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  • Bally, Maya (bdp/pbd, AG)
  • Jauslin, Matthias Samuel (fdp/plr, AG) NR/CN
  • Nussbaumer, Eric (sp/ps, BL) NR/CN

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Jahresrückblick 2020: Aussenpolitik

Nebst dem Dauerbrenner «Institutionelles Rahmenabkommen» hielten auch die Auswirkungen der Corona-Krise im Bereich der Aussenpolitik das Parlament und den Bundesrat auf Trab. Sie waren aber beileibe nicht die einzigen Themen, welche die Schweizer Aussenpolitik im Jahr 2020 prägten.

Mitte März beschloss der Bundesrat aufgrund der Corona-Pandemie die Einführung von Schengen-Grenzkontrollen – und damit faktisch die Schliessung der Grenzen – zu allen Nachbarländern mit Ausnahme Liechtensteins. Diese Restriktionen wurden in den darauffolgenden Wochen auf die Schengen-Aussengrenzen und Flüge aus sämtlichen Schengen-Staaten ausgeweitet. Kurz darauf ergriff das EDA erste Massnahmen, um den im Ausland gestrandeten Bürgerinnen und Bürgern die Rückreise in die Schweiz zu erleichtern. Da diese Massnahmen bereits nach wenigen Tagen nicht mehr ausreichten, da abgesagte Flüge und geschlossene Grenzen die eigenständige Rückreise verunmöglichten, initiierte das EDA die bis anhin grösste Rückholaktion von Schweizer Reisenden aller Zeiten. Im Rahmen dieser Aktion führten Edelweiss und Swiss bis Ende April Repatriierungsflüge für rund 7000 Personen durch. Mit dem Abflachen der ersten Infektionswelle wurde im Mai rasch der Ruf nach einer möglichst baldigen Öffnung der Grenzen zu Deutschland und Frankreich und der Wiederherstellung der Personenfreizügigkeit laut. Trotz des Drängens der Parlamentarierinnen und Parlamentarier führte der Bundesrat Lockerungen erst wie geplant im Juni ein.

Das Evergreen der Schweizer Aussenpolitik, das institutionelle Rahmenabkommen, geriet ob der Corona-Krise bisweilen fast ein wenig in Vergessenheit, gewann aber spätestens nach der Ablehnung der Begrenzungsinitiative an der Urne wieder an Bedeutung. Das hatte einerseits mit einer Erklärung der Sozialpartner zu tun, welche sich nicht hinter die zuletzt vorgestellte Fassung des Rahmenabkommens stellen wollten. Andererseits sorgte aber vor allem auch die Absetzung des bisherigen EU-Chefunterhändlers – Roberto Balzaretti – und die damit einhergehende Ernennung von Livia Leu zur neuen Staatssekretärin und Chefunterhändlerin für mediale Schlagzeilen. Während zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier den Nutzen des Wechsels in Frage stellten und den Bundesrat für seinen Personalverschleiss kritisierten, zeigten Vertreter der EU wenig Verständnis für erneute Verzögerungen aufseiten der Schweiz. Durch die Annahme eines Postulats Nussbaumer(sp, BL; Po. 18.3059) forderte das Parlament vom Bundesrat derweil die Möglichkeit der parlamentarischen Mitwirkung in den Angelegenheiten Schweiz-EU, sofern das Rahmenabkommen angenommen werden sollte. Deutlich weniger polarisierend waren die Genehmigung und Umsetzung des Europäischen Reiseinformations- und Genehmigungssystems für den Schengen-Raum sowie eine nötig gewordene Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes, die vom Ständerat einstimmig angenommen wurden.

Neben diesen zwei zentralen Aspekten tat sich aber in der Aussenpolitik 2020 noch einiges: Begonnen hatte das aussenpolitische Jahr im Januar mit der Veröffentlichung der Aussenpolitischen Strategie 2020-2023, die erstmals im Rahmen eines interdepartementalen Prozesses erarbeitet worden war, um die Kohärenz zwischen Innen- und Aussenpolitik zu verbessern. Frieden und Sicherheit, Wohlstand, Nachhaltigkeit sowie Digitalisierung bildeten die vier inhaltlichen Schwerpunkte der Strategie. Im Februar folgte sodann die Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021-2024, welche den Handlungsrahmen für die Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit, der humanitären Hilfe, der Förderung des Friedens und der menschlichen Sicherheit vorgab. Im Vergleich zur Strategie der Vorperiode (2017-2020) wurden die Beendigung der extremen Armut und die Bekämpfung des Klimawandels stärker gewichtet.

Von besonderer Bedeutung für die Schweizer Aussenpolitik ist traditionsgemäss die Rolle der Schweiz in internationalen Organisationen aber auch als Sitz ebenjener. Die Kandidatur für ein nichtständiges Mandat im UNO-Sicherheitsrat 2023/24 beschäftigte das Parlament im abgelaufenen Jahr auf ganz unterschiedliche Weise. Während Roland Büchel (svp, SG) noch immer für einen Verzicht auf die Kandidatur kämpfte, sorgte sich die Aussenpolitische Kommission des Ständerats vor allem um den Einbezug des Parlaments im Falle eines Erfolgs. Für den Bundesrat stand die Kandidatur ausser Frage, was er unter anderem durch die Erwähnung in der Aussenpolitischen Strategie zementierte. Er argumentierte überdies, dass das Mandat nicht zuletzt auch der Standortförderung des internationalen Genfs diene. Die Wettbewerbsfähigkeit Genfs wurde 2020 auch durch die Finanzhilfen an die Internationale Fernmeldeunion und die Strategie zur Digitalaussenpolitik, mit welcher Genf zum Zentrum der internationalen Gouvernanz im Bereich Cyberspace gemacht werden soll, gefördert. Die SVP bemühte sich zudem um den Rückzug der Schweiz vom UNO-Flüchtlingspakt und eine Senkung des Finanzbeitrags an die UNRWA, fand aber keine Unterstützung über die Fraktionsgrenzen hinaus.

In der Entwicklungspolitik gaben vor allem die Kapitalerhöhungen der Weltbankgruppe und der Afrikanischen Entwicklungsbank Anlass zu ausführlichen Ratsdebatten. Zwei Minderheiten der Ratsrechten setzten sich für ein Nichteintreten ein und begründeten ihre Ablehnung unter anderem mit der finanziellen Belastung der Schweiz in der Corona-Krise, die solche Ausgaben nicht zuliesse. Im Endeffekt nahmen beide Räte die Krediterhöhungen an, genauso wie einen von der APK-NR beantragten Nachtragskredit für die humanitäre Hilfe.

Ferner beschäftigte sich das Parlament ausgiebig mit dem Umgang der Schweiz mit dem Brexit. Im Rahmen der sogenannten Mind-the-Gap-Strategie setzten sich die Räte unter anderem mit einem Abkommen zur Fortsetzung der Personenfreizügigkeit auseinander und loteten eine vertiefte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich aus. In beiden Fällen sprach sich das Parlament mit grosser Mehrheit für die Kooperation mit Grossbritannien aus.
Im Nachgang des 2019 gefällten EDA-Entscheids zu den Tätigkeiten der Pilatus AG in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten veröffentlichte der Bundesrat Anfang Jahr einen Bericht zur Überprüfung des Bundesgesetzes über die im Ausland erbrachten Sicherheitsdienstleistungen. Er beschloss die Prüfung einer Gesetzesrevision, weshalb im Juni eine Motion der SIK-NR zur gleichen Thematik abgelehnt wurde.
Wenn auch inhaltlich nicht sonderlich bedeutsam, war die schiere Menge an Anpassungen von Doppelbesteuerungsabkommen im Jahr 2020 dennoch bemerkenswert. Grund für die Änderungsprotokolle waren die neuen OECD-Mindeststandards, denen sich die Schweiz im Rahmen des BEPS-Übereinkommens bereits im vergangenen Jahr unterworfen hatte. Zudem genehmigte das Parlament auch das lange Zeit sistierte Doppelbesteuerungsabkommen mit Saudi-Arabien.
Obwohl die Genfer Standesinitiative für ein Referendum über das Freihandelsabkommen mit Mercosur (Kt.Iv. 19.313) im März noch klar vom Ständerat abgelehnt worden war und sich mehrere Kantone bereits im vergangenen Jahr erfolglos gegen das Freihandelsabkommen mit Indonesien gewehrt hatten, zeichnete sich allmählich ein Wandel in der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik ab. Im Juni kam es mit dem erfolgreichen Referendum gegen das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Indonesien nun zu einer Anomalie in der Schweizer Wirtschaftspolitik. Erst einmal hatte die Bevölkerung über ein Abkommen im Bereich der Aussenwirtschaft abstimmen können – wobei die Abstimmung über den EWR dem ausserordentlichen obligatorischen Referendum unterlegen hatte – und noch nie war bisher ein fakultatives Referendum zu einem Freihandelsabkommen zustande gekommen.

Die Corona-Krise wirkte sich erwartungsgemäss auch auf die Themenkonjunktur in den Zeitungen aus. So sank die Zahl der aussenpolitischen Artikel von über 10 Prozent im Dezember 2019 auf 4 Prozent im April 2020. Wenig erstaunlich waren Artikel zu zwischenstaatlichen Beziehungen überaus stark vertreten, was sich mit den Grenzschliessungen/-öffnungen und den Quarantänebestimmungen erklären lässt. Gegen Jahresende nahm die Berichterstattung zu Europa, die im Vergleich zu den Vorjahren unterdurchschnittlich ausfiel, etwas zu. Grund hierfür war das Rahmenabkommen, dessen Verhandlung nach der Abstimmung zur Begrenzungsinitiative weiter vorangetrieben wurde.

