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  • Binder-Keller, Marianne (mitte/centre, AG) NR/CN
  • Hefti, Thomas (fdp/plr, GL) SR/CE

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In der Wintersession 2022 beugte sich der Ständerat als Zweitrat über die Revision des sechsten Kapitels des IPRG betreffend das internationale Erbrecht. Im Gegensatz zur Schwesterkammer war Eintreten hier unbestritten. Allerdings sorgten vier von der vorberatenden RK-SR eingebrachte Änderungsvorschläge für deutlich mehr Diskussionsbedarf als im Erstrat. Erstens ging es darum, ob im Gesetz – wie vom Bundesrat vorgesehen – ausdrücklich festgehalten werden soll, dass die Schweizer Behörden ihre Zuständigkeit von der Untätigkeit der Behörden anderer für die Zuständigkeit in Frage kommender Staaten abhängig machen können sollen. Hintergrund der Diskussion war der heute angewandte Grundsatz, dass bei verstorbenen Schweizer Bürgerinnen und Bürgern mit letztem Wohnsitz im Ausland die schweizerischen Behörden für die Nachlassabwicklung zuständig sind, sofern sich die Behörden des Wohnsitzstaates nicht damit befassen. Allenfalls kämen aber noch weitere Staaten für eine Zuständigkeit in Frage, wenn die verstorbene Person etwa noch einen anderen ausländischen Heimatstaat hatte oder Grundstücke in einem weiteren ausländischen Staat besass. Der Bundesrat wollte mit einer Ergänzung im genannten Sinne deshalb den Auffangcharakter der Schweizer Zuständigkeit festhalten: Es gehe darum, zu verhindern, dass sich niemand mit dem Nachlass eines Auslandschweizers oder einer Auslandschweizerin befasse. Es sei nicht das Ziel, dass die Schweiz möglichst das Verfahren führen könne, sondern dass Parallelverfahren und Zuständigkeitskonflikte vermieden werden, erklärte Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Eine Minderheit Vara (gp, NE) unterstützte die Version des Bundesrates. Die Kommissionsmehrheit plädierte indes dafür, die Ergänzung zu streichen. Es sei «vielleicht nicht das Beste», so Kommissionssprecher Thomas Hefti (fdp, GL), «wenn wir der ganzen Welt kundtun, dass wir unser Recht und unsere Zuständigkeit von der Inaktivität der ausländischen Behörden abhängig machen». Mit 31 zu 10 Stimmen folgte der Ständerat dem Antrag der Mehrheit und strich die Ergänzung aus dem Entwurf. Zweiter Streitpunkt war die gleiche Bestimmung in Bezug auf ausländische Erblasserinnen und Erblasser mit letztem Wohnsitz im Ausland. In diesen Fällen käme eine Zuständigkeit der Schweizer Behörden für den in der Schweiz gelegenen Nachlass in Frage. Mit den gleichen Argumenten gelangte die Ständekammer zur gleichen Entscheidung wie zuvor.
Auch im dritten Diskussionspunkt ging es um eine vom Bundesrat vorgeschlagene Ergänzung zur Vermeidung von Zuständigkeitskonflikten. Die Regierung wollte ausdrücklich im Gesetz festhalten, dass eine Zuständigkeit der Schweizer Behörden ausgeschlossen ist, wenn die verstorbene Person im Testament oder einem Erbvertrag von ihrem Recht Gebrauch gemacht hat, den Nachlass ganz oder teilweise der Zuständigkeit eines ausländischen Heimatstaates zu unterstellen, und sich diese ausländischen Behörden mit dem Nachlass befassen. Das werde heute in der Praxis bereits so gehandhabt; es gehe lediglich um eine Klarstellung, erläuterte Bundesrätin Keller-Sutter, die sich wiederum für die Minderheit Vara aussprach. Kommissionssprecher Hefti vertrat den Mehrheitsantrag auf Streichen: Weil der Vorschlag der heutigen Rechtsprechung entspreche, werde durch den Verzicht auf den Absatz nichts geändert, man erlaube aber der Rechtsprechung, sich später allenfalls weiterzuentwickeln und fallgemässe Lösungen zu finden. Die Kantonskammer folgte auch diesem Antrag mit 28 zu 12 Stimmen und schuf so eine dritte inhaltliche Differenz zum Erstrat.
Dieses Recht, den Nachlass wahlweise dem Recht des Wohnsitz- oder eines Heimatstaates zu unterstellen, war auch Kern des vierten umstrittenen Punktes. Hier schlug die Kommissionsmehrheit eine Ergänzung vor, wonach Schweizer Bürgerinnen und Bürger nur noch das schweizerische Recht wählen können sollen. Wie Kommissionssprecher Hefti ausführte, stand dahinter die Befürchtung, dass Doppel- oder Mehrfachbürger ein ausländisches Recht wählen würden, um die Schweizer Pflichtteilsregelung zu umgehen. Minderheitssprecher Carlo Sommaruga (sp, GE) sprach sich gegen diesen Zusatz aus, weil man damit Schweizer Doppelbürgerinnen und -bürgern ein Recht vorenthalte. Im Vergleich zu Mehrfachbürgerinnen und -bürgern, die keine schweizerische Staatsbürgerschaft besitzen, würden Schweizerinnen und Schweizer mit weiteren Staatsbürgerschaften durch diese Regelung benachteiligt. Für Ausländerinnen und Ausländer gelte das Wahlrecht nämlich weiterhin, fügte die Justizministerin an, und dort habe der Gesetzgeber «die mit einer Rechtswahl verbundene Nichtgeltung des schweizerischen Pflichtteilsrechts in Kauf genommen». Diese Argumentation blieb allerdings mehrheitlich ungehört: Mit 27 zu 13 Stimmen schloss sich der Ständerat auch hier seiner Kommissionsmehrheit an. In der Gesamtabstimmung nahm die kleine Kammer die Vorlage einstimmig bei einer Enthaltung an. Mit vier inhaltlichen Differenzen geht sie zurück an den Nationalrat.

Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht. 6. Kapitel: Erbrecht (BRG 20.034)

In der Wintersession 2022 überwiesen sowohl der Ständerat (Mo. 22.4250) als auch der Nationalrat (Mo. 22.4249) eine jeweils gleichlautende Motion zur Erhöhung der Obergrenze für Gerichtsgebühren. Die von den beiden GPK eingereichten Vorstösse verlangten, dass die eidgenössischen Gerichte nach oben flexible Grenzen für Gerichtsgebühren ansetzen dürfen. Bei ihrer Prüfung der jetzigen Gebühren hätten die GPK festgestellt, dass die momentan geltenden Höchstansätze (CHF 200'000 beim Bundesgericht, CHF 100'000 bei Bundesanwaltschaft und Bundesstrafgericht, CHF 50'000 beim Bundesverwaltungsgericht) nicht genügten, wenn es um sehr hohe Streitwerte oder sehr komplexe Verfahren gehe. Es gehe nicht darum, die Gerichtsgebühren generell zu erhöhen, sondern lediglich darum, bei Spezialfällen Obergrenzen adäquat anzusetzen, begründeten die GPK ihre Vorstösse. Zwar waren bereits 2017 zwei ähnliche und ebenfalls gleichlautende Motionen angenommen worden, die im Rahmen der Revision des Bundesgerichtsgesetzes hätten umgesetzt werden sollen. Da die Räte diese Revision allerdings abgelehnt hätten, sei das Anliegen der flexiblen Obergrenze bisher nicht umgesetzt worden.
Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motionen, wie er es bereits 2017 getan hatte, und erinnerte daran, dass bei der Umsetzung eine Motion Hefti (fdp, GL; Mo. 19.3228) und ein Postulat Caroni (fdp, AR; Po. 20.4399) berücksichtigt werden müssten.
Während die Motion im Ständerat ohne Diskussion durchgewunken wurde, lag im Nationalrat ein schriftlicher Antrag von Pirmin Schwander (svp, SZ) vor, der die Ablehnung der Motion beantragte. Es sei eine «Kernaufgabe des Staates» einen «niederschwelligen Zugang» zu den Gerichten zu garantieren. Höhere Gebühren würden aber auch höhere Gerichtskosten bedeuten, was den Zugang zu den Gerichten einschränke. Diesem Argument folgten 46 Fraktionskolleginnen und -kollegen Schwanders und ein Mitglied der FDP-Fraktion. Sie standen einer Mehrheit von 130 Stimmen gegenüber (6 Enthaltungen). Somit galten beide Motionen als angenommen.

Erhöhung der Obergrenze für Gerichtsgebühren (Mo. 22.4250 und Mo. 22.4249)

Wie der Nationalrat nutze auch der Ständerat die erste Sitzung der Wintersession 2022 zur Wahl des Ständeratspräsidiums und der Mitglieder des Büro-SR für 2022/2023 und wie im Nationalrat wurde mit Brigitte Häberli-Koller (mitte, TG) auch im Ständerat ein Mitglied der Mitte für das höchste Amt auserkoren. Vor der Wahl der erst fünften Ständeratspräsidentin in der Geschichte der kleinen Kammer ergriff der scheidende Präsident, Thomas Hefti (fdp, GL), das Wort. Es sei gut, dass es in Demokratien befristete Amtszeiten gebe. Resultate von Wahlen nicht anzuerkennen oder ziviler Ungehorsam sei hingegen Gift für einen demokratischen Rechtsstaat. Hefti ging auf die abflauende Pandemie ein, die in der Schweiz auch deshalb glimpflich abgelaufen sei, weil – trotz aller Kritik – den Kantonen und dem Bundesrat vernünftige Lösungen gelungen seien. Es greife zu kurz, den Föderalismus für Fehler, die es natürlich auch gegeben habe, verantwortlich zu machen. Krisen seien «die Stunden der Exekutiven» aber von Diktatur zu sprechen, sei daneben. Auch aus dem Krieg in der Ukraine, einem von Russland angezettelten «Krieg gegen die westliche Welt» müsse die Schweiz Lehren ziehen. Es gelte, die Armee zu verstärken. Bei den Verhandlungen mit der EU – ebenfalls eine aktuelle Herausforderung – würde man vielleicht weiterkommen, wenn der EU verständlich gemacht werden könnte, dass die «sehr weitgehenden Rechte» der Mitbestimmung in der Schweiz nicht nur weltweit einzigartig, sondern auch für die supranationale Organisation nicht schädlich seien.

Nachdem Thomas Hefti mit grossem Applaus bedacht worden war, schritt die kleine Kammer zur Wahl ihrer neuen Präsidentin, die 45 von 46 Stimmen erhielt. Ein Wahlzettel war leer geblieben. Brigitte Häberli-Koller wurde mit starkem Beifall in ihr neues Amt begrüsst. Die Mitte-Politikerin – nach Josi Meier (cvp, LU; 1991), Françoise Saudan (fdp, GE; 2000), Erika Forster-Vannini (fdp, SG; 2009) und Karin Keller-Sutter (fdp, SG) die fünfte Ständeratspräsidentin – war bereits die zwölfte Kantonsvertretung aus dem Thurgau, die das oberste Amt in der kleinen Kammer ausüben durfte. Nur die Kantone Waadt (17), und Bern (15) stellten mehr Ständeratspräsidenten. Der Bund wisse, was er am Thurgau habe, startete die frischgebackene und insgesamt 200ste höchste Amtsträgerin in der kleinen Kammer ihre Antrittsrede mit einem Dank an die anwesende Kantonalregierung. Auch sie ging auf die aktuellen politischen Herausforderungen ein: Krisen und Wandel habe es schon immer gegeben, allerdings gebe es heute viel mehr Widersprüche, die Unsicherheiten und Ängste weckten und im schlimmsten Fall zu extremen Überzeugungen und einer gespaltenen Gesellschaft führten. Es müsse unterschieden werden zwischen berechtigter Meinungsfreiheit und «radikalen Forderungen bestimmter Gruppierungen». Die direkte Demokratie sei aber keine Tyrannei der Mehrheit, sondern biete «das beste und ehrlichste Ventil für die Bürgerinnen und Bürger», die Unzufriedenheit zeigen dürften, Abstimmungsergebnisse aber selbstverständlich akzeptieren würden. «Wir leben in einer direkten Demokratie, wo sich niemand auf der Strasse festkleben muss, wo niemand Gemälde mit Kartoffelstock bewerfen muss und wo man sich auch nirgendwo anketten muss.» Es sei zudem nicht fair, der Politik böswillige Absicht zu unterstellen, wenn sich ein Entscheid im Nachhinein als fehlerhaft herausstelle. Unzufriedenheit und Fehler müsse eine Demokratie aushalten und es sei an den Parlamentsmitgliedern, durch Ehrlichkeit und Transparenz wieder Vertrauen zu schaffen. Es gebe viel zu tun und die anstehenden Herausforderungen seien nur gemeinsam zu meistern, weshalb ihre Präsidentschaft auch unter dem Motto «Gemeinsam - Ensemble - Insieme - Ensemen» stehe

Nach einem musikalischen Intermezzo schritt die kleine Kammer zur Wahl der restlichen Mitglieder des Büros. Zur ersten Vizepräsidentin wurde Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) gewählt – ebenfalls mit 45 von 46 möglichen Stimmen (ein Zettel blieb auch hier leer); damit wird 2023/2024 erstmals eine Sozialdemokratin dem Ständerat vorstehen – es sei denn, die offizielle Kandidatin für die anstehenden Bundesratswahlen würde in die Landesregierung gewählt oder aber bei den eidgenössischen Wahlen 2023 in ihrem Kanton nicht bestätigt. Gleich zu zwei weiteren Nova führte die Wahl der zweiten Vizepräsidentin: Lisa Mazzone (gp, VD) ergänzte das erstmals reine Frauenpräsidium und wird – auch bei der Genferin eine Wiederwahl bei den Ständeratswahlen 2023 vorausgesetzt – 2024/2025 den Ständerat als erstes Mitglied der Grünen Partei präsidieren. Mazzone erhielt 44 von 46 möglichen Stimmen. Neben einer leeren Stimme entfiel eine auf eine andere Person. Die Ämter des Stimmenzählers und des Ersatzstimmenzählers werden von Männern besetzt. Andrea Caroni (fdp, AR) wurde mit 42 Stimmen gewählt (4 Wahlzettel blieben leer) und auf Stefan Engler (mitte, GR) entfielen 45 Stimmen (ein leerer Wahlzettel). Das Büro-SR wird immer dann mit einem weiteren Mitglied ergänzt, wenn Fraktionen mit mindestens fünf Mitgliedern im Ständerat ansonsten darin nicht vertreten sind. Dies war für das anstehende Amtsjahr der Fall für die SVP-Fraktion, die Werner Salzmann (svp, BE) zur Wahl vorschlug, der mit 43 Stimmen gewählt wurde (3 leere Wahlzettel).

In einem Festakt wurde die neue Ständeratspräsidentin zwei Tage nach ihrer Wahl in Frauenfeld gefeiert. Es sei zwar der bisherige Höhepunkt ihrer politischen Karriere, sie trete aber auch kurz vor dem Pensionsalter im Herbst noch einmal zu den Ständeratswahlen an, weil ihre Partei mit ihr die grössten Chancen sehe, gab die Mitte-Politikerin, die als Gemeinderätin, Grossrätin, von 2003 bis 2011 Nationalrätin und schliesslich ab 2011 Ständerätin die sogenannte «Ochsentour» hinter sich gebracht hatte, in einem Interview mit der Thurgauer Zeitung zu Protokoll.

Wahl Ständeratspräsidium 2022/2023
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Das Patentrecht soll modernisiert und angepasst werden, damit Schweizer Innovatorinnen und Innovatoren ein den internationalen Standards entsprechendes Patentprüfungsverfahren zur Verfügung steht. Im November 2022 präsentierte der Bundesrat die entsprechende Botschaft zur Umsetzung einer 2019 angenommen Motion Hefti (fdp, GL; Mo. 19.3228), welche eine solche Anpassung verlangt hatte. Die Stossrichtung der Modernisierung war im Vorfeld während der Vernehmlassungsphase zwischen Oktober 2020 und Februar 2021 mehrheitlich begrüsst worden.
Patente zum Schutz von geistigem Eigentum, welche in der Schweiz gültig sind, können heute entweder beim Europäischen Patentamt (EPA) oder beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) beantragt werden. Eine Eintragung beim EPA bringt den Vorteil mit sich, dass eine Vollprüfung vorgenommen wird, in welcher auch die «Neuheit der erfinderischen Tätigkeit» geprüft wird. Im Unterschied dazu stellt das IGE das Patent ohne Prüfung der «Neuheit der erfinderischen Tätigkeit» aus, was zwar den Prozess kostengünstiger macht, gleichzeitig aber keine verlässliche Aussage zu dessen Rechtsbeständigkeit bringt. In der Folge wählten in der Vergangenheit immer mehr Unternehmen den Weg zum EPA, wodurch die Bedeutung des durch das IGE ausgestellten Patents schwand, wie der Bundesrat in der Botschaft festhielt.
Mit der Anpassung des Patentrechts soll als Kernelement nun die Option geschaffen werden, dass bei Patentanmeldungen zwischen einer kostengünstigen Teilprüfung und einer Vollprüfung gewählt werden kann. Diese Wahloption schlug der Bundesrat aufgrund der Vernehmlassungsantworten vor, da einige Teilnehmende beim Status quo bleiben wollten und eine Vollprüfung ablehnten. Gegenüber der Vernehmlassungsvorlage angepasst wurde zudem die Einführung eines Rechercheberichts, der künftig jeder Patentanmeldung beigelegt werden und mehr Rechtssicherheit schaffen soll. Dieser soll den Stand der Technik beinhalten, von welchem sich eine neue Erfindung ausreichend abheben muss, um patentiert werden zu können. Dadurch könne auch der Wert eines Patents erhöht werden, das nach einer Teilprüfung ausgestellt wurde. Weiter soll das Einspruchsverfahren, welches seit seiner Einführung nie verwendet worden ist, durch eine gerichtliche Beschwerdemöglichkeit ersetzt werden. Gemäss Vernehmlassung wurde das im Vorentwurf vorgesehene modifizierte Einspruchsverfahren als zu kompliziert und teuer erachtet. Als Beschwerdeinstanz soll das BPatGer walten, wie in der Vernehmlassung beinahe einstimmig gefordert worden war. Schliesslich soll künftig Englisch als Sprache in den Anmelde- und Beschwerdeprozessen verwendet werden können.

Änderung des Patentgesetzes (BRG 22.078)
Dossier: Modernisierung des Patentrechts; Umsetzung der Motion 19.3228

Anfang November 2022 gab der Bundesrat bekannt, dass das WBF gemeinsam mit dem EDA entschieden habe, die Lieferung iranischer Drohnen nach Russland zu sanktionieren. Damit übernehme die Schweiz die Sanktionen der EU gegen drei iranische Militärangehörige und eine Firma, welche an der Entwicklung und Lieferung von Drohnen an Russland beteiligt gewesen sein sollen. Diese Drohnen seien anschliessend im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine eingesetzt worden. Die sanktionierten Subjekte durften damit nicht mehr in die EU oder die Schweiz einreisen, mit ihnen durften keine Geschäfte gemacht werden und allfällige Vermögen in der Schweiz konnten eingefroren werden. Gleichzeitig gaben beide Departemente aber auch bekannt, dass man die weiteren – im Zusammenhang mit den gegenwärtigen Protesten – erlassenen EU-Sanktionen gegenüber dem Iran nicht übernehmen wolle. Nach der Tötung von Jina Mahsa Amini in iranischem Polizeigewahrsam am 16. September 2022 war es im Iran zu landesweiten Demonstrationen gekommen, welche die iranische Regierung gewaltsam hatte niederschlagen lassen. Die EU sanktionierte daraufhin elf Personen und vier Organisationen, die sowohl mit dem Tod der jungen Iranerin als auch mit der Protestbekämpfung in Verbindung gebracht wurden. Der Bundesrat rechtfertigte den Verzicht auf die Übernahme dieser Sanktionen damit, dass die Schweiz den Tod von Amini als eines der ersten Länder auf höchster Stufe mit dem Iran thematisiert und eine «rasche, unabhängige und unparteiische Aufklärung gefordert» habe. Auch die Gewaltanwendung gegen Protestierende habe man verurteilt und den Iran auf bilateraler und multilateraler Ebene zur Einhaltung seiner menschenrechtlichen Verpflichtungen aufgefordert. Diese Massnahmen erachtete der Bundesrat als ausreichend. Zudem übernehme die Schweiz fünf Schutzmachtmandate im oder für den Iran, welche ebenfalls in die Abwägung miteingeflossen seien. Die bereits bestehenden Finanz-, Reise- und Gütersanktionen wollte der Bundesrat hingegen weiterhin aufrechterhalten.
Der emeritierte Rechtsprofessor Thomas Cottier erklärte die Zurückhaltung des Bundesrats im Tages-Anzeiger damit, dass die Schweiz bisher noch nie «thematische Menschenrechtssanktionen» – also Sanktionen gegen Staaten, die auf ihrem Gebiet Menschenrechte nicht einhalten – erlassen habe. Dementsprechend wäre eine Übernahme aller EU-Sanktionen ein Paradigmenwechsel mit Präzedenzcharakter gewesen. In der Folge hätte man diese auf weitere Staaten anwenden müssen, da die EU derartige Sanktionen beispielsweise auch gegen China erlassen habe.

Der Entscheid des Bundesrats sorgte für einige rote Köpfe in der Schweizer Parteienlandschaft. Marianne Binder-Keller (mitte, AG) forderte im Tages-Anzeiger mehr Unterstützung der Demokratiebewegung im Iran und kritisierte die nur teilweise erfolgte Sanktionsübernahme. SP-Nationalrat Fabian Molina (sp, ZH) bezeichnete den Bundesratsentscheid gar als «Skandal», für den es rechtlich keinen Grund gebe. Auch in der Bevölkerung formierte sich Widerstand gegen die offizielle Haltung der Schweiz: In Bern protestierten kurz darauf tausende Personen auf dem Bundesplatz gegen das iranische Regime und forderten eine Wende in der Schweizer Iran-Politik. Die grüne Nationalrätin Natalie Imboden (gp, BE), die ebenfalls an den Protesten teilnahm, kritisierte, dass sich die Schweiz hinter ihren Schutzmachtmandaten verstecke.

Bundesrat verhängt Sanktionen gegen den Iran
Dossier: Von der Schweiz ergriffene Sanktionen gegen andere Staaten

In Erfüllung zweier Postulate Binder Keller (mitte, AG; Po. 20.3650) und Pfister (mitte, ZG; Po. 20.3824) legte der Bundesrat im November 2022 den Bericht «Die Hisbollah und die Schweiz» vor. Der Bundesrat sprach sich im Rahmen des Berichts gegen ein Betätigungsverbot für die Hisbollah in der Schweiz aus. Laut dem Bericht würde die Hisbollah im Falle eines Verbots vermehrt im Untergrund agieren, was Überwachung und Prävention erschweren würde.

Betätigungsverbot der Hisbollah in der Schweiz (Po. 20.3824)

In Erfüllung zweier Postulate Binder-Keller (mitte, AG; Po. 20.3650) und Pfister (mitte, ZG; Po. 20.3824) legte der Bundesrat im November 2022 den Bericht «Die Hisbollah und die Schweiz» vor. Im Zentrum des Berichts standen, wie in den beiden Vorstössen gefordert, die Aktivitäten der schiitisch-islamistischen Hisbollah in der Schweiz sowie die Prüfung eines Betätigungsverbots der Hisbollah in der Schweiz.
Der Bericht zeichnete die Entstehung und die aktuelle Aufstellung der Hisbollah nach und wies eine insgesamt sehr geringe Aktivität in der Schweiz aus. Die Anzahl der Anhängerinnen und Anhänger wurde auf einige Dutzend geschätzt, wobei diese Personen der Hisbollah nicht zwingend ideologisch verbunden seien. Die verschiedenen Institutionen der Hisbollah in der Schweiz nähmen vor allem religiöse Aufgaben wahr, seien aber nicht enger mit anderen islamischen Zentren verbunden. Vereinzelt beteiligten sie sich auch an politischen, teilweise antiisraelischen Aktivitäten. Über die Mittelbeschaffung und -verschiebung der Hisbollah in der Schweiz konnten laut dem Bericht indes keine Kenntnisse gewonnen werden.
Die terroristische Bedrohung durch die Hisbollah schätzte der Bericht für die Schweiz als gering ein. Von der Bundesanwaltschaft sei bisher kein Strafverfahren gegen die Hisbollah oder mit ihr in Verbindung stehende Personen eröffnet worden. Gleichzeitig unterstrich der Bundesrat jedoch, dass die bestehenden Strukturen zur Terrorbekämpfung ausreichend seien, um mögliche terroristische Aktivitäten der Hisbollah in der Schweiz zu erkennen und zu bekämpfen.
Basierend auf diesen Erkenntnissen empfahl die Regierung, von einem Betätigungsverbot für die Hisbollah abzusehen. Ein solches würde sich einerseits negativ auf die diplomatischen und humanitären Bestrebungen der Schweiz im Nahen und Mittleren Osten auswirken. Andererseits würde die Aktivität der Hisbollah durch ein Verbot in den Untergrund verschoben, was Prävention und Eingreifen bei potentiellen terroristischen Aktivitäten erschweren würde. Die Position der Schweiz als neutrale Vermittlerin, beispielsweise zwischen dem Libanon und Ägypten oder zwischen den USA und dem Iran, könnte durch ein Betätigungsverbot für die Hisbollah massgeblich geschädigt werden, mahnte der Bundesrat im Bericht. Mit Blick auf die humanitäre Unterstützung, insbesondere im Libanon, riet die Regierung ebenfalls davon ab, die Trennung zwischen dem politischen und dem militärischen Arm der Hisbollah aufzuheben. Der politische Arm der Hisbollah sei als Regierungsmitglied und Bereitstellerin von Infrastruktur im Libanon eine wichtige Kooperationspartnerin. Der Bundesrat folgerte aus dem Bericht, dass die aktuellen Rechtsinstrumente ausreichten und keine weiteren Massnahmen zu ergreifen seien.

Bericht über die Aktivitäten der schiitisch-islamistischen Hisbollah in der Schweiz (Po. 20.3650)

Am 20. Oktober 2022 reiste Bundespräsident Cassis in die Ukraine, um sich mit Präsident Selenskyj zu treffen. Die Reise war aufgrund von Sicherheitsbedenken im Geheimen organisiert worden, trotzdem berichtete der Blick bereits vor Cassis Ankunft über den Besuch. Das EDA zeigte sich in der Folge äusserst verärgert über diese Indiskretion. Dadurch sei die Sicherheit der Delegation gefährdet worden, so ein Sprecher des Departements. Begleitet wurde der Aussenminister von Nationalrätin Marianne Binder-Keller (mitte, AG) und Ständerat Matthias Zopfi (gp, GL). Es war der zweite Besuch einer hochrangigen Schweizer Delegation seit dem Kriegsausbruch, nachdem Nationalratspräsidentin Irène Kälin (gp, AG) im April des gleichen Jahres nach Kiew gereist war. Für Aussenminister Cassis war es bereits die zweite Amtsreise in die Ukraine, eine erste hatte er 2021 vorgenommen. Am Treffen nahmen auch der ukrainische Premierminister Denys Schmyhal und Aussenminister Dmytro Kuleba teil. Die Gespräche fokussierten auf die aktuelle Kriegssituation, die humanitären Bedürfnisse der Ukraine sowie die Vorbereitungsarbeiten für den Wiederaufbau- und Entwicklungsplan des Landes. Im Rahmen der Ukraine Recovery Conference, die im Juli 2022 in Lugano stattgefunden hatte, hatte die Schweiz an der Erarbeitung des Wiederaufbauplans mitgewirkt. Cassis tauschte sich mit seinem ukrainischen Pendant Schmyhal über die Umsetzung der an der Konferenz angestossenen Massnahmen aus. Gegenüber den Medien unterstrich der Bundespräsident die Solidarität der Schweiz mit der ukrainischen Bevölkerung und kritisierte Russlands Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine. Im Rahmen des Treffens unterzeichneten die beiden Parteien ein MoU zur digitalen Transformation und zwei Absichtserklärungen zur Zusammenarbeit in den Bereichen «vermisste Personen» und «Forensik».
In der Schweiz wurde die Amtsreise von Cassis insgesamt positiv aufgenommen. APK-NR-Präsident Franz Grüter (svp, LU) erachtete den Besuch als ein gutes Zeichen, stellte aber die Frage in den Raum, «was er damit erreichen will». Ein Schutzmachtmandat der Schweiz zwischen der Ukraine und Russland hätte der SVP-Aussenpolitiker begrüsst, für Gespräche über den Wiederaufbau des Landes sei es aber noch zu früh, wie er CH Media mitteilte. Mitte-Nationalrätin Schneider-Schneiter (mitte, BL) fand es hingegen wichtig, dass Cassis ein Follow-up der Ukraine-Konferenz durchgeführt habe.

Im Anschluss an den Staatsbesuch in der Ukraine reiste Cassis weiter nach Moldawien, um in Chișinău mit Präsidentin Maia Sandu über die Konsequenzen des Kriegs auf ihr Land und dessen humanitäre Lage zu sprechen.

Bundespräsident Cassis trifft Präsident Selenskyi
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2022
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)

Ende 2021 reichten sechs Nationalrätinnen verschiedenster Parteien sechs identische parlamentarische Initiativen ein, die forderten, dass Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts der Antirassismus-Strafnorm (Art. 261bis StGB) unterstellt werden. Die Initiantinnen – Min Li Marti (sp, ZH; Pa.Iv. 21.513), Marianne Binder-Keller (mitte, AG; Pa.Iv. 21.514), Jacqueline De Quattro (fdp, VD; Pa.Iv. 21.515), Sibel Arslan (basta, BS; Pa.Iv. 21.516), Lilian Studer (evp, AG; Pa.Iv. 21.522) und Kathrin Bertschy (glp, BE; Pa.Iv. 21.527) begründeten ihr Anliegen mit der weiten Verbreitung von Gewalt und Hass an Frauen, der mit einem klaren Signal – wie demjenigen der Unterstellung unter die Antirassismus-Strafnorm – Einhalt geboten werden könnte. Ob neben der sexuellen Orientierung auch Diskriminierungen und Hass aufgrund der Geschlechtsidentität in die Antirassismus-Strafnorm aufgenommen werden sollten, war auch bereits während der Beratungen zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Reynard (sp, VS; Pa.Iv. 13.407) diskutiert worden, die im Februar 2020 an der Urne bestätigt worden war. Die erstberatende RK-NR, die sich Ende Juni 2022 über die sechs neuen parlamentarischen Initiativen beugte, gab diesen mit 16 zu 6 Stimmen Folge.

Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts sollen strafbar werden (Pa.Iv. 21.513, 21.514, 21.515, 21.516, 21.522, 21.527)

Nachdem die SPK-NR entschieden hatte, der Vorlage keine Folge zu geben, beugte sich der Nationalrat in der Sommersession 2022 über die parlamentarische Initiative der Grünen Fraktion, die forderte, dass es Kantonen und Gemeinden ermöglicht werden soll, auf eigene Initiative hin zusätzliche Flüchtlingsgruppen aufzunehmen. Der Minderheitensprecher Balthasar Glättli (gp, ZH) argumentierte für das Anliegen seiner Fraktion, dass es keinen guten Grund gäbe, wieso der Schweizer Föderalismus nicht dazu genutzt werden solle, die Asylpolitik der Schweiz menschlicher und offener zu gestalten. Laut Marianne Binder-Keller (mitte, AG) stünde der vorgeschlagene Mechanismus im Verständnis der Kommissionsmehrheit aber im «Widerspruch zum aktuellen System», welches darauf aufbaue, dass «die Lasten» gemeinsam, statt von einzelnen Gemeinden, getragen würden.
Der Nationalrat entschied mit 119 zu 70 Stimmen, dem Anliegen der Grünen Fraktion keine Folge zu geben. Für die Vorlage sprachen sich lediglich die beiden geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen sowie die drei Nationalratsmitglieder der EVP aus. Damit blieb der Nationalrat seiner Stellung zu diesem Thema treu – so hatte er bereits eine Woche zuvor einer Standesinitiative aus dem Kanton Basel-Stadt keine Folge gegeben, die eine ähnliche Änderung im Asylwesen gefordert hatte.

Aufnahme von Asylsuchenden: Willkommensstädte und solidarische Gemeinden ermöglichen (Pa.Iv. 21.419)

Nachdem sich die SPK-NR entgegen ihrer Schwesterkommission entschieden hatte, der Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt, welche forderte, zusätzliche, in Griechenland gestrandete, besonders schutzbedürftige Personen aufzunehmen, keine Folge zu geben, kam das Anliegen in der Sommersession 2022 in die grosse Kammer.
Marianne Binder-Keller (mitte, AG) argumentierte für die Kommissionsmehrheit, dass die Situation in Griechenland nicht mehr «dermassen tragisch» sei wie im Herbst 2020, weshalb sich die Mehrheit der Kommission dafür ausgesprochen habe, der Standesinitiative keine Folge zu geben. Ausserdem tue die Schweiz bereits viel – etwa in Form von Hilfsgütern oder mit der Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden. Als Sprecherin der Kommissionsminderheit setzte sich Tamara Funiciello (sp, BE) für Folgegeben ein und forderte den Nationalrat auf, «endlich das Richtige» zu tun und mehr humanitäre Verantwortung zu übernehmen. Der Krieg in der Ukraine habe gezeigt, dass die Schweiz durchaus in der Lage sei, schutzbedürftigen Menschen die nötige Sicherheit und Aussicht auf Arbeit zu geben. Die Frage sei nun, wieso dies für Menschen, welche an den europäischen Aussengrenzen unter prekären Umständen ausharren müssen, nicht auch möglich sein soll. Funiciello vermochte jedoch den Nationalrat nicht für das Anliegen zu gewinnen, welcher mit 98 zu 59 Stimmen entschied, der Standesinitiative keine Folge zu geben. Lediglich die Fraktionen der SP und der Grünen stimmten geschlossen für das Anliegen, zusätzliche Unterstützung erfuhr die Standesinitiative darüber hinaus lediglich von den beiden EVP-Nationalrätinnen.

Aufnahme von Menschen aus Griechenland und Auslastung der Asylzentren (Kt.Iv. 21.310)
Dossier: Dublin-Verordnung

Nationalrätin Margret Kiener Nellen (sp, BE) sah in den unterschiedlichen Höchstbeträgen der EO-Entschädigungen bei Militärdienst und Mutterschaft – derjenige bei Mutterschaft beläuft sich auf CHF 196 pro Tag, während der Höchstbetrag der Gesamtentschädigung bei Militärdienst CHF 245 betragen kann – eine «grobe und nicht zu rechtfertigende Ungleichheit» und somit eine Verletzung des Gleichstellungsartikels. 2019 hatte sich der Bundesrat gegen die Motion Kiener Nellen ausgesprochen, die diesen Umstand beheben wollte. Er hatte dabei auf andere laufende Gesetzgebungsvorhaben «zugunsten der Mütter und Familien» verwiesen, die bereits Mehrausgaben für die EO mit sich bringen würden – namentlich die Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen (Pa.Iv. 18.092), die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung (BRG 19.027), den indirekten Gegenvorschlag zur Vaterschaftsurlaubs-Initiative (Pa.Iv. 18.441) sowie die Einführung eines Adoptionsurlaubs (Pa.Iv. 13.478). Zusätzliche Ausbauprojekte könnten den Erfolg dieser Vorhaben beeinträchtigen, so der Bundesrat. Entgegen der Meinung des Bundesrates hatte der Nationalrat der Motion in der Frühjahrssession 2021 mit deutlichen 132 zu 52 Stimmen bei sieben Enthaltungen unter Opposition der gesamten SVP-Fraktion diskussionslos zugestimmt.
Im März 2022 empfahl eine knappe Kommissionsmehrheit dem Ständerat ebenfalls, der Motion zuzustimmen. Sie erachtete die Ungleichbehandlung, die darauf beruht, dass die EO für Mütter im Unterschied zu Militärdienstleistenden keine Kinderzulage, keine Betreuungszulage sowie im Falle einer selbständigen Erwerbstätigkeit auch keine Betriebszulage vorsieht, als «nicht mehr zeitgemäss». Die Kommissionsminderheit brachte hingegen als Gründe für ihre ablehnende Empfehlung vor, dass Betreuungszulagen in diesem Falle nicht notwendig seien, da sich die Mütter während des Mutterschaftsurlaubs ja selber um die Kinder kümmern könnten, und dass Mutterschaft – im Gegensatz zum Militärdienst – nicht obligatorisch sei. Mit Stichentscheid des Präsidenten Thomas Hefti (fdp, GL) folgte der Ständerat in der Sommersession 2022 der Kommissionsminderheit und lehnte die Motion Kiener Nellen denkbar knapp ab. Hingegen befürwortete er gleichzeitig eine Motion Marti (sp, ZH; Mo. 19.4110), mit der eine Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden eingeführt werden soll. Diesen Willen hatte der Ständerat bereits in der Wintersession 2019 kundgetan, als er eine gleichlautende Motion Maury Pasquier (sp, GE; Mo.19.4270) befürwortet hatte.

EO-Entschädigungen. Militärdienst und Mutterschaft gleich entschädigen (Mo. 19.3373)

«Die Ausländerinnen von heute sind die Frauen von damals», zitierte Balthasar Glättli (gp, ZH) zu Beginn der durch zwei parlamentarische Initiativen zum Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer angestossenen Debatte einen Vergleich zwischen den vor 1971 vom politischen Prozess ausgeschlossenen Frauen und den nach wie vor exkludierten Ausländerinnen und Ausländern aus der NZZ. Zwar sei 1971 ein «Demokratieproblem» gelöst worden, es bestehe aber noch ein weiteres, das angegangen werden könne, wenn man der parlamentarischen Initiative der grünen Fraktion Folge gebe. Auch der zweite Initiant, Mustafa Atici (sp, BS), argumentierte, dass der Ausschluss rund eines Viertels der Bevölkerung die direkte Demokratie der Schweiz unvollständig mache. Im Gegensatz zum Vorstoss der grünen Fraktion, die das passive und aktive Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer auf Bundesebene einführen wollte, forderte Atici dieses für kommunale Angelegenheiten. Beiden Anliegen war gemein, dass sie als Bedingung für die Vergabe der politischen Rechte wenigstens fünf Jahre Wohnsitz in der Schweiz voraussetzten. Die Ratsdebatte war nötig geworden, weil die SPK-NR mit je 17 zu 8 Stimmen empfohlen hatte, beiden Anliegen keine Folge zu geben. Die hauptsächlichen Argumente für die abschlägige Empfehlung wurden von Kommissionssprecherin Marianne Binder-Keller (mitte, AG) und Kommissionssprecher Damien Cottier (fdp, NE) vorgebracht: Wer politische Rechte ausüben wolle, müsse sich lediglich einbürgern lassen. Zudem könne die Einführung eines kommunalen Stimm- und Wahlrechts nicht auf der Bundesebene bestimmt werden, sondern sei eine kantonale Angelegenheit. Darüber hinaus erachte die Kommission die Integration von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz gar «ungeteilt» als «zufriedenstellend»: «Angesichts eines der höchsten Ausländeranteile in Europa gibt es kaum nennenswerte Schwierigkeiten, und ganz offensichtlich fühlen sich die Menschen ausländischer Staatsbürgerschaft abgeholt», erklärte die Kommissionssprecherin. Dies mache den Besitz von Stimm- und Wahlrecht nicht vordringlich. Binder-Keller liess es sich zudem nicht nehmen, den einleitenden Vergleich Glättlis vehement zu kritisieren. Es sei eine «schreiende Ungerechtigkeit» gewesen, «Bürgerinnen und Bürger in einem Land unterschiedlich zu behandeln». Im Gegensatz zu damals bestehe ja heute die Möglichkeit, sich einbürgern zu lassen. Eine links-grüne Kommissionsminderheit stellte bei beiden Vorstössen einen Antrag auf Folgegeben, dem in beiden Fällen allerdings nur die Fraktionen der SP und der Grünen folgten. Die 63 Stimmen reichten allerdings gegen die 110 (Pa.Iv. Atici; 4 Enthaltungen) bzw. 113 (Pa.Iv. GP, 0 Enthaltungen) Gegenstimmen nicht aus. Die Vergabe des Stimm- und Wahlrechts für Nicht-Schweizerinnen und -Schweizer auf kommunaler Ebene hängt somit weiterhin vom Wohlwollen der kantonalen Stimmbevölkerungen ab.

Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer (Pa.Iv 21.405 & Pa.Iv. 21.414)
Dossier: Einführung des Ausländerstimmrechts

Noch am Tag der Schlussabstimmungen über die Revision des Filmgesetzes (FiG), kündigten die Jungfreisinnigen, die Jungen Grünliberalen sowie die Junge SVP ein gemeinsames Referendum an. Am 20. Januar 2022 reichte das Bündnis insgesamt 69'797 Unterschriften ein, wovon die BK am 14. März 2022 51'872 als gültig bestätigte, womit das Referendum gegen die «Lex Netflix» Realität wurde.

Die Gegnerinnen und Gegner der Revision des Filmgesetzes (FiG), die Jungparteien, störten sich insbesondere an zwei Elementen des neuen Filmgesetzes: Der erste Kritikpunkt war, dass Streaming-Plattformen wie Disney+ oder Netflix neu 4 Prozent ihres in der Schweiz erzielten Bruttogewinns in den Schweizer Film investieren müssen. Diese Differenz war bereits in den eidgenössischen Räten heiss umstritten gewesen und konnte erst in der Differenzbereinigung ausgemerzt werden. Zwei Mitträger des Referendums, Nicolo Carle, Mitglied der Jungen Mitte, und Luis Deplazes aus der Jungen FDP kritisierten dies als Versuch, künstlich eine Industrie «hochzuzüchten». Sie verstünden nicht, «wieso man aus der Schweiz ums Verrecken eine grosse Filmnation machen wolle», liessen sie sich im Tages-Anzeiger zitieren. Nach Alec von Barnekow, dem Vizepräsidenten der Jungfreisinnigen, ist es nicht richtig, zur Finanzierung des Schweizer Films erfolgreiche Wirtschaftsakteure zu bestrafen, nur weil sie eine breite Kundschaft anziehen könnten.
Zweitens zeigte sich das Referendumskomitee nicht damit einverstanden, dass das Gesetz neu eine Mindestquote von 30 Prozent an europäischen Filmen vorsieht, welche die Plattformen in ihr Angebot aufnehmen müssten. Nach Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen und des Referendumskomitees, würde dies dazu führen, dass beliebte Filme und Serien aus den USA, Asien oder Afrika wegfallen würden, was der Filmvielfalt schaden würde, wie er gegenüber dem «Blick» bemerkte. Alec von Barnekow erachtete dies gar als Frontalangriff auf die liberalen Werte der Schweiz. Camille Lothe, Präsidentin der Jungen SVP Zürich, vertrat gegenüber dem Tages-Anzeiger die Meinung, dass der Staat mit dieser Gesetzesrevision versuchen würde, die Menschen in einem sehr privaten Bereich zu erziehen, was zu weit gehe. Wieder einmal würde der Staat damit in etwas Gutes «reinfingern». Generell, so lautete der Tenor der jungbürgerlichen Parteien, sei die Lex Netflix eine «politische Sünde». Dies werde sich direkt in den Abopreisen der Konsumentinnen und Konsumenten niederschlagen, welche dann für Filme zahlen würden, die sie gar nicht sehen möchten.

Die Befürwortenden argumentierten auf der einen Seite damit, dass die Revision neue Arbeitsplätze und Aufträge an die lokale Wirtschaft mit sich bringe. Durch die bessere Investition würden mehr Filmschaffende und Schauspielende in der Schweiz bleiben oder hierher kommen, die bis anhin ihr Glück auf Grund tieferer Kosten im Ausland gesucht hatten. Dies würde wiederum neue Arbeitsstellen schaffen – immerhin brauche eine Filmproduktion um die 200 Angestellte, wie Regisseurin Lisa Brühlmann gegenüber den Medien erklärte. Auch die Qualität des Schweizer Films würde gemäss Marianne Binder (mitte, AG) dadurch steigen, so hätte die Förderung in den Nachbarländern zu einem Aufblühen der Branchen geführt – sie nannte dazu etwa die spanische Serie «La Casa de Papel» (Haus des Geldes), welche dank Netflix zu einem weltweiten Erfolg geworden war. Mit der entsprechenden Förderung sei es durchaus auch möglich, dass der nächste Hit aus der Schweiz kommen könne, was letztendlich auch den Plattformen zugute kommen würde.
Auf der anderen Seite argumentierten etwa Elena Tatti und Daniel Wyss als Co-Präsidium der «Association romande de production audiovisuelle» (AROPA), dass seit der Pandemie die Gewinne der Branche, gerade von Netflix, in der Schweiz stark angestiegen seien, was die geplante Abgabe rechtfertige. Ausserdem sei eine Investitionspflicht von 4 Prozent durchaus legitim, international seien die entsprechenden Abgaben um einiges höher – in Frankreich etwa lägen sie bei 26 Prozent. Dass sich diese auf die Preise der Streaming-Anbietenden auswirken würden, wie das Referendumskomitee befürchtete, erachteten bereits Bundesrat und Parlament derweil als unwahrscheinlich, so sei dies in anderen Ländern mit sehr hohen Ansätzen auch nicht eingetroffen. Zudem hätten die Plattformen dies gleich selbst widerlegt: die meisten hätten gemäss Medien öffentlich bekannt gegeben, dass die Preisgestaltung unabhängig von solchen neuen Regeln entschieden werde.

Der Abstimmungskampf zur Revision des Filmgesetzes (FiG) blieb lange Zeit unterdurchschnittlich, sowohl bezüglich Medieninteresse, wie eine Studie des fög aufzeigte, als auch bezüglich Zeitungsinseraten, wie Année Politique Suisse verdeutlichte. Für Aufsehen sorgte hingegen Mitte April 2022 ein Zwischenfall in der SRF-Sendung «Arena», als Kulturminister Berset unerwartet mit einem Fehler im Abstimmungsbüchlein konfrontiert wurde. Demnach seien in einer Grafik, welche die Investitionspflicht in anderen europäischen Staaten aufzeigen sollte, auch Staaten ohne strikte Investitionspflicht aufgeführt gewesen. Nachdem das Referendumskomitee in vier Kantonen Abstimmungsbeschwerden eingereicht hatte, gab die Bundeskanzlei bekannt, dass ergänzende Erklärungen zur Grafik veröffentlicht werden würden. Da das Abstimmungsbüchlein zu diesem Zeitpunkt aber bereits an die Stimmbevölkerung verschickt worden war, konnten die Änderungen nur noch auf der Internetseite des Bundes vorgenommen werden. Da dem Komitee die Anpassungen zu wenig weit gingen, verzichtete es auf einen Rückzug der Beschwerden und reichte Ende April ergänzend Beschwerde beim Bundesgericht in Lausanne ein. Dieses erachtete jedoch eine umfassende Information der Stimmberechtigten durch die öffentlich zugänglichen Präzisierungen der BK als zulässig und lehnte die Beschwerde ab.

Am 15. Mai 2022 nahm das Schweizer Stimmvolk das neue Filmförderungsgesetz mit einem Ja-Stimmenanteil von 58.4 Prozent an – damit wurde das Schweizer Recht im Filmwesen an neue Entwicklungen in der EU angeglichen. Die Medien erachteten das Ergebnis als erstaunlich deutlich, zumal das Referendumskomitee im Verlauf des Abstimmungskampfes gemäss Vorumfragen einen beachtlichen Anstieg an Unterstützung erreicht und damit die Filmfreundinnen und -freunde unerwartet nervös gemacht hatte. So zeigte etwa die erste Vorumfrage des SRG/gfs vom 18. März 2022, dass 16 Prozent Nein (16 Prozent eher Nein) stimmen würden. Zum Zeitpunkt der letzten Tamedia/Leewas-Vorumfrage vom 4. Mai 2022 war dieser Anteil auf 40 Prozent (5 Prozent eher Nein) angestiegen.


Abstimmung vom 15. Mai 2022

Beteiligung: 40.03%
Ja: 1'255'038 Stimmen (58.4%)
Nein: 893'370 Stimmen (41.6%)

Parolen:
-Ja: Grüne, GLP (4)*, Mitte (3)*, SP, EVP, PdA, Junge Grüne, Juso, Junge Mitte (4)*; SGB, SSV, VPOD, cinésuisse, Suisseculture, Suisa, Europäische Bewegung Schweiz, Gewerbeverband AI, Ensemble à Gauche, ML-CSP FR, CSP OW, PCSI JU, Filmschaffende.
-Nein: FDP (3)*, SVP, EDU, SD, Piratenpartei, Junge FDP, Junge SVP, Junge GLP; NZZ, eco, SGV, Verband Schweizer Privatfernsehen, Schweizerisches Konsumentenforum (KF), Telesuisse, Economiesuisse, Swico, SuisseDigital.
*in Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Wie zu erwarten zeigten sich die Gegnerinnen und Gegner des Filmgesetzes wenig erfreut über das Ergebnis. Die NZZ etwa, welche sich gemäss fög während des Abstimmungskampfes klar gegen die Vorlage positioniert hatte, sprach von einem «Film-Heimatschutz der Linken». Ob damit der Konsum von Schweizer Filmen tatsächlich steigen werde oder ob es nur einfach erzwungenermassen mehr Angebot geben werde, müsse sich noch weisen. Auch Schweizer Privatsender, welche sich bereits im Abstimmungskampf kritisch gegenüber dem neuen Gesetz geäussert hatten, zeigten sich enttäuscht. Der Präsident der Jungfreisinnigen, Matthias Müller, welcher das Referendumsteam angeführt hatte, erachtete das Ergebnis immerhin als «Achtungserfolg». Immerhin sei dank dem Referendum über die Thematik diskutiert worden. Die Medien rühmten den Abstimmungskampf der bürgerlichen Jungparteien derweil als «geschickt» und «laut» und beleuchteten die jüngsten Erfolge der Jungfreisinnigen, etwa ihren Einsatz gegen das Geldspielgesetz oder für die Renteninitiative.

Die Befürwortenden der Revision präsentierte sich gegenüber den Medien zufrieden und hoffnungsvoll. Der Direktor von Pro Helvetia, Philippe Bischof, twitterte etwa, dass dieses Abstimmungsergebnis «ein gutes Zeichen für den Umgang mit Streaming-Plattformen und gerechter Mittelverteilung zwischen Vertrieb und Kreation» sei. Die SP deutete das Ergebnis als «Zeichen gegen die Selbstbedienungsmentalität der grossen Konzerne» und als wichtiges Signal für die sprachliche und kulturelle Vielfalt der Schweiz. Die Mitte freute sich darüber, dass die erwünschten «gleich langen Spiesse» zwischen den Streaming-Anbietenden und den Schweizer Fernsehsendern nun zum Zuge kommen würden.

Die Medien nutzten das Abstimmungsergebnis auch für einen Ausblick. Nun erhoffe sich auch die Musikbranche eine Verbesserung ihrer Lage, etwa in Form einer möglichen «Lex Spotify». Demnach machten Musikplattformen in der Schweiz Millionenumsätze – ohne überhaupt ein Büro in der Schweiz zu besitzen. Dies sei in den letzten Jahren bereits in drei Vorstössen (Mo. 19.3807; Po. 20.3685; Po. 21.3635) erfolglos thematisiert worden – die Annahme des Filmgesetzes gebe nun aber Auftrieb.

Im Juni 2022 erschien schliesslich die VOX-Analyse zur Abstimmung und gab Hinweise auf das Stimmverhalten der Bürgerinnen und Bürger. Abgelehnt wurde die Revision des Filmgesetzes vor allem von Personen am rechten Pol des politischen Spektrums sowie von Personen, welche mit der SVP sympathisieren. Als Hauptargument nannten die Gegnerinnen und Gegner die unerwünschte «Einmischung des Staates in die Wirtschaft» und die bereits ausreichenden Subventionen der Kulturbranche. Die Befürwortenden der Revision erachteten die Revision als Stärkung der Schweizer Filmbranche. Die grösste Zustimmung erhielt das Argument, dass damit Arbeitsplätze und Aufträge an Schweizer Produzierende geschaffen würden und das mit einem vielfältigeren Angebot einhergehe. Das Streamingdienste in Zukunft einen Teil ihres Gewinns aus der Schweiz wieder in die Schweizer Filmbranche investieren müssen, wurde zudem als gerecht wahrgenommen. Insgesamt erachteten die Befragten die persönliche Bedeutung dieser Revision im Vergleich zu den anderen beiden Vorlagen des Abstimmungssonntags (Transplantationsgesetz, Frontex) aber als gering.

Revision des Filmgesetzes (Lex Netflix; BRG 20.030)

In der Frühjahrssession 2022 debattierte der Nationalrat über die Vorlage seiner SPK-NR, mit der die Handlungsfähigkeit des Parlamentes in Krisensituationen verbessert werden sollte und die zahlreiche entsprechende Vorstösse aufnahm. Kommissionssprecher Gregor Rutz (svp, ZH) erinnerte an die Ursprünge ebendieser Vorstösse: Die Corona-Pandemie habe nicht nur zum abrupten Abbruch einer Session, sondern auch zur Handlungsunfähigkeit des Parlaments geführt. Die Tätigkeit der Kommissionen sei eingeschränkt, die Organisation einer ausserordentliche Session sei schwierig gewesen und das Parlament habe eine gewisse Ohnmacht gegenüber den Notverordnungen des Bundesrats verspürt. Um für zukünftige Krisen gewappnet zu sein, sei eine Subkommission mit der Ausarbeitung einer Vorlage betraut worden. Diese sei sich jedoch einig gewesen, dass die bestehenden rechtlichen Instrumente dem Parlament eigentlich auch in Krisenzeiten genügend Handlungsspielraum verschaffen würden. Allerdings seien die Strukturen teilweise träge und es fehle an Ressourcen. Hier setzte die Vorlage an, die in drei Blöcken behandelt wurde. Der erste Block zielte auf Vereinfachungen der Organisation von Sessionen und Kommissionssitzungen und insbesondere auch auf die Ermöglichung von hybriden Sitzungen ab; der zweite Block sah die Bildung einer schlagkräftigeren Verwaltungskommission anstelle der bisherigen Verwaltungsdelegation vor und im dritten Block waren Vorschläge für effizientere parlamentarische Instrumente vorgesehen. Eintreten war unbestritten.

Konkret schlug die SPK-NR im ersten Block neue Regelungen für die Einberufung von ausserordentlichen Sessionen vor. Bisher konnte ein Viertel der Mitglieder eines Rats oder der Bundesrat solche ausserplanmässigen Sitzungen einberufen. Neu soll dies auch eine parlamentarische Kommission dürfen, wenn sie dringenden Handlungsbedarf sieht. Eine ausserordentliche Session soll darüber hinaus auch verlangt werden können, wenn der Bundesrat Notverordnungen erlässt, die sich direkt auf die Verfassung stützen. In ausserordentlichen Situationen, in denen die physische Präsenz von Parlamentsmitgliedern verunmöglicht wird – gemeint waren neben Pandemien etwa auch Naturkatastrophen in bestimmten Regionen, höhere Gewalt oder behördliche Anordnungen in Form von Quarantäne –, kann die Ratsmehrheit die Möglichkeit einer virtuellen Teilnahme an den Ratsdebatten beschliessen. Explizit ausgeschlossen wurde eine virtuelle Teilnahme während des Normalbetriebs. Vorgeschlagen wurde des Weiteren, dass eine aufgrund einer Krisensituation nötige Änderung des Tagungsortes neu keinen Parlamentsbeschluss mehr benötigt, sondern von einer Koordinationskonferenz bestimmt werden kann. Ebenfalls in Block 1 wurden die Zusammenkünfte der Kommissionen in Krisenzeiten neu geregelt: In dringlichen Fällen soll neu eine ausserordentliche Kommissionssitzung mittels eines Mehrheitsbeschlusses im Zirkularverfahren beschlossen werden können. Eine virtuelle Sitzung soll dann ermöglicht werden, wenn das Kommissionspräsidium und die Kommissionsmehrheit einer solchen zustimmen. Hybride Sitzungen, also die virtuelle Teilnahme einzelner Mitglieder, sind aber nur dann vorzusehen, wenn eine Stellvertretung rechtlich nicht möglich ist.
Die Minderheitenvorschläge gegen einzelne Teile dieser Vorschläge in Block 1 wurden allesamt abgelehnt. So verlangte etwa Pirmin Schwander (svp, SZ) die ausdrückliche Nennung des Parlamentsgebäudes in Bern als normalen Tagungsort, Samira Marti (sp, BL) wollte die Anzahl zur Einberufung einer ausserordentlichen Kommissionssitzung nötiger Personen auf ein Drittel der Kommissionsmitglieder senken und verschiedene Minderheiten wollten die Möglichkeit virtueller Teilnahmen an Kommissionssitzungen entweder ganz streichen (Minderheit Addor, svp, VS) oder ausweiten (Minderheit Cottier, fdp, NE).

Auch im zweiten Block wurden sämtliche Minderheitsanträge abgelehnt. Dass eine neue, eigenständige Verwaltungskommission anstelle der bisherigen Verwaltungsdelegation geschaffen werden soll, war freilich unbestritten. Die Anträge der Minderheiten zielten vielmehr auf deren Zusammensetzung ab. Die bisherige Verwaltungsdelegation setzt sich aus den je sechs Mitgliedern der Ratspräsidien beider Räte zusammen. Neu sollten lediglich noch die beiden Ratspräsidentinnen oder -präsidenten und je vier erfahrene Mitglieder beider Kammern, welche für vier Jahre in die Verwaltungskommission gewählt werden, in der zu schaffenden Kommission Einsitz nehmen. Weil damit auch eine Entflechtung mit den Büros angestrebt wird, sollten Mitglieder des Büros, also vor allem die Fraktionspräsidentinnen und -präsidenten, nicht gleichzeitig in der Verwaltungskommission sitzen dürfen. Eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) bekämpfte diesen Passus erfolglos und eine Minderheit Moret (fdp, VD) wollte auch die Vizepräsidentinnen oder -präsidenten der beiden Räte in die Kommission aufnehmen – ebenso ohne Erfolg. Aufgabe der Verwaltungskommission soll auch die Oberaufsicht über die Parlamentsverwaltung sein, konkret also die Bestimmung der Kommissionssekretäre und des Generalsekretärs der Bundesversammlung. Ein Minderheitsantrag Pfister wollte die Wahl der Generalsekretärin oder des Generalsekretärs neu der Bundesversammlung übertragen, was von der Mehrheit aber wohl aus Angst vor einer «Verpolitisierung des Amtes», wie Kommissionssprecher Gregor Rutz (svp, ZH) warnte, ebenfalls abgelehnt wurde.

Der dritte Block zielte auf Effizienzsteigerungen bei der Nutzung parlamentarischer Instrumente ab. Damit von Kommissionen verfasste dringliche Bundesgesetze oder Notverordnungen von der Bundesversammlung rasch behandelt werden könnten, brauche es kürzere Fristen für die Stellungnahme des Bundesrats – so der Vorschlag der SPK-NR. Diese sollen in Krisenzeiten spätestens in der nächsten ordentlichen oder ausserordentlichen Session vorliegen. Neu sollen zudem zwei gleichlautende eingereichte Kommissionsmotionen den Bundesrat im Normalbetrieb dazu verpflichten, bis zur nächsten anstehenden Session eine Stellungnahme zu verfassen. Eine Minderheit Binder-Keller (mitte, AG) und der Bundesrat wehrten sich erfolglos gegen dieses Ansinnen. Da eine Stellungnahme Zeit brauche, würde deren Qualität leiden, wenn sie rasch erfolgen müsse – so die Begründung. Insbesondere im Normalbetrieb sei für eine solche Regelung kein Mehrwert ersichtlich. Darüber hinaus sollten Kommissionsmotionen, die Änderungen von bundesrätlichen Notverordnungen verlangen, innerhalb von sechs Monaten statt wie bisher bei angenommenen Motionen innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden müssen. Weil dies kürzere Fristen nach sich ziehe und damit ein Vernehmlassungsverfahren nicht immer möglich sei, müssten in Krisenzeiten Kantonsregierungen und besonders betroffene Akteure konsultiert werden. Zudem muss der Bundesrat künftig von sich aus die zuständigen parlamentarischen Kommissionen konsultieren, wenn er Notverordnungen erlassen will. Neben der Minderheit Binder-Keller lagen zwei Anträge vor, mit denen eine abstrakte Normenkontrolle für solche Notverordnungen verlangt wurden. Während die Minderheit Glättli (gp, ZH) eine juristische Beurteilung über allfällige Grundrechtsverletzungen von Notverordnungen, die durch das Parlament oder den Bundesrat beschlossen werden, verlangte, sah die Minderheit Addor lediglich eine Kontrolle der bundesrätlichen Notrechtsbeschlüsse vor. Auch in Block 3 folgten komfortable Mehrheiten allen Anträgen der Kommission und lehnten damit auch diese Minderheitsanträge ab.

In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat den Entwurf mit 183 zu 1 Stimme gut, die entsprechende Verordnung wurde mir 170 zu 1 Stimme (1 Enthaltung) und das Geschäftsreglement des Nationalrats mit 171 zu 1 Stimme (keine Enthaltungen) angenommen. Weil Letzteres lediglich der Zustimmung der grossen Kammer bedurfte, wurde es tags darauf bereits der Schlussabstimmung zugeführt, wo es mit 157 zu 28 Stimmen (5 Enthaltungen) angenommen wurde. Gegenstimmen und Enthaltungen stammten allesamt von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Kontrolle von Notrecht und Handlungsfähigkeit des Parlaments in Krisensituationen verbessern (Pa.Iv. 20.437, Pa.Iv 20.438))
Dossier: Parlament in Krisensituationen

Die parlamentarische Initiative von Sibel Arslan (basta, BS) war 2020 trotz gegenteiliger Empfehlung der SPK-NR von der grossen Kammer knapp mit 98 zu 85 Stimmen angenommen worden und auch die SPK-SR hatte knapp mit 7 zu 6 Stimmen für Folgegeben optiert. Statt eine Vorlage auszuarbeiten, hatte sich die SPK-NR dann allerdings – erneut sehr knapp mit 12 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung und Stichentscheid ihres Präsidenten Andreas Glarner (svp, AG) – dafür entschieden, den Vorstoss zur Abschreibung zu beantragen und keinen Erlassentwurf zum aktiven Stimm- und Wahlrecht für 16-Jährige auszuarbeiten.
Über diesen Abschreibungsantrag entbrannte in der Frühjahrssession 2022 eine lebhafte, mit zahlreichen Gegenfragen gespickte Debatte. Auf der einen Seite wurde für mehr «Vertrauen in die Jugend» plädiert (Corina Gredig, glp, ZH). Die alternde Gesellschaft müsse mehr junge Menschen einbeziehen, argumentierte Marianne Binder-Keller (mitte, AG). Politisches Interesse sei keine Frage des Alters und politisch interessierte Jugendliche dürften nicht gebremst werden, forderte Nadine Masshardt (sp, BE). Für die Gegenseite gab Andri Silberschmidt (fdp, ZH) seine eigenen Erfahrungen zum Besten: Es gebe genügend Werkzeuge, um in jungen Jahren auch ohne Stimm- und Wahlrecht politisch aktiv zu sein. Gleichzeitig kritisierte er die Trennung von aktivem und passivem Wahlrecht. Es leuchte nicht ein, weshalb man abstimmen und wählen sollen dürfe, nicht aber selber kandidieren. Weiter argumentierten die Gegnerinnen und Gegnern, dass man viele Dinge mit 16 noch nicht dürfe, was eben auch die Vergabe des Stimm- und Wahlrechts in Frage stelle. «Wie soll denn jemand, der offenbar nicht in der Lage ist, über den Kauf einer Flasche Wodka zu entscheiden, vernünftig über eine Mehrwertsteuerrevision abstimmen können?», fragte etwa Gregor Rutz (svp, ZH) rhetorisch. Dagegen wandte Felix Wettstein (gp, SO) ein, dass Mündigkeits- und Stimmrechtsalter auch bei der Senkung auf 18 Jahre nicht übereingestimmt hätten (das Mündigkeitsalter lag damals bei 20, heute bei 18 Jahren). Auch die Frage nach der genauen Altersgrenze wurde debattiert. Auf die wiederum rhetorische Frage von Samira Marti (sp BL), ob es korrekt sei, dass über 50-jährige darüber entschieden, wie die Welt in fünfzig Jahren aussehen solle, antwortete Marianne Binder-Keller (mitte, AG), dass es zur Lösung dieser Problematik wohl ein «Stimmrechtsalter null» brauchen würde. Am Schluss meldete sich auch Initiantin Sibel Arslan zu Wort. Eine Abschreibung der Vorlage «wäre eine Ohrfeige für die Jungen». Es gehe um deren Zukunft und ihr Einbezug stärke den Generationenvertrag – so die Baslerin.
Die Abstimmung über den Antrag für Abschreibung fiel in der Folge erneut äusserst knapp aus. Dank einigen Stimmen aus der FDP-Fraktion und knapp der Hälfte der Stimmen aus der Mitte-EVP-Fraktion wuchsen die Voten der geschlossen stimmenden SP-, GLP- und GP-Fraktionen auf 99 an, die gegen die 90 befürwortenden Stimmen – darunter die geschlossen stimmende SVP-Fraktion – obsiegten (3 Enthaltungen). Die SPK-NR wird also eine Vorlage ausarbeiten müssen.

Aktives Stimm- und Wahlrecht für 16-Jährige (Pa.Iv. 19.415)
Dossier: Stimmrechtsalter 16

In der Frühjahrssession 2022 reagierte das Parlament auf den russisch-ukrainischen Konflikt, der im Februar desselben Jahres mit dem Ausbruch bewaffneter Kampfhandlungen eskaliert war. Sowohl der Nationalrat (PAG 22.023) wie auch der Ständerat (PAG 22.024) verfassten unter dem Titel «Für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine» eine öffentliche Erklärung. Darin verurteilten die Räte den russischen Angriffskrieg; forderten die Vereinbarung eines sofortigen Waffenstillstands; unterstrichen die Bedeutung des völkerrechtlich basierten globalen Sicherheitssystems; appellierten an die Konfliktparteien, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren; solidarisierten sich mit der ukrainischen Bevölkerung; forderten den Bundesrat dazu auf den Druck auf Russland durch die Übernahme der EU-Sanktionen zu erhöhen; und verlangten, dass die Schweiz Flüchtlinge aufnehmen und ihre humanitäre Hilfe anbieten müsse.

Im Nationalrat forderte eine Minderheit Rutz (svp, ZH) die Ablehnung der Erklärung. Eine weitere Minderheit Reimann (svp, SG) verlangte die Rückweisung an die Kommission und die Erarbeitung eines Entwurfs, der es der Schweiz erlaube, den Entscheid über Sanktionen unabhängig von der EU zu treffen. Nationalrat Reimann argumentierte, dass eine «generelle Abstützung auf (sich laufend ändernde) EU-Sanktionslisten» nicht mit der Schweizer Verfassung, dem Embargogesetz oder der Schweizer Unabhängigkeit und Neutralität vereinbar sei. Minderheitsführer Rutz vertrat hingegen die Ansicht, dass die Schweiz im Rahmen dieses Konflikts am meisten beitrage, wenn sie an ihrer Neutralität festhalte und ihre Guten Dienste zum Einsatz bringe. Aussenminister Cassis machte klar, dass er es nicht als neutral erachte, «einem Aggressor in die Hände zu spielen», und begründete damit die vollständige Übernahme der EU-Sanktionen. Als Depositarstaat der Genfer Konventionen könne die Schweiz nicht untätig bleiben, wenn diese «mit Füssen getreten werden», so Cassis weiter. Der Nationalrat lehnte Reimanns Minderheitsantrag in der Folge mit 140 zu 54 Stimmen ab, jenen von Gregor Rutz mit 147 zu 41 Stimmen (bei 8 Enthaltungen), womit die Erklärung angenommen wurde.

Im Ständerat gingen sechs Anträge ein, die verschiedene Passagen der Erklärung inhaltlich anpassen oder ergänzen wollten. Ständeratspräsident Hefti (fdp, GL) erklärte, dass der Text der Erklärung aus reglementarischen Gründen nicht im Rahmen der Ratsdebatte geändert werden könne, weshalb man für jede Version einen separaten Beschluss fassen müsse. Die vier gleichlautenden Anträge Bischof (mitte, SO), Sommaruga (sp, GE), Vara (gp, NE) und Müller (fdp, LU) entsprachen dem Antrag, der vom Nationalrat am Vortag angenommen worden war. Marco Chiesa (svp, TI) wollte hingegen auf die Übernahme der EU-Sanktionen verzichten. Thierry Burkart (fdp, AG) ergänzte die nationalrätliche Version um einen Zusatz zu den humanitären Diensten der Schweiz vor Ort und der Flüchtlingsaufnahme. Letzterer Vorschlag fand grossen Anklang, sodass Bischof, Sommaruga, Müller und Vara ihre Anträge zurückzogen. Der Antrag Chiesa wurde mit 37 zu 5 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) deutlich abgelehnt, während die Version Burkart mit 38 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) einstimmig angenommen wurde.

Erklärung des Parlaments für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine (PAG 22.023 & PAG 22.024)
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)

In Erfüllung eines Postulats von Marianne Binder-Keller (mitte, AG) veröffentlichte der Bundesrat im Januar 2021 den Bericht zur Koordination des Abstimmungsverhaltens der Schweiz in den UNO-Organisationen. Binder-Keller hatte die Prüfung von fünf Punkten und die Erarbeitung von Umsetzungsvorschlägen derselben gefordert. In seinem Bericht hielt der Bundesrat erstens fest, dass die Fachstelle «UNO-Koordination» des EDA aktuell die Schweizer Stellungnahmen und die Resolutionen der Generalversammlung, des ECOSOC und des Menschenrechtsrats koordiniere. Eine Koordination aller Geschäfte, wie von Binder-Keller vorgeschlagen, würde jedoch einen Personalausbau in der UNO-Koordination nötig machen, während dies in den Fachämtern nicht zwingenderweise zu einem Personalabbau führen würde. Die vorliegende Arbeitsteilung sei ressourceneffizient und habe sich bewährt, weshalb man nicht davon abweichen wolle. Der zweite Punkt, die Prüfung von regelmässig wiederkehrenden Resolutionen, erfülle das EDA mit seiner geltenden Praxis bereits. Die Ausweitung der Konsultation der Aussenpolitischen Kommissionen auf alle Resolutionen von UNO-Organisationen und -Unterorganisationen ist gemäss Bundesrat zeitlich und ressourcentechnisch nicht zweckmässig. Das Kriterium der Wesentlichkeit werde weiterhin zur Beurteilung, ob eine Konsultation stattfände, angewendet. Der vierten Forderung Binder-Kellers, der jährlichen Information der Aussenpolitischen Kommissionen über das Schweizer Abstimmungsverhalten, wollte der Bundesrat Rechnung tragen, weshalb das EDA zukünftig auf seiner Webseite regelmässig Abstimmungsergebnisse und Stimmverhalten publizieren werde. Damit werde auch das fünfte Anliegen, die geforderte Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit, erfüllt. Darüber hinaus werde das EDA im Falle einer Mitgliedschaft im Sicherheitsrat die Prioritäten der Schweiz jeweils auf der Webseite des EDA veröffentlichen, versprach der Bundesrat.

Mehr Transparenz, Konsistenz und Koordination im Abstimmungsverhalten der Schweiz in den UNO-Organisationen

Im September 2020 reichte die Fraktion der Grünen eine parlamentarische Initiative ein, mit welcher ein durch ein Losverfahren bestimmter Klimarat geschaffen werden soll. Dieser Klimarat würde aus 200 rein zufällig ausgelosten Personen bestehen, womit die Geschlechter, Altersgruppen, Sprachregionen und weitere Kriterien adäquat abgebildet werden sollten. Um in der aktuellen globalen Klimakrise für mehr Klimaschutz und -gerechtigkeit zu sorgen, soll der Rat politische Rechte ausüben können. So soll er beispielsweise Motionen zu Handen des Parlaments einreichen und mit einer Zweidrittelmehrheit Volksinitiativen vorschlagen können, welche analog einer zustande gekommenen Volksinitiative zur Abstimmung gelangen würden.
Die SPK-NR prüfte die Initiative im Oktober 2021 und gab ihr keine Folge. Es bestünden keine guten Gründe, ein solches Gremium zu schaffen, argumentierte die Kommissionsmehrheit. Zum einen würde dieser Rat das Parlament schwächen. Zum anderen wäre er demokratisch nur ungenügend legitimiert. Insbesondere deshalb wäre es sehr problematisch, wenn «dieser befugt sein soll, Volk und Ständen Verfassungsänderungen zu unterbreiten, wie dies auch 100'000 Bürgerinnen und Bürger tun können». Ausserdem bestünden für die Bevölkerung bereits genügend direktdemokratische Instrumente, um im politischen Prozess mitzuwirken.
Die grosse Kammer behandelte das Geschäft in der Wintersession 2021. Nachdem die beiden Mitglieder der Grünen Partei, Balthasar Glättli (gp, ZH) und Greta Gysin (gp, TI), sowie die beiden Kommissionssprechenden, Damien Cottier (fdp, NE) und Marianne Binder-Keller (mitte, AG), ihre schon aus dem Kommissionsbericht bekannten Argumente noch einmal vorgelegt hatten, schritt die grosse Kammer zur Abstimmung. Der Nationalrat folgte seiner Kommission und gab der Initiative mit 136 zu 33 Stimmen bei 19 Enthaltungen keine Folge. Das Anliegen vermochte nebst den Grünen nur vereinzelte Mitglieder der SP-Fraktion zu überzeugen.

Als Antwort auf die Klimakrise die Demokratie erweitern: Einen durchs Los bestimmten Klimarat schaffen (Pa. Iv. 20.467)

Le sort de la motion Glauser-Zufferey (udc, VD) visant une meilleure transparence des prix des produits alimentaires a été scellé par le président du Conseil des Etats, Thomas Hefti (plr, GL), alors que les sénatrices et sénateurs n'ont pas réussi à se départager (22 voix contre 22). La majorité de la commission de l'économie et des redevances (CER-CE), défendue par Adèle Thorens Goumaz (verts, VD), s'est montrée en faveur de la motion, la sénatrice verte argumentant qu'un tel texte permettrait de restaurer une certaine confiance auprès des consommateurs et consommatrices et qu'il ne s'agirait finalement que d'appliquer la législation en vigueur qui prévoit des relevés statistiques sur les marges aux différents échelons; statistiques qui n'existent que pour les prix à la production et à la vente. D'après la majorité de la CER-CE, d'autres pays voisins ont instauré une transparence accrue, il s'agirait de prendre la même voie. Défendant la minorité, Ruedi Noser (plr, ZH) s'est dit inquiet de la création d'une tâche «mammouth», le travail administratif qui résulterait de l'acceptation de ce texte étant gigantesque. L'élu zurichois a, de plus, dit redouté qu'une telle transparence mette à mal les mécanismes qui font l'économie de marché. Pour le Conseil fédéral, le ministre de l'économie Guy Parmelin a précisé que la Confédération mettait déjà à la disposition du public un certain nombre de statistiques sur les prix des produits agricoles, mais qu'il n'était que peu pertinent, pour nombre de produits, de faire une transparence complète, la problématique étant plus complexe que ce qu'il n'y parait.
Thomas Hefti prendra, finalement, le parti de la minorité et du Conseil fédéral, mettant donc un terme à cette motion.

Meilleure transparence des prix des produits alimentaires (Mo. 18.3183)
Dossier: Transparenz bei Lebensmittelpreisen

Le Conseil des États est entré en matière, sans opposition, sur la révision de la loi sur la surveillance des assurances (LSA). La décision phare de cette révision est l'ouverture d'une procédure d'assainissement, au lieu d'une mise en faillite, lorsqu'une entreprise d'assurance est insolvable. L'objectif est de protéger les assuré.e.s.
Dans l'ensemble, les sénateurs et sénatrices ont validé la majorité des assouplissements adoptés par la chambre du peuple. Pour commencer, l'ensemble des entreprises d'assurances avec un business model innovant sera exclu de la surveillance. Ensuite, les compagnies de réassurances et les réassureurs étrangers ne seront soumis qu'à une surveillance réduite, s'il sont déjà surveillés à l'étranger. En outre, la gauche n'a pas réussi à imposer plus de transparence pour les assuré.e.s, malgré l'apport de plusieurs voix du Centre. Les arguments de l'entrave à la libre concurrence et des compétences de la FINMA pour empêcher les abus ont fini de convaincre le président libéral-radical de la chambre, Thomas Hefti (plr, GL), qui a fait pencher la balance lors de ce vote serré. Finalement, par 24 voix contre 20, les sénateurs et sénatrices ont refusé de supprimer l'organe de médiation, qui a pour rôle de régler les différends liés aux courtiers indépendants. La Commission de l'économie et des redevances (CER-CE) et le Conseil fédéral s'opposaient à cette suppression.

Surveillance des assurances. Modification (MCF 20.078)

Gut ein Jahr, nachdem der Nationalrat zahlreiche zentrale Elemente des Pakets 1b des ersten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen gestrichen hatte, setzte sich der Ständerat in der Wintersession 2021 mit dem Projekt auseinander. Zuvor hatte sich die SGK-SR in zahlreichen zentralen Punkten mit den Änderungen des Nationalrats einverstanden gezeigt. Eintreten war unbestritten.

Ein zentraler Aspekt des Projekts stellte das Referenzpreissystem für patentabgelaufene Arzneimittel dar. Dieses sah vor, dass nur die Medikamentenkosten bis zu einem Referenzpreis durch die OKP erstattet werden. Wer also die teureren Originalprodukte statt der Generika kaufen möchte, müsste die Preisdifferenz selbst bezahlen. Der Nationalrat wollte den Generikaverkauf hingegen durch preisunabhängige Margen im generikafähigen Arzneimittelmarkt sowie durch eine Vergrösserung des Preisabstandes fördern. Auch die Kommissionsmehrheit lehnte das Referenzpreissystem gemäss Kommissionssprecher Ettlin (mitte, OW) ab, da die Generikadurchdringung in der Schweiz noch zu niedrig sei. Stattdessen wolle man dem Vorschlag des Nationalrats folgen, mit dem zuerst die Generikadurchdringung erhöht werden solle. Der Bundesrat wollte am Referenzpreissystem festhalten, schlug jedoch aufgrund des nationalrätlichen Widerstands eine abgeschwächte Form vor: den Referenzabzug light. Dabei soll das Referenzpreissystem erst ab drei wirkstoffgleichen Medikamenten Anwendung finden – in diesen Fällen gebe es keine Versorgungsprobleme –, zudem soll zwischen Generika und Biosimilars unterschieden werden – Letztere werden dem Referenzpreissystem nicht unterstellt. Im Ständerat präsentierte Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) den bundesrätlichen Vorschlag als Minderheitenantrag. Sollten durch die erste Version des Referenzpreissystems jährlich CHF 310 bis 480 Mio. eingespart werden, wären es für die Light-Version CHF 200 bis 400 Mio. und für die nationalrätliche Variante etwa CHF 220 Mio. Mit 24 zu 17 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Ständerat gegen die Einführung des Referenzpreissystems light aus und nahm stattdessen den vom Nationalrat geschaffenen Alternativvorschlag an. Zusätzlich schuf er jedoch auch eine Befähigung für Ärztinnen und Ärzte, an der Verschreibung des Originalpräparates anstelle eines Generikums festhalten zu können. Hingegen lehnte der Ständerat die vom Nationalrat eingeführte Möglichkeit des Parallelimports von Generika wegen Risiken für die Patientinnen und Patienten einstimmig ab und sprach sich gegen die Motion 19.3202 aus. Stattdessen soll Swissmedic bei der Zulassung von Parallelimporten von Arzneimitteln zukünftig Vereinfachungen zum Beispiel bei der Kennzeichnung und der Arzneimittelinformation vornehmen können.

Auch bei der Steuerung der Kosten durch die Tarifpartner hatte sich der Nationalrat mehrheitlich gegen die bundesrätlichen Vorschläge ausgesprochen. So wollte der Bundesrat die Leistungserbringenden und Versicherungen dazu verpflichten, in ihren Tarifverträgen Massnahmen zur Kostensteuerung vorzusehen. Die Kommissionsmehrheit wollte dem Bundesrat in diesem Punkt folgen und sprach sich für eine solche Verpflichtung der Leistungserbringenden und Versicherungen aus, Kommissionssprecher Ettlin erachtete diese Frage gar als «einen der Kernpunkte dieser Vorlage». Eine Minderheit Müller (fdp, LU) beantragte hingegen die Streichung dieser Regelung. Nicht einig waren sich die beiden Lager, ob diese Regelung ohne Rationierung des Gesundheitsangebots umgesetzt werden könne, ob sie also verfassungskonform sei. Ein Gutachten von Ueli Kieser, Professor für Sozialversicherungsrecht an der Universität St. Gallen, verneinte die Verfassungskonformität, eine Stellungnahme des Bundesamtes für Justiz bejahte sie. Minderheitssprecher Müller verwies jedoch in erster Linie auf «grundsätzliche[…] gesetzgeberische[…] Überlegungen» zur Ablehnung dieser Regelung: Man solle diesen Aspekt zusammen mit der Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei und somit im Rahmen des zweiten Massnahmenpakets, welches der Bundesrat als indirekten Gegenvorschlag zu dieser Initiative festgelegt hatte, beraten.
Ein Einzelantrag Würth (mitte, SG) beantragte stattdessen, den bundesrätlichen Vorschlag um die auf kantonaler Ebene abgeschlossenen Tarifverträge zu ergänzen. So finanzierten die Kantone zukünftig aufgrund von EFAS (womöglich) auch einen Teil der ambulanten Kosten, weshalb sie ebenfalls in die Kostensteuerung einbezogen werden sollen. Gesundheitsminister Berset wehrte sich gegen die Minderheit Müller: Wichtig sei aber, dass hier eine Differenz zum Nationalrat geschaffen werde, um die Diskussion zu dieser Frage weiterführen zu können – auch ein Entscheid für den Antrag Würth sei somit im Sinne des Bundesrates. Man sei sich einig, dass es eine Kostenentwicklung gebe – folglich müsse man nun etwas dagegen tun und könne die Klärung dieser wichtigen Frage nicht auf eine spätere Revision verschieben, betonte er mit Nachdruck. Selbstverständlich werde man diese Regelung so ausgestalten, dass der Zugang zur Pflege und die bestmögliche Qualität immer gewährleistet sei. Dennoch setzte sich die Kommissionsminderheit mit 20 zu 20 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) und Stichentscheid von Ratspräsident Hefti (fdp, GL) gegen den Einzelantrag Würth durch, der zuvor dem Mehrheitsantrag vorgezogen worden war (26 zu 17 Stimmen). Somit müssen die Tarifvereinbarungen keine Massnahmen zur Kostensteuerung vorsehen.

Umstritten war wie bereits im Nationalrat auch die Frage, ob den Organisationen der Versicherungen von nationaler oder regionaler Bedeutung ein Beschwerderecht gegen Beschlüsse der Kantonsregierungen bezüglich der kantonalen Spitalplanung zugesprochen werden soll. Der Bundesrat erachtete dies gemäss Kommissionssprecher Ettlin als notwendig, um ein «gewisses Gleichgewicht der Kräfte» herzustellen. Dies sei aufgrund der Kostenfolgen dieser Entscheide für die Versicherten nötig. Die Kommissionsmehrheit sprach sich denn auch für ein solches Beschwerderecht aus, obwohl die GDK dagegen votiert hatte. Minderheitensprecher Stöckli (sp, BE) erinnerte die Mitglieder der Kantonskammer hingegen daran, dass die Kantone verfassungsmässig für die Gesundheitsversorgung verantwortlich seien. Zudem könnten die Verbände mit dieser Regelung Volksentscheide umstossen. Schliesslich könne ein Eingriff in die Planungsarbeit der Kantone die Gesundheitskosten aufgrund der Verfahren, Verzögerungen und Rechtsunsicherheiten gar erhöhen. Mit 18 zu 18 Stimmen und erneutem Stichentscheid von Ratspräsident Hefti sprach sich der Ständerat für das Beschwerderecht der Versicherungen aus.

Nicht einverstanden zeigte sich die SGK-SR zur Erleichterung des Gesundheitsministers schliesslich mit dem Vorschlag des Nationalrats, Versicherungen 25 Prozent der Einsparungen, die sie aufgrund von günstigeren Tarifvereinbarungen mit den Leistungserbringenden erzielt haben, zur freien Verfügung zu stellen. Damit würde das Gewinnverbot in der Grundversicherung gekippt, dieses dürfe aber gemäss Kommissionssprecher Ettlin «nicht angetastet werden». So wären dadurch auch kaum Kosteneinsparungen möglich, vielmehr würde dies ein Widerspruch zu verschiedenen anderen Artikeln des KVG darstellen. Gesundheitsminister Berset lobte diese Haltung, zumal die Zustimmung zum Nationalrat «vraiment un changement de principe extrêmement important dans l'assurance obligatoire des soins» darstellen würde. Stillschweigend folgte der Ständerat seiner Kommission in diesem Punkt und schuf damit eine weitere Differenz zum Nationalrat.

Mit 25 zu 10 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) nahm die kleine Kammer schliesslich den Entwurf an, die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SP und der Grünen und von einem Mitglied der Mitte.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Alors que la prolongation du moratoire concernant les OGM dits classiques n'a pas été source de débats parmi les sénatrices et sénateurs, l'ajout d'un alinéa dans la loi sur le génie génétique (LGG), autorisant la mise en circulation d'organismes ne possédant pas de matériel génétique transgénique, a divisé la chambre haute. Comme expliqué par le rapporteur de la commission, Hannes Germann (udc, SH), cette exception s'accompagnerait d'une obligation de prouver les différences avec les techniques classiques ainsi que de démontrer l'utilité de leur mise en circulation. Ces demandes d'exception seraient analysées par la Commission fédérale d'experts pour la sécurité biologique (CFSB) et la Commission fédérale d'éthique pour la biotechnologie dans le domaine non humain (CENH). Selon le sénateur Germann, cette ouverture pour le moins modeste est nécessaire pour suivre l'évolution à l'internationale dans ce domaine de recherche et pour ne pas rendre la Suisse encore plus dépendante de l'étranger à l'avenir. Pour avoir une vue plus exacte sur ces nouvelles techniques de génie génétique, il a également appelé à accepter le postulat 21.4345 de la CER-CE «Procédés de sélection par édition génomique». S'opposant à une telle ouverture, la sénatrice jurassienne Elisabeth Baume-Schneider (ps, JU) a appelé ses collègues à faire preuve d'humilité face à ces nouvelles technologies et à prendre le temps d'analyser leur bien-fondé. Elle a donc plaidé pour une acceptation tant du postulat que du projet tel que soumis par le Conseil fédéral, rappelant que la recherche n'était pas touchée par ce moratoire.
Pour le Conseil fédéral, Simonetta Sommaruga a défendu la prolongation du moratoire, sans modification, faisant remarquer que les nouvelles techniques d'édition génomique étaient très diverses, allant de modifications très légères à des procédés très complexes de modifications du génome. Selon elle, il n'est pas logique d'introduire des exceptions sur ces nouvelles techniques, alors même qu'on a bien moins de recul que sur les méthodes classiques. De plus, la ministre socialiste a rappelé qu'il n'existe, pour l'heure, pas encore de méthodes fiables pour déterminer si un produit a été modifié grâce aux nouvelles techniques génomiques, ce qui représente un problème en ce qui concerne la transparence envers les consommatrices et consommateurs. Les autorités, qui ont mandaté l'Université de Neuchâtel de se pencher sur ce problème, souhaitent donc attendre qu'une telle traçabilité soit possible avant d'autoriser une mise en circulation de ces organismes. De plus, la proposition de la commission est formulée de telle sorte que d'autres organismes modifiés, autres que végétaux, mais dont aucun matériel étranger n'a été ajouté, pourraient être autorisés. Simonetta Sommaruga a regretté que cette discussion-là ait été lacunaire lors des débats en commission, alors que des insectes, des bactéries ou encore des virus employés dans la lutte contre les nuisibles pourraient être autorisés si le Parlement acceptait la proposition de commission.
Ainsi, les sénatrices et sénateurs n'ont pu être départagés sur la proposition de la CER-CE que par la voix prépondérante du président de la chambre haute, Thomas Hefti (plr, GL), qui s'est rangé du côté d'une ouverture du moratoire (21 voix contre 21 et 2 abstentions). Les partisan.ne.s de cette ouverture ont pu compter sur la voix de la bâloise Eva Herzog (ps, BS) qui, seule socialiste à adopter cette position, aura également contribué à faire la différence. Au vote sur l'ensemble, la modification de la loi a été acceptée par 42 voix contre 1 et 1 abstention.
Deux autres objets ont été débattus dans ce cadre: la motion 19.4225 Aebi (udc, BE) «Moratoire sur les OGM. Prolongation» ainsi que l'initiative 21.308 du canton du Vaud «Pour une Suisse sans OGM!».

La question de l'ouverture du moratoire aux nouvelles techniques génétiques a motivé la création d'une association regroupant des grands groupes agroalimentaires (Migros, Coop, Denner) et des organisations agricoles (Légumes suisses, Fruit-Union Suisse, IP-Suisse, Fenaco, etc), association nommée «Les variétés de demain». Elle voit dans ces nouvelles technologies une possibilité de développer une agriculture plus durable. La Fédération romande des consommateurs continue, elle, à s'opposer à ces techniques qui devraient tout d'abord être soumises à plus de recherches avant de pouvoir être disséminées dans la nature, comme l'a défendu Sophie Michaud Gigon (verts, VD), conseillère nationale et secrétaire générale de l'organisation de protection de consommatrices et consommateurs. Elle dit espérer pouvoir compter sur le soutien de paysan.ne.s au Conseil national, alors que le président de l'USP Markus Ritter (centre, SG) considère qu'une telle ouverture serait prématurée. Cet avis n'est pas partagé par la responsable d'Agroscope, Eva Reinhard, qui souhaiterait que le Parlement ose faire ce pas. Dans une longue interview accordée à l'Aargauer Zeitung, elle a rappelé que les OGM représentent une chance pour une agriculture plus durable, ces techniques étant prometteuses à bien des égards. Citant quelques exemples d'application des anciennes et nouvelles méthodes de génie génétique, elle est revenue sur celui de la betterave sucrière qui souffre en Suisse de la prolifération d'un insecte dont il est difficile de venir à bout sans l'utilisation de certains néonicotinoïdes interdits par le Conseil fédéral. Il serait relativement simple, selon la chercheuse, de développer une nouvelle sorte de betterave, grâce aux techniques de génie génétique, qui puisse résister à ce nuisible sans utilisation de pesticide. Eva Reinhard est persuadée que la population est prête pour une ouverture du moratoire, citant une récente enquête menée par l'EPFZ en 2021 qui montrent que les lignes sont peut-être en train de bouger. En effet, à la question de savoir quelles techniques ils et elles privilégieraient pour lutter contre le mildiou de la pomme de terre (pourriture), une majorité de répondant.e.s se sont prononcé.e.s pour les techniques classiques de génie génétique (ajout d'un gène étranger de patate sauvage), les autres options étant l'utilisation de fongicides synthétiques, de cuivre ou l'édition génomique.
A voir si le Conseil national change de position pour se rallier au Conseil des Etats. Cela dépendra principalement de la position des député.e.s du Centre et de l'UDC, alors que les Verts'libéraux ont d'ores et déjà affirmé être ouverts à une telle modification.

Modification de la loi sur le génie génétique (MCF 21.049)
Dossier: Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in der Schweiz

Zu Beginn der Wintersession 2021 machte sich der Ständerat an die Beratung der vierten Revision des Covid-19-Gesetzes. Kommissionssprecher Rechsteiner (sp, SG) verwies auf die in doppeltem Sinne spezielle Ausgangslage: Einerseits habe man ursprünglich erwartet, dass die Pandemie bis Ende 2021 vorüber sei – entsprechend habe man das Covid-19-Gesetz ursprünglich bis Ende 2021 begrenzt. Nun stiegen jedoch die Infektionszahlen «in einem Ausmass, das wir uns noch vor Kurzem so nicht hätten vorstellen können». Zudem hatten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nur Tage zuvor nach dem Gesetz selbst auch dessen zweite Revision an der Urne mit über 60 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen. «Das Abstimmungsresultat kann so auch als eindrückliche Bestätigung der Politik und der Beschlüsse des Bundesrates [...] gelesen werden, aber auch – und das möchte ich hier unterstreichen – als eine Bestätigung der Politik und der Beschlüsse des Parlamentes», freute sich Rechsteiner. Da die Krise aber noch nicht zu Ende sei, müssten auch die «nötigen Massnahmen zur Krisenbewältigung» aufrechterhalten werden. Aus diesem Grund stimme die SGK-SR den Verlängerungsanträgen des Bundesrates zu und sei in einigen Punkten darüber hinausgegangen. Auch Gesundheitsminister Berset verwies auf den neuen Höchststand an täglichen Fallzahlen und betonte insbesondere die ungewisse Situation: Zwar habe man im Vergleich zum letzten ähnlich starken Anstieg eine Impfung und eine gewisse Immunität gegenüber dem Virus entwickelt, gleichzeitig sei diese Mutation jedoch viel ansteckender als frühere. Dennoch möchte der Bundesrat auf die zusätzlichen, durch die Kommission eingebrachten Verlängerungen verzichten, da es in den jeweiligen Bereichen auch ordentliche Instrumente gebe, die genutzt werden könnten. Eintreten wurde in der Folge ohne Gegenantrag beschlossen.
Den zentralen Aspekt dieser Gesetzesänderung stellte die Verlängerung der Geltungsdauer einzelner Artikel dar. Der Bundesrat plante, die verschiedenen Regelungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten auslaufen zu lassen. Als erstes sollte Ende April 2022 die Übernahme der nicht gedeckten Kosten für Publikumsanlässe, der sogenannte Schutzschirm für Publikumsanlässe, fallen – wie es bereits in der geltenden Version des Covid-19-Gesetzes vorgesehen war. Bisher sei noch kein entsprechender Antrag auf Entschädigung eingegangen, betonte Gesundheitsminister Berset. Da die Massnahme also nicht zwingend nötig erscheine, solle man sie im Sinne einer Übergangslogik nach dem Winter auslaufen lassen. Dagegen wehrte sich jedoch die SGK-SR, welche den Schutzschirm bis Ende 2022 aufrechterhalten wollte. Er sei auch im Jahr 2022 nötig, betonte Kommissionssprecher Rechsteiner – wenn die Gelder nicht beansprucht würden, sei dies umso besser. Mit 37 zu 5 Stimmen (bei 1 Enthaltung) setzte sich die Kommissionsmehrheit gegen den Bundesrat durch.
Bei der Unterstützung der Sportvereine hingegen folgte der Ständerat stillschweigend dem Vorschlag des Bundesrates: Ende Juni 2022, nach der aktuellen Sportsaison, sollen die A-Fonds-perdu-Beiträge und Darlehen für die Sportklubs auslaufen.
Für die meisten Massnahmen beabsichtigte der Bundesrat eine Laufzeit bis Ende 2022, so etwa für die Kriterien und Richtwerte des Covid-19-Gesetzes, für die meisten Bestimmungen zu Massnahmen im Gesundheitsbereich, für alle Massnahmen zum Arbeitnehmendenschutz, im Asyl- und Ausländerbereich, zu Grenzschliessungen, zum Einsatz technischer Hilfsmittel bei Verhandlungen und Einvernahmen sowie bei den übrigen Massnahmen im Kulturbereich (mit Ausnahme des Schutzschirms). Im Unterschied zum Bundesrat beantragte die Mehrheit der SGK-SR überdies verschiedene Massnahmen der ALV, insbesondere diejenigen zur Kurzarbeitsentschädigung, aber etwa auch die längere Rahmenfrist für den Leistungsbezug oder eine Regelung zur Entlastung der Durchführungsstellen, bis Ende 2022 zu verlängern. Der Bundesrat wehrte sich erfolglos dagegen, während eine Minderheit Hegglin (mitte, ZG) zukünftig zumindest auf das vereinfachte Abrechnungsverfahren in der Arbeitslosenversicherung verzichten wollte. Sein Antrag blieb jedoch ebenfalls erfolglos.
Vergessen gegangen in der Liste der Verlängerungen seien die Massnahmen im Bereich der politischen Rechte, kritisierte Thomas Minder (parteilos, SH) und schlug in einem Einzelantrag auch deren Verlängerung bis Ende 2022 vor. Die Sammlung von Unterschriften sei Corona-bedingt noch immer erschwert, weshalb die administrative Erleichterung für die Referendums- und Initiativkomitees beibehalten werden solle. Mit 40 zu 4 Stimmen hiess der Ständerat die entsprechende Verlängerung gut.
Jakob Stark (svp, TG) beantragte schliesslich in einem Einzelantrag, die generelle Geltungsdauer des Covid-19-Gesetzes, welche Bundesrat und Kommission bis Ende 2022 verlängern wollten, auf Ende Juni 2022 zu beschränken. Er wollte damit dem Bundesrat sowie der Bevölkerung das Signal geben, dass man im Laufe des Jahres wieder zu der ordentlichen Gesetzgebung zurückkehren wolle. Entsprechende Anträge seien auch in der WBK und der SGK-NR diskutiert worden. Nachdem Hans Stöckli (sp, BE) korrigiert hatte, dass es sich auch beim Covid-19-Gesetz um ordentliche Gesetzgebung handle – wenn auch um dringliche –, lehnte der Ständerat den Antrag Stark mit 28 zu 10 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) ab.

Neben den Fristverlängerungen sah der Bundesrat nur wenige weitere Änderungen des Covid-19-Gesetzes vor. Eine davon betraf die Erwerbsausfallentschädigungen. Diese wollte die Regierung und mit ihr eine Minderheit Hegglin zukünftig nur noch im Falle von Unterbrüchen in der Erwerbstätigkeit aufgrund von Covid-19-Massnahmen des Bundes gewähren, nicht aber wie bisher auch bei massgeblichen Einschränkungen der Erwerbstätigkeit. Die Regelung dazu, was massgebliche Einschränkungen seien, sei zu unklar und berge daher Missbrauchspotenzial, kritisierte Hegglin. Die Mehrheit der SGK-SR wollte hingegen beim geltenden Recht bleiben – Kommissionssprecher Rechsteiner verwies auf zahlreiche Verbände betroffener Branchen, die um eine Beibehaltung der bisherigen Regelung gebeten hätten. Mit 34 zu 8 Stimmen sprach sich der Ständerat für den Mehrheitsantrag aus. Stillschweigend folgte der Ständerat der Regierung hingegen bei ihrem Vorschlag, neben den Kantonen neu auch dem SECO Kontrollmöglichkeiten bezüglich der Härtefallmassnahmen zu gewähren.
Ein Minderheitsantrag Germann (svp, SH) schlug schliesslich als Ergänzung zum geltenden Recht vor, dass angemessene Schutzkonzepte bei Veranstaltungen und privaten Zusammenkünften zukünftig nur möglich sein sollen, wenn sie zur «Sicherstellung der Kapazitäten im Gesundheitsbereich» erforderlich sind. Gemäss geltendem Recht mussten sie «verhältnismässig» sein. Er wolle damit verhindern, dass die Covid-19-Massnahmen «leichtfertig wieder auf alle möglichen Aktivitäten in den Bereichen Sport, Kultur und Freizeit ausgedehnt werden könnten», begründete Germann den Antrag. Mit 28 zu 14 Stimmen lehnte der Ständerat die Ergänzung ab.
Auch in anderen Gesetzen standen einzelne Regelungen zur Diskussion: Stillschweigend verlängert wurde dabei die Geltungsdauer einzelner Bestimmungen im Epidemiengesetz, etwa zum Proximity-Tracing-System, zur internationalen Zusammenarbeit und zu den Ordnungsbussen. Ein Einzelantrag Hegglin verlangte überdies, dass der Bund auch im Jahr 2022 einen ausserordentlichen Beitrag an den ALV-Ausgleichsfonds leisten und wie in den Jahren zuvor die Aufwendungen für die Kurzarbeitsentschädigung übernehmen solle. Mit 39 zu 0 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) sprach sich der Ständerat für diese Regelung aus.

In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat die vierte Revision des Covid-19-Gesetzes mit 34 zu 0 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) an. Ratspräsident Hefti (fdp, GL) gab dabei bekannt, dass der Rat zwei Petitionen (Pt. 21.2007 «Corona-Massnahmen und Impfpass» von Regula Heinzelmann und Pt. 21.2020 «Für einen Strategiewechsel beim Corona-Gesundheitsschutz» von Peter Mattmann-Allamand) zur Kenntnis genommen habe.

Vierte Revision des Covid-19-Gesetzes (Verlängerung von einzelnen Bestimmungen, BRG 21.066)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Nicht nur für die frischgebackene Nationalratspräsidentin, Irène Kälin (gp, AG), sondern auch für den neu gekürten Präsidenten der kleinen Kammer, Thomas Hefti (fdp, GL), musste der Festakt zur Feier der Amtsübernahme des Ratspräsidiums im Jahr 2021 aufgrund der Covid-19-Pandemie verschoben werden. Der Glarner, dessen Vater Peter Hefti (fdp, GL) bereits 1980/1981 das Präsidialamt als Kantonsvertreter innegehabt hatte – auch ein Grossvater und ein Urgrossvater Heftis waren schon im Ständerat gesessen –, wurde mit 44 von 45 gültigen Stimmen gewählt; 1 Wahlzettel war leer geblieben. Er löste damit Alex Kuprecht (svp, SZ) ab, der in seiner Abschiedsrede sein Wirken, das im zweiten schwierigen Corona-Jahr zum Ziel gehabt habe, den Geist des Ständerats als Chambre de Réflexion zu stärken, kritisch würdigte. Es sei ihm gelungen, in der kleinen Kammer den Dialog und das Verständnis zwischen jüngeren und älteren Ratsmitgliedern zu stärken. Nicht gelungen sei ihm hingegen, die zunehmende Unruhe und die abnehmende Präsenz in der kleinen Kammer zu stoppen. Es passe nicht zur «Debattenkultur» des Ständerats, wenn die notwendigen Reflexionen nicht mehr möglich seien, weil man nicht durchgehend im Ratssaal verbleibe. Hart ins Gericht ging Alex Kuprecht mit dem «unschweizerischen Verhalten» im Rahmen der Abstimmung zum zweiten Covid-Referendum. Dass Amtsträger angegangen würden, das Bundeshaus durch meterhohe Abschrankungen geschützt werden müsse oder zum Sturm auf das Bundeshaus aufgerufen werde, sei «verwerflich [...], inakzeptabel und weit von einem demokratischen Verhalten entfernt». Er hoffe aber, dass die Gräben «durch die Kraft der Demokratie» wieder zugeschüttet würden.
Auch der neugewählte Thomas Hefti machte, nachdem er Alex Kuprecht für seine Arbeit gedankt hatte, die Chambre de Réflexion zu einem Thema seiner Rede. Diese «wohlwollende Charakterisierung» müsse stets von Neuem verdient werden. Es brauche dafür nicht immer mehr Vorstösse, sondern ein «gründliches Abwägen und eine sorgfältige, durchdachte Gesetzgebung». Auch den Ball zu Corona nahm Thomas Hefti in seiner Rede auf. Nach der Abstimmung müsse man den Gegnerinnen und Gegnern die Hand reichen: «Wir werden nur gemeinsam aus dieser Pandemie herauskommen». Auch aktuelle Themen flocht der neue Ständeratspräsident in sein Votum ein: Die CO2-Ziele müssten eingehalten, aber auch die Frage gestellt werden, ob die «Politik betreffend Kernkraftwerke» überprüft werden müsse. Bei der AHV bedeute eine «geringfügige Anhebung des Pensionsalters nicht das Ende des Sozialstaates» und wegen der Aufrüstung in China und Russland müsse man in die Sicherheit investieren und rasch neue Kampfflugzeuge beschaffen.
Nach einem musikalischen Intermezzo schritt die kleine Kammer zur Wahl der restlichen Mitglieder des Büros, wobei die Bisherigen jeweils eine Stufe höher in Richtung Präsidium rutschten: Die bisherige zweite Vizepräsidentin, Brigitte Häberli-Koller (mitte, TG) stieg zur ersten Vizepräsidentin auf und erhielt, wie die bisherige Stimmenzählerin und nun zweite Vizepräsidentin, Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU), 43 Stimmen – 2 der 45 ausgeteilten Wahlzettel blieben jeweils leer. Auf das Amt der Stimmenzählerin stieg Lisa Mazzone (gp, GE) mit 40 Stimmen hoch – von den 45 ausgeteilten Wahlzetteln waren 4 leer und einer enthielt einen anderen Namen als jenen der Genferin. Aus dem bisherigen Ersatzstimmenzähler Andrea Caroni (fdp, AR) wurde mit 37 Stimmen (44 eingelangt, davon 5 leer und 2 für Diverse) der neue Stimmenzähler. Neu zum Ersatzstimmenzähler wählten die Mitglieder der kleinen Kammer turnusgemäss einen Vertreter der SVP-Fraktion: Werner Salzmann (svp, BE) wird – eine Wiederwahl bei den eidgenössischen Wahlen 2023 und das Festhalten an der Tradition vorausgesetzt – 2025 neuer Ständeratspräsident werden. Er erhielt 43 von 45 möglichen Stimmen (1 leer, 1 Diverse).

Wahl ins Ständeratspräsidium 2021/22
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros