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Akteure

  • Bregy, Philipp-Matthias (cvp/pdc, VS) NR/CN
  • Reimann, Lukas (svp/udc, SG) NR/CN
  • Prelicz-Huber, Katharina (gp/verts, ZH) NR/CN

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113 Resultate
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De nombreux consommateurs et consommatrices helvétiques utilisent des portails de comparaison en ligne pour guider leur choix de consommation. Or, ces portails de comparaison en ligne perçoivent des commissions. Le parlementaire Reimann (udc, SG) estime donc qu'il est nécessaire de renforcer la transparence des comparateurs en ligne afin de ne pas tromper le consommateur.
Le Conseil fédéral a considéré que la volonté du postulat entraînerait une ingérence de l'Etat dans l'économie privée, et qu'une tromperie d'un comparateur en ligne relevait de la loi sur la concurrence déloyale (LCD). Il a donc recommandé un rejet du postulat.
L'objet a été classé, faute d'examen dans le délai indiqué.

Plus d'honnêteté pour les portails de comparaison (Po. 18.4346)

In der Wintersession 2020 befasste sich der Nationalrat mit dem Rechtshilfeabkommen in Strafsachen mit Indonesien, welches bei einem Teil der SVP-Fraktion auf Widerstand stiess. Eine Minderheit Reimann (svp, SG) wollte nicht auf das Geschäft eintreten, weil man sich damit zum «Handlanger von Menschenrechtsverletzungen» mache. Nationalrat Reimann befürchtete auch einen Missbrauch der Rechtshilfe durch die indonesischen Behörden und schlug stattdessen vor, dass man Indonesien in seiner Entwicklung helfe, indem man die Menschenrechte und die Religionsfreiheit stärke. Die Bedenken der Minderheit stiessen bei den anderen Fraktionen zwar auf Gehör, vermochten diese aber nicht zur Ablehnung des Abkommens zu bewegen. Min Li Marti (sp, ZH) und Nicolas Walder (gp, GE) argumentierten, dass die Schweiz bei Anzeichen von Menschenrechtsverstössen gemäss Abkommen sowieso keine Rechtshilfe leisten dürfe. Laut Sidney Kamerzin (cvp, VD) würde man den Kampf gegen das Verbrechen in Indonesien mit dem Rechtshilfeabkommen gar stärken. Und auch die FDP sprach sich für die Annahme des Abkommens aus. Wenn man Freihandel mit Indonesien haben könne, dann könne man auch Rechtshilfe mit klaren Rechtsmitteln unterhalten, so Christian Lüscher (fdp, GE). Bundesrätin Karin Keller-Sutter fügte an, dass neben reinen Sicherheitsbedenken auch weitere Gründe für das Abkommen sprächen. So solle die internationale Staatengemeinschaft nicht als Hort für illegale ausländische Gelder dienen, deren Rückgabe im Vertrag vorgesehen seien. Die Abstimmung über den Nichteintretensantrag fiel entsprechend deutlich aus: Er wurde mit 153 zu 32 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) abgelehnt. Das Rechtshilfeabkommen selber wurde dann vom Nationalrat mit 150 zu 32 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) verabschiedet.

Abkommen mit Indonesien über Rechtshilfe in Strafsachen (BRG 19.084)

Nachdem der Nationalrat in der Sondersession 2020 bereits das Paket 1b behandelt hatte, machte er sich in der Wintersession 2020 an die Differenzbereinigung zum Paket 1a des ersten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Stillschweigend pflichtete er dem Zweitrat bei, dass bei einer entsprechenden Abmachung zwischen Versicherungen und Leistungserbringenden auch die Versicherung für die Übermittlung der Rechnungen zuständig sein kann. Alle übrigen Fragen waren hingegen umstritten.
Bei der Frage der Patientenpauschale waren sich National- und Ständerat zwar einig, dass Pauschalen auch bei ambulanten Behandlungen eingeführt werden sollen, entgegen dem Nationalrat hatte es der Ständerat aber abgelehnt, diese auf national einheitliche Tarifstrukturen zu stellen. Die Mehrheit der SGK-NR wollte diesbezüglich an der bisherigen Position des Nationalrats festhalten, um so eine gleiche Tarifierung von medizinischen Leistungen bei ambulanten oder stationären Behandlungen zu erleichtern, wie Ruth Humbel (cvp, AG) und Pierre-Yves Maillard (sp, VD) für die Kommission erklärten. Eine Minderheit de Courten (svp, BL) beantragte, dem Ständerat zuzustimmen, um die pauschale Leistungsabgeltung im ambulanten Bereich nicht zu verkomplizieren. Umstritten war überdies die Frage, ob der Bundesrat gewisse Pauschaltarife von der Pflicht der einheitlichen Tarifstruktur ausnehmen können sollte, wie eine Minderheit Gysi (sp, SG) weiterhin forderte, während die Kommissionsmehrheit darauf verzichten wollte. In beiden Fragen folgte der Rat der Kommissionsmehrheit (mit 134 zu 51 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 119 zu 70 Stimmen).
Auch die Organisation der Tarifstrukturen war weiterhin umstritten. Zwar pflichtete der Nationalrat dem Ständerat bei, dass der Bundesrat nur dann in die Organisation der Tarifstrukturen eingreifen können sollte, wenn keine solche bestehe oder sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Auch für den Fall, dass sich Leistungserbringende und Versicherungen nicht einigen können, sollte der Bundesrat eingreifen können; hier wollten ihn Ständerat und eine Minderheit de Courten jedoch dazu verpflichten, die Tarifautonomie der Tarifpartner wahren zu müssen. Hier gehe es ja gerade um diejenigen Fälle, bei denen sich die Tarifpartner nicht einigen könnten, betonten die Kommissionssprechenden, entsprechend mache es keinen Sinn, hier die Tarifautonomie zu wahren. Mit 136 zu 51 Stimmen (bei 1 Enthaltung) folgte der Rat der Kommissionsmehrheit und lehnte die Wahrung der Tarifautonomie gegen die geschlossen stimmende SVP-Fraktion ab.
In der ersten Behandlungsrunde hatte der Nationalrat dem Entwurf eine Regelung für finanzielle Unterstützung von Organisationen und Patientenstellen, welche den Individuen bei der Rechnungskontrolle helfen, beigefügt; der Ständerat hatte diese jedoch wieder gestrichen. Nun beabsichtigte die SGK-NR, auf die entsprechende Unterstützung zu verzichten; stattdessen sollen sich die Tarifpartner auf eine einfache, verständliche Rechnungsstellung einigen, betonte Humbel. Eine Minderheit Gysi wollte hingegen an der ursprünglichen Formulierung festhalten, während eine Minderheit Mäder (glp, ZH) eine Präzisierung vorschlug: Nur Organisationen, welche «statutengemäss und organisatorisch unabhängig» sind, sollten subsidiär unterstützt werden. Deutlich (mit 108 zu 83 Stimmen) entschied sich der Nationalrat gegen die finanzielle Unterstützung, nachdem sich der Minderheitsantrag Gysi zuvor knapp mit 96 zu 95 Stimmen gegen den Minderheitsantrag Mäder durchgesetzt hatte.
Zum Schluss blieb noch die Frage der Pilotprojekte, wo vor allem umstritten war, in welchen Bereichen und zu welchem Zweck solche Projekte möglich sein sollten. Ruth Humbel erklärte, dass der Ständerat den Artikel offener gefasst hatte als der Bundesrat und der Nationalrat, dadurch aber das Legalitätsprinzip und die Verfassungsmässigkeit verletzt habe, wie ein entsprechender Bericht des BJ gezeigt habe. Der Vorschlag der Kommissionsmehrheit, welcher die betroffenen Bereiche ausdrücklich und ausführlich auflistete, entspreche nun einer der vom BJ vorgeschlagenen Möglichkeiten. Eine Minderheit de Courten beantragte hingegen eine möglichst schlanke Formulierung, die jedoch die Rechte der Versicherten ausdrücklich wahren sollte. Eine Minderheit Weichelt-Picard (al, ZG) wollte auf Pilotprojekte zur Übernahme von Leistungen im Ausland verzichten, weil ältere und kranke Personen nicht einfach ins Ausland abgeschoben werden sollten, wie die Minderheitensprecherin betonte. Wie bereits in der ersten nationalrätlichen Behandlung erneut auf Ablehnung einer Minderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) stiess die Möglichkeit, Projekte zur Einschränkung der freien Arztwahl zu schaffen, während eine Minderheit Moret (fdp, VD) auch Projekte zur Entschädigung von innovativen und neuen Behandlungsansätzen in die Liste aufnehmen wollte. Deutlich folgte der Rat gegenüber allen Minderheiten dem Mehrheitsantrag.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

In der Wintersession 2020 befasste sich der Nationalrat als Zweitrat mit der Vorlage zum Tabakproduktegesetz. Die grosse Kammer war sich einig, dass Handlungsbedarf angezeigt sei – so ist gemäss Kommissionssprecher Lorenz Hess (bdp, BE) die Regelung von Tabakprodukten im Lebensmittelgesetz «weder zweckdienlich noch zeitgemäss», Benjamin Roduit (cvp, VS) erklärte für die Kommission, dass durch das Gesetz die Ratifizierung des 2004 unterzeichneten WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs realisiert werden könne und Andreas Glarner (svp, AG) gab zu verstehen, dass niemand den Tabakkonsum durch Kinder unterstütze. Trotzdem stellte letzterer einen Rückweisungsantrag. Gerade in Zeiten der Krise schade man mit dem Gesetz neben verschiedenen Branchen in den Bereichen Veranstaltungen, Werbung und Kommunikation auch den Medien, Läden sowie den angeschlagenen Tabakprodukteherstellern. Weiter gelte es, zwischen den verschiedenen Rauchsystemen zu differenzieren. Wenig begeistert vom Rückweisungsantrag zeigte sich nicht nur Gesundheitsminister Berset, welcher den Nationalrat dazu aufforderte, damit aufzuhören, «Pingpong zu spielen», sondern auch die grosse Mehrheit der grossen Kammer, die den Antrag mit 126 zu 43 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) ablehnte.
Der erste Tag der Ratsdebatte war den Punkten «Zusammensetzung und Emissionen» sowie der Verpackung gewidmet. Bei der ersten Thematik folgte der Nationalrat seiner vorberatenden SGK-NR und sprach sich unter anderem für die von der Kommission beantragte Anpassung aus, dass Inhaltsstoffe, welche zur Steigerung des Suchtpotentials dienen oder die Inhalation erleichtern, verboten werden sollten, wovon beispielsweise Mentholzigaretten betroffen wären. Weiter wollte die grosse Kammer dem Bundesrat die Kompetenz zugestehen, über die zulässigen Zutaten in Tabakprodukten zu bestimmen. Ein Minderheitsantrag Weichelt-Picard (al, ZG), der darauf abzielte, nur noch biologisch abbaubare Zigarettenfilter zu erlauben, fand indes kein Gehör.
Betreffend die Verpackungsangaben beschloss die grosse Kammer eine Vereinfachung der Produktinformationen auf resp. in der Verpackung. Stattdessen sollen die Hersteller und Herstellerinnen die Informationen auf geeignete Weise, beispielsweise per Online-Packungsbeilage, verfügbar machen. Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) versuchte ferner vergeblich, die Ratsmitglieder von einer neutralen Einheitsverpackung zu überzeugen, da die «Verpackung eine grosse Wirkung auf die Animation zum Rauchen» verfüge. Aber auch der SVP rund um Thomas Aeschi (svp, ZG) gelang es ihrerseits mittels verschiedener Minderheitsanträgen nicht, eine Mehrheit für eine Abschwächung der an den Verpackungen angebrachten Warnhinweise zu gewinnen.
Am zweiten Debattentag nahm sich der Nationalrat mit der Werbung für die Tabakprodukte dem umstrittensten Punkt der Vorlage an. Während sich die Ratslinke für ein weitgehendes, respektive die SP gar für ein vollständiges Werbeverbot einsetzte, wollte die SVP ganz von einem Werbeverbot absehen. Regine Sauter (fdp, ZH) betonte für die FDP die Wirtschaftsfreiheit und dass nicht vergessen werden dürfe, dass es sich bei Zigaretten um ein legales Produkt handle, für welches entsprechend Werbung gemacht werden dürfe. Im Wissen um die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» schlug die grosse Kammer insgesamt einen Mittelweg zwischen der von der Landesregierung und dem Stöckli eingenommenen Position ein, wobei weitgehend die von der vorberatenden Kommission entwickelten Anträge übernommen wurden. Anders als der Ständerat, der Werbung in Zeitungen, Zeitschriften und Internetseiten verbieten wollte, die von Minderjährigen besucht werden können, schränkte der Nationalrat dieses Verbot auf Presseerzeugnisse und Internetseiten ein, die an unter 18-Jährige gerichtet sind. Weiter untersagte der Nationalrat Werbung im öffentlichen Raum, in Kinos sowie auf Plakaten, die öffentlich sichtbar sind. Im Vergleich zum Ständerat wollte der Nationalrat bei den Einschränkungen zur Verkaufsförderung weniger weit gehen. So sollen diese nur Tabakprodukte zum Rauchen, nicht aber elektronische Zigaretten und «Gegenstände, die eine funktionale Einheit mit einem Tabakprodukt bilden» betreffen. Ausgenommen werden vom Verbot soll ferner die Verkaufsförderung von Zigaretten und Zigarillos in Form von Degustationen und Kundenpromotionen, da es sich um Genussmittel und nicht um Einstiegsprodukte handle. Nicht länger erlaubt sein soll zudem das Sponsoring von Veranstaltungen, die über einen internationalen Charakter verfügen oder Minderjährige als Zielpublikum haben. Auch bei Events, für deren Organisation der Bund, die Kantone oder die Gemeinden zuständig sind, sollen Tabakproduktehersteller nicht als Sponsoren in Erscheinung treten dürfen. Auf eine Meldepflicht für die Ausgaben in den Bereichen Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring wollte der Nationalrat hingegen verzichten.
Denkbar knapp – und entgegen der Position des Ständerats und der SGK-NR – stimmte die grosse Kammer mit 95 zu 94 Stimmen für einen Antrag aus den Reihen der SVP, wonach die Kantone nicht befugt sind, weitergehende Massnahmen zu erlassen. Unbestritten hingegen war das schweizweite Verkaufsverbot an Minderjährige sowie die Erlaubnis von Testkäufen zur Überprüfung, ob die Altersgrenze von 18 Jahren tatsächlich eingehalten wird. Ferner stimmte der Nationalrat Anträgen von Martin Landolt (mitte, GL) zu, der forderte, dass E-Zigaretten und Tabakprodukte zum Erhitzen in Restaurations- und Hotelbetrieben sowie in spezialisierten Verkaufsgeschäften in gewissen Zonen verwendet werden dürfen.
In der Gesamtabstimmung, in welcher der Entwurf mit 84 zu 59 Stimmen angenommen wurde, enthielten sich mit 47 Nationalrätinnen und -räten relativ viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier ihrer Stimme. Es waren dies in erster Linie Mitglieder der Grünen-Fraktion und der FDP.Liberalen-Fraktion. Während der Stimmverzicht Ersterer vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass sich diese schärfere Massnahmen gewünscht hätten, dürfte es sich bei Letzteren wohl um Beweggründe rund um die Wirtschaftsfreiheit handeln. Die Nein-Stimmen stammten vorwiegend aus dem Lager der SVP. Als einzige Partei geschlossen für die Vorlage stimmte die Fraktion der Grünliberalen.