Jahresrückblick 2020: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2020

Deutlich, mit 124 zu 62 Stimmen bei 2 Enthaltungen, erteilte der Nationalrat in der Wintersession 2020 einer durch die UREK-NR abgeänderten Fassung der Motion Français (fdp, VD) für einen Investitionsplan hinsichtlich der Energieautonomie der Immobilien des Bundes bis in 12 Jahren grünes Licht. Primäres Ziel der Motion war es, dass der Energieverbrauch der Bundesverwaltung mit erneuerbaren Energiequellen gedeckt wird und der Bund damit eine Vorreiterrolle in der Energienutzung einnimmt. Der Bundesrat soll dazu beauftragt werden, einen Investitionsplan vorzulegen (allenfalls mittels Vierjahresplänen), um die Energieautonomie der Immobilien des Bundes bis in 12 Jahren sicherzustellen. Zankapfel der Motion war nicht das eigentliche Begehren selber, sondern primär die Auslegung des Begriffs «Energieautonomie», was sich zuvor auch schon in der ständerätlichen Debatte gezeigt hatte. Die UREK-NR hatte den Motionstext daraufhin dahingehend abgeändert, dass die Immobilien des Bundes nicht mehr innert zwölf Jahren energieautonom auszugestalten sind, sondern innert der gleichen Frist die Ausrüstung der geeigneten Dach- und Fassadenflächen mit Fotovoltaikanlagen für die Stromproduktion anzustreben ist. Zudem hatte die Kommissionsmehrheit im Motionstext ergänzt, dass energetische Sanierungen bei Bundesimmobilien, insbesondere auch bei der Nutzung erneuerbarer Wärme, beschleunigt werden sollen. Nicht gänzlich aus dem Motionstext gestrichen hatte die Kommission jedoch die vom Bundesrat kritisierte Bezeichnung «Energieautonomie». Die Streichung derselben hatte zuvor auch der Ständerat als Erstrat von der UREK-NR verlangt. Energieministerin Simonetta Sommaruga erklärte deshalb im Rat, dass auch die abgeänderte Variante zwar in ihrer Stossrichtung der Meinung des Bundesrates entspreche, die wörtliche Auslegung von «Energieautonomie» aber faktisch eine Trennung der Bundesimmobilien vom übrigen Stromnetz verlangen würde, was erstens nicht der Absicht des Motionärs entsprechen dürfte und zweitens riesige Investitionen vonnöten machen würde. Der Bundesrat beantragte aus diesem Grund, nicht aber aus anderen inhaltlichen Belangen, der Minderheit Imark (svp, SO) zu folgen und die Motion abzulehnen. Die eigentliche Idee dieser Motion, die Bundesimmobilien innerhalb von zwölf Jahren mit erneuerbarer Energie zu versorgen und dafür entsprechende Investitionen zu planen, könne mit dem beschlossenen «Klimapaket Bundesverwaltung» und der sehr ähnlichen Motion Jauslin (fdp, AG; Mo. 19.3784) erreicht werden, erklärte die Energieministerin im Plenum, wo sie allerdings keine Mehrheit überzeugen konnte.

Energieautonomie der Immobilien des Bundes (Mo. 19.3750)
Dossier: Energieautonomie der Immobilien des Bundes. Fotovoltaik-Offensive

Mehr Flexibilität beim Netzzuschlagsfonds forderte eine Motion Müller (fdp, LU), die in der vorberatenden UREK-NR im Februar 2020 mit 18 zu 7 Stimmen mehrheitlich auf Zuspruch gestossen war. Eine Minderheit Rösti (svp, BE) aus SVP-Vertretenden erachtete eine mögliche Verschuldung des Fonds als nicht erforderlich und zu riskant. Nach dreifacher Verschiebung befasste sich der Nationalrat in der Wintersession 2020 als Zweitrat mit der Motion. Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) erklärte, dass sich die Kommission mit der Verwaltung beraten habe und eine Flexibilisierung des Fonds hinsichtlich kurzfristiger Verschuldung als sinnvoll erachte. Damit könne mehr Planungssicherheit für Ausbauprojekte von erneuerbarer Energie geschaffen werden. Energieministerin Simonetta Sommaruga zeigte sich nach wie vor von der Motion überzeugt, deutete aber darauf hin, dass das Anliegen des Motionärs bereits in die Revision des EnG aufgenommen worden sei. Finanziell gesehen sei zudem zu erwarten, dass die Einnahmen die Ausgaben langfristig decken würden. Mit 130 zu 50 Stimmen bei einer Enthaltung folgte die grosse Kammer schliesslich deutlich der Kommissionsmehrheit und dem Ständerat und nahm die Motion an.

Mo. 19.3742, Finanzielle Überbrückung für den Wartelistenabbau bei erneuerbaren Energien

Die UREK-NR forderte den Bundesrat im Herbst 2020 mittels einer Motion auf, bis im Jahr 2025 eine Steuer auf Einweg-Verpackungen für Getränke und Reinigungsmittel einzuführen, wenn diese aus weniger als 25 Prozent Recyclinggut bestehen. Mit dieser Steuer soll das Recycling von Kunststoff gefördert und verbessert werden und die Herstellerinnen und Konsumenten sollen einen finanziellen Anreiz erhalten, recycelten Kunststoff zu verwenden, respektive zu kaufen.
Eine starke Minderheit aus Vertretern der Mitte-, der FDP.Liberale- und der SVP-Fraktion beantragte die Ablehnung der Motion. Auch der Bundesrat sprach sich gegen die Motion aus. Im Grunde befürworte er das Anliegen, er arbeite jedoch bereits an der Umsetzung ähnlicher Forderungen, die in zahlreichen Vorstössen (beispielsweise Mo. 18.3712) gestellt wurden. Er habe zudem das UVEK beauftragt, bis spätestens Ende 2022 Vorschläge für spezifische Massnahmen zur Ressourcenschonung zu unterbreiten. Der Bundesrat argumentierte ausserdem, dass eine Steuer, wie sie die Motion der UREK-SR fordert, freiwillige, privatwirtschaftliche Massnahmen erschweren würde.
In der Wintersession 2020 diskutierte der Nationalrat das Geschäft. Christine Bulliard-Marbach (cvp, FR) wies darauf hin, dass die Schweiz beim Recycling zwar gut dastehe, nicht aber, wenn es darum gehe, die gesammelten Kunststoffe anschliessend wieder in den Stoffkreislauf zu bringen. Dies liege an der mangelnden Nachfrage nach recyceltem Kunststoff, respektive am zu billigen neuen Kunststoff. Mit der vorgeschlagenen Steuer würden die Verpackungen aus wiederverwertetem Kunststoff auf dem Markt attraktiver werden. Minderheitensprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) und Umweltministerin Simonetta Sommaruga begrüssten ebenfalls die Förderung des Wiederverwendens dieser Materialien. Sie verwiesen aber ausdrücklich auf die Arbeiten, die eine Subkommission der UREK-NR bereits in Angriff genommen habe, um die parlamentarische Initiative 20.433 umzusetzen. In diesen Arbeiten gehe es darum, dafür zu sorgen, dass Verpackungen aus kreislauffähigem Materialien hergestellt und verwendet werden, und dass unnötige Verpackungen vermieden werden. Es sei daher nicht sinnvoll, jetzt eine Spezialsteuer auf Einweg-Verpackungen für Getränke und Reinigungsmittel einzuführen.
Entgegen der Argumentation von Jauslin und Sommaruga stimmte der Nationalrat mit 104 zu 77 bei 5 Enthaltungen für die Annahme der Motion. GLP, SP und Grüne stimmten geschlossen für Annahme, zahlreiche Mitglieder der Mitte-Fraktion sowie einige wenige Mitglieder der FDP.Liberalen-Fraktion schlossen sich ihnen an.

Mehr rezyklierten Kunststoff in Kunststoffverpackungen für Getränke und Reinigungsmittel (Mo. 20.3940)
Dossier: Plastikbelastung
Dossier: Vorstösse zur Kreislaufwirtschaft seit Ablehnung der Volksinitiative «Grüne Wirtschaft»

Nationalrat Eric Nussbaumer (sp, BL) reichte im Dezember 2020 eine parlamentarische Initiative ein, mit der er vom Bundesrat einen Planungsbericht über die Zusammenarbeit mit der EU in allen Bereichen ausser dem Marktzugang forderte. Dazu solle das Parlamentsgesetz so ergänzt werden, dass der Bundesrat nach der Präsentation des Legislativvorschlages zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU, dem Parlament einen Planungsbericht zu künftigen Kooperationen mit EU-Agenturen und Programmen vorlegen müsse. Nussbaumer nahm die Marktzugangsabkommen, mit denen der sektorielle Binnenmarktzugang geregelt wird, bewusst von seiner Forderung aus. Stattdessen bezog er sich auf verschiedene Kooperations-Programme wie Horizon Europe, Erasmus+ oder Copernicus, bei denen die Schweiz als Drittstaat Mitwirkungsmöglichkeiten besitzt. Er stellte sich vor, dass auf Basis des Berichts die zukünftigen Verhandlungsmandate, Finanzierungsbotschaften und Gesetzesvorlagen erarbeitet werden könnten, erklärte Nussbaumer. Dadurch entstünde eine sachgerechte prozessuale und parlamentarische Abwicklung der Debatte um die Mitwirkung in den EU-Kooperationsprogrammen, die sich alle sieben Jahre wiederholen würde.
Die APK-NR gab der Initiative im Oktober 2021 mit 17 zu 4 Stimmen Folge, die APK-SR tat es ihrer Schwesterkommission im Januar 2022 mit 8 zu 0 Stimmen gleich.

Planungsbericht über die Zusammenarbeit mit der EU in den Bereichen ausserhalb des Marktzugangs (Pa. Iv. 20.496)

Marco Romano (cvp, TI) forderte den Bundesrat in einer im Dezember 2018 eingereichten Motion auf, die Teilnahme der Schweiz am Copernicus-Programm voranzutreiben und ein diesbezügliches Abkommen zu unterzeichnen. Für die Schweiz sprächen drei Gründe für eine Teilnahme an diesem Programm der EU zur satellitengestützten Erdbeobachtung. Zum einen habe die Schweiz kein eigenes Erdbeobachtungsprogramm als Alternative zu Copernicus. Zum anderen riskiere man ohne Teilnahme, dass das bislang angesammelte Wissen und die erarbeiteten Technologien verloren gingen. Schliesslich könne ein Abseitsstehen dazu führen, dass «ein Teil des Personals, der Forschung und der Zulieferinnen und Zulieferer dieser Branche aus der Schweiz ausgelagert» werde.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Er resümierte in seiner Begründung, welch wichtige Rolle dem Programm in den Bereichen Landnutzung, Atmosphäre, Katastrophenmanagement, Klimawandel, Meeresumwelt und Sicherheit zukomme. Es sei aber zu beachten, dass die Schweiz durch ihre Mitgliedschaft in verschiedenen Organisationen, wie etwa der Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten oder dem Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage, bereits an Kernelementen von Copernicus beteiligt sei. Schliesslich müsste vor einem Grundsatzentscheid des Bundesrates noch geklärt werden, wie das Kosten-Nutzen-Verhältnis ausfallen würde, welches Bundesamt die Federführung übernehmen würde und es müsste ein Finanzierungskonzept erarbeitet werden.
In der nationalrätlichen Debatte in der Wintersession 2020 wies Romano noch einmal auf die Wichtigkeit eines Vertragsabschlusses mit der EU hin. Dieser sei im Interesse der Bevölkerung, der Wirtschaft und der Wissenschaft. Wissenschaft- und Wirtschaftsminister Parmelin blieb jedoch bei seiner ablehnenden Haltung. Auf Nachfrage von Nationalrat Nussbaumer (sp, BS) präzisierte Parmelin, dass bei Annahme der Motion frühestens 2023 mit einer Teilnahme am Copernicus-Programm gerechnet werden dürfe.
Der Nationalrat stimmte der Motion schliesslich mit 140 zu 47 Stimmen — bei 3 Enthaltungen — zu. Die ablehnenden Stimmen stammten allesamt von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Schweizer Teilnahme am Copernicus-Programm (Mo. 18.4131)

Les débats sur l'initiative parlementaire pour une réduction des risques liés aux pesticides se sont étalés sur deux journées au Conseil national, signe que les passes d'armes entre parlementaires ont été pour le moins sportives. Pourtant, un certain consensus semblait régner quant à la nécessité de ficeler un projet crédible afin de pouvoir se rendre plus sereinement aux urnes face à l'initiative pour une eau potable propre et l'initiative pour une interdiction des pesticides de synthèse, comme l'a fait remarquer le libéral-radical genevois Christian Lüscher. Pour le rapporteur francophone de la CER-CN, Fabio Regazzi (pdc, TI), cette initiative parlementaire couvre un spectre plus large – touchant tant la loi sur l'agriculture (LAgr) que la loi sur les produits chimiques (LChim) et la loi sur la protection des eaux (LEaux) – et est plus ciblée que les deux initiatives populaires. Elle permet également d'éviter les nombreux désavantages qui découleraient d'une acceptation de ces deux textes.
La question centrale des débats était de déterminer l'ampleur et le niveau d'ambition de ce projet. Ainsi, les parlementaires des différents bords politiques se sont écharpés sur le rôle que devront jouer les pesticides dans l'agriculture suisse dans le futur, sur les efforts qu'a fourni et que devra encore fournir le monde agricole, sur la pollution des nappes phréatiques, sur l'auto-approvisionnement alimentaire, etc. Guy Parmelin, ministre en charge des questions agricoles, s'est montré favorable à ce projet législatif, soulignant qu'il allait dans le même sens que ce qu'a entrepris le Conseil fédéral notamment au travers de son Plan d'action produits phytosanitaires.

Le débat a été séparé en deux blocs. Les aspects relevant de la LAgr ainsi que de la LChim ont d'abord été discutés. Ainsi, une majorité de député.e.s ont refusé (par 104 voix contre 85) d'inscrire des objectifs chiffrés de réduction des pertes d'éléments fertilisants. Elle a toutefois décidé d'inclure la proposition de la CER-CN de prendre en compte un remplacement des engrais chimiques importés par l'utilisation d'engrais de ferme organiques. Toutes les propositions de minorité ont été rejetées.
Dans le deuxième bloc, les modifications touchant la LEaux ont été débattues. Les parlementaires se sont écharpés sur les valeurs limites de la présence de certains éléments dans les eaux. Parmi les éléments pris en compte dans la législation, les parlementaires ont notamment décidé par 103 voix contre 88 et 2 abstentions, de prendre en considération, en ce qui concerne les métabolites (issus de la dégradation de certains produits), tant les éléments dits «pertinents» (qui représentent un danger pour la santé) que les métabolites dits «non-pertinents» provenant de la dégradation des pesticides et biocides. Cette décision va à l'encontre de la proposition de la majorité de la commission qui aurait souhaité que seuls les éléments «pertinents» soient pris en considération, mais rejoint la position du Conseil fédéral en la matière. Cette proposition de la minorité Baumann (vert, BE) d'inclure l'ensemble des métabolites pourrait permettre d'éviter un nouveau cas «chlorothalonil» selon Guy Parmelin (les métabolites issus du chlorothalonil n'étaient, jusqu'à récemment, pas considérés comme «pertinents» par les autorités). Finalement, les parlementaires ont également accepté par 105 voix contre 89 et une abstention une proposition Jauslin (plr, AG) sur les aires d'alimentation des captages d'eau, reprenant une proposition de minorité Badran (ps, ZH) retirée ainsi qu'une préoccupation exprimée dans la motion Zanetti (ps, SO) 20.3625 acceptée par le Conseil des Etats. Pour ces deux propositions de minorité, la gauche a fait bloc et a pu compter sur les voix de l'ensemble du groupe vert-libéral ainsi que d'une majorité des membres du groupe libéral-radical.
Au vote sur l'ensemble, l'initiative parlementaire modifiée a passé la rampe par 122 voix contre 57 et 16 abstentions. Aucun.e membre de l'UDC ne l'a acceptée, alors que le groupe du Centre s'est montré polarisé (9 abstentions, 18 votes en faveurs et 4 votes contre). La gauche ainsi que les verts-libéraux ont accepté le projet à l'unanimité. Le groupe libéral-radical s'est également exprimé en faveur du texte, comptant toutefois 7 abstentionnistes dans ses rangs. Ce soutien a été remarqué dans les médias, la NZZ allant jusqu'à titrer «Und die FDP stimmt Grün». Le projet retourne ainsi au Conseil des Etats pour résoudre les divergences restantes.

Réduire les risques liés aux pesticides (Iv. pa. 19.475)
Dossier: Reduzierung und Verbot des Pestizideinsatzes

Der Nationalrat beugte sich in seiner Sondersession im Oktober 2020 über die Vorschläge seiner SPK-NR zu einer Regelung für transparentes Lobbying. Nachdem Eintreten während der Wintersession 2019 beschlossen worden war, galt es nun die Details zu beraten, was in zwei Blöcken getan werden sollte: Block 1 umfasste den Zugang zum Parlamentsgebäude, während Block 2 die Offenlegungspflichten der Ratsmitglieder betraf. Nachdem die Fraktionen ihre Positionen dargelegt hatten, berichteten Greta Gysin (gp, TI) und Andri Silberschmidt (fdp, ZH) für die Kommission. Die Vorlage, die auf den Vorschlägen einer 2015 eingereichten parlamentarischen Initiative Berberat (sp, NE) beruhen, sehe ein öffentliches Register von Lobbyisten, eine Offenlegung derer Mandate sowie Sanktionen bei Verstössen vor. Lobbyisten sollen nur noch Tageszutritte zum Bundeshaus erhalten. Dauerausweise (so genannte Badges) – so der Vorschlag für ein vereinfachtes Akkreditierungssystem – sollen nur noch an Familienmitglieder und persönliche Mitarbeitende vergeben werden dürfen, die, falls sie Interessenvertretung betreiben, ebenfalls in das öffentliche Register eingetragen werden müssen. Schliesslich beantragte die SPK-NR, dass nur noch Zutritt zur Wandelhalle haben soll, wer einen Dauerausweis oder eine Medienakkreditierung besitzt.
Verschiedene sprachliche Präzisierungen, die von Minderheitenanträgen verlangt wurden, erhielten in den ersten Detailabstimmungsrunden eine Mehrheit. So sollen zum Beispiel Bundesangestellte, die ebenfalls einen Dauerausweis haben, von der Regelung für eine Offenlegungspflicht ausgenommen werden. Keine Chance und lediglich Zuspruch von der SVP- und von Teilen der FDP-Fraktion hatte ein Minderheitsantrag Buffat (svp, VD), der verhindern wollte, dass die Ausstellung des Dauerausweises mit einem Verbot für die Annahme von Geld- und Sachzuwendungen verknüpft wird. Die gleiche Minderheit wollte – ebenso erfolglos – die Verhaltensregeln streichen, die für Tagesbesucherinnen und -besucher festgehalten werden sollen.
Die Vorschläge in Block 2, die den Ratsmitgliedern selber Vorschriften für mehr Transparenz hätten machen wollen, hatte die Mehrheit der SPK-NR gänzlich abgelehnt. Die bestehenden Regelungen würden genügen und die Forderungen hätten mit der Idee der parlamentarischen Initiative Berberat nichts zu tun, führten Greta Gysin und Andri Silberschmidt erneut für die Kommission als Begründungen an. Diese bestehenden Regelungen – Offenlegungspflicht der beruflichen Tätigkeiten, der Tätigkeiten in Führungs- und Aufsichtsgremien, der Beratungs-, Leitungs- und Expertentätigkeiten und der Mitwirkung in Kommissionen, unterschieden nach ehrenamtlichen und bezahlten Mandaten – sollten auf Antrag linker Minderheiten ergänzt werden. Aber weder der Vorschlag der obligatorischen Offenlegung von Entgelten über CHF 12'000 pro Jahr noch die Offenlegung von Spenden über CHF 5'000 oder die Forderung einer Deckelung von Entgelten fanden im Rat genügend Unterstützung. Angenommen wurde einzig ein Kommissionsantrag, der Einladungen von Interessenorganisation zu Informationsreisen erlauben wollte, sofern die Reisekosten von den eingeladenen Ratsmitgliedern selber bezahlt werden.
Bei der Gesamtabstimmung ereilte die Vorlage dann das Schicksal, das ihr einzelne bürgerliche Fraktionssprecherinnen und Fraktionssprecher bereits zu Beginn der Beratung angedroht hatten: Mit 96 zu 82 Stimmen wurde sie abgelehnt. Die ablehnenden Stimmen stammten dabei von der Mitte-Fraktion (21) – Marco Romano (cvp, TI) hatte von einer unbefriedigenden Vorlage gesprochen –, von der FDP-Fraktion (22) – Matthias Jauslin (fdp, AG) hatte der Kommission vorgeworfen, keinen Schritt weitergekommen zu sein und ihre Arbeit nicht gemacht zu haben – und von der SVP-Fraktion (49), bei der Barbara Steinemann (svp, ZH) ausgeführt hatte, dass Lobbying überbewertet werde. Immerhin gesellten sich auch insgesamt vier Fraktionsmitglieder der SP und der GLP zur ablehnenden Mehrheit. Einzig die Grüne Fraktion stimmte geschlossen für die Vorlage – Irène Kälin (gp, AG) hatte gefordert, das man diese wesentlichen Informationen für alle Menschen verfügbar machen und deshalb «die Hosen runter» lassen müsse. Die Ablehnung der Vorlage bewirkte nun freilich, dass die Parlamentsmitglieder auch in Zukunft bedeckt bleiben dürfen. Die Vorlage war mit dem Nein nämlich definitiv vom Tisch. Erstaunlicherweise führte dies in den Medien – anders als noch im Sommer 2019, als der Nationalrat in einer ersten Runde nicht auf die Vorlage eintreten wollte – kaum zu Kritik.

Transparentes Lobbying (Pa. Iv. 15.438)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

In der Herbstsession 2020 ging die Totalrevision des Datenschutzgesetzes in die dritte Runde der Differenzbereinigung. Zunächst hatte sich der Nationalrat mit den drei aus der letzten Runde verbleibenden Differenzen sowie einem Minderheitsantrag aus seiner SPK zu befassen. Die erste Differenz, welche die Definition der besonders schützenswerten Personendaten betraf, legte die grosse Kammer auf einstimmigen Antrag ihrer Kommission stillschweigend bei, indem sie sich der Definition des Ständerates anschloss. Demnach sind alle genetischen Daten, und nicht nur jene, die eine natürliche Person eindeutig identifizieren, besonders schützenswert.
Die zweite Differenz – und wie sich schon länger abgezeichnet hatte, der Hauptstreitpunkt des Geschäfts – war die Definition des Profilings. Cédric Wermuth (sp, AG) zeigte sich als Vertreter der Kommissionsminderheit enttäuscht über die Abkehr der Mehrheit vom gefunden geglaubten Kompromiss und bedauerte, dass seine links-grüne Ratsseite mit der Bereitschaft zur gemeinsamen Lösungssuche wohl «einen taktischen Fehler gemacht» habe. Die Kommissionsminderheit setzte sich für die ständerätliche Lösung ein, die einen risikobasierten Ansatz beim Profiling verfolgte und erhöhte Anforderungen für ein Profiling mit hohem Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person vorsehen wollte. Ein solch hohes Risiko wäre dann gegeben, wenn eine Verknüpfung von Daten eine Beurteilung wesentlicher Aspekte der Persönlichkeit einer Person erlauben würde. Die Mehrheit der SPK-NR war indessen auf den ersten Beschluss des Nationalrats – und damit auf den Stand vor Beginn der Kompromissfindung zwischen den Parlamentskammern – zurückgeschwenkt, obwohl der Nationalrat in seiner zweiten Beratung der Gesetzesvorlage den risikobasierten Ansatz noch unterstützt hatte. Die Kommissionsmehrheit wollte nun doch keine verschiedenen Risikostufen für das Profiling festlegen, weil die EU-DSGVO keine solche Unterscheidung vornehme und das sogenannte «Swiss Finish» die Schweizer Wirtschaft unnötig einschränke. Die Minderheit Wermuth und der Bundesrat waren jedoch der Ansicht, dass die Fassung der Kommissionsmehrheit das Schutzniveau gegenüber der heutigen Regelung für Persönlichkeitsprofile senke, weil sie gar keine besonderen Anforderungen für das Profiling mehr stelle. Das Konzept der Mehrheit definiere zwar den Begriff Profiling, sehe dann aber gar keine Rechtsfolgen, beispielsweise das Verlangen einer Einwilligung der betroffenen Person, vor; «genau die gleiche Wirkung» erzielte man, wenn man im Gesetz definierte, «was ein blauer Pavian sei», echauffierte sich Wermuth über den «absurden» Mehrheitsvorschlag. Die links-grüne Ratsseite betonte zudem noch einmal, dass sie einem Gesetz, welches das geltende Schutzniveau unterschreite, auf keinen Fall zustimmen werde; der risikobasierte Ansatz beim Profiling sei für seine Fraktion «eine Conditio sine qua non», so Wermuth. Dennoch folgte der Nationalrat mit 98 zu 88 Stimmen bei 5 Enthaltungen seiner Kommissionsmehrheit. Die Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP hatten sich trotz vereinzelter Unterstützung aus der Mitte und der FDP nicht durchsetzen können.
Als Drittes scheiterte ein Minderheitsantrag Glättli (gp, ZH), der ein explizites Widerspruchsrecht zum Profiling im Gesetz verankern wollte, mit 105 zu 84 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Nach Ansicht der Mehrheit, die auch der Bundesrat unterstützte, war eine solche ausdrückliche Nennung nicht nötig, weil sich ein allgemeines Widerspruchsrecht gegen die Bearbeitung der eigenen Personendaten bereits aus anderen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes ergebe.
Die letzte Differenz betraf die Frage, wie alt die bearbeiteten Daten sein dürfen, damit eine Kreditwürdigkeitsprüfung keine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung darstellt. Während die Kommissionsmehrheit hier am letzten nationalrätlichen Beschluss von zehn Jahren festhalten wollte, beantragte eine Minderheit Gredig (glp, ZH), dem Ständerat zu folgen und fünf Jahre zu beschliessen. Die Minderheitsvertreterin argumentierte, dass «ein Blick fünf Jahre in die Vergangenheit eines Menschen» ausreichen sollte, um dessen Kreditwürdigkeit zu prüfen. Auch hier setzte sich aber die bürgerliche Ratsseite durch und stimmte mit 104 zu 87 Stimmen bei einer Enthaltung dem Antrag der Kommissionsmehrheit zu.

Es verblieben für die letzte Beratung im Ständerat damit die zwei Differenzen bezüglich des Profilings und der zulässigen Daten für die Kreditwürdigkeitsprüfung. Letztere räumte die kleine Kammer aus, indem sie sich stillschweigend dem Nationalrat anschloss, wie es ihre SPK einstimmig beantragt hatte. Damit dürfen für eine Kreditwürdigkeitsprüfung bis zu zehn Jahre alte Daten beigezogen werden. Der Bundesrat, der fünf Jahre vorgeschlagen hatte, könne «gut damit leben», kommentierte EJPD-Vorsteherin Karin Keller-Sutter diesen Beschluss. Beim Profiling hielt der Ständerat hingegen ebenso stillschweigend an seinem Entscheid für die risikobasierte Variante fest, womit er eine Einigungskonferenz nötig machte, bei der sich die Ständekammer gute Erfolgschancen ausrechnete. Kommissionssprecher Daniel Fässler (cvp, AI) erklärte, weshalb die nationalrätliche Variante nicht DSGVO-konform und damit kein gangbarer Weg sei: Die DSGVO verbiete grundsätzlich jede Verarbeitung personenbezogener Daten, ausser es liege die Zustimmung der betroffenen Person oder ein anderer Rechtfertigungsgrund vor. Das Schweizer Datenschutzgesetz sei umgekehrt konzipiert, indem es die Verarbeitung von Personendaten grundsätzlich zulasse, sofern keine Ausnahme vorliege. Die Verankerung von qualifizierten Rechtsfolgen bei Profiling mit hohem Risiko sei daher notwendig, um das vorgegebene Schutzniveau zu halten.

Wie erwartet entschied sich die Einigungskonferenz im letzten Streitpunkt um das Profiling für die ständerätliche Version, dergemäss für ein Profiling mit hohem Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person erhöhte datenschutzrechtliche Anforderungen gelten. Der Nationalrat stimmte dem Antrag der Einigungskonferenz mit 134 zu 42 Stimmen bei einer Enthaltung zu, wobei sich nur die SVP-Fraktion grossmehrheitlich dagegen stellte. Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) hatte das Ratsplenum um Zustimmung gebeten, weil die Schweiz – sowohl für ihre Bürgerinnen und Bürger als auch für die Wirtschaft – dringend ein modernes und von der EU in seiner Gleichwertigkeit anerkanntes Datenschutzgesetz brauche. Der Ständerat nahm den Antrag der Einigungskonferenz einstimmig an. In den Schlussabstimmungen zeigte sich dasselbe Stimmmuster: Der Nationalrat stimmte mit 141 zu 54 Stimmen (alle SVP) bei einer Enthaltung für das totalrevidierte Datenschutzgesetz, während es der Ständerat einstimmig annahm. Damit kamen die parlamentarischen Beratungen des Datenschutzgesetzes nach über drei Jahren mit zum Teil emotional ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten doch noch zu einem mehrheitlich versöhnlichen Abschluss.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Le parlementaire Eric Nussbaumer (ps, BL) estime que certains crédits ou placements dans des matières nocives pour le climat – comme le pétrole, le charbon ou le gaz – sont incohérents avec les objectifs climatiques internationaux. Dans cette optique, il demande au Conseil fédéral, à travers une motion, de rehausser les fonds propres pondérés en fonction des risques pour les crédits et les placements dans les matières premières nocives pour le climat.
Le Conseil fédéral s'est opposé à la motion. S'il reconnaît l'importance des objectifs climatiques de l'Accord de Paris, il estime que la solution proposée serait non seulement inefficace, mais entraînerait également une surcharge bureaucratique liée à la surveillance des banques.
Le postulat a été classé, faute d'un examen dans les deux ans.

Rehaussement des fonds propres pondérés en fonction des risques pour les crédits et les placements dans les matières premières nocives pour le climat (Mo. 18.3964)

In der Herbstsession 2020 beendete der Nationalrat die Diskussionen um die Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier, indem er mit 106 zu 81 Stimmen (2 Enthaltungen) beschloss, nicht auf das Geschäft einzutreten. Damit folgte die grosse Kammer ihrer SPK-NR, die zuvor mit 13 zu 11 Stimmen Nicht-Eintreten empfohlen hatte. Ursprünglich hatte die Kommission entsprechend der ursprünglichen Forderung einer parlamentarischen Initiative Rickli (svp, ZH) vorgesehen, diese finanzielle Hilfe für ehemalige Parlamentsmitglieder gänzlich abzuschaffen. Nachdem der Nationalrat die Vorlage abgeschwächt hatte – neu sollten nur noch abgewählte, nicht aber freiwillig zurücktretende Parlamentsmitglieder von einer finanziellen Überbrückung profitieren –, war der Ständerat in der Sommersession 2020 gar nicht erst auf die Vorlage eingetreten.
Es sei eine lange Geschichte, die sich im Kreis drehe, fasste Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) zusammen. Eine Minderheit kritisiere dabei – «vielleicht auch zurecht» –, wie der Ständerat mit der Vorlage umgehe: «Wenn dem Ständerat etwas nicht passt, wird es vom Tisch gewischt». Allerdings sei damit zu rechnen, dass die kleine Kammer auch ein zweites Mal nicht eintreten werde, selbst wenn sich der Nationalrat nun mit der Vorlage beschäftigen würde, mahnte Jauslin. Es gelte deshalb, der Sache ein Ende zu bereiten. Für besagte Minderheit wiederholte Gregor Rutz (svp, ZH) noch einmal die bereits bekannten Argumente: Ratsmitglieder, die neben der Arbeitslosenversicherung als Milizparlamentarierinnen und -parlamentarier nach einem geplanten Rücktritt auch noch Einkommen erzielten, sollten nicht in den Genuss staatlich finanzierter Überbrückungshilfe kommen. Der Ständerat brauche ab und zu ein paar Monate mehr; auch er werde aber die Wichtigkeit der Angelegenheit noch erkennen. Die rhetorische Frage von Ada Marra (sp, VD), ob es niemand seltsam finde, dass die Kommissionsminderheit von einem Fraktionsmitglied jener Partei angeführt werde, die nichts dagegen einzuwenden habe, dass Christoph Blocher, AHV-Bezüger und reich, ebenfalls eine Art von Überbrückungshilfe beanspruche, blieb unbeantwortet – die Vaudoise spielte auf die Forderung des alt-Bundesrats an, sein Ruhegehalt nachträglich beziehen zu können. In der Folge warb Marianne Streiff-Feller (evp, BE) im Namen der Mitte-Fraktion für die 2019 gefundene Kompromisslösung und entsprechend für Eintreten und Kurt Fluri (fdp, SO) gab bekannt, dass die FDP-Fraktion auch aus finanziellen Überlegungen für Nicht-Eintreten stimmen werde: Auch mit der abgeschwächten Lösung würden nur unwesentliche Einsparungen der pro Jahr im Schnitt rund CHF 100'000 betragenden Überbrückungshilfen gemacht. Entsprechend stammten die Stimmen, die das Geschäft – erfolglos – gerne noch einmal an die kleine Kammer geschickt hätten, aus der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion, aus der Mitte-Fraktion (28 befürwortende, 1 Gegenstimme) und aus der FDP-Fraktion (4 abweichende, befürwortende Stimmen).

Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier (Pa. Iv. 16.460)

En s'appuyant sur des législations récentes dans les pays membres de l'Union européenne (UE), Nadine Masshardt (ps, BE) souhaite renverser la charge de la preuve en matière de produits et d'équipements défectueux. Cette motion, combattue par Matthias Samuel Jauslin (plr, AG) et Hans-Ueli Vogt (udc, ZH), impose au vendeur la charge de la preuve du défaut en cas de produit ou équipement défectueux sur les premiers 6 mois qui suivent la vente.
Alors que le Conseil fédéral proposait d'accepter la motion, elle a été rejetée de justesse par le Conseil national par 90 voix contre 87 et 3 abstentions. Le camp rose-vert, rejoint par 14 voix des Vert'libéraux, 8 dissident-e-s du PLR et 3 dissident-e-s du Groupe du Centre n'ont pas étaient suffisantes pour faire adopter la motion. Les 6 député-e-s socialistes qui n'ont pas voté aurait pu faire pencher la balance, mais leur absence a été rédhibitoire. Au final, les arguments de la sécurité juridique, d'un système qui a fait ses preuves et de la responsabilité des consommateurs et consommatrices ont touché leur cible.

Économie circulaire. Renversement de la charge de la preuve en matière de produits défectueux (Mo. 19.4598)

Das Thema Digitalisierung des Service public stand im Mittelpunkt eines Postulates von Min Li Marti (sp, ZH), eingereicht im Sommer 2019. Bisher sei bei der Digitalisierung das Thema öffentliche Güter und Dienste vernachlässigt worden, so Marti in der Begründung ihres Vorstosses. Es sei nun an der Zeit, sich darüber auszutauschen, wie ein bürgernaher, digitaler Service public in Zukunft aussehen könnte. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulates und führte aus, dass er sich im Rahmen der Erneuerung seiner Strategie Digitale Schweiz mit der Digitalisierung des Service public auseinandersetzen werde. Das Postulat wurde im Herbst 2019 von Matthias Jauslin (fdp, AG) bekämpft. Bei der Behandlung in der Herbstsession 2020 monierte Jauslin, dass dieses Postulat keinen Mehrwert bringe, da in der Strategie Digitale Schweiz bereits eine Art Anleitung für das staatliche Handeln vorgegeben sei und aufgezeigt werde, wie die betroffenen Akteure zusammenarbeiten müssten, um den Prozess der Digitalisierung für das Gemeinwesen gewinnbringend zu gestalten. Diese Bedenken überzeugten die Mehrheit des grossen Rates nicht; bei der Abstimmung sprachen sich 103 Anwesende für die Annahme des Postulates aus, 72 stimmten dagegen und 6 Personen enthielten sich der Stimme. Die ablehnenden Stimmen stammten allen voran von Seiten der SVP- und der FDP.Liberale-Fraktionen.

Offensive für einen digitalen Service public (Po. 19.3574)

Eine erneute Diskussion über die Offenlegung aller Interessenbindungen von Parlamentsmitgliedern erachte die Mehrheit der SPK-NR als nicht nötig, habe man doch erst vor zwei Jahren verschiedene Anpassungen am Parlamentsgesetz vorgenommen und dort auch die Offenlegungspflichten geregelt, fasste Mathias Jauslin (fdp, AG) die Position der Kommission in der Herbstsession 2020 zusammen. Die Forderungen der parlamentarischen Initiative Reynard (sp, VS) seien dort zumindest teilweise schon erfüllt worden: die Auflistung der beruflichen Tätigkeit mit Funktion und Arbeitgeber, die Deklaration von Beratungs- und Expertentätigkeiten für den Bund und für Interessengruppen, die Nennung von Tätigkeiten im Bereich von Führungs- und Aufsichtsaufgaben, die Offenlegung der Mitwirkung in Kommissionen und Organen des Bundes sowie die Angabe, ob eine Tätigkeit bezahlt oder ehrenamtlich ist. Eine Offenlegung der Finanzen, wie sie der Vorstoss Reynard jetzt verlange, sei schon damals nicht mehrheitsfähig gewesen. Das Milizsystem würde mit solchen Forderungen «torpediert». Nur in einem Berufsparlament, das vollständig staatlich finanziert sei, sei es sinnvoll, «jeden zusätzlich verdienten Franken zu deklarieren». Der Europarat könne zudem nicht als Vorbild dienen – Reynard hatte in der Begründung seines Vorstosses sowie in seinem Plädoyer darauf verwiesen, dass diejenigen Parlamentsmitglieder, die gleichzeitig Mitglied des Europarats sind, die von seiner Initiative vorgesehenen Regeln bereits umsetzen würden –, seien doch dort «massive Korruptionsfälle» Auslöser für die strengen Offenlegungspflichten gewesen. In der Schweiz funktionierten die geltenden Regelungen gut und das System der Freiwilligkeit genüge – so Jauslin abschliessend. Die Bitte von Ada Marra (sp, VD), die die Kommissionsminderheit vertrat und darauf hinwies, dass Mathias Reynard am heutigen Tag Geburtstag habe und man ihm mit der Annahme der Initiative ein Geschenk machen könne, verhallte bei der Mehrheit der Volksvertreterinnen und -vertreter ungehört. Mit 113 zu 67 Stimmen (9 Enthaltungen) wurde das Anliegen versenkt. Nur die SP- und die GP-Fraktion, unterstützt von Lukas Reimann (svp, SG) und Yvette Estermann (svp, LU), hätten sich mehr Transparenz im Sinne der Vorlage gewünscht.

Interessenbindungen offenlegen (Pa.Iv. 18.476)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Im Sommer 2020 drängten zahlreiche Politikerinnen und Politiker aus verschiedenen Parteien auf eine Nachfolgelösung für das EU-Austauschprogramm Erasmus+ ab 2021. Momentan beteiligt sich die Schweiz im Rahmen des «Swiss-European Mobility Programme» als Drittland an den Aktivitäten des Bildungsprogramms Erasmus+, nachdem die Vollassoziierung aufgrund der Abstimmung zur Masseneinwanderungsinitiative in 2014 vonseiten der EU ausser Kraft gesetzt worden war. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier äusserten sich sowohl im Rahmen von parlamentarischen Debatten – bei der BFI-Botschaft 2021-2024, bei der Totalrevision des Gesetzes über die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung oder im Rahmen eines spezifischen Vorstosses zur Nachfolgelösung von Erasmus+ – sowie durch Äusserungen in den Medien. Im Zentrum der Kritik stand allen voran Bildungsminister Parmelin. Dieser agiere zögerlich und scheue wohl die Kosten einer Vollassoziierung, wie Christoph Eymann (ldp, BS) mutmasste. Eric Nussbaumer (sp, BL) stufte das Verhalten des Gesamtbundesrates als intransparent ein. Auch von Seiten der Studierenden und jungen Erwachsenen wurde Kritik laut; im Mai 2020 hatte die SAJV eine Petition lanciert, welche die Vollassoziierung an die Nachfolgelösung von Erasmus+ forderte; diese wurde auch vom VSS sowie von links-grünen Parteien unterstützt. Seitens der Universität Basel wurde an der derzeitigen Vereinbarung kritisiert, dass einige ausländische Universitäten die Zusammenarbeit nicht weiterführen würden, solange die Schweiz nicht an der Nachfolgelösung von Erasmus+ teilnehme. Zudem gebe es keine Rechtssicherheit, «weil die Partneruniversitäten nicht verpflichtet seien, die Verträge mit den Schweizer Unis weiterzuführen». Es gab aber auch Stimmen, die dem EU-Austauschprogramm eher kritisch gegenüberstanden. So stufte Peter Keller (svp, NW) die jetzige Lösung als sinnvoll ein, zumal eine Vollassoziierung an die Nachfolgelösung von Erasmus+ wahrscheinlich ziemlich teuer sein werde. Die Weltwoche war der Ansicht, dass der Austausch auf jeden Fall weitergeführt werde, entweder im Rahmen der bestehenden Lösung oder mit der Schweiz als Vollmitglied. Und falls es doch wider Erwarten nicht zu einer Einigung käme, sei dies auch nicht so dramatisch, zumal solche Auslandsaufenthalte ohnehin überbewertet würden, schrieb die Zeitung weiter.

Drängen auf Nachfolgelösung für Erasmus+

Eigentlich hätte die Stimmbevölkerung am 17. Mai 2020 über drei Vorlagen abstimmen sollen. Allerdings beschloss der Bundesrat am 18. März angesichts der Covid-Pandemie, die Abstimmungen über die Begrenzungsinitiative, das Jagdgesetz und die Erhöhung der Kinderabzüge zu verschieben. In ihrer Medienmitteilung begründete die Regierung ihren Entscheid mit der erschwerten Meinungsbildung und der nicht sicher zu gewährleistenden Abstimmungsorganisation. Aufgrund des Versammlungsverbots könnten ferner auch keine Informations- und Publikumsveranstaltungen stattfinden. Neben der Absage der Urnengänge empfahl der Bundesrat den Kantonen, Gemeindeversammlungen zu verbieten. Zudem kündigte er eine Verordnung für einen Fristenstillstand an.
In den Medien wurde der Entscheid mehrheitlich begrüsst. Auch die SVP, die mit der Kampagne für ihre Begrenzungsinitiative bereits begonnen hatte, stand hinter dem Entscheid des Bundesrats. Die Menschen hätten jetzt andere Probleme, gab Thomas Aeschi (svp, ZG) der Aargauer Zeitung zu Protokoll. Für den Entscheid habe man Verständnis, gab Eric Nussbaumer (sp, BL) die Befindlichkeiten in der SP zum Ausdruck, es sei allerdings demokratiepolitisch heikel, wenn neben dem Parlament nun auch die Stimmbevölkerung keine politischen Rechte mehr ausübe. Man hätte sich auch angesichts der schleppenden Verhandlungen mit der EU eine raschere Klärung bei der Begrenzungsinitiative gewünscht, präzisierte Christian Levrat (sp, FR) in Le Temps.
In den Medien wurden zudem vergleichbare Situationen gesucht. Selbst während der beiden Weltkriege und der spanischen Grippe 1918 sei es nicht zu Verschiebungen von Urnengängen gekommen, wohl aber 1951, als es die Maul- und Klauenseuche an vielen Orten verunmöglicht habe, den Urnengang durchzuführen.
Verschiedene Kantone gingen derweil unterschiedlich mit der Corona-Situation um. Im Kanton Schwyz wurden kantonale und im Kanton Luzern Ende März noch lokale Wahlen durchgeführt. Rund 90 Prozent der Bevölkerung würde sowieso brieflich abstimmen; einzig die Auszählung würde wohl länger dauern – so die Behörden. Eine Verschiebung sei angesichts der weit fortgeschrittenen Meinungsbildung aber nicht angebracht. Im Kanton Tessin hingegen, der stark unter der Pandemie litt, wurden die kommunalen Wahlen von Anfang April verschoben. Die zweiten Wahlgänge der lokalen Wahlen in Genf wiederum fanden statt – allerdings ohne Urne. Wer nicht brieflich stimmen konnte, durfte seinen Wahlzettel Dorfpolizisten übergeben, die diese auf Anfrage abholten.

Ende April entschied der Bundesrat dann, die drei Vorlagen auf den Abstimmungstermin vom 27. September 2020 zu verlegen, an dem auch über die Beschaffung der neuen Kampfjets und über den Vaterschaftsurlaub abgestimmt werden sollte. Die Medien sprachen in der Folge aufgrund der fünf nationalen Abstimmungen von einem «Supersonntag».

Volksabstimmungen vom Mai 2020 verschoben

Nach zweimaliger Bekämpfung des Postulats von Eric Nussbaumer (sp, BL) zur parlamentarischen Mitwirkung in den Angelegenheiten Schweiz/EU beriet die grosse Kammer in der Frühjahrssession 2020 darüber. Postulant Nussbaumer forderte nachdrücklich mehr Kohärenz in der Schweizer Aussenpolitik. Dazu gehöre seiner Meinung nach auch, dass man die Stellung der Bundesversammlung in aussenpolitischen Themen respektiere, insbesondere im Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU. Die verbesserte Einbindung des Parlaments in aussenpolitische Prozesse sei schon seit Jahren ein Thema im Parlament, wie unter anderem die Motion der APK-SR (Mo.10.3354) von 2010 belege. Der Bundesrat solle dem Parlament aufzeigen, wie es besser informiert werden und in der aussenpolitischen Gestaltung mitwirken könne. Der SVP-Fraktion, aus deren Mitte die beiden Bekämpfungen stammten, warf er vor, dass sie die oberste Macht im Staat, nebst Volk und Ständen, nicht in die Mitwirkung einschliessen wolle.
Diesen Vorwurf liess sich Pirmin Schwander (svp, SZ) nicht gefallen und hielt dagegen, dass die Bundesverfassung die Mitwirkungsrechte des Parlaments bereits zur Genüge regle und das Postulat daher obsolet sei. Er befürchtete des Weiteren, dass die von Nussbaumer vorgeschlagenen Massnahmen die Glaubwürdigkeit einer kohärenten Aussenpolitik des Bundesrats gefährden würden. Der anwesende Bundesrat Cassis empfahl das Postulat im Namen des Bundesrats zur Annahme. Der Bundesrat sei gewillt, mit der Botschaft zum institutionellen Abkommen Schweiz-EU auch die Möglichkeiten der zukünftigen Mitwirkung des Parlaments in europapolitischen Angelegenheiten darzustellen. Die grosse Kammer folgte dieser Empfehlung mit 140 zu 50 Stimmen deutlich, nur die Fraktion der SVP stimmte geschlossen gegen das Anliegen.

Postulat zur parlamentarischen Mitwirkung in Angelegenheiten Schweiz/EU (18.3059)

Weil der Ständerat auf die Vorlage der SPK-NR, welche diese auf der Basis der parlamentarischen Initiative Aeschi (svp, ZG) ausgearbeitet hatte, nicht eintreten wollte, musste die grosse Kammer entscheiden, ob sie an ihrem bereits gefassten Eintretensentscheid festhalten oder aber der Entscheidung des Ständerats folgen und die Idee der Einführung eines Verordnungsvetos endgültig versenken wollte. Letzteres empfahl eine links-grüne Kommissionsminderheit. Deren Sprecherin Nadine Masshardt (sp, BE) betonte, es sei kein Zufall, dass der Ständerat die Vorlage deutlich ablehne, weil auch die Kantone in der Vernehmlassung signalisiert hätten, dass sie keinen Handlungsbedarf sehen, dafür aber Mehraufwand und Rechtsunsicherheit befürchteten. Erneut wies die Sprecherin auch auf die Gefahr hin, dass man mit einem Verordnungsveto die Gewaltentrennung ritze. In die gleiche Kerbe schlug Bundeskanzler Walter Thurnherr, der den Standpunkt des Bundesrats vertrat. Die Regierung weise zudem noch einmal darauf hin, dass es genügend alternative Instrumente gebe, um auf Verordnungen Einfluss zu nehmen, betonte er. Mit einer Motion könne man zum Beispiel die Änderung ganz spezifischer Punkte in einer Verordnung erwirken. Das sei letztlich nicht nur effizienter, sondern auch rascher als mit einem Veto alles zu blockieren. Anders sah dies die Kommissionsmehrheit, die durch Matthias Jauslin (fdp, AG) und Jean-Luc Addor (svp, VS) vertreten wurde. Hauptargument für ein Festhalten am ursprünglichen Entschluss sei, dass der Bundesrat bei Verordnungen eben nicht immer den Willen des Parlaments umsetze. Es brauche ein Instrument, mit dem sichergestellt werde, dass Verordnungen mit der ursprünglichen Meinung des Gesetzgebers übereinstimmten. Es seien wohl auch nicht die Kantone, die gegen ein Veto seien, sondern vielmehr die Kantonsregierungen, so Addor. Die 16 zu 7-Mehrheit der SPK-NR sei der Meinung, dass sich der Ständerat der wichtigen Frage nicht einfach entziehen dürfe.
Die Mehrheit des Nationalrats folgte der Kommissionsmehrheit. Mit 99 zu 83 Stimmen und 6 Enthaltungen wurde Festhalten am Eintretensentscheid beschlossen. Gespalten zeigten sich die Mitte- und die FDP-Fraktion. Die SVP und die Grünliberalen stimmten geschlossen für Festhalten und Links-Grün wollte die Vorlage erfolglos versenken. Damit geht das Geschäft noch einmal zurück in die kleine Kammer.

Veto gegen bundesrätliche Verordnungen (Pa. Iv. 14.422)
Dossier: Vorstösse für ein Veto des Parlamentes gegen Verordnungen des Bundesrates

Einstimmig bei sechs Enthaltungen genehmigte der Nationalrat in der Frühjahrssession 2020 das Änderungsprotokoll vom 10. Oktober 2018 zum Übereinkommen SEV 108 des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Beratungen des Datenschutzgesetzes seien mittlerweile weit genug fortgeschritten, um vorherzusehen, dass es mit dem vorliegenden Übereinkommen kompatibel sein werde, erklärte Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) vor dem Ratsplenum. Bundesrätin Karin Keller-Sutter unterstrich, die Schweiz sende mit der Ratifikation des Abkommens ein positives Signal an die EU, für die das «ein wichtiges Indiz für den Entscheid über den Angemessenheitsbeschluss» darstelle.

Änderung des Übereinkommens SEV 108 des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (BRG 19.068)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Bei der Totalrevision des Datenschutzgesetzes begann in der Frühjahrssession 2020 der Nationalrat mit der Differenzbereinigung. Als Kernpunkt der Vorlage identifizierte Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) die Bestimmungen zum sogenannten Profiling (d.h. automatisierte Datenbearbeitung zur Bewertung bestimmter Aspekte einer Person). Einig war man sich hier inzwischen geworden, dass im Sinne eines risikobasierten Ansatzes irgendwie zwischen verschiedenen Arten von Profiling unterschieden werden muss. Weder der Ansatz des Bundesrates, an alle Arten von Profiling erhöhte Datenschutzanforderungen zu stellen, noch der vom Nationalrat als Erstrat beschlossene Verzicht auf jegliche Regulierung des Profilings wurden nunmehr als gangbare Wege betrachtet. Um die richtige Lösung für die Definition der verschiedenen Risikostufen wurde allerdings noch gerungen. Der ständerätliche Vorschlag, Profiling mit hohem Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person von gewöhnlichem Profiling zu unterscheiden, war in der SPK-NR auf Skepsis gestossen, weil in der Praxis fast jedes Profiling die einschlägigen Kriterien – die bearbeiteten Personendaten stammen entweder aus verschiedenen Quellen oder betreffen verschiedene Lebensbereiche – für hohes Risiko erfülle. Während die SP- und die Grüne Fraktion den Minderheitsantrag Glättli (gp, ZH) auf Beibehaltung der ständerätlichen Lösung unterstützten, sprach sich die Ratsmehrheit für einen Minderheitsantrag Jauslin aus, der es mit einer anderen Risikodefinition versuchte. Jedoch wurde auch dieser Vorschlag nicht als ausgereift angesehen. Im Prinzip war es einerlei, ob die Kommissionsmehrheit oder die Minderheit Jauslin obsiegte; das Hauptanliegen der Ratsmehrheit war es, hier die Differenz aufrechtzuerhalten, damit die Diskussion dieser Problematik weitergeführt werde. Die linke Ratsseite machte indes klar, dass diese Bestimmungen die «Pièce de Résistance» dieses Gesetzes seien, wie es deren Wortführer Cédric Wermuth (sp, AG) und Balthasar Glättli ausdrückten. Eine laschere Regelung als diejenige des Ständerates wollten sie nicht akzeptieren. Zusammen mit der SVP, die das Gesetz ohnehin als «Meisterwerk der Bürokratie» (Gregor Rutz, svp, ZH) ablehnte, könnte diese Drohung, je nach Entscheid des Ständerats, im Hinblick auf die Schlussabstimmungen noch brisant werden, mutmasste der Tages-Anzeiger.
Bei einigen weiteren umstrittenen Punkten erhielt der Nationalrat die Differenz zum Ständerat aufrecht, indem er an seinen Beschlüssen als Erstrat festhielt. So definierte die grosse Kammer nach wie vor nur jene genetischen Daten als besonders schützenswerte Personendaten, die eine Person eindeutig identifizieren. Der besondere Schutz aller genetischen Daten schaffe Rechtsunsicherheit für die Forschung, so das Argument der Kommissionsmehrheit, die den entsprechenden Antrag gestellt hatte. Des Weiteren sah die Volkskammer keine Notwendigkeit, dass der betroffenen Person bei der Beschaffung von Personendaten zwingend die Liste ihrer Rechte und gegebenenfalls die Absicht des Bearbeitenden, eine Kreditwürdigkeitsprüfung vorzunehmen, mitgeteilt werden müssen, um die der Ständerat die Informationspflicht ergänzt hatte. An der als Erstrat noch eingefügten Ausnahme von der Informationspflicht bei unverhältnismässigem Aufwand hielt der Nationalrat hingegen nicht mehr fest, weil sie wohl nicht mit den EU-Kriterien für ein angemessenes Datenschutzniveau vereinbar wäre. Hinsichtlich der Kreditwürdigkeitsprüfung beharrte die grosse Kammer jedoch darauf, dass dafür Daten der letzten zehn, anstatt wie vom Bundesrat und vom Ständerat vorgesehen nur der letzten fünf, Jahre beigezogen werden dürfen.
In zwei weiteren wichtigen Punkten räumte der Nationalrat die Differenzen aus, indem er dem Beschluss des Ständerates folgte. Er hiess einerseits das vom Ständerat eingeführte «Konzernprivileg» gut, das die Datenweitergabe innerhalb von Konzernen erleichtert, indem die Weitergabe zwischen Unternehmen, die von derselben juristischen Person kontrolliert werden, nicht als Weitergabe an Dritte betrachtet wird. Auch hier bestehe aber noch Nachbesserungsbedarf, stellte Kommissionssprecher Jauslin fest, da die Erleichterung bei sehr grossen Konzernen, deren Unternehmen zwar durch die gleiche juristische Person kontrolliert werden, aber verschiedene Geschäftstätigkeiten ausüben, eventuell zu weit gehe. SP-Vertreter Cédric Wermuth hatte anhand von Alphabet, dem Mutterkonzern von Google, auf dieses Problem aufmerksam gemacht, da zu Alphabet «inzwischen die halbe Internetinfrastruktur» gehöre. Der Kommissionssprecher drückte indes seine Hoffnung aus, dass der Bundesrat in der Verordnung eine Lösung für solche Fälle finde. Andererseits beliess der Nationalrat die Strafbestimmung, die bei Verletzung der Sorgfaltspflichten für die Datensicherheit eine Busse von bis zu CHF 250'000 androht, im Gesetz. In seiner ersten Beratung hatte er diese noch gestrichen, vom Ständerat war sie dann aber wieder eingefügt worden, da eine solche Strafbestimmung zu den Anforderungen für die Datenschutzäquivalenz der EU gehöre. Mit einer Handvoll verbliebener der anfänglich elf Differenzen überwies die Volkskammer den Entwurf wieder an die Ständekammer.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Keine Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang forderte die Motion Bruderer Wyss (sp, AG). Ihre Forderung, die Stellenmeldepflicht auch auf die Stellensuchenden der IV auszudehnen, fand in der SPK-NR mit 19 zu 4 Stimmen weitgehend Anklang. Eine Minderheit Jauslin (fdp, AG) argumentierte jedoch, dass der Zugang zu den RAV auch IV-Beziehenden offenstehe und ein weiterer Ausbau der Bürokratie durch Annahme der Motion daher nicht nötig sei.
Seine Argumentation führte der Minderheitensprecher im Rahmen der Beratung des Geschäfts durch den Nationalrat in der Frühjahrssession 2020 weiter aus: Eine Ausweitung der Stellenmeldepflicht von Problemberufen auf andere Problemfelder wie die Invalidenversicherung sei «nicht im Sinne der Masseneinwanderungs-Initiative». Zwar könnten Personen, die bei der IV, nicht aber bei einem RAV angemeldet seien, in der Tat nicht vom Inländervorrang profitieren, genauso ginge es aber allen anderen stellensuchenden Personen, die nicht bei einem RAV angemeldet seien. Da die Regierung diesbezüglich schlanke Massnahmen versprochen habe – was er als praxisnahe Regelung ohne Zusatzaufwand für die Wirtschaft verstehe –, zog Jauslin seinen Minderheitsantrag zurück. Stillschweigend nahm der Nationalrat somit die Motion an.

Keine Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang (Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative; Mo. 19.3239)

Nachdem der Bundesrat in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 20. November 2019 explizit auf eine Stellungnahme verzichtet hatte – es sei, auch wenn damit finanzielle Folgen verknüpft seien, Sache des Parlaments, Regelungen für Entschädigungen und berufliche Vorsorge seiner Mitglieder zu finden –, kam die von der SPK-NR ausgearbeitete und auf eine parlamentarische Initiative Rickli (svp, ZH) zurückgehende Abschaffung der Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier zur Beratung in die grosse Kammer. Eine links-grüne Kommissionsminderheit beantragte Nichteintreten. Die gänzliche Abschaffung sei unverhältnismässig, begründete Minderheitssprecher Angelo Barrile (sp, ZH) den Antrag. Es könne sein, dass man nicht wiedergewählt werde, das habe sich «gerade jetzt – nach dem Wahlsonntag» wieder gezeigt. Und in diesem Fall, der einer Entlassung von einem Moment auf den anderen gleichkomme, könne es sein, dass man auf finanzielle Hilfe angewiesen sei. Das Anliegen der Minderheit wurde allerdings relativ knapp mit 98 zu 84 Stimmen abgelehnt. Zu den geschlossen stimmenden SP-, GLP- und GP-Fraktionen gesellten sich 5 Stimmen aus der neu geschaffenen Mitte-Fraktion (CVP-EVP-BDP). In der Folge wurde über einen Minderheitsantrag Streiff-Feller (evp, BE) debattiert, der anstelle einer gänzlichen Abschaffung eine Kompromisslösung vorschlug. Die Bezugsdauer solle analog zu einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung auf sechs Monate beschränkt werden, sofern ein Ratsmitglied noch nicht 65 Jahre alt ist und keine Arbeitslosengelder beziehe. Mit 107 zu 77 Stimmen nahm der Nationalrat diesen Minderheitsantrag an – nachdem Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) die Parlamentsmitglieder explizit darauf aufmerksam gemacht hatte, dass sie ein Anrecht auf Arbeitslosengelder hätten. Gegen den Antrag votierten die geschlossenen Fraktionen der FDP-Liberalen und der SVP. In der Gesamtabstimmung wurde das Geschäft mit 104 zu 80 Stimmen angenommen und an den Ständerat überwiesen. Die Opposition kam erneut von den SP-, GLP- und GP-Fraktionen, die lieber gar keine Änderung gehabt hätten.

Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier (Pa. Iv. 16.460)

Im Rahmen der Revision des Datenschutzgesetzes entschied sich die SPK-NR im August 2019, den Bundesrat mit sechs Motionen (Mo. 19.3960, Mo. 19.3961, Mo. 19.3962, Mo. 19.3963, Mo. 19.3964, Mo. 19.3965) aufzufordern, die Datenschutzbestimmungen in anderen Bundesgesetzen zu vervollständigen.
Mit der Motion 19.3965 wollte die Kommission eine gesetzliche Grundlage für die Bearbeitung von Personendaten – auch von besonders schützenswerten Daten – durch Flughafenhalter und deren Auftragsbearbeiter schaffen. Im Flugbereich müssten an verschiedenen Stellen Daten bearbeitet werden, etwa zur Flugsicherheit, zum Zutritt zu sicherheitskontrollierten Bereichen, zu Vorfällen und Unfällen oder für Passagierprozesse wie Check-ins. Personendaten müssten an Sicherheitsorgane des Bundes und der Kantone oder an Luftverkehrsunternehmen weitergegeben werden. Zudem seien im Rahmen des Nationalen Sicherheitsprogramms Luftfahrt (NASP) Möglichkeiten zur Videoüberwachung oder zur Bearbeitung von biometrischen Daten geschaffen worden – jedoch fehlten für diese Vorgänge die gesetzlichen Grundlagen. Zudem solle bei Verabschiedung der Revision des Datenschutzgesetzes eine gesetzliche Grundlage für Profiling erstellt werden.
Der Bundesrat erachtete die Erweiterung der Datenbearbeitungskompetenz als nicht notwendig. Die heutigen Vorschritften entsprächen den Vorgaben der internationalen Zivilluftfahrtbehörde und der EU und hätten sich bewährt. Die von der Kommission aufgelisteten Prozesse seien nicht Aufgabe der Flughafenhalter, somit benötigten diese auch keine Kompetenz zur entsprechenden Datenbearbeitung. Mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) erhielten die Flughafenhalter zudem die für den Zugang zu geschützten Bereichen im Flughafen nötigen Informationen.
In der Wintersession 2019 behandelte der Nationalrat diese Motion, nicht aber die fünf verwandten Vorstösse. Man habe diese sechs Aspekte aus der Beratung des Datenschutzgesetzes ausgelagert, um weitere Verzögerungen bei Letzterem zu vermeiden, erklärte der Sprecher der SPK-NR Matthias Jauslin (fdp, AG). Er zeigte sich über die ablehnende Haltung des Bundesrates erstaunt, zumal die Kommission die Motion mit 20 zu 2 Stimmen (bei 1 Enthaltung) verabschiedet habe und kein Minderheitsantrag vorliege. Verkehrsministerin Sommaruga versuchte, die Position des Bundesrates noch einmal zu verdeutlichen: In denjenigen Bereichen, in denen die Flughafenhalter für die Sicherheit zuständig sind, erhielten sie bereits heute die notwendigen Informationen; für alle anderen Bereiche, die nicht zu ihren Aufgaben zählten, benötigten sie auch keine entsprechenden Kompetenzen. Wie Simonetta Sommaruga in der Debatte vermutet hatte, nahm der Nationalrat die Motion mit 132 zu 50 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) deutlich an. Die SVP-Fraktion lehnte den Vorstoss einstimmig ab.

Gesetzliche Grundlage für die Bearbeitung und Bekanntgabe von Personendaten durch die Flughafenhalter

Die ständigen Kommissionen, die mit der Parlamentsreform Anfang der 1990er Jahre eingeführt wurden, spielen eine herausragende Rolle im schweizerischen Gesetzgebungsprozess. In den Kommissionen werden zahlreiche Entscheide vorgespurt und wichtige Änderungen an Gesetzesvorlagen angebracht. Kommissionen geben Empfehlungen zu vielen Vorstössen ab, sie entscheiden, ob via parlamentarische Initiativen angestossene Ideen in neue Gesetze fliessen sollen und arbeiten entsprechende Gesetzesentwürfe auch aus. Freilich ist es das Gesamtparlament, das letztlich entscheidet, ob es die Empfehlungen und Vorlagen seiner Kommissionen annehmen möchte oder nicht. Eine Studie der Universität Bern zeigte allerdings auf, dass das Parlament im langjährigen Schnitt rund 75 Prozent aller Kommissionsempfehlungen (bei parlamentarischen Initiativen und Standesinitiativen) befolgt. Es ist somit nicht verwunderlich, dass die parteipolitische und individuelle Besetzung der verschiedenen Kommissionen politisch von einiger Bedeutung ist.
Institutionell sind die Vorgaben dafür klar: Die Fraktionen – nicht die Parteien – erhalten entsprechend ihrer Mandatszahl in den jeweiligen Räten eine Anzahl Kommissionssitze, die sie dann mittels Verhandlungen mit den anderen Fraktionen auf die verschiedenen Kommissionen und mit fraktionsinternen Verfahren zwischen ihren Mitgliedern verteilen. Im Nationalrat setzen sich die zwölf ständigen Kommissionen (neun Sachbereichs- und zwei Aufsichtskommissionen sowie die Immunitätskommission) in der Regel aus 25 Mitgliedern zusammen, die Immunitätskommission aus neun. Im Ständerat umfassen die elf ständigen Kommissionen – der Ständerat kennt keine Immunitätskommission – jeweils 13 Mitglieder. Neben den ständigen Kommissionen können auch Spezialkommissionen eingesetzt werden, für die entsprechend ihrer Grösse ebenfalls ein Verteilschlüssel errechnet wird.
Entsprechend der Ergebnisse der eidgenössischen Wahlen 2019 entfielen von den total 284 Kommissionssitzen im Nationalrat 79 auf die SVP-Fraktion, 56 auf die SP-Fraktion, 43 auf die Mitte-Fraktion, 42 auf die Fraktion der Grünen, 41 auf die FDP-Fraktion und 23 auf die Fraktion der Grünliberalen. Abzüglich der neun Sitze in der Immunitätskommission (SVP: 3; SP: 2; alle anderen Fraktionen je 1) hatte damit also die SVP einen Anspruch auf je sieben Sitze in zehn Kommissionen und sechs Sitze in einer Kommission. Die SP konnte in zehn Kommissionen jeweils fünf Mitglieder platzieren und in einer vier. Jeweils vier Mitglieder schickten die Mitte-Fraktion in neun Kommissionen (und je 3 in 2 Kommissionen), die Fraktion der Grünen in acht Kommissionen (und je 3 in 3 Kommissionen) und die FDP-Fraktion in sieben Kommissionen (und je 3 in 4 Kommissionen). Die Fraktion der GLP hatte entsprechend dieser Aufteilung Anspruch auf je zwei Sitze in den elf Kommissionen. Der Verteilschlüssel im Ständerat brachte der Mitte- und der FDP-Fraktion je drei Mitglieder in jeder Kommission, der SP- und der SVP-Fraktion je zwei und der Fraktion der Grünen eines pro Kommission. Darüber hinaus konnte die Mitte-Fraktion in sieben Kommissionen einen zusätzlichen Sitz beanspruchen, die FDP in vier, die SP in sechs und die GP in fünf. Da mehr Kommissionssitze als Fraktionssitze zu besetzen sind, bedeutet dies also auch, dass einzelne Mitglieder in zwei oder mehr Kommissionen Einsitz nehmen.
Wesentlich interessanter als die zahlenmässige Verteilung und medial besonders verfolgt waren die personellen Entscheidungen in den einzelnen Fraktionen. Wer sollte Einsitz in welche Kommission haben? Wichtig war diese Entscheidung nicht nur deshalb, weil es mehr oder weniger interessante Kommissionen gebe – die Medien betonten hier immer wieder die Wichtigkeit der Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK) –, sondern weil der Einsitz in eine Kommission mit individuellen inhaltlichen aber auch handfesten Interessen verknüpft sein konnte. So dürfte sich eine Juristin in der Gerichtskommission (GK) vielleicht wohler fühlen als ein Arzt, der sich wiederum eher für einen Sitz in der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) interessieren dürfte. Freilich dürften es aber vor allem auch die Interessenbindungen sein, die von Bedeutung sind. So hatten in den letzten Jahren die Diskussionen um die Problematik der inhaltlichen Verknüpfung von Interessengruppen mit der Kommissionsarbeit stark zugenommen (vgl. auch Dossier «Lobbyismus im Bundeshaus»). Dabei stand die Frage im Raum, ob und inwiefern Lobbying immer unmittelbarer bereits in den Kommissionen stattfinde.

Die Fraktionen hatten nach Bekanntgabe der Verteilschlüssel durch die Parlamentsdienste Ende November bis zum 10. Dezember Zeit, die Kommissionsmitglieder zu bestimmen. Die Zeitung Blick wusste dabei von SVP-internen Streitigkeiten bei der Verteilung zu berichten. Lukas Reimann (svp, SG) hatte sich öffentlich beklagt, dass er seinen Sitz in der SPK-NR nicht behalten durfte; er werde abgestraft, weil er sich gegen Lobbyismus einsetze und zu wenig parteikonform stimme. Auch die NZZ vermutete: «Die SVP setzt Abweichler unter Druck und straft sie ab». Die Zeitung aus Zürich berichtete über Diana Gutjahr (svp, TG), die vom Fraktionsvorstand der SVP in der WBK-NR belassen wurde, obwohl ihre Kandidatur für die Präsidentschaft des Schweizerischen Gewerbeverbands mit einer Einsitznahme in der WAK-NR wohl chancenreicher gewesen wären. An ihrer statt würde die neu gewählte Esther Friedli (svp, SG) in der «einflussreichen» WAK Einsitz nehmen, obwohl «Neulinge [...] sehr selten auf Anhieb in eine zentrale Kommission wie die WAK entsandt» würden, so die NZZ weiter. Friedli habe diesen «Senkrechtstart ihrem Beziehungsnetz zu verdanken, primär ihrem Lebenspartner, dem früheren Parteichef Toni Brunner (svp, SG).» Gutjahr sei wohl ein «europapolitischer Denkzettel» verpasst worden, weil sie sich weigere, die Begrenzungsinitiative der SVP zu unterstützen, interpretierte die NZZ. Der angefragte Fraktionschef Thomas Aeschi (svp, ZG) betonte auf Anfrage, dass bei der Vergabe der Kommissionssitze nicht alle Wünsche erfüllt werden könnten.
Mediale Erwähnung fand auch die Besetzung der Gesundheitskommission durch die SP. In der Regel müssten Neugewählte mit ihren Wünschen hinten anstehen, berichtete dazu auch die Aargauer Zeitung. Dies gelte nicht für Pierre-Yves Maillard (sp, VD), der als früherer Gesundheitsdirektor des Kantons Waadt «auf Anhieb den Sprung in die prestigeträchtige Gesundheitskommission» geschafft habe, obwohl der bisherige Angelo Barrile (sp, ZH) als Arzt dafür prädestiniert gewesen wäre. Die NZZ berichtete ferner von einer SP-internen Regel. Da die Zahl der Kommissionssitze grösser ist als die Zahl der Fraktionsmitglieder haben rund ein Drittel der SP-Mitglieder zwei Kommissionssitze inne. Besagte Regel schreibe vor, dass dies für maximal vier Jahre möglich sei. Dann habe man sich auf einen Sitz zu konzentrieren. Laut der NZZ habe sich deshalb Eric Nussbaumer (sp, BL) zwischen der UREK-NR und der APK-NR zugunsten Letzterer entscheiden müssen. Auch Beat Jans (sp, BS) habe wegen dieser Regel seinen Sitz in der WAK-NR abgegeben und werde sich nun auf die UREK-NR alleine konzentrieren müssen. «Weitsichtige Planung» attestierte die NZZ der SP hingegen für die Besetzung der Kommissionssitze im Ständerat. Mit Christian Levrat (sp, FR) und Paul Rechsteiner (sp, SG) würden zwei «Schwergewichte» der Partei das Kommissionspräsidium der «wichtigsten und einflussreichsten» Kommissionen übernehmen, der SGK-SR und der WAK-SR. Beliebt sei neben der WAK und der SGK aber auch die UREK, weil sie «viel Aufmerksamkeit» generiere, so die Aargauer Zeitung mit Blick auf die Verteilung in der FDP-Fraktion. Weil er der Klimaoffensive seiner Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) skeptisch begegnet war, sei der bisherige Christian Wasserfallen (fdp, BE) von seiner Fraktion aus der UREK-NR in die KVF-NR versetzt worden. Wasserfallen selber sprach in der Aargauer Zeitung und auch in der NZZ allerdings von einem lange gehegten Wunsch. Einen zusätzlichen Aspekt brachte die St. Galler Zeitung in die Diskussion: die regionale Vertretung in den Kommissionen. «St. Gallerinnen starten durch», titelte die Zeitung und freute sich, dass die Ostschweiz «mehr Gewicht in der Wirtschaftskommission» erhalte. Aber auch eine regionale Vertretung in der Verkehrskommission wäre wichtig gewesen; dort sei die Vertretung der Ostschweiz aber nur noch «dünn», klagte das St. Galler Tagblatt.
Schliesslich beleuchtete die Sonntagszeitung die Verteilung der Kommissionssitze aus der Perspektive der Gleichstellung. «Die Frauenrevolution bleibt unvollendet», titelte das Blatt. Zwar hätten die Frauen im Parlament nach den Wahlen 2019 einen Anteil von 39 Prozent (in National- und Ständerat zusammen), seien aber in den parlamentarischen Kommissionen lediglich zu 36 Prozent vertreten, weil es eher Männer seien, die mehrere Kommissionssitze besetzten. Zudem sei in den «wichtigen oder prestigeträchtigen Ausschüssen» die Untervertretung der Frauen noch deutlicher. In der FK sind lediglich 26 Prozent der Mitglieder Frauen (statt 39%), in der WAK und der UREK sind es 32 Prozent und in der APK 34 Prozent. In der WBK (53% Frauen) und der SGK (die Sonntagszeitung nannte sie die «Sozialkommission»; 47%) seien die Frauen hingegen übervertreten. Auch die Kommissionspräsidien seien nur zu 23 Prozent von Frauen besetzt. Das sei «undemokratisch», kommentierte die Sonntagszeitung: «[W]o es politisch um etwas geht, sind die Politikerinnen unterrepräsentiert und haben wenig zu sagen.»

Kommissionssitze

Die SPK-NR hatte am 7. November 2019 die vom Ständerat angenommene Kommissionsmotion behandelt und dabei die Punkte vier bis sechs diskutiert. Die ersten drei Forderungen der Motion – Lohnschutz, Unionsbürgerrichtlinie und staatliche Beihilfen – waren durch die Annahme einer gleichlautenden Motion der WAK-NR (Mo. 19.3420) bereits erfüllt worden. Die Kommission befürwortete die Forderung nach Sicherstellung direktdemokratischer Partizipationsmöglichkeiten im Falle der dynamischen Rechtsübernahme und die Forderung nach Klarstellung der Streitbeilegung. Die Abstimmungen über die beiden Punkte fielen mit jeweils 12 zu 11 Stimmen jedoch äusserst knapp aus. Dies jedoch nicht wegen grosser inhaltlicher Differenzen, sondern weil einige Kommissionsmitglieder der Meinung waren, dass die beiden Forderungen bereits im institutionellen Abkommen umgesetzt worden seien. Ebenjene Minderheit Jauslin (fdp, AG) forderte daher die Ablehnung aller drei Punkte. Mit 17 zu 3 Stimmen lehnte die Kommission zumindest die dritte Forderung – die Volksabstimmung über die Begrenzungsinitiative vorzuziehen – ab. Die Initiative sei in der Wintersession desselben Jahres im Ständerat behandelt worden, demnach käme es so oder so erst im Frühling 2020 zu einer Volksabstimmung, begründete die Kommission den Entscheid.

In der Wintersession 2019 beriet der Nationalrat über die Zusatzverhandlungen zum institutionellen Abkommen mit der EU. Die Minderheit um Matthias Jauslin argumentierte, dass der Inhalt dieser Motion rein demokratisch gesehen nicht Sache des Parlaments sei. Es liege im Verantwortungsbereich der Exekutive über das Abkommen zu verhandeln, die Vorgaben umzusetzen und diese dann wiederum dem Parlament zu präsentieren. Auch der anwesende Bundesrat Cassis empfahl dem Nationalrat, die Motion abzulehnen. Dies tat die grosse Kammer schliesslich auch, indem sie den Minderheitsantrag mit 130 zu 53 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) überraschend deutlich annahm. Die Mitte-Fraktion und jene der Grünen stimmten fast geschlossen für den Mehrheitsantrag, unterlagen jedoch der überparteilichen Allianz der restlichen Fraktionen.

Zusatzverhandlungen zum institutionellen Abkommen mit der EU (Mo. 19.3416)
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen