im Parlament aber dann letztlich gescheiterte Revision des Bankgeheimnisses im Inland gewirkt hatte.

Volksbegehren im Jahr 2018
Dossier: Lancierte Volksinitiativen von Jahr zu Jahr (ab 2007)

Das in der NZZ prominent platzierte, aber auch von anderen Medien aufgenommene Parlamentarierrating 2018, das von der Forschungsstelle Sotomo aufgrund des Abstimmungsverhaltens im National- und Ständerat berechnet wird, zeigte seit der letzten Ausgabe 2017 nur wenig Veränderungen hinsichtlich Positionierung der Parteien. Noch immer war eine deutliche Trennung der einzelnen Fraktionen im Nationalrat zu beobachten, mit Ausnahme der SP und der Grünen sowie der CVP und der BDP, bei denen sich die Positionierungen einzelner Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf einer Skala von -10 (ganz links) und +10 (ganz rechts) teilweise überlappten. Die Extrempole des Nationalrats wurden von Fraktionsmitgliedern der SP- bzw. der SVP eingenommen: Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) sowie Luzi Stamm (svp, AG; 10.0) und Toni Brunner (svp, SG; 10.0) besetzten die Skalengrenzen. Das Spektrum der SP-Fraktion reichte von dieser Extremposition bis -8.5. Dieser «rechte Flügel» der Sozialdemokraten wurde vom neu in den Nationalrat nachgerückten Adrian Wüthrich (sp, BE) besetzt. Die Spannweite der Grünen reichte von -9.5 (Regula Rytz; gp, BE) bis -8.6 (Bastien Girod; gp, ZH). Im Schnitt waren die Mitglieder der SP-Fraktion erneut etwas linker positioniert als jene der GP-Fraktion. Das war zwischen 1995 und 2011 umgekehrt. Zwischen dem links-grünen Pol und der Mitte tat sich eine ziemliche Lücke auf. Die beiden der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder Marianne Streiff-Feller (evp, BE) und Niklaus Gugger (evp, ZH), der Ende 2017 in den Nationalrat nachgerutscht war, waren mit ihren Werten von -4.1 bzw. -3.7 zwar deutlich am linken Fraktionsrand angesiedelt, damit aber noch immer mehr als vier Skalenpunkte von SP und GP entfernt positioniert. Immer noch links der Mitte reihte sich anschliessend die GLP-Fraktion ein, die sich erneut als sehr homogen präsentierte (-3.3 bis -3.0). Die CVP- und die BDP-Fraktion überlappten sich ebenfalls. Bei beiden kam dabei der rechte Rand genau bei der Position 0 zu liegen; bei der BDP wurde dieser von Hans Grunder (bdp, BE) und bei der CVP von Daniel Fässler (cvp, AI), Gerhard Pfister (cvp, ZG) und Fabio Regazzi (cvp, TI) besetzt. Den linken Rand besetzten bei der CVP Kathy Riklin (cvp, ZH: -1.5) und bei der BDP Rosmarie Quadranti (bdp, ZH: -1.9). Auch auf der rechten Ratsseite klaffte eine Lücke. Der Abstand zwischen der FDP, deren Spektrum sich zwischen 1.0 (Christa Markwalder; fdp, BE) und 3.4 (Walter Müller; fdp, SG) aufspannte und der SVP, deren linker Pol bei 7.4 zu liegen kam (Jean-Pierre Grin, svp, VD) betrug ebenfalls 4 Skalenpunkte.

In der NZZ wurden auch die Positionen einzelner Parlamentsmitglieder diskutiert, die sich über die Jahre stark verändert hatten. So hatte etwa Thomas Müller (svp, SG) laut der Auswertung einen Sprung auf der Skala von 1.5 nach 9.5. gemacht. Müller war 2006 als CVP-Politiker gewählt worden und hatte 2011 in die SVP gewechselt, wo er dann mit den Jahren einen eigentlichen Rechtsrutsch vollzog. Die Gegenrichtung hatte Gerhard Pfister eingenommen, der von einer rechten Position (4.0) genau in die Mitte (0) gerückt war. Dies sei erst nach seiner Übernahme des CVP-Präsidiums passiert, was belege, so die NZZ, dass Pfister die CVP nicht nach rechts gezogen, sondern den rechten Flügel in die Partei integriert habe.

Im Ständerat waren die Lücken zwischen den Fraktionen geringer. Zwischen dem am weitesten «rechts» stehenden SP-Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH: -5.6) und der am weitesten «links» positionierten CVP-Ständerätin Anne Seydoux-Christe (JU) lagen knapp 2 Skalenpunkte. Mit Raphaël Comte (fdp, NE) fand sich gar ein FDP-Ständerat an dieser Position (-3.8). Allerdings war Comte damit relativ weit von seiner restlichen Ständeratsfraktion entfernt, bei der Philipp Müller (fdp, AG) bei 3.6 den rechten Rand einnahm. Auch hier war der Skalenabstand zur SVP, deren Spektrum sich zwischen den beiden Schwyzer Ständeräten, Alex Kuprecht (6.9) und Peter Föhn (10.0) erstreckte, mit 3.3 Punkten kleiner als im Nationalrat.

Nationalratsrating

In der Herbstsession 2018 widmete sich der Nationalrat einer Motion Gugger (evp, ZH), welche darauf abzielte, Kinder und Jugendliche vor Tabakwerbung in den klassischen und digitalen Medien zu schützen. Hierfür forderte der Motionär ein Werbeverbot für Tabakprodukte in Medien ohne Bezahlabonnemente oder sonstigen Identifikationsmethoden, die somit für Jugendliche einfach zugänglich seien. Bereits seit 2003 gelte beispielsweise in der EU ein ähnliches Tabakwerbeverbot in den öffentlichen Medien sowie im Internet, zeigte Gugger auf. Durch ein entsprechendes Verbot könnte der Anteil an Raucherinnen und Rauchern bei Schweizer Jugendlichen verringert werden, wobei so langfristig auch die Sterberate infolge Tabakkonsums geschmälert werden könnte. Ratskollege de Courten (svp, BL) kritisierte den Vorstoss als «nicht nur nicht wirksam», sondern auch als «schlicht nicht durchsetzbar». Die Annahme, dass Jugendliche aufgrund von Tabakwerbung mit dem Rauchen beginnen würden, sei zudem falsch. Viel wichtiger für diese Entscheidung seien dagegen Gruppendruck oder das Rauchverhalten der Eltern, womit ein Tabakwerbeverbot nicht gerechtfertigt sei. Bundespräsident Alain Berset beantragte den Mitgliedern der grossen Kammer hingegen, die Motion Gugger anzunehmen, da deren Forderungen in die Stossrichtung der Tabakprävention des Bundesrats passe und unter anderem in die laufenden Arbeiten am Tabakproduktegesetz integriert werden könnten. Bei der folgenden Abstimmung wurde die Motion Gugger mit 94 zu 89 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) knapp abgelehnt. Gegen den Vorstoss stimmten die geschlossene BDP-Fraktion, die Mehrheit der SVP- und FDP.Liberale-Fraktionen sowie eine Minderheit der CVP-Fraktion.

Kinder und Jugendliche vor der Tabakwerbung in den klassischen und digitalen Medien schützen (Mo. 17.4268)

Avec l'enterrement définitif, par les chambres parlementaires, de la révision du droit pénal fiscal, le retrait de l'initiative populaire «Oui à la protection de la sphère privée» s'est logiquement imposé à la majorité des initiants. En effet, cette initiative populaire se positionnait comme une réponse de la droite à la volonté de réforme du secret bancaire induite par Eveline Widmer-Schlumpf. Selon les initiants, l'échange automatique, qui aurait été introduit à l'intérieur du pays, se serait immiscé dans la sphère privé des Helvètes et aurait mis à mal le secret bancaire. Néanmoins, le rejet de la réforme a changé la donne. L'initiative populaire, qui a joué son rôle d'épée de Damoclès lors du débat dans les chambres, a donc finalement été retirée.

„Ja zum Schutz der Privatsphäre“

Gleich fünf neue Ratsmitglieder wurden zu Beginn der Wintersession 2017 neu vereidigt. Diana Gutjahr (svp, TG), Jahrgang 1984, ersetzt Hansjörg Walter (svp, TG). Walter trat nach 18 Jahren als Nationalrat zurück. Der ehemalige Bauernverbands- und Nationalratspräsident wird als zweimaliger Bundesratskandidat in Erinnerung bleiben. 2008 war er, von Links-Grün sowie Teilen der FDP und der CVP als Sprengkandidat gesetzt, um lediglich eine Stimme Ueli Maurer unterlegen. 2011 wurde er, nachdem der eigentlich nominierte Bruno Zuppiger (svp, ZH) wegen Verdachts auf Veruntreuung nicht mehr antreten konnte, von seiner eigenen Partei nominiert, unterlag aber der amtierenden Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Seine Nachfolgerin ist Vizepräsidentin des Thurgauer Gewerbeverbandes. Die „Strahlefrau der Thurgauer SVP” (NZZ) gilt als Zögling des ehemaligen Nationalrats Peter Spuhler.
Mit Hansjörg Brunner (fdp, TG) rutschte gleich auch der Präsident des Thurgauer Gewerbeverbandes nach. Der 51-jährige Inhaber einer Druckerei nimmt den Platz von Hermann Hess (fdp, TG) ein, der nach lediglich zwei Jahren und ohne einen Vorstoss lanciert zu haben, wieder von der nationalen Politikbühne abtritt.
Dem Rücktritt von Jonas Fricker (gp, AG), der durch die 30-jährige Islamwissenschafterin Irène Kälin (gp, AG) ersetzt wird, ging ein – je nach medialer Lesart – „Eklat” (Aargauer Zeitung), ein „Schock” und „Skandal” (Blick) oder lediglich eine „verbale Entgleisung” (Tagesanzeiger) voraus. Fricker hatte in einem Votum zur Fair-Food-Initiative einen Schweinetransport mit der Deportation von Juden verglichen. Er habe bei einem Dokumentarfilm über den Transport von Schweinen unweigerlich an die Massendeportationen nach Auschwitz aus dem Film „Schindlers Liste” denken müssen. Fricker wörtlich: „Die Menschen, die dort deportiert wurden, die hatten eine kleine Chance zu überleben. Die Schweine, die fahren in den sicheren Tod.” Allerdings entschuldigte sich der Aargauer Grüne noch während der Debatte für seine Aussage und bat anschliessend auch den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund um Verzeihung. Dieser akzeptierte die Entschuldigung zwar, die Spitze der grünen Partei distanzierte sich allerdings von Frickers Vergleich, der „inakzeptabel” sei – so Balthasar Glättli (gp, ZH) im Blick. Besonders hart ins Gericht mit Fricker ging ebendiese Boulevardzeitung, die – sekundiert von alt-Nationalrat Josef Lang – relativ rasch den Rücktritt Frickers forderte. Eine Forderung, der Fricker schliesslich zwei Tage nach seiner Aussage nachkam. Er trete zurück, weil es für ihn das stärkste Zeichen sei, das er setzen könne. Der Rücktritt wurde allerdings unterschiedlich interpretiert. Während der „Blick” ihn als Grösse feierte, hinterfragten der Tagesanzeiger und die NZZ, ob dieser Rücktritt wirklich nötig gewesen sei. Schliesslich sei Fricker von der Aargauer Bevölkerung gewählt worden. Irène Kälin, seine Nachfolgerin und „neckischerweise mit einem bekannten Ringier-Mann liiert” (NZZ, 4.10.), politisiere pointierter links als Fricker. Der Abgang sei deshalb fragwürdig.
Auch in der EVP kam es zu einem Personalwechsel. Niklaus-Samuel Gugger (evp, ZH) rutschte für Maja Ingold (evp, ZH) nach, die seit 2010 im Nationalrat sass und damals, als Nachfolgerin von Ruedi Aeschbacher, die erste Frau der EVP auf nationaler Ebene war. Ingold – die aus Altersgründen zurücktreten wollte –, wie auch Gugger, stammen aus Winterthur. Gugger ist der erste Nationalrat mit indischen Wurzeln. Seine Eltern waren Entwicklungshelfer und adoptierten ihn als Baby in Indien.
Rocco Cattaneo (fdp, TI) rutschte für den in den Bundesrat gewählten Ignazio Cassis nach. Der 59-jährige ehemalige Veloprofi und Unternehmer machte gleich auf sich aufmerksam, weil er mit dem Velo bereits am Freitag aus dem Tessin an die Session fuhr – von Bironico am Monte Ceneri über den Gotthard nach Bern; also rund 250 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h, wie der Neo-Nationalrat betonte. Er verstehe seine Tour auch als Plädoyer für sichere Velowege – ein Vorgeschmack auf die Debatte um die Velo-Initiaitive, in deren Komitee Cattaneo sitzt.
Die fünf Neuen – bei Halbzeit der 50. Legislatur waren bisher 10 Mutationen zu verzeichnen – wurden vereidigt (Brunner, Cattaneo und Gugger) bzw. legten das Gelübde ab (Gutjahr und Kälin).

Mutationen 2017
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Les divergences d'opinion sur le secret bancaire entre les partis politiques, mais aussi entre les deux chambres au Parlement, continuent d'animer les débats sous la coupole fédérale. Alors que le Conseil des Etats avait rejeté l'initiative populaire «Oui à la protection de la sphère privée», ainsi que le contre-projet direct, le Conseil national a pris la direction opposée en marquant son soutien à l'initiative populaire et au contre-projet direct par 81 voix contre 39 et 68 abstentions. Ce vote a mis en relief des divisions au sein des partis. Par exemple, il est possible de noter des divisions du côté du PLR, 10 voix pour, 21 contre et 1 abstention, mais aussi du côté du PDC avec 4 voix pour, 18 contre et 7 abstentions. De plus, il est intéressant de relever que les 42 parlementaires du groupe socialiste se sont abstenus. L'initiative populaire est donc retournée à la chambre des cantons.
Face à cette impasse, le Conseil des Etats a proposé une option alternative. Ainsi, une motion a été déposée afin que le projet de réforme introduit par Eveline Widmer-Schlumpf, élément déclencheur de l'initiative populaire, soit retiré. En effet, selon le Conseil de Etats, un retrait de ce projet entraînerait logiquement l'abandon de l'initiative populaire et du contre-projet direct. Néanmoins, en attendant le vote sur cette motion, le Conseil des Etats a rejeté l'initiative populaire et le contre-projet par 29 voix contre 16. Dans l'attente du vote sur la motion, l'initiative populaire est bloquée entre les vents contraires soufflés par les deux chambres.

„Ja zum Schutz der Privatsphäre“

Im Vorfeld der Verabschiedung der – als Folge der Terroranschläge von Paris im November 2015 – angepassten EU-Waffenrichtlinie (2017/853) durch das Europäische Parlament am 14. März 2017 regte sich in der Schweizer Waffenlobby erneut lautstarker Widerstand gegen die bevorstehende Verschärfung des Waffenrechts. Als Schengen-Vertragsstaat ist die Schweiz verpflichtet, Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands nachzuvollziehen, worunter auch die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie fällt. Dazu muss die Schweiz etwa die Registrierungspflicht für Waffen verschärfen und den Onlinehandel sowie den Besitz halbautomatischer Waffen für Privatpersonen einschränken. Bereits im Februar 2017 berichtete die Sonntagszeitung von der geplanten Gründung einer neuen parlamentarischen Gruppe «Für ein liberales Waffenrecht», welche sich unter dem Co-Präsidium von SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (VS) und FDP-Ständerat Josef Dittli (UR) dem Kampf gegen ein verschärftes Waffenrecht verpflichten werde. Auch der Schweizer Schiesssportverband (SSV) hatte zusammen mit ProTell und der Interessengemeinschaft Schiessen schon das Referendum angekündigt, sollte die Schweiz die verschärften Regeln übernehmen. Im Anschluss an die Verabschiedung der angepassten Richtlinie durch das Europäische Parlament und deren Bestätigung durch den Ministerrat meldeten sich in der Presse wiederholt Schützenvertreter zu Wort und übten harsche Kritik am vorgesehenen nationalen Waffenregister, am Zwang zur Vereinsmitgliedschaft oder am Verbot von Gewehrmagazinen mit mehr als zehn Schuss. Durch die neuen Regelungen würden sie an der Ausübung ihres Hobbys gehindert, kriminalisiert und «in den gleichen Topf wie die Terroristen gesteckt», wie die Luzerner Zeitung SVP-Nationalrat Werner Salzmann (BE) zitierte. Bestraft würden jene, die sich an das Recht halten, pflichtete ihm die Präsidentin des SSV, die Berner alt-Regierungsrätin Dora Andres, bei.

Konsequenz einer Nichtübernahme der Richtlinie könnte der Ausschluss der Schweiz aus dem Schengen-Vertrag und damit verbunden auch aus dem Dubliner Abkommen sein, dank dessen die Schweiz heute viele Asylgesuche an andere europäische Staaten abgeben kann. Darin begründet liegt die sowohl von liberaler als auch von linker Seite geäusserte Befürchtung einer neuen europapolitischen Grundsatzabstimmung. Während liberale Kreise zur Verhinderung einer solchen auf Ausnahmebestimmungen in der Umsetzung der Richtlinie hofften, betonte SP-Nationalrätin Chantal Galladé (ZH), es sei wichtig aufzuzeigen, dass die Mitgliedschaft im Schengen-Raum für die Sicherheit der Schweiz eine zentrale Rolle spiele. Sollten sich die Waffenlobby und die SVP, welche schon lange Kritik am Schengen-Abkommen übte, in der Abstimmung durchsetzen können, drohe der Schweiz «erneut eine europapolitische Baustelle», so Galladé im Tages-Anzeiger. Dass das angedrohte Referendum durch die Aushandlung weiterer Sonderregelungen für die Schweiz verhindert werden könnte, wurde in der Bundesverwaltung jedoch angezweifelt. Die Schweiz habe bereits in der Entstehungsphase der Richtlinie dahingehend einzuwirken versucht und dabei wenigstens eine Ausnahme errungen, dass Schweizer Armeeangehörige die Ordonnanzwaffe nach dem Ende der Dienstzeit weiterhin behalten dürfen, obwohl das Sturmgewehr neu eigentlich in die Kategorie der verbotenen Waffen fällt. SSV-Geschäftsführer Beat Hunziker legte unterdessen keine grosse Kompromissbereitschaft an den Tag und erklärte, man nehme mit dem Referendum eine allfällige Kündigung von Schengen/Dublin in Kauf. SSV-Präsidentin Dora Andres glaubte gar nicht erst daran, dass dieser Fall eintreten könnte; der Streitwert sei in dieser Sache zu gering, um die Schweiz tatsächlich vom Schengen-Abkommen auszuschliessen. Es wurde jedoch auch Kritik an der «Fundamentalopposition» der Schützenlobby laut; gerade weil die EU der Schweiz einen Ausnahmeparagraphen für das Sturmgewehr zugestanden habe, sei diese «unbegreiflich», äusserte sich etwa die Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf gegenüber der Luzerner Zeitung. Es «wäre ein absoluter Verhältnisblödsinn» für die Interessen der Schützen die Errungenschaften aus Schengen/Dublin wie den polizeilichen Informationsaustausch, Erleichterungen im Reiseverkehr und die europäische Zusammenarbeit in Asylverfahren zu opfern. Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga zeigte sich in der Presse wenig erfreut über die heftige und ihrer Meinung nach verfrühte Reaktion der Schützen. Sie nehme die Sorgen wahr, aber der übliche Weg der Gesetzgebung stehe noch bevor, weshalb man kühlen Kopf bewahren solle.

In der Zwischenzeit beschäftigten sich verschiedenste parlamentarische Vorstösse mit der anstehenden Übernahme der EU-Richtlinie ins schweizerische Recht. So wollte beispielsweise Chantal Galladé zusammen mit den Nationalratskolleginnen Barbara Schmid-Federer (cvp, ZH) und Kathrin Bertschy (glp, BE) die Gunst der Stunde nutzen, um mit drei gleichlautenden parlamentarischen Initiativen (17.426, 17.427 und 17.428) ein umfassendes Waffenregister für die Schweiz zu fordern. Gemäss «Sonntags-Blick» hofften die Initiantinnen, damit Druck zu machen, dass ein solches in die Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung der EU-Richtlinie einfliessen sollte. Der Aargauer FDP-Ständerat und Hobbyschütze Philipp Müller machte sich indes Sorgen um die Schweizer Schiesstradition und stellte dem Bundesrat mittels Interpellation (Ip. 17.3255) die Frage nach der «Vereinbarkeit der Schweizer Schiesstradition mit der EU-Waffenrichtlinie», wie auch der Titel des Vorstosses lautete. Gegenüber dem Tages-Anzeiger erklärte Müller es zum Ziel, «Schengen/Dublin zu behalten und dabei das traditionelle Schiesswesen nicht zu gefährden.» CVP-Nationalrat Yannick Buttet (VS) stellte dem Bundesrat ebenfalls mittels einer Interpellation (Ip. 17.3280) die Frage nach den Auswirkungen der EU-Beschlüsse zum Waffenrecht auf die Schweiz und Werner Salzmann wollte dem Bundesrat per Motion gar «verbieten, die neuen Regeln zu übernehmen», wie es der «Blick» formulierte. Er hatte im letzten Jahr bereits eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» eingereicht, die im März 2017 im Nationalrat auf breite Zustimmung gestossen war.

Da die EU-Richtlinie nicht direkt anwendbar ist, besteht bei der Überführung ins nationale Recht ein gewisser Spielraum, den die Schweiz auch nutzen wolle, wie das Fedpol im Mai verlauten liess. So solle sich für ehemalige Armeeangehörige, die bereits im Besitz eines Sturmgewehrs sind, nichts ändern. Die neuen Regeln sollen erst für jene gelten, die zukünftig eine halbautomatische Waffe kaufen oder nach dem Ende der Dienstpflicht behalten wollen. Doch anstatt zu beschwichtigen, liess diese Ankündigung die Wogen erneut hochgehen. Die Basler Zeitung schrieb fortan von der «Entwaffnung auf Zeit» und witterte dahinter die «Wahrung des Besitzstandes für ehemalige Wehrmänner», um die Führungsriege der Schützen vom Referendum abzubringen. Die obligatorische Mitgliedschaft in einem Schützenverein hingegen solle letztere «milde stimmen» und sei darüber hinaus juristisch fragwürdig, da sie gegen die negative Vereinigungsfreiheit laut Art. 23 Abs. 3 BV verstosse, so die Behauptung. Während Werner Salzmann im «Blick» erneut betonte, das schärfere Waffenrecht verhindere keinen Terroranschlag und rette kein Menschenleben, aber schikaniere die Schützen und sei ein «Bürokratiemonster», stellte Werner Hohler, Interimspräsident von ProTell, gegenüber der Basler Zeitung unmissverständlich klar: «Wir akzeptieren keine noch so minimale Verschärfung des Waffenrechts, sondern wir wehren uns mit allen politischen und rechtlichen Mitteln dagegen.»

Mitte Juni 2017 fällte der Bundesrat sodann die formale Entscheidung, dass er die EU-Feuerwaffenrichtlinie akzeptieren und diese ins Schweizer Recht übernehmen will. Die angekündigte «pragmatische» Umsetzung solle nun weder ein zentrales Waffenregister noch eine Beschränkung der Gewehrmagazine auf zehn Schuss enthalten. Auch im letzten wesentlichen Streitpunkt, der Pflicht zur Vereinsmitgliedschaft und zum regelmässigen Üben an der Waffe als Voraussetzungen für den Erwerb einer halbautomatischen Waffe, worunter auch die Armeewaffe fällt, signalisierte der Bundesrat Gesprächsbereitschaft. ProTell sah genau darin jedoch die Einführung eines Bedürfnisnachweises, wie er 2011 vom Volk abgelehnt worden war, und hielt zusammen mit weiteren Schützenkreisen und der SVP trotz aller Zugeständnisse an der Referendumsdrohung fest. Unter den bürgerlichen Politikern, die sich anfänglich noch in breiter Front gegen eine Übernahme der Richtlinie gewehrt hatten, bröckelte der Widerstand jedoch. Wegen so kleiner Einschränkungen wie der Mitgliedschaft in einem Schützenverein solle Schengen/Dublin nicht aufs Spiel gesetzt werden, war vermehrt zu vernehmen. Die Vernehmlassung zur Umsetzung der Richtlinie wird noch im Herbst 2017 erwartet.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Nach einer Phase fast jährlicher Rücktritte aus dem Bundesrat zwischen 2005 und 2011 zeichnete sich das Bundesratskollegium seit der Wahl von Alain Berset 2011 durch eine relativ lange Phase der Stabilität aus. Zwar trat dann auf die Wahlen 2015 Eveline Widmer-Schlumpf zurück, die im Vergleich wenigen Wechsel regten Pressevertreterinnen und -vertreter aber zu zahlreichen Spekulationen an. Gerüchte über Rückritte und mögliche Nachfolger betrafen insbesondere Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann. Wie nachhaltig solche Spekulationen sind, lässt sich an einer nicht abschliessenden kleinen Retrospektive für das Jahr 2016 aufzeigen:
Bei der Nomination von Walter Thurnherr zum Bundeskanzler wurde bereits 2015 gemutmasst, dass Doris Leuthard bald zurücktreten werde, weil sie mit Thurnherr einen engen Mitarbeiter ziehen lasse. Als mögliche Nachfolger der amtsältesten Magistratin wurden der damalige CVP-Präsident Christoph Darbellay sowie Filippo Lombardi und Pirmin Bischof gehandelt. Vor der Abstimmung über die Atomausstiegsinitiative ortete die Sonntagszeitung im Oktober 2016 Fehltritte bei der Energieministerin, die darauf hindeuteten, dass sie wohl bald ihren Rücktritt ankündigen werde. Ende 2016 spekulierte der Sonntags-Blick über einen Rücktritt der Aargauerin nach ihrem zweiten Präsidialjahr 2017. Als Nachfolger brachte das Sonntagsblatt neben Konrad Graber und Gerhard Pfister auch Bundekanzler Thurnherr ins Gespräch.
Ein Insider gab im nachrichtenarmen Sommer 2016 mehreren Westschweizer Medien zu Protokoll, dass Johann Schneider-Ammann bald zurücktreten werde. Der Berner sei amtsmüde und mehrere dynamischere potenzielle Nachfolger stünden bereit. Genannt wurden etwa Karin Keller-Sutter, Andrea Caroni, Martin Schmid oder Ruedi Noser. Auch die Zeitung Blick stimmte im September 2016 in diesen Chor mit ein und sprach von einem lethargischen Magistraten, der innerlich bereits gekündigt habe. Freilich stellte sich einige Tage darauf heraus, dass der Berner unter einer gebrochenen Rippe zu leiden hatte und deshalb etwas müde war. Der Sitz des Berner FDP-Bundesrats kam dann mit dem im Oktober lauter werdenden Anspruch der Ostschweiz auf einen Bundesratssitz zumindest medial ins Wackeln. Als Ostschweizer Vertretung kämen laut St. Galler Tagblatt eigentlich nur Karin Keller-Sutter oder Martin Schmid, beide von der FDP, in Frage. Dies setzte freilich einen Rücktritt von Schneider-Ammann voraus. Auch die BaZ sprach im November von sich mehrenden Gerüchten eines baldigen Rücktritts – es sei nicht unwahrscheinlich, dass Schneider-Ammann auf das Ende seines Präsidialjahres 2016 noch seinen Austritt aus der Landesregierung bekannt geben werde.

Spekulationen Rücktritt Bundesräte, Nachfolge Leuthard, etc.

Die Zusammensetzung des Bundesrates ist immer wieder Gegenstand von Debatten. Sei es die regionale, die sprachliche oder eine gendergerechtere Vertretung – die Diskussionen drehen sich in der Regel um die deskriptive Repräsentation des Exekutivgremiums und weniger um die substanzielle, also die Frage, ob das Kollegium inhaltlich die Interessen der Bevölkerung zu vertreten im Stande ist.
Besonders virulent und medial begleitet werden diese Debatten jeweils bei anstehenden Bundesratswahlen. Bei der Wahl von Guy Parmelin 2015 machte sich etwa Unmut in der Ostschweiz breit, da die sieben Kantone der Ostschweiz (SG, TG, GR, SH, GL, AR, AI), und damit rund 1.1 Mio. Einwohner, zum zweiten Mal seit 1848 nicht in der Bundesregierung vertreten sind, wohingegen die Romandie mit etwa der Hälfte an Einwohnerinnen und Einwohnern mit Parmelin, Burkhalter und Berset sogar dreifach vertreten sei. Roland Eberle (svp, TG) gab in der NZZ zu Protokoll, dass fünf der sieben Bundesräte nun „Burgunder” seien, die wesentlich zentralistischer und etatistischer dächten als „Alemannen”. Die Ostschweiz, die sich „an den Rand gedrängt” fühle (SGT), fordere deshalb eine Korrektur bei der nächsten Vakanz. In der Tat stellte die Ostschweizer Regierungskonferenz diese Forderung in einem Schreiben, um die Parteispitzen zu sensibilisieren.

Bei der Sprachenfrage drehte sich die Debatte bis zur Wahl von Ignazio Cassis 2017 lange um den Aspekt der Vertretung des Tessins in der Landesregierung. Der Südkanton war seit 1999 und dem Rücktritt von Flavio Cotti nicht mehr im Bundesrat vertreten. Zwar hatte die SVP mit Norman Gobbi (TI, lega) bei der Besetzung des leer gewordenen Sitzes von Eveline Widmer-Schlumpf auch einen Tessiner Kandidaten aufgestellt, um die Untervertretung der Südschweiz beheben zu helfen. Weil es sich um einen Lega-Politiker handelte – der im Parlament als kaum wählbar galt –, wurde dieses Manöver allerdings als „wenig glaubhaft” bezeichnet (NZZ). Mit der Wahl von Cassis ebbte die Diskussion um die Vertretung der Sprachregion wieder ab.

Ein zentraler Bestandteil der Debatten ist schliesslich die Frage der Vertretung der Frauen im Bundesrat. Waren Ende September 2010 die Frauen im Bundesrat erstmals in der Mehrheit – das Interregnum dauerte allerdings lediglich 14 Monate –, sieht es nach dem Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf Ende 2015 und der Rücktrittsankündigung von Doris Leuthard Mitte 2017 so aus, als könnte Simonetta Sommaruga bald die einzige Frau im Kollegium sein. Ein Bundesrat mit nur einer Frau sei kein Abbild der Gesellschaft mehr, liess sich Yvonne Feri (sp, AG), Präsidentin der SP-Frauen, in der NZZ protokollieren. Bereits nach der Wahl von Guy Parmelin hegte Alliance F – der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen – die Idee einer Verfassungsbestimmung, gemäss der nicht nur die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen im Bundesrat vertreten sein sollen, wie dies die Verfassung bereits vorsieht, sondern auch die Frauen. Zwar hatte die GP bei der Wahl von Parmelin versucht, mit ihren Stimmen für Viola Amherd (cvp, VS) ein Zeichen zu setzen, und die FDP hatte neben dem gewählten Ignazio Cassis und Pierre Maudet (GE) mit Isabelle Moret (VD) auch eine Frau auf das Dreierticket gesetzt – was von verschiedener Seite mit Nachdruck gefordert worden war –, die Wahl fiel letztlich aber in beiden Fällen auf einen Mann. Damit der Bundesrat seine Vorbildfunktion wahrnehmen könne – nur eine ausreichende Frauenvertretung zeige, dass Regieren kein Männerberuf sei – setzte Alliance F Anfang 2017 ihre Idee in die Tat um: Maya Graf (gp, BL), die Präsidentin von Alliance F, reichte eine entsprechende parlamentarische Initiative ein.

Freilich gibt es in diesen Debatten allerdings auch immer wieder etwas leisere Stimmen, die eher den substanziellen Aspekt der Vertretung betonen und die Qualifikation der Magistratinnen und Magistraten höher gewichten als deren regionale oder sprachliche Herkunft. Das beste Argument einer regionalen Vertretung sei eine überzeugende Kandidatur – so etwa ein Kommentar in der NZZ. Darüber hinaus zeigt eine langfristige Betrachtung, dass von einer Untervertretung der verschiedenen Landesteile kaum gesprochen werden kann. Eine stärkere Betonung substanzieller Repräsentation würde auch den Zugang zur Exekutive für andere Parteien öffnen. Mit den Erfolgen der Grünen in den kantonalen Wahlen und einer möglichen „Öko-Allianz” (AZ) zwischen GP und GLP, die nach den Wahlen 2015 zusammen über 11.7 Wähleranteil verfügen, also 0.1 Prozent mehr als die CVP, könnte aus einer Umweltschutz-Perspektive auch ein Anspruch dieser beiden Parteien auf einen Regierungssitz erhoben werden. Auch in dieser Hinsicht werden die eidgenössischen Wahlen 2019 spannend werden.

Nächster Bundesrat aus der Ostschweiz

Im Nachgang einer Recherche der SDA fiel das Schlaglicht der öffentlichen Debatte im Februar 2016 plötzlich auf die schon seit Monaten geplante Verschärfung des EU-Waffenrechts. Als Reaktion auf die Terroranschläge von Paris im vergangenen Jahr solle mit der Einschränkung des Waffenbesitzes und -handels nun verhindert werden, «dass Waffen in die Hände von Terroristen fallen», wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von der NZZ zitiert wurde. Sofern die Richtlinie tatsächlich zustande kommt, muss die Schweiz als Schengen-Vertragsstaat diese übernehmen, um ihre Mitgliedschaft im Schengener und damit verbunden auch im Dubliner Abkommen nicht zu gefährden. Dies erläuterte der Bundesrat in seiner Antwort auf eine entsprechende Interpellation Ruiz (sp, VD; Ip. 15.4199). Die Schweiz sei jedoch in der zuständigen Expertengruppe des Ministerrates vertreten, wenn auch ohne formales Stimmrecht und nur mit beratender Funktion, was eine gewisse Einflussnahme ermögliche. Von der Kommission vorgesehen sind unter anderem strengere Registrierungspflichten, ein Verbot des Onlinehandels von Waffen und Munition, strengere Regeln für unbrauchbar gemachte Waffen, ein Bedürfnisnachweis – sei es als Jäger, Sportschütze oder Sammler – und eine medizinische Untersuchung als Vorbedingungen für den Waffenerwerbsschein sowie ein Verbot von zivilen halbautomatischen Feuerwaffen, die wie vollautomatische Kriegswaffen aussehen. Diese werden von der EU nicht nur wegen des relativ leicht möglichen Umbaus zu vollautomatischen Waffen, sondern auch aufgrund ihrer hohen Munitionskapazität als sehr gefährlich angesehen. Waffen ebendieser Kategorie kommen im ausserdienstlichen Schiesswesen in der Schweiz jedoch zu breitem Einsatz. Die verschärften Regeln liessen es in der Folge auch nicht mehr zu, dass Armeeangehörige Ordonnanzwaffen nach dem Ende der Dienstpflicht mit nach Hause nehmen.
So liess denn auch die Kritik aus dem Umfeld der Waffenlobby nicht lange auf sich warten. Dora Andres, Präsidentin des Schweizerischen Schiesssportverbandes (SSV), erklärte in den Medien, der SSV lehne die Vorschläge der Europäischen Kommission vollumfänglich ab. Die Schweiz brauche kein schärferes Waffenrecht und nötigenfalls werde man dagegen politisch aktiv werden. Mit rund 133'000 Mitgliedern wäre der SSV problemlos referendumsfähig. Schützenhilfe erhielt Andres auch von bürgerlichen Politikerinnen und Politikern, darunter CVP-Präsident Christophe Darbellay (VS), welcher die vorgesehenen Regeln gegenüber dem Sonntags-Blick als «nicht kompatibel» mit dem schweizerischen Schützenwesen und der Milizarmee bezeichnete. FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger (AG) erachtete gegenüber der Aargauer Zeitung eine Verschärfung des Waffenrechts als schlicht nicht in der Lage, mehr Sicherheit zu garantieren; es sei ein «Irrglaube», dass mit strengeren Regeln der kriminelle Waffenmissbrauch verhindert werden könne. Die Milizarmee und die Armeewaffen zu Hause seien sogar Teil der «schweizerischen DNA», liess sie im Sonntags-Blick verlauten.

Im März 2016 gab Bundesrätin Simonetta Sommaruga nach einem Treffen der EU-Innenminister erste Entwarnung: «Die EU wird der Schweiz das Sturmgewehr nicht verbieten», wurde sie in der Presse zitiert. Neben der Schweiz hätten sich auch andere EU-Länder, darunter v.a. baltische und nordische Staaten mit Schützen- und Jägertradition, gegen zu zentralistische Verschärfungen gewehrt. In der Folge verabschiedete der Rat der Innenminister Mitte Juni einen entschärften Entwurf mit einer eigens auf die Schweiz zugeschnittenen Ausnahmebestimmung. Diese «Schutzklausel für das Schweizer Sturmgewehr» (Tages-Anzeiger) ermöglicht es Schweizer Armeeangehörigen weiterhin, die Waffe nach Ende der Dienstpflicht zu behalten. Bedingungen dafür sind allerdings die Mitgliedschaft in einem Schützenverein, der Nachweis von jährlichen Schiessübungen sowie die regelmässige medizinische und psychologische Beurteilung des Waffenbesitzers.
Ebendiese Bedingungen waren es denn auch, welche die Freude über den Schweizer Verhandlungserfolg zumindest auf Seiten der Waffenlobby erheblich trübten. So schrieb die Basler Zeitung weiterhin von der «Entwaffnung Hunderttausender Schweizer Bürgerinnen und Bürger»; alle seien auf die Entwarnung Sommarugas hereingefallen, denn durch die von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Bedingungen würden «unbescholtene Schweizerinnen und Schweizer, die eine Waffe besitzen», kriminalisiert und «der Grundsatz, wonach der Staat seinen Bürgern so lange vertraut, bis ihnen eine Straftat bewiesen werden kann, [...] ausgehebelt». Stattdessen müssten ehemalige Soldaten nun beweisen, «dass sie keine Gewalttäter sein wollen». Nicht zuletzt sah sie darin über Umwege die Umsetzung der 2011 abgelehnten Initiative gegen Waffengewalt. Auch bürgerliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier übten abermals Kritik an der Richtlinie und nun insbesondere an den Bedingungen im «Schweizer Paragraphen». Von einer «schlimme[n] Einmischung in die Schweizer Gesetzgebung» (Walter Müller, fdp, SG) und der Gefährdung der Souveränität der Schweiz (Adrian Amstutz, svp, BE) war die Rede. Die Urteile über die Richtlinie im Allgemeinen wie auch über die medizinisch-psychologischen Tests im Besonderen reichten von «inakzeptabel und lächerlich» (Yannick Buttet, cvp, VS) bis zu «absurd» (Dora Andres, SSV). Der neue CVP-Präsident Gerhard Pfister (ZG) forderte von Bundesrätin Sommaruga gar eine Erklärung und allfällige Nachverhandlungen in Brüssel. Der SVP-Nationalrat und Präsident des Berner Schützenverbandes Werner Salzmann reichte indes Ende September eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» ein. Dem Vorstoss zufolge sollte die Schweiz gemeinsam mit jenen EU-Staaten, die dem neuen Waffenrecht ebenfalls kritisch gegenüberstehen, die «unannehmbaren Änderungen» bekämpfen.

Im Dezember 2016 einigten sich Vertreter der EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments auf eine Fassung der Waffenrichtlinie, über die als nächstes das Europäische Parlament befinden wird. Unterdessen war es der europäischen Waffenlobby gelungen, die Vorlage weiter abzuschwächen. So sieht der Antrag zuhanden des Europäischen Parlaments kein Verbot halbautomatischer Waffen mehr vor, sondern lediglich Einschränkungen betreffend den Verkauf und die maximale Patronenzahl. Den Mitgliedstaaten ist es nun ausserdem freigestellt, ob für den Waffenerwerb medizinisch-psychologische Tests erforderlich sind oder nicht. Bei der Überführung in nationales Recht bietet die Richtlinie daher einen gewissen Spielraum. Was jedoch geblieben ist, sind die Mitgliedschaft in einem Schützenverein und die regelmässige Teilnahme an Schiessanlässen als Voraussetzungen, damit Schweizer Armeeangehörige das Sturmgewehr behalten dürfen. Diese Punkte waren im ausgehenden 2016 denn auch die meistkritisierten, denn mit Vereinspflicht und Schiesszwang wolle die EU die Freiheit und Selbstbestimmung der Schweizer beschränken, zeigte sich Werner Salzmann gegenüber der Luzerner Zeitung besorgt. Mit mehr Dramatik bezeichnete Jean-Luc Addor (VS), SVP-Nationalrat und Vizepräsident von ProTell, die Schusswaffe als «das Symbol des freien Mannes» und die Reform daher als unverhältnismässig. ProTell kündigte bereits das Referendum an; man toleriere keine Verschärfung des Schweizer Waffenrechts. Auch ein Ausschluss aus Schengen/Dublin würde gemäss diversen Zeitungsberichten von der Waffenlobby damit bewusst in Kauf genommen.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Schon im Vorfeld der Bundesratswahlen war darüber spekuliert worden, wer das Departement der scheidenden Eveline Widmer-Schlumpf übernehmen würde. Das EFD gilt als wichtige Schnittstelle und einflussreiches Departement, insbesondere auch vor dem Hintergrund der künftigen finanzpolitischen Herausforderungen. Freilich konnte man sich bei keinem der bisherigen Magistraten einen Departementswechsel vorstellen, da entweder gewichtige Dossiers anstanden (z.B. die Sozialversicherungsreform im EDI, die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative im EJPD oder die Infrastrukturvorhaben im UVEK), oder da sich Departementsvorsteher schlicht zu wohl fühlten in ihrem Amt: So war etwa Didier Burkhalter in seinem Präsidialjahr als perfekter Aussenminister bezeichnet worden. Auch bei Johann Schneider-Ammann wurden keine Wechselabsichten vermutet, da er sich wohl nicht gleichzeitig der Herausforderung von Präsidium und neuem Departement stellen wolle. Bei Ueli Maurer schliesslich wurde dessen Alter ins Feld geführt. Mit 65 Jahren würde er kaum noch einmal ein neues Departement übernehmen wollen. Diskutiert wurde auch, ob die SVP das Asyldossier übernehmen solle, um hier Verantwortung zu übernehmen. Christoph Blocher hatte sich in einem Interview für diese Lösung stark gemacht. In diesem Fall hätte die SP das Finanzdepartement übernommen, was wiederum von zahlreichen SP-Exponentinnen und Exponenten begrüsst worden wäre.
Mit der Wahl von Guy Parmelin zum neuen SVP-Magistraten gingen die Spekulationen weiter. Parmelin wurde die Eignung für die Übernahme des EFD freilich eher abgesprochen. Weil Parmelin Ambitionen auf das EDI hege, wurde auch spekuliert, dass Alain Berset das EFD übernehmen würde. Er habe schon durchblicken lassen, das ihn das Amt reizen würde, wusste etwa die NZZ zu berichten. Die Departementsverteilung wird freilich vom Siebnergremium alleine bestimmt. Nach der ersten Bundesratssitzung in neuer Besetzung Mitte Dezember, gab die Exekutive die neue Verteilung bekannt, die in sehr angenehmer und konkordanter Atmosphäre gefällt worden sei. Das EFD übernimmt neu Ueli Maurer – zum ersten Mal wird dieses Departement von einem SVP-Magistraten geführt – während Guy Parmelin das VBS übernimmt.
Die kleine SVP-Rochade wurde unterschiedlich interpretiert. Während sich die CVP erstaunt zeigte, dass die SVP keine Verantwortung übernehme, indem sie ins EJPD wechsle – ein Argument, das die scheidende Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga als "absurd" bezeichnete: Es würde auch niemand behaupten, die FDP übernehme keine Verantwortung für die Finanzpolitik, weil sie nicht im EFD sitze – zeigten sich Wirtschaftsvertreter erfreut. Es sei gut, dass die Finanzen in bürgerlicher Hand blieben. SP-Vertreter äusserten die Sorge, dass jetzt wohl Sparanstrengungen auf dem Rücken des Bundespersonals zunehmen würden. Nicht kommentieren wollte die neue Departementsverteilung der FDP-Präsident Philipp Müller (fdp, AG). Das sei Sache des Bundesrates.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

In der Wintersession 2015 beschäftigten sich die Räte mit dem Voranschlag 2016, der vom Bundesrat im August verabschiedet worden war und Einsparungen im Umfang von CHF 1,3 Mrd., davon nach Angaben von Finanzministerin Widmer-Schlumpf rund CHF 870 Mio. Querschnittkürzungen, vorsah. Der als Erstrat fungierende Ständerat schuf in der ersten Lesung nur gerade eine Differenz zum Budgetvorschlag des Bundesrates. Auf Antrag seiner Finanzkommission (FK-SR) hiess er diskussionslos eine Aufstockung des Budgets für die Dachverbände der Familienorganisationen um CHF 770'000 auf neu CHF 2 Mio. gut. Ein Minderheitsantrag Häberli-Koller (cvp, TG), der die Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte („Schoggigesetz“) um CHF 26,7 Mio. auf CHF 94,6 Mio. erhöhen wollte, scheiterte knapp mit 21 zu 23 Stimmen. Ebenso wurden Einzelanträge der Ständeräte Engler (cvp, GR), der die Beiträge an Schweiz Tourismus (19 zu 25 Stimmen) und für die Exportförderung (18 zu 23 Stimmen) aufstocken wollte, und Baumann (cvp, UR), der die Direktzahlungen an die Landwirtschaft auf dem Niveau des Vorjahres (CHF 2,8 Mrd.) belassen wollte (19 zu 21 Stimmen), abgelehnt. Grössere Anpassungen am bundesrätlichen Vorschlag nahm der Nationalrat vor. Gleich zu Beginn der Verhandlungen nahm die grosse Kammer mit 103 zu 84 Stimmen den Antrag einer von SVP, FDP und GLP unterstützen Minderheit Vitali (fdp, LU) an, die die Sach- und Betriebsausgaben des Bundes um CHF 125 Mio. kürzen und damit auf das Niveau des Jahres 2014 zurückschrauben wollte. Die von einer Minderheit Schibli (svp, ZH) geforderten Querschnittskürzungen bei den Bundesausgaben (CHF 3,1 Mrd.) und beim Personalaufwand (CHF 162 Mio.) gingen dem Nationalrat dann aber zu weit und wurden deutlich abgelehnt. Hingegen hiess die grosse Kammer mit 92 zu 91 Stimmen eine von einer Minderheit Pieren (svp, BE) geforderte Reduktion der Mittel für Massnahmen im Bereich der Geschlechtergleichstellung um CHF 2 Mio. gut. Der Landwirtschaft sprach der Nationalrat für 2016 indes mehr Mittel zu, als vom Bunderat vorgesehen gewesen war. Bei den Direktzahlungen an die Bauern und beim Schoggigesetz folgte die grosse Kammer mit 125 zu 56 Stimmen bzw. 117 zu 72 Stimmen den Mehrheitsanträgen ihrer Finanzkommission (FK-NR) und sprach sich dafür aus, die Beiträge im Vergleich zu 2015 nicht zu kürzen. In der zweiten Lesung hielt der Ständerat in sämtlichen Punkten am Vorschlag des Bundesrates fest, wobei bei den landwirtschaftlichen Differenzen wiederum nur wenige Stimmen den Ausschlag gaben. Der Nationalrat schwenkte seinerseits in der zweiten Lesung bei einer Differenz auf die Linie des Ständerates um. Mit 112 zu 77 Stimmen sprach er sich gegen die Budgetkürzung bei den Massnahmen zur Gleichstellung aus. Die gesamte SVP und ein Drittel der FDP-Liberalen-Fraktion hatten für die Kürzung gestimmt. Von den verbleibenden Differenzen konnte in der dritten und letzten Beratungsrunde dann nur noch eine bereinigt werden. Die kleiner Kammer folgte mit 23 zu 21 Stimmen einer Minderheit Hösli (svp, GL) und stimmte damit dem Vorschlag des Nationalrats zu, die Landwirtschaft nach 2015 auch 2016 mit Direktzahlungen in der Höhe von CHF 2,8 Mrd. zu unterstützen. Damit musste der Voranschlag wie bereits im Vorjahr vor die Einigungskonferenz.

Voranschlag 2016 (BRG 15.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2016: Voranschlag und Staatsrechnung

Nachdem die Mitglieder des Bundesrates vereidigt worden waren – mit Ausnahme von Simonetta Sommaruga (sp), die das Gelübde ablegte –, wurden die Wahlen des Bundespräsidenten und der Vizepräsidentin für 2016 durchgeführt. Die turnusgemässen Wahlen von Johann Schneider-Ammann (fdp) zum Präsidenten und von Doris Leuthard (cvp) zur Vizepräsidentin waren unbestritten. Schneider-Ammann erhielt 196 Stimmen. Von den 241 eingelangten Stimmzetteln waren 27 leer, sechs waren ungültig und zwölf enthielten andere Namen. In der Presse wurde dieses Resultat als breite Akzeptanz in der Bundesversammlung interpretiert. Auf Doris Leuthard entfielen 180 Stimmen. Lediglich 218 Wahlzettel wurden an die noch anwesenden Parlamentsmitglieder verteilt. Davon blieben acht leer, sieben waren ungültig und auf 23 stand ein anderer Name als jener der CVP-Magistratin.
In seiner Ansprache machte Johann Schneider-Ammann die Verunsicherung im vergangenen Jahr zum Thema, die durch die Aufwertung des Frankens, Terroranschläge und Flüchtlingsströme genährt worden sei und aufgezeigt hätte, wie verletzlich die freien Gesellschaften seien. Auch wenn die Wurzeln dieser Krisen nicht in der Schweiz selber lägen, müsse man in der Schweiz die Reihen schliessen und sich dagegen wehren. Die Schweiz dürfe dabei aber ihre humanitäre Tradition nicht vergessen. Wer Hilfe brauche, werde geschützt, müsse aber die vorherrschenden Regeln akzeptieren. Die anstehenden Herausforderungen – Schneider-Ammann nannte die Verteidigung von Offenheit und Souveränität, von Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit, aber auch die Beziehung zu Europa – müssten gemeinsam mit Reformwillen angegangen werden. Dabei könne man auf eigene Stärken, wie der Innovationskraft, der dualen Bildung oder der intakten Sozialpartnerschaft bauen. Sein Motto als Bundesrat laute "Gemeinsam für Jobs und unser Land".
Der Berner FDP-Bundesrat, der es auch nicht versäumte, der abtretenden Eveline Widmer-Schlumpf, die er als "grosse Persönlichkeit" bezeichnete, zu danken, löste als Regierungschef Simonetta Sommaruga ab, die das Amt im Jahr 2015 inne gehabt hatte. Anders als Didier Burkhalter – ihr Vorgänger in diesem Amt –, der Anfang 2015 zum Schweizer des Jahres gekürt worden war und im März gar für den Friedens-Nobelpreis vorgeschlagen wurde und als neuer UNO-Generalsekretär im Gespräch war, hatte die SP-Magistratin im Wahljahr 2015 einen sehr schweren Stand gehabt, da sie in ihrer Funktion als Justizministerin insbesondere von der Rechten immer wieder angegriffen wurde. Als Verantwortliche für das Migrationsdossier hatte sie nicht nur auf die in den Medien als "Flüchtlingskrise" bezeichnete Migrationswelle reagieren müssen, sondern sie hatte auch das Dossier zur Masseneinwanderungsinitiative und hierzu die Verhandlungen mit der EU zu betreuen. Die Bundespräsidentin war entsprechend ein äusserst beliebtes Sujet in der Weltwoche. Mit Ausnahme der SVP attestierten ihr die Parteien aber, gute Arbeit geleistet zu haben. Als Meilenstein, aus der Sicht der abtretenden Bundespräsidentin, galten ihre Gespräche mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, welche die Situation mit der EU deblockiert hätten.

2016 - Johann Schneider-Ammann
Dossier: Wahlen des Bundespräsidiums

Rund eine Woche vor den Regierungswahlen begannen die Fraktionen mit den Hearings der drei SVP-Kandidaten. Lediglich die Grünen verzichteten auf die Anhörungen, weil sie die Wahl eines Vertreters der Volkspartei grundsätzlich ablehnten, da die SVP die Europäische Menschenrechtskonvention kündigen wolle – eine Anspielung auf die geplante Selbstbestimmungsinitiative der SVP. Die GP setzte nach wie vor auf einen Sprengkandidaten aus der Mitte und gab bekannt, zumindest im ersten Wahlgang keinen der SVP-Kandidierenden wählen zu wollen. Die SP entschied sich erst in letzter Minute, die Kandidaten einen Tag vor den Wahlen doch noch zu Bewerbungsgesprächen einzuladen. Die Genossen gaben im Anschluss bekannt, dass Norman Gobbi (TI, lega) für sie nicht wählbar sei. Die restlichen Fraktionen wollten sich nach den Anhörungen zwar nicht festlegen, gaben aber zu Protokoll, einen der drei offiziellen Kandidaten wählen zu wollen. Ein Sprengkandidat war nicht in Sicht – auch wenn Heinz Brand (svp, GR) erst nach einigem Hin und Her und viel Pressewirbel dementierte, eine Wahl annehmen zu wollen, und sich auch Thomas Hurter (svp, SH) noch einmal ins Gespräch brachte, weil er keine Stellung nehmen wollte zur Idee, bei einer allfälligen Wahl und Ausschluss durch die SVP bei der FDP Unterschlupf zu finden. Alle weiteren, in den Medien kolportierten, möglichen Überraschungskandidaten gaben aber jeweils kurz nach der Medienmeldung an, nicht zur Verfügung zu stehen. Zudem signalisierten die Mitteparteien im Verlaufe dieser Geplänkel immer deutlicher, für Spiele nicht zur Verfügung zu stehen. Aufgrund dieser Ausgangslage sahen die meisten Medien am Tag vor der Bundesratswahl Guy Parmelin (svp, VD) im Vorteil, da er von SP und GP wohl eher unterstützt würde als Norman Gobbi (TI, lega) und Thomas Aeschi (svp, ZG).
Dass der Anspruch der SVP auf einen zweiten Bundesratssitz allgemein akzeptiert und die Lust auf Experimente im Parlament in der Tat sehr gering war, zeigte sich am Wahltag auch in den Voten der einzelnen Fraktionen. Mit Ausnahme der SP und der GP sprachen sich alle Parteien für ein Ende der bisher nicht adäquaten mathematischen Konkordanz aus. Obwohl alle Parteien freilich auch die Ausschlussklausel der SVP kritisierten, die einer Regierungspartei nicht würdig sei, liessen sie den Worten bei der Ersatzwahl von Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) Taten folgen. Zwar erhielten im ersten Wahlgang auch Thomas Hurter (svp, SH) und Viola Amherd (cvp, VS) 22 bzw. 16 Stimmen, auf den insgesamt 245 ausgeteilten Wahlzetteln fanden sich aber vorwiegend die drei SVP-Kandidierenden, wobei sich Guy Parmelin mit 90 Stimmen vor Thomas Aeschi (61 Stimmen) und Norman Gobbi (50 Stimmen) schon leicht absetzen konnte. Mit den vier Stimmen an Verschiedene und den zwei leeren Wahlzetteln hatten sich damit 44 Parlamentarier nicht am offiziellen Dreierticket orientiert – zu wenig für einen Coup. Im zweiten Wahlgang verpasste Parmelin das absolute Mehr nur knapp. Er erhielt 117 von 120 nötigen Stimmen; Aeschi wurde von 78 Mitgliedern der Vereinigten Bundesversammlung favorisiert und Gobbi erhielt lediglich noch 30 Voten. Auf Verschiedene entfielen 14 Stimmen und fünf der 244 ausgeteilten Wahlzettel waren leer. Im dritten Wahlgang – für viele überraschend schnell – konnte Guy Parmelin dann genügend Unterstützerinnen und Unterstützer hinter sich scharen. Mit 138 Stimmen wurde der Waadtländer erster französischsprachiger SVP-Bundesrat der Geschichte. Die 88 Stimmen für Aeschi hätten auch zusammen mit den elf noch auf Gobbi entfallenden Stimmen nicht für einen anderen Wahlausgang gereicht. Im dritten Wahlgang, in dem nur noch 243 Wahlzettel ausgeteilt wurden, waren noch deren sechs leer. Guy Parmelin erklärte die Annahme der Wahl und verwies in seiner kurzen Rede auf die Bedeutung und Symbolkraft seiner Wahl für die Westschweiz. Freilich werde er im Rahmen seiner Regierungstätigkeit auch die Ost- und Zentralschweiz, die diesmal leer ausgegangen seien, nicht vergessen.

Ob der mit Spannung erwarteten Ersatzwahl gingen die vorausgehenden Bestätigungswahlen der bisherigen sechs Regierungsmitglieder fast ein wenig unter. Zwar divergierten die Stimmen, welche die einzelnen Magistratinnen und Magistraten erhielten recht stark – insbesondere Ueli Maurer (svp) und Simonetta Sommaruga (sp) wurden wohl jeweils vom gegnerischen Lager abgestraft – aber insgesamt zeigte sich auch bei den Bestätigungswahlen, dass das Parlament in der Mehrheit ein Zurück zur Normalität anstrebte. Doris Leuthard (cvp) wurde mit 215 von 245 Stimmen erneut gewählt (Verschiedene: 19; leer: acht; ungültig: drei), Ueli Maurer (svp) erhielt 173 von 245 Stimmen (Thomas Hurter (svp, SH): zehn Stimmen, Verschiedene: 27; leer: 32; ungültig: drei), Didier Burkhalter (fdp) wurde mit 217 von 244 Wahlzetteln bestätigt (Verschiedene: 14; leer: 13; ungültig: Null), der Name Simonetta Sommaruga (sp) stand auf 182 von 245 ausgeteilten Wahlzetteln (Daniel Jositsch (sp, ZH): elf Stimmen; Verschiedene: 28; leer: 19; ungültig: fünf), Johann Schneider-Ammann machte 191 von 244 Stimmen (Verschiedene: 28; leer: 23; ungültig: zwei) und überraschend deutlich bestätigt wurde auch Alain Berset mit 210 von 244 möglichen Voten (Verschiedene: 23; leer: acht; ungültig: zwei). Alle sechs hatten damit mehr Stimmen als noch vor vier Jahren erhalten.
Die Reaktionen in den Medien waren geteilt. Auf der einen Seite wurde hervorgehoben, dass Parmelin als Nationalrat kaum aufgefallen sei, über keinerlei Führungserfahrung verfüge und auch nicht besonders sprachgewandt sei – wenig spektakulär wie der Chasselas, den er anbaue, so etwa die BaZ. Sein einziger Ausweis sei es, der SVP anzugehören. Es sei aber nachvollziehbar, dass das Parlament die parteipolitische Zusammensetzung der Regierung höher gewichtet habe als personelle Fragen. Zudem müsse man Parmelin eine Chance geben, im Amt zu wachsen. Weil er keine hohe Erwartungen wecke, könne er eigentlich nur positiv überraschen. Für viele, vor allem für Mitte-links sei er wohl auch das kleinere Übel gewesen. Parmelin sei ein SVP-Mitglied der alten Schule und sei wohl als leichter formbar vermutet worden als Thomas Aeschi, der als Blocher-Zögling gelte und die neue SVP-Linie vertrete. In der Westschweizer Presse wurde zudem hervorgehoben, dass sich Parmelin stets moderat und kompromissbereit gezeigt habe – eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit im Regierungskollegium. Die Wahl Parmelins sei aber auch ein Zeichen dafür, dass das Parlament angesichts der Erfolge und der immer neuen Forderungen der SVP resigniere – so der Blick. Einig war man sich in der Presse, dass die SVP jetzt in der Verantwortung stehe. Sie müsse wieder in den Kompromiss-Modus zurückfinden – so die NZZ. In den Kommentarspalten wurde zudem darauf hingewiesen, dass die Volkspartei mit ihrem zweiten Regierungssitz nun auch definitiv in der Westschweiz verankert sei – männiglich prognostizierte gar einen weiteren Schub der SVP im französischsprachigen Landesteil.
Die Reaktionen der Parteien waren unterschiedlich. Die SVP feierte ihren neuen Bundesrat mit auffallender Zurückhaltung. Zwar wiesen die Parteispitzen darauf hin, dass man die Westschweiz jetzt noch besser vertreten könne; verschiedene Stimmen machten aber keinen Hehl daraus, dass Parmelin nicht der Wunschkandidat gewesen sei. Die Aufforderung, jetzt mehr Kompromissbereitschaft zu zeigen, prallte an der SVP ab. Man mache weiter eine SVP-Politik und erwarte vielmehr von der FDP, dass sich im Bundesrat jetzt eine bürgerliche Politik durchsetze. Als Siegerinnen sahen sich die SP- und die CVP-Spitzen. In der französischsprachigen Presse wurde kolportiert, dass Guy Parmelin ohne die von Christoph Darbellay (cvp, VS) und Christian Levrat (sp, FR) im Nationalratswahlkampf aufgestellte Forderung an die SVP, einen Westschweizer Kandidaten zu präsentieren, vielleicht jetzt gar nicht Bundesrat wäre. Prompt wurden die beiden Parteipräsidenten als Königsmacher gefeiert. In der FDP und der CVP machte man sich Gedanken über die nächsten Bundesratswahlen. Klar war, dass mit der Übervertretung der Romandie die Chancen für französischsprachige "Papabili" stark gesunken waren. Potenzielle Ostschweizer und Tessiner-Kandidaten konnten sich hingegen freuen.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Der Tessiner Ständerat Abate (fdp) reichte in der Frühlingssession 2015 seine Motion „Beteiligungskapital für Genossenschaftsbanken“ ein. Der Motionär verlangte darin vom Bundesrat, auch Genossenschaftsbanken die Ausgabe von Partizipationsscheinen zu erlauben. Gemäss Obligationenrecht Artikel 656a sind Partizipationsscheine Wertpapiere, die dem Erwerber die Teilhabe am betreffenden Unternehmen, jedoch keine Mitsprache gewähren. Die Hintergründe für die Motion Abate sind zum einen in der „Too big to fail (TBTF)“-Gesetzgebung zu finden, welche systemrelevanten Banken höhere Eigenmittelanforderungen auferlegt; zum anderen spielte ein Bundesgerichtsentscheid vom 28. April 2014 eine bedeutende Rolle: Darin haben die Richter in Lausanne befunden, dass die Ausgabe von eigenen Partizipationsscheinen durch Genossenschaftsbanken nicht rechtmässig sei. Abate argumentierte, unter dem Aspekt der erhöhten Eigenmittelvorgaben sei es notwendig, die Möglichkeit, Partizipationsscheine auszugeben, auch auf Genossenschaftsbanken auszuweiten. Zudem könne mit dieser Änderung eine Wettbewerbsverzerrung zwischen Banken mit unterschiedlichen Rechtsformen aus der Welt geschafft werden, was zur Stärkung des Schweizerischen Finanzplatzes beitrage. Der Bundesrat konnte sich nicht für den Vorschlag Abates erwärmen. Er negierte die Notwendigkeit der geforderten Gesetzesänderung mit der Begründung, dass für Genossenschaftsbanken die Möglichkeit bestehe, über sogenannte Anleihen mit Forderungsverzicht Eigenkapital aufzunehmen. Dabei handelt es sich um Anleihen, die bei Eintreten von im Vertrag festgelegten Ereignissen in Eigenkapital umgewandelt werden, wodurch die Forderungen der Gläubiger verfallen. Alternativ könne auch die Umwandlung von einer Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft vollzogen werden, womit die Aufnahme von Partizipationskapital ermöglicht werde. Aus diesen Gesichtspunkten bestünde keine Wettbewerbsungleichheit zulasten der Genossenschaftsbanken, so die Regierung. Weiter führte sie aus, dass eine entsprechende Änderung auch auf Genossenschaften, die nicht im Bankengeschäft tätig sind, ausgeweitet werden müsste, was eine Revision des Obligationenrechts erfordern würde.
In der Debatte im Ständerat, der die Motion Abate als Erstrat behandelte, bezogen sich die Befürworter des Anliegens auf die Stellungnahme der Regierung und den darin enthaltenen Standpunkt, Genossenschaftsbanken könnten sich in eine AG umwandeln und somit ebenfalls Partizipationsscheine ausgeben. Sie sahen darin die Wirtschaftsfreiheit und insbesondere die Rechtswahlfreiheit gefährdet. Bundesrätin Widmer-Schlumpf hingegen argumentierte, dass einer Genossenschaftsbank und damit der Raiffeisenbank als einzige systemrelevante Bank dieser Art viele Vorteile aus ihrer Rechtsform erwachsen und insofern nicht von einem Wettbewerbsnachteil gesprochen werden könne. Zudem müsse eine allfällige Änderung nicht im Bankengesetz, sondern im Obligationenrecht vorgenommen werden und somit auf alle Genossenschaften angewandt werden. Der Ständerat schenkte der Argumentation der Bundesrätin kein Gehör und nahm die Motion mit 32 zu 5 Stimmen an.
Zu einem anderen Schluss gelangte die Wirtschafts- und Abgabenkommission WAK des Nationalrates. Einstimmig entschied sich dieses Gremium, dem Vorstoss nicht Folge zu leisten, und zwar aus zwei Gründen: Erstens argumentierte die WAK-NR, dass die Raiffeisenbank die einzige Genossenschaftsbank sei, die unter das "Too-big-to-fail"-Regime falle und somit die von der Motion geforderte Regelung einer Sonderbehandlung der Raiffeisen gleichkomme. Zweitens wurde angeführt, dass das Kernanliegen der Motion, die vereinfachte Kapitalaufnahme von Eigenkapital durch Genossenschaftsbanken, bereits mit der Revision des Bankengesetzes aufgenommen worden sei. Der Nationalrat folgte seiner Kommission und der Landesregierung und verwarf die Motion.

Beteiligungskapital für Genossenschaftsbanken

In der Sommersession 2015 gelangte eine Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer – angeregt durch eine parlamentarische Initiative Gasche (bdp, BE) – in den als Erstrat fungierenden Nationalrat. Die Änderung griff die wichtigste Forderung dieses Vorstosses, die 30-tägige Frist, die berechtigten Unternehmen gewährt wird, um mittels einer Meldung die Erstattung der Verrechnungssteuern bei konzerninternen Dividendenzahlungen zu umgehen, als Ordnungsfrist zu definieren, auf. Unternehmungen, die diese Frist nicht einhielten, sollten damit nicht wie bisher ihr Anrecht auf Nutzung dieses Meldeverfahrens verlieren und die Verrechnungssteuer samt Verzugszinsen bezahlen müssen, sondern weiterhin vom Meldefahren Gebrauch machen können und nur mit einer Ordnungsbusse sanktioniert werden. Zudem beinhaltete der Gesetzesentwurf eine Klausel, womit die neu definierten Regeln rückwirkend bis Anfang 2011 Anwendung finden sollten. Von Seiten der Grünen und der SP formierte sich in Form eines Minderheitsantrages Widerstand gegen diesen Gesetzesentwurf. Nationalrat Schelbert (gp, LU) argumentierte, die unbefristete Möglichkeit der Nachmeldung stelle die Funktion der Verrechnungssteuer als Sicherungssteuer infrage. Weiter wurde die Wirkung von Ordnungsbussen von maximal CHF 5000, denen oftmals Verrechnungssteuerbeträge in Millionenhöhe gegenüberstanden, in Zweifel gezogen. Ebenso kritisiert wurde die im Gesetzesentwurf enthaltene Rückwirkungsklausel. Dadurch werde, so das links-grüne Lager, eine unnötige Ungleichbehandlung zugunsten jener Fälle geschaffen, die erst nach 2011 behandelt worden sind. Des Weiteren fürchtete sich die linke Ratsseite vor allfälligen Einnahmeausfällen, die laut der Verwaltung rund CHF 600 Mio. betragen würden. Die Linke zeigte sich einzig dazu bereit, die bisher geltende Meldefrist von 30 Tagen auf 90 Tage zu verlängern. Obwohl sich auch die Landesregierung in Person von Bundesrätin Widmer-Schlumpf für die entsprechenden Minderheitsanträge und damit gegen die Definition der Meldefrist als Ordnungsfrist und die Rückwirkungsklausel aussprach, waren diese im Rat chancenlos. Die bürgerliche Ratsmehrheit setzte sich durch und stimmte der Änderung des Verrechnungssteuergesetzes mit 126 zu 60 Stimmen klar zu.
Auch in der kleinen Kammer sorgten Rückwirkungsklausel und die gesetzliche Definition der 30-tägigen Meldefrist als eine Ordnungsfrist für erhebliche Diskussionen, wobei Argumentationen und Parteienstruktur der beiden Lager weitestgehend jenen im Nationalrat entsprachen. Während der Ständerat in der Frage des Charakters der Meldefrist mit der grossen Kammer einig ging und diese Frist als eine Ordnungsfrist definierte, sprachen sich die Standesvertreter bezüglich Rückwirkungsklausel gegen den Willen des Nationalrats aus und verzichteten auf die Einsetzung einer solchen. Damit gelangte das Geschäft zur Differenzbereinigung erneut in den Nationalrat.
Da sich grosse und kleine Kammer primär in der Frage einer Rückwirkungsklausel uneinig waren, dominerte dieser Aspekt die neuerliche Debatte im Nationalrat. Die bürgerliche Seite stellte sich erneut auf den Standpunkt, dass die bis anhin erhobenen Verzugszinsen dem Staat nicht zustehen würden und somit eine rückwirkende Gesetzesänderung angebracht sei. Das links-grüne Lager, unterstützt von Bundesrätin Widmer-Schlumpf, befürchtete hingegen negative Konsequenzen in Form von zu erwartenden Einnahmeausfällen und ungerechtfertigten Privilegien für vom Meldeverfahren profitierende Unternehmungen und meldete überdies auch rechtsstaatliche Bedenken an, da es die vom Bundesgericht definierten Bedingungen für eine Rückwirkung als nicht erfüllt erachtete. Der Nationalrat liess sich davon jedoch nicht von seinem Entschluss abbringen und beharrte auf der Einführung der Rückwirkungsklausel, womit er den Ball erneut dem Ständerat zuspielte.

Praxis im Meldeverfahren bei der Verrechnungssteuer (Pa.Iv. 13.479)

Am 7. Dezember 2015 verabschiedete Bundesrätin Widmer-Schlumpf eine Änderung der Zollverordnung, die auf eine Motion Bischofberger (cvp, AI) zurückging. Die Motion verlangte vom Bundesrat, eine klare quantitative Abgrenzung zwischen Handels- und Privateinfuhr bei Fleisch und Fleischwaren sicherzustellen. In Zusammenarbeit mit dem Preisüberwacher, dem Schweizerischen Bauernverband und dem Schweizer Fleisch-Fachverband erarbeitete der Bundesrat daraufhin die Lösung, den Zollansatz für Fleischeinfuhren ab 10 kg von CHF 17 auf CHF 23 zu erhöhen, wodurch der Anreiz für Gewerbetreibende, Fleisch im Reiseverkehr einzuführen, wegfiel.

Vereinfachung der Einfuhr von Fleisch und Fleischwaren (Mo. 14.3449)

Die Forderung der SVP, nach einem zweiten Regierungssitz, gehörte seit der Nichtbestätigung von Christoph Blocher (svp, ZH) nach den Wahlen 2007 zum Standardrepertoire der Volkspartei. Bei den Bundesratswahlen 2011 hatte sich die SVP mit ihrem nicht sehr professionellen Nominierungsverfahren praktisch selber aus dem Rennen genommen. Die Vehemenz der Forderung, nach einer adäquaten Regierungsbeteiligung, nahm 2015 gar noch zu und die Attacken der Volkspartei, vor allem auf den BDP-Bundesratssitz, wurden lauter. Die zahlreichen Kandidierenden, die vor den Parlamentswahlen als mögliche Herausforderer angepriesen wurden, dienten dabei einerseits als Nebelpetarden. Weil diese Ankündigungen und sofortigen Dementis, etwa von Toni Brunner (svp, SG) oder Adrian Amstutz (svp, BE), von den Medien bereitwillig aufgenommen und diskutiert wurden, schadete dies anderseits dem Wahlkampf der SVP in keinster Weise. Auch die anderen Parteien profitierten freilich von der medial breitgeschlagenen Diskussion um mögliche Szenarien für die nach den Gesamterneuerungswahlen anstehenden Bundesratswahlen. Die Bürgerlichen bestätigten zwar den prinzipiellen Anspruch der SVP auf einen zweiten Regierungssitz, Regierungsmitglieder, die ihre Sache gut machten, wolle man aber nicht abwählen. SP und GP betonten mit ebendiesem Argument, dass sie Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) auf jeden Fall bestätigen wollten.
Die Ausgangslage änderte sich freilich nach der Demissionsankündigung der BDP-Bundesrätin. Die Linke pochte zwar auf einen neuen Mitte-Kandidaten, falls die SVP Kandidierende nominiere, die gegen die Bilateralen seien, und die Grünen sahen ebenfalls weit und breit keinen wählbaren SVP-Kandidierenden. Die restlichen Parteien signalisierten aber rasch, dass sie den Anspruch der SVP auf einen zweiten Bundesratssitz guthiessen und für Spielchen nicht zu haben seien. Dazu gehörte auch die Bestätigung, Bisherige nicht abwählen zu wollen. In der Tat wurde die Möglichkeit diskutiert, einen FDP-Bundesrat abzuwählen und mit einem Kandidierenden der Mitteparteien zu ersetzen, um eine rechtslastige Regierung mit 2 FDP und 2 SVP Magistraten zu verhindern. Die Chance für ein solches Szenario, war allerdings mehr als gering, würden doch dafür weder die FDP noch die SVP Hand bieten.
Rasch zeigte sich zudem, dass die Volkspartei das Nominierungsverfahren dieses Mal mit grösserer Sorgfalt angegangen war als vier Jahre zuvor. Aus den elf ursprünglichen Bewerbungen präsentierte die SVP nach ihrer Fraktionssitzung am 20. November drei Kandidierende aus den drei hauptsächlichen Sprachregionen: Thomas Aeschi (svp, ZG), Guy Parmelin (svp, VD) und Norman Gobbi (TI, lega). Der Tessiner Lega-Regierungsrat stellte sich unter das Banner der SVP, wollte aber auf kantonaler Ebene Legist bleiben. SVP-Fraktionspräsident Adrian Amstutz (svp, BE) wies darauf hin, dass Gobbi Mitglied der SVP Schweiz sei und das Gedankengut der SVP vertrete. Man kooperiere mit der Lega auf nationaler Ebene schon lange. Die Lega gehöre im Parlament schliesslich auch zur SVP-Fraktion. Gobbi sei von der Fraktion praktisch einstimmig nominiert worden (mit 72 von 74 Stimmen). Parmelin (svp, VD) siegte mit 48 zu 29 Stimmen über Oskar Freysinger (VS, svp) und Aeschi setzte sich im fünften Wahlgang mit 44 zu 37 Stimmen gegen Heinz Brand (svp, GR) durch. Ohne Chancen, oder gar nicht ins engere Auswahlverfahren aufgenommen, waren die Kandidaturen von Hannes Germann (svp, SH), Thomas Hurter (svp, SH), Res Schmid (NW, svp), Thomas de Courten (svp, BL), Albert Rösti (svp, BE) und David Weiss (BL, svp).
Die Dreier-Auswahl überraschte, waren doch im Vorfeld andere Favoriten gehandelt worden, die im Parlament eine breitere Unterstützung erhalten hätten. Die SVP machte aber von Anfang an klar, dass sie ihre – nach der Nicht-Bestätigung Blochers – in den Parteistatuten verankerte Regel, strikte anwenden werde. In diesem Sinne würden nicht nominierte, aber gewählte Kandidaten, die ihre Wahl dennoch annähmen, aus der Partei ausgeschlossen. Die Chancen für Hannes Germann (svp, SH), der laut der NZZ mehr Freunde im Parlament als in seiner Partei habe und der erste Bundesrat aus dem Kanton Schaffhausen gewesen wäre, oder für Heinz Brand (svp, GR), der lange als Kronfavorit aus der vernachlässigten Ostschweiz gegolten hatte, lagen damit praktisch bei Null. Es wurden zwar Szenarien für einen Sprengkandidaten aus der Reihe der SVP diskutiert und linke Stimmen kritisierten die Ausschlussregel als Erpressungsversuch, dem man sich nicht beugen werde. Mögliche Sprengkandidaten gaben allerdings rasch bekannt, eine allfällige Wahl nicht annehmen zu wollen.
Die SVP wurde nicht müde zu betonen, dass man mit dem sprachregional ausgewogenen Dreierticket eine echte Auswahl anbiete. Man sei der Forderung der SP und der CVP nachgekommen, einen Kandidierenden aus der Westschweiz aufzustellen und wolle als grösste Partei auch in der Regierung zwei Landesteile repräsentieren. Die Auswahl sorgte allerdings auch für Misstöne. Mit der Nominierung von Norman Gobbi (TI, lega) und Guy Parmelin (svp, VD) – der eine laut Presse bekannt für seine verbalen Entgleisungen, der andere ein politisches Leichtgewicht – wolle die SVP dem Parlament den Deutschschweizer Kandidaten Thomas Aeschi (svp, ZG) aufzwingen. Die Romandie wäre mit drei Sitzen deutlich übervertreten und Gobbi sei Vertreter der Lega. Dies sei keine echte Auswahl und der schweizerischen Konkordanz unwürdig – liess sich etwa Eric Nussbaumer (sp, BL) zitieren. Auch die NZZ kommentierte die Dreier-Nomination als Auswahl, die keine sei. In den Medien galt vorab der Zuger Thomas Aeschi als Kronfavorit. Er vertrete den neuen Stil der SVP, sei jung und ein Vertreter Blocher'scher Prägung – so etwa der TA. Die SVP wurde freilich nicht müde zu betonen, dass sie gerne Regierungsmitglieder aus unterschiedlichen Sprachregionen hätte.
Die Stimmen – auch aus der SVP – , die gerne eine breitere Auswahl aus der Deutschschweiz gehabt hätten, verstummten allerdings nicht. Es gebe durchaus Spielraum für einen (SVP-internen) Sprengkandidaten, zitierte das SGT Vertreter von SP und CVP. Immerhin war in den letzten 100 Jahren jeder fünfte gewählte Bundesrat wild, also nicht von der eigenen Partei nominiert worden. Freilich hatte die Volkspartei alle ursprünglich elf SVP-Kandidaten dazu bewegt, schriftlich zu bestätigen, eine Wahl als Sprengkandidat nicht anzunehmen.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Die personelle Zusammensetzung des Regierungsgremiums war schon lange Zeit nicht mehr so konstant gewesen wie beim Bundesrat der Ausgabe 2011 bis 2015. Tatsächlich hatte die letzte Mutation Ende 2011 stattgefunden, als Micheline Calmy-Rey (sp) ihren Sitz für Alain Berset (sp) geräumt hatte. Ähnlich lange Phasen unveränderter Zusammensetzung gab es in der Geschichte der Landesregierung nur sehr selten. Im Schnitt kam es in den letzten rund 50 Jahren alle eineinhalb Jahre zu personellen Veränderungen. Einiges sprach dafür, dass die Regierung auch nach den Gesamterneuerungswahlen von 2015 nicht verändert werden würde. Zwar wurde vor allem seitens der SVP immer wieder der Rücktritt von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) gefordert, weder die BDP-Bundesrätin noch ein anderes Regierungsmitglied äusserte aber vor den Parlamentswahlen Rücktrittsgedanken.
Erst zehn Tage nach den eidgenössischen Wahlen, die ein Erstarken von SVP und FDP und deutliche Verluste für BDP, CVP und GLP brachten, reichte die Bündner Magistratin ihre Demission ein. Das Wahlresultat sei zwar ein Faktor für ihren Rücktritt, aber nicht der entscheidende. Sie sei auch nicht amtsmüde, wolle aber zugunsten ihrer Familie kürzer treten, die wesentlich mehr unter den dauernden Attacken auf ihre Person gelitten hätte als sie selber. Sie sei ob des Entscheides nicht erleichtert, aber trotzdem davon überzeugt, mit ihrem Entschluss, welcher bei den Gesamterneuerungswahlen gereift war, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Auch für die Entwicklung der BDP, die in den Medien stets sehr stark mit ihrem Namen in Verbindung gebracht werde, sei es besser, wenn sie zurücktrete.
In den acht Jahren ihrer Amtszeit, die mit der Nicht-Bestätigung von Christoph Blocher begonnen hatte, stand Eveline Widmer-Schlumpf zuerst drei Jahre dem EJPD und dann dem EFD vor. Die Regierungszeit der BDP-Bundesrätin war geprägt durch stetige und harte Attacken seitens der SVP, der sie ursprünglich als Regierungsrätin von Graubünden vor der Abspaltung der BDP selber angehört hatte. In der Bevölkerung war die Magistratin allerdings beliebt, wurde sie doch im Januar 2009 zur Schweizerin des Jahres 2008 gekürt. Damit sei ihre Standhaftigkeit gegenüber der Hetzkampagne der SVP belohnt worden. Die Volkspartei hatte sie aufgefordert, sofort zurückzutreten oder die SVP Graubünden werde aus der Partei ausgeschlossen. Auch die deutliche Bestätigung bei den Bundesratswahlen nach den Parlamentswahlen 2011 zeigte den Rückhalt, den die Bündnerin auch in grossen Teilen des Parlaments hatte. In den Medien wurde Widmer-Schlumpf als sehr dossiersicher, tüchtig und fachkompetent beschrieben. Der Umstand, dass sie nie über eine Hausmacht im Parlament verfügt habe und sich trotzdem acht Jahre habe halten können, zeige ihre Standhaftigkeit. Die Rückzugsgefechte beim Bankgeheimnis und die Steuerkonflikte mit den USA bleiben mit ihrem Namen behaftet. Die NZZ urteilte, dass Widmer-Schlumpf als Finanzministerin mehr verändert habe, als viele ihrer Vorgänger zusammen. Laut der BZ werde sie als Frau in die Geschichte eingehen, die das Bankgeheimnis beerdigte. Zudem weise ihre Bilanz auch Makel auf. Vor allem die Reorganisation des Bundesamtes für Migration während den ersten Jahren im Justizdepartement sei auf viel Misskredit gestossen. Im TA wurde die Bundesrätin gelobt, weil sie ohne Ideologie getan habe, was nötig gewesen sei. Der Abgang erfolge zudem mit Würde; sie leiste damit der Schweiz einen Dienst und vermeide schmutzige Spielchen bei den anstehenden Bestätigungswahlen. Auch Le Temps lobte Eveline Widmer-Schlumpf als Frau mit Nerven aus Stahl, die mit ihrer Dossiersicherheit unaufgeregt getan habe, was getan werden musste. Weil ihre Basis immer mehr schwächelte – hingewiesen wurde etwa auch auf die geplatzte Zusammenarbeit zwischen CVP und BDP – und die Bündnerin auf wechselnde Koalitionen angewiesen gewesen sei, sei der Rücktritt aber letztlich gar nicht zu verhindern gewesen.
Bei der Verabschiedung der Magistratin im Rahmen der Bundesratswahlen Anfang Dezember würdigte Nationalratspräsidentin Christa Markwalder (fdp, BE) den feinen Humor von Eveline Widmer-Schlumpf und sprach ihr eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise zu. Dass die Finanzen im Lot geblieben seien, sei auch ihr Verdienst. Der langanhaltende Applaus und die stehende Ovation wurde auch von den SVP-Ratsmitgliedern gespendet. Für Unmut sorgte allerdings Neo-Nationalrat Roger Köppel (svp, ZH), der während der Würdigung an seinem Notebook arbeitete. In ihrer Abschiedsrede hob die scheidende Magistratin den Mahnfinger und wies darauf hin, dass der Weg der Schweiz darin bestehe, Minderheiten zu respektieren und Kompromisse zu suchen.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008