Tabakproduktegesetz (BRG 15.075)
Dossier: Tabakproduktegesetz

In der Herbstsession 2020 war das Postulat Reimann (svp, SG) «Auslandsabhängigkeit der Schweiz vermindern, souveräner und krisenresistenter werden» von Felix Wettstein (gp, SO) bekämpft worden, weshalb es erst in der Wintersession desselben Jahres im Nationalrat behandelt werden konnte. Dort plädierte der Postulant erneut dafür, dass die Schweiz sich resistenter machen müsse, um dadurch auch besser auf zukünftige Pandemien vorbereitet zu sein. Er richtete sich in seiner Ansprache vor allem an die Fraktion der Grünen und hob daher auch die Verminderung der Abhängigkeit von Primärrohstoffen hervor. Bundesrat Parmelin empfahl dem Nationalrat ebenfalls die Annahme des Postulats, weil die Covid-19-Pandemie gezeigt habe, wie wichtig die Versorgungssicherheit sei. Obwohl man in der jetzigen Krise keine ernsthaften Engpässe erlebt habe, sei der Bundesrat gewillt, aus der Krise zu lernen und notwendige Massnahmen zu ergreifen. Aufgrund verschiedener parlamentarischer Interventionen würden das BAG und das BWL Berichte erarbeiten, um das derzeitige System der Versorgungssicherheit in ihren jeweiligen Bereichen zu überprüfen. Parmelin verwies auch auf die verwandten Motionen Häberli-Koller (cvp, TG; Mo. 20.3268) und der Mitte-Fraktion (Mo. 20.3245), welche ähnliche Forderungen gestellt hatten, jedoch ohne vorhergehende Bedarfsanalyse.
Der Nationalrat nahm das Postulat in einem ersten Durchgang mit 90 zu 89 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) an, musste die Abstimmung aber aufgrund technischer Probleme wiederholen. Beim zweiten Versuch sprach er sich dann mit 87 zu 83 Stimmen (bei 17 Enthaltungen) gegen das Postulat aus. Ausschlaggebend für die Ablehnung waren die zahlreichen Enthaltungen der SP-Fraktion sowie das Umschwenken mehrerer GLP-Mitglieder.

Auslandsabhängigkeit vermindern, souveräner und krisenresistenter werden (Po. 20.3433)

Zusätzlich zu den zahlreichen Vorstössen, mit denen das Parlament auch in Krisenzeiten handlungsfähig bleiben soll und die im Herbst 2020 noch der Behandlung harrten, wollte die SPK-NR mit einer parlamentarischen Initiative rasch Voraussetzungen für eine virtuelle Teilnahme an Abstimmungen im Parlament schaffen. Die Kommission fasste Ende Oktober 2020 ihren Entschluss für eine temporäre Regelung, mit der auch jene Parlamentsmitglieder an Abstimmungen teilnehmen könnten, die aufgrund von Covid-19 in Quarantäne oder Isolation sind und bei denen deshalb eine physische Präsenz nicht möglich ist. Die Ratsdebatte könne per Live-Stream verfolgt und die Stimme mittels sicherem Verfahren aus der Distanz abgegeben werden, so die Vorstellung der SPK-NR. Damit könnte auch allfälligen, krankheitsbedingten Verzerrungen der Stimmverhältnisse vorgebeugt werden.
Zwar beugte sich die SPK-SR der Dringlichkeit des Anliegens, indem sie es nur 18 Tage nach Einreichen durch die Schwesterkommission behandelte, dem Anliegen selber wollte sie aber keine Folge geben. Mit 7 zu 6 Stimmen zwar nur knapp äusserte sie vor allem staatspolitische Bedenken: Eine Ratsdebatte müsse nicht nur verfolgt und darüber abgestimmt werden; ein der Abstimmung vorangehender Austausch zwischen Parlamentsmitgliedern sei ebenfalls bedeutender Bestandteil des Entscheidungsprozesses. Dieser verlange aber die physische Präsenz der Ratsmitglieder, so die Begründung.
Der Vorstoss, der schon in der Wintersession 2020 hätte umgesetzt werden sollen, war damit vom Tisch, nicht aber das Thema selber, das Inhalt weiterer Vorstösse darstellte. Diese beinhalteten etwa Vorschläge für virtuelle Sitzungen bzw. Sitzungsteilnahmen (Pa. Iv. Reimann [svp, SG; 20.479]) oder für alternative Arbeitsrhythmen (Pa. Iv. Marra [sp, VD; 20.476]). Zudem doppelte die SPK-NR kurz nach der Absage ihrer Schwesterkommission mit einem neuerlichen, dringlichen Vorstoss nach.

Virtuelle Teilnahme an Abstimmungen (Pa. Iv. 20.475)
Dossier: Parlament in Krisensituationen

Les conditions pour le regroupement familial dans le droit d'asile sont, selon Lisa Mazzone (pes, GE), trop strictes. Pour les personnes dont le statut de réfugié-e a été reconnu (permis B), les membres de la famille nucléaire (conjoint-e et enfant-s mineur-e-s) peuvent venir en Suisse sans délai. Il est nécessaire, pour les personnes au bénéfice d'une admission provisoire (permis F), d'être indépendantes financièrement, de pouvoir offrir à leur famille un logement approprié et enfin d'observer une période de carence de trois ans pendant laquelle la famille n'a pas le droit de venir en Suisse. Estimant que ces règles contreviennent durement au droit constitutionnel à la famille, la conseillère Mazzone demande, via une motion, la suppression du délai et des obstacles financiers au regroupement familial pour les détenteur-ices de permis F et l'élargissement de la notion de famille au-delà du noyau, afin d'y inclure les parents, grands-parents, les petits-enfants et les frères et sœurs pour les deux catégories de permis. Suite à l'élection de l'écologiste genevoise au Conseil des États, sa camarade zurichoise Katharina Prelicz-Huber a repris l'objet. Elle l'a défendu en vain en chambre basse, qui l'a refusé par 117 voix contre 62, sans débat. Le camp vert-rose était seul à se montrer en faveur de la motion.

Droit à la vie de famille. Regroupement familial élargi et facilité pour les réfugiés (Mo. 18.4311)

Noch bevor die Räte den gemäss SGK-NR weniger umstrittenen Teil des ersten Massnahmenpakets zu Ende beraten hatten, behandelte der Nationalrat in der Sondersession im Oktober 2020 die übrigen Artikel des ersten Kostendämpfungspakets unter dem Namen Paket 1b des ersten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Dazu gehörten die Massnahmen zur Steuerung der Kosten, das Beschwerderecht der Versicherer gegen Spitalplanungsentscheide sowie das Referenzpreissystem für patentabgelaufene Arzneimittel. Mit 17 zu 0 Stimmen bei 8 Enthaltungen hatte die SKG-NR ihren Entwurf, der gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag einige gewichtige Änderungen enthielt, zuvor angenommen. Eintreten war unbestritten.

Als ersten Hauptpunkt diskutierte der Nationalrat die Frage der Kostensteuerung, wobei Ruth Humbel (cvp, AG) und Philippe Nantermod (fdp, VS) die Kommissionsposition ausführlich darlegten: Eine knappe Kommissionsmehrheit unterstütze die Kostensteuerung generell. Diese lege fest, dass Tarifverträge entsprechend der Forderung der angenommenen Motion Brand (svp, GR; Mo. 18.3305) Massnahmen zur Kostenkorrektur im Falle eines unvorhergesehenen Anstiegs der Gesundheitskosten enthalten müssen. Anstatt entsprechende Regeln vorzuschreiben, wie der Bundesrat beabsichtigt hatte, setzte die Kommission jedoch auf degressive Tarife: Bei häufigerer Anwendung sollten die Tarife entsprechend sinken. Stattdessen folgte der Rat jedoch äusserst knapp mit 91 zu 90 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) einer Minderheit II Hess (bdp, BE), die vorschlug, die Kostensteuerungsmassnahmen aus dieser Vorlage zu streichen, zumal sie ein «Bestandteil des Zielkostensystems» seien, welches erst im zweiten Kostendämpfungspaket behandelt werden wird. Entsprechend solle diese Massnahme ins zweite Paket verschoben werden.

Der zweite Hauptpunkt der Vorlage stellte das Beschwerderecht der Krankenversicherungen und ihrer Verbände gegenüber Entscheidungen der Kantonsregierungen bezüglich der Spitallisten sowie bezüglich Preisfestsetzungen für Arzneimittel, wie die Kommissionsmehrheit den bundesrätlichen Vorschlag ergänzt hatte, dar. Eine Minderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) wehrte sich dagegen, dass «private Interessen eine Steuerung durch die politische Seite, durch die Kantone, aufheben» können sollen. Stattdessen soll die Kompetenz sowie die Entscheidhoheit in den entsprechenden Fragen bei den Kantonen und damit bei der Politik verbleiben. Nur die Politik und das Volk hätten das Wohl der ganzen Bevölkerung im Blick, während die Versicherungen ihre Partikularinteressen verfolgten, argumentierte sie. Konsequenterweise müsse man sonst auch ein Beschwerderecht unter anderem für Patienten- und Patientinnenorganisationen oder für die Sozialpartner einrichten. Zudem könne die entsprechende Regelung zu einer Blockade und zu Rechtsunsicherheit führen. Dem widersprach unter anderem Thomas de Courten (svp, BL), der die Versicherungen im Gesundheitswesen als «Anwälte der Patientinnen und Patienten» bezeichnete und die Massnahme für nötig erachtete, damit ein Gleichgewicht in der Verhandlungsmacht sichergestellt und die alleinige Macht der Kantone gebrochen werden könne. Die Minderheit setzte sich mit 104 zu 75 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) respektive 94 zu 87 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) durch, der Nationalrat sprach sich somit gegen das Beschwerderecht der Krankenversicherungen aus. Die Stimmen für die Kommissionsmehrheit stammten von Mehrheiten der SVP-, FDP.Liberale- und Mitte-Fraktion.

Den dritten zentralen Aspekt stellte die Frage des Referenzpreissystems für patentabgelaufene Arzneimittel dar, das der Bundesrat einführen wollte. Mit einem Referenzpreissystem für Generika dürfte die OKP zukünftig nur noch denjenigen Preis für ein Arzneimittel vergüten, der in diesem Referenzpreissystem festgelegt worden war — ausser es ist das einzige für die Patientin oder den Patienten mögliche Arzneimittel, dann wird es unabhängig vom Preis vergütet. Die Kommissionsmehrheit lehnte nun die Schaffung eines solchen Systems ab. Hier gehe es um Fragen der Versorgungssicherheit und der Patientensicherheit (wie in diesem Bericht ausgeführt wird), erklärte Kommissionssprecherin Humbel. Bei wechselnden Referenzpreisen bestehe die Gefahr, dass es zu nicht medizinisch begründeten Medikamentenwechseln komme, was zu abnehmender Therapietreue und sinkender Patientensicherheit und dadurch zu Folgekosten führen könne. Zudem könnten Firmen aufgrund des Preisdrucks darauf verzichten, ihre Produkte in der Schweiz anzubieten, wodurch die Abhängigkeit von den übrigen Lieferanten steige. Wie problematisch eine solche Abhängigkeit sei, habe sich im Rahmen der Corona-Krise gezeigt. Die Kommission wolle deshalb auf das Referenzpreissystem verzichten und stattdessen, beruhend auf einem Vorschlag von Curafutura, Pharmasuisse, Ärzte mit Patientenapotheke und Intergenerika die Generikapenetration erhöhen. Der Marktpreis solle daher jährlich statt alle drei Jahre überprüft und die Generikapreise gegenüber den Originalen um weitere fünf Prozent gesenkt werden. Zudem soll eine preisunabhängige Vertriebsmarge geschaffen werden, damit Ärztinnen, Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker nicht wie bisher mehr Geld verdienten, wenn sie teurere Medikamente verkauften. Entsprechend habe man auch einstimmig die Motion 20.3936 eingereicht.
Eine Minderheit I Hess unterstützte hingegen das Referenzpreissystem des Bundesrates. Minderheitensprecher Hess argumentierte, seine Minderheit habe das bundesrätliche System etwas vereinfacht und abgeschwächt. So solle das Referenzpreissystem nur gelten, wenn mehr als zwei wirkstoffgleiche Medikamente auf dem Markt sind und ein Arzneimittel vom Bundesrat nicht als unverzichtbar festgelegt worden war. Mit einem eigenen Preis, also unabhängig vom Generika-Preis, sollten überdies Biosimilars, das sind Nachahmerpräparate, deren Wirkstoffe nicht mit denjenigen der Originale identisch sind, ins Preissystem aufgenommen werden, da diese gemäss dem revidierten Heilmittelgesetz nicht mit Generika gleichgesetzt werden können. Mit diesem Modell, das er als Referenzpreissystem «light» bezeichnete, könne das grösstmögliche Sparvolumen erreicht werden, argumentierte der Minderheitensprecher.
Eine Minderheit II Porchet (gp, VD) wollte überdies das Substitutionsrecht für Apothekerinnen und Apotheker stärken. Diese sollten zukünftig bei neuen Behandlungen eines der drei preisgünstigsten Arzneimittel abgeben müssen, sofern dies aus medizinischer und pharmazeutischer Sicht möglich ist.
Mit 114 zu 65 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) lehnte der Nationalrat die Einführung des Referenzpreissystems light ab. Interessant ist dabei, dass sich die Positionen der SP und der Grünen in dieser Frage deutlich unterschieden, was in Gesundheitsfragen nur selten der Fall ist: Während die SP die Einführung eines Referenzpreissystems zusammen mit der Mehrheit der Mitte-Fraktion unterstützte, sprachen sich die Grünen mit der GLP-Fraktion, der Mehrheit der SVP-, der FDP.Liberalen- und der Minderheit der Mitte-Fraktion dagegen aus. Abgelehnt wurden auch die Anträge auf eine Sonderbehandlung der Biosimilars (103 zu 75 Stimmen bei 7 Enthaltungen) sowie der Antrag der Minderheit II Porchet (108 zu 77 Stimmen). In letzterer Frage standen SP und Grüne zusammen mit den Grünliberalen wieder gemeinsam auf der Seite der Minderheit.

Im Rahmen dieser drei Hauptthemen behandelte der Nationalrat auch weitere Detailfragen, so zum Beispiel die Frage der verhandelten Rabatte. Als «Tabubruch» und als «absolutes No-Go» bezeichnete Barbara Gysi (sp, SG) den Vorschlag der SGK-NR, wonach maximal 25 Prozent der Einsparungen durch zwischen Tarifpartnern und Leistungserbringenden ausgehandelten tieferen Preisen und Tarifen den Versicherungen zur freien Verfügung stehen sollten, dass sie gemäss Gysi also «in die Taschen der Versicherer fliessen» sollten. Bisher mussten die entsprechenden Einsparungen vollumfänglich den Versicherten zugute kommen. «Braucht es denn wirklich dieses sogenannte Incentive [...], damit die Krankenversicherer ihre Arbeit tun, nämlich günstige Preise aushandeln?», fragte Gysi rhetorisch. Entsprechend beantragte ihre Minderheit die Streichung des Artikels, zumal dieser gemäss Flavia Wasserfallen (sp, BE) auch ohne seriöse Abklärungen in die Kommission gelangt sei. Kommissionssprecherin Humbel führte aus, dass der Ständerat bei Annahme dieser Regelung noch prüfen müsse, ob dieser Artikel dem grundsätzlichen Gewinnverbot in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und der Forderung in Art. 56 Abs. 3bis KVG, wonach alle nicht der Qualitätsverbesserung dienenden Vergünstigungen an die Versicherten weitergegeben müssen, widerspricht und was unter dem Ausdruck «zur freien Verfügung» genau verstanden werden soll. Thomas de Courten befürwortete schliesslich den Mehrheitsantrag; es sei der «Sinn dieser ganzen Debatte, dass wir die Kosten dämpfen und die Anreize entsprechend setzen». Mit 117 zu 67 Stimmen (bei 1 Enthaltung) sprach sich der Nationalrat für den Kommissionsvorschlag aus.
Ausführlich legte schliesslich Thomas de Courten seinen Minderheitsantrag zu den Parallelimporten dar. Er wehrte sich darin gegen den Vorschlag der Kommissionsmehrheit, patentabgelaufene Medikamente ohne Zulassungspflicht durch Swissmedic auf den Schweizer Markt zu bringen. Parallelimporte seien bereits heute erlaubt, dabei müssten aber dieselben Bedingungen eingehalten werden, die für alle anderen Medikamente auch gelten. Mit dem Vorschlag der Kommission könnten Zulassungsentscheide irgendwelcher anderen Länder zukünftig auch für die Schweiz gelten, ohne dass zum Beispiel die Good Manufacturing Practice der Schweiz im Herstellungsprozess beachtet werden müsste. Eine zusätzliche Prüfung durch Swissmedic sei nicht nötig, da man davon ausgehe, dass die ausländischen Zulassungsbehörden dieselben Qualitätsanforderungen stellten wie Swissmedic, begründete Kommissionssprecherin Humbel den Minderheitsantrag. Mit 128 zu 53 Stimmen folgte der Rat diesbezüglich jedoch der Mehrheit, Gehör fand das Anliegen von de Courten nur bei der Mehrheit der SVP-Fraktion und je einem Mitglied der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat seinen Entwurf schliesslich mit 130 zu 52 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an. Die Gegenstimmen stammten von der SP-Fraktion sowie von der Mehrheit der Grünen-Fraktion.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Eineinhalb Monate nach Anpassung der Regeln zur Kurzarbeitsentschädigung an die Corona-Krise reichte Maya Graf (gp, BL) eine Motion ein, gemäss der die Kurzarbeitsentschädigung für Einkommen bis CHF 4'000 während der Corona-Pandemie 100 Prozent des Monatslohns, statt wie bis anhin 80 Prozent, betragen soll. Haushalte mit tiefen, nicht existenzsichernden Einkommen seien besonders stark von der Krise betroffen und man müsse verhindern, dass diese Personen unter das Existenzminimum gerieten und «in die Sozialhilfe gedrängt» würden. Ähnliche Motionen hatten zuvor auch Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH; Mo. 20.3364) und Cédric Wermuth (sp, AG; Mo. 20.3192) eingereicht.
Der Bundesrat erwiderte in seiner Stellungnahme, dass das Ziel der KAE eben nicht in der Existenzsicherung der Arbeitnehmenden, sondern in der Verhinderung einer Ganzarbeitslosigkeit liege. Die vorgeschlagene Ausdehnung der KAE würde die entsprechenden Ausgaben um schätzungsweise 3 Prozent erhöhen. Der Bundesrat habe der ausserordentlichen Situation aber Rechnung getragen, indem im Moment die Einkünfte aus Zwischenbeschäftigungen während dem KAE-Bezug bei der Kurzarbeitsentschädigung nicht mehr abgezogen würden, wodurch Betroffene ihr Einkommen über ihren bisherigen Lohn hinaus aufbessern könnten.
In der Herbstsession 2020 wies der Ständerat die Motion der SGK-SR zur Vorbehandlung zu. Dabei könne man überprüfen, ob die Zuweisung der Personen an die Sozialhilfe gleich teuer komme wie die Erhöhung der KAE für tiefere Einkommen, argumentierte Charles Juillard (cvp, JU), der die Überweisung an die Kommission beantragt hatte.

Die Kurzarbeitsentschädigung soll für Einkommen bis 4000 Franken 100 Prozent des Monatslohns betragen (Mo. 20.3410)

Zu Beginn der Corona-Pandemie berichteten die Medien über warnende Stimmen, wonach die Krankenkassenprämien 2021 durch die hohen Kosten im Jahr 2020 stark ansteigen könnten; Politikerinnen und Politiker aus dem linken sowie dem bürgerlichen Lager warnten im Blick vor einem regelrechten «Prämienschock». Gleichzeitig wiegelten die Medien selber jedoch grösstenteils ab: Da die Prämien nicht auf den Kosten des Vorjahrs, sondern aufgrund einer Schätzung der Ausgaben des jeweiligen Jahres berechnet würden, sei für das Jahr 2021 kein starker Prämienanstieg zu erwarten. Selbst wenn die Krankenversicherungen im Jahr 2020 mehr ausgeben müssten, als sie durch die Prämien eingenommen hätten, würden sich die Prämien des Folgejahres nicht direkt erhöhen: Für solche ausserordentlichen Grossereignisse hätten die Krankenversicherungen Reserven gebildet, die Anfang 2019 bei CHF 9.5 Mrd. lagen und damit doppelt so hoch waren, wie gesetzlich verlangt. Da die Reservesituation nicht für alle Krankenversicherungen gleich gut sei, gebe es zudem noch den Sicherungsfonds, der in solchen Fällen aushelfe, war den Medien weiter zu entnehmen. Schliesslich sei es noch nicht einmal sicher, dass die Kosten der Krankenversicherungen im Jahr 2020 höher ausfallen würden als erwartet. Zwar seien Therapien auf der Intensivstation – wie sie zur Behandlung von schweren Fällen von Covid-19 häufig sind – teuer, diese würden aber zu mehr als der Hälfte von den Kantonen übernommen. Die grossen Kosten der Pandemie im Gesundheitsbereich fielen denn auch nicht bei den Krankenkassen, sondern bei den Kantonen an, war man sich einig. Diese müssten die Massnahmen der Spitäler zur Pandemie bezahlen, während das bundesrätliche Verbot von nicht dringenden Behandlungen gleichzeitig ein Loch in die Kassen der Spitäler reisse. Dies habe zu der paradoxen Situation geführt, dass die Spitäler im Frühjahr 2020 einerseits unter Personalmangel litten, weil insbesondere im Pflegebereich zu wenig Fachkräfte vorhanden seien und viele davon zum Beispiel wegen eigener Infektion mit dem Corona-Virus ausfielen, und andererseits Kurzarbeit anmelden mussten, zumal Behandlungen in vielen Bereichen stark eingeschränkt waren und die Mitarbeitenden entsprechend nicht ausgelastet werden konnten. Letzteres habe denn auch zu teilweise sehr hohen Umsatzeinbussen für die Spitäler geführt.
Dennoch konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Corona-Pandemie nicht doch noch auf die Krankenkassenprämien auswirken würde, insbesondere durch die Verlagerung von Eingriffen auf die Folgejahre. Entsprechend forderten die SP-Fraktion (Mo. 20.3202) sowie Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH; Mo. 20.3313), dass die Krankenkassenprämien in den Jahren 2021 bis 2023 nicht erhöht werden dürfen. Stattdessen sollen die Kosten wenn nötig vollständig durch Bund und Kantone (SP-Fraktion) oder durch die Reserven und bei kleinen Kassen durch den Bund (Prelicz-Huber) finanziert werden. Ein allgemeines Verbot für einen Anstieg der Krankenkassenprämien-Gesamtsumme während der nächsten zehn Jahre forderte Lukas Reimann (svp, SG; Mo. 20.3434). Falls die Kosten der Leistungserbringenden das Total der Prämien übersteigen sollten, sollen diese angewiesen werden, ihre Ausgaben entsprechend zu reduzieren. Gar eine Reduktion der Prämien für einkommensschwache Personen um 50 Prozent während zwei Jahren forderte Valérie Piller Carrard (sp, FR; Mo. 20.3574). Bund und Kantone sollen via Prämienverbilligungen für die entsprechenden Kosten aufkommen, schlug sie vor. Auch eine Standesinitiative des Kantons Genf (Kt.Iv. 20.337) verlangte einen dreimonatigen Verzicht auf die Erhebung der Prämien sowie eine zweijährige Beibehaltung der Prämienhöhe. Finanziert werden solle dies durch eine 50-prozentige Reduktion der Reserven der Krankenversicherungen. Auf diese Reserven hatten aber auch andere ein Auge geworfen: So forderten gemäss Presse verschiedene Kantons- oder Spitalvertretende, dass sich die Krankenversicherungen mit ihren Reserven am finanziellen Schaden der Spitäler durch die Pandemie beteiligen. Die Reserven seien für die Deckung epidemiebedingter Kosten geschaffen worden, entsprechend sollten sie jetzt auch dafür eingesetzt werden, wurde argumentiert. Dagegen wehrten sich vor allem die Krankenkassen: Die Reserven gehörten den Versicherten, zudem schreibe das KVG unmissverständlich vor, dass sie ausschliesslich für Kosten für Diagnose und Heilung von Krankheiten ausgegeben werden dürften.

Im September 2020 hatte das Warten schliesslich ein Ende, das EDI gab in einer Medienmitteilung die Prämien für das Jahr 2021 bekannt. Die mittlere Prämie stieg für das Jahr 2021 um 0.5 Prozent, was im mittelfristigen Vergleich einen eher geringen Anstieg bedeutete – seit 2010 liegt der durchschnittliche Anstieg bei 3.1 Prozent. Bereits in den letzten zwei Jahren war der Anstieg jedoch deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Auch die kantonalen Unterschiede waren deutlich geringer als in anderen Jahren, die kantonalen Prämienanstiege schwankten zwischen -1.6 und 2.1 Prozent. Die Reserven der Krankenkassen stiegen bis Ende 2020 auf mehr als CHF 11 Mrd. an.

Gesundheitskosten in der Corona-Pandemie & Krankenkassenprämien 2021
Dossier: Covid-19-Kosten im Gesundheitsbereich
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Zwischen dem 14. und dem 21. September 2020 fand das Differenzbereinigungsverfahren zum Covid-19-Gesetz statt. Dabei blieb das Programm der beiden Räte sehr gedrängt. Gleich zu Beginn des Verfahrens nahm der Nationalrat einen Ordnungsantrag Weichelt-Picard (al, ZG) an und verschob wie darin gefordert die Behandlung des Geschäfts auf den Folgetag, um der Kommission eine ausführlichere Diskussion der Differenzen zu ermöglichen.
Bei den Beratungen selber konnten die Räte dann die meisten Aspekte bereinigen, einzelne Fragen zu den Härtefallmassnahmen und zur Erwerbsersatzordnung blieben jedoch bis zum Schluss offen.

Bereinigen konnte das Parlament unter anderem die Fragen zum Gegenstand des Gesetzes. Hier pflichtete der Nationalrat dem Vorschlag des Ständerats bei, wonach der Bundesrat seine aussergewöhnlichen Befugnisse nur dann einsetzen darf, wenn eine Behandlung durch das Parlament zeitlich nicht möglich ist. Bezüglich des Einbezugs von Sozialpartnern, Gemeinden und Städten bei der Erarbeitung von Massnahmen brachte die Mehrheit der SGK-NR ihren anfänglichen Vorschlag erneut vor: So sollten zwar die Sozialpartner, nicht aber die Verbände von Gemeinden und Städten einbezogen werden. Entgegen anderen Anträgen der Minderheiten Prelicz-Huber (gp, ZH) im Nationalrat und Dittli (fdp, UR) im Ständerat stimmten beide Parlamentskammern diesem Vorschlag zu.

Bezüglich des Gesundheitsbereichs war lediglich die Frage nach dem Verbot von medizinischen Tätigkeiten noch offen. Hier wollte der Ständerat ausdrücklich festhalten, dass eine solche Einschränkung nur bei nicht dringenden Behandlungen möglich sein soll. Dem stimmte der Nationalrat zu, packte die Bestimmung aber in eine schlankere Formulierung.

Auch bei den ALV-Massnahmen, spezifisch bezüglich der Entschädigung von Lohnfortzahlungen durch die Arbeitgebenden, wurden sich die Räte einig. Der Ständerat hatte diesbezüglich zuvor kritisiert, dass der Bundesrat in den meisten Fällen Massnahmen vorschlage, welche eine Weiterarbeit der Betroffenen ermögliche, und es für diese Fälle keine Entschädigung brauche. Der Nationalrat nahm folglich den Vorschlag seiner Kommission an, wonach die Entschädigungen ausdrücklich auf Fälle eingegrenzt werden sollten, bei denen die Arbeit aufgrund behördlicher Massnahmen eingestellt werden muss. Dieser Formulierung konnte sich in der Folge auch der Ständerat stillschweigend anschliessen.

Bei den Ausländer- und Asylmassnahmen folgte der Nationalrat dem Ständerat bezüglich der Möglichkeit zur Fristerstreckung bei Ausreise, dem Erlöschen von Asyl und von vorläufigen Aufnahmen, obwohl er in der ersten Debatte einen entsprechenden Minderheitsantrag Crottaz (sp, VD) noch abgelehnt hatte. Diese Massnahme sei nötig, falls die epidemiologische Lage eine Ausreise aufgrund geschlossener Grenzen nicht erlaube, erklärte Kommissionssprecherin Humbel (cvp, AG). Der Nationalrat lehnte den Minderheitsantrag de Courten (svp, BL), der an der bisherigen Entscheidung des Nationalrats festhalten wollte, ab. Auch den ständerätlichen Vorschlag, wonach der Bundesrat bei Grenzschliessungen die Reisefreiheit der Grenzgängerinnen und Grenzgänger sowie von Einwohnerinnen und Einwohnern gewährleisten solle, hiess die grosse Kammer entgegen einem Minderheitsantrag Aeschi (svp, ZG) gut.

Bei den insolvenzrechtlichen Massnahmen stimmte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission der vom Ständerat geschaffenen Regelung, wonach auch bei Überschuldung eine Abweichung vom Gesetz möglich sein soll, stillschweigend zu. Hingegen beharrte er darauf, dass Transporteure nicht für Zollschulden, welche durch den Covid-19-bedingten Konkurs von Empfängern oder Importeuren entstanden ist, haftbar gemacht werden können. Hier gab sich der Ständerat in der nächsten Behandlungsrunde geschlagen.

Eine Lösung fand man auch bei den Massnahmen in der ALV. Offen war hier noch die Frage, ob Mitarbeitenden auf Abruf, in einem zeitlich begrenzten Arbeitsverhältnis, in einem Lehrverhältnis oder Temporärarbeitskräften ebenfalls Anspruch auf Erwerbsausfallentschädigungen zugesprochen werden kann. Der Nationalrat beharrte auf dieser Ausweitung, worauf die SGK-SR einen Kompromissvorschlag machte: Mitarbeitende auf Abruf in unbefristeten Arbeitsverhältnissen sollten EO beantragen können, nicht aber die übrigen aufgezählten Gruppen. Trotz anderslautenden Minderheitsanträgen im Ständerat (Graf, gp, BL) und Nationalrat (Prelicz-Huber) willigten beide Räte in diesen Kompromiss ein.

Bis zum Schluss umstritten waren Aspekte des Kulturbereichs. Zwar konnten die Räte auch in diesem Bereich zahlreiche Differenzen ausräumen. So einigten sie sich darauf, die Leistungsvereinbarungen der Kantone mit CHF 100 Mio. zu unterstützen, wie es der Nationalrat vorgeschlagen hatte. Zudem willigte der Nationalrat ein, dass der Bund bei den Sportvereinen keine Rangrücktritte machen soll. Bei der Unterstützung für besonders stark betroffene Unternehmen setzte sich der Nationalrat bezüglich der Kann-Formulierung durch: Die Unterstützung bleibt somit für den Bundesrat freiwillig. Zudem kann der Bundesrat diesbezüglich zukünftig A-Fonds-perdu-Beiträge ausrichten. Man einigte sich überdies darauf, dass Unternehmen zwar prinzipiell nur Härtefallmassnahmen beanspruchen können, wenn sie keine anderen Finanzhilfen beanspruchen, schränkte diese Regelung aber noch etwas ein: KAE, EO und die Covid-Kredite sollen dabei nicht berücksichtigt werden. Dass teilweise nur um einzelne Ausdrücke gestritten wurde, zeigte die Frage, wie «fit» die Unternehmen zum Erhalt von Härtefallmassnahmen sein müssen. Einig war man sich, dass Unternehmen ohne Zukunftsperspektive keine Hilfe mehr erhalten sollten. Die Räte entschieden sich jedoch gegen die Begriffe «gesund» (Ständerat, erste Behandlung), «profitabel» (Nationalrat, zweite Behandlung) und «profitabel und überlebensfähig» (Ständerat, zweite Behandlung) und bevorzugten stattdessen «profitabel oder überlebensfähig» (Nationalrat, dritte Behandlung). Ein weiterer Versuch durch eine Minderheit Weichelt-Picard, Unterstützung für die Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung zu erhalten, diesmal über deren Aufführung bei den besonders stark betroffenen Branchen, scheiterte erneut.
Bis zum Schluss des Differenzbereinigugsverfahrens umstritten blieb schliesslich die Frage der Definition eines Härtefalls und seiner Bedingungen. Kann ein Härtefall als Rückgang des Jahresumsatzes auf unter 60 Prozent des mehrjährigen Durchschnitts (Ständerat) definiert werden, wobei auch die Gesamtvermögenssituation berücksichtigt werden soll, oder müssen dafür vielmehr die Zahlen zur Umsatzeinbusse und zum Insolvenzrisiko betrachtet werden (Nationalrat)? Diese Frage musste in der Einigungskonferenz entschieden werden, die gleich im Anschluss an die Differenzbereinigung stattfand.

Ebenfalls keine Einigung im Differenzbereinigungsverfahren fand man bei einzelnen Massnahmen zur Entschädigung des Erwerbsausfalls. Einig wurde man sich zwar bezüglich der Frage, ob Selbständigerwerbende und Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung ebenfalls Anspruch auf EO erhalten sollten. Hier setzte sich der Nationalrat durch, der eine entsprechende Regelung gefordert hatte. Die Schaffung einer Obergrenze des anzurechnenden Betrags bei EO (erste Behandlung des Nationalrats) respektive eine Obergrenze des anrechenbaren Einkommens (zweite Behandlung des Nationalrats) legten die Räte jedoch nicht fest, weil sie die Schaffung eines Schwellenwertes verhindern wollten; diese Fragen soll der Bundesrat in entsprechenden Verordnungen entscheiden. Des Weiteren war umstritten, ob ein Erwerbsausfall nachgewiesen werden muss und ob die selbstdeklarierte Höhe des Erwerbsausfalls ausbezahlt werden soll. Dies wollte der Nationalrat aufgrund eines breit abgestützten Einzelantrags Mettler/Meyer/Rösti/Roduit durch Stichproben sicherstellen, was der Ständerat mit einer etwas abgeänderten Formulierung akzeptierte. Schliesslich gab sich der Ständerat auch bei der Verwendung der Arbeitgeberbeitragsreserven durch die Arbeitgeber zur Bezahlung der BVG-Beiträge geschlagen.
Nicht einig wurde man sich auch bei der Frage, wer EO erhalten soll. Anfänglich stritten sich die Räte diesbezüglich darüber, ob nur bei Unterbrechung oder auch bei massgeblicher Einschränkung der Erwerbstätigkeit Erwerbsersatz ausgerichtet werden kann. Dann schlug der Ständerat vor, die Einschränkungen zu beziffern: Bei Umsatzeinbussen von mindestens 60 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren soll ein EO-Bezug möglich sein. Der Nationalrat fürchtete sich jedoch diesbezüglich vor Schwelleneffekten und nahm einen entsprechenden Einzelantrag Mettler/Meyer/Prelicz-Huber/Roduit/Rösti/Sauter an, weshalb der Ständerat die Regelung präzisierte: Bei einer Umsatzeinbusse von mindestens 65 Prozent gilt man als «massgeblich eingeschränkt», bei Umsatzeinbussen zwischen 60 und 65 Prozent können Erwerbsausfallentschädigungen dann beantragt werden, wenn das durchschnittliche massgebliche Einkommen 2015 bis 2019 unter CHF 90'000 liegt. Ansonsten wird ein Einkommen von CHF 90'000 angerechnet. Wichtig sei der Kommissionsmehrheit, dass die gesamte Vermögens- und Kapitalsituation berücksichtigt werde, betonte Kommissionssprecher Rechsteiner (sp, SG). Über diesen Vorschlag musste entsprechend ebenfalls die Einigungskonferenz entscheiden.
Umstritten war diesbezüglich auch die Frage, bis wann Artikel 10 zum Erwerbsausfall gelten soll. Der Bundesrat hatte eine Geltungsdauer bis Ende 2022 vorgeschlagen, der Nationalrat wollte diese aber auf Juni 2021 beschränken. Aufgrund eines Einzelantrags Feller (fdp, VD) erlaubte die grosse Kammer überdies eine rückwirkende Inkraftsetzung dieses Artikels auf den 17. September 2020. Damit wollte er die Möglichkeit auf Rückwirkung schaffen, welche der Bundesrat in einer Medienmitteilung angekündigt hatte, aber die ohne Rechtsgrundlage nicht möglich sei, betonte Feller. Nachdem die SGK-SR noch die Kann-Formulierung zur Rückwirkung gestrichen hatte, willigten beide Räte ein.

Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid 19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; BRG 20.058)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

In der Herbstsession 2020 beugte sich der Nationalrat als Zweitrat über den von der SPK-SR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlag zur Transparenzinitiative, mit dem mehr Transparenz bei der Politikfinanzierung geschaffen werden soll. Nicht weniger als 40 Wortmeldungen zeugen von der Bedeutung, die der Vorlage auch in der grossen Kammer entgegengebracht wurde. Die beiden Sprecher der SPK-NR – Andri Silberschmidt (fdp, ZH) und Damien Cottier (fdp, NE) – plädierten für Eintreten und warben für einige von ihrer Kommission vorgenommene gewichtige Änderungen des ständerätlichen Vorschlags: Die Mehrheit der Kommission stelle sich, anders als von der kleinen Kammer vorgeschlagen, gegen jegliche Offenlegung des Namens von Spenderinnen und Spendern, verlange aber nebst der Offenlegung der Einnahmen auch jene der Ausgaben von politischen Akteuren, jedoch ohne dass hier erhaltene Zuwendungen offengelegt werden müssten. Ebenfalls abweichend zum Ständerat schlage die Mehrheit der Kommission vor, dass bei Abstimmungen und Wahlen bereits Kampagnenbudgets von CHF 50'000 offengelegt werden – der Ständerat hatte hier eine Obergrenze von CHF 250'000 vorgesehen und auch die Initiative sah eine höhere Obergrenze von CHF 100'000 vor. Schliesslich – so die beiden Kommissionssprecher – müsse diese Offenlegungspflicht nicht nur für Kandidierende für den Nationalrat, sondern auch für jene für den Ständerat gelten.
Zuerst wurde über Eintreten verhandelt. Eine Kommissionsminderheit bestehend aus Mitgliedern der SVP-Fraktion begründete ihren Nichteintretensantrag mit den zu komplizierten Transparenzregeln, die vom Vorschlag vorgesehen seien; das Vertrauen in die Politik würde so eher geschwächt als gestärkt. Gregor Rutz (svp, ZH) bezeichnete die Vorlage gar als «Absurdität»: Es bestehe kein Handlungsbedarf und der Vorwurf, die Schweizer Politik sei korrupt, – Rutz nahm Explizit auf die Vorwürfe der GRECO Bezug – sei «Unsinn». Transparenz brauche man dort, wo demokratische Defizite bestünden, was in der Schweiz nicht der Fall sei. Nadine Masshardt (sp, BE), ihres Zeichens Co-Präsidentin des Trägervereins der Transparenz-Initiative, plädierte für die SP-Fraktion für Eintreten: Die SPK-NR habe den Gegenvorschlag wirkungslos gemacht, was insbesondere hinsichtlich der Offenlegung der Spenderinnen und Spender wieder zu korrigieren sei. Ins gleiche Horn stiess Irène Kälin (gp, AG) für die Fraktion der Grünen. Ohne Offenlegung von Spenden könne nicht von Transparenz gesprochen werden. Ihre Fraktion sei deshalb für Eintreten, um hier Korrekturen anzubringen. Auch die Mitte-Fraktion plädierte via ihre Sprecherin Marianne Binder-Keller (cvp, AG) für Eintreten, auch wenn die CVP sowohl gegen die Initiative als auch gegen den hier vorliegenden Vorschlag sei. Dies einerseits, weil die Bestrebungen letztlich auf eine staatliche Parteienfinanzierung hinausliefen, und andererseits, weil eine Forderung der CVP nicht erfüllt sei, nämlich die Offenlegung von indirekten Spenden und Querfinanzierungen beispielsweise durch Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände. Doris Fiala (fdp, ZH) sprach von «Zeitgeist», der im Moment mehr Transparenz fordere. Allerdings sei diese Forderung in einem Milizsystem umsichtiger umzusetzen als bei einem System mit Profipolitikerinnen und -politikern – Fiala nahm Bezug auf ihr Mandat im Europarat, bei dem sie einer sehr strengen Offenlegungspflicht unterworfen sei. Auch die FDP wolle keine staatliche Parteienfinanzierung und die Wahrung der Privatsphäre auch bei politischen Zuwendungen. Der Trend für mehr Transparenz werde «auch vor den Türen der Schweizer Parteien keinen Halt machen», vermutete Corina Gredig (glp, ZH) und plädierte für ihre GLP-Fraktion nicht nur für Eintreten, sondern auch für die Offenlegung der Namen von Spenderinnen und Spendern. Vor der Abstimmung über Eintreten meldete sich auch Justizministerin Karin Keller-Sutter zu Wort. Sie erinnerte daran, dass ein gänzlicher Verzicht der Offenlegung von Spenden ein Kernstück der Transparenzinitiative entfernen würde. Der wesentlich tiefere Schwellenwert von CHF 50'000 für die Offenlegung von Kampagnen wiederum ziehe wohl vor allem bürokratischen Aufwand nach sich. Zudem sei die Forderung nach einer Offenlegung der Kampagnenzuwendungen von Ständeratskandidierenden deshalb heikel, weil ja eigentlich die Kantone für die Wahlen in die kleine Kammer verantwortlich seien. Sie bat den Rat aber auch deshalb um Eintreten, weil es sinnvoller sei, eine Regelung auf Gesetzesstufe anzubringen als in der Verfassung. Wie aufgrund der Sprecherinnen und Sprecher nicht anders zu erwarten war, stimmte die Mehrheit der anwesenden Nationalrätinnen und Nationalräte für Eintreten. Die 57 Nein-Stimmen stammten aus der SVP- (52 Stimmen) und der FDP-Fraktion (5 Stimmen), hatten aber gegen die 136 Ja-Stimmen keine Chance.

In der Folge ging es um die bereits in der Eintretensdebatte angekündigten Änderungsanträge. Eine Mehrheit von 135 zu 56 Stimmen folgte dem Kommissionsvorschlag, dass Parteien nicht nur wie vom Ständerat vorgesehen ihre Einnahmen, sondern auch ihre Ausgaben offenlegen müssen. Der SVP-Minderheitsantrag, der dem Ständerat folgen wollte, scheiterte also deutlich. Wesentlich knapper scheiterte der Minderheitsantrag Streiff (evp, BE), mit dem die Offenlegung von Spenden gefordert worden wäre, nicht aber wie vom Ständerat vorgesehen mit einer Obergrenze von CHF 25'000, sondern mit einer Obergrenze von CHF 10'000. Die 94 Stimmen der geschlossenen Fraktionen von SP und Grünen, unterstützt von 15 Stimmen der Grünliberalen – einzig Martin Bäumle (glp, ZH) sprach sich für die Mehrheit aus, die die Offenlegung der Spenden ganz streichen wollte – sowie von 9 Stimmen aus der Mitte-Fraktion und den 2 SVP-Stimmen von Mike Egger (svp, SG) und Lukas Reimann (svp, SG) reichten gegen die 96 Stimmen für die Kommissionsmehrheit nicht aus. Der Vorschlag der Kommission obsiegte auch bei der Frage nach der Höhe der Kampagnenausgaben. Nicht CHF 250'000 wie vom Ständerat und einer Minderheit Bircher (svp, AG) vorgesehen (130 zu 60 Stimmen), aber auch nicht CHF 100'000, wie von der Minderheit Streiff vorgeschlagen (171 zu 18 Stimmen), sondern Kampagnenausgaben von CHF 50'000 sollen neu eine Offenlegung zwingend machen. Angenommen wurde auch der Vorschlag, dass die einzureichenden Dokumente stichprobenweise zu kontrollieren seien.
Da damit aber keiner der Minderheitsanträge eine Mehrheit gefunden hatte und die von praktisch allen Fraktionen kritisierte, von der SPK-NR ziemlich verwässerte Vorlage so insgesamt zu viele Gegnerinnen und Gegner hatte, kam es bei der Gesamtabstimmung wenig überraschend zu einer deutlichen Abfuhr. Lediglich noch 17 Stimmen aus der FDP-Fraktion sowie eine Stimme aus der Mitte-Fraktion (Martin Landolt (bdp, GL)) unterstützten die Vorlage; standen aber gegen die 168 Gegenstimmen (9 Enthaltungen) auf verlorenem Posten. Damit wird der Ball dem Ständerat zurückgespielt.

Transparenz in der Politikfinanzierung (Pa. Iv. 19.400)
Dossier: Finanzierung der Politik
Dossier: Transparenzinitiative und Gegenvorschlag - Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte

Mittels parlamentarischer Initiative beabsichtigte Michael Töngi (gp, LU), Bundesangestellte zu verpflichten, per Bahn zu reisen, wenn die Reisezeit weniger als acht Stunden dauert. Die momentan geltende Empfehlung, bei fünf- bis sechsstündigen Reisezeiten die Bahn zu nutzen, genüge nicht. Vor allem aus ökologischen Gründen sei eine Bahnreise einer Flugreise vorzuziehen.
Mit 15 zu 10 Stimmen beantragte die SPK-NR im August 2020, dem Vorstoss keine Folge zu geben. Die Mehrheit der Kommission sah keinen Handlungsbedarf, da die Verwaltungsangestellten für das Thema sowieso bereits sensibilisiert seien und der Bundesrat erst kürzlich einen Aktionsplan «Flugreisen» in Kraft gesetzt habe, der zu einer Bahnreise verpflichtet, wenn die Reisezeit weniger als sechs Stunden beträgt. Man müsse zuerst abwarten, wie diese neue Regelung wirke. Zudem sei aus ökologischer Perspektive nicht die Wahl des Verkehrsmittels per se, sondern der ökologische Fussabdruck der gesamten Reise zentral. Andri Silberschmidt (fdp, ZH) fügte den Kommissionsargumenten zudem den Umstand hinzu, dass der Bund bereits heute sämtliche CO2-Emmissionen kompensiere. Deshalb würde die Forderung von Michael Töngi «auch klimapolitisch keinen grossen Mehrwert schaffen».
In seinem Plädoyer für sein Anliegen, das in der Herbstsession 2020 in der grossen Kammer beraten wurde, rechnete Töngi vor, dass die Bundesangestellten im Jahr 2019 insgesamt rund 1'600 mal um die Erde geflogen seien. Zwar habe der Bund einiges unternommen, aber seit 2006 hätten die Flugreisen um 24 Prozent zugenommen – vor allem nach Brüssel, Rom und London werde meistens das Flugzeug gewählt. Die aktuelle Regelung sehe zudem vor, dass nach wie vor das Flugzeug gewählt werden dürfe, wenn man damit auf eine Übernachtung vor Ort verzichten könne, was verhindere, dass für nahe Städte eher die Bahn gewählt würde. Eine letztlich doch recht knappe Mehrheit von 99 zu 85 Stimmen (1 Enthaltung) sah dies ähnlich und versenkte die parlamentarische Initiative. Unterstützt wurde die Idee von den geschlossenen Fraktionen der SP, der GLP und der GP und von drei Bürgerlichen (Lukas Reimann (svp, SG), Anna Giacometti (fdp, GR) und Christoph Eymann (ldp, BS)).
Freilich dürfte die Frage nach der Wahl des Verkehrsmittels damit noch nicht gänzlich vom Tisch sein. Einer weiteren parlamentarischen Initiative Töngi (Pa.Iv. 19.407), mit der die Parlamentsmitglieder zur Vermeidung von Flugreisen verpflichtet werden sollen, war nämlich im Februar 2020 von beiden Büros Folge gegeben worden. Ausstehend war zudem eine Motion (Mo. 20.3026) von Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH), die auch eine Reduktion der Flugreiseemissionen von Bundesratsmitgliedern fordert.

Bundesangestellte. Flugreisen vermeiden, Reisen per Bahn (Pa. Iv. 19.408)

Das Suva-Obligatorium für gewisse Betriebe abschaffen wollte Diana Gutjahr (svp, TG) im März 2019 mit einer parlamentarischen Initiative. Sie verlangte, dass zukünftig alle Arbeitgebenden ihre Unfallversicherungseinrichtung frei wählen können sollten. Für die Änderung führte sie zahlreiche Gründe an: Es sei immer öfters unklar, ob ein Betrieb in den Zuständigkeitsbereich der Suva falle, zudem führe das aktuelle System zu einer Ungleichbehandlung der Betriebe. Die Suva habe in der Vergangenheit ihren Tätigkeitsbereich ausgeweitet und die Privatwirtschaft konkurriert, wodurch die Wirtschaftsfreiheit verletzt worden sei. Zudem könne mit der Änderung der Kostenwettbewerb gestärkt werden, wovor sich die Suva nicht zu scheuen brauche. Im Gegenteil sei dies eine Win-Win-Situation, von der auch die Suva profitieren würde, da sie womöglich neue Betriebe hinzugewinnen könnte, erklärte die Motionärin im Rahmen der Nationalratsdebatte in der Herbstsession 2020. Die Mehrheit der SGK-NR machte diesbezüglich jedoch keinen Handlungsbedarf aus: Die Suva leiste gute Arbeit, zumal sie schlechte Risiken versichere und dennoch die tiefsten Prämien aller Unfallversicherungen aufweise, betonte etwa Kommissionssprecherin Prelicz-Huber (gp, ZH). Ihren höheren Ertragswert nutze sie für Investitionen, Unfallprävention, Forschung und Weiterbildungen, zumal sie nicht gewinnorientiert sei und keine Dividenden ausschütte. Mit 104 zu 78 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) folgte der Nationalrat der Kommissionsmehrheit und gab der parlamentarischen Initiative keine Folge.

Aufhebung des Suva-Teilmonopols

In der Herbstsession 2020 machte sich der Nationalrat an die Beratung des Covid-19-Gesetzes, was mit 10 Mehrheits-, 33 Minderheits- und 27 Einzelanträgen eine lange Sache zu werden versprach. Für die Kommission erklärten Philippe Nantermod (fdp, VS) und Ruth Humbel (cvp, AG) den Rahmen des Gesetzes. Dieses definiere, «was der Bundesrat tun darf, um die Auswirkungen der Covid-19-Epidemie auf Gesellschaft, Wirtschaft und Behörden zu bekämpfen», fasste Ruth Humbel seinen Inhalt zusammen. Damit würde «Notrecht in ordentliches Recht überführt» und entsprechend für einen Teil der 18 seit März 2020 geschaffenen Verordnungen, die sich direkt auf die Verfassung gestützt hatten, eine gesetzliche Grundlage geschaffen, erklärte Bundeskanzler Walter Thurnherr, der den Bundesrat in der Debatte vertrat. Das Covid-19-Gesetz solle gemäss den Kommissionssprechenden überdies dringlich erklärt, aber nur bis Ende 2021 (einzelne Ausnahmen bis Ende 2022) gültig sein; hier war der Bundesrat den Vernehmlassungsteilnehmenden entgegengekommen. Einerseits stellte Philippe Nantermod das Gesetz als Rückkehr zum «normalen Recht» dar, betonte jedoch auch, dass es dem Bundesrat sehr wichtige Kompetenzen erteile. Die SGK-NR sei sich aber einig gewesen, dass das Gesetz nötig sei; entsprechend sei sie einstimmig darauf eingetreten und habe die Vorlage schliesslich mit 18 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Ruth Humbel ergänzte ausdrücklich, dass es – entgegen der zahlreichen Briefe, die sie diesbezüglich empfangen habe – im Covid-19-Gesetz weder um Impfungen im Allgemeinen noch um eine Impfpflicht im Speziellen gehe.
In der nachfolgenden Behandlung nahm der Nationalrat zahlreiche Änderungen am bundesrätlichen Entwurf vor und nahm die neue Version zum Schluss deutlich an.

Vor der Detailberatung lagen dem Nationalrat aber ein Antrag Addor (svp, VS) auf Nichteintreten sowie ein Antrag Schwander (svp, SZ) auf Rückweisung des Gesetzes an den Bundesrat vor. Jean-Luc Addor begründete seinen Nichteintretensantrag damit, dass dem Bundesrat keine Blankovollmacht ausgestellt werden dürfe, sondern dass das Parlament nötige Massnahmen per ordentlichem Gesetz erlassen solle. Die aktuellen Massnahmen seien unverhältnismässig und nur aufgrund künstlich aufrechterhaltener Angst durchsetzbar, kritisierte er. Diese «Gesundheitsdiktatur» müsse entsprechend beendet werden. Pirmin Schwander begründete seinen Ordnungsantrag ähnlich: Der Bundesrat solle sich zukünftig nicht auf Notrecht stützen, sondern die Bundesversammlung für dringende Bundesbeschlüsse einberufen. Dabei ging er davon aus, dass die bestehenden Bundesbeschlüsse zu den Finanzausgaben zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie ausreichten, und betonte, dass der Bundesrat ansonsten dort Lücken schliessen solle, wo dies noch nötig sei. Philippe Nantermod entgegnete im Namen der Kommission, dass es im Gesetz eben nicht nur um Budgets und Haushaltsbefugnisse gehe, sondern auch um den Rahmen für die Umsetzung der finanziellen Bestimmungen. Entschiede sich der Rat für Nichteintreten, würden überdies alle geltenden Bundesratsverordnungen hinfällig, wodurch die entsprechenden Entlastungsmassnahmen – zum Beispiel im Rahmen der EO – entfallen würden. Mit 173 zu 18 Stimmen sprach sich der Rat in der Folge gegen den Ordnungsantrag Addor und mit 163 zu 26 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) gegen den Ordnungsantrag Schwander für Eintreten aus. Die ablehnenden Stimmen stammten jeweils aus der SVP-Fraktion.

Anschliessend folgte die Detailberatung, bei der die verschiedenen Artikel in unterschiedlichem Masse umstritten waren. Bereits beim ersten Artikel, welcher den Gegenstand des Gesetzes zum Inhalt hatte, nahm der Nationalrat einige Änderungen vor. In der bundesrätlichen Version besagte der Artikel nur, dass es im Gesetz ausschliesslich um die Bewältigung der Covid-19-Pandemie geht und dass der Bundesrat auch die Kantone in die Erarbeitung von Massnahmen einbezieht, wenn sie in ihrer Zuständigkeit betroffen sind – eine Konzession, die der Bundesrat nach der Vernehmlassung an die Kantone gemacht hatte. Diesen Einbezug wollte die SGK-NR auf die Sozialpartner, eine Minderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) sowie Einzelanträge der SPK-NR und der KVF-NR auch auf Verbände der Gemeinden und Städte ausdehnen. Damit die Massnahmen zufriedenstellend umgesetzt werden könnten, sei es wichtig, dass alle wichtigen Akteure einbezogen würden, erklärte Katharina Prelicz-Huber. Für den Bund seien bei der Umsetzung nur die Kantone direkte Ansprechpartner, zudem seien Gemeinden und Städte vom Covid-19-Gesetz gar nicht direkt betroffen, erwiderte hingegen der Kommissionssprecher. Dennoch folgte der Rat sowohl der Kommissionsmehrheit bezüglich der Kantone als auch der Minderheit Prelicz-Huber sowie den Einzelanträgen bezüglich der Städte und Gemeinden deutlich (191 zu 3 Stimmen; 150 zu 43 Stimmen bei 2 Enthaltungen). Doch nicht nur Kantone, Städte und Gemeinden, auch die Organe der Bundesversammlung sowie die Präsidentinnen oder Präsidenten der zuständigen Kommission wollte der Nationalrat in dringlichen Fällen einbezogen wissen. Er folgte dabei zwei Einzelanträgen Rutz (svp, ZH) und stellte sich damit gegen Anträge seiner Kommission (153 zu 39 Stimmen bei 1 Enthaltung; 192 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung). Kommissionssprecher Nantermod hatte diese Forderungen zuvor mit der Begründung abgelehnt, dass die Anhörung des Parlaments beim ordentlichen Recht, um das es hier gehe, bereits im Parlamentsgesetz geregelt sei.
Erfolgreich waren auch die Einzelanträge Glättli (gp, ZH) und Grüter (svp, LU), welche die Einreichung von fakultativen Referenden temporär ohne Stimmrechtsbescheinigungen möglich machen und die Bundeskanzlei mit der nachträglichen Bescheinigung der Stimmen bei den Gemeinden beauftragen wollten (140 zu 52 Stimmen bei 2 Enthaltungen). Stillschweigend nahm der Rat zudem einen Vorschlag der Kommission an, wonach sich der Bundesrat zum Erlass seiner Massnahmen an verfügbare Daten bezüglich Überlastung des Gesundheitssystems, Sterblichkeit sowie schwerer Krankheitsverläufe orientieren solle. Abgelehnt wurden hingegen eine Änderung des Ziels des Gesetzes hin zu einer Bekämpfung der Übersterblichkeit infolge der Covid-19-Epidemie anstelle der Bekämpfung der Epidemie selber, wie es der Bundesrat formuliert hatte (Einzelantrag Nidegger, svp, GE: 141 zu 52 Stimmen) sowie ein Minderheitsantrag Glarner (svp, AG; 137 zu 54 Stimmen), der das Subsidiaritätsprinzip ausdrücklich im Gesetz verbriefen wollte. Zuerst müsse auf Eigenverantwortung und kantonale Mittel gesetzt werden, bevor der Bund eingreife, begründete Thomas de Courten (svp, BL) diesen Minderheitsantrag. Die Kommissionsmehrheit erachtete eine solche Klarstellung als unnötig, zumal das Subsidiaritätsprinzip bereits in der Verfassung verankert sei.

Besonders umstritten waren die Bestimmungen zum Ausländer- und Asylbereich, die mit zahlreichen Minderheits- und Einzelanträgen hinterfragt wurden. Hier sah das Covid-19-Gesetz vor, dem Bundesrat die Kompetenz zu erteilen, vom AIG und Asylgesetz abweichende Bestimmungen bezüglich Einreise, gesetzlicher Fristen und Unterbringung von Asylsuchenden zu erlassen. Eine erfolgreiche Kommissionsmehrheit wollte jedoch die Einreisebeschränkungen beim Familiennachzug und bei Konkubinatspartnerinnen und -partnern und ihren Kindern von dieser Möglichkeit ausschliessen, um übermässig lange Familientrennungen wie beim Lockdown im Frühling zu verhindern. Zudem wollte eine Minderheit Meyer (sp, ZH) den Zugang zu Asylverfahren ausdrücklich gewährleisten, um zu verhindern, dass die Möglichkeiten für Asylsuchende, einen Asylantrag zu stellen, wie im Frühling eingeschränkt würden. Dies widerspreche dem zwingenden Völkerrecht, betonte sie. Die Kommissionssprechenden Nantermod und Humbel lehnten eine entsprechende Regelung ab, zumal sie dem zwingenden Völkerrecht angehöre und somit in jedem Fall anwendbar sei. Entsprechend sprach sich der Nationalrat auch mit 122 zu 71 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für den Vorschlag der Kommission und gegen den Minderheitsantrag Meyer aus.
Die übrigen Anträge in diesem Themengebiet waren ebensowenig erfolgreich. Eine Minderheit Crottaz (sp, VD) schlug vor, die Fristen nicht nur wie vom Bundesrat beantragt beim Familiennachzug, dem Erlöschen von Aufenthaltsbewilligungen und der Erneuerung von biometrischen Ausweisen verlängern zu können, sondern auch bei der Ausreise, beim Erlöschen von Asyl und bei vorläufigen Aufnahmen. Man könne die betroffenen Personen nicht zwingen, in ihr Heimatland zurückzukehren, wenn die Epidemie dort unkontrolliert wüte. Bei der Unterbringung von Asylsuchenden solle zudem gemäss einer weiteren Minderheit Crottaz der nötigen physischen Distanz Rechnung getragen werden, weshalb im Gesetz nicht nur Unterbringungszentren des Bundes, sondern auch alle anderen Strukturen, die Migranten aufnehmen können, erwähnt werden sollen. Zu beiden Vorschlägen lagen gleichlautende Einzelanträge aus der SPK-NR vor, dennoch lehnte der Nationalrat beide Anliegen ab (123 zu 72 Stimmen, 122 zu 72 Stimmen). Ebensowenig von Erfolg gerkrönt war eine Minderheit Glarner (141 zu 54), die verlangte, die Ausschaffungshaft verurteilter krimineller Ausländerinnen und Ausländer verlängern zu können, wenn ihre Ausreise im Moment nicht möglich sei. Gemäss Gesetz müssten diese aus der Haft entlassen werden. Zusätzliche Unterstützung für Flüchtlinge und Sans-Papiers, die wegen Covid-19 besonderer Unterstützung bedürften, forderte hingegen eine Minderheit Prelicz-Huber. Dies liege jedoch in der Zuständigkeit der Kantone, betonte Nantermod für die Kommission. Mit 128 zu 69 Stimmen wurde auch dieser Vorschlag abgelehnt.

Ebenfalls für ausführliche Diskussionen sorgten die Bestimmungen zur Entschädigung des Erwerbsausfalls. Diese wollte der Bundesrat ausschliesslich für Personen vorsehen, die ihre Erwerbstätigkeit aufgrund von Corona-Massnahmen unterbrechen müssen, und dafür Bestimmungen zu Beginn und Ende des Anspruchs, zur Höhe der Taggelder und Bemessung sowie zum Verfahren erlassen können. Albert Rösti (svp, BE) schlug in einem Einzelantrag vor, die Entschädigungen nicht nur bei Unterbrechung, sondern auch bei Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Die bundesrätliche Kann-Formulierung zur Entschädigung wollte eine Minderheit Meyer zudem in eine Pflicht umwandeln: In gewissen, in einer Liste aufgeführten Fällen soll eine Erwerbsausfallentschädigung zwingend anfallen. In gemeinsamen Einzelanträgen schlugen Melanie Mettler (glp, BE), Mattea Meyer und Albert Rösti sowie Sidney Kamerzin (cvp, VS) und Marie-France Roth Pasquier zudem vor, EO-Entschädigungen auch an Selbstständige in arbeitgeberähnlicher Position auszubezahlen. Hier zeigte sich der Nationalrat zu einem gewissen Ausbau gewillt: Er bevorzugte den Einzelantrag Rösti gegenüber dem Minderheitsantrag Meyer (108 zu 86 Stimmen) und nahm die Anträge Mettler/Meyer/Rösti sowie Kamerzin/Roth Pasquier mit 191 zu 3 Stimmen deutlich an. Damit schuf er eine allgemeine Möglichkeit zur Entschädigung bei Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und eine spezifische Entschädigungsmöglichkeit für einen Teil der Selbständigen.
Nicht nur bezüglich der Antragsberechtigten, auch bezüglich der Höhe des Anspruchs auf EO nahm der Nationalrat Änderungen vor. So beschränkte er die Obergrenze des anzurechnenden Betrags auf CHF 90'000 (Einzelantrag Badran, sp, ZH: 103 zu 90 Stimmen bei 1 Enthaltung) und schränkte die Entschädigung im Umfang des selbstdeklarierten Erwerbsausfalls auf Fälle ein, bei denen ein Erwerbsausfall nachgewiesen wurde (Einzelantrag Grossen, glp, BE: 164 zu 29 Stimmen). Schliesslich entschied sich die grosse Kammer für den Mehrheitsantrag und gegen eine Minderheit Gysi (sp, SG) und erlaubte den Arbeitgebenden weiterhin, bei Liquiditätsengpässen ihre Arbeitgeberbeitragsreserven zur Bezahlung der Pensionskassenbeiträge zu verwenden (130 zu 64). Barbara Gysi hatte sich an dieser Möglichkeit gestört, da solche Reserven zukünftig abziehbar von den Steuern wiederaufgebaut werden könnten, dies also ein «Vehikel zur Steuerersparnis» darstelle.

Umstritten waren auch die Massnahmen zur ALV; hier übernahm der Bundesrat die Regelungen aus der neusten Version der Covid-19-ALV-Verordnung. So sollte er die Möglichkeit erhalten, vom AVIG abweichende Bestimmungen bezüglich Anspruch auf KAE, Ablauf des Anmeldungs- und Abrechnungsverfahrens zu KAE, Berücksichtigung von Abrechnungsperioden und zur Rahmenfrist bei der ALV zu erlassen. Die Kommissionsmehrheit, verschiedene Minderheiten und Einzelanträge bemühten sich insbesondere darum, den Kreis der Unterstützten innerhalb und ausserhalb der KAE zu vergrössern. Die Kommission wollte etwa den Anspruch auf Mitarbeitende auf Abruf, Personen im Lehrverhältnis und Angestellte bei Temporärfirmen ausdehnen, eine Minderheit Prelicz-Huber wollte Personen mit verschiedenen Arbeitgebenden, Projektaufträgen oder Gagen sowie Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung miteinbeziehen. Die Kommission setzte sich gegen eine Minderheit Dobler (fdp, SG), welche die Ausdehnung des Anspruchskreises verhindern wollte, mit 111 zu 81 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) durch, eine weitere Ausdehnung im Sinne der Minderheit Prelicz-Huber lehnte der Nationalrat aber mit 110 zu 85 Stimmen ab. Eine Minderheit Feri (sp, AG) beantragte darüber hinaus die Schaffung einer Möglichkeit für eine von KAE-unabhängige Unterstützung für Institutionen der familienergänzenden Betreuung, da diese systemrelevant seien. Zwar hätten viele Kantone, Städte und Gemeinden das Problem «an die Hand genommen», es bestehe aber noch immer Unsicherheit bezüglich Zuständigkeit und Finanzierung. Eine Minderheit Weichelt-Picard (al, ZG) wollte die Regierung sogar zur Unterstützung dieser Institutionen verpflichten. Der Rat bevorzugte zwar die Kann-Formulierung von Yvonne Feri gegenüber der Muss-Formulierung von Manuela Weichelt-Picard (140 zu 46 Stimmen bei 8 Enthaltungen), lehnte Erstere anschliessend aber mit 100 zu 93 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) knapp ab.
Auch die übrigen Anträge in diesem Themenbereich waren allesamt erfolglos: Die grosse Kammer lehnte zwei Vorschläge einer Minderheit Maillard (sp, VD) ab: Einerseits sollten Arbeitnehmende mit tiefen Löhnen unterstützt werden, indem ihr Lohnersatz auf 100 Prozent erhöht werden sollte (126 zu 68 Stimmen bei 1 Enthaltung). Andererseits sollten die Reserven der Krankenkassen auf 150 Prozent der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe gesenkt und der frei werdende Betrag den Versicherten im ersten Halbjahr 2021 ausbezahlt werden, um die Kaufkraft allgemein zu stärken (117 zu 77 Stimmen bei 1 Enthaltung). Abgelehnt wurde überdies auch eine Minderheit Glarner (135 zu 59 Stimmen bei 1 Enthaltung), die freiwillige Leistungen an juristische Personen mit Sitz in der Schweiz zu deren Unterstützung während der Corona-Krise steuerlich abzugsfähig machen wollte.

Eine ähnliche Stossrichtung wie die Massnahmen zur ALV hatte der Artikel zum Arbeitnehmerschutz, der Massnahmen zum Schutz besonders gefährdeter Arbeitnehmenden zum Inhalt hatte, mit denen Arbeitgebenden zusätzliche Pflichten auferlegt werden können sollten. Diesbezüglich wollte die Kommission einen Anspruch auf Rückerstattung der Kosten bei Lohnfortzahlung durch die Arbeitgebenden einführen. Würde also aufgrund des Gesetzes eine Quarantäne beschlossen, müsste das Gehalt der Arbeitnehmenden womöglich vom Staat übernommen werden, erklärte Philippe Nantermod. Eine Minderheit I Aeschi (svp, ZG) lehnte diese Forderung ab: Dadurch auferlege man dem Bund neue Pflichten, obwohl man nicht wisse, was die Massnahme kosten würde. Eine Minderheit II Prelicz-Huber wollte den Artikel hingegen so umformulieren, dass nicht nur besonders gefährdete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützt werden sollten, sondern auch andere Arbeitnehmende. Die Kommissionsmehrheit setzte sich mit 134 zu 61 Stimmen und 126 zu 66 Stimmen gegen die beiden Minderheiten durch; der Nationalrat schuf folglich einen entsprechenden Anspruch für die Unternehmen.

Eine breite Palette an Handlungsmöglichkeiten behielt sich der Bundesrat im Kulturbereich vor. So wollte er die Möglichkeiten behalten, Unternehmen und Kulturschaffende zu unterstützten, sich weiterhin mit maximal CHF 80 Mio. an Leistungsvereinbarungen der Kantone zu beteiligen, Suisseculture im Jahr 2021 mit CHF 20 Mio. zu unterstützen, einen Anteil an die Lebenshaltungskosten für Kulturschaffende zu zahlen, Entschädigungen für Kulturvereine im Laienbereich zu erbringen sowie die Beitragskriterien und Bemessungsgrundlagen für Finanzhilfen im Kulturbereich festzulegen. Trotz dieser vielen Massnahmen wurden in diesem Bereich zahlreiche Minderheits- und Einzelanträge von Personen gestellt, welchen die Massnahmen des Bundesrates zu wenig weit gingen. So wollte eine Kommissionsmehrheit den Kredit für die Leistungsvereinbarungen auf CHF 100 Mio. und eine Minderheit II Porchet (gp, VD) gar auf CHF 150 Mio. erhöhen, während eine Minderheit Glarner den bundesrätlichen Vorschlag bevorzugte. Mit 117 zu 78 Stimmen und 127 zu 68 Stimmen setzte sich die Kommissionsmehrheit diesbezüglich durch. Mehr Geld forderte eine weitere Minderheit Porchet auch für Suissculture (CHF 50 Mio.), was der Nationalrat jedoch ablehnte. Minderheits- und Einzelanträge Rytz (gp, BE), Roduit (cvp, VS) und Paganini (cvp, SG) forderten überdies eine Unterstützung des Bundesrates im Eventbereich (Rytz), in der Reisebranche (Roduit) sowie allgemein für von den Folgen von Covid-19 besonders stark betroffene Unternehmen in verschiedenen, abschliessend aufgelisteten Branchen (Paganini). Nachdem Rytz und Roduit ihre Anträge zugunsten des Antrags Paganini zurückgezogen hatten, stimmte der Nationalrat Letzterem mit 192 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) überdeutlich zu und löste die nötige Ausgabenbremse. Auch die Fussball- und Eishockeyvereine sollten beruhend auf Einzelanträgen von Matthias Aebischer (sp, BE), Philipp-Matthias Bregy (cvp, VS), Jürg Grossen, Diana Gutjahr (svp, TG) und Christian Wasserfallen (fdp, BE) mit zinslosen Darlehen unterstützt werden, welche in zehn Jahren zurückgezahlt werden müssen (135 zu 34 Stimmen bei 19 Enthaltungen). Dazu müssten die Vereine Sicherheiten im Umfang von 25 Prozent vorlegen, dafür wären Rangrücktritte durch den Bund – also eine Einwilligung des Bundes, dass seine Forderungen im Falle einer Insolvenz letzte Priorität hätten – möglich. Nicht erfolgreich waren hingegen Minderheitsanträge von Barbara Gysi für einen Einbezug der Dachverbände im Kulturbereich bei der Erarbeitung der entsprechenden Beitragskriterien (112 zu 83 Stimmen bei 1 Enthaltung) sowie von Léonore Porchet für eine Ausfallversicherung für Veranstaltungen im Stile von Versicherungen gegen Nuklear- oder Elementarschäden (124 zu 68 Stimmen bei 2 Enthaltungen).

Bezüglich der Massnahmen im Bereich der Grundversorgung bestanden zwar weniger Minderheits- oder Einzelanträge, dennoch nahm dieser Bereich gemäss zahlreichen Sprechenden in der öffentlichen Kritik am Covid-19-Gesetz eine wichtige Rolle ein. So wollte der Bundesrat die Gesundheitsbranche verpflichten können, den Bestand an Heilmitteln und Gütern der Gesundheitsversorgung zu melden, und verlangte verschiedene Ausnahmekompetenzen zur Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung. Dabei standen gemäss Regierung vor allem die Bewilligungspflicht für Tätigkeiten und Medikamente im Mittelpunkt. Die Kritikerinnen und Kritiker – vor allem ausserhalb des Parlaments – werteten dies aber als Möglichkeit, einen Impfzwang einzuführen. Entsprechend häufig verwiesen auch verschiedene Sprechende während der Debatte darauf, dass es hier nicht um Impfungen gehe und dass beruhend auf dem Covid-19-Gesetz auch kein Impfzwang eingeführt werden könne. Doch auch Mitglieder des Parlaments zeigten sich kritisch gegenüber der Möglichkeit, dass Arzneimittel unter Umgehung eines Teils der bisherigen Bedingungen zugelassen werden könnten. Eine Minderheit Weichelt-Picard forderte entsprechend, dass die Arzneimittel, deren Zulassungsverfahren angepasst werden könnten, im Gesetz ausdrücklich aufgezählt würden. Ein Einzelantrag Gafner (edu, BE) wollte die Ausnahme bei der Zulassungspflicht gar ganz aus dem Gesetz streichen. Dem entgegnete Kommissionssprecher Nantermod, dass schnelles Handeln bei der Medikamentenzulassung zentral sei, damit man Patientinnen und Patienten nicht hoffnungsvolle, wirksame Therapien vorenthalten müsse. Mit 153 zu 33 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und 140 zu 48 Stimmen lehnte der Nationalrat sowohl den Minderheitsantrag als auch den Einzelantrag Gafner ab. Manuela Weichelt-Picard beantragte des Weiteren, dass der Bundesrat wichtige medizinische Güter, die er zuvor beschafft hatte, lagern solle und dass er die Kostenübernahme für Covid-Analysen regeln müsse, nicht könne, wie der Bundesrat in seinem Entwurf vorgeschlagen hatte. Auch diese Minderheitsanträge waren nicht von Erfolg gekrönt: Mit 126 zu 69 Stimmen sprach sich die grosse Kammer dagegen aus, dass der Bundesrat die dringenden medizinischen Güter selber lagere, und blieb mit 127 zu 68 Stimmen bei der Kann-Formulierung zur Übernahme der Covid-Analyse-Kosten.

Keine Änderungen nahm der Nationalrat am bundesrätlichen Vorschlag zum Medienbereich vor, wo Grundlagen geschaffen werden sollten, mit denen die Kosten der Tageszustellung der Regional- und Lokalpresse bis zum Inkrafttreten des Massnahmenpakets zur Förderung der Medien vollständig übernommen werden und sich der Bund an den Kosten der Tageszustellung der überregionalen- und nationalen Presse mit 27 Rappen pro Exemplar beteiligen könnte. Dies war insbesondere aufgrund eines Einbruchs der Werbeeinnahmen bei den Printmedien nötig geworden und von zwei Motionen der KVF-NR und KVF-SR (Mo. 20.3145 und Mo. 20.3154) verlangt worden. Überdies sollte ein Teil der Abonnementskosten von Keystone-SDA durch den nicht verwendeten Betrag der Radio- und Fernsehabgabe bezahlt werden. Als Voraussetzung für die Unterstützung sollten sich die Unternehmen jedoch verpflichten, während des aktuellen Geschäftsjahrs keine Dividenden auszuschütten. Während eine Minderheit Glarner die Massnahmen im Medienbereich vollständig ablehnte, um die Medienfreiheit und -unabhängigkeit zu wahren, wie Thomas de Courten erklärte, wollte eine Minderheit Aeschi nicht nur abonnierte, sondern auch nicht abonnierte Zeitungen, also die Gratiszeitungen, unterstützen. Es gebe auch viele Gratiszeitungen mit guter Qualität, argumentierte Aeschi. Beide Anträge lehnte der Nationalrat ab (Antrag Glarner: 124 zu 69 Stimmen bei 3 Enthaltungen, Antrag Aeschi: 116 zu 77 Stimmen bei 3 Enthaltungen). Auch einer Ausdehnung der Unterstützung bei den Abonnementskosten auf Onlinemedien, wie sie eine Minderheit Porchet vorschlug, konnte der Rat nichts abgewinnen (127 zu 67 Stimmen).

Nur eine Anpassung der deutschsprachigen an die französischsprachige Version nahm der Nationalrat bei den justiziellen und verfahrensrechtlichen Massnahmen vor. Hier beantragte der Bundesrat, im Justizbereich Fristen oder Termine stillzulegen oder wiederherzustellen, technische Hilfsmittel in Verfahren zu erlauben und andere Formen von Eingaben und Entscheiden zu ermöglichen. Mit seinem Einzelantrag wollte Jean-Philippe Maître (fdp, GE) dabei sicherstellen, dass die behördlichen, nicht nur die gesetzlichen Fristen und Termine auch in der deutschsprachigen Version verändert werden könnten (141 zu 49 bei 2 Enthaltungen).

Keine Änderungen oder Änderungsanträge gab es bei den Massnahmen im Bereich von Versammlungen von Gesellschaften, wo der Bundesrat die Möglichkeiten der schriftlichen oder elektronischen Form bei der Ausübung der Rechte sowie durch unabhängige Stimmrechtsvertretende ausdrücklich festhielt.

Bei den insolvenzrechtlichen Massnahmen schlug die SGK-NR eine Ergänzung vor: So soll der Bundesrat die Haftung für Zollschulden durch die die Zollanmeldung ausstellenden Personen aufgrund von Konkursen von Empfängerinnen und Importeuren wegen Corona-Massnahmen aussetzen können. Mit 191 zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen nahm der Nationalrat die entsprechende Bestimmung an.

Eine Änderung fügte der Rat schliesslich auch bei den Strafbestimmungen an, bei denen der Bundesrat bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Zuwiederhandlung Ordnungsbussen bis CHF 300 einführen können wollte: Die grosse Kammer entschied sich hier stillschweigend, nur bei vorsätzlichen Zuwiederhandlungen Bussen zu ermöglichen.

Zwei Minderheitsanträge für Änderungen in anderen Gesetzen lehnte der Nationalrat hingegen ab: So forderte Andreas Glarner einen Verzicht auf das frühzeitige Inkrafttreten der Regelung, wonach Personen, welche ab dem Alter von 58 Jahren entlassen werden, bei ihrer Pensionskassen verbleiben können (Minderheit Glarner: 139 zu 55 Stimmen), und Katharina Prelicz-Huber wollte die soziale Abfederung von Massenentlassungen strenger regeln (Minderheit Prelicz-Huber: 127 zu 67 Stimmen bei 1 Enthaltung).

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat seinen Entwurf mit 144 zu 35 Stimmen (bei 16 Enthaltungen) an. Sowohl die Gegenstimmen als auch die Enthaltungen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Ganz abgeschlossen war die Debatte damit aber noch nicht, am Folgetag brachte Thomas Aeschi einen Ordnungsantrag ein, in dem er forderte, dass anstelle des Bundeskanzlers ein Bundesrat das Geschäft in der nächsten Sitzung vertreten solle und dass auf eine Blockbildung in der Beratung verzichtet wird. Mit 100 zu 89 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) stimmte der Nationalrat ersterer Forderung zu, lehnte letztere aber mit 103 zu 85 Stimmen ab.

Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid 19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; BRG 20.058)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Eine erneute Diskussion über die Offenlegung aller Interessenbindungen von Parlamentsmitgliedern erachte die Mehrheit der SPK-NR als nicht nötig, habe man doch erst vor zwei Jahren verschiedene Anpassungen am Parlamentsgesetz vorgenommen und dort auch die Offenlegungspflichten geregelt, fasste Mathias Jauslin (fdp, AG) die Position der Kommission in der Herbstsession 2020 zusammen. Die Forderungen der parlamentarischen Initiative Reynard (sp, VS) seien dort zumindest teilweise schon erfüllt worden: die Auflistung der beruflichen Tätigkeit mit Funktion und Arbeitgeber, die Deklaration von Beratungs- und Expertentätigkeiten für den Bund und für Interessengruppen, die Nennung von Tätigkeiten im Bereich von Führungs- und Aufsichtsaufgaben, die Offenlegung der Mitwirkung in Kommissionen und Organen des Bundes sowie die Angabe, ob eine Tätigkeit bezahlt oder ehrenamtlich ist. Eine Offenlegung der Finanzen, wie sie der Vorstoss Reynard jetzt verlange, sei schon damals nicht mehrheitsfähig gewesen. Das Milizsystem würde mit solchen Forderungen «torpediert». Nur in einem Berufsparlament, das vollständig staatlich finanziert sei, sei es sinnvoll, «jeden zusätzlich verdienten Franken zu deklarieren». Der Europarat könne zudem nicht als Vorbild dienen – Reynard hatte in der Begründung seines Vorstosses sowie in seinem Plädoyer darauf verwiesen, dass diejenigen Parlamentsmitglieder, die gleichzeitig Mitglied des Europarats sind, die von seiner Initiative vorgesehenen Regeln bereits umsetzen würden –, seien doch dort «massive Korruptionsfälle» Auslöser für die strengen Offenlegungspflichten gewesen. In der Schweiz funktionierten die geltenden Regelungen gut und das System der Freiwilligkeit genüge – so Jauslin abschliessend. Die Bitte von Ada Marra (sp, VD), die die Kommissionsminderheit vertrat und darauf hinwies, dass Mathias Reynard am heutigen Tag Geburtstag habe und man ihm mit der Annahme der Initiative ein Geschenk machen könne, verhallte bei der Mehrheit der Volksvertreterinnen und -vertreter ungehört. Mit 113 zu 67 Stimmen (9 Enthaltungen) wurde das Anliegen versenkt. Nur die SP- und die GP-Fraktion, unterstützt von Lukas Reimann (svp, SG) und Yvette Estermann (svp, LU), hätten sich mehr Transparenz im Sinne der Vorlage gewünscht.

Interessenbindungen offenlegen (Pa.Iv. 18.476)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Lukas Reimann (svp, SG) reichte im Mai 2020 ein Postulat ein, um die Auslandsabhängigkeit der Schweiz zu vermindern, damit diese souveräner und krisenresistenter werde. Er forderte vom Bundesrat einen Bericht über den «Stand der Ausland-Abhängigkeit» der Schweiz und mögliche Massnahmen zur Verminderung ebenjener. Laut Reimann habe die Covid-19-Pandemie aufgezeigt, wie abhängig man von ausländischen Lieferketten sei, weshalb viele Unternehmen nun auf lokale Lösungen umstellen wollten. Dieses Umdenken müsse auch beim Bund stattfinden, so der SVP-Nationalrat. Die zu prüfenden Bereiche umfassen: die Nahrungsmittelversorgung; die Strom- und Wasserversorgung; unabhängige Daten und Kommunikationsnetze; die Unabhängigkeit von Währung und Nationalbank; die Abhängigkeit von Primärrohstoffen; die Gesundheitsversorgung und Medikamentenproduktion; Grenzkontrollen und Abhängigkeit von Zuwanderung; sowie weitere Bereiche in denen der Bundesrat Abhängigkeitsverhältnisse feststelle.
In seiner Stellungnahme im August 2020 zeigte sich der Bundesrat bereit, die Bedeutung der internationalen Vernetzung für die Versorgungssicherheit zu analysieren. Für die Schweiz sei es als kleine Binnenwirtschaft aber weder möglich, noch erstrebenswert, sich in allen Bereichen autark zu versorgen. Der Bundesrat beantragte nichtsdestotrotz die Annahme des Postulats.

Auslandsabhängigkeit vermindern, souveräner und krisenresistenter werden (Po. 20.3433)

Der SGB und der Arbeitnehmerdachverband Travail.Suisse und damit einhergehend auch die grossen Gewerkschaften Unia, Syna und VPOD fassten im Februar 2020 die Nein-Parole zur Begrenzungsinitiative, wie der SGB per Medienmitteilung kommunizierte.
Die Initiative wolle den Lohnschutz aufweichen, die Arbeitsbedingungen verschlechtern und die Schweiz isolieren, so die Hauptargumente der ablehnenden Arbeitnehmerverbände. VPOD-Präsidentin Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) betonte zudem, für migrantische Arbeitskräfte drohe sich bei einer Annahme der Initiative die arbeitsrechtliche Situation besonders zu verschlechtern, da deren Rechte mit der Initiative geschwächt und sie so leichter ausgebeutet werden könnten.
Die Gewerkschaften kündigten mit der Parolenfassung ebenfalls eine grossangelegte Gegenkampagne an, die sodann in den Medien thematisiert wurde. Wie die Initiativgegnerinnen und -gegner bekannt gaben, planten sie, eine Abstimmungszeitung in jeden Schweizer Haushalt verschicken zu wollen. Damit würden die Gewerkschaften auf ein «bevorzugtes Kampagneninstrument der SVP» setzen, konstatierte der Tages-Anzeiger und titelte: «Gewerkschaften greifen SVP mit deren eigenen Mitteln an».
Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die ursprünglich für Mai vorgesehene Abstimmung auf September verschoben, weshalb auch die Kampagne unterbrochen wurde. Im Juni gab der SGB schliesslich bekannt, die Kampagne gegen die Begrenzungsinitiative fortzuführen.

Gewerkschaften sagen Nein zu Begrenzungsinitiative

In der Sommersession 2020 gelang dem Parlament, was eigentlich für die Frühjahrssession geplant, aufgrund des Corona-bedingten Abbruchs jedoch nicht mehr möglich gewesen war: Es verabschiedete die Überbrückungsleistungen (ÜL) für ältere Arbeitslose.
In der letzten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens machte der Nationalrat erneut einen Kompromissvorschlag: Die Behinderungs- und Krankheitskosten sollten entsprechend der Absicht des Ständerates separat vergütet, aber in den Plafond integriert werden. Im Gegenzug sollte der Plafond gemäss Absicht des Nationalrats bei Einzelpersonen und Mehrpersonenhaushalten das 2.25-fache des allgemeinen Lebensbedarfs gemäss Ergänzungsleistungen decken. Eine Minderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) wollte weiterhin auf die separate Vergütung der Krankheitskosten verzichten, fand jedoch bei 160 zu 28 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) ausserhalb der Grünen Fraktion nur eine zusätzliche Stimme.

Die Einigungskonferenz zeigte sich mit dem Kompromissvorschlag des Nationalrats bei 18 zu 8 Stimmen mehrheitlich einverstanden. In der Ständeratsdebatte präsentierte Josef Dittli (fdp, UR) dem Rat noch ein letztes Mal die aktuellsten Zahlen: Der Plafond liege somit bei einer Einzelperson bei CHF 44'000 (anstelle der CHF 39'000, die der Ständerat vorgesehen hatte), insgesamt ergebe das Mehrkosten von CHF 1.6 Mio., mit denen jedoch der Anteil Personen, die ihren Lebensunterhalt trotz ÜL nicht decken könnten, von 16 Prozent bei der ständerätlichen Version auf 3 Prozent gesenkt werden könne. Damit rechne man mit jährlich CHF 150 Mio. bei 3'400 Bezügerinnen und Bezügern im Vergleich zu CHF 230 Mio. bei 4'600 Beziehenden, von denen der Bundesrat ausgegangen war. Alex Kuprecht (svp, SZ) vertrat in der Folge seine Minderheit auf Abschreibung der Vorlage: Er habe bereits zu Beginn der Debatte zu den ÜL darauf hingewiesen, dass die Zahlen zur Anzahl Bezügerinnen und Bezüger bei einer Rezession schnell sehr stark ansteigen könnten – dieses Szenario sei nun sehr viel schneller und sehr viel gravierender eingetreten als erwartet. Aufgrund der riesigen Neuverschuldung und des Steuereinbruchs wegen der Corona-Krise solle man nun bei neuen gebundenen Ausgaben zurückhaltend sein, zumal die Zahl der Bezügerinnen und Bezüger nun «ein Mehrfaches betragen» würde; er rechne mit jährlich CHF 500 Mio. bis CHF 1 Mrd. und zwischen 10'000 und 15'000 Bezügerinnen und Bezügern. Kuprecht und weitere Kritiker des neuen Gesetzes schöpften in ihrer Kritik noch einmal aus dem Vollen: Die Vorlage missachte das Subsidiaritäts- und das Föderalismusprinzip, sei eine zu grosse finanzielle Belastung für den Bund, zumal alle anderen Sozialwerke auch nicht gesichert seien, stelle eine Verschiebung der Verantwortung von den Sozialpartnern zum Bund dar, sei der falsche Ansatz, weil ältere Leute Arbeit, nicht Geld wollten, sowie ein bedenkliches Signal an die Arbeitswelt und an die Über-50-Jährigen. Abschliessend warb Gesundheitsminister Berset noch einmal für die Vorlage: Er pflichtete bei, dass die Situation nach Corona nun eine andere sei, betonte jedoch, dass dies nicht gegen die Vorlage spreche. So seien die gute wirtschaftliche Lage der Schweiz sowie ihre Handlungsfähigkeit in Krisenzeiten auf das Gleichgewicht zwischen einem offenen, wettbewerbsfähigen Arbeitsmarkt und einem soliden Sozialsystem zurückzuführen. Entsprechend solle man nun, nachdem man sich mit Milliarden für die Wirtschaft engagiert habe, auch CHF 150 Mio. pro Jahr für diejenigen Personen mit der schwierigsten Situation auf dem Arbeitsmarkt einsetzen. Mit 27 zu 16 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) nahm der Ständerat den Vorschlag der Einigungskonferenz an.

Ein letztes Mal versuche er nochmals, den Rat davon zu überzeugen, dass die ÜL zukünftig «verheerende Folgen» haben würden, betonte Thomas de Courten (svp, BL) in der Nationalratsdebatte zum Vorschlag der Einigungskonferenz. Man schaffe damit in schwierigen Zeiten – insbesondere auch für die übrigen Sozialwerke – ein neues Sozialwerk – und dies nur als Gegenargument zur Begrenzungsinitiative. Trotz dieser letzten mahnenden Worte entschied sich der Nationalrat mit 131 zu 57 Stimmen (bei 4 Enthaltungen), den Vorschlag der Einigungskonferenz anzunehmen. Die ablehnenden Stimmen stammten von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion sowie von je 2 Mitgliedern der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion. Ende Session stimmten schliesslich sowohl der Nationalrat (128 zu 64 Stimmen bei 6 Enthaltungen) als auch der Ständerat (27 zu 16 Stimmen bei 2 Enthaltungen) der Einführung von Überbrückungsrenten für ältere Arbeitslose zu.

Überbrückungsleistung für ältere Arbeitslose (BRG 19.051)
Dossier: Ältere Arbeitnehmende

Le Conseil national a adopté sans débat et à l'unanimité une motion de Lukas Reimann, qui demandait une harmonisation des pratiques juridiques. En effet, jusqu'à présent un flou demeure quant à la juridiction cantonale compétente en matière de recours contre les décisions de placement à des fins d'assistance, les décisions d'APEA ou encore les décisions au sens de l'article 439 CC. Selon les cantons, cette compétence peut-être attachée au lieu où se trouve l'institution concernée, ou au lieu où exerce le ou la médecin qui a pris la décision. Le Conseil fédéral, si la motion est acceptée aux Etats également, devra se prononcer clairement sur cette juridiction.

Harmonisation des pratiques juridiques (Mo. 19.4586)

In der Sommersession 2020 debattierte der Nationalrat das von der SGK-NR geschaffene Paket 1a, das eine Hälfte des bundesrätlichen Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen beinhaltete. Die Grundsatzdebatte begann mit einem Nichteintretensantrag de Courten (svp, BL). Dass die Kosten im Gesundheitswesen mit dieser Vorlage gesenkt werden könnten, sei Wunschdenken, damit würden nur die vergangenen Fehler wiederholt, kritisierte der Minderheitensprecher den bundesrätlichen Vorschlag. Es brauche nicht mehr, sondern weniger Regulierung und Bürokratie. Das aktuelle Projekt solle gestoppt werden, um «den Weg für einen neuen Anlauf frei zu machen». Mit 139 zu 52 Stimmen – einzig die SVP sprach sich für Nichteintreten aus – lehnte der Rat diesen Antrag jedoch ab.
In der Folge lagen sowohl von Seiten der Kommissionsmehrheit als auch von linken und rechten Kommissionsminderheiten zahlreiche Änderungsanträge gegenüber der Version des Bundesrates vor.
Zuerst behandelte der Nationalrat das Thema der Rechnungsstellung und somit konkret die Frage, wer im Tiers payant den Versicherten die Rechnung zustellen muss. Einig war man sich, dass es wichtig sei, dass die Versicherten ihre Rechnungen kontrollieren könnten; bisher seien ihnen die Rechnungen nicht konsequent genug zugeschickt worden, war der Tenor. Der Bundesrat wollte die Zustellungspflicht bei den Leistungserbringenden belassen, die Pflicht aber neu mit Sanktionsmöglichkeiten im Gesetz festschreiben. Die Kommissionsmehrheit wollte diese Pflicht auf die Versicherungen übertragen, während zwei Minderheiten de Courten hier keinen Rechtsetzungsbedarf sahen respektive festhalten wollten, dass eine Übermittlung durch die Leistungserbringenden auch elektronisch erfolgen könne. Deutlich sprach sich die grosse Kammer für den Mehrheitsantrag der SGK-NR aus. Ebenfalls die Frage der Rechnungskontrolle betraf der Minderheitsantrag Wasserfallen (sp, BE), wonach eine vom Bund finanziell unterstützte Patientenschutzorganisation geschaffen werden sollte, welcher die Patientinnen und Patienten ihre Rechnungen zur Kontrolle vorlegen könnten. Zur Verdeutlichung der Notwendigkeit dieser Massnahme zählte Flavia Wasserfallen verschiedene Fälle auf, in denen Leistungen verrechnet wurden, die gar nie getätigt worden waren. Die Schaffung einer dritten Partei bei der Rechnungskontrolle sei jedoch aufwändig und kostspielig, lehnte Ruth Humbel (cvp, AG) den Vorschlag im Namen der Kommission ab. Dennoch entschied sich der Nationalrat mit 96 zu 92 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) für die Schaffung einer entsprechenden Patientenorganisation.
Die zweite grosse Frage betraf die Behandlungstarife. Mussten bisher nur Einzelleistungstarife auf einer gesamtschweizerisch vereinbarten einheitlichen Tarifstruktur beruhen, wollte der Bundesrat diese Anforderung auch auf ambulante Behandlungen ausdehnen, wobei er jedoch Ausnahmen vorsehen können wollte. Die Wirkung dieser Ausnahmen bezweifelte eine weitere Minderheit de Courten, deren Sprecher betonte, dass dadurch bestehende entsprechende Bestrebungen der Tarifpartner zur Suche von geeigneten Pauschalen nicht mehr fortgesetzt werden könnten. Mit 131 zu 58 Stimmen teilte die grosse Kammer die Sorge der Minderheit nicht und lehnte deren Antrag ab. Deutlich umstrittener war der Vorschlag des Bundesrates für eine Organisation zur Erarbeitung und Pflege der Tarifstruktur bei ambulanten ärztlichen Behandlungen, ähnlich wie die Swiss DRG im stationären Bereich. Der Bundesrat wollte die Verbände der Leistungserbringenden und Versicherungen bei Vorgaben zu Form, Betrieb und Finanzierung mit der Schaffung einer entsprechenden Organisation beauftragen und subsidiär selbst tätig werden, falls die Organisation nicht zustande käme oder nicht den gesetzlichen Grundlagen entspräche. Zudem sah er die Möglichkeit vor, die Schaffung einer Organisation auch von Verbänden zu anderen ambulanten Behandlungen – beispielsweise in der Chiropraktik oder der Physiotherapie – zu verlangen. Die Leistungserbringenden wären in der Folge verpflichtet, dieser Organisation unter Sanktionsandrohung die für den Betrieb nötigen Daten zu liefern; die Organisation müsste die Tarifstrukturen ihrerseits dem Bundesrat zur Genehmigung vorlegen. Zu diesem Konzept lagen zahlreiche Mehr- und Minderheitsanträge vor. Zum Beispiel sollten an der Schaffung der Organisation auch die Kantone beteiligt sein (Minderheit Prelicz-Huber; gp, ZH) respektive nicht die Verbände dafür zuständig sein, sondern wie bis anhin die Tarifpartner (Minderheit de Courten). Weiter wurden die Ausdehnung auf andere Bereiche, die Vorgaben zu Form, Betrieb und Finanzierung, die subsidiäre Kompetenz zur Schaffung der Organisation durch den Bundesrat sowie die Sanktionsmöglichkeiten von Kommissionsminderheiten bekämpft. Die Kommissionsmehrheit zeigte sich mit dem Vorschlag des Bundesrates mehrheitlich einverstanden, schlug aber vor, dass der Bundesrat erst eine Konsultation durchführe und seine Vorgaben bezüglich Form, Betrieb und Finanzierung der zu schaffenden Organisation erst anschliessend festsetze. Zudem sollten sowohl Leistungserbringende als auch Versicherungen zur Datenlieferung verpflichtet werden. Zwar setzte sich die bundesrätliche Version gegen sämtliche Minderheiten durch, zum Schluss folgte der Rat in letztgenannten Punkten jedoch deutlich der Kommissionsmehrheit.
Der dritte grosse Punkt betraf die Frage des Experimentierartikels: Dieser sollte inhaltlich, zeitlich und räumlich begrenzte Pilotprojekte mit Vorschlägen, die gegen einzelne Bestimmungen des KVG verstossen, ermöglichen und damit ein Testen alternativer Mechanismen zulassen. Der Bundesrat wollte diese Projekte auf bestimmte Bereiche beschränken, die Kommissionsmehrheit hingegen wollte einzig die Genehmigung des EDI voraussetzen. Verschiedene Minderheiten beabsichtigten, einzelne Anwendungsfelder zu streichen – beispielsweise Projekte zur Einschränkung der Arztwahl (Minderheit Gysi; sp, SG) – respektive neue Felder, wie Projekte zur Einholung von Zweitmeinungen (Minderheit Prelicz-Huber) zu erschliessen. Sie alle scheiterten an der Version des Bundesrates, die jedoch ihrerseits gegen die Kommissionsmehrheit mit 109 zu 88 Stimmen verlor. Somit wird der Anwendungsbereich des Experimentierartikels nicht eingeschränkt. Des Weiteren strich der Nationalrat auf Anraten der Mehrheit der SGK-NR die Verpflichtung der Versicherungen und Leistungserbringenden zur Teilnahme an solchen Projekten aus der bundesrätlichen Vorlage.
Mit 140 zu 48 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) nahm der Nationalrat die veränderte Vorlage in der Gesamtabstimmung an. Unzufrieden mit dem Projekt zeigten sich die SVP – sie lehnte das Bundesratsgeschäft mehrheitlich ab – sowie einzelne Mitglieder der SP und der Grünen, die sich der Stimme enthielten.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Auch Lukas Reimann (svp, SG) wollte mit einer parlamentarischen Initiative zur Stärkung der Krisenresistenz des Parlaments beitragen. Um in Zukunft Absagen oder Unterbrüche von Sessionen zu vermeiden – Reimann spielte auf den Covid-19-bedingten Abbruch der Frühlingsssession 2020 an – müsse das Parlamentsgesetz so revidiert werden, dass andere Tagungsorte als Bern und eine Teilnahme an Sessionen mittels zeitgleicher Bild- und Tonübertragung ermöglicht werden.
Die Sicherstellung einer beschlussfähigen Bundesversammlung war auch ein Anliegen der SPK-NR, die der Initiative Reimann wie auch einer ähnlichen Idee von Thomas Brunner (glp, SG; Pa.Iv. 20.423) einstimmig Folge gab.

Beschlussfähige Bundesversammlung sicherstellen (Pa. Iv. 20.479)
Dossier: Parlament in Krisensituationen

Es gebe Parlamentsmitglieder, «die lieber an einem Rettungspaket für sich selber arbeiten», statt das Land aus der Corona-Krise zu bringen, kritisierte der Sonntags-Blick Mitte April 2020. Stein des medialen Anstosses war die bei der Verwaltungsdelegation platzierte Forderung einzelner Parlamentarierinnen und Parlamentarier, trotz abgebrochener Frühlingssession und ausgefallener Kommissionssitzungen Taggelder auszubezahlen. Als «ziemlich dreiste Forderung» bezeichnete der Tages-Anzeiger diese Anfrage. Es sei eine «Frage des Charakters»: Politikerinnen und Politiker müssten sich vielmehr solidarisch zeigen und auf einen Teil ihres Lohnes verzichten – zugunsten von Menschen, die wirklich um ihre Existenz bangen müssten, so der Kommentar.
Ebendiese Forderung stellte dann Lukas Reimann (svp, SG) in der ausserordentlichen Session Anfang Mai 2020 in Form eines Ordnungsantrags. Konkret verlangte er vom Nationalrat, auf die Hälfte der Taggelder aus der anstehenden Sondersession zu verzichten, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Dies sei zudem eine Möglichkeit, wenigstens einen ganz kleinen Teil der in dieser Session beschlossenen Ausgaben einzusparen, und könne auch als Beweis der «Volksnähe des Parlaments» gedeutet werden. Mit 126 zu 49 Stimmen bei 13 Enthaltungen wurde der Ordnungsantrag abgelehnt. Die Zustimmung kam vorwiegend aus der SVP-Fraktion; Ja-Voten und Enthaltungen gab es aber auch in allen anderen Fraktionen.

Die Sonntags-Zeitung bezeichnete es als «erstaunlich, wer den Antrag alles abgelehnt hat». Zwar seien die Führungskräfte der SVP hinter dem Solidarbeitrag gestanden, zudem habe es bei der SP immerhin vier und bei den Grünen eine Ja-Stimmen gegeben, betonte die Zeitung. «Viele bekannte Politiker [...], selbst solche, die bei den Superreichen gerne eine Sondersteuer eintreiben möchten», hätten allerdings gegen die rund CHF 132'000 gestimmt, die mit Annahme des Ordnungsantrags eingespart worden wären. Selbst bei der SVP hätten einige Fraktionsmitglieder ein Nein eingelegt. Die meisten Nationalrätinnen und Nationalräte seien wohl der Meinung gewesen, dass sie mit «rund 70'000 Franken pro Jahr» nicht «übertrieben viel» verdienten, so die Sonntags-Zeitung. Vor der Abstimmung hatte Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (fdp, VD) überdies darauf hingewiesen, dass die Forderung von Lukas Reimann nicht als Ordnungsantrag hätte eingereicht werden dürfen, weil sie einen Gesetzestext tangiere. Es müsse also vielmehr eine parlamentarische Initiative eingereicht werden. Sie lud deshalb die Nationalrätinnen und Nationalräte ein, «à rejeter la motion d'ordre Reimann Lukas, car elle viole la loi». Natürlich sei es jedem Parlamentsmitglied trotzdem freigestellt, einen Teil der eigenen Taggelder zu spenden, schloss Moret. Ob und wer dies in der Folge getan hat, war freilich nicht mehr Gegenstand medialer Recherche.

Ordnungsantrag auf Verzicht auf Taggelder

Die Teilrevision des Enteignungsgesetzes ging in der Frühjahrssession 2020 in die Differenzbereinigung. Umstritten war dabei lediglich die Höhe der Entschädigung bei der Enteignung von landwirtschaftlichem Kulturland, wobei sich spezielle Parteikonstellationen zeigten. Während die Kommissionsmehrheit dem Kompromissvorschlag des Ständerates zustimmen wollte, der eine Erhöhung der Entschädigung um das Dreifache des Schätzpreises forderte, machte sich eine Minderheit I, bestehend aus SVP-Vertreterinnen und -Vertretern der Kommission, für eine Erhöhung auf das Sechsfache und somit für den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates stark. Damit wolle man erreichen, dass landwirtschaftliches Kulturland erhalten und somit nur sehr zurückhaltend enteignet werde, führte Minderheitssprecher Reimann (svp, SG) im Plenum aus. Das Argument des Kulturlandschutzes brachten ebenfalls die Mitte-Fraktion und die Fraktion der Grünen vor, die sich im Lichte der aktuellen Beratung jedoch kompromissbereit zeigten und beantragten, der Kommissionsmehrheit zu folgen (Faktor 3). Sie wehrten sich gegen das Argument, dass eine Entschädigung, die über den Schätzpreis hinaus gehe, verfassungswidrig sei und dass damit Gewinn erzielt würde. Beispielsweise brauche der Anbau von Reben oder Obstbäumen an einem anderen Ort Zeit und werfe nicht augenblicklich Ertrag ab; dies gäbe es bei der Entschädigung ebenfalls zu berücksichtigen, weswegen eine Erhöhung dieser notwendig sei, um Gerechtigkeit zu schaffen, führte etwa Nationalrat Bregy (cvp, VS) für die Mitte-Fraktion aus. Eine aus FDP-, GLP- und SP-Mitgliedern bestehende Minderheit II wollte dem Bundesrat folgen und dafür sorgen, dass die Entschädigung nicht über den geschätzten Wert hinaus geht (Faktor 1). Wie Bundesrätin Sommaruga wiesen sie darauf hin, dass eine höhere Entschädigung dem Verfassungsgrundsatz des Gewinnerzielungsverbots widerspreche, die Wahl eines gewissen Faktors willkürlich sei und es so zu ungleich hohen Entschädigungen komme, je nachdem, ob Kantone oder der Bund als Enteigner auftreten. Mit 47 zu 132 Stimmen bei 13 Enthaltungen fand die Minderheit I über die Reihen der SVP-Fraktion hinaus keine Unterstützung. In der Abstimmung zwischen dem Antrag der Kommissionsmehrheit und der Minderheit II unterlagen die Bundesrätin und die Minderheit II mit 75 zu 115 Stimmen bei 3 Enthaltungen, womit der Nationalrat diese Differenz zum Ständerat aus dem Weg räumte. In den meisten übrigen Punkten stimmte der Nationalrat dem Ständerat jeweils auf Anraten seiner Kommission diskussionslos zu. Das Geschäft ging zurück an den Ständerat, der sich noch mit einer verbleibenden Differenz zu befassen hat: Der Nationalrat bestärkte seine Ansicht, dass Mitglieder der Schätzungskommission nach Vollendung des 68. Altersjahres aus der Kommission ausscheiden sollen.

Totalrevision Enteignungsgesetz (BRG 18.057)

Den Europarat als Vorbild nehmen wollte Regula Rytz (gp, BE) mit ihrer parlamentarischen Initiative, mit der sie die Deklaration von Einkünften aus Mandaten bei Interessenorganisationen forderte. Die Offenlegung der Interessenbindungen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier sei noch immer mangelhaft geregelt, begründete die Bernerin in der Ratsdebatte, die nötig geworden war, weil die SPK-NR dem Anliegen mit 14 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung keine Folge geben wollte. Mängel gebe es einerseits hinsichtlich Kontrolle der Einträge ins Register der Interessenbindungen, die die Parlamentsmitglieder vornehmen müssen, so Rytz weiter. Es werde nicht überprüft, ob diese Einträge vollständig und richtig seien. Andererseits fehlten jegliche Angaben zu Einkünften, die mit diesen Mandaten erzielt würden. Diese Intransparenz werde immer wieder von internationalen Gremien wie der Greco oder Transparency International kritisiert. Es sei aber – so zeige eben das Beispiel Europarat – ganz einfach, hier Transparenz zu schaffen und diese Einnahmen offenzulegen.
Kommissionssprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) eröffnete sein im Namen der SPK-NR vorgetragenes Plädoyer gegen den Vorstoss damit, dass nichts dagegen spreche, dass Forderungen immer wieder neu gestellt würden. In der Tat waren in den vergangenen Jahren gleich zwei ähnliche parlamentarische Initiativen abgelehnt worden: Sowohl der Initiative Berberat (sp, NE; Pa.Iv. 15.438) als auch der Initiative Reynard (sp, VS; Pa.Iv. 18.476) war keine Folge gegeben worden. Allerdings müsse man im Falle wiederholter Vorstösse auch damit rechnen, dass die Gegenargumente die immer gleichen seien, setzte Pfister fort. Im Europarat habe man die Regelungen wegen gravierender Korruptionsfälle eingeführt. Dies sei ebensowenig auf die Schweiz übertragbar, wie die Kritik der Greco, die auf ein Berufs-, nicht aber auf ein Milizparlament passen würde. Wenn ein Parlamentsmandat nicht vollberuflich ausgeübt werde, mache die Offenlegung von Nebeneinkünften keinen Sinn, da ja damit keine Offenlegung der hauptberuflichen Tätigkeit einhergehe. Man müsse nun die Abstimmung zur Transparenzinitiative abwarten und schauen, wie die Bevölkerung zu mehr Offenlegung stehe. Je nachdem müssten dann die verschiedenen Vorstösse neu beurteilt werden, schloss Pfister.
Ohne weitere Diskussion folgte der Nationalrat mit 100 zu 80 Stimmen seiner Kommissionsmehrheit und gab auch dieser Initiative keine Folge. Die Befürworterinnen und Befürworter fanden sich in den Fraktionen der SP, der Grünen und dem Grossteil der GLP. Mit Lukas Reimann (svp, SG) und Barbara Steinemann (svp, ZH) fand das Anliegen für mehr Transparenz auch Unterstützung bei zwei SVP-Ratsmitgliedern.

Europarat als Vorbild. Deklaration von Einkünften aus Mandaten (Pa. Iv. 19.473)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus