Suche zurücksetzen

Inhalte

Akteure

  • Bigler, Hans-Ulrich (fdp/plr, ZH) NR/CN
  • Amstutz, Adrian (svp/udc, BE) NR/CN

Prozesse

101 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Im Oktober 2020 wurde am Gewerbekongress in Freiburg der Tessiner Fabio Regazzi (cvp) als neuer Präsident des SGV bestätigt. Diana Gutjahr (svp, TG) wurde in den Vorstand gewählt. Der Verband verabschiedete zudem eine Charta zur Digitalisierung, um die diesbezüglichen Entwicklungen in der Branche voranzutreiben.

Bereits im Januar hatte der Verband per Medienmitteilung bekannt gegeben, dass die Gewerbekammer (das Parlament des Verbands) Regazzi als Kandidaten für das frei werdende Präsidium nominieren würde. Ursprünglich hätte der Gewerbekongress bereits im April stattfinden sollen, doch wurde der Anlass aufgrund der Corona-Pandemie auf Ende Oktober verschoben. Im August hatte Gutjahr bekannt gegeben, ihre Kandidatur für das Präsidium – sie hätte die erste Präsidentin des Verbands werden können – zurückzuziehen und sich stattdessen für den Vorstand zur Wahl zu stellen. Es sei wichtig, so Gutjahr damals gemäss einer Medienmitteilung des Verbands, dass der SGV Zusammenhalt demonstriere, weshalb sie auf eine Kampfwahl verzichte. Zudem sei Regazzi wie sie in der Metallbaubranche tätig, weshalb sie ihm an der Wahl im Oktober ihre Unterstützung zusichere.
Nach dem Rückzug Gutjahrs stand der Wahl Regazzis als Nachfolger des bisherigen Präsidenten Jean-François Rimes (svp, FR) kaum mehr etwas im Weg. Laut NZZ, die die mögliche Wahl Regazzis bereits im Frühjahr kommentiert hatte, wäre die Wahl Gutjahrs aber nicht zuletzt wegen der schlechten Frauenquote im SGV wünschenswert gewesen. Unter den hundert Mitgliedern der Gewerbekammer befanden sich gemäss der Zeitung (Stand Januar) lediglich sieben Frauen, der Vorstand zählte neben 13 Männern nur zwei Frauen. Gutjahr, so resümierte die NZZ, hätte den Wandel verkörpern können, welchen der Verband nach der Niederlage an den eidgenössischen Wahlen 2019 – nicht nur der damalige Verbandspräsident Rime, auch Verbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) sowie Vorstandsmitglied Hansjörg Brunner (fdp, TG) waren nicht mehr in den Nationalrat gewählt worden – gebraucht hätte.

Regazzi wird neuer SGV-Präsident

Neben der Motion Bigler (fdp, ZH) debattierte der Ständerat in der Herbstsession 2020 auch die Motion seiner SPK-SR, mit der diese ein öffentliches Register der Nebenbeschäftigungen von höheren Kadern in der Bundesverwaltung forderte. Die vom Nationalrat im Juni 2019 angenommene Motion Bigler (Mo. 17.4127) war der Kommission zu weit gegangen, forderte sie doch im Gegensatz zum eigenen Vorstoss die Offenlegung von Interessenbindungen sämtlicher Kaderangestellten in der Verwaltung. Überdies sah die Kommission ein solches Register auch mit zu hohem administrativen Aufwand verbunden. Allerdings hiess sie die grundsätzliche Idee hinter dem Vorstoss gut und schlug deshalb die Ablehnung der Motion Bigler, aber die Annahme der eigenen Motion vor, gemäss der Verwaltungsangestellte mit Lohnklasse 30 und höher ihre Nebenbeschäftigungen offenlegen müssten. Dies würde rund 800 Personen betreffen, führte Kommissionssprecher Philipe Bauer (fdp, NE) im Rat aus, und wäre entsprechend weniger aufwändig als die Umsetzung der Motion Bigler. Eine von Mathias Zopfi (gp, GL) angeführte links-grüne Kommissionsminderheit wollte freilich auch von der abgeschwächten Motion nichts wissen. Die Aargauer Zeitung hatte sich bereits im Vorfeld der Debatte darüber gewundert, dass das links-grüne Lager die von ihm in der Regel geforderte Transparenz hier nicht unterstützen wolle – schliesslich sei doch gerade die Bundesverwaltung zunehmend Einfallstor für Lobbyisten und Verwaltungsangestellte mit Nebenbeschäftigungen und deshalb auch anfällig für Interessenkonflikte. Transparenz sei wichtig, nahm der Glarner Kantonsvertreter den Ball auf. Dies gelte aber vor allem für zu wählende oder gewählte Politikerinnen und Politiker, bei denen die Bürgerinnen und Bürger wissen müssten, welche Interessenvertretungen sie sozusagen mit-wählen. Bei nicht gewählten Verwaltungsangestellten gehe es eher um den Schutz der Privatsphäre. Der Bundesrat habe in seiner Antwort auf die beiden Motionen ausgeführt, dass Kader ihre Interessenbindungen und Nebenbeschäftigungen heute schon auswiesen, allerdings lediglich gegenüber ihren Vorgesetzten, die sie ja eben auch auswählten und beurteilten. Auf der Basis des Öffentlichkeitsprinzips könnten Bindungen von Kadermitarbeitenden überdies auch von der Öffentlichkeit nachgefragt werden. Eine Kontrollmöglichkeit – etwa durch die Medien – bestehe also durchaus heute schon. Eigentlich handle es sich also um eine Holschuld, mit der Forderung der beiden Motionen würde diese aber in eine Bringschuld verwandelt, was nicht nur Geld koste, sondern auch einen «destabilisierenden Effekt auf die Verwaltung» haben könnte, weil dies Potenzial für Skandalisierungen berge. Der Bundesrat befürchtete, dass man mit einer Annahme der Motionen nicht Transparenz, sondern ein Register schaffen würde «für politische Interessengruppen und für Politiker [...], die, ohne Aufwand zu haben, etwas Druck auf die Verwaltung ausüben möchten». Auch der für die Verwaltung zuständige Finanzminister Ueli Maurer stiess in dieses Horn: Ein laufend aktualisiertes Register für 800 Mitarbeitende sei eher «Voyeurismus» als nützlich. Mit einer aktiven Veröffentlichung «wird es sicher zwei, drei Journalisten geben, die einen Namen finden und dann eine Skandalgeschichte machen». Beide Motionen, auch die weniger weit gehende Kommissionsmotion, würden deshalb eher Schaden als Nutzen mit sich bringen, weshalb der Bundesrat deren Ablehnung beantrage. Während die Motion Bigler deutlich versenkt wurde, kam es bei der Kommissionsmotion zu einer sehr knappen Ablehnung von 19 zu 18 Stimmen.

Öffentliches Register der Nebenbeschäftigungen von höheren Kadern in der Bundesverwaltung (Mo. 20.3911)

In der Herbstsession 2020 diskutierte der Ständerat die von der grossen Kammer angenommene Motion von Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH), mit der dieser mehr Transparenz in der Verwaltung verlangte. Gleichzeitig behandelten die Kantonsvertreterinnen und -vertreter eine Motion ihrer SPK-SR, die als abgeschwächter Vorschlag der Motion Bigler gedacht war (Mo. 20.3911). Philippe Bauer (fdp, NE) führte für die Kommission aus, dass deren Mehrheit die Ziele der Idee von Hans-Ulrich Bigler teile. Es brauche in der Tat mehr Transparenz bei den Kaderangestellten der Bundesverwaltung. Allerdings seien die Umsetzungsvorschläge in der Motion Bigler zu spezifisch, gingen zu weit und würden vor allem hohe administrative Kosten nach sich ziehen. Deshalb habe sich die SPK-SR entschlossen, in einer eigenen Motion lediglich für die höchsten Kader ab Lohnklasse 30 – das seien rund 800 Angestellte, so Bauer – ein öffentliches Register mit Interessenbindungen zu verlangen. Die Motion Bigler sei hingegen abzulehnen. Ueli Maurer bat den Rat, beide Motionen abzulehnen, und erwähnte, dass insbesondere die Forderungen der Motion Bigler nicht umzusetzen wären; in der Folge wurde diese von der kleinen Kammer ohne weitere Diskussionen abgelehnt – genauso wie die Kommissionsmotion, bei der das Stimmenverhältnis jedoch sehr knapp ausfiel.

Transparenz in der Verwaltung (Mo. 17.4127)

Ein System zum Management der Produktivität des Personals in der Bundesverwaltung hatte Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) in einer 2018 eingereichten Motion gefordert. Damit sollte die Produktivität erhöht und die dauernde Personalaufstockung gestoppt werden. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung und betonte mit Verweis auf seine Antwort zur Motion Burgherr (Mo. 18.3345), dass das neue Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB), das seit 2017 in Kraft sei, bereits einem von der Motion verlangten System entspreche. Nachdem Bigler 2019 nicht mehr ins Parlament gewählt worden war, übernahm zwar Albert Vitali (fdp, ZH) das Anliegen, jedoch wurde die Motion nach dem Tod des Luzerner Freisinnigen 2020 zwei Jahre nach ihrer Einreichung abgeschrieben.

Produktivität in der Bundesverwaltung managen (Mo. 18.3773)

Der Bundesrat veröffentlichte im Januar 2020 den Bericht zur Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen in Partnerländern der internationalen Zusammenarbeit in Erfüllung des Postulats Bigler (fdp, ZH) und der Motion Imark (svp, SO; 16.3289). Beide Vorstösse hatten mehr Transparenz hinsichtlich der Identität und der Tätigkeiten der unterstützten Organisationen verlangt. Im Bericht listete der Bundesrat auch jene 66 NGOs auf, welche die Schweiz im Jahr 2017 in der Region Israel/Palästina unterstützt hatte. Dabei handelte es sich um Organisationen, die israelischen oder palästinensischen Ursprungs sind oder Projekte in der Region durchgeführt hatten. Darüber hinaus umfasste die Liste einen kurzen Beschrieb der Aktivitäten und deren thematischen Schwerpunkte sowie die erhaltenen Beiträge in den Jahren 2017 und 2019. Die APK-SR nahm den Bericht Ende August 2020 zur Kenntnis.

Rapport détaillé sur le financement des ONG palestiniennes et israéliennes (Po. 18.3820)
Dossier: NGOs und der israelisch-palästinensische Konflikt

Jahresrückblick 2019: Institutionen und Volksrechte

Der Bundesrat stand aus mindestens vier Gründen 2019 im Fokus der politischen Debatte. Zuerst gab die Departementsverteilung im Nachgang der Bundesratsersatzwahlen vom Dezember 2018, bei denen Doris Leuthard (cvp) und Johann Schneider-Ammann (fdp) durch Viola Amherd (cvp) und Karin Keller-Sutter (fdp) ersetzt worden waren, zu reden (vgl. auch den entsprechenden Peak bei der Medienberichterstattung). Nicht nur, dass mit Viola Amherd zum ersten Mal in der Geschichte der Schweiz eine Frau das VBS übernahm, sondern auch der Wechsel von Guy Parmelin ins WBF und von Simonetta Sommaruga ins UVEK wurden in den Medien diskutiert. Kommentiert wurde dabei insbesondere, dass die Verteilung offenbar erst nach einem Mehrheitsbeschluss innerhalb des Gremiums zustande gekommen war, was als schlechter Start und Herausforderung für die künftige Konkordanz interpretiert wurde. Mit der Wahl von zwei Frauen in die Landesregierung wurde der Debatte um die verfassungsmässige Festschreibung einer Frauenquote im Bundesrat der Wind aus den Segeln genommen. Ein entsprechender Vorstoss, der vom Ständerat noch angenommen worden war, wurde vom Nationalrat versenkt. Auch die Idee einer Karenzfrist, also das Verbot für ehemalige Magistratspersonen, Mandate von Unternehmen anzunehmen, die in Beziehung zu ihrem Regierungsamt stehen, wurde – wie schon 2015abgelehnt. Die Gesamterneuerungswahlen für den Bundesrat Ende Jahr lösten eine breite und medial stark begleitete Debatte um Zauberformel, Konkordanz, Systemstabilität und die Ansprüche der bei den Wahlen 2019 sehr erfolgreichen Grünen Partei auf einen Bundesratssitz aus. Die Mehrheit des Parlaments entschied sich, Regula Rytz, die Sprengkandidatin der Grünen, nicht anstelle von Ignazio Cassis in die Exekutive zu wählen.

Auch die Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament war im Berichtjahr Gegenstand parlamentarischer Arbeit. Beraten wurde dabei insbesondere die Idee eines Verordnungsvetos. Die auf eine parlamentarische Initiative Aeschi (svp, ZG; Pa.Iv. 14.422) zurückgehende, 2014 eingereichte Idee sieht vor, dass ein Drittel der Mitglieder eines Rates gegen die Veröffentlichung einer bundesrätlichen Verordnung ein Veto einlegen kann, wenn die Stossrichtung der Verordnung nicht dem Willen des Parlaments entspricht. Während sich eine Mehrheit des Nationalrats davon eine präventive Wirkung erhoffte, lehnte die Mehrheit des Ständerats die Vorlage als zu kompliziert ab. Ein weiteres Mal abgelehnt wurde – ebenfalls nach längeren Diskussionen – die Idee einer Neuorganisation der Legislaturplanung. Das Parlament debattiert in schöner Regelmässigkeit seit der 2002 eingeführten Änderung, ob die Diskussionen um die zahlreichen Änderungsanträge an der Legislaturplanung zielführend seien. Der Antrag, die Planung wie vor 2002 einfach zur Kenntnis nehmen zu können und eben nicht als Bundesbeschluss behandeln zu müssen, stiess aber im Parlament erneut auf taube Ohren. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass die Diskussion nach den eidgenössischen Wahlen 2019 erneut losgehen wird.

Im Nationalrat wurde 2019 die Frage erörtert, wie politisch die Verwaltung sei. Während eine Motion Bigler (fdp, ZH; Mo. 17.4127), die eine Offenlegung der Interessenbindungen von Kaderangestellten verlangt, von der grossen Kammer angenommen wurde, lehnte diese ein Postulat Burgherr (svp, AG; Po. 17.3423) ab, mit dem hätte untersucht werden sollen, wann und wie die Verwaltung effektiv politischen Einfluss ausübt. Dauerbrenner im Parlament waren auch 2019 Sparmassnahmen bei den Personalkosten in der Verwaltung. Diese sollten, wäre es nach dem Nationalrat gegangen, mit Hilfe von Digitalisierung oder durch einen Ausgabenstopp in den Griff bekommen werden – der Ständerat verweigerte aber jeweils seinen Segen dazu.

Im letzten Jahr der 50. Legislatur kam es im Parlament noch zu fünf Mutationen. Insgesamt wurden in der 50. Legislatur 26 Nationalrats- und zwei Ständeratsmandate ersetzt; rund ein Drittel der Mutationen war durch die SP-Fraktion zu verantworten. Das Büro-NR will sich in einem Bericht auf ein Postulat Feri (sp, AG; Po. 18.4252) der Vereinbarkeit der Parlamentsarbeit mit Familie und Beruf annehmen, einem Thema, das in den letzten Jahren immer virulenter zu werden scheint, wie verschiedene Vorstösse zeigen. Nicht einig wurde man sich in den Räten über verschiedene Spesenregelungen. Die SPK-NR entschloss sich deshalb, mit einer Kommissionsinitiative (Pa.Iv. 19.431) wenigstens die Übernachtungsentschädigungen einheitlicher zu organisieren. Diskutiert wurde im Parlament auch 2019 wieder über Regeln für transparenteres Lobbying. Die seit Langem schwelende Debatte, die spätestens 2015 mit der sogenannten «Kasachstan-Affäre» viel Fahrt aufgenommen hatte, wurde allerdings stark abgebremst: Fast wäre auch der letzte, ziemlich zahnlose Vorstoss in diese Richtung versandet, wenn nicht der nach den eidgenössischen neu zusammengesetzte Nationalrat den Nichteintretensentscheid auf einen Vorschlag der SPK-SR sozusagen in letzter Minute zurückgenommen hätte.

Etwas stärker in den Fokus als auch schon geriet 2019 die Judikative, was sich auch in der Medienkonjunktur zu diesem Thema zwischen März und September 2019 beobachten lässt. Dies hatte einerseits damit zu tun, dass im Nationalrat über die Revision des ziemlich umstrittenen Bundesgerichtsgesetzes debattiert wurde – insbesondere die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird wohl auch 2020 noch zu reden geben, auch wenn der Ständerat kurz vor Ende Jahr beschloss, nicht auf die Vorlage einzutreten. Andererseits standen einige Ersatzwahlen an, die jedoch in aller Regel geräuschlos über die Bühne gehen. Beinahe wäre jedoch eine Ersatzwahl ans Bundesgericht zur Ausnahme dieser Regel geworden, da die GK entgegen den Gepflogenheiten nicht die am stärksten untervertretene SVP, sondern die CVP berücksichtigte, was beinahe zu einer noch nie vorgekommenen Kampfwahl geführt hätte. Dafür, dass das Gerichtswesen auch in Zukunft im Gespräch bleibt, wird wohl auch die 2019 zustande gekommene Justizinitiative sorgen, die vorschlägt, oberste Richterinnen und Richter per Losverfahren zu bestimmen, um eben diese starke, dem Proporzgedanken geschuldete Verbindung zwischen Judikative und Parteien zu verhindern. Viel zu schreiben gab zudem die Bundesanwaltschaft. Nach langen und stark medial begleiteten Diskussionen zu einer Disziplinaruntersuchung um den amtierenden Bundesanwalts Michael Lauber wurde dieser erst nach einer Verschiebung der Wahl von der Sommer- in die Herbstsession und äusserst knapp für eine dritte Amtsperiode bestätigt.

Im Wahljahr 2019 trat die Nutzung der direkten Demokratie ein wenig in den Hintergrund. An zwei Abstimmungswochenenden wurde lediglich über drei Vorlagen abgestimmt. Dabei folgte die Mehrheit der Stimmbevölkerung sowohl bei den beiden Referenden (STAF und Waffenschutzrichtlinie) als auch bei der Zersiedelungsinitiative der Empfehlung von Parlament und Bundesrat. Die Ablehnung der Zersiedelungsinitiative bedeutet zudem, dass in der 50. Legislatur kein einziges Volksbegehren Erfolg hatte. Die wahlbedingte Abstimmungspause wird wohl in den folgenden Jahren zu einigen Abstimmungswochenenden mit mehreren Vorlagen führen, sind doch Ende 2019 ganze 16 Volksinitiativen im Unterschriftenstadium und 19 abstimmungsreif oder beim Bundesrat oder im Parlament in Beratung. Dafür, dass in Zukunft die direkte Demokratie umfassender genutzt werden könnte, sorgte das Parlament zudem mit seiner Entscheidung zur Kündigung von Staatsverträgen, die zukünftig nicht mehr dem Bundesrat, sondern der Legislative und im Falle eines Referendums der Stimmbevölkerung obliegt. Eines der anstehenden Volksbegehren ist die Transparenzinitiative, für die die SPK-SR 2019 einen indirekten Gegenentwurf in die Vernehmlassung gab, mit dem die Offenlegung der Finanzierung von Wahl- und Abstimmungskampagnen im Gesetz geregelt werden soll und der in der Wintersession vom Ständerat mit Anpassungen gutgeheissen wurde.

Einen herben Dämpfer erlitt 2019 die Idee des elektronischen Wählens und Abstimmens. Nachdem der Kanton Genf bereits Ende 2018 sein E-Voting-System eingestellt hatte und das System der Post in einem öffentlich ausgeschriebenen Stresstest den Anforderungen nicht standgehalten hatte, bestanden keine brauchbaren technischen Angebote mehr für die effektive Durchführung von «Vote électronique». Daher entschied sich der Bundesrat, sein Ziel, E-Voting als ordentlichen Stimmkanal einzuführen, vorläufig zu sistieren. Gegenwind erhielt der elektronische Stimmkanal zudem von einer Anfang 2019 lancierten Volksinitiative für ein E-Voting-Moratorium. Immerhin entschied sich der Nationalrat für eine Motion Zanetti (svp, ZH; Mo. 19.3294) mit dem Ziel, die Abstimmungsunterlagen elektronisch zustellen zu können.

Jahresrückblick 2019: Institutionen und Volksrechte
Dossier: Jahresrückblick 2019

Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass auch der Parlamentsbetrieb mit verschiedenen Ratings und Rankings vermessen werden kann, welche die Arbeit, den Einfluss oder die ideologische Positionierung der Parlamentsmitglieder zu bestimmen versuchen. Der Versuch, anschauliche Ranglisten zu erstellen und so auch durch Personalisierung die Komplexität von Politik zu reduzieren, dient vor allem den Medien, die sich auch 2019 den verschiedenen Analysen widmeten.

Den Beginn machte Anfang Juli eine neue Plattform namens «politik.ch» mit einer Auswertung der Präsenz während der ganzen bisherigen 50. Legislatur. «Präsenz» wurde dabei mit der Teilnahme an den total 4'076 Abstimmungen, die im Nationalrat bis zur vorletzten Session durchgeführt wurden, gemessen. Zum «Absenzenkönig von Bern» – so die Aargauer Zeitung, die über die Studie berichtete – wurde Roger Köppel (svp, ZH) gekürt. Er habe 22.4 Prozent aller Abstimmungen «geschwänzt», gefolgt von Martin Bäumle (glp, ZH; 21.9%) und Hans Grunder (bdp, BE; 21.7%). Frauen stimmten tendenziell disziplinierter ab, schloss die Zeitung, weil sich am anderen Ende der Skala Andrea Geissbühler (svp, BE), Barbara Keller-Inhelder (svp, SG) und Sandra Sollberger (svp, BL) fanden, die alle weniger als sechs der über 4'000 Abstimmungen verpasst hatten. Die Aargauer Zeitung liess die Protagonisten zu Wort kommen. Bei wichtigen Abstimmungen sei er vor Ort, nicht aber, wenn «das ausufernde Berufsparlament mit sich selbst beschäftigt» sei, verteidigte sich Roger Köppel. «Das Volk» habe sie ins Parlament gewählt und erwarte, dass sie an den Abstimmungen teilnehme, befand hingegen Andrea Geissbühler. Im Schnitt hatten die Nationalrätinnen und Nationalräte drei Prozent der Abstimmungen verpasst. Im Tages-Anzeiger wurde daran erinnert, dass «immer brav auf dem ehrwürdigen Nationalratssessel zu sitzen» nicht mit politischem Einfluss gleichzusetzen sei. Die wichtigsten Entscheidungen fielen nicht im Ratssaal, sondern «in den Kommissionen, in den Hinterzimmern des Bundeshauses und den Salons des Bellevue-Hotels».

