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Akteure

  • Andres, Dora (BE, fdp/plr)
  • Genner, Ruth (ZH, gp/verts)
  • Widmer-Schlumpf, Eveline (bdp/pbd) BR EFD / CF DFF
  • Schmid-Federer, Barbara (cvp/pdc, ZH) NR/CN

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197 Resultate
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Auch 2018 wurde keines der sechs zur Abstimmung stehenden Volksbegehren angenommen. Unerwartet deutlich wurden dabei die «No-Billag-Initiative» und die «Selbstbestimmungsinitiative» abgelehnt. Sie konnten genauso wie die «Vollgeld-Initiative», die «Fair-Food-Initiative» oder die Initiative «für Ernährungssouveränität» nicht einmal 40 Prozent der Stimmenden überzeugen. Am nächsten an einen Erfolg an der Urne kam noch die «Hornkuh-Initiative», aber auch sie wurde mit 45.3 Prozent Ja-Stimmen abgelehnt. Immerhin waren 2018 wieder Entscheidungen über Volksbegehren angestanden, nachdem 2017 keine einzige Volksinitiative an die Urne gekommen war.

Mit diesen sechs erledigten Volksinitiativen war die Liste der beim Parlament oder beim Bundesrat hängigen Begehren auf sieben geschrumpft (2017: 12). Allerdings hatten es 2018 auch fünf Komitees geschafft, die nötigen Unterschriften in der gegebenen Frist zu sammeln. Der Bundesrat und das Parlament werden sich folglich über ein «Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten», zwei Umweltschutzanliegen («für sauberes Trinkwasser» und «für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide»), die beide weniger als ein Jahr zum Sammeln der Unterschriften brauchten, die «Fair-Preis-Initiative» sowie über die von der SVP noch im Lancierungsjahr erfolgreich innert sieben Monaten zustande gekommene «Begrenzungsinitiative» beugen müssen. 2017 waren noch vier Begehren zustande gekommen.
Im Berichtsjahr wurden – einschliesslich der Begrenzungsinitiative – acht Volksinitiativen lanciert, 2017 hatten sich zehn Komitees auf die Unterschriftenjagd gemacht. Von diesen acht befand sich 2018 noch die Hälfte im Sammelstadium. Unter den neuen Begehren war die «Korrektur-Initiative», die von einer breiten Parteienallianz gegen den Beschluss des Bundesrats, Kriegsmaterialexporte zu lockern, gestartet wurde. Die CVP wollte mit der «Kostenbremse-Initiative» etwas gegen die steigenden Krankenkassenkosten unternehmen, wobei ihr unterstellt wurde, dass sie die Initiative wohl auch als Werbevehikel für die 2019 anstehenden eidgenössischen Wahlen einsetzen wolle. Ebenfalls lanciert wurden die «Justiz-Initiative», die «Massentierhaltungsinitiative», die «Kesb-Initiative», eine Initiative «gegen Tabakwerbung bei Kindern und Jugendlichen» und die von Workfair 50+ ausgearbeitete Initiative mit dem Titel «Arbeit statt Armut».

Für zwei im Sommer 2017 lancierte Begehren war Ende 2018 die Frist für die Abgabe der nötigen Unterschriften verstrichen. Sowohl die Initiative «Zuerst Arbeit für Inländer» als auch die Initiative «Atomkraftwerke abschalten» waren im Sammelstadium gescheitert. Bereits im Jahr 2017 hatten es zwei Begehren nicht geschafft, die Unterschriftenhürden in der vorgegebenen Frist zu überspringen.

Volksinitiativen entfalten nicht nur Wirkung, wenn sie an der Urne angenommen werden. Vielmehr können sie als Druckmittel verwendet werden, um das Parlament zu Gesetzesrevisionen zu veranlassen. Dies gelang 2018 mit der «Velo-Initiative», für die der Bundesrat und das Parlament einen direkten Gegenentwurf ausgearbeitet hatten. Der Bundesbeschluss Velo, zu dessen Gunsten die Initiative zurückgezogen worden war, war – anders als die sechs Initiativen im Berichtsjahr – an der Urne erfolgreich. Zurückgezogen wurde auch die Initiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre», die als rechtskonservative Drohkulisse gegen die von Eveline Widmer-Schlumpf angeregte, 2018 im Parlament aber dann letztlich gescheiterte Revision des Bankgeheimnisses im Inland gewirkt hatte.

Volksbegehren im Jahr 2018
Dossier: Lancierte Volksinitiativen von Jahr zu Jahr (ab 2007)

Im November 2018 erschien der Bericht «Mehr Schnupperlehrstellen in den MINT-Berufen» in Erfüllung des Postulats Schmid-Federer (cvp, ZH). Der Bundesrat hielt darin fest, dass die Schnupperlehren für die Stellensuchenden ein wichtiger Bestandteil im Berufswahlverfahren seien. Letztlich stehe es den einzelnen Betrieben und Firmen aber frei, wie sie das Rekrutierungsverfahren gestalten würden und ob eine Schnupperlehre dazu gehöre. Eingriffe von staatlicher Seite in diesen Rekrutierungsprozess könnten aus Sicht des Bundesrats die Ausbildungsbereitschaft von Unternehmen mindern und wären damit kontraproduktiv. Aus einer für den Bericht durchgeführten Umfrage sei zudem auch deutlich geworden, dass die Schnupperlehren nur einen Teil des Rekrutierungsprozesses darstellten. So seien etwa die Berufsberatung oder das Berufs-, Branchen- und Firmenimage ebenso wichtig.
Obwohl der Bundesrat folglich nicht direkt einzugreifen gedenke und keinen Handlungsbedarf sehe, sei er aber angesichts des Fachkräftemangels in den MINT-Berufen weiterhin bemüht, in enger Abstimmung mit der EDK und über die Akademien der Wissenschaften das Interesse von Jugendlichen an MINT-Fächern zu wecken. In der BFI-Periode 2013–2016 hätten die Akademien der Wissenschaften eine Koordinationsaufgabe bei privaten und öffentlichen MINT-Förderinitiativen übernommen sowie zur besseren Vernetzung der MINT-Akteure beigetragen. Diese Aufgabe werde in der BFI-Periode 2017–2020 weitergeführt.
Im Sommer 2019 schrieb der Nationalrat das Postulat «Mehr Schnupperlehrstellen in den MINT-Berufen» ab. Er folgte damit dem Antrag des Bundesrates, der das Postulat durch die Publikation des gleichnamigen Berichts als erfüllt betrachtete.

plus de places de stage découverte dans les domaines MINT

Ende Februar war bekannt geworden, dass der amtierende Nationalrat und ehemalige Stadtpräsident von Bern, Alexander Tschäppät (sp, BE), schwer an Krebs erkrankt war, dem er Anfang Mai im Alter von 66 Jahren erlag. Zu Beginn der Sommersession 2018 wurde Adrian Wüthrich (sp, BE), der 38-jährige Präsident von Travail.Suisse und Grossrat des Kantons Bern als Nachfolger von Tschäppät vereidigt.
Zwei weitere Mutationen in der grossen Kammer hatten eine erfreulichere Ursache. Weil Christine Häsler (BE, gp) und Evi Allemann (BE, sp) in die Berner Kantonsregierung gewählt worden waren, rückten Aline Trede (gp, BE) und Flavia Wasserfallen (sp, BE) für sie nach. Trede, die bereits von 2013 bis 2015 im nationalen Parlament Einsitz genommen hatte, damals aber aufgrund des Sitzverlustes des Kantons Bern – der zulasten der Grünen ging – abgewählt worden war, gab ihr Amt, das sie bei den kantonalen Parlamentswahlen errungen hatte, also gleich wieder ab. Wasserfallen ihrerseits hatte bereits im November angekündigt, ihre Beschäftigung als Co-Generalsekretärin der SP aufzugeben.
Rund zwei Wochen später stand die 19. Vereidigung der 50. Legislatur an. Für die zurückgetretene Barbara Schmid-Federer (cvp, ZH) wurde Philipp Kutter (cvp, ZH) vereidigt. In einem Interview Anfang Mai hatte Schmid-Federer ihren Rücktritt mit dem neuen konservativ-bürgerlich ausgerichteten Kurs ihrer Partei begründet, mit dem sie sich nicht mehr identifizieren könne. Auch dass sich das Parlament immer mehr nach rechts bewege, könne sie mit ihren Überzeugungen nicht vereinbaren. Kutter gab nach Erhalt seines Nationalratssitz ebenfalls einen Sitz im kantonalen Parlament auf, amtete aber weiterhin als Stadtpräsident der Gemeinde Wädenswil.

Mutationen 2018
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

In der Sommersession 2018 wurde das Postulat Schmid-Federer (cvp, ZH) zur Förderung des Schutzes der Flüchtlinge aus Syrien mittels Hilfe vor Ort abgeschrieben. Man habe mit der Botschaft zur internationalen Zusammenarbeit (IZA) 2017-2020 das fast identische Postulat Eder (fdp, ZG; Po. 15.3026) zur Abschreibung beantragt. Das vorliegende Postulat sei erst nach Publikation der Botschaft angenommen worden, so der Bundesrat. Beide Postulate seien aufgrund der Botschaft zur IZA materiell erfüllt, der Rahmenkredit für die «Humanitäre Hilfe» sei aufgestockt worden, was auch höhere Zahlungen im Kontext der Syrienkrise zur Folge habe. Darüber hinaus sei 2017 ein humanitäres Büro in Damaskus eröffnet worden, um das Schweizer Engagement weiter zu stärken. Damit sah der Bundesrat das Anliegen des Postulats als erfüllt an und beantragte dessen Abschreibung im Rahmen des Berichts zu den Motionen und Postulaten der gesetzgebenden Räte im Jahre 2017 (BRG 18.006).

Förderung des Schutzes der Flüchtlinge aus Syrien mittels Hilfe vor Ort (Po. 15.3023)

Da zunehmend klar wurde, dass sich das Parlament im Rahmen der Übernahme der Änderungen der EU-Waffenrichtlinie nicht für eine lückenlose Registrierungspflicht für Schusswaffen aussprechen würde, zogen die Nationalrätinnen Galladé (sp, ZH), Schmid-Federer (cvp, ZH) und Bertschy (glp, BE) ihre drei parlamentarischen Initiativen (Pa.Iv. 17.426, 17.427 und 17.428), die ebendiese Forderung beinhaltet hätten, im Sommer 2018 zurück.

Jede Schweizer Waffe registrieren (Pa.Iv. 17.426, 17.427 und 17.428)
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Die Gemeinderatswahlen 2018 in der Stadt Zürich standen deutlich im Schatten der gleichzeitig stattfindenden Stadtratswahlen. Vergleichsweise selten erschienen Berichte zur Neubesetzung des Zürcher Stadtparlaments in den Zeitungen. Dies obwohl die Ausgangslage ziemlich spannend war: Seit Jahren verlor die SP laufend leicht an Wählerstimmen, von 2002 bis 2014 betrug der Verlust 5.5 Prozentpunkte. Bereits 2014 hatten SP, Grüne und AL zusammen nur noch 62 von 125 Sitzen inne und damit die mathematische Mehrheit verloren. Sowohl Links-Grüne als auch Bürgerliche setzten sich daher zum Ziel, nach den Wahlen die Mehrheit der Sitze für sich beanspruchen zu können.
1054 Zürcherinnen und Zürcher kandidierten für den Gemeinderat, darunter auch die Stadtratskandidatinnen und -kandidaten Andreas Hauri (ZH, glp), Markus Hungerbühler (ZH, cvp), Karin Rykart (ZH, gp), Michael Baumer (ZH, fdp), Susanne Brunner (ZH, svp) und Roger Bartholdi (ZH, svp). Für Gesprächsstoff sorgten in den Medien aber vor allem die kleineren Parteien: Vom Zwist zwischen EVP und EDU, die diesmal auf eine Zusammenarbeit verzichteten, wurde berichtet; die Situation von Kyriakos Papageorgiou, seit 1990 SP-Gemeinderat, der in diesem Jahr jedoch von der SP nicht mehr nominiert worden war und nun für die AL antrat, wurde beleuchtet; und über die PdA, die seit 40 Jahren nicht mehr im Gemeinderat vertreten war, nun aber wieder in fast allen Wahlkreisen hauptsächlich mit jungen Kandidierenden zwischen 20 und 30 Jahren antrat, wurde informiert.

Am Wahlsonntag erzielten die Linken einen «in seiner Deutlichkeit überraschenden» Sieg (Tagesanzeiger), wie Mitglieder des rot-grünen sowie des bürgerlichen Lagers betonten respektive zugegeben mussten. Im Stadtrat hatten sich die Verhältnisse kaum verändert, im Gemeinderat war es hingegen bei einer Stimmbeteiligung von 43.2 Prozent zu einem deutlichen Linksrutsch gekommen: SP (+4 Sitze, Total: 43 Sitze, Wähleranteil: 32.7%), Grüne (+2 Sitze, Total: 16 Sitze, Wähleranteil: 12%) und AL (+1 Sitz, Total: 10 Sitze, Wähleranteil: 7.9%) verfügten neu wieder über eine deutliche Mehrheit im Parlament. Die SVP musste einen deutlichen Stimmen- und Sitzverlust (-4.4 Prozentpunkte, -6 Sitze, Total: 17 Sitze, Wähleranteil: 12.9%) hinnehmen. Diesen erklärte sie sich neben der mobilisierenden Wirkung der No-Billag-Initiative auf das linke Lager damit, dass man sich zugunsten der bürgerlichen Bündnispartner in der Kampagne zu stark zurückgehalten habe. Zukünftig müsse man sich wieder stärker auf die eigenen Kernthemen konzentrieren. Zudem wurde Kritik an Präsident Mauro Tuena (ZH, svp) laut; einige Stimmen forderten gar seinen Rücktritt. Aufgrund der Sitzverluste der SVP aber ohne eigene Zugewinne wurde die FDP (Total: 21 Sitze, Wähleranteil: 16.2%) stärkste bürgerliche Kraft im Gemeinderat. Grösste Verliererin war jedoch die CVP (-6 Sitze, Total: 0 Sitze, Wähleranteil: 3.7%), die in keinem Kreis das 5 Prozent-Quorum meistern konnte. Wegen lediglich 20 fehlender Stimmen im Kreis 9 war die Partei somit erstmals seit 1913 nicht mehr im Stadtparlament vertreten. Verschiedene CVP-Mitglieder – unter anderem der abtretende Stadtrat Gerold Lauber und Nationalrätin Barbara Schmid-Federer – machten gemäss Medien den Rechtsrutsch der Partei in den letzten Jahren für die Niederlage verantwortlich. Damit schrumpfte das Lager der sogenannten «Big 5», wie sich die SVP, die FDP und die CVP im Wahlkampf nannten, im Stadtzürcher Parlament von 50 auf 38 Sitze. In der Mitte machte die GLP einen Sitz gut (Total: 14 Sitze, Wähleranteil: 10.5%) und die EVP (+4 Sitze, Total: 4 Sitze, Wähleranteil: 2.8%) schaffte im Bündnis mit der BDP den Wiedereinzug ins Parlament. Nicht erfolgreich war hingegen die PdA (Wähleranteil: 0.8%), die ebenfalls am Quorum scheiterte.

Gemeinderatswahlen 2018 in Zürich
Dossier: Kommunale Wahlen 2018

Avec l'enterrement définitif, par les chambres parlementaires, de la révision du droit pénal fiscal, le retrait de l'initiative populaire «Oui à la protection de la sphère privée» s'est logiquement imposé à la majorité des initiants. En effet, cette initiative populaire se positionnait comme une réponse de la droite à la volonté de réforme du secret bancaire induite par Eveline Widmer-Schlumpf. Selon les initiants, l'échange automatique, qui aurait été introduit à l'intérieur du pays, se serait immiscé dans la sphère privé des Helvètes et aurait mis à mal le secret bancaire. Néanmoins, le rejet de la réforme a changé la donne. L'initiative populaire, qui a joué son rôle d'épée de Damoclès lors du débat dans les chambres, a donc finalement été retirée.

„Ja zum Schutz der Privatsphäre“

Ranglisten haben etwas Eingängiges: Mit ihrer Hilfe lassen sich vermeintliche Unterschiede fest- und darstellen. So versuchen öfters auch die Medien Parlamentarierinnen und Parlamentarier einzuordnen und zu vergleichen. 2017 präsentierte die Sonntagszeitung ein Parlamentarierrating, mit welchem der Einfluss aller Parlamentsmitglieder gemessen werden sollte, und die NZZ wartete mit ihrem jährlichen Links-Rechts-Rating auf.
Der Einfluss wurde in der Sonntagszeitung anhand der Kommissionszugehörigkeit, der in den Räten vorgebrachten Voten, der Anzahl erfolgreicher politischer Vorstösse, der Ämter im Rat und in der Partei, der Medienpräsenz und dem ausserparlamentarischen Beziehungsnetz gemessen. Zwar wies die Zeitung nicht aus, wie sie diese Elemente miteinander verknüpfte und gewichtete, die Rangliste diente ihr aber als Grundlage für immerhin drei ganze Zeitungsseiten. Laut den Berechnungen war SP-Parteipräsident Christian Levrat (FR) in den Jahren 2015–2017 der einflussreichste Parlamentarier, gefolgt von Pirmin Bischof (svp, SO) und Gerhard Pfister (cvp, ZG). Die «Flop 15» – so die Sonntagszeitung – wurden angeführt von Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS), Hermann Hess (fdp, TG) und David Zuberbühler (svp, AR). Die Rangierungen verleiteten die Zeitung zu weiteren Analysen: So sei der Einfluss der SVP und der FDP, gemessen am Anteil Fraktionsangehöriger unter den Top 50, verglichen mit dem Rating 2014 gestiegen und der Einfluss des Kantons Zürich gesunken. Mit einem Vergleich der Rangliste hinsichtlich Medienpräsenz und dem Gesamtrang konnte die Zeitung zudem «die grössten Blender» ausmachen. Zwar häufig in den Medien, aber sonst nur wenig einflussreich waren laut dieser Berechnung etwa Tim Guldimann (sp, ZH), Andreas Glarner (svp, AG) oder Benoît Genecand (fdp, GE). Einzelne Regionalzeitungen diskutierten in der Folge «ihre» kantonalen Vertreterinnen und Vertreter. Solche Ratings seien nicht entscheidend, aber es fühle sich immer gut an, wenn man vorne sei, beurteilte Christian Levrat die Auswertung.

Wichtigste Erkenntnis der von der NZZ präsentierten Links-Rechts-Positionierung, die seit 1999 jährlich auf der Basis von in den Räten durchgeführten Abstimmungen von der Forschungsstelle Sotomo durchgeführt wird – auch in der NZZ wurde die Methode zur Messung von Links und Rechts lediglich sehr kryptisch mit den Begriffen «D-Nominate» und «Alpha-Nominate» angedeutet und dem Hinweis versehen, dass diese Methode für den amerikanischen Kongress entwickelt worden seien und die ideologische Position der Abgeordneten messe –, war die zunehmende Fraktionsdisziplin. Der Druck, auf Fraktionslinie zu stimmen, habe dazu geführt, dass es kaum noch Überlappungen in der ideologischen Positionierung zwischen den einzelnen Parteien gebe. Vor allem die CVP – sie variiert auf der Gesamtskala von -10 (links) bis +10 (rechts) zwischen 0.2 (Gerhard Pfister) und -1.7 (Barbara Schmid-Federer, ZH) – sei wesentlich geschlossener als früher, als sie noch Fraktionsmitglieder gehabt habe, die sich am rechten Rand bei der Position von (linken) FDP- und SVP-Mitgliedern befunden und am linken Rand die «rechten Ausläufer der SP» berührt hätten. Die FDP-Mitglieder, die Positionen zwischen 0.3 (Christa Markwalder, BE) und 2.4 (Bruno Pezzatti, ZG) einnahmen, sowie die SVP-Mitglieder (Jean-Pierre Grin, VD: 6.1 bis Erich Hess, BE: 10.0) lagen ziemlich weit auseinander. Der Median des gesamten Nationalrats verlief genau zwischen der CVP und der FDP. Auf der Ratslinken gab es mehr ideologische Gemeinsamkeiten: Zwar war die SP insgesamt etwas linker als die Grünen – die Werte variierten bei den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zwischen -8.2 (Chantal Galladé, ZH) und -9.9 (Silvia Schenker, BS) und bei den Grünen zwischen -9.4 (Lisa Mazzone, GE) und -7.8 (Bastien Girod, ZH) –, aber die Durchmischung war wesentlich stärker als im Block der Bürgerlichen. Die grösste Geschlossenheit wies die GLP auf, bei der sich Kathrin Bertschy (BE) und Tiana Angelina Moser (ZH) mit einem Wert von -3.0 ideologisch nur marginal von Martin Bäumle (ZH, -2.7) entfernt positionierten. Die BDP wies mehr Varianz auf: Sowohl Rosmarie Quadranti (ZH, -1.6) als auch Hans Grunder (BE, -0.2) fanden sich ideologisch leicht links der Mitte. Interessant war, dass sich die Kleinstparteien am Rand ihrer Fraktionen ansiedelten. Sowohl die Lega und das MCG bei der SVP-Fraktion, als auch die EVP bei der CVP-Fraktion wiesen im Rating ideologische Differenzen zu ihrer Fraktion auf.
Im Ständerat waren zwar die verschiedenen Parteien ebenfalls voneinander getrennt, es kam aber zwischen CVP und FDP zu Überlappungen und die Gesamtvarianz der Positionen in der kleinen Kammer war geringer. Sie reichte von Liliane Maury Pasquier (sp, GE; -8.3) bis Peter Föhn (svp, SZ; 9.8), wobei sich Letzterer am rechten Rand ziemlich alleine auf weiter Flur befand, gefolgt von Werner Hösli (svp, GL; 7.6). Bei der FDP gesellten sich Fabio Abate (TI, -0.2) und vor allem Raphaël Comte (NE; -1.6) zum Lager der CVP, das von -2.4 (Anne Seydoux-Christe, JU) bis 0 (Isidor Baumann, UR) reichte. Am rechten Rand der FDP politisierte Philipp Müller (AG, 3.4) und lag damit nahe bei Thomas Minder (SH, 4.8), der als Parteiloser der SVP-Fraktion angehört. Von der SP sassen mit Pascale Bruderer (AG, -5.2) , Claude Janiak (BL, -5.5), Hans Stöckli (BE, -5.6) und Daniel Jositsch (ZH, -5.6) vier im Vergleich zum Nationalrat ziemlich gemässigte Genossinnen und Genossen in der kleinen Kammer.

Nationalratsrating

Mitte September 2017 schrieb der Bundesrat in einer kurzen Stellungnahme, dass er den Wert des Gosteli-Archivs anerkenne und dass das Archiv eine solide finanzielle Basis brauche. Er zeigte sich bereit, zusammen mit möglichen Partnern abzuklären, wie das Gosteli-Archiv erhalten werden könnte, stellte aber gleichzeitig klar, dass diese Abklärung allein kein Präjudiz für eine finanzielle Beteiligung des Bundes schaffen würde.

Am 29. September gelangte das Geschäft in den Nationalrat, wo es zunächst von Yves Nidegger (svp, GE) bekämpft und die Diskussion entsprechend verschoben worden war.
In der Wintersession 2017 wurde das Geschäft dann im Nationalrat diskutiert. Alle fünf Frauen, die jeweils einzeln das gleichlautende Postulat (Po. 17.3329, Po. 17.3330, Po. 17.3335, Po. 17.3336, Po. 17.3337) eingereicht hatten, ergriffen das Wort. Was das Gosteli-Archiv so einzigartig mache, sagte Schmid-Federer (cvp, ZH), sei der Umstand, dass die Frauenbewegung in öffentlichen Archiven kaum bis gar nicht vorkomme, weil die Schweizer Frauen bis 1971 keine politischen Rechte besassen. Das Archiv enthalte Zeugnisse, die von den staatlichen Archiven vernachlässigt worden seien: Zum Beispiel sei Schweizer Bürgerinnen bis 1952 bei einer Heirat mit einem Ausländer das Bürgerrecht entzogen worden. «Diese historische Sammlung zu verlieren bedeutet somit zugleich, einen Teil der Identität der Schweiz zu verlieren», schlussfolgerte Schmid-Federer. Der Grosse Rat des Kantons Bern habe im September einstimmig zugesagt, einen Beitrag zum Erhalt des Gosteli-Archivs zu leisten. Der Kanton könne die Finanzierung aber nicht alleine stemmen, weshalb auch der Bund eine subsidiäre Finanzierung übernehmen solle, so die CVP-Nationalrätin weiter. Maya Graf (gp, BL) strich hervor, dass die Frauenbewegung zu der grössten und friedlichsten sozialen Bewegungen im letzten Jahrhundert zähle. Weil die Frauen aber bis 1971 in der offiziellen Politik, den Institutionen und Verwaltungstätigkeiten nicht vorkamen, fehle die Dokumentation ihres Engagements auch im Bundesarchiv. Marthe Gosteli habe mit ihrer Stiftung einen wichtigen Teil der Schweizer Geschichte gerettet, so Graf. Kathrin Bertschy (glp, BE) wies darauf hin, dass das Gosteli-Archiv nicht einfach die Geschichte der Frauenorganisationen beleuchte, sondern die Geschichte des Bundesstaates. Es gebe nicht «die offizielle Politikgeschichte der Männer und die inoffizielle Geschichte der Frauen», vielmehr sei «beides Teil unserer gemeinsamen Geschichte», so Bertschy.
Neben den fünf Frauen ergriff einzig Yves Nidegger das Wort. Nidegger lobte die Geschichte der Frauenbewegung in der Schweiz als «particulièrement héroïque». Denn anders als in den meisten Ländern Europas, in welchen mit der Einsicht der Gleichstellung von Mann und Frau das Stimm- und Wahlrecht der Frauen als Selbstverständlichkeit Einzug in die jeweiligen Verfassungen gehalten habe, hätten die Schweizer Frauen für ihre politischen Rechte regelrecht kämpfen müssen. Die Anerkennung für Gostelis Arbeit bestehe gerade darin, dass sie mit privatem Engagement und privaten Mitteln – und ohne staatliche Hilfe – gegen die fehlende offizielle Anerkennung der Rolle der Frau gekämpft habe. Vor diesem Hintergrund sei eine staatliche Finanzierung der falsche Weg, um diesem privaten Engagement den gebührenden Respekt entgegenzubringen.
Bundesrat Alain Berset nahm den Ball Nideggers auf und präzisierte, dass mit der Annahme der Postulate noch keine Finanzierung erfolge und somit auch kein Präjudiz geschaffen werde. Stattdessen werde lediglich geprüft, ob die notwendigen Bedingungen für eine staatliche Unterstützung des Gosteli-Archivs gegeben seien und ob eine gesetzliche Grundlage bestehe, die eine subsidiäre Finanzierung des Bundes erlaube. Berset machte die Nationalrätinnen und Nationalräte darauf aufmerksam, dass es sich beim Gosteli-Archiv um Bestände von ungefähr einem Kilometer Länge handle und dass es als Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung gelte. Deshalb solle die Versammlung den Vorstössen zustimmen.
In der anschliessenden Abstimmung wurden die fünf gleichlautenden Postulate mit 134 zu 49 Stimmen (keine Enthaltung) angenommen. 47 Nein-Stimmen stammten von der SVP-, die restlichen zwei von der FDP-Fraktion.

Sauver les archives Gosteli
Dossier: Gosteli-Archiv

Gleich fünf neue Ratsmitglieder wurden zu Beginn der Wintersession 2017 neu vereidigt. Diana Gutjahr (svp, TG), Jahrgang 1984, ersetzt Hansjörg Walter (svp, TG). Walter trat nach 18 Jahren als Nationalrat zurück. Der ehemalige Bauernverbands- und Nationalratspräsident wird als zweimaliger Bundesratskandidat in Erinnerung bleiben. 2008 war er, von Links-Grün sowie Teilen der FDP und der CVP als Sprengkandidat gesetzt, um lediglich eine Stimme Ueli Maurer unterlegen. 2011 wurde er, nachdem der eigentlich nominierte Bruno Zuppiger (svp, ZH) wegen Verdachts auf Veruntreuung nicht mehr antreten konnte, von seiner eigenen Partei nominiert, unterlag aber der amtierenden Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Seine Nachfolgerin ist Vizepräsidentin des Thurgauer Gewerbeverbandes. Die „Strahlefrau der Thurgauer SVP” (NZZ) gilt als Zögling des ehemaligen Nationalrats Peter Spuhler.
Mit Hansjörg Brunner (fdp, TG) rutschte gleich auch der Präsident des Thurgauer Gewerbeverbandes nach. Der 51-jährige Inhaber einer Druckerei nimmt den Platz von Hermann Hess (fdp, TG) ein, der nach lediglich zwei Jahren und ohne einen Vorstoss lanciert zu haben, wieder von der nationalen Politikbühne abtritt.
Dem Rücktritt von Jonas Fricker (gp, AG), der durch die 30-jährige Islamwissenschafterin Irène Kälin (gp, AG) ersetzt wird, ging ein – je nach medialer Lesart – „Eklat” (Aargauer Zeitung), ein „Schock” und „Skandal” (Blick) oder lediglich eine „verbale Entgleisung” (Tagesanzeiger) voraus. Fricker hatte in einem Votum zur Fair-Food-Initiative einen Schweinetransport mit der Deportation von Juden verglichen. Er habe bei einem Dokumentarfilm über den Transport von Schweinen unweigerlich an die Massendeportationen nach Auschwitz aus dem Film „Schindlers Liste” denken müssen. Fricker wörtlich: „Die Menschen, die dort deportiert wurden, die hatten eine kleine Chance zu überleben. Die Schweine, die fahren in den sicheren Tod.” Allerdings entschuldigte sich der Aargauer Grüne noch während der Debatte für seine Aussage und bat anschliessend auch den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund um Verzeihung. Dieser akzeptierte die Entschuldigung zwar, die Spitze der grünen Partei distanzierte sich allerdings von Frickers Vergleich, der „inakzeptabel” sei – so Balthasar Glättli (gp, ZH) im Blick. Besonders hart ins Gericht mit Fricker ging ebendiese Boulevardzeitung, die – sekundiert von alt-Nationalrat Josef Lang – relativ rasch den Rücktritt Frickers forderte. Eine Forderung, der Fricker schliesslich zwei Tage nach seiner Aussage nachkam. Er trete zurück, weil es für ihn das stärkste Zeichen sei, das er setzen könne. Der Rücktritt wurde allerdings unterschiedlich interpretiert. Während der „Blick” ihn als Grösse feierte, hinterfragten der Tagesanzeiger und die NZZ, ob dieser Rücktritt wirklich nötig gewesen sei. Schliesslich sei Fricker von der Aargauer Bevölkerung gewählt worden. Irène Kälin, seine Nachfolgerin und „neckischerweise mit einem bekannten Ringier-Mann liiert” (NZZ, 4.10.), politisiere pointierter links als Fricker. Der Abgang sei deshalb fragwürdig.
Auch in der EVP kam es zu einem Personalwechsel. Niklaus-Samuel Gugger (evp, ZH) rutschte für Maja Ingold (evp, ZH) nach, die seit 2010 im Nationalrat sass und damals, als Nachfolgerin von Ruedi Aeschbacher, die erste Frau der EVP auf nationaler Ebene war. Ingold – die aus Altersgründen zurücktreten wollte –, wie auch Gugger, stammen aus Winterthur. Gugger ist der erste Nationalrat mit indischen Wurzeln. Seine Eltern waren Entwicklungshelfer und adoptierten ihn als Baby in Indien.
Rocco Cattaneo (fdp, TI) rutschte für den in den Bundesrat gewählten Ignazio Cassis nach. Der 59-jährige ehemalige Veloprofi und Unternehmer machte gleich auf sich aufmerksam, weil er mit dem Velo bereits am Freitag aus dem Tessin an die Session fuhr – von Bironico am Monte Ceneri über den Gotthard nach Bern; also rund 250 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h, wie der Neo-Nationalrat betonte. Er verstehe seine Tour auch als Plädoyer für sichere Velowege – ein Vorgeschmack auf die Debatte um die Velo-Initiaitive, in deren Komitee Cattaneo sitzt.
Die fünf Neuen – bei Halbzeit der 50. Legislatur waren bisher 10 Mutationen zu verzeichnen – wurden vereidigt (Brunner, Cattaneo und Gugger) bzw. legten das Gelübde ab (Gutjahr und Kälin).

Mutationen 2017
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Die drei gleichlautenden parlamentarischen Initiativen Galladé (sp, ZH; Pa.Iv. 17.426), Schmid-Federer (cvp, ZH; Pa.Iv. 17.427) und Bertschy (glp, BE; Pa.Iv. 17.428) «Jede Schweizer Waffe registrieren» wurden Ende Oktober 2017 in der SiK-NR behandelt. Die drei Nationalrätinnen hatten die Initiativen eingereicht, um damit Druck auf den Bundesrat und das Parlament auszuüben, im Rahmen der Übernahme der Änderungen der EU-Waffenrichtlinie eine Registrierungspflicht für Waffen einzuführen. Die Kommission zeigte sich von der Idee nicht begeistert. Sie beantragte mit 16 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung, den Initiativen keine Folge zu geben, weil sie keine Notwendigkeit für eine systematische Registrierung der Waffen in der Schweiz sehe und das geltende Waffenrecht für ausreichend erachte. Eine Registrierungspflicht sei überdies schwierig umzusetzen und erleichtere den Kampf gegen Gewaltverbrechen und weitere kriminelle oder terroristische Handlungen nicht.

Jede Schweizer Waffe registrieren (Pa.Iv. 17.426, 17.427 und 17.428)
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Les divergences d'opinion sur le secret bancaire entre les partis politiques, mais aussi entre les deux chambres au Parlement, continuent d'animer les débats sous la coupole fédérale. Alors que le Conseil des Etats avait rejeté l'initiative populaire «Oui à la protection de la sphère privée», ainsi que le contre-projet direct, le Conseil national a pris la direction opposée en marquant son soutien à l'initiative populaire et au contre-projet direct par 81 voix contre 39 et 68 abstentions. Ce vote a mis en relief des divisions au sein des partis. Par exemple, il est possible de noter des divisions du côté du PLR, 10 voix pour, 21 contre et 1 abstention, mais aussi du côté du PDC avec 4 voix pour, 18 contre et 7 abstentions. De plus, il est intéressant de relever que les 42 parlementaires du groupe socialiste se sont abstenus. L'initiative populaire est donc retournée à la chambre des cantons.
Face à cette impasse, le Conseil des Etats a proposé une option alternative. Ainsi, une motion a été déposée afin que le projet de réforme introduit par Eveline Widmer-Schlumpf, élément déclencheur de l'initiative populaire, soit retiré. En effet, selon le Conseil de Etats, un retrait de ce projet entraînerait logiquement l'abandon de l'initiative populaire et du contre-projet direct. Néanmoins, en attendant le vote sur cette motion, le Conseil des Etats a rejeté l'initiative populaire et le contre-projet par 29 voix contre 16. Dans l'attente du vote sur la motion, l'initiative populaire est bloquée entre les vents contraires soufflés par les deux chambres.

„Ja zum Schutz der Privatsphäre“

Die Veröffentlichung des Ergebnisses der Vorprüfung durch die Bundeskanzlei Mitte März 2016 war für das Egerkinger Komitee der Startschuss zur Unterschriftensammlung für die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot», deren Text sich am Tessiner Verhüllungsverbot orientierte. Die dazugehörige medienwirksame Inszenierung auf dem Bundesplatz, bei der einige Komitee-Mitglieder als vermummte Chaoten und Burkaträgerinnen – zum Teil mit Sprengstoffgürtel-Attrappe – verkleidet posierten, hatte für das Komitee ein juristisches Nachspiel. Im Kanton Bern gilt seit 1999 ein Vermummungsverbot bei unbewilligten Demonstrationen, weshalb die Stadt Bern das Komitee wegen «Kundgebung ohne Bewilligung» mit 500 Franken büsste, wie die Aargauer Zeitung berichtete. Da die eidgenössischen Räte sich später aber gegen die Aufhebung der parlamentarischen Immunität Walter Wobmanns – Präsident des Komitees und Nationalrat – entschieden, musste die Busse nicht bezahlt werden.
Einige Monate nach Anlaufen der Unterschriftensammlung, im Sommer 2016, vereinnahmte der Zürcher SP-Regierungsrat Mario Fehr die Schlagzeilen zur Burka-Debatte, indem er sich als prominenter Vertreter des linken Lagers zu den bisher hauptsächlich rechtsbürgerlichen Befürwortern eines Verhüllungsverbots gesellte. Burkas gehörten nicht in die Schweiz, denn in einer liberalen Gesellschaft zeige man das Gesicht, zitierte ihn die Presse. Erwartungsgemäss löste er mit dieser «Provokation», wie die NZZ seinen öffentlichen Positionsbezug gegen die Parteilinie nannte, weit über seine eigene Partei hinaus einen Sturm der Entrüstung aus. Linke wie Liberale warfen ihm ein seltsames Verständnis von Liberalismus vor. Doch es zeigte sich auch, dass die SP in dieser Frage keineswegs geeint war. Mit Pierre-Yves Maillard (sp, VD) und Anita Fetz (sp, BS) sprachen sich in den Tagen darauf zwei weitere SP-Aushängeschilder gegen die Burka in der Schweiz aus und auch bei der Parteibasis erfreue sich Fehr – nicht nur, aber auch wegen seiner Haltung in der Burka-Frage – grosser Beliebtheit, erklärte der Zürcher SP-Präsident Daniel Frei. Christian Levrat (sp, FR), Präsident der SP Schweiz, betonte gegenüber «La Liberté» unterdessen, dass die Burka aus der Schweiz verschwinden müsse, aber die Initiative der SVP der falsche Weg sei. Einig waren sich die Beteiligten letztlich darin, dass die Debatte über das Burkaverbot parteiintern noch geführt werden müsse.
Damit war die SP jedoch nicht allein; gespalten zeigten sich in der Burka-Frage auch die FDP, die CVP und sogar die SVP, deren Nationalräte Claudio Zanetti (svp, ZH) und Alfred Heer (svp, ZH) zu den prominentesten Gegnern des Burkaverbots gehörten. Handkehrum sprachen sich nach dem «Bekenntnis» Fehrs auch immer mehr bürgerliche Politikerinnen und Politiker öffentlich für ein Burkaverbot aus, auch wenn dieses ihrer Meinung nach nicht in die Verfassung gehöre, sondern vielmehr auf Gesetzesebene oder kantonal geregelt werden solle. Den «rasanten Meinungsumschwung» im bürgerlichen Lager beäugte Initiant Walter Wobmann eher skeptisch und brachte den Vorwurf des politischen Opportunismus aufs Tapet.
Nichts zur Entkräftung dieses Vorwurfs beitragen konnten die Ende August publizierten Resultate einer repräsentativen Umfrage von «Le Matin Dimanche» und der Sonntagszeitung, wonach 71 Prozent der befragten Stimmberechtigten ein Verhüllungsverbot in der Schweiz befürworteten. Fast alle (96%) der befragten SVP-Wählerinnen und -Wähler sprachen sich dafür aus; bei den anderen bürgerlichen Parteien BDP, CVP und FDP äusserten sich rund drei Viertel positiv zu einem Verbot. Die Wählerschaften der GLP und der SP zeigten sich mit 54 bzw. 47 Prozent Zustimmung gespalten, während die Basis der Grünen als einzige klare Ablehnung signalisierte. Eine weitere Umfrage im Auftrag der «Schweiz am Sonntag», deren Ergebnisse drei Wochen später veröffentlicht wurden, bestätigte diese Tendenz, wenn auch in leicht abgeschwächter Form. Hier sprachen sich schweizweit rund 61 Prozent der Befragten für ein Verhüllungsverbot aus, ältere deutlich stärker als jüngere.
Als Alternative zum Burkaverbot in der Verfassung, das allenfalls Signalwirkung habe, aber keine Probleme löse, erneuerte CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) unterdessen die Idee eines Religionsartikels in der Verfassung. Es müsse eine grundsätzliche und breitere Diskussion darüber stattfinden, «welche Werte in unserer Gesellschaft für alle gelten sollen» und «wie unsere Rechtsordnung gegen fundamentalistische Ideologien durchgesetzt werden» könne, so Pfister gegenüber dem St. Galler Tagblatt. Der Aargauer SP-Nationalrat Cédric Wermuth griff die Idee Pfisters auf und präsentierte in der «Schweiz am Sonntag» einen Entwurf für einen solchen Religionsartikel, den er als «Koalitionsangebot an die progressiven Kräfte – nicht nur, aber auch im Islam» bezeichnete. Der Vorschlag sah Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung für alle religiösen Gemeinschaften bei gleichzeitiger Verpflichtung derselben auf die Werte der Bundesverfassung vor und gründete in der Hoffnung, durch die staatliche Anerkennung des Islams dessen fundamentalistische Strömungen zurückzudrängen. Da ein solcher Toleranzartikel jedoch einerseits die Abschaffung des Minarettverbots bedeutete und andererseits viele neue Fragen nach tolerablen und intolerablen Glaubensäusserungen aufwürfe, räumten ihm die Medien keine allzu grossen Erfolgschancen ein. Auch von Seiten christlicher und muslimischer Religionsgemeinschaften äusserten sich kritische Stimmen zu diesem Vorhaben.
Zur Halbzeit der Sammelfrist, Anfang 2017, gab Initiant Walter Wobmann in der Presse bekannt, sein Komitee habe bereits 70'000 Unterschriften beisammen und schaue somit zuversichtlich dem Ablauf der Frist Mitte September entgegen. Derweil zeichnete sich auch immer deutlicher ab, dass ein indirekter Gegenvorschlag mit einem Verbot auf Gesetzesstufe durchaus denkbar sein würde und dass ein solcher bei vielen v.a. bürgerlichen Parlamentarierinnen und Parlamentariern wohl auf Unterstützung zählen könnte. Darauf liess sich Wobmann im «Blick» zitieren: Falls der Inhalt des Gegenvorschlags deckungsgleich zu jenem der Volksinitiative wäre, werde man den Rückzug der Initiative in Betracht ziehen.
Anfang September 2017, also noch vor Ablauf der Sammelfrist, präsentierte der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni bereits ein Nein-Komitee zum Verhüllungsverbot, für dessen Co-Präsidium er Vertreterinnen und Vertreter aus allen Fraktionen gewinnen konnte. Zu seinen Mitstreitenden zählten gemäss «Sonntags-Blick» SVP-Nationalrat Claudio Zanetti, die Zürcher Nationalrätinnen Tiana Angelina Moser von der GLP, Barbara Schmid-Federer von der CVP und Rosmarie Quadranti von der BDP sowie die Ständeräte Hans Stöckli (sp, BE) und Robert Cramer (gp, GE). Caroni nannte die Initiative des Egerkinger Komitees «Symbolpolitik», die ein «Scheinproblem» lösen wolle. Es gehe den Initianten nicht um Frauenrechte, sondern um den «Kulturkampf gegen den Islam». Ausserdem verletze ein nationales Verbot den Föderalismus; einen Entscheid sollte jeder Kanton für sich treffen, präsentierte er seine Argumente im «Sonntags-Blick». Initiant Wobmann kommentierte die Gründung des Gegenkomitees laut «Blick» mit der Bemerkung, Caroni verfüge über «spezielle Hirnwindungen». Unverständlich sei für ihn auch, was in seinen Parteikollegen Zanetti gefahren sei, dass er sich so vehement gegen die Initiative engagiere.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Im Vorfeld der Verabschiedung der – als Folge der Terroranschläge von Paris im November 2015 – angepassten EU-Waffenrichtlinie (2017/853) durch das Europäische Parlament am 14. März 2017 regte sich in der Schweizer Waffenlobby erneut lautstarker Widerstand gegen die bevorstehende Verschärfung des Waffenrechts. Als Schengen-Vertragsstaat ist die Schweiz verpflichtet, Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands nachzuvollziehen, worunter auch die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie fällt. Dazu muss die Schweiz etwa die Registrierungspflicht für Waffen verschärfen und den Onlinehandel sowie den Besitz halbautomatischer Waffen für Privatpersonen einschränken. Bereits im Februar 2017 berichtete die Sonntagszeitung von der geplanten Gründung einer neuen parlamentarischen Gruppe «Für ein liberales Waffenrecht», welche sich unter dem Co-Präsidium von SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (VS) und FDP-Ständerat Josef Dittli (UR) dem Kampf gegen ein verschärftes Waffenrecht verpflichten werde. Auch der Schweizer Schiesssportverband (SSV) hatte zusammen mit ProTell und der Interessengemeinschaft Schiessen schon das Referendum angekündigt, sollte die Schweiz die verschärften Regeln übernehmen. Im Anschluss an die Verabschiedung der angepassten Richtlinie durch das Europäische Parlament und deren Bestätigung durch den Ministerrat meldeten sich in der Presse wiederholt Schützenvertreter zu Wort und übten harsche Kritik am vorgesehenen nationalen Waffenregister, am Zwang zur Vereinsmitgliedschaft oder am Verbot von Gewehrmagazinen mit mehr als zehn Schuss. Durch die neuen Regelungen würden sie an der Ausübung ihres Hobbys gehindert, kriminalisiert und «in den gleichen Topf wie die Terroristen gesteckt», wie die Luzerner Zeitung SVP-Nationalrat Werner Salzmann (BE) zitierte. Bestraft würden jene, die sich an das Recht halten, pflichtete ihm die Präsidentin des SSV, die Berner alt-Regierungsrätin Dora Andres, bei.

Konsequenz einer Nichtübernahme der Richtlinie könnte der Ausschluss der Schweiz aus dem Schengen-Vertrag und damit verbunden auch aus dem Dubliner Abkommen sein, dank dessen die Schweiz heute viele Asylgesuche an andere europäische Staaten abgeben kann. Darin begründet liegt die sowohl von liberaler als auch von linker Seite geäusserte Befürchtung einer neuen europapolitischen Grundsatzabstimmung. Während liberale Kreise zur Verhinderung einer solchen auf Ausnahmebestimmungen in der Umsetzung der Richtlinie hofften, betonte SP-Nationalrätin Chantal Galladé (ZH), es sei wichtig aufzuzeigen, dass die Mitgliedschaft im Schengen-Raum für die Sicherheit der Schweiz eine zentrale Rolle spiele. Sollten sich die Waffenlobby und die SVP, welche schon lange Kritik am Schengen-Abkommen übte, in der Abstimmung durchsetzen können, drohe der Schweiz «erneut eine europapolitische Baustelle», so Galladé im Tages-Anzeiger. Dass das angedrohte Referendum durch die Aushandlung weiterer Sonderregelungen für die Schweiz verhindert werden könnte, wurde in der Bundesverwaltung jedoch angezweifelt. Die Schweiz habe bereits in der Entstehungsphase der Richtlinie dahingehend einzuwirken versucht und dabei wenigstens eine Ausnahme errungen, dass Schweizer Armeeangehörige die Ordonnanzwaffe nach dem Ende der Dienstzeit weiterhin behalten dürfen, obwohl das Sturmgewehr neu eigentlich in die Kategorie der verbotenen Waffen fällt. SSV-Geschäftsführer Beat Hunziker legte unterdessen keine grosse Kompromissbereitschaft an den Tag und erklärte, man nehme mit dem Referendum eine allfällige Kündigung von Schengen/Dublin in Kauf. SSV-Präsidentin Dora Andres glaubte gar nicht erst daran, dass dieser Fall eintreten könnte; der Streitwert sei in dieser Sache zu gering, um die Schweiz tatsächlich vom Schengen-Abkommen auszuschliessen. Es wurde jedoch auch Kritik an der «Fundamentalopposition» der Schützenlobby laut; gerade weil die EU der Schweiz einen Ausnahmeparagraphen für das Sturmgewehr zugestanden habe, sei diese «unbegreiflich», äusserte sich etwa die Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf gegenüber der Luzerner Zeitung. Es «wäre ein absoluter Verhältnisblödsinn» für die Interessen der Schützen die Errungenschaften aus Schengen/Dublin wie den polizeilichen Informationsaustausch, Erleichterungen im Reiseverkehr und die europäische Zusammenarbeit in Asylverfahren zu opfern. Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga zeigte sich in der Presse wenig erfreut über die heftige und ihrer Meinung nach verfrühte Reaktion der Schützen. Sie nehme die Sorgen wahr, aber der übliche Weg der Gesetzgebung stehe noch bevor, weshalb man kühlen Kopf bewahren solle.

In der Zwischenzeit beschäftigten sich verschiedenste parlamentarische Vorstösse mit der anstehenden Übernahme der EU-Richtlinie ins schweizerische Recht. So wollte beispielsweise Chantal Galladé zusammen mit den Nationalratskolleginnen Barbara Schmid-Federer (cvp, ZH) und Kathrin Bertschy (glp, BE) die Gunst der Stunde nutzen, um mit drei gleichlautenden parlamentarischen Initiativen (17.426, 17.427 und 17.428) ein umfassendes Waffenregister für die Schweiz zu fordern. Gemäss «Sonntags-Blick» hofften die Initiantinnen, damit Druck zu machen, dass ein solches in die Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung der EU-Richtlinie einfliessen sollte. Der Aargauer FDP-Ständerat und Hobbyschütze Philipp Müller machte sich indes Sorgen um die Schweizer Schiesstradition und stellte dem Bundesrat mittels Interpellation (Ip. 17.3255) die Frage nach der «Vereinbarkeit der Schweizer Schiesstradition mit der EU-Waffenrichtlinie», wie auch der Titel des Vorstosses lautete. Gegenüber dem Tages-Anzeiger erklärte Müller es zum Ziel, «Schengen/Dublin zu behalten und dabei das traditionelle Schiesswesen nicht zu gefährden.» CVP-Nationalrat Yannick Buttet (VS) stellte dem Bundesrat ebenfalls mittels einer Interpellation (Ip. 17.3280) die Frage nach den Auswirkungen der EU-Beschlüsse zum Waffenrecht auf die Schweiz und Werner Salzmann wollte dem Bundesrat per Motion gar «verbieten, die neuen Regeln zu übernehmen», wie es der «Blick» formulierte. Er hatte im letzten Jahr bereits eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» eingereicht, die im März 2017 im Nationalrat auf breite Zustimmung gestossen war.

Da die EU-Richtlinie nicht direkt anwendbar ist, besteht bei der Überführung ins nationale Recht ein gewisser Spielraum, den die Schweiz auch nutzen wolle, wie das Fedpol im Mai verlauten liess. So solle sich für ehemalige Armeeangehörige, die bereits im Besitz eines Sturmgewehrs sind, nichts ändern. Die neuen Regeln sollen erst für jene gelten, die zukünftig eine halbautomatische Waffe kaufen oder nach dem Ende der Dienstpflicht behalten wollen. Doch anstatt zu beschwichtigen, liess diese Ankündigung die Wogen erneut hochgehen. Die Basler Zeitung schrieb fortan von der «Entwaffnung auf Zeit» und witterte dahinter die «Wahrung des Besitzstandes für ehemalige Wehrmänner», um die Führungsriege der Schützen vom Referendum abzubringen. Die obligatorische Mitgliedschaft in einem Schützenverein hingegen solle letztere «milde stimmen» und sei darüber hinaus juristisch fragwürdig, da sie gegen die negative Vereinigungsfreiheit laut Art. 23 Abs. 3 BV verstosse, so die Behauptung. Während Werner Salzmann im «Blick» erneut betonte, das schärfere Waffenrecht verhindere keinen Terroranschlag und rette kein Menschenleben, aber schikaniere die Schützen und sei ein «Bürokratiemonster», stellte Werner Hohler, Interimspräsident von ProTell, gegenüber der Basler Zeitung unmissverständlich klar: «Wir akzeptieren keine noch so minimale Verschärfung des Waffenrechts, sondern wir wehren uns mit allen politischen und rechtlichen Mitteln dagegen.»

Mitte Juni 2017 fällte der Bundesrat sodann die formale Entscheidung, dass er die EU-Feuerwaffenrichtlinie akzeptieren und diese ins Schweizer Recht übernehmen will. Die angekündigte «pragmatische» Umsetzung solle nun weder ein zentrales Waffenregister noch eine Beschränkung der Gewehrmagazine auf zehn Schuss enthalten. Auch im letzten wesentlichen Streitpunkt, der Pflicht zur Vereinsmitgliedschaft und zum regelmässigen Üben an der Waffe als Voraussetzungen für den Erwerb einer halbautomatischen Waffe, worunter auch die Armeewaffe fällt, signalisierte der Bundesrat Gesprächsbereitschaft. ProTell sah genau darin jedoch die Einführung eines Bedürfnisnachweises, wie er 2011 vom Volk abgelehnt worden war, und hielt zusammen mit weiteren Schützenkreisen und der SVP trotz aller Zugeständnisse an der Referendumsdrohung fest. Unter den bürgerlichen Politikern, die sich anfänglich noch in breiter Front gegen eine Übernahme der Richtlinie gewehrt hatten, bröckelte der Widerstand jedoch. Wegen so kleiner Einschränkungen wie der Mitgliedschaft in einem Schützenverein solle Schengen/Dublin nicht aufs Spiel gesetzt werden, war vermehrt zu vernehmen. Die Vernehmlassung zur Umsetzung der Richtlinie wird noch im Herbst 2017 erwartet.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Ende Juni 2017 veröffentlichte der Bundesrat in Erfüllung des Postulats Schmid-Federer (cvp, ZH) einen Bericht zu den Auswirkungen der Franchisenhöhe auf die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. Darin stütze er sich hauptsächlich auf eine wissenschaftliche Studie von B,S,S, eines privaten Forschungsinstituts. Die Studie stellte fest, dass nur die ordentliche und die Maximalfranchise für die Versicherten finanziell attraktiv seien. Obwohl die übrigen Franchisen immer seltener verwendet würden, käme es häufig vor, dass Personen trotz geringer Leistungsbezüge die ordentliche Franchise wählten. Insgesamt entschieden sich „vor allem Versicherte mit schlechter Gesundheit und tiefem Einkommen” für die ordentliche Franchise, so der Bundesrat in seinem Bericht. Dass die Versicherer bei zunehmender Franchisehöhe tiefere Nettoleistungen erbringen müssen, liege gemäss der Studie insbesondere an der Selbstselektion: Gesündere Personen wählten üblicherweise die höchste Franchise. Verhaltensänderungen der Versicherten sowie eine Verlagerung der Kosten auf die Versicherten durch eine höhere Kostenbeteiligung würden zur Senkung der Nettoleistungen beitragen, seien jedoch sekundär. Keinen Anklang bei den Versicherten fand gemäss einer im Bericht zitierten Umfrage von Ecoplan die Idee der parlamentarischen Initiative Borer (Brand), nur mehrjährige Wahlfranchisen zu erlauben. Dies solle verhindern, dass eine Person aufgrund einer erwarteten hohen Leistung vorübergehend eine tiefere Franchise wählt.

Insgesamt betonte der Bundesrat in seinem Bericht, dass die Befunde der Studien eine grundsätzliche Befürwortung des aktuellen Systems nahelegen. Es sei aber sinnvoll, bei den mittleren Franchisen einige Korrekturen anzubringen, um diese finanziell attraktiver zu machen. Dazu müsste „der Franchiserabatt in Abhängigkeit der Franchisehöhe abgestuft werden”. Der Maximalrabatt solle daher bei den höchsten Franchisen nur noch 50 Prozent des zusätzlich übernommenen Risikos betragen und entsprechend um CHF 440 pro Jahr reduziert werden. Die Rabatte der übrigen Franchisen würden abgestuft, so dass der Rabatt der niedrigsten Franchise weiterhin bei 80 Prozent zu liegen komme. Dies sei insofern gerechtfertigt, als gemäss der B,S,S-Studie die Einsparungen der Krankenversicherer für die höheren Franchisen nicht aufgrund von Verhaltensänderungen, sondern aufgrund der Selbstselektion der gesunden Personen zustande komme. Dieser Entscheid stiess in den Medien, aber auch bei den Krankenversicherern, auf grosse Kritik, wobei insbesondere die möglichen negativen Auswirkungen durch eine seltenere Wahl der höchsten Franchise sowie die Schwächung der Selbstverantwortung kritisiert wurden.

Postulat und Bericht zu den Auswirkungen der Franchise auf die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen (Po. 13.3250)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Par 112 voix contre 73 et sans abstentions, le Conseil national a accepté un postulat Schmid-Federer pour plus de places de stage de découverte dans les domaines MINT. Selon elle, pour pallier au manque de main-d’œuvre qualifiée dans les domaines des Mathématiques, Informatique, sciences Naturelles et Techniques (MINT), il est important que les futurs apprenti.e.s puissent se faire une idée du métier avant de se décider pour un stage ou un apprentissage. Des stages de quelques jours seraient, selon la députée PDC, un bon moyen de faire cette découverte. Le Conseil fédéral s'était opposé au postulat, estimant que c'était une ingérence étatique trop importante dans les affaires des entreprises.

plus de places de stage découverte dans les domaines MINT

Lors de la session d'été 2017, le Conseil national a rejeté trois postulats des députées Schmid-Federer (15.3722), Bertschy (15.3768) et Quadranti (15.3680), demandant tous une analyse coûts/bénéfices des modèles de congé parental. A chaque fois, la chambre basse a suivi l'avis du Conseil fédéral. En effet, un rapport du 30 octobre 2013 remplit dans les grandes lignes les requêtes des différentes députées, rendant dispensable la rédaction d'une nouvelle étude.

Analyse coûts/bénéfices des modèles de congé parental

Der Ständerat hatte einen Beschluss im Sinne der Kantone gefasst, jedoch war die Differenzbereinigung in Sachen Restfinanzierung von Pflegeleistungen damit noch nicht abgeschlossen. Von Beginn weg war klar, dass der Nationalrat wieder Differenzen offen lassen würde; zur Debatte standen ein Antrag der SGK-NR, den man als «Festhalten, aber..» bezeichnen könnte, sowie ein Minderheitsantrag Heim (sp, SO) auf Festhalten am ursprünglichen Beschluss des Nationalrates.
Die Kommissionsmehrheit wollte den umstrittenen Passus um einen neuen Satz ergänzen. Demnach soll der Standortkanton der Leistungserbringenden nach wie vor die Rahmenbedingungen für die Restfinanzierung festlegen; neu war jedoch, dass gegebenenfalls anderslautende Bedingungen in interkantonalen Vereinbarungen definiert werden können. Damit liege das finanzielle Risiko zwar noch immer bei den Wohnsitzkantonen, jedoch könnten bilaterale Verträge den Unsicherheiten Abhilfe schaffen, erklärte die Kommission. Die Version des Ständerats sei hingegen nicht tragbar, weil damit Patientinnen und Patienten möglicherweise umziehen müssten, falls in ihrem Heimatkanton wieder Plätze in Pflegeheimen frei würden. Barbara Schmid-Federer (cvp, ZH) sah im neuen Vorschlag eine neue Kompromisslösung und verkaufte ihn als Schritt auf den Ständerat zu.
Bea Heim eröffnete die Debatte im Nationalrat in der Sommersession 2017 und unterstrich dabei die Bedeutung des Geschäftes. Man müsse sich um die Interessen der Pflegebedürftigen kümmern und nicht um jene der Kantone. Sie erinnerte an die Abstimmung nach der ersten nationalrätlichen Debatte, die mit 165 Stimmen einstimmig eine Lösung hervorgebracht hatte, in der eine freie Wahl des Pflegeheims festgelegt wurde. Dies sei einer freien Wohnsitzwahl auch im pflegebedürftigen Alter gleichzusetzen, erklärte sie. Faktisch, so Heim weiter, bliebe es mit dem ständerätlichen Vorschlag bei der Situation, dass nur wohlhabende Personen die Möglichkeit hätten, in ein ausserkantonales Pflegeheim zu ziehen, beispielsweise um in der Nähe ihrer Angehörigen zu sein. Das Finanzierungsrisiko bliebe so bei den Patientinnen und Patienten. Gesundheitsminister Berset gab in der Debatte zu Protokoll, dass die Regierung die Variante des Ständerats bevorzuge. Für die Kommission äusserte sich abschliessend Ruth Humbel (cvp, AG), die verdeutlichte, dass die ständerätliche Lösung analog jener bei den Ergänzungsleistungen im Sinne einer freien Wahl des Pflegeheims durch die Pflegebedürftigen nicht zielführend sei. In der Folge zog das Plenum den Vorschlag der SGK-NR dem Minderheitsantrag Heim auf Festhalten an der ursprünglichen Version des Nationalrats mit 132 zu 51 Stimmen (bei einer Enthaltung) vor.

Restfinanzierung von Pflegeleistungen

A l'initiative des conseillères nationales Kathrin Bertschy (glp/pvl, BE) et Maya Graf (gp/verts, BL) – co-présidentes de l'association Alliance f – cinq postulats identiques ont été déposés à la chambre du peuple pour sauver les archives Gosteli. Celles-ci – créées en 1982 par Marthe Gosteli – regroupent l'histoire du mouvement des femmes en Suisse. Les femmes n'ayant pas de droits politiques jusqu'en 1971 sur le plan fédéral, les archives publiques sont dépourvues de documents retraçant l'histoire du mouvement des femmes. C'est pour cette raison que Marthe Gosteli entreprit la création de ces archives, ayant pour leitmotiv "Ohne Dokumente, keine Geschichte" ("sans documents, pas d'Histoire"). C'est notamment en fouillant dans ces archives que Petra Volpe a trouvé son inspiration pour son film sur le droit de vote des femmes "l'Ordre divin".
Ces archives sont pourtant menacées pour des raisons budgétaires. La fondation perd en effet CHF 100'000 par année, les donations et leurs propres moyens ne suffisant pas. L'actuelle responsable des archives, Silvia Bühler – Marthe Gosteli étant décédée en 2017 lors de sa centième année de vie –, n'estime pas pouvoir tenir plus de deux ans.
Les postulats déposés par cinq députées de cinq partis différents – Barbara Schmid-Federer (cvp/pdc, ZH) (17.3330), Doris Fiala (fdl/plr, ZH) (17.3329), Kathrin Bertschy (glp/pvl, BE) (17.3337), Maya Graf (gp/verts, BL) (17.3336) et Suzanne Leutenegger Oberholzer (sp/ps, BL) (17.3335) – demandent au Conseil fédéral d'étudier ce cas et d'assurer, ensemble avec le canton de Berne ainsi que d'autres partenaires, la pérennité des archives. Cette demande, soutenue par 97 parlementaires de tous bords politiques, a des chances de trouver les faveurs du Conseil fédéral. Celui-ci, en réponse à une question (17.5163) posée par la députée Leutenegger Oberholzer sur cette thématique, a relevé l'importance de ces archives et est prêt à examiner les différentes options envisageables afin de les maintenir.

Sauver les archives Gosteli
Dossier: Gosteli-Archiv

C'est à l'aide d'un postulat que la députée Schmid-Federer (pdc, ZH) entend renforcer l'encouragement précoce. La conseillère nationale part du constat que les enfants de familles défavorisées ne sont souvent pas assez aidés sur le plan social, ce qui a pour conséquence pour plus tard de les rendre parfois dépendants des services sociaux de l'Etat. Mettre en place dès le début de leur existence des mesures permettant aux parents de concilier vie familiale et professionnelle ou encore des soutiens au niveau de la scolarité permettraient de pallier à ces lacunes. Les compétences pour l'encouragement précoce se trouvant entre les mains des communes et des cantons, il est selon la démocrate-chrétienne zurichoise nécessaire pour le Conseil fédéral d'élaborer un rapport dressant le bilan de toutes les mesures prises en ce sens. En la personne du responsable du département de l'Intérieur Alain Berset, le Conseil fédéral s'est opposé au postulat. En effet, en 2018 sortira le rapport du Programme national de prévention et de lutte contre la pauvreté. Ce sera, selon le Conseiller fédéral Berset, l'occasion d'y inclure les interrogations soulevées par le postulat. Le vote s'est révélé très serré, puisque le non ne l'a emporté que de 96 voix contre 92, sans abstentions.

renforcer l'encouragment précoce

Nach einer Phase fast jährlicher Rücktritte aus dem Bundesrat zwischen 2005 und 2011 zeichnete sich das Bundesratskollegium seit der Wahl von Alain Berset 2011 durch eine relativ lange Phase der Stabilität aus. Zwar trat dann auf die Wahlen 2015 Eveline Widmer-Schlumpf zurück, die im Vergleich wenigen Wechsel regten Pressevertreterinnen und -vertreter aber zu zahlreichen Spekulationen an. Gerüchte über Rückritte und mögliche Nachfolger betrafen insbesondere Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann. Wie nachhaltig solche Spekulationen sind, lässt sich an einer nicht abschliessenden kleinen Retrospektive für das Jahr 2016 aufzeigen:
Bei der Nomination von Walter Thurnherr zum Bundeskanzler wurde bereits 2015 gemutmasst, dass Doris Leuthard bald zurücktreten werde, weil sie mit Thurnherr einen engen Mitarbeiter ziehen lasse. Als mögliche Nachfolger der amtsältesten Magistratin wurden der damalige CVP-Präsident Christoph Darbellay sowie Filippo Lombardi und Pirmin Bischof gehandelt. Vor der Abstimmung über die Atomausstiegsinitiative ortete die Sonntagszeitung im Oktober 2016 Fehltritte bei der Energieministerin, die darauf hindeuteten, dass sie wohl bald ihren Rücktritt ankündigen werde. Ende 2016 spekulierte der Sonntags-Blick über einen Rücktritt der Aargauerin nach ihrem zweiten Präsidialjahr 2017. Als Nachfolger brachte das Sonntagsblatt neben Konrad Graber und Gerhard Pfister auch Bundekanzler Thurnherr ins Gespräch.
Ein Insider gab im nachrichtenarmen Sommer 2016 mehreren Westschweizer Medien zu Protokoll, dass Johann Schneider-Ammann bald zurücktreten werde. Der Berner sei amtsmüde und mehrere dynamischere potenzielle Nachfolger stünden bereit. Genannt wurden etwa Karin Keller-Sutter, Andrea Caroni, Martin Schmid oder Ruedi Noser. Auch die Zeitung Blick stimmte im September 2016 in diesen Chor mit ein und sprach von einem lethargischen Magistraten, der innerlich bereits gekündigt habe. Freilich stellte sich einige Tage darauf heraus, dass der Berner unter einer gebrochenen Rippe zu leiden hatte und deshalb etwas müde war. Der Sitz des Berner FDP-Bundesrats kam dann mit dem im Oktober lauter werdenden Anspruch der Ostschweiz auf einen Bundesratssitz zumindest medial ins Wackeln. Als Ostschweizer Vertretung kämen laut St. Galler Tagblatt eigentlich nur Karin Keller-Sutter oder Martin Schmid, beide von der FDP, in Frage. Dies setzte freilich einen Rücktritt von Schneider-Ammann voraus. Auch die BaZ sprach im November von sich mehrenden Gerüchten eines baldigen Rücktritts – es sei nicht unwahrscheinlich, dass Schneider-Ammann auf das Ende seines Präsidialjahres 2016 noch seinen Austritt aus der Landesregierung bekannt geben werde.

Spekulationen Rücktritt Bundesräte, Nachfolge Leuthard, etc.

Die Zusammensetzung des Bundesrates ist immer wieder Gegenstand von Debatten. Sei es die regionale, die sprachliche oder eine gendergerechtere Vertretung – die Diskussionen drehen sich in der Regel um die deskriptive Repräsentation des Exekutivgremiums und weniger um die substanzielle, also die Frage, ob das Kollegium inhaltlich die Interessen der Bevölkerung zu vertreten im Stande ist.
Besonders virulent und medial begleitet werden diese Debatten jeweils bei anstehenden Bundesratswahlen. Bei der Wahl von Guy Parmelin 2015 machte sich etwa Unmut in der Ostschweiz breit, da die sieben Kantone der Ostschweiz (SG, TG, GR, SH, GL, AR, AI), und damit rund 1.1 Mio. Einwohner, zum zweiten Mal seit 1848 nicht in der Bundesregierung vertreten sind, wohingegen die Romandie mit etwa der Hälfte an Einwohnerinnen und Einwohnern mit Parmelin, Burkhalter und Berset sogar dreifach vertreten sei. Roland Eberle (svp, TG) gab in der NZZ zu Protokoll, dass fünf der sieben Bundesräte nun „Burgunder” seien, die wesentlich zentralistischer und etatistischer dächten als „Alemannen”. Die Ostschweiz, die sich „an den Rand gedrängt” fühle (SGT), fordere deshalb eine Korrektur bei der nächsten Vakanz. In der Tat stellte die Ostschweizer Regierungskonferenz diese Forderung in einem Schreiben, um die Parteispitzen zu sensibilisieren.

Bei der Sprachenfrage drehte sich die Debatte bis zur Wahl von Ignazio Cassis 2017 lange um den Aspekt der Vertretung des Tessins in der Landesregierung. Der Südkanton war seit 1999 und dem Rücktritt von Flavio Cotti nicht mehr im Bundesrat vertreten. Zwar hatte die SVP mit Norman Gobbi (TI, lega) bei der Besetzung des leer gewordenen Sitzes von Eveline Widmer-Schlumpf auch einen Tessiner Kandidaten aufgestellt, um die Untervertretung der Südschweiz beheben zu helfen. Weil es sich um einen Lega-Politiker handelte – der im Parlament als kaum wählbar galt –, wurde dieses Manöver allerdings als „wenig glaubhaft” bezeichnet (NZZ). Mit der Wahl von Cassis ebbte die Diskussion um die Vertretung der Sprachregion wieder ab.

Ein zentraler Bestandteil der Debatten ist schliesslich die Frage der Vertretung der Frauen im Bundesrat. Waren Ende September 2010 die Frauen im Bundesrat erstmals in der Mehrheit – das Interregnum dauerte allerdings lediglich 14 Monate –, sieht es nach dem Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf Ende 2015 und der Rücktrittsankündigung von Doris Leuthard Mitte 2017 so aus, als könnte Simonetta Sommaruga bald die einzige Frau im Kollegium sein. Ein Bundesrat mit nur einer Frau sei kein Abbild der Gesellschaft mehr, liess sich Yvonne Feri (sp, AG), Präsidentin der SP-Frauen, in der NZZ protokollieren. Bereits nach der Wahl von Guy Parmelin hegte Alliance F – der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen – die Idee einer Verfassungsbestimmung, gemäss der nicht nur die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen im Bundesrat vertreten sein sollen, wie dies die Verfassung bereits vorsieht, sondern auch die Frauen. Zwar hatte die GP bei der Wahl von Parmelin versucht, mit ihren Stimmen für Viola Amherd (cvp, VS) ein Zeichen zu setzen, und die FDP hatte neben dem gewählten Ignazio Cassis und Pierre Maudet (GE) mit Isabelle Moret (VD) auch eine Frau auf das Dreierticket gesetzt – was von verschiedener Seite mit Nachdruck gefordert worden war –, die Wahl fiel letztlich aber in beiden Fällen auf einen Mann. Damit der Bundesrat seine Vorbildfunktion wahrnehmen könne – nur eine ausreichende Frauenvertretung zeige, dass Regieren kein Männerberuf sei – setzte Alliance F Anfang 2017 ihre Idee in die Tat um: Maya Graf (gp, BL), die Präsidentin von Alliance F, reichte eine entsprechende parlamentarische Initiative ein.

Freilich gibt es in diesen Debatten allerdings auch immer wieder etwas leisere Stimmen, die eher den substanziellen Aspekt der Vertretung betonen und die Qualifikation der Magistratinnen und Magistraten höher gewichten als deren regionale oder sprachliche Herkunft. Das beste Argument einer regionalen Vertretung sei eine überzeugende Kandidatur – so etwa ein Kommentar in der NZZ. Darüber hinaus zeigt eine langfristige Betrachtung, dass von einer Untervertretung der verschiedenen Landesteile kaum gesprochen werden kann. Eine stärkere Betonung substanzieller Repräsentation würde auch den Zugang zur Exekutive für andere Parteien öffnen. Mit den Erfolgen der Grünen in den kantonalen Wahlen und einer möglichen „Öko-Allianz” (AZ) zwischen GP und GLP, die nach den Wahlen 2015 zusammen über 11.7 Wähleranteil verfügen, also 0.1 Prozent mehr als die CVP, könnte aus einer Umweltschutz-Perspektive auch ein Anspruch dieser beiden Parteien auf einen Regierungssitz erhoben werden. Auch in dieser Hinsicht werden die eidgenössischen Wahlen 2019 spannend werden.

Nächster Bundesrat aus der Ostschweiz

Im Nachgang einer Recherche der SDA fiel das Schlaglicht der öffentlichen Debatte im Februar 2016 plötzlich auf die schon seit Monaten geplante Verschärfung des EU-Waffenrechts. Als Reaktion auf die Terroranschläge von Paris im vergangenen Jahr solle mit der Einschränkung des Waffenbesitzes und -handels nun verhindert werden, «dass Waffen in die Hände von Terroristen fallen», wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von der NZZ zitiert wurde. Sofern die Richtlinie tatsächlich zustande kommt, muss die Schweiz als Schengen-Vertragsstaat diese übernehmen, um ihre Mitgliedschaft im Schengener und damit verbunden auch im Dubliner Abkommen nicht zu gefährden. Dies erläuterte der Bundesrat in seiner Antwort auf eine entsprechende Interpellation Ruiz (sp, VD; Ip. 15.4199). Die Schweiz sei jedoch in der zuständigen Expertengruppe des Ministerrates vertreten, wenn auch ohne formales Stimmrecht und nur mit beratender Funktion, was eine gewisse Einflussnahme ermögliche. Von der Kommission vorgesehen sind unter anderem strengere Registrierungspflichten, ein Verbot des Onlinehandels von Waffen und Munition, strengere Regeln für unbrauchbar gemachte Waffen, ein Bedürfnisnachweis – sei es als Jäger, Sportschütze oder Sammler – und eine medizinische Untersuchung als Vorbedingungen für den Waffenerwerbsschein sowie ein Verbot von zivilen halbautomatischen Feuerwaffen, die wie vollautomatische Kriegswaffen aussehen. Diese werden von der EU nicht nur wegen des relativ leicht möglichen Umbaus zu vollautomatischen Waffen, sondern auch aufgrund ihrer hohen Munitionskapazität als sehr gefährlich angesehen. Waffen ebendieser Kategorie kommen im ausserdienstlichen Schiesswesen in der Schweiz jedoch zu breitem Einsatz. Die verschärften Regeln liessen es in der Folge auch nicht mehr zu, dass Armeeangehörige Ordonnanzwaffen nach dem Ende der Dienstpflicht mit nach Hause nehmen.
So liess denn auch die Kritik aus dem Umfeld der Waffenlobby nicht lange auf sich warten. Dora Andres, Präsidentin des Schweizerischen Schiesssportverbandes (SSV), erklärte in den Medien, der SSV lehne die Vorschläge der Europäischen Kommission vollumfänglich ab. Die Schweiz brauche kein schärferes Waffenrecht und nötigenfalls werde man dagegen politisch aktiv werden. Mit rund 133'000 Mitgliedern wäre der SSV problemlos referendumsfähig. Schützenhilfe erhielt Andres auch von bürgerlichen Politikerinnen und Politikern, darunter CVP-Präsident Christophe Darbellay (VS), welcher die vorgesehenen Regeln gegenüber dem Sonntags-Blick als «nicht kompatibel» mit dem schweizerischen Schützenwesen und der Milizarmee bezeichnete. FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger (AG) erachtete gegenüber der Aargauer Zeitung eine Verschärfung des Waffenrechts als schlicht nicht in der Lage, mehr Sicherheit zu garantieren; es sei ein «Irrglaube», dass mit strengeren Regeln der kriminelle Waffenmissbrauch verhindert werden könne. Die Milizarmee und die Armeewaffen zu Hause seien sogar Teil der «schweizerischen DNA», liess sie im Sonntags-Blick verlauten.

Im März 2016 gab Bundesrätin Simonetta Sommaruga nach einem Treffen der EU-Innenminister erste Entwarnung: «Die EU wird der Schweiz das Sturmgewehr nicht verbieten», wurde sie in der Presse zitiert. Neben der Schweiz hätten sich auch andere EU-Länder, darunter v.a. baltische und nordische Staaten mit Schützen- und Jägertradition, gegen zu zentralistische Verschärfungen gewehrt. In der Folge verabschiedete der Rat der Innenminister Mitte Juni einen entschärften Entwurf mit einer eigens auf die Schweiz zugeschnittenen Ausnahmebestimmung. Diese «Schutzklausel für das Schweizer Sturmgewehr» (Tages-Anzeiger) ermöglicht es Schweizer Armeeangehörigen weiterhin, die Waffe nach Ende der Dienstpflicht zu behalten. Bedingungen dafür sind allerdings die Mitgliedschaft in einem Schützenverein, der Nachweis von jährlichen Schiessübungen sowie die regelmässige medizinische und psychologische Beurteilung des Waffenbesitzers.
Ebendiese Bedingungen waren es denn auch, welche die Freude über den Schweizer Verhandlungserfolg zumindest auf Seiten der Waffenlobby erheblich trübten. So schrieb die Basler Zeitung weiterhin von der «Entwaffnung Hunderttausender Schweizer Bürgerinnen und Bürger»; alle seien auf die Entwarnung Sommarugas hereingefallen, denn durch die von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Bedingungen würden «unbescholtene Schweizerinnen und Schweizer, die eine Waffe besitzen», kriminalisiert und «der Grundsatz, wonach der Staat seinen Bürgern so lange vertraut, bis ihnen eine Straftat bewiesen werden kann, [...] ausgehebelt». Stattdessen müssten ehemalige Soldaten nun beweisen, «dass sie keine Gewalttäter sein wollen». Nicht zuletzt sah sie darin über Umwege die Umsetzung der 2011 abgelehnten Initiative gegen Waffengewalt. Auch bürgerliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier übten abermals Kritik an der Richtlinie und nun insbesondere an den Bedingungen im «Schweizer Paragraphen». Von einer «schlimme[n] Einmischung in die Schweizer Gesetzgebung» (Walter Müller, fdp, SG) und der Gefährdung der Souveränität der Schweiz (Adrian Amstutz, svp, BE) war die Rede. Die Urteile über die Richtlinie im Allgemeinen wie auch über die medizinisch-psychologischen Tests im Besonderen reichten von «inakzeptabel und lächerlich» (Yannick Buttet, cvp, VS) bis zu «absurd» (Dora Andres, SSV). Der neue CVP-Präsident Gerhard Pfister (ZG) forderte von Bundesrätin Sommaruga gar eine Erklärung und allfällige Nachverhandlungen in Brüssel. Der SVP-Nationalrat und Präsident des Berner Schützenverbandes Werner Salzmann reichte indes Ende September eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» ein. Dem Vorstoss zufolge sollte die Schweiz gemeinsam mit jenen EU-Staaten, die dem neuen Waffenrecht ebenfalls kritisch gegenüberstehen, die «unannehmbaren Änderungen» bekämpfen.

Im Dezember 2016 einigten sich Vertreter der EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments auf eine Fassung der Waffenrichtlinie, über die als nächstes das Europäische Parlament befinden wird. Unterdessen war es der europäischen Waffenlobby gelungen, die Vorlage weiter abzuschwächen. So sieht der Antrag zuhanden des Europäischen Parlaments kein Verbot halbautomatischer Waffen mehr vor, sondern lediglich Einschränkungen betreffend den Verkauf und die maximale Patronenzahl. Den Mitgliedstaaten ist es nun ausserdem freigestellt, ob für den Waffenerwerb medizinisch-psychologische Tests erforderlich sind oder nicht. Bei der Überführung in nationales Recht bietet die Richtlinie daher einen gewissen Spielraum. Was jedoch geblieben ist, sind die Mitgliedschaft in einem Schützenverein und die regelmässige Teilnahme an Schiessanlässen als Voraussetzungen, damit Schweizer Armeeangehörige das Sturmgewehr behalten dürfen. Diese Punkte waren im ausgehenden 2016 denn auch die meistkritisierten, denn mit Vereinspflicht und Schiesszwang wolle die EU die Freiheit und Selbstbestimmung der Schweizer beschränken, zeigte sich Werner Salzmann gegenüber der Luzerner Zeitung besorgt. Mit mehr Dramatik bezeichnete Jean-Luc Addor (VS), SVP-Nationalrat und Vizepräsident von ProTell, die Schusswaffe als «das Symbol des freien Mannes» und die Reform daher als unverhältnismässig. ProTell kündigte bereits das Referendum an; man toleriere keine Verschärfung des Schweizer Waffenrechts. Auch ein Ausschluss aus Schengen/Dublin würde gemäss diversen Zeitungsberichten von der Waffenlobby damit bewusst in Kauf genommen.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Ende November erschien das NZZ-Parlamentarierrating 2016 und bildete das erste Jahr nach den Wahlen 2015 ab. Der Rechtsrutsch der Wahlen zeichnete sich im Rating deutlich ab. Der Median der Positionen aller Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die aufgrund paarweiser Vergleiche des Abstimmungsverhaltens während der vier vergangenen Sessionen errechnet werden, rückte auf der Skala von -10 (absolut links) bis + 10 (absolut rechts) von 0.8 (2015) auf 1.7. Gleich drei SVP-Fraktionsmitglieder nahmen die rechte Extremposition (10) ein: Marcel Dettling (SZ), Erich Hess (BE) und, wie bereits 2015, Pirmin Schwander (SZ). Lisa Mazzone (gp, GE) positionierte sich mit einem Wert von -9.6 am linken Extrempol.
Vom Rechtsrutsch habe – gemessen an der Anzahl gewonnener Abstimmungen im Rat – vor allem die FDP, kaum aber die SVP profitiert, so die Studie. Bei den Parteien zeigten sich insgesamt nur leichte Verschiebungen. So hatte sich die SVP noch einmal nach rechts verschoben und nahm insgesamt den Wert 8.0 ein (2015: 7.7.). Jean-Pierre Grin (VD) besetzte mit 6.3 die moderateste Position in der Volkspartei. Damit war er dennoch ziemlich weit vom am meisten rechts stehenden FDP-Fraktionsmitglied entfernt: Bruno Pezzatti (ZG) erreichte einen Wert von 3.4. Den linken Rand der FDP, die sich im Vergleich zu 2015 nicht verändert hatte und fraktionsübergreifend konstant bei 2.2 blieb, nahm erneut Christa Markwalder mit 1.4 ein. Damit war die Bernerin leicht linker positioniert als Daniel Fässler (AI), der mit 1.9 den rechten Rand der CVP besetzte. Den Gegenpol bei den Christlichdemokraten nahm Barbara Schmid-Federer (ZH) mit -0.9 ein. Auch die CVP blieb im Vergleich zu 2015 konstant bei 0.6. Innerhalb des Spektrums der CVP-EVP-Fraktion fand sich die BDP (0.9: Hans Grunder, BE bis -0.5: Rosmarie Quadranti, ZH), die leicht nach links gerutscht war (0.2). Deutlich am linken Rand der CVP-Fraktion positionierte sich die EVP mit Maja Ingold (ZH, -2.8) und Marianne Streiff-Feller (BE, -3.1). Einen Linksrutsch verzeichnete auch die GLP, die sich bei -2.7 positionierte und sich wie schon 2015 sehr geschlossen zeigte. Nur gerade 0.5 Skalenpunkte trennten Kathrin Bertschy (BE, -2.8) von Martin Bäumle (ZH, -2.3). Etwas geschlossener als 2015 zeigte sich auch die SP, die fraktionsübergreifend bei -8.3 zu liegen kam. Chantal Galladé (ZH, -6.6) fuhr dabei den sozialliberalsten Kurs. Gleich drei Fraktionsmitglieder positionierten sich beim linken Extremwert der SP, bei -9.1: Bea Heim (SO), Susanne Leutenegger Oberholzer (BL) und Silvia Schenker (BS). Die Grünen schliesslich positionierten sich insgesamt bei -9.0 und die Fraktionsmitglieder überlappten sich stark mit der SP: Daniel Brélaz (VD, -7.9) zeigte sich dabei sogar noch etwas rechter als die gesamte SP.
Die Forschungsstelle Sotomo, welche das Rating durchführte, wertete auch 2016 den Ständerat aus. Erneut zeigte sich eine geringere Polarisierung als in der grossen Kammer. Zwar lagen auch in der kleinen Kammer die Extremwerte weit auseinander, Lilian Maury Pasquier (sp, GE, -9.5) und Peter Föhn (svp, SZ, 9.8) fanden sich aber ziemlich alleine auf weiter Flur. Alle anderen Ständeratsmitglieder befanden sich zwischen -6.2 (Christian Levrat, sp, FR) und 7.3 (Hannes Germann, svp, SH).

Nationalratsrating

Die SGK des Nationalrates forderte den Bundesrat in einer Motion auf, das Bundesgesetz über die Krankenversicherung so zu ändern, dass Praktikumsplätze in privaten Praxen und ausserklinischen Bereichen im Rahmen der Ausbildung für nichtuniversitäre Gesundheitsberufe ermöglicht werden. Dadurch soll der sinkenden Anzahl von Ausbildungsplätzen bei steigendem Personalbedarf Rechnung getragen werden. Gegenwärtig dürfen Praktika nicht von privaten Praxen oder anderen ambulanten Leistungserbringern angeboten werden, was vor allem für Studierende diverser Fachhochschul-Studiengänge ein Problem darstelle. Vier Punkte sollen deswegen mit einer Neuregelung angegangen werden: Die Sicherstellung des Kompetenzenerwerbs, der in vielen Fachrichtungen zu einem relevanten Anteil in Praktika gewonnen wird; das Angebot an Praktikumsplätzen hoch halten, denn in den problematischen Studiengängen wird bereits ein Numerus clausus angewendet, was den Fachkräftemangel noch anheizt; ebendiesem Fachkräftemangel Einhalt gebieten, indem eine erhöhte Zahl von Praktikumsplätzen die Ausbildung in der Schweiz stärkt (wie im Rahmen von Gesundheit 2020 vorgesehen); und eine Gleichberechtigung von stationärem und ambulanten Bereich erzielen, da die Ausbildungskosten in diesen beiden Sparten gemäss Tarifkalkulation im KVG nicht gleichmässig abgegolten werden können. Die Motion war kommissionsintern umstritten, denn fast die Hälfte der 25-köpfigen Kommission stellte sich mit dem Antrag auf Ablehnung gegen das Anliegen.
Der Bundesrat teilte grundsätzlich die Sorgen und Vorschläge zur Lösung der geschilderten Problematik, er sah aber den Weg über das KVG als den falschen an. Die OKP sei eine Sozialversicherung und deswegen nicht geeignet, um Ausbildungen zu finanzieren. Die OKP sei dazu da, Kosten für medizinische Leistungen zu decken. Leistungen, die aufgrund des Risikos Krankheit anfallen, um Diagnosen zu stellen und um Behandlungen durchzuführen. Das durch die Prämien angehäufte Kapital solle nicht dazu dienen, Ausbildungskosten mitzutragen. Weil Fachkräftemangel, zu wenige Ausbildungsplätze sowie eine Ungleichbehandlung der Bereiche erkannt wurden, zeigte sich die Regierung aber bereit, den Kantonen bei der Lösungsfindung beizustehen und dem Parlament Bericht zu erstatten.
Im Nationalratsplenum wurde die Motion nur kurz behandelt und Kommissionssprecherin Schmid-Federer (cvp, ZH) brachte in ihrer Begründung für die Motion vor allem die Sorge um den Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich zum Ausdruck, der zwar immer wieder zur Sprache käme, gegen den aber auch im Parlament jeweils nicht viel Konkretes unternommen werde. Mit diesem Vorstoss könne ein Schritt gegangen werden, der erst noch kostenneutral umgesetzt werden könnte. Gegen den Vorstoss stand Raymond Clottu (svp, NE) ein, der die Meinung des Bundesrats teilte, dass keinesfalls die OKP als Finanzierungskanal herhalten dürfe. Gleich argumentierte Bundesrat Berset, der die Meinung der Regierung vertrat und gegen die Motion warb, die allerdings mit 92 zu 89 Stimmen und 3 Enthaltungen knapp angenommen und damit dem Ständerat zur Weiterbearbeitung überlassen wurde.

Praktikumsplätze in privaten Praxen und ausserklinischen Bereichen