Einen Versuch, diese Art von Einfluss zu messen, unternahm die Sonntagszeitung mit ihrem alle zwei Jahre publizierten «Parlamentarier-Rating». Hier erhält Punkte, wer viele Reden hält, in wichtigen Kommissionen sitzt und erfolgreich Vorstösse einreicht; wer innerhalb der eigenen Partei wichtige Funktionen innehat, einer starken Fraktion angehört, hohe Medienpräsenz hat und ausserhalb des Parlaments gut vernetzt ist. Wie schon zwei Jahre zuvor wies die Zeitung SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) als «mächtigsten» Parlamentarier aus, gefolgt von Pirmin Bischof (cvp, SO) und Thomas Aeschi (svp, ZG). Levrat sei «immer dabei, wenn es in der Schweizer Politik etwas anzuschieben oder zu blockieren» gelte. Allerdings falle die SP-interne grosse Lücke hinter Levrat auf. In den Top Ten gebe es kein weiteres SP-Mitglied, was darauf hindeute, dass die parteiinterne Erneuerung wohl noch nicht geschafft sei. Ausgerechnet bei den Frauen schneide die SP schlecht ab. Unter den 15 höchst bewerteten Frauen – diese Liste wurde von Tiana Angelina Moser (glp, ZH; total Rang 6) und Lisa Mazzone (gp, GE; Rang 13) angeführt – fänden sich lediglich zwei Genossinen: Maria Carobbio Guscetti (sp, TI; Rang 23) und Barbara Gysi (sp, SG; Rang 34). Für das Rating berücksichtigt wurden nur jene Parlamentsmitglieder, die seit Beginn der Legislatur in den Räten gesessen hatten und bei den eidgenössischen Wahlen 2019 wieder antreten wollten. Entsprechend war der 173. Rang auch der letzte. Dort befand sich Bruno Walliser (svp, ZH). Indem die Sonntagszeitung die Rangierung hinsichtlich Medienpräsenz mit der Gesamtrangierung verglich, machte sie auch «die grössten Blender» aus. Die drei Zürcher Abgeordneten Claudio Zanetti (svp), Roger Köppel (svp) und Regine Sauter (fdp) seien zwar «Lieblinge der Medien», spielten im Parlament aber «eine bescheidene Rolle».

Auf der Basis der Abstimmungen im Nationalrat berechnete die Sonntagszeitung in einer weiteren Analyse, wie häufig alle Volksvertreterinnen und -vertreter bei Gesamtabstimmungen in der 50. Legislatur zur Mehrheit gehört hatten. Wenig überraschend fanden sich auf den vorderen Rängen – die Sonntagszeitung nannte sie «die Erfolgreichsten» – Mitglieder der CVP- und der BDP-Fraktion, die jeweils mit links oder rechts oder innerhalb einer grossen Koalition Mehrheiten schaffen. Angeführt wurde die Liste von Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL), die bei 98.5 Prozent aller Gesamtabstimmungen gleich wie die Mehrheit gestimmt hatte, was ihr in der Weltwoche den Titel «[d]ie mit dem Strom schwimmt» einbrachte. Auf Platz zwei und drei folgten Viola Amherd (cvp, VS; 98.3%) und Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS; 98.2%). Bei den 68 «Erfolglosesten» handelte es sich durchgängig um SVP-Fraktionsmitglieder, angeführt von Erich Hess (svp, BE; 46.8%), Toni Brunner (svp, SG; 48.8)%) und Pirmin Schwander (svp, SZ; 49.8%).

Mitte Oktober warteten dann schliesslich die NZZ und Le Temps mit ihrem alljährlich erscheinenden «Parlamentarier-Rating» auf. Erneut wiesen die auf der Basis des Abstimmungsverhaltens vorgenommenen Positionierungen der Parlamentsmitglieder auf einer Skala von -10 (ganz links) bis +10 (ganz rechts) auf eine zunehmende Homogenisierung innerhalb der Parteien hin. Insbesondere an den Polen habe die Fraktionsdisziplin ein noch nie gekanntes Ausmass erreicht, so die NZZ. So hätten sich die Mitglieder der SP-Fraktion vor den Wahlen 2015 auf einer Skalen-Spannweite von 3.4 Punkten verteilt, im aktuellen Rating betrage dieser Wert lediglich noch 1.2 Punkte. Die Extrempositionen in der SP besetzten im aktuellen Rating Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) und Adrian Wüthrich (sp, BE; -8.8). Eine im Vergleich zu 2015 wesentlich grössere Fraktionsdisziplin wiesen bei dieser Berechnung auch die Grünen auf. Lagen das am meisten linke und am meisten rechte grüne Fraktionsmitglied 2015 noch um 2.7 Skalenpunkte auseinander, trennten Maya Graf (gp, BL; -9.2) und die drei ganz am linken Rand politisierenden Michael Töngi (gp, LU; -10.0), Irène Kälin (gp, AG; -10.0) und Regula Rytz (gp, BE; -10.0) im Jahr 2019 lediglich noch 0.8 Skalenpunkte. Damit waren die Grünen im Durchschnitt erstmals seit 2011 wieder weiter links positioniert als die SP: «Les Verts n'ont jamais été aussi à gauche», war dies Le Temps gar die Überschrift der Analyse wert. Am anderen Ende der Skala, bei der SVP, verringerte sich der Wert der Spannweite von 3.7 auf 1.2 Punkte – ohne Berücksichtigung von Roberta Pantani (lega, TI), die zwar der SVP-Fraktion angehört, aber die Lega vertritt und mit einem Wert von 8.2 die am weitesten «linke» Position in der SVP-Fraktion im Nationalrat vertrat. Gleich drei SVP-Nationalräte politisierten ganz rechts aussen und wiesen einen Skalenwert von 10.0 aus: Toni Brunner, Luzi Stamm (svp, AG) und Adrian Amstutz (svp, BE). Jean-Pierre Grin (svp, VD) fand sich bei Position 8.8 und war damit das am weitesten links positionierte Mitglied der SVP im Nationalrat. Selbst bei der CVP war eine Disziplinierung festzustellen: Es zeigte sich im Vergleich zu 2015 ein Rückgang der Spannweite von 3.6 auf 2.6 Punkte, wobei die Fraktion im Vergleich zum Vorjahr zahlreiche Mitglieder leicht rechts von der Mitte aufwies und sich von -1.0 (Dominique de Buman; cvp, FR) bis 1.6 (Philipp-Matthias Bregy; cvp, VS) erstreckte. Die der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder waren wesentlich weiter links als ihre Fraktion: Niklaus Gugger (ZH) wurde auf der Skala bei -4.2 und Marianne Streiff-Feller (BE) bei -4.3 eingestuft. Die restlichen drei Fraktionen hingegen waren im Vergleich zu 2015 heterogener geworden. Bei der FDP war die Zunahme von 2.5 auf 2.6 Skalenpunkte freilich minim. Die Fraktionsgrenzen wurden bei den Freisinnigen von Walter Müller (fdp, SG; 4.5) und Christa Markwalder (fdp, BE; 1.9) eingenommen. Grössere Sprünge machten die BDP und die GLP. Während sich bei der BDP die Spannweite im Vergleich zu 2015 von 1.2 auf 2.0 fast verdoppelte – wie schon 2015 deckte Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; -1.7) die linke Flanke ab, während sich Hans Grunder (bdp, BE; 0.3) am rechten Rand der BDP positionierte – wuchs die Heterogenität innerhalb der traditionell eigentlich sehr homogenen GLP von 0.5 auf 2.7 Skalenpunkte an. Hauptgrund dafür war Daniel Frei (glp, ZH), der von der SP in die GLP gewechselt hatte und mit seiner Position von -5.7 zwar weit weg vom rechten Rand der SP (-8.8), aber auch weit weg vom linken Rand der bisherigen GLP-Mitglieder war. Dieser wurde von Kathrin Bertschy (glp, BE; -3.5) eingenommen, die in der Tat lediglich 0.5 Skalenpunkte von Martin Bäumle (-3.0), also dem rechten GLP-Rand, positioniert war. Die politische Landschaft verarme, schloss die NZZ aus diesen Zahlen. Vor allem zwischen den Mitte- und den Polparteien klaffe eine Lücke. Dort hätten früher moderate SVP- und SP-Vertreter als Brückenbauer gewirkt. Schuld für die zunehmende Fraktionsdisziplin seien aber nicht nur die Parteizentralen, sondern auch die wachsende Zahl an zu behandelnden Geschäften, bei denen Parlamentsmitglieder keine fundierte eigene Meinung mehr bilden könnten und deshalb gemäss der Empfehlung der Parteileitung stimmten.
Die zahlreichen auf die neue Legislatur 2019 bis 2023 hin angekündigten Rücktritte im Ständerat veranlasste die Verfasser des Ratings zur Spekulation eines Rechtsrutschs der kleinen Kammer nach den Wahlen 2019. Die politische Mitte des Ständerats befinde sich bei Pirmin Bischof, also bei -2.8. Da elf zurücktretende Kantonsvertreterinnen und -vertreter links und lediglich sieben rechts von Bischof seien und alle zurücktretenden im Schnitt deutlich linker (-5.3) positioniert seien als die wieder antretenden (-2.3), stellten die Ständeratswahlen vor allem für Mitte-Links eine Herausforderung dar, so die NZZ. Eindrücklich liess sich dies anhand von Raphaël Comte (fdp, NE) nachzeichnen. Der Neuenburger Freisinnige positionierte sich mit -5.7 näher bei Daniel Jositsch (sp, ZH), der mit -6.8 den rechten Rand der SP in der kleinen Kammer besetzte, als bei seinem am weitesten rechts positionierten Fraktionskollegen Philipp Müller (fdp, AG; 4.5) und dem Schnitt der FDP (2.3). Da Comte nicht mehr antrete, sei wohl auch in der FDP mit einem Rechtsrutsch in der kleinen Kammer zu rechnen.

Nationalratsrating

Neben Economiesuisse sprachen sich auch mehrere weitere Wirtschaftsverbände zu Jahresbeginn 2019 für das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU aus, wenngleich man noch einigen Klärungsbedarf und einiges Verbesserungspotenzial sah. In der «Weltwoche» verkündete Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung von Economiesuisse, man befürworte das Abkommen, weil es den Zugang zum EU-Binnenmarkt sichere und die Rechtssicherheit zwischen der Schweiz und der EU verbessere. Bedingungslosen Zuspruch erhielt das Abkommen vom Wirtschaftsdachverband indes nicht: So seien etwa die hohen Schweizer Löhne zu schützen und durch die vorgesehene vereinfachte Niederlassungsmöglichkeit dürfe nicht der Anschein gemacht werden, EU-Bürger hätten Anrecht auf Schweizer Sozialhilfe. Ferner müsse garantiert werden, dass die Schweiz ihr Steuersystem «aufrechterhalten» könne. Diese Punkte, so liess Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer gegenüber den Medien verlauten, gelte es noch präzise abzuklären. Ähnlich äusserten sich auch Swissmem-Präsident Hans Hess, SBVg-Präsident Herbert Scheidt oder SAV-Präsident Valentin Vogt: Es gebe zwar Diskussionsbedarf, doch grundsätzlich sei das Abkommen wichtig und richtig, da es die Prosperität der Schweiz sichere.
Vorerst verhalten gab sich der Schweizerische Gewerbeverband: SGV-Direktor Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) meinte etwa, der Bundesrat dürfe den Vertrag nicht unterzeichnen und müsse eine bessere Version aushandeln. Im April gab der Verband dann bekannt, man wolle sich zum Vertragstext erst wieder äussern, wenn eine definitive Fassung vorliege. Zudem sei nun die Abstimmung zur Begrenzungsinitiative abzuwarten: Würde diese angenommen, hätte sich das mit dem Abkommen sowieso erübrigt.

Rahmenabkommen Meinungen der Wirtschaftsverbände

Nachdem in der Presse und innerhalb des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV) erst darüber gemutmasst worden war, ob Verbandspräsident Jean-François Rime (svp, FR) im Frühling 2020 nochmals für das höchste Amt im Verband kandidieren würde, obwohl er damit gegen dessen Amtszeitbeschränkung verstossen hätte, war nach der Nicht-Wiederwahl Rimes bei den Nationalratswahlen im Herbst 2019 schnell klar, dass er als Konsequenz auch vom SGV-Präsidium zurücktreten wird. Wie die NZZ danach resümierte, seien die eidgenössischen Wahlen für den Verband ein Debakel gewesen und auch der Tages-Anzeiger hielt fest, der SGV stehe vor einem Scherbehaufen – denn nicht nur Verbandspräsident Rime, auch Verbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) sowie Vorstandsmitglied Hansjörg Brunner (fdp, TG) wurden nicht nochmals in den Nationalrat gewählt. Die Wiederwahl in die grosse Kammer schaffte einzig die Vizepräsidentin des Verbands, Daniela Schneeberger (fdp, BL).
Mehrere Kandidierende brachten sich sodann in Position, um das frei werdende Amt zu beanspruchen: Wie die Presse im Dezember 2019 berichtete, wollten sowohl Diana Gutjahr (svp, TG) als auch Fabio Regazzi (cvp, TI) im April 2020 für das Verbandspräsidium kandidieren. Mit Gutjahr könnte erstmals eine Frau, mit Regazzi erstmals ein Tessiner diese Position beim SGV einnehmen.

Regazzi wird neuer SGV-Präsident

Als grösste Verliererin der Nationalratswahlen 2019 machten die Medien die SVP aus. Im Nationalrat verlor die Partei 12 Mandate (neu: 53 Sitze) und 3.8 Prozentpunkte Wähleranteile (neu: 25.6 Prozent). Die Partei bestätigte damit den negativen Trend, der schon in den kantonalen Erneuerungswahlen ersichtlich gewesen war, blieb aber trotzdem stärkste Kraft im Nationalrat. SVP-alt-Bundesrat Christoph Blocher nannte die Resultate auf Tele Blocher zwar «nicht schön», sie seien aber auch «keine Katastrophe». Die Medien vermuteten, dass die Partei wohl höhere Verluste erwartet habe. Trotz der Verluste erhielt Parteipräsident Albert Rösti (svp, BE) (svp, BE) von der Parteiführung viel Lob: Er sei im Wahlkampf sehr fleissig und präsent gewesen, zitierte die NZZ eine nicht namentlich genannte Person in der SVP-Führung. Auch Christoph Blocher bestätigte in einem Interview, dass ein Wechsel in der Parteileitung als Folge der schlechten Wahlresultate nicht geplant sei.

Im Wahlkampf hatte die SVP bereits im August 2019 für einige Beachtung gesorgt. Sie warb nämlich anfänglich auf einem Plakat für die National- und Ständeratswahlen 2019 mit dem Slogan «Sollen Linke und Nette die Schweiz zerstören?». Auf dem Plakat war ein Apfel zu sehen, der von fünf Würmern in den Parteifarben der politischen Gegner und einem Wurm mit einer EU-Flagge zerfressen wurde. Wie Albert Rösti in einem Blick-Interview erklärte, zeige das Plakat die zentrale Botschaft der SVP: Die SVP sei die einzige Partei, die keinen Rahmenvertrag mit automatischer Übernahme von EU-Recht wolle. Die Medien spekulierten, dass die SVP damit versuche, das EU-Thema anstelle des unter hoher Aufmerksamkeit stehenden, aber von der Volkspartei weniger stark bearbeiteten Klimawandels ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen, zumal ein weiteres Kernthema der SVP, nämlich die Asylpolitik aufgrund der niedrigen Asylquoten wohl zu wenig mobilisieren würde.
Das Plakat sorgte in den sozialen Medien für viel Kritik, wie der Tages-Anzeiger berichtete. Zudem wurde es auch parteiintern kritisiert: Franz Grüter argumentierte in den Medien Medien, dass es eine bessere Bildsprache gäbe, um die Botschaft zu transportieren. Auch der Berner SVP-Kantonalpräsident und Ständeratskandidat Werner Salzmann, der Nationalrat Thomas Burgherr und weitere SVP-Kantonalpolitiker und -politikerinnen äusserten ihre Skepsis gegenüber dem Plakat. Parteipräsident Alfred Rösti verteidigte die Affiche und bestätigte gegenüber dem Sonntags-Blick, dass der «schöne Schweizer Apfel tatsächlich ausgehöhlt wird!». So werde die Schweiz etwa auch durch Abgaben und Steuern oder die Zuwanderung im Innern ausgehöhlt. Auch der Verantwortliche für die Wahlkampagne der SVP, Adrian Amstutz (svp, BE), wies gegenüber der NZZ den Vorwurf zurück, die Partei sei mit dem Motiv zu weit gegangen, und bestätigte, dass der Apfel Hauptsujet der SVP-Wahlkampagne 2019 bleiben werde.

Resultate der SVP bei den Nationalratswahlen

Nach der medial breit begleiteten Empfehlung der Gerichtskommission (GK), Bundesanwalt Michael Lauber nicht für eine Wiederwahl zu empfehlen, starteten in den Medien die Spekulationen, wie sich das Parlament zur Frage entscheiden würde. Lauber habe in allen Fraktionen Gegner und Unterstützer, wusste etwa die NZZ zu berichten. Der Bundesanwalt selber wollte in Fraktions-Hearings seine Position darlegen.

In die Diskussionen schaltete sich auch die Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz ein. Sie forderte die Wiederwahl von Lauber. Nicht nur die Fortsetzung entscheidender Projekte würde ansonsten aufs Spiel gesetzt, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen gefährdet, die unter Lauber sehr gut funktioniere.

Die Wiederwahl Laubers wurde zudem vermehrt auch unter institutionellen Gesichtspunkten diskutiert. So weibelte etwa Daniel Jositsch (sp, ZH) für sein Postulat, mit dem er eine Evaluation von Struktur, Organisation, Zuständigkeit und Überwachung der Bundesanwaltschaft forderte. Auch der Tages-Anzeiger machte institutionelle Mängel aus: Es liege ein Systemfehler vor, wenn ein Bundesanwalt Wahlkampf betreiben müsse. In der Tat hatte Lauber laut Tages-Anzeiger ein PR-Büro engagiert, um die Parlamentsmitglieder von seiner Wiederwahl zu überzeugen. Zahlreich waren die Vorschläge, wieder zum alten System zurückzukehren, bei dem der Bundesrat für die Wahl des Bundesanwaltes verantwortlich gewesen war, bevor das Parlament 2011 einen Systemwechsel beschlossen hatte.

In den Medien wurde auch die Frage gestellt, weshalb sich Lauber das antue und nicht einfach zurücktrete. Die Aargauer Zeitung vermutete einen pekuniären Grund: Bei einer Abwahl winke ein Jahreslohn, bei einem Rücktritt ginge Lauber wohl leer aus. Der «Blick», der Lauber «gegen den Untergang» rudern sah, fragte sich zudem, wer die Kosten für das PR-Büro und den Anwalt Laubers bezahle. In der Tat eine offene Frage, wie auch die Bundesanwaltschaft selber bestätigte.

Mitte September, zwei Wochen vor dem vorgesehenen Wahltermin, trat Lauber vor der FDP- und der CVP-Fraktion auf. Die FDP empfahl ihn nach dem Gespräch deutlich zur Wiederwahl; dies aus Respekt gegenüber der Unabhängigkeit der Institutionen, wie die Partei, die als «Heimbasis Laubers gilt» (Aargauer Zeitung), verlauten liess. Die CVP, die neben Lauber auch den Präsidenten der Aufsichtsbehörde AB-BA, Hanspeter Uster, eingeladen hatte, gab hingegen keine Wahlempfehlung ab, um eine «Politisierung der Wahl» zu vermeiden, wie die Partei verlautbarte.
Der Vize-Präsident der SP, Beat Jans (sp, BS), verriet der Sonntags-Zeitung, dass seine Fraktion «grossmehrheitlich» gegen Lauber stimmen werde. Er sei für die meisten aufgrund seines Verhaltens nicht wählbar, zudem fehle ihm die Glaubwürdigkeit und Souveränität, um die Bundesanwaltschaft weiter zu führen. Weil auch die SVP in einer früheren Konsultativabstimmung mehrheitlich gegen Lauber gestimmt habe, die Grünen und die BDP den Antrag auf Nicht-Wiederwahl in die GK getragen hätten und auch die CVP gespalten sei, war für die Sonntags-Zeitung «die Rechnung schnell gemacht»: die nötigen 124 Stimmen für eine Abwahl kämen bei weitem zusammen.
Allerdings schien sich das Blatt eine Woche vor dem Wahltermin aufgrund weiterer Hearings von Lauber bei den Grünen und der SVP wieder zu wenden. Während die Grünen Stimmfreigabe beschlossen, um das Stimmgeheimnis zu wahren, nahm die SVP-Fraktion eine eigentliche Wende – die «Tribune de Genève» sprach von «tourner casaque» – vor und begründete wie die FDP eine Woche zuvor, dass die Kontinuität der Strafverfolgung gewährleistet werden müsse und sich die Fraktion deshalb mehrheitlich hinter Lauber stelle. In den Medien nicht genannte Insider wollten wissen, dass Lauber innerhalb der Partei nach wie vor umstritten sei. Für den Stimmungswandel habe Adrian Amstutz (svp, BE) gesorgt, der erklärt habe, man könne nicht jemanden wegen eines einzigen Fehlers in die Wüste schicken. Die SVP forderte zudem mittels parlamentarischer Initiative Reformen bei der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft.
Für eine weitere «Überraschung» (NZZ) sorgte dann einen Tag vor dem Wahltermin die SP. Obwohl die drei GK-Mitglieder der SP-Fraktion die Empfehlung für eine Nicht-Wiederwahl Laubers unterstützt hatten, empfahl eine knappe Mehrheit der sozialdemokratischen Fraktion, Lauber zu bestätigen. Allerdings seien bei der entsprechenden Fraktionsabstimmung zahlreiche Mitglieder nicht mehr anwesend gewesen – so die NZZ weiter. Nicht zu den Hearings äusserte sich die GLP und die BDP hatte ganz darauf verzichtet, Lauber anzuhören.

Am Wahltag legten die Sprecherin und der Sprecher der GK noch einmal die Gründe ihres Mehrheitsbeschlusses mit der Empfehlung der Nicht-Wiederwahl dar. Die Minderheitsposition wurde offiziell von der FDP- und der SVP-Fraktion gestützt. Christian Lüscher (fdp, GE) und Raphaël Comte (fdp, NE) verteidigten diese in ihren Voten. Auch der Fraktionschef der CVP ergriff das Wort. Er erinnerte daran, dass die CVP keine Empfehlung abgebe und plädierte an die Mitglieder der Vereinigten Bundesversammlung mit ihrem Gewissen zu entscheiden.
Die Wahl fiel schliesslich erwartet knapp aus und zwar zugunsten Laubers – was vor wenigen Tagen in den Medien kaum für möglich gehalten worden war. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier hatten die Möglichkeit, den Wahlzettel unverändert mit dem Namen Lauber einzulegen oder aber diesen Namen durchzustreichen. Letzteres war auf 114 Wahlzetteln der Fall gewesen. Weil aber 129 der 243 eingelangten Wahlzettel den Namen Lauber noch trugen, übersprang dieser das absolute Mehr von 122 Stimmen, wenn auch ziemlich knapp. Da von der Tribüne aus ziemlich gut sichtbar war, wer den Namen durchstrich, bzw. wer einen Stift zur Hand nahm und wer nicht, wurde in der Folge in den Medien von einem «Kugelschreiber-Gate» gesprochen, da das Wahlgeheimnis nicht gewahrt gewesen sei.

In den Medien wurde der Erfolg Laubers auch mit seinem ausgezeichneten Lobbying erklärt. Er habe wohl aber auch bei den Hearings überzeugt, wie zahlreiche Parlamentsmitglieder in den Medien bestätigten. Während die befürwortenden Parlamentsmitglieder vor den Medien die Institution betonten, deren Ruf verteidigt worden sei, machten die Gegnerinnen und Gegner der Wiederwahl keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen den Bundesanwalt. Fast die Hälfte des Parlaments misstraue Lauber, was keine guten Voraussetzungen für die nächsten vier Jahre seien, schrieb etwa Carlo Sommaruga (sp, GE) der NZZ ins Notizheft. Lauber selber bedankte sich in einem kurzen Statement bei Familie und Freunden für die Unterstützung. Er werde sich weiterhin für eine moderne Strafverfolgung einsetzen. Die knappe Wiederwahl wurde in den Medien auch als Denkzettel bezeichnet. Man müsse jetzt die Disziplinaruntersuchung abwarten, die allerdings an politischer Bedeutung verloren habe. Zudem verlangten die Kommentatorinnen und Kommentatoren ein Überdenken der institutionellen Strukturen. Die Bestätigung Laubers sei nur eine kurze Atempause – so die «Tribune de Genève». Ruhe werde so schnell keine einkehren, urteilte die Aargauer Zeitung. Der «Blick» prophezeite gar, dass der angeschlagene Bundesanwalt wohl kaum vier Jahre durchhalten werde. Das Parlament habe niemandem einen Gefallen getan. Der Tages-Anzeiger bezeichnete die Wiederwahl Laubers durch «das mutlose Parlament» gar als «Fehler». Die Aargauer Zeitung wusste tags darauf zu berichten, das Lauber bei der SP auch Stimmen geholt habe, weil er während des Hearings versprochen habe, zurückzutreten, wenn das Disziplinarverfahren für ihn negativ ausfallen werde.

Wahl des Bundesanwaltes für die Amtsperiode 2020-2023
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt

Mittels einer parlamentarischen Initiative forderte Nadine Masshardt (sp, BE) eine Änderung des Berufsbildungsgesetzes, um die politische Bildung in der Berufsbildung als besondere Leistung im öffentlichen Interesse festzulegen. Ziel war es, dadurch dem Bund zu erlauben, Massnahmen zur Förderung der politischen Bildung in der Berufsbildung zu unterstützen. Masshardt unterstrich ihr Anliegen mit dem Verweis auf eine Studie von GFS Bern, die zeige, dass bei Berufsschülerinnen und -schülern ein besonderer Förderbedarf in politischer Bildung bestehe.
Eine knappe Mehrheit der WBK-NR unterstützte das Anliegen in der Vorprüfung. Sie verwies darauf, dass gerade in der direktdemokratischen Schweiz die Vorbereitung der Jugendlichen auf die Ausübung ihrer politischen Rechte fundamental sei. Eine starke Minderheit beantragte, der Initiative keine Folge zu geben. Sie machte geltend, dass es für den Bund aufgrund des BBG bereits jetzt möglich sei, Projekte zur Förderung der politischen Bildung zu unterstützen. Es bedürfe deshalb keiner Änderung des BBG. Sie gab zudem zu bedenken, dass es in den Kantonen und Gemeinden bereits viele öffentliche und private Projekte gebe.
In der WBK-SR stiess die Initiative auf mehr Widerstand. Die Mehrheit äusserte Zweifel am Nutzen der angestrebten Anpassung des BBG und wies ebenfalls auf die bereits bestehenden Möglichkeiten hin, unter anderem auch auf das Kinder- und Jugendförderungsgesetz, auf dessen Grundlage beispielsweise die Durchführung der Jugendsession unterstützt werde.
In der Debatte im Nationalrat war der Bedarf an politischer Bildung für Berufsschülerinnen und -schüler unbestritten. Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) wies für die Minderheit aber darauf hin, dass das Anliegen längst in den Lehrplänen der verschiedenen Berufslehren integriert worden sei. Zudem sei es Sache der Organisationen der Arbeitswelt, die Lehrinhalte genau festzulegen. Dies beinhalte auch politische Bildung, aber eben nicht nur, so Bigler in seinen Ausführungen. Vertreterinnen und Vertreter der Kommissionsmehrheit hingegen betonten, dass es mit der parlamentarischen Initiative möglich wäre, einzelne Vorhaben wie beispielsweise eine Projektwoche zur politischen Bildung zu finanzieren, wobei es aber nicht um die Einführung eines zusätzlichen Fachs gehe. Gemäss der Kommissionsmehrheit seien bislang manche Berufsschülerinnen und -schüler in politischer Bildung nicht genügend unterrichtet worden. Dies sei auch aus demokratiepolitischer Sicht problematisch. Durch politische Bildung würde das Interesse der Jugendlichen steigen und dadurch komme es hoffentlich auch zu einer hohen Stimm- und Wahlbeteiligung bei ihnen.
Letztlich wurde der parlamentarischen Initiative in der Abstimmung äusserst knapp mit 88 zu 87 Stimmen keine Folge gegeben.

Politische Bildung ist im öffentlichen Interesse

Im Juli 2019 übergaben die Sozialpartner dem Bundesrat schliesslich ihren Vorschlag zur Reform der beruflichen Vorsorge. Diesen unterstützten der Arbeitgeberverband, Travail.Suisse und der Gewerkschaftsbund, nicht aber der Gewerbeverband, der gleichentags einen eigenen Vorschlag präsentierte. Die Sozialpartner sahen vor, den Umwandlungssatz von 6.8 auf 6 Prozent zu senken und dadurch den umverteilten Betrag um die Hälfte zu reduzieren. Damit es nicht zu Renteneinbussen kommt, was das Risiko einer Ablehnung durch das Volk an der Urne stark vergrössern würde, sollen Altersgutschriften im Umlageverfahren entsprechend der AHV geschaffen werden, die über Beiträge von 0.5 Prozent des Jahreseinkommens finanziert werden. Für die kommenden Generationen soll dann der Bundesrat festlegen können, ob diese ebenfalls von einem Rentenzuschlag profitieren können sollen oder nicht. Die Anhebung der Altersgutschriften soll in zwei Schritten auf 9 Prozent und 14 Prozent erfolgen. Zudem sollte der Koordinationsabzug halbiert werden, wovon vor allem Teilzeitangestellte und damit überdurchschnittlich häufig Frauen profitieren würden. Diese Massnahmen würden Mehrkosten von CHF 2.7 Mrd. pro Jahr mit sich bringen.
Der Gewerbeverband kritisierte insbesondere die Finanzierung des Rentenzuschlags durch Altersgutschriften, da es damit wie bei der AHV zu einer Umverteilung innerhalb der beruflichen Vorsorge komme. Bisher hätten die Versicherten in den Pensionskassen jeweils ihre eigenen Renten finanziert, eine solche Regelung wäre folglich systemwidrig, erklärte zum Beispiel Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Gewerbeverbands. Dies sei «ein erster Schritt in Richtung Einheitskasse oder Volksrente», betonte er. Stattdessen sollen die Altersgutschriften entsprechend dem Vorschlag der Asip schneller und stärker angehoben werden. Insgesamt würde dieser Vorschlag CHF 1.5 Mrd. kosten.

Während die meisten Parteien den Vorschlag des Arbeitgeberverbandes und der Gewerkschaften unterstützten – die FDP kritisierte zwar die Umverteilung ebenfalls, Josef Dittli (fdp, UR) erklärte jedoch, dass seine Partei die Vorlage deshalb kaum ablehnen würde –, sprach sich die SVP für den Vorschlag des Gewerbeverbands aus. Einig waren sich die Parteien darin, dass die Reformbemühungen diesmal nicht scheitern dürften. Nur wenige Tage später war jedoch auch letztere Einigkeit verschwunden: Immer häufiger meldeten sich Stimmen, die erklärten, dass ein Nichtstun womöglich besser sei als die von den Sozialpartnern vorgeschlagene Reform. So liege der Umwandlungssatz auch nach der Reform noch deutlich zu hoch – angemessen seien heute etwa 5 Prozent. Da die Pensionskassen mit überobligatorischen Leistungen ihren Umwandlungssatz bereits gesenkt hätten, würde eine Reduktion des Mindestumwandlungssatzes die bestehende Umverteilung nicht mehr stark reduzieren. Stattdessen schaffe die Reform aber eine neue Umverteilung, indem die Jungen durch ihre Altersgutschriften die Rentenzuschläge der Übergangsgeneration finanzierten, selbst aber nicht mit einem garantierten Rentenzuschlag rechnen könnten, da dieser zu einem späteren Zeitpunkt durch den Bundesrat festgelegt werden würde. Somit würde sich gemäss einigen Beobachtern die kurzfristige Umverteilung von Jung zu Alt durch die Reform sogar noch verstärken. Trotz dieser Kritik gab Gesundheitsminister Berset bekannt, dass er den Vorschlag der Sozialpartner möglichst unverändert in die Vernehmlassung schicken werde.

Reform der Beruflichen Vorsorge (BVG 21; BRG 20.089)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

Die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates – im Volksmund «Abstimmungsbüchlein» genannt – sind ab und zu Gegenstand parlamentarischer Vorstösse. Meistens geht es dabei um inhaltliche Ausgewogenheit. Diese sei insbesondere bei den Abstimmungsempfehlungen, die auf der Rückseite der Broschüre aufgeführt werden, nicht gegeben, fand Adrian Amstutz (svp, BE). Die seit der Abstimmung vom September 2018 vorgenommene grafische Neugestaltung führe zu einer viel zu prominenten Darstellung der Empfehlungen der Parlamentsmehrheit und des Bundesrats, wodurch nicht nur die freie Willensbildung beeinflusst, sondern auch eine «eklatante» Benachteiligung der Minderheitsmeinungen in Kauf genommen werde. Mit seiner Motion wollte der Berner den Bundesrat deshalb auffordern, auf diese «Vorteilsnahme mit der völlig einseitigen Abstimmungsempfehlung» zu verzichten.
Bundeskanzler Walter Thurnherr informierte, dass mit der Neugestaltung keine neuen Informationen verwendet würden. Die Empfehlung von Parlament und Bundesrat befänden sich seit 1983 auf der Umschlagseite. Die Minderheiten bzw. die Initiativ- und Referendumskomitees hätten aber mit der Neugestaltung ebenfalls mehr Möglichkeiten erhalten. Insbesondere werde deren Argumenten gleich viel Platz eingeräumt wie den Argumenten des Bundesrats und der Parlamentsmehrheit. Die Motion wurde mit 111 zu 79 Stimmen (1 Enthaltung) abgelehnt. Neben der geschlossenen SVP-Fraktion hätten sich auch alle anwesenden Mitglieder der Grünen-Fraktion sowie Hans Grunder (bdp, BE) aus der BDP-Fraktion für die geforderte Änderung erwärmen können.

Abstimmungsbüchlein
Dossier: Abstimmungserläuterungen des Bundesrats

Zwischen dem Motionär, Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH), und dem Finanzminister Ueli Maurer entbrannte in der Sommersession 2019 ob der Motion des Zürcher Freisinnigen, die mehr Transparenz in der Verwaltung fordert, eine interessante Diskussion über die Rolle der Verwaltung. Hans-Ulrich Bigler stellte sich auf den Standpunkt, dass die Verwaltung im Meinungsbildungsprozess eine wichtige Rolle spiele, weil sie mit ihrem Wissensvorsprung bei der Beratung von Kommissionen, bei der Beantwortung von Anfragen oder der Aufbereitung von Informationen Einfluss nehmen könne. Es sei deshalb wichtig, zumindest von den Kaderangestellten zu wissen, welche Interessenverbindungen sie hätten. Er fordere deshalb ein Register, das ähnlich wie bei den Parlamentsmitgliedern diese Interessenbindungen öffentlich einsehbar mache. Bundesrat Ueli Maurer gab zu Protokoll, dass der Bundesrat Transparenz in der Verwaltung begrüsse. Auf der Basis des Bundespersonalrechts unterstünden deshalb Tätigkeiten ausserhalb der beruflichen Anstellung einer Bewilligungspflicht. Zudem gebe es eine Sicherheitsprüfung bei der Anstellung von Kadern sowie für Mitarbeitende von Drittfirmen. Für Transparenz sei also gesorgt. Ein Register würde nun aber bei rund 37'000 Angestellten in der Bundesverwaltung und zahlreichen Mitarbeitenden von Drittfirmen einen riesigen administrativen Aufwand bedeuten. Zudem pochte der Finanzminister auf Meinungsfreiheit: Es sei ja keine Schande, wenn Verwaltungsangestellte einer Partei angehörten oder sich für eine NGO engagierten. Die Vielfalt in der Verwaltung solle durchaus auch durch unterschiedliche politische Haltungen zum Ausdruck kommen. Mit dem vorgeschlagenen Register würde man aber vielleicht Gefahr laufen, eine Gesinnungsprüfung vorzunehmen. Es sei eine Führungsaufgabe, dann einzugreifen, wenn man das Gefühl habe, dass Angestellte nicht mehr die Interessen das Arbeitgebers wahrnehmen würden. Die Kernfrage müsse bleiben, ob die Bundesangestellten ihre Arbeitsverträge einhielten oder nicht.
Auf die Nachfrage Biglers, ob die Parlamentsmitglieder mit der Offenlegung ihrer Interessenbindung denn eine Gesinnungsprüfung ablegten, erwiderte Ueli Maurer, dass der Unterschied sei, dass Parlamentarierinnen und Parlamentarier gewählt seien und eine politische Funktion hätten. Die Wählerin oder der Wähler wollten deshalb wissen, welche Interessen mit im Spiel seien. Im Gegensatz dazu hätten Angestellte lediglich ein Pflichtenheft, das sie zu erfüllen hätten.
Die Mehrheit des Nationalrats sah indes anscheinend in der Verwaltung eher einen politischen Akteur, wurde die Motion doch mit 128 zu 59 Stimmen angenommen. Ueli Maurer schien einzig die geschlossene SP- und die GP-Fraktion sowie die Mehrheit der BDP-Fraktion, die beiden EVP-Mitglieder sowie einen FDP-Abweichler (Kurt Fluri [SO]) überzeugt zu haben.

Transparenz in der Verwaltung (Mo. 17.4127)

Über die Zukunft von Feldschiessen und historischen Schiessen nach 2020 und über allfällige Subventionen befand der Nationalrat in der folgenden Sommersession. Der Minderheitsantrag Semadeni (sp, GR) auf Nichteintreten wurde von der Bündnerin gleich selbst vertreten. Sie stellte klar, dass Nichteintreten oder die Ablehnung der Vorlage nicht zum Aussterben historischer Schiessanlässe führen würde, sondern lediglich einen Einfluss auf die Bundessubventionen für diese Veranstaltungen nach 2020 hätte. Nach ihrem Ermessen sei die zweimalige Erstreckung der Frist für bauliche Massnahmen im Bereich der Kugelfänge ausreichend gewesen, um den Anlässen und ihren Veranstaltern entgegenzukommen. Es sei auch festzustellen, dass zahlreiche Anlagen die geforderten Bodenschutzmechanismen eingebaut hätten. Ein Beispiel aus ihrem Heimkanton Graubünden zeige ferner, dass der Einsatz von mobilen Kugelfängen möglich und zumutbar sei.
Die Befürworterinnen und Befürworter der Anpassung stammten vor allem aus den Reihen der SVP, zu der auch der Urheber der dieser Gesetzesänderung zugrunde liegenden parlamentarischen Initiative, Adrian Amstutz (svp, BE), gehört. Bereits während der Eintretensdebatte wurde deutlich, dass die Volkspartei nicht klein beigeben würde; sie zeigte sich auch gegenüber der anwesenden Umweltministerin angriffs- und fragefreudig. Eintreten wurde letztlich mit 129 zu 47 Stimmen klar beschlossen, die SP- und die Grünen-Fraktion stimmten geschlossen dagegen.
In der Detailberatung wurden drei Varianten diskutiert. Der Kommissionsmehrheit standen zwei Minderheitsanträge gegenüber, eine Minderheit I Rösti (svp, BE) und eine Minderheit II Vogler (csp, OW). SVP-Präsident Rösti wollte nicht nur die sogenannten historischen Schiessen berücksichtigen, sondern auch alle Feldschiessen einbeziehen. Dabei sollte gleichwohl präzisiert werden, dass nur bereits etablierte Anlässe unterstützt werden sollen. Deswegen sei nicht zu befürchten, dass die Anzahl derartiger Anlässe auf einmal drastisch zunehme, erklärte er. Er machte von dieser Änderung jedoch geradezu die Zukunft solcher Schiessanlässe abhängig. Die Minderheit Vogler stellte eine Präzisierung zur Debatte, wonach nur eine einmalige Sanierung finanziell unterstützt werden solle und nicht – nachdem wieder in den Boden geschossen worden sei – zusätzliche Sanierungen finanziert werden könnten. Ersterer Minderheitsantrag wurde der Kommissionsmehrheit vorgezogen. In einer zweiten Abstimmung entschied sich das Ratsplenum ebenfalls für die Variante Rösti und erteilte der Minderheit II mit 114 zu 67 Stimmen eine Abfuhr. Mit einem Gesamtabstimmungsresultat von 124 zu 57 Stimmen wurde das Geschäft der Ständekammer zur Weiterbearbeitung übertragen.

Feldschiessen und historische Schiessen auch nach 2020 ermöglichen
Dossier: Schiess- und Schützenwesen

Nachdem der Ständerat der Abschreibung der Motion zum Ausgabenstopp bei den Personalkosten zugestimmt hatte, entschied sich die FK-NR mit 12 zu 9 Stimmen bei 4 Enthaltungen, ihrem Rat ebenfalls die Abschreibung zu empfehlen. Die Kommissionssprecherin Mattea Meyer (sp, ZH) in deutscher und der Kommissionssprecher Jean-Paul Gschwind (cvp, JU) in französischer Sprache machten deutlich, dass die Motion von einem alten Berechnungsmodell ausgehe, das seit 2017 vom neuen Führungsmodell überholt worden sei. Eine Personalobergrenze in diesem neuen Modell sei nicht sinnvoll, da der Personalbestand dynamisch müsse angepasst werden können. Personalstellen sollten über das Budget und nicht über Köpfe gesteuert werden – ein Rat, den auch Finanzminister Maurer in seinem Schlussvotum in der grossen Kammer wiederholte, nachdem es dort zu einem lebhaften Schlagabtausch zwischen der linken und rechten Ratshälte gekommen war. Während die FDP und die SVP darauf beharrten, dass die Personalstellen in den letzten Jahren dauernd gewachsen seien, und Bundesrat Maurer vorwarfen, in der Definition der Anzahl Stellen «kreativ» zu sein (Hans-Ulrich Bigler; fdp, ZH), wiederholten die Sprecherinnen und Sprecher der anderen Fraktionen, dass die Steuerung des Personalbestandes über Finanzen effizienter sei als über eine Stellenobergrenze.
Letztlich entschieden dann nur wenige Stimmen darüber, dass die grosse Kammer anders stimmte als die kleine: Mit 98 zu 94 Stimmen entschied sich der Nationalrat, die Motion nicht abzuschreiben.

Abschreibung der Motion zum Ausgabenstopp bei den Personalkosten
Dossier: Bestand des Bundespersonal auf dem Stand von 2015 einfrieren

Im Nationalrat fand die vom Ständerat modifizierte Motion Bigler (fdp, ZH) eine satte 128 zu 55 Stimmen-Mehrheit (4 Enthaltungen). Somit muss der Bundesrat in den folgenden drei Jahren die Zahl der externen Beratungsmandate um 4 Prozent reduzieren und sich an einem empfohlenen Richtwert orientieren, gemäss dem die Kosten für externe Beratungsaufgaben 3 Prozent der Personalausgaben nicht übersteigen sollten. Weder die Argumente der Minderheit der SPK-NR – etwa, dass nicht gleichzeitig externe Mandate gekürzt, Personalstellen gedeckelt und der Landesregierung immer wieder neue Aufgaben zugeschanzt werden könnten, wie Cédric Wermuth (sp, AG) argumentierte –, noch jene von Bundesrat Ueli Maurer stiessen auf genügend offene Ohren. Zu den geschlossenen SP- und GP-Fraktionen gesellten sich total fünf Abweichler aus FDP, CVP und BDP.

Beizug von externen Experten und Beratern

Mit einem Postulat wollte die KVF-NR den Bundesrat beauftragen, aufzuzeigen, wie nichtfossilen Verkehrsträgern im öffentlichen Verkehr auf Strassen zum Durchbruch verholfen werden könnte. Die KVF-NR wünschte sich einen Prüfbericht, in dem Massnahmen zur finanziellen Förderung der Umstellung von Dieselbussen auf klimaneutrale Fahrzeuge untersucht werden. Mit der Begründung, dass heute weder Kosten noch Nutzen der Förderung von klimafreundlichen Bussen verlässlich beziffert werden könnten, befürwortete der Bundesrat die Annahme des Postulats. Gegen den Widerstand der SVP-Fraktion – für Adrian Amstutz (svp, BE) ist klimaneutrale Mobilität schlicht «gelogen» – nahm der Rat das Postulat mit 104 gegen 78 Stimmen (keine Enthaltungen) an.

Nichtfossilen Verkehrsträgern im öffentlichen Verkehr auf Strassen zum Durchbruch verhelfen (Po. 19.3000)

Feldschiessen und historische Schiessen sollen nach dem Willen des Parlaments auch nach 2020 noch möglich sein, wobei im Fokus der Debatte eine Anpassung im Bereich der Subventionierung von Umweltschutzmassnahmen stand, die nach 2020 eingestellt würden. Dafür bedurfte es jedoch einer Anpassung im Umweltschutzgesetz (USG), wofür die UREK-NR im Juli 2018 eine Vernehmlassung eröffnete. Den Unterlagen war nicht nur zu entnehmen, was genau die anvisierten Änderungen waren, sondern auch die Ablehnung aus links-grünen Kreisen: Diverse Minderheitsanträge, darunter ein Antrag Semadeni (sp, GR) auf Nichteintreten, waren bereits im Revisionsentwurf abgedruckt.
Die Revision, die auf Anregung von Adrian Amstutz (svp, BE) an die Hand genommen worden war, soll es den Betreibern ermöglichen, weiterhin Bundesabgeltungen für die Sanierung von Schiessanlagen zu beziehen. Dies soll nach Ende 2020 nicht mehr möglich sein, wenn nicht sichergestellt ist, dass keine Geschosse in den Boden gelangen. Bei Schiessanlässen, die ausserhalb von Schiessplätzen stattfinden und an denen daher nur ausnahmsweise und an speziellen Anlässen geschossen wird, könne dies nicht verhindert werden, wurden argumentiert. Einige solcher ausserordentlichen Schützenfeste könnten deswegen dereinst nicht mehr organisiert werden, so die Argumentation von Amstutz. Der vorgelegte Entwurf sieht eine Sonderregelung für Standorte, an denen höchstens ein historisches Schiessen oder Feldschiessen pro Jahr stattfindet, vor. Deren Sanierung soll weiterhin subventioniert werden können. Ferner soll die neue Regelung nur auf jene Feste anwendbar werden, die bereits vor Ende 2020 regelmässig stattgefunden haben und deswegen quasi als etabliert gelten.
Die angesprochene Minderheit der UREK-NR zeigte sich mit der Gesetzesrevision nicht einverstanden, sie war der Ansicht, es solle überhaupt nicht mehr in den Boden geschossen werden. Im Wesentlichen warnte sie vor einer zu grossen Belastung der Böden durch Schwermetalle.

In der Vernehmlassung wurde der Entwurf ambivalent beurteilt. Die Schützen befürworteten die Anpassungen weitgehend und beschränkten ihre Änderungsvorschläge auf Begriffspräzisierungen. Auf Ablehnung stiess die Vorlage bei der Mehrheit der Kantone und bei den linken Parteien SP und Grüne. Deren Antrag ans Parlament war Nichteintreten. Wichtigste Kritikpunkte waren die Vereinbarkeit mit den Grundsätzen des USG und dem Vorsorge- und Verursacherprinzip. Ferner fürchteten einige Kantone insgesamt eine Verschlechterung beim Umweltschutz. Den Schützenvereinen und Veranstaltern solcher Schiessanlässe standen also mit den Kantonen wichtige Akteure gegenüber. Mit diesen Differenzen musste sich die UREK-NR also noch befassen, bevor ihr Entwurf zur Änderung des USG im Parlament behandelt werden konnte.

Feldschiessen und historische Schiessen auch nach 2020 ermöglichen
Dossier: Schiess- und Schützenwesen

Im Dezember wurde vom Bundesrat ein erster Entwurf zum Rahmenvertrag mit der EU veröffentlicht, worauf die Meinungen der Wirtschaftsverbände insbesondere betreffend des Lohnschutzes auseinandergingen, wie etwa der «Blick» berichtete. Während SAV-Präsident Valentin Vogt und Hans Hess, Präsident von Swissmem, das Abkommen verteidigten, da sie etwa den Lohnschutz auch im Zusammenhang mit den flankierenden Massnahmen nicht als gefährdet betrachteten, enervierten sich die Gewerkschaften darüber, dass der Lohnschutz Teil der Verhandlungen geworden sei. Der neue SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard (sp, VD) etwa verlangte in einem Interview mit der Aargauer Zeitung vom Bundesrat, sich an sein Versprechen zu halten, wonach der Lohnschutz bei den Verhandlungen eine rote Linie sei, die nicht überschritten werden dürfe. Eine ähnliche Meinung vertrat auch Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) vom SGV, denn der Lohnschutz, so Bigler gemäss «Blick», sei unverhandelbar. Würde der Lohnschutz Teil des Abkommens, müsste die Schweiz Richtlinien und Änderungen der EU automatisch übernehmen.
Später berichtete die Sonntagszeitung darüber, dass sich der Disput unter den Verbänden weiter zuspitzte, als Vogt ohne Absprache mit dem Gewerbeverband signalisierte, «den Rahmenvertrag mit grossen Geschenken an die Gewerkschaften retten» zu wollen. Ein Skandal sei dies für Bigler, so die Sonntagszeitung, denn für diesen stehe fest, dass der Vertrag in dieser Form nicht unterschrieben werden dürfe. Später zog Vogt seine Offensive zurück, denn die Gewerkschaften sowie der Gewerbeverband blieben ihrer Position treu.
Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer schliesslich hatte bereits im Herbst in der NZZ seine Überzeugung bekannt gegeben, dass im Hinblick auf die Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU eine dynamische Übernahme von EU-Gesetzgebungen seitens der Schweiz möglich sei. Da ein Schiedsgericht jeweils die Verhältnismässigkeit überprüfen würde, sodass die EU keine unverhältnismässigen Retorsionsmassnahmen beschliessen könnte, sehe er im Rahmenabkommen gar einen «grosse[n] Vorteil für die Schweiz». Die Gesprächsverweigerung der Gewerkschaften halte er daher für «unschweizerisch», wie das St. Galler Tagblatt zitierte.

Rahmenabkommen Meinungen der Wirtschaftsverbände

Im Differenzbereinigungsverfahren zum Voranschlag 2019 gelang es den beiden Räten, bis auf eine Position alle Differenzen zu bereinigen. Der Nationalrat kam bis zum Schluss des Differenzbereinigungsverfahrens dem Ständerat bei den Differenzen zur Landwirtschaft, zum Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung, beim Zivildienst und beim Sach- und Betriebsaufwand in den Finanzplanjahren entgegen – bezüglich des Sach- und Betriebsaufwands im budgetierten Jahr hatte zuvor der Ständerat eingelenkt. Auch sämtliche beabsichtigten Änderungen der Sollwerte gab der Nationalrat auf. Der Ständerat folgte seinerseits dem Nationalrat bei den von der grossen Kammer vorgeschlagenen Kürzungen bei der Sozialhilfe für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge und bei der Erhöhung der Beiträge an Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung. Beim BAG wollte der Nationalrat den Funktionsaufwand, mit dem der Beizug von externen Sachverständigen finanziert wird, um CHF 1.4 Mio. oder 9 Prozent des gesamten Funktionsaufwandes kürzen. Trotz verschiedenster Wortmeldungen gegen diese Änderung – unter anderem auch durch den Finanzminister, der die Aufstockung der Position durch den Bundesrat als «Quittung für Hunderte von Vorstössen und Programmen zur Überwachung, die Sie fordern» bezeichnet hatte –, lenkte der Ständerat diesbezüglich ein. Das BAG erhielt folglich CHF 1.4 Mio. weniger, als vom Bundesrat veranschlagt.
Nicht einig wurden sich die Räte einzig bezüglich der beantragten Aufstockung des Globalbudgets der Finanzkontrolle. Während der Ständerat mit Verweis auf ihre ausgewiesene Notwendigkeit einstimmig auf der Aufstockung beharrte, wurde das Thema im Nationalrat mehrfach diskutiert. Insbesondere Barbara Kiener Nellen (sp, BE) und Heinz Siegenthaler (bdp, BE) machten sich im Namen der Minderheit für eine Aufstockung stark: Der Mehraufwand der EFK sei erwiesen, die EFK reduziere gleichzeitig ihren Sach- und Betriebsaufwand um CHF 240'400 und die Stellenaufstockung werde sich selber finanzieren, argumentierten sie. Als wahren Grund für die Ablehnung der Aufstockung vermuteten sie jedoch eine «Trötzelei» (Siegenthaler), «Retourkutsche» (Kiener Nellen) oder «Strafaktion» (beide) gegen unliebsame Botschaften der EFK. Dem widersprachen verschiedene Mitglieder der SVP- und der FDP-Fraktion: Franz Grüter (svp, LU) erklärte für die SVP, die 108 Vollzeitstellen reichten für die EFK aus. Albert Vitali (fdp, LU) hingegen schloss eine Aufstockung nicht gänzlich aus. Er argumentierte, dass die FDP Aufstockungen erst zustimmen würde, nachdem das Rollenverständnis der EFK geklärt sei.
In der Folge wurde für diese letzte Differenz eine Einigungskonferenz einberufen. Darin setzte sich der Ständerat mit seiner Absicht durch, den Aufwand wie vom Bundesrat beantragt um CHF 1.97 Mio. zu erhöhen. Im Nationalrat wies Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) noch einmal darauf hin, dass seine Minderheit keinen Ausbau wolle, es aber in erster Linie nicht um den Betrag gehe, sondern um die «Grundsatzfrage, welche Art von Finanzkontrolle wir wollen und welche Art von Finanzkontrolle wir nicht wollen».
Mit 113 zu 64 Stimmen (9 Enthaltungen) liess sich die grosse Kammer auch in der Abstimmung zum Vorschlag der Einigungskonferenz nicht von ihrer ursprünglichen Meinung abbringen und lehnte den Vorschlag ab. Die ablehnenden Stimmen stammten von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion sowie von den fast geschlossen stimmenden FDP- und CVP/EVP-Fraktionen. Der Ständerat nahm den Vorschlag der Einigungskonferenz mit 33 zu 2 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an. Damit erhielten die von beiden Räten vor der Einigungskonferenz gefundenen Kompromisse Gültigkeit; da bei den in der Einigungskonferenz abgelehnten Positionen aber der tiefere Wert verwendet wird, wurde das Globalbudget der EFK zumindest vorläufig nicht aufgestockt.

Voranschlag 2019 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2020-2022 (BRG 18.041)
Dossier: Schaffung einer Berufungskammer am Bundesstrafgericht
Dossier: Bundeshaushalt 2019: Voranschlag und Staatsrechnung

Der Nationalrat behandelte den Voranschlag 2019 in der Wintersession 2018 als Erstrat. Die Mehrheit der FK-NR hatte entschieden, die Ausgaben im Voranschlag gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um 60 Mio. zu reduzieren. Den grössten Teil dieser Differenz wollte die Kommission durch Kürzungen in der Höhe von CHF 45 Mio. bei der Sozialhilfe für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge erzielen; diese Einsparungen könnten erreicht werden, wenn die aktuelle, sinkende Zahl an Asylgesuchen berücksichtigt werde, erklärte die Kommission. Zusätzliche Finanzierung sah die Kommission für das Grenzwachtkorps vor, das mit CHF 2.8 Mio. 44 neue Stellen finanzieren sollte; dieser Betrag sollte jedoch departementsübergreifend beim Personal kompensiert werden.
Daneben lagen 54 Minderheitsanträge vor, von denen die meisten von der SVP- und der SP-Fraktion stammten und nur vereinzelte erfolgreich waren. Die Stossrichtung dieser Anträge widerspiegelt sich deutlich in den Voten der Fraktionssprechenden in der allgemeinen Debatte: Während Franz Grüter (svp, LU) für die SVP «zur Vorsicht im Umgang mit den Staatsfinanzen» mahnte und wie zahlreiche weitere Votantinnen und Votanten der bürgerlichen Parteien den begrenzten finanziellen Handlungsspielraum des Bundes hervorhob, erachtete Samuel Bendahan (sp, VD) als Vertreter der SP-Fraktion die aktuelle Situation als Chance für Investitionen in die Zukunft.
Der Nationalrat behandelte den Voranschlag 2019 in sechs Blöcken. Die SVP bemühte sich mit ihren Minderheitsanträgen zum Beispiel um Kürzungen oder zumindest um einen Verzicht auf Erhöhungen bei den Personalkosten, bei Beratung und Auftragsforschung über alle Departemente hinweg, beim Bundesamt für Energie, beim Generalsekretariat des VBS, beim Bundesamt für Kultur oder beim BFS. Nach dem starken Anstieg in den letzten Jahren brauche es zudem eine «massvolle Dämpfung» durch eine Plafonierung der Ausgaben für die internationale Zusammenarbeit, beim EDA und bei der Entwicklungshilfe, erklärte Peter Keller (svp, NW). Zudem wurde eine vollständige Streichung des Aufwands des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann gefordert. Alle aufgezählten Anträge wurden abgelehnt.
Die Mitglieder der SP-Fraktion beantragten in ihren Minderheitsanträgen, auf die Querschnittskürzungen beim Sach- und Betriebsaufwand, welche die Mehrheit der FK-NR vorgeschlagen hatte, zu verzichten. Weitere Anträge auf zusätzliche Finanzierung oder auf einen Verzicht auf Reduktion wurden unter anderem im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, beim Funktionsaufwand des Gleichstellungsbüros, beim BSV-Globalbudget oder beim Verteidigungsbudget gestellt. Philipp Hadorn (sp, SO) beantragte, die Zahlen für die Sozialhilfe für Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene auf die neue Formel des SEM zu stützten, anstatt die aktuellen Zahlen des laufenden Jahres zu verwenden. Bereits in der Debatte zum Voranschlag 2017 hatte die FK-NR darauf verzichtet, die neu entwickelten Kennzahlen zu verwenden. Schliesslich beantragte eine Minderheit Meyer (sp, ZH), die zusätzlichen Stellen für das Grenzwachtkorps ohne Kürzungen bei anderen Departementen zu verwirklichen. Auch diese Anträge scheiterten allesamt. Erfolgreich waren die Anträge der SP hingegen bezüglich Bildung und Forschung. Hier reichte die SP-Fraktion acht Anträge ein, mit denen das Budget in Übereinstimmung mit dem Mitbericht der WBK-NR wieder dem Niveau der BFI-Botschaft 2017-2020 angepasst werden sollte. Umstritten war dabei vor allem die Frage, ob diese neuen Beträge in Übereinstimmung mit der Motion Dittli (fdp, UR; Mo. 16.3705) teuerungsbereinigt seien, wie Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) argumentierte, oder ob dadurch die Teuerungsbereinigung, die departementsübergreifend vorgenommen worden war, im Bildungsbereich wieder rückgängig gemacht werde, wie Finanzminister Maurer beteuerte. Bis auf einen wurden alle Anträge betreffend das WBF angenommen.
Anträge erfolgten auch durch Mitglieder der übrigen Fraktionen, auch sie waren jedoch grösstenteils erfolglos. Angenommen wurde jedoch ein Minderheitsantrag Bigler (fdp, ZH), der den Funktionsaufwand der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) verglichen mit dem bundesrätlichen Vorschlag um CHF 1.97 Mio. kürzen wollte. Der Bundesrat hatte den Funktionsaufwand um 10 Prozent aufgestockt, damit die EFK ihren Personalbestand um 10 Vollzeitstellen ausbauen kann. Die EFK ist laut Finanzkontrollgesetz das oberste Aufsichtsorgan des Bundes und überwacht unter anderem die finanzielle Führung der Bundesverwaltung. Sie sei mit den Untersuchungen und Prüfungen unter anderem bezüglich der Bürgschaften für Hochseeschiffe, der Ruag und dem Mandat der Finanzdelegation zur Governance der Arbeitslosenversicherung überlastet, hatte die EFK erklärt. Der Antragssteller warf diesbezüglich jedoch die Frage auf, ob man wirklich eine «eigentliche Überwachungsbehörde» wolle. Mit dem bisherigen Personalbestand sei ein «priorisiertes Controlling» durchaus möglich, zumal es der EFK – mit Verweis auf die Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III und zur Debatte zu den Waffenexporten – bereits jetzt möglich sei, «kaum gesetzeskonforme Stellungnahmen zu politischen Geschäften abzugeben». Albert Vitali (fdp, LU) betonte als Vizepräsident der Finanzdelegation (FinDel) die einstimmige Unterstützung Letzterer für den Antrag der Eidgenössischen Finanzkontrolle auf mehr Ressourcen für ihre Kontrolltätigkeit. Diskussionen zum Rollenverständnis und zur Kommunikation der EFK seien nicht im Rahmen der Budgetdebatte vorzunehmen; die FinDel werde dies mit der EFK in Kürze diskutieren. Mit 111 zu 77 Stimmen setzten sich die SVP-Fraktion, Mehrheiten der FDP- und der CVP-Fraktion sowie ein Mitglied der BDP-Fraktion durch und verwarfen die Erhöhung.
Erfolgreich war auch ein Antrag Gschwind (cvp, JU) für eine Erhöhung des Bundesbeitrags für das Alpine Museum Schweiz 2019 sowie in den Finanzplanjahren. In der Antwort auf die Interpellation Engler (cvp, GR; Ip. 18.3543) habe der Bundesrat die Bedeutung des Museums anerkannt, argumentierte Gschwind. Nun solle die Vernetzungsarbeit nicht nur mit CHF 250'000, sondern zusätzlich mit CHF 530'000 unterstützt werden.

«Mit dem Budget werden die Finanzen gesteuert», betonte Heinz Siegenthaler (bdp, BE) im Rahmen der Budgetdebatte. Dass dies nicht ausschliesslich der Fall ist, liegt am neuen Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB), das die Steuerung der Verwaltungseinheiten durch eine Kombination aus Globalbudgets und Leistungsinformationen im Rahmen des Voranschlags und des Finanzplans erlaubt. So erfreuten sich die Sollwerte, die im Rahmen der Planungsgrössen im Voranschlag festgelegt werden können, in betreffendem Jahr grosser Beliebtheit. Die Mehrheit der Finanzkommission schlug vor, als neues Ziel für die Bundeskanzlei eine Überprüfung der ausserparlamentarischen Kommissionen festzulegen. Die Bundeskanzlei solle diese Kommissionen anhand der Kriterien «ausgewiesene Notwendigkeit» und «effektiv nachgewiesene Subsidiarität» beurteilen und ihre Anzahl im nächsten Jahr um mindestens 10 Prozent reduzieren. Allgemein kritisierte Heinz Siegenthaler dieses Vorgehen deutlich: Verwaltungsakte seien nicht Aufgabe der Finanzpolitik, erklärte er. In diesem Falle komme hinzu, dass die Bundeskanzlei – wie auch Finanzminister Maurer betonte – diesbezüglich gar keine Entscheidungskompetenz habe und dieses Ziel daher gar nicht erreichen könne. Dennoch folgte der Nationalrat dem Mehrheitsantrag und stimmte der Sollgrösse mit 106 zu 88 Stimmen gegen den Widerstand von SP, Grünen, BDP und der Mehrheit der CVP zu.
Ebenso umstritten war die Frage, ob die durchgeführten Personalbeurteilungen in der Bundesverwaltung zukünftig als Sollwert einer Normalverteilung folgen müssen, wie es die FK-NR forderte. Thomas Weibel (glp, ZH) erklärte das Anliegen zwar für unterstützungswürdig, kritisierte aber die «Hauruck-Übung» der Kommission. Barbara Gysi (sp, SG) kritisierte die «komische Forderung», gemäss der man gleich viele schlechte wie gute Mitarbeitende haben müsse. Auch hier waren die Proteste jedoch nicht von Erfolg gekrönt, mit 118 zu 76 Stimmen stimmte der Nationalrat dem Mehrheitsantrag der Kommission zu.
Schliesslich schlug die Finanzkommission mit 16 zu 8 Stimmen (bei 1 Enthaltung) vor, es dem SEM als Ziel aufzuerlegen, bis zum 31. Dezember 2020 ein Rückübernahmeabkommen mit Eritrea abzuschliessen. Während Kommissionssprecher Thomas Müller (svp, SG) die Meinung vertrat, man müsse – wie im Fussball – mit einer «klaren Zielsetzung in den Match gehen», um zu gewinnen, hielt Alois Gmür (cvp, SZ) im Namen der Minderheit fest, dass dieses Ziel «völlig aus der Luft gegriffen» sei. Eritrea habe noch mit keinem Land ein solches Abkommen abgeschlossen. Zudem sei nicht klar, welche Konsequenzen ein Nichterreichen des Ziels habe. Mit 99 zu 92 Stimmen setzten sich die geschlossen stimmenden SVP- und FDP-Fraktionen mit Unterstützung je eines Mitglieds der CVP und der BDP auch hier durch.
Doch nicht nur die bürgerliche Mehrheit der FK-NR, auch Mitglieder der SP-Fraktion beabsichtigten die Nutzung des Instruments der Sollwerte: Eine Minderheit Kiener Nellen (sp, BE) wollte die eidgenössische Steuerverwaltung über die Planungsgrössen in zwei Anträgen dazu verpflichten, sowohl für die Verrechnungssteuer als auch für die Mehrwertsteuer mehr Steuerinspektionen vor Ort vorzunehmen. Beide Anträge fanden jedoch nur bei den Mitgliedern der SP, der Grünen und der EVP Unterstützung.

Nach dreitägiger Debatte verabschiedete die grosse Kammer den Voranschlag 2019 mit 126 zu 60 Stimmen (bei 7 Enthaltungen). Wie bereits im Jahr zuvor lehnte die Mehrheit der SVP-Fraktion das Budget ab. Der Voranschlag beinhaltete in dieser Version einen Überschuss von CHF 1.209 Mrd. und einen strukturellen Überschuss von 915 Mio., wies also um CHF 54 Mio. höhere Ausgaben auf als die Version des Bundesrates und um CHF 121 Mio. höhere als die Version der FK-NR.

Voranschlag 2019 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2020-2022 (BRG 18.041)
Dossier: Schaffung einer Berufungskammer am Bundesstrafgericht
Dossier: Bundeshaushalt 2019: Voranschlag und Staatsrechnung

Le 14 décembre 2018, le Conseil national a adopté le postulat déposé par le conseiller national libéral-radical Hans-Ulrich Bigler (plr, ZH), en vue de l'élaboration d'un rapport détaillé sur le financement des ONG palestiniennes et israéliennes. Le postulat Bigler faisait suite à un article paru dans la NZZ au mois de juillet 2018, dans lequel figurait une liste de l'ensemble des organisations palestiniennes et israéliennes bénéficiant de soutiens financiers de la part du DFAE et de la DDC. Par souci de transparence et en raison de l'importance des montants reversés à certains organismes, le conseiller national zurichois demandait au Conseil fédéral de produire un rapport précisant les activités de chacune de ces organisations, les accords qui lient ces dernières au DFAE, les moyens mis en place par le DFAE afin de contrôler l'affectation des ressources allouées ainsi que les résultats obtenus.
Le conseil fédéral s'était auparavant également exprimé en faveur de l'acceptation du postulat, précisant que les conclusions relatives au postulat Bigler seraient intégrées au rapport faisant suite à la motion Imark (16.3289).

Rapport détaillé sur le financement des ONG palestiniennes et israéliennes (Po. 18.3820)
Dossier: NGOs und der israelisch-palästinensische Konflikt

In der Herbstsession kam die Motion Bigler (fdp, ZH), die eine Ausgabenreduktion beim Beizug externer Expertise und Beratung verlangt, in den Ständerat. Dieser hatte eine gleichlautende Motion Föhn (svp, SZ; Mo. 16.3489) zwar abgelehnt, musste sich jetzt aber über die Motion des Zürcher Freisinnigen beugen, weil diese in der grossen Kammer auf Zustimmung gestossen war.
Filippo Lombardi (cvp, TI) amtete als Kommissionssprecher und erklärte, dass sich die SPK-SR mit einem Teil der Forderung der Motion anfreunden könne. Es sei nämlich in der Tat manchmal besser, Wissen innerhalb der Verwaltung zu generieren, statt es von aussen einzukaufen. Das von der Motion geforderte Ziel, die Zahl der externen Mandate innerhalb von 5 Jahren um 40 Prozent zu reduzieren, erachte die Kommission hingegen als «absolut unrealistisch». Man schlage deshalb neue Richtgrössen vor: Während dreier Jahre solle pro Jahr eine Reduktion von je 4 Prozent angestrebt werden. Zudem müsse man ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Personalausgaben und externen Kosten im Auge behalten. Es könne ja nicht sein, dass intern Kosteneinsparungen angestrebt würden, dadurch dann aber Wissen verloren ginge, das schliesslich extern eingekauft werden müsse. Deshalb schlage die Kommission einen Richtwert vor: Externe Beratungsmandate sollen nicht mehr kosten dürfen als 3 Prozent der Personalausgaben. Dies sei aber – wohlgemerkt – lediglich eine Empfehlung. Eine Minderheit der Kommission, vertreten durch Hans Stöckli (sp, BE), empfahl die Ablehnung der Motion, da sich in der Zwischenzeit einiges getan habe und der Bundesrat 2017 den wachsenden Kosten externer Mandate Gegensteuer gegeben habe. In der Tat waren die Kosten für externe Beratung im Jahr 2017 im Vergleich zu 2016 um 12 Prozent reduziert worden. Man solle dies honorieren und nicht noch mehr Kürzungen vornehmen, so der Berner Sozialdemokrat. Finanzminister Ueli Maurer hieb in die gleiche Kerbe. Die Kosten für externe Beratung betrügen momentan 3.3 Prozent der Personalausgaben. Man sei also praktisch dort, wo die modifizierte Motion es verlange. Das Anliegen des Vorstosses, Wissen in der Bundesverwaltung zu behalten, sei gut gemeint, die Verwaltung könne und wolle aber gar nicht alles selber wissen. Man sei auf Dritt- und Fachmeinungen angewiesen. Es sei deshalb insgesamt nicht notwendig, sich hier Fesseln anzulegen.
Die Ratsmehrheit folgte allerdings ihrer Kommissionsmehrheit und hiess die modifizierte Motion mit 29 zu 13 Stimmen (2 Enthaltungen) gut. Somit wird sich der Nationalrat noch einmal damit beschäftigen müssen.

Beizug von externen Experten und Beratern