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  • Burkart, Thierry (fdp/plr, AG) SR/CE
  • Storni, Bruno (sp/ps, TI) NR/CN

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Das ARE präsentierte im Dezember 2021 die Gesamtsicht zum Langsamverkehr in Erfüllung der Postulate Burkart (fdp, AG; Po. 18.4291) und Candinas (mitte, GR; Po. 15.4038). In diesem Bericht wurde analysiert, wie eine optimale Nutzung der Verkehrsflächen sichergestellt und wie das Nebeneinander der verschiedenen Verkehrsteilnehmenden des Langsamverkehrs (bspw. Fussgänger, Velo- und E-Bikefahrende) verbessert werden kann. Der Bundesrat kam im Bericht zum Schluss, dass er sich bei den weiteren Arbeiten auf dem Gebiet des Langsamverkehrs an den Zielen der Nachhaltigkeit und der Verkehrssicherheit orientieren wolle. Zudem beabsichtigte er, einfachere und nachvollziehbare Regelungen für die Nutzung der Verkehrsflächen zu schaffen. Demnach soll das Trottoir Personen, die zu Fuss unterwegs sind, sowie kleineren Fahrzeugen, die ohne elektrischen Antrieb ausgestattet sind, vorbehalten bleiben. Veloverkehrsflächen hingegen sollen für Fahrräder, E-Bikes sowie rein elektrisch angetriebene Kleinfahrzeuge zugelassen sein, wobei schnelle E-Bikes neu auch auf der Strasse verkehren dürfen. Zudem sollte die Verwendung von grösseren Elektrofahrzeugen (bis zu einem maximalen Gewicht von 450kg) erleichtert werden: Diese Fahrzeuge sollen neu auch auf den Veloverkehrsflächen unterwegs sein dürfen, wenn sie nicht schneller als 25km/h fahren. Ergänzend wurde das UVEK damit beauftragt, eine entsprechende Revision des Strassenverkehrsrechts zu erarbeiten.

Gesamtsicht Langsamverkehr

In der Wintersession 2021 beschäftigte sich der Ständerat mit vier gleichlautenden Motionen, welche einen Massnahmenplan forderten, um den Anteil des öffentlichen Verkehrs am Gesamtverkehr zu steigern. Stefan Engler (mitte, GR) erläuterte für die KVF-SR, dass die Motionen dazu beitragen könnten, die Treibhausgase im Verkehrsbereich weiter zu senken. Daher beantrage die Kommissionsmehrheit ihre Annahme. Die Minderheitssprecher Hans Wicki (fdp, NW) und Thierry Burkart (fdp, AG) plädierten hingegen für die Ablehnung der Motionen. Wicki argumentierte, dass es wenig sinnvoll sei, die Verwaltung Massnahmen ausarbeiten zu lassen, für deren Realisierung keine ausreichenden Mittel zur Verfügung stünden. Burkart wiederum vertrat die Ansicht, dass diese Motionen einem veralteten Schiene-gegen-Strasse-Denken folgten. Dabei sei doch mittlerweile klar, dass es beide Verkehrsträger brauche, zumal die Dekarbonisierung auch bei den Autos und den Lastwagen auf dem Vormarsch sei. Mit diesen Vorstössen würde zudem zwischen öffentlichem und privatem Verkehr unterschieden, «obwohl beide teilweise mit genau denselben Fahrzeugen verkehren», so Burkart. Bundesrätin Sommaruga sprach sich für Annahme der Motionen aus, räumte aber an die Minderheit gerichtet ein, dass eine Annahme nicht bedeute, dass nur noch für den öffentlichen Verkehr gearbeitet würde. So werde es beispielsweise beim geplanten Nachfolgegesetz für das an der Urne abgelehnte CO2-Gesetz auch massgeblich um den Ausbau der Infrastruktur für die Elektromobilität gehen. Nach diesen Voten nahm der Ständerat die Motionen mit 24 zu 15 Stimmen an.

Massnahmenplan zur Steigerung des Anteils des öffentlichen Verkehrs am Gesamtverkehr (Mo. 19.4443; Mo. 19.4444; Mo. 194445; Mo. 194446)

Der Ständerat beugte sich in der Wintersession 2021 über die Revision des CO2-Gesetzes in Umsetzung der parlamentarischen Initiative für eine «Verlängerung des Reduktionsziels im geltenden CO2-Gesetz». Wie bereits der Nationalrat war sich auch die vorberatende UREK-SR einig, dass das Gesetz nicht mit Verschärfungen oder Erleichterungen modifiziert werden sollte, sondern lediglich die wichtigsten Massnahmen des geltenden CO2-Gesetzes bis 2024 verlängert werden sollten, wie Kommissionssprecher Schmid (fdp, GR) erläuterte. Die UREK-SR wollte denn auch nur eine einzige Differenz zum Nationalrat schaffen: Der durch einen Einzelantrag Regazzi (mitte, TI) eingebrachte Zusatz in Artikel 49b sollte gestrichen werden. Mit diesem Zusatz hatte der Nationalrat festgelegt, dass die Vereinbarungen zur CO2-Reduktion durch die Wirtschaft (so genannte Zielvereinbarungen) bis mindestens 2024 mit Hilfe derselben Organisationen, die diese Aufgabe auch bislang wahrgenommen haben, zu erarbeiten und umzusetzen seien. Schmid erläuterte, dass dieser Zusatz in Konflikt mit den WTO-Regeln geraten könnte, woraufhin die kleine Kammer dem Vorschlag der Kommission auf Streichung folgte. Der Ständerat schuf indes noch eine zweite Differenz zum Nationalrat, indem er einem Einzelantrag Wicki (fdp, NW) zustimmte. Wicki hatte vorgeschlagen, die in Erfüllung der parlamentarischen Initiative Burkart (fdp, AG; Pa.Iv. 17.405) gewährten Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe ebenfalls bis Ende 2024 fortzuführen.
Vier Tage später schloss sich der Nationalrat in beiden Punkten dem Ständerat an, wodurch das Geschäft noch in der Wintersession bereinigt werden konnte. In den Schlussabstimmungen stimmte der Nationalrat der Vorlage mit 142 zu 46 Stimmen bei 5 Enthaltungen zu; die ablehnenden Stimmen stammten allesamt aus der SVP-Fraktion. Der Ständerat nahm das Geschäft einstimmig mit 41 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen an.

Verlängerung des Reduktionszieles im geltenden CO2-Gesetz (Pa. Iv. 21.477)
Dossier: Wie geht es nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes an der Urne im Juni 2021 weiter?

Um international gleichwertige Bestimmungen zu schaffen und die Arbeitsbedingungen von Berufsfahrenden im internationalen Strassentransportwesen zu verbessern, nahm der Bundesrat im November 2021 Anpassungen bei den Arbeits-, Lenk- und Ruhezeiten für Chauffeusen und Chauffeure vor. Die entsprechende Änderung in der Chauffeurverordnung stellt beispielsweise sicher, dass wöchentliche Ruhezeiten von 45 Stunden nicht mehr im Lastwagen verbracht werden dürfen. Weiter müssen Chauffeurinnen und Chauffeure regelmässig an den Standort des Unternehmens oder ihren Wohnsitz zurückkehren können. Die Anpassungen erfolgten als Angleichung an EU-Recht (Teil des EU-Mobilitätspakets I) und setzte gleichzeitig das Anliegen einer überwiesenen Motion Storni (sp, TI; Mo. 20.3524) um. Die Anpassungen traten per Jahresbeginn 2022 in Kraft.

Umsetzung Mobilitätspaket I - Teil 1: Anpassungen bei den Arbeits-, Lenk- und Ruhezeiten für Chauffeusen und Chauffeure
Dossier: Umsetzung EU-Mobilitätspaket (1-3)

Ende Oktober 2021 gaben die Operation Libero und die Grünen bekannt, gemeinsam eine Volksinitiative zur Europapolitik lancieren zu wollen. Die Initiative solle dem Bundesrat vorgeben, wie die bilateralen Beziehungen der Schweiz mit der EU zu gestalten seien, liess die Operation Libero in ihrer Medienmitteilung verlauten. Grüne und Operation Libero hofften zu diesem Zeitpunkt, ihre Allianz noch erweitern zu können. Gegenüber der Sonntagszeitung äusserten Vertreterinnen und Vertreter der GLP, der SP und der Europäischen Bewegung zu Beginn ein gewisses Interesse, während die Präsidenten der Mitte und der FDP.Liberalen das Vorhaben bereits zu diesem Zeitpunkt klar ablehnten. FDP-Präsident Thierry Burkart (fdp, AG) bezeichnete dieses in der NZZ als «Operation Eigengoal», mit dem die Verhandlungsposition des Bundesrats geschwächt würde. Seine Partei setze sich zwar für den Erhalt der bilateralen Beziehungen ein, doch der Bundesrat müsse die Beziehungen zur EU ganzheitlich betrachten und die Verhandlungsmasse vergrössern, indem man beispielsweise weitere Abkommen verhandle.

Die Sonntagszeitung zitierte in ihrer Berichterstattung zur Initiativankündigung aus einem ihr vorliegenden Entwurf des Initiativtexts. Demnach sollte der Bundesrat dazu verpflichtet werden, für «eine gesicherte Beteiligung am Binnenmarkt und in weiteren Politikbereichen der EU» zu sorgen und zu diesem Zweck innert dreier Jahre nach Annahme der Initiative ein Projekt für ein Kooperationsabkommen mit der EU auszuhandeln, das die bestehenden bilateralen Verträge sichert und neue Abkommen ermöglicht. In welcher Form der Bundesrat diesen Auftrag erfüllt, wollten die Initiantinnen und Initianten der Regierung überlassen; denkbar seien etwa eine Art «Bilaterale III», ein neuer Anlauf für ein institutionelles Rahmenabkommen, ein neuartiges Kooperationsabkommen oder ein EU-Beitritt. Operation Libero begründete die Dringlichkeit des Anliegens mit den gravierenden Auswirkungen des gescheiterten Rahmenabkommens. Die eingeschränkte Beteiligung von Schweizer Universitäten an EU-Forschungsprojekten wie auch die drohende Energieknappheit seien Folgen der abgebrochenen Verhandlungen und würden den Wohlstand und die Lebensqualität der Schweizer Bevölkerung bedrohen, zitierte «LeTemps» die Bewegung. Man wolle der Zivilgesellschaft dazu verhelfen, an der politischen Debatte teilzunehmen und Einfluss auf das Rahmenabkommen ausüben zu können.

Im Frühjahr 2022 berichteten die Sonntagszeitung und die Aargauer Zeitung, dass die angekündigte Initiative stark ins Stocken geraten sei und die Präsentation des Initiativtexts verschoben werde. Mehrere anfangs noch interessierte Partner, darunter die GLP, die Europäische Bewegung und die SP, hätten sich unterdessen von der Initiative distanziert und zahlreiche Wirtschaftsverbände hätten dem Anliegen bereits bei dessen Ankündigung eine Abfuhr erteilt. Sanija Ameti, Co-Präsidentin der Operation Libero – gestand ein, dass man sich nach einem halben Jahr eine breite pro-europäische Allianz erhofft habe. Den möglichen Initiativ-Partnern warf sie vor, kein Interesse an einer langfristigen Europa-Strategie zu haben und sich vor den eidgenössischen Wahlen nicht mit konkreten Lösungsvorschlägen exponieren zu wollen. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (sp, AG) setzte sich gegen diesen Vorwurf zur Wehr. Das Initiativanliegen – einen neuen Anlauf für die Beziehungen zur EU zu lancieren – sei bereits erfüllt, denn seit Herbst 2021 habe sich diesbezüglich viel getan. Tatsächlich reiste Aussenminister Ignazio Cassis im November 2021 für einen Arbeitsbesuch nach Brüssel und im Januar 2022 präsentierte der Gesamtbundesrat die neue Stossrichtung für das Verhandlungspaket mit der EU. In der Frühjahrssession 2022 hatte der Nationalrat zudem einer parlamentarischen Initiative der APK-NR (Pa. Iv. 21.480) Folge gegeben, mithilfe derer ein Bundesgesetz für die Weiterführung und Erleichterung der Beziehungen mit der EU eingeführt werden soll. Und selbst ein Postulat, welches die Prüfung eines EWR-Beitritts verlangte (Po. 21.3678), wurde von Bundesrat und Nationalrat durchgewinkt. Diese positiven Signale hätten dafür gesorgt, dass das Parlament die weitere Arbeit des Bundesrats abwarten wolle. GLP-Präsident Jürg Grossen (glp, BE) merkte denn auch an, dass «das Instrument der Initiative und das Timing» nicht stimmten. Sanija Ameti wollte die Initiative indes noch nicht beerdigen, sondern deren Beratung weiterführen. Sofern der Ständerat die vom Nationalrat angenommene parlamentarische Initiative (Pa. Iv. 21.480) ebenfalls annehme, könne man jedoch darüber nachdenken, ob es die Volksinitiative noch brauche.

Volksinitiative zur Europapolitik der Operation Libero und der Grünen

In Erfüllung eines Postulats Storni (sp, TI) präsentierte der Bundesrat im Oktober 2021 einen Bericht zum Sonnenenergiepotenzial bei Lärmschutzwänden entlang von Autobahnen und Bahnlinien. Der Bundesrat unterschied im Bericht zwischen dem technischen, dem technisch-nutzbaren und dem nutzbaren Potenzial bei Lärmschutzwänden, wobei das letztere die kleinste Zahl auswies. Nutzbar wären demnach Flächen zur Erzeugung von rund 101 GWh Strom pro Jahr (55 GWh entlang der Nationalstrassen und 46 GWh entlang von Bahnstrecken). Im Vergleich zum vom Bund berechneten gesamten Potenzial von Fotovoltaikanlagen in der Schweiz (67 TWh) entspräche dies in etwa einem Anteil von 0.15 Prozent. Demgegenüber wies die Studie ein jährliches technisches Potenzial von 438 GWh aus. Wie der Bundesrat erklärte, gebe es verschiedenste Faktoren, die dieses auf den ersten Blick scheinbar grosse, technische Potenzial beeinträchtigen würden: So seien erstens aus Sicherheits- und Betriebsgründen gewisse Flächen nicht für die Errichtung von Modulen geeignet. Es müssten beispielsweise Abstände zwischen Hochspannungsleitungen bei Bahnanlagen und den Sonnenkollektoren eingehalten werden. Zweitens bewirkten die glatten Oberflächen der Sonnenmodule, dass die Lärm absorbierende Funktion der Schutzwände beeinträchtigt würde. Drittens bestimmten die Lokalität und die Beschattung die wirtschaftliche Nutzung der Module. Hinzu komme, dass die Kosten für die Erstellung solcher Anlagen im Vergleich zu jenen auf Dächern aufgrund zusätzlicher Verfahren, notwendiger Studien und zusätzlicher Anschlussinvestitionen prinzipiell höher ausfielen. Die Schätzungen basierten auf einer im Auftrag des ASTRA zwischen November 2020 und März 2021 durchgeführten Studie.

Lärmschutzwände entlang von Autobahnen und Bahnlinien. Studie über ihr Potenzial für die Produktion von Sonnenenergie (Po. 20.3616)
Dossier: Das Potenzial von Sonnenenergie nutzen
Dossier: Erschliessung des Solarpotenzials von Eigentum des Bundes

Die grosse Kammer beugte sich in der Herbstsession 2021 über den Verpflichtungskredit für die Abgeltung von Leistungen des regionalen Personenverkehrs für die Jahre 2022–2025, für welchen der Bundesrat CHF 4.35 Mrd. veranschlagt hatte. Die KVF-NR hatte das Geschäft zuvor an zwei Sitzungen vorberaten, wonach Eintreten im Rat unbestritten war. Die Kommissionsmehrheit wollte die Vorlage des Bundesrates aber um einen Artikel ergänzen, der den Bundesrat dazu auffordert, im Jahr 2023 zu Handen der beiden Kommissionen und der Kantone darzulegen, ob aufgrund der Corona-Krise eine Finanzierungslücke besteht. Falls sich eine solche zeige, solle der Bundesrat einen Zusatzkredit zum Verpflichtungskredit 2022-2025 beantragen. Dem gegenüber stand ein Minderheitsantrag Tuena (svp, ZH), welcher auf ebendiesen Artikel verzichten wollte, da der Bundesrat ohnehin jederzeit die Möglichkeit habe, einen Zusatzkredit vorzulegen. Zudem lagen zwei Minderheitsanträge aus der KVF-NR und ein weiterer Minderheitsantrag aus der FK-NR vor, welche die Vorlage ebenfalls beraten hatte. Ein zweiter Minderheitsantrag Tuena wollte die Höhe des Verpflichtungskredits um ca. CHF 250 Mio. kürzen; die Summe von CHF 4.1 Mrd. – dies entspricht der Höhe des Verpflichtungskredits für die Periode 2018-2021 – müsse in wirtschaftlich schwierigen Zeiten genügen. Der dritte Minderheitsantrag, der aus der Feder von Bruno Storni (sp, TI) stammte, wollte den Kredit hingegen auf CHF 4.44 Mrd. erhöhen. Dasselbe Ziel verfolgte auch der Minderheitsantrag Schneider Schüttel (sp, FR) aus den Reihen der FK-NR. Schneider Schüttel argumentierte, dass es eine Erhöhung erlaube, «auf die klimatischen Herausforderungen zu reagieren und vor allem – das ist für meine Minderheit besonders wichtig – die Massnahmen zur Dekarbonisierung des öffentlichen Verkehrs stärker zu unterstützen».
Der Nationalrat folgte der Mehrheit der KVF-NR in allen Punkten: Er fügte einen Artikel zu einem allfälligen Zusatzkredit ein und lehnte die Minderheitsanträge auf Kürzung oder Erhöhung des Kredits ab. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Vorlage deutlich mit 173 zu 3 Stimmen (4 Enthaltungen) an.

Regionaler Personenverkehr 2022-2025. Verpflichtungskredit (BRG 21.035)
Dossier: Covid-19 und Verkehr

Sowohl Ständerat als auch Nationalrat befassten sich in der Herbstsession 2021 je ein zweites Mal mit dem Bundesgesetz über den unterirdischen Gütertransport. Danach blieb noch eine Differenz zwischen den Räten bestehen. Diese betraf das Vorgehen bei Enteignungen. Während die Mehrheit des Nationalrats darauf pochte, dass eine Enteignung nur dann möglich sein solle, wenn keine Interessen des Bundes oder von bundesnahen Unternehmungen, insbesondere den SBB, tangiert werden, war der Ständerat mehrheitlich der Ansicht, dass ein solcher Passus im Gesetz nicht angebracht sei. Thierry Burkart (fdp, AG) illustrierte die Haltung des Ständerates in dieser Sache mit den folgenden Worten: «Einerseits kann eine solche Regelung natürlich dem Erfolg der Erstellung von Cargo sous terrain (CST) sehr abträglich sein, und andererseits würde man hier auch eine Privilegierung von einzelnen Wirtschaftssubjekten – bundesnahe Betriebe sind auch Wirtschaftssubjekte – vornehmen [...], was meines Erachtens nicht zulässig wäre.» Die beiden Räte werden in der Wintersession 2021 versuchen, diese letzte Differenz auszuräumen.

Bundesgesetz über den unterirdischen Gütertransport (BRG 20.081)

Bruno Storni (sp, TI) forderte mittels eines im März 2021 eingereichten Postulats eine Aktualisierung der Szenarien zur Entwicklung des alpenquerenden Güterverkehrs. Bei dieser Aktualisierung solle der «Neuen Seidenstrasse», den Transeuropäischen Verkehrskorridoren und weiteren aktuellen geopolitischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung getragen werden. Der Bundesrat zeigte sich bereit, die gewünschte Aktualisierung vorzunehmen und diese in den Verlagerungsbericht 2023 zu integrieren. Das Postulat gelangte in der Herbstsession 2021 in den Nationalrat. Bruno Storni ergänzte im Rat, dass der Güterverkehr derzeit lediglich 30 Prozent der für diesen Sektor reservierten Trassen (Nutzungsrechte auf dem Schienennetz) brauche. Mit diesen 30 Prozent würden schon an die 75 Prozent der Güter auf der Schiene transportiert. Daher solle auch überprüft werden, ob ein Teil der Trassen für den Personenverkehr zur Verfügung gestellt werden könnte. Benjamin Giezendanner (svp, AG), der das Postulat bekämpfte, kritisierte, dass ein Bericht über die Entwicklung in den nächsten 20 bis 30 Jahren nicht realisierbar sei, da immer wieder auch kurzfristig Ereignisse eintreten können, die signifikante Auswirkungen auf den alpenquerenden Güterverkehr haben. Wenn jetzt Trassen für den Personenverkehr abgegeben werden sollen, sei dies im Übrigen ein Eingeständnis, dass die NEAT «zu gross dimensioniert wurde». Dem entgegnete Verkehrsministerin Sommaruga, dass sie nicht davon ausgehe, dass der Gütertransport auf der Schiene langfristig abnehmen werde. Daher werde die Verlagerungspolitik vom Bundesrat wie bis anhin konsequent weiterverfolgt. Anschliessend stimmte die grosse Kammer dem Postulat mit 137 zu 47 Stimmen zu; lediglich die fast geschlossen stimmende SVP-Fraktion lehnte das Anliegen ab.

Aktualisierung der Szenarien betreffend die Entwicklung des alpenquerenden Güterverkehrs (Po. 21.3076)

Im August 2021 gründeten bürgerliche Exponentinnen und Exponenten unter der Bezeichnung «Allianz Sicherheit Schweiz» eine neue sicherheitspolitische Organisation. Die Allianz erhielt professionelle Strukturen und eine permanente Geschäftsstelle, was sie von ihrer Vorgänger-Organisation, dem «Verein für eine sichere Schweiz», unterscheidet. Die Gründerinnen und Gründer wollten die Allianz damit ausdrücklich auch als Gegengewicht zur GSoA positionieren. Der Bedarf nach einer solchen Organisation auf bürgerlicher Seite sei unter anderem dadurch deutlich geworden, dass in der Volksabstimmung vom September 2020 die vor allem von armeekritischer Seite bekämpfte Beschaffung neuer Kampfjets um ein Haar gescheitert wäre. Als eines ihrer Ziele formulierte die Allianz Sicherheit Schweiz denn auch, «eine jederzeit einsatzbereite und schlagkräftige Fach- und Kampagnenorganisation [bereitzustellen], die permanent und proaktiv die sicherheitspolitische Meinungsbildung im parlamentarischen Prozess und in der Öffentlichkeit prägt sowie Abstimmungskampagnen führt». Die Allianz wollte sich dabei nicht bloss auf Armeefragen beschränken, sondern die Verbindung von innerer und äusserer Sicherheit gesamtheitlich bearbeiten – also etwa auch Felder wie Wirtschaftsspionage, Cybersicherheit oder Versorgungssicherheit abdecken.
Gründungspräsident der Allianz wurde der Ständerat und designierte FDP-Präsident Thierry Burkart (fdp, AG), der bereits dem Vorgängerverein «für eine sichere Schweiz» vorgestanden hatte. Auch die Liste der weiteren Vorstandsmitglieder liest sich wie ein Who is Who aus bürgerlichen Parteien und wirtschaftlichen sowie sicherheitspolitischen Interessenvereinigungen. So gehören dem Vorstand aus der Politik auch die Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli (mitte, TG), der Tessiner Lega-Staatsrat Norman Gobbi (TI, lega), die FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro (fdp, VD) sowie der SVP-Nationalrat Franz Grüter svp, LU) an. Aus der Wirtschaft und armeenahen Verbänden sassen im Gründungsvorstand der Arbeitgeberverbands-Präsident Valentin Vogt, Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher, der Swissmem-Ressortleiter der Rüstungssparten Matthias Zoller, Markus Niederhauser vom Westschweizer Rüstungsindustrie-Verband Groupe romand pour le matériel de Défense et de Sécurité (GRPM), die Präsidentin der Waadtländer Industrie- und Handelskammer (CVCI) Aude Pugin, der Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft Stefan Holenstein, Paul Röthlisberger vom Schweizer Schiesssportverband und Max Rechsteiner von der Landeskonferenz der militärischen Dachverbände (LKMD). Offen war zunächst, inwieweit sich auch der Schweizerische Gewerbeverband beteiligen würde. Geschäftsführer wurde Marcel Schuler, der vorher als Kampagnenleiter für die FDP Schweiz gearbeitet hatte.

Allianz Sicherheit Schweiz gegründet

Das ASTRA veröffentlichte im Sommer 2021 Zahlen zum Verkehrsaufkommen im von der Corona-Pandemie geprägten Jahr 2020. Aufgrund der von den Behörden angeordneten Massnahmen (beispielsweise Homeoffice, Schliessung von Freizeitangeboten) gab es auf den Nationalstrassen deutlich weniger Verkehr und weniger Stau zu verzeichnen. Das Verkehrsaufkommen nahm im Vergleich zum Vorjahr um rund 18 Prozent ab; die Staustunden nahmen sogar um rund einen Drittel ab. Inzwischen haben der Verkehr und die Staustunden jedoch wieder das Niveau von 2019 erreicht.
Um den Verkehr wieder flüssiger zu gestalten, plant das ASTRA die Umsetzung verschiedener Massnahmen. So werde beispielsweise das Verkehrsmanagement bei den Ein- und Ausfahrten der Nationalstrassen mit einer Regelung der Geschwindigkeit und einer so genannten Rampendosierung – der Steuerung des Verkehrsflusses durch ein Ampelsystem – verbessert. Zudem solle auch die Schnittstellenproblematik (insbesondere die Staugefahr) zwischen den Nationalstrassen und dem nachgelagerten Strassennetz entschärft werden, wie der Bundesrat bereits im Bericht in Erfüllung eines Postulates Burkart (fdp, AG) angekündigt hatte.

Weniger Verkehr und weniger Stau wegen Corona
Dossier: Covid-19 und Verkehr

In der Sommersession 2021 befasste sich der Ständerat mit der Motion Seiler Graf (sp, ZH), welche den Stopp aller Kriegsmaterialexporte an die Jemen-Kriegsallianz forderte. Thierry Burkart (fdp, AG) – Sprecher der SiK-SR – beantragte im Namen der Kommission die Ablehnung der Motion. Man sei zwar besorgt über die humanitäre Krise in Jemen und über die Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien, da sich die Intervention der Jemen-Koalition aber auf eine Resolution des UNO-Sicherheitsrats stütze, sei diese völkerrechtlich legitimiert. Zudem liefere man nur defensive Waffensysteme an Saudi-Arabien. Auch sei das Parlament nicht für die Rechtsanwendung zuständig, weshalb eine Annahme der vorliegenden Motion das Prinzip der Gewaltenteilung verletzen würde, führte Burkart aus. Eine Minderheit Jositsch (sp, ZH) setzte sich hingegen für die Annahme der Motion ein. Der Minderheitssprecher erklärte, dass aufgrund der Situation in Saudi-Arabien und Jemen die Natur der Waffenlieferungen, ob offensiv oder defensiv, keine Rolle spiele. Zudem fordere die Motion zwar die Anwendung von Artikel 19 des Kriegsmaterialgesetzes, welche eigentlich dem Bundesrat vorbehalten sei, doch die Motion ermutige den Bundesrat ja nur, dies zu tun, und breche daher nicht mit der Gewaltenteilung. Der anwesende Bundesrat Guy Parmelin erinnerte daran, dass der Bundesrat die militärische Intervention in Jemen bereits 2016 bei seiner Beurteilung der saudischen Exportanträge berücksichtigt habe und aus seiner Sicht nach wie vor keine «aussergewöhnlichen Umstände» vorlägen, welche die Anwendung von Artikel 19 rechtfertigen würden. Parmelin forderte daher die Ablehnung der Motion, auch weil die Schweiz im internationalen Vergleich sehr restriktiv agiere. Während sich der Nationalrat noch über den Wunsch des Bundesrats hinweggesetzt hatte, tat dies der Ständerat nicht. Er lehnte die Motion mit 28 zu 14 Stimmen ab.

Stopp aller Kriegsmaterialexporte an die Jemen-Kriegsallianz

Die bessere Ausnutzung der Eisenbahnanlagen für den Gütertransport stand im Zentrum eines im März 2021 eingereichten Postulates von Charles Juillard (mitte, JU). Dieser verlangte einen Bericht über die Entwicklung des Schienengüterverkehrs und über Massnahmen zur stärkeren Verlagerung des Gütertransports. Juillard begründete seinen Vorstoss mit der Tatsache, dass in den letzten Jahren die Zahl der Bedienpunkte – die Stellen, an denen die Waren vom Lastwagen auf den Zug umgeladen werden – durch SBB Cargo stark reduziert worden sei. Daher seien manche kleineren Firmen in eher abgelegenen Regionen dazu übergegangen, ganz auf den Transport mit Lastwagen zu setzen. Dies wiederum führe dazu, dass die Rentabilität des Schienenverkehrs sinke und die Schliessung weiterer Bedienpunkte geprüft werde. Dieses Vorgehen und dessen Folgen stünden indes in Widerspruch zur Bekämpfung von Schadstoff-, Luft- und Lärmemissionen, die von den Lastwagen ausgingen. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulates. Er wollte dieses gegebenenfalls zusammen mit der bereits überwiesenen Motion Dittli (fdp, UR; Mo. 20.3222) umsetzen.
Die kleine Kammer behandelte das Geschäft in der Sommersession 2021. Im Plenum fasste Juillard noch einmal die wichtigsten Punkte seines Postulates zusammen, danach steckte Kommissionspräsident Engler (mitte, GR) den grösseren verkehrspolitischen Rahmen dieses Vorstosses ab: Die KVF-SR sei der Ansicht, dass die Verkehrsverlagerung im internationalen Güterverkehr bislang gut vorangekommen sei, beim Binnengüterverkehr sowie im Import- und Exportverkehr gebe es jedoch noch Luft nach oben. In diesem Bereich habe der offene Markt dazu geführt, dass die Güter nur noch dort auf die Schiene verlagert würden, wo es sich auch wirtschaftlich lohne. Er danke daher Ratskollege Juillard für das Postulat, welches im Übrigen durch ein neu eingereichtes Kommissionspostulat zur Zukunft des Güterverkehrs ergänzt werde. Nach diesen Voten liess es sich ASTAG-Präsident Burkart (fdp, AG) nicht nehmen, noch eine Lanze für den Gütertransport auf der Strasse respektive für die Kombination der verschiedenen Verkehrsträger zu brechen: «Alle Verkehrsträger haben ihre Vorteile, alle haben ihre Nachteile, aber zusammen bringen sie ein erfolgreiches Logistik- und Güterverkehrssystem in unserem Lande zustande, und das sollte man bitte schön auch einmal attestieren». Dem pflichtete auch Verkehrsministerin Sommaruga bei. Es brauche generell eine Auslegeordnung zum Binnengüterverkehr, sowohl betreffend den Bahngüterverkehr als auch betreffend die Kombination der Verkehrsmittel, daher werde der Bundesrat gerne den gewünschten Bericht erarbeiten. Anschliessend nahm der Ständerat das Postulat stillschweigend an.

Gütertransport. Warum nicht die bestehenden Eisenbahnanlagen besser nutzen? (Po. 21.3198)
Dossier: Verlagerung von der Strasse auf die Schiene

Der Bundesrat revidierte im Jahr 2020 die VRV in Umsetzung der Motion Burkart (fdp, AG) betreffend das Rechtsvorbeifahren auf Autobahnen. Ab dem 1.1.2021 ist dieses nun bei Kolonnenverkehr gestattet. Der Bundesrat beantragte daher die Abschreibung der Motion. Diesem Ansinnen stimmten die beiden Parlamentskammern in der Sommersession 2021 zu.

Rechtsvorbeifahren auf Autobahnen und Autostrassen erlauben

Der Nationalrat stimmte in der Sommersession 2021 der Abschreibung des Vorstosses «Die Schnittstellenproblematik zwischen Nationalstrassen und dem nachgelagerten Strassennetz lösen» von Thierry Burkart (fdp, AG) zu, nachdem der Bundesrat den entsprechenden Postulatsbericht im Herbst 2020 veröffentlicht hatte.

Die Schnittstellenproblematik zwischen Nationalstrassen und dem nachgelagerten Strassennetz lösen (Po. 18.3606)

Der Bundesrat beantragte im Rahmen des Berichts über die Motionen und Postulate im Jahr 2020 die Abschreibung der Motion Burkart (fdp, AG) betreffend die Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit für Motorwagen mit Anhänger. Die Regierung hatte die VRV auf den 1.1.2021 in Umsetzung der Motion entsprechend angepasst. Die beiden Räte stimmten der Abschreibung in der Sommersession 2021 diskussionslos zu.

Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit für Motorwagen mit Anhänger

Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH) wollte den Bundesrat mittels Motion beauftragen, das Arbeitsgesetz (ArG), die Verordnung betreffend Gesundheitsschutz (ArGV 3) sowie das OR so zu ändern, dass Homeoffice explizit in den gesetzlichen Grundlagen erwähnt und geregelt ist. Allgemein soll das ArG Heimarbeit als Arbeit ausserhalb des Betriebs definieren. Weiter sollen Artikel 6 und 21 des ArG den Gesundheitsschutz und die Arbeits- und Ruhezeiten neu definieren. Im OR sollte letztlich ein neuer Artikel zur Heimarbeitsvereinbarung zwischen den Arbeitgebenden und den Arbeitnehmenden hinzugefügt werden.
Jositsch begründete seinen Vorstoss mit der Zunahme von Homeoffice, insbesondere auch in Anbetracht der Covid-19-Pandemie. Aktuell seien die gesetzlichen Grundlagen auf Arbeitsformen in Betrieben ausgerichtet, entsprechend müsse diesbezüglich Klarheit für Arbeitgebende und Arbeitnehmende geschaffen werden. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, da er die Gesetzesgrundlagen als ausreichend erachtete und Fragen zur Flexibilisierung der Arbeits- und Ruhezeiten im Homeoffice bereits in der parlamentarischen Initiative Burkart (fdp, AG; Pa.Iv. 16.484) behandelt würden.
In der Herbstsession 2021 legte Paul Rechsteiner (sp, SG) einen Ordnungsantrag vor, in dem er – in Einvernehmen mit Motionär Jositsch – die Motion zur Vorprüfung an die WAK-SR überweisen wollte, damit das Anliegen vertieft behandelt wird. Stillschweigend nahm der Ständerat den Ordnungsantrag an.

Gesetzliche Grundlagen für Homeoffice schaffen (Mo. 21.3686)
Dossier: Regelung von Homeoffice

In der Sommersession 2021 befasste sich der Ständerat mit der Weiterentwicklung von Frontex und der Änderung des AIG. Im Vorfeld hatte die SiK-SR diese als für die Schweiz «unerlässlich» bezeichnet. Da die Kommission die EU-Migrationspolitik jedoch kritisch beurteilte, forderte sie dazu auf, den Bundesratsentwurf mit Ausgleichsmassnahmen im Sinne der humanitären Tradition der Schweiz zu ergänzen. Einerseits beantragte sie ergänzend zur Übernahme der Verordnung die Aufnahme von 2'800 Flüchtlingen im Rahmen des Resettlements, wobei diese Erhöhung der Resettlementquote stufenweise und in Kooperation mit den Kantonen erfolgen sollte. Andererseits beantragte sie einen Mechanismus zur Beschwerdenbearbeitung und eine Rechtsberatung, um die Rechtsmittel der Asylsuchenden zu stärken. Zudem sprach sie sich einstimmig für einen Antrag aus, demgemäss das Schweizer Kontingent für Frontex nicht zulasten des nationalen Grenzschutzes gehen dürfe. Schliesslich beantragte die SiK-SR, dass Frontex-Einsätze einem Genehmigungsverfahren unterliegen sollen. Dieser angepassten Version der Vorlage stimmte die Kommission mit 8 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung zu, während eine Minderheit nicht auf die Vorlage eintreten wollte, weil die humanitären Ausgleichsmassnahmen in ihren Augen nicht ausreichend waren.
Die Ratsdebatte entwickelte sich trotz der relativ eindeutigen Position der Kommission zu einer umstrittenen Angelegenheit. Daniel Jositsch (sp, ZH) kritisierte, dass die EU über keine gesamtheitliche Migrationspolitik verfüge und das Dublin-System nur den Umgang mit Flüchtlingen an den Aussengrenzen regle. Dadurch entstünden in gewissen Staaten eine Extrembelastung und illegale Sekundärmigration, beides für Jositsch Grund genug, um diese neuen Massnahmen «nicht einfach so durchzuwinken» und stattdessen, wie von der Kommission vorgeschlagen, mit flankierenden Massnahmen zu ergänzen. Als «eine falsche Politik» bezeichnete Thomas Minder (parteilos, SH) hingegen die von der Kommission gemachten Resettlement-Anträge, weil man damit das Schengen- mit dem Dublin-System und damit Sicherheits- mit Flüchtlingspolitik vermische. Auch Finanzminister Maurer schloss sich dieser Argumentation an und betonte, dass Schengen für Grenzsicherheit stehe und nicht primär ein Projekt der Asypolitik sei. Daher lehnte er im Namen des Bundesrats die von der SiK-SR vorgeschlagenen Ausweitungen des Resettlement-Verfahrens ab, nicht zuletzt weil man in dieser Sache die Kantone einbeziehen müsse, bevor man absolut verbindliche Beschlüsse mache. Zu wenig weit ging der Kommissionsvorschlag Ständerat Zopfi (gp, GL), der im Rat einen Nichteintretensantrag einreichte, da die Anzahl der Resettlement-Flüchtlinge in seinen Augen auf 4'000 hätte erhöht werden müssen. Er begrüsste zwar den Ausbau des Grundrechtsschutzes, kritisierte aber die Methoden des europäischen Grenzschutzes und argumentierte, dass man Sicherheit und Migration in dieser Frage nicht trennen könne. Thierry Burkart (fdp, AG) erinnerte in diesem Kontext daran, dass eine Nichtübernahme der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes im Extremfall die Beendigung der Schengen-Zusammenarbeit nach sich ziehen könnte. Der Ständerat beschloss mit 33 zu 10 Stimmen (bei 1 Enthaltung), auf die Vorlage einzutreten, lehnte kurz darauf aber die von der Kommission geforderte Erhöhung der Anzahl der Resettlement-Flüchtlinge auf 2'800 mit 22 zu 21 Stimmen knapp ab. Der Rat folgte jedoch teilweise seiner Kommission, indem er sich entschied, dass Schweizer Frontex-Einsätze nicht vom Kontingent der Schweizer Grenzschützerinnen und Grenzschützer abgezogen werden dürfen und dass derartige Einsätze einem Genehmigungsverfahren unterstellt werden müssen. In der Gesamtabstimmung nahm die kleine Kammer den Frontex-Entwurf mit 30 zu 14 Stimmen schliesslich deutlich an, wobei die Nein-Stimmen vornehmlich von Mitgliedern der Grünen und der SP stammten. Die Änderungen im Asylrecht, welche die Rechtsmittel der Asylsuchenden und die Unterstützung bei Beschwerdeverfahren stärken, wurden vom Ständerat einstimmig angenommen.

Übernahme und Umsetzung der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Grenz- und Küstenwache (Frontex; BRG 20.064)
Dossier: Beteiligung der Schweiz am Ausbau von Frontex

Die kleine Kammer beschäftigte sich in der Sommersession 2021 mit den Arbeitsbedingungen für Berufschauffeusen und -chauffeure in Form einer Motion Storni (sp, TI). Die Motion, die vom Nationalrat stillschweigend angenommen worden war, sorgte im Ständerat für deutlich mehr Gesprächsstoff. Stefan Engler (mitte, GR) erläuterte, dass Motionär Storni das Ziel verfolge, vor allem die Situation ausländischer Chauffeure und Chauffeusen, welche in der Schweiz unterwegs sind, zu verbessern. Zu diesem Zweck soll es allen Berufschauffeusen und -chauffeuren untersagt sein, ihre reguläre wöchentliche Ruhezeit ausschliesslich im Fahrzeug zu verweilen. Damit würde die Schweiz auch eine geplante Regelung der EU nachvollziehen. Aus diesen Gründen unterstütze die KVF-SR diese Motion einstimmig. Nicht einverstanden mit dieser Argumentation war hingegen Jakob Stark (svp, TG). Er hatte einen Einzelantrag auf Ablehnung der Motion eingereicht, da er befürchtete, dass ausländische Chauffeusen und Chauffeure durch diese Regelung gezwungen wären, in einer Unterkunft zu übernachten, die sie selber berappen müssten. Ratskollege Rechsteiner (sp, SG) hingegen unterstützte die Motion, weil er darin eine Chance sah, «das Sozialdumping dort, wo es möglich ist, zu verhindern und die Standards nach oben anzupassen». Thierry Burkart (fdp, AG), Präsident des ASTAG, erläuterte, dass der Bundesrat ohnehin bereits daran sei, die Chauffeurverordnung im Sinne der Motion Storni anzupassen. Daher sei die Motion eigentlich gar nicht notwendig, eine Ablehnung der Motion aber auch nicht. Abschliessend bekräftigte Verkehrsministerin Sommaruga noch einmal die zustimmende Haltung des Bundesrates. Die Motion entspreche «dem, was aufgegleist ist, was breit abgestützt ist, was einstimmig in Ihrer Kommission beschlossen wurde und ohnehin zu tun ist, weil wir diese Wettbewerbsverzerrungen alle nicht wollen». Nach diesem Votum stimmte der Ständerat der Motion mit 37 zu 8 Stimmen deutlich zu.

Berufschauffeure und Berufschauffeusen sollen ihre wöchentliche Ruhezeit nicht mehr im Fahrzeug verbringen dürfen

Im Rahmen der Frühlingsession 2021 beschäftigte sich der Nationalrat mit der parlamentarischen Initiative von Thierry Burkart (fdp, AG), die eine Lockerung der Rahmenbedingungen für Telearbeit forderte. Wie die WAK-NR einstimmig beantragt hatte, wurde die Behandlungsfrist der Initiative stillschweigend um zwei Jahre verlängert.

Assouplissement des conditions relatives au télétravail (Iv.pa.16.484)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)
Dossier: Arbeitszeitliberalisierung

Der Bundesrat solle für gleich lange Spiesse im Strassengüterverkehr sorgen, forderte Ständerat Wicki (fdp, NW) in einer im Dezember 2020 eingereichten Motion. Bislang müssten Lieferwagen, im Gegensatz zu Lastwagen, ihre Wegekosten und ihre externen Kosten nur teilweise übernehmen. Wicki schlug daher vor, eine Pauschalabgabe oder eine leistungsabhängige Abgabe (beispielsweise die LSVA) für Lieferwagen einzuführen. Lieferwagen, die Material und/oder Ausrüstung zur Berufsausübung transportieren, sollen jedoch von dieser Abgabe befreit werden. Zudem sollen die derzeit geltenden Abgaben für Lastwagen nicht erhöht werden.
Der Bundesrat zeigte sich bereit, die gesetzlichen Grundlagen zu erarbeiten, um Lieferwagen, die für den gewerbsmässigen Gütertransport verwendet werden, in die LSVA zu integrieren. Er werde diese Arbeiten mit der Weiterentwicklung der LSVA und der Umsetzung der Verlagerungspolitik von der Strasse auf die Schiene koordinieren. Er beantragte daher die Annahme der Motion.
Der Ständerat befasste sich in der Frühjahressession 2021 mit dem Vorstoss. Thierry Burkart (fdp, AG), in seiner Funktion als Zentralpräsident des ASTAG, betonte, wie wichtig es sei, an der derzeitigen Ausgestaltung der LSVA für Lastwagen festzuhalten. Eine Erhöhung der Tarife für Lastwagen oder etwa die Berücksichtigung des CO2-Ausstosses bei der Tarifberechnung kämen für ihn nicht in Frage. Verkehrsministerin Sommaruga beschwichtigte, dass sowohl die Umsetzung dieser Motion als auch die Weiterentwicklung der LSVA in enger Absprache mit der Branche erfolgen würden. Die kleine Kammer stimmte der Motion in der Folge stillschweigend zu.

Gleich lange Spiesse im Strassengüterverkehr
Dossier: Verlagerung von der Strasse auf die Schiene

Die pandemiebedingten Schwierigkeiten der privaten Reisebusbranche standen im Zentrum einer Motion der KVF-NR, welche in der Frühjahressession 2021 vom Ständerat behandelt wurde. Die vom Nationalrat gutgeheissene Motion verlangte vom Bundesrat, eine Vorlage zu erarbeiten, um Firmenschliessungen, Konkurse und Arbeitsplatzverluste in dieser Branche zu verhindern.
Kommissionssprecher Engler (mitte, GR) erläuterte für die Mehrheit der KVF-SR, dass die Kommission grosses Verständnis für das Anliegen habe. Das Parlament habe aber mittlerweile – die Motion wurde bereits im Sommer 2020 eingereicht – mit den Härtefallmassnahmen und der Covid-Gesetzgebung die Voraussetzungen geschaffen, um die betroffenen Branchen zu unterstützen.
Thierry Burkart (fdp, AG), seines Zeichens Zentralpräsident des ASTAG, erläuterte die Lage aus Sicht der Carunternehmungen. Die Branche stehe quasi am Abgrund. Die Gelder aus der Härtefallregelung kämen zu langsam und reichten nicht aus. Ausserdem seien sie von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich ausgestaltet. Er sehe mit der Anpassung des Covid-19-Gesetzes in der Frühlingssession 2021 jedoch Licht am Horizont. Er sei guten Mutes, dass mit den darin enthaltenen Regulierung Abhilfe geschaffen werde, weshalb er seinen Minderheitsantrag auf Annahme der Motion zurückziehe. Anschliessend lehnte der Nationalrat die Motion stillschweigend ab.

Private Reisebusbranche in der Existenzkrise (Mo. 20.3934)
Dossier: Covid-19 und Verkehr

160 Tage nach der Schaffung des Covid-19-Gesetzes und 93 Tage nach Annahme der ersten Revision behandelte der Ständerat in der Frühjahrssession 2021 die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes. Erneut stand das Parlament vor einem dichtgedrängten Programm, zumal das Gesetz bis zum Ende der Session fertig beraten sein musste, weil der Bundesrat ansonsten womöglich wieder auf Notrecht zurückgreifen müsste, wie etwa Ruedi Noser (fdp, ZH) erklärte. Der Zürcher Ständerat verwies denn auch auf die Problematik, ein Geschäft, in dem es um CHF 15 Mrd. geht, innert kurzer Zeit behandeln zu müssen. Der Ständerat hatte beispielsweise als Erstrat nur gerade fünf Stunden Zeit, bis die nationalrätliche Kommission seine Entscheide bereits wieder beraten sollte.
Bei der Präsentation der Revision erläuterte Kommissionspräsident Levrat (sp, FR) zum Einstieg, was nicht im Gesetz oder der Revision stehe – auch wenn man beim Lesen der Zeitungen das Gefühl habe, das seien die zentralen Elemente des Gesetzes: nämlich die Regeln zur Öffnung von Geschäften und Restaurants sowie die Meinungsäusserungsfreiheit der Covid-19-Task-Force. Damit stellte er sich ablehnend zur Forderung verschiedener Kommissionen – insbesondere der WAK-NR –, einen zwingenden Öffnungstermin etwa für Restaurants ins Covid-19-Gesetz aufzunehmen. Die WAK-SR habe sich auf die wirtschaftlichen Aspekte konzentriert, wie es ihrer Aufgabe und ihrem Kompetenzbereich entspreche, während das Notfallmanagement in der Verantwortung des Bundesrates liege.

Eintreten war in der Folge nicht bestritten, genauso wenig hatte die WAK-SR Anträge bezüglich Artikel 1 des Gesetzes, der die Grundsätze des Covid-19-Gesetzes beinhaltet, gestellt. Dennoch sorgten verschiedene Einzelanträge insbesondere der Mitte-Fraktion dafür, dass nicht nur die spezifischen vom Bundesrat geplanten Änderungen, sondern auch grundsätzliche Fragen zum Gesetz diskutiert wurden. Den Anfang machte Heidi Z’graggen (mitte, UR), die dem Bundesrat die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips, «die mildest- und kürzestmögliche Einschränkung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens» sowie eine Pflicht zur umfassenden Information des Parlaments über die Massnahmen gemäss dem Epidemiengesetz vorschreiben wollte. Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU) wollte den Bund zu einem Ampelsystem verpflichten, bei dem er vorgängig Kriterien und Richtwerte für Einschränkungen und Erleichterungen definieren sollte. Benedikt Würth (mitte, SG) beantragte eine Präzisierung bei der Pflicht zum Einbezug der Kantone – statt wie bisher vor allem die GDK sollten zukünftig die einzelnen Kantonsregierungen in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Am weitesten ging der Vorschlag von Thomas Minder (parteilos, SH), der ein Vetorecht der zuständigen Kommissionen gegen einen Lockdown, eine Ausgangssperre, grossräumige Grenzschliessungen oder Schliessungen von sehr bedeutenden Branchen schaffen wollte. In der Folge entbrannte vor allem eine Diskussion um die Frage, ob denn nun der Grundsatz des Gesetzes diskutiert werden solle, ob im Hinblick auf die Mehrheitsanträge der WAK-NR zur Öffnung der Wirtschaft mit Grundsatzdiskussionen bis nach der ersten Beratung des Nationalrats gewartet werden solle oder ob es in dieser Revision des Gesetzes einfach um eine Minderung der wirtschaftlichen Folgen gehen solle und das folglich nicht der richtige Zeitpunkt für Grundsatzdiskussionen sei. Kommissionspräsident Levrat lehnte im Namen der Kommission sämtliche Einzelanträge zum ersten Artikel ab. Dabei wies er insbesondere auf die institutionelle Ordnung hin, gemäss der das Parlament abstrakte Normen zu erlassen habe und die Regierung für deren Durchsetzung zuständig sei. Ein Vetorecht der Kommissionen sowie eine zu detaillierte Informationspflicht gegenüber dem Parlament würden dieser institutionellen Ordnung widersprechen. Eine Präzisierung im Sinne des Antrags Z’graggen sei zudem nicht nötig, da die Verhältnismässigkeit im Covid-19-Gesetz bereits jetzt vorgeschrieben sei.
Dennoch stimmte der Ständerat einigen der Einzelanträge zu Artikel 1 zu, nämlich der Pflicht für den Bundesrat, sich an der Subsidiarität zu orientieren und die Einschränkungen so kurz wie möglich zu halten (Antrag Z’graggen), vorgängig Kriterien und Richtwerte zu definieren (Antrag Gmür-Schönenberger) sowie die Kantonsregierungen einzubeziehen (Antrag Würth). Deutlich lehnte er hingegen das Vetorecht für die Kommissionen ab (Antrag Minder).
In einem Einzelantrag verlangte überdies Martin Schmid (fdp, GR), dass Kantone mit stabiler oder rückläufiger epidemiologischer Lage oder mit innovativen Massnahmen zur Bewältigung der Pandemie (beispielsweise einer Covid-19-Teststrategie) Erleichterungen erhalten. So widersprächen wirtschaftspolitische Argumente, wonach ein Kanton wirtschaftlich nicht den anderen vorgezogen werden dürfe, dem Epidemiengesetz, gemäss dem nur gesundheitspolitische Argumente zählten. Christian Levrat vertrat im Gegenzug die Ansicht, dass Schmids Vorschlag im Widerspruch zum Epidemiengesetz stehe, da Letzteres ausschliesslich Massnahmen auf nationaler Ebene vorsehe. Zudem verwies er auf die Situation im November 2020, als es zu einem «Chaos zwischen den Kantonen» gekommen sei. Dennoch sprach sich der Ständerat mit 30 zu 13 Stimmen für den Einzelantrag Schmid aus.

Hauptdiskussionspunkt bei dieser Debatte des Covid-19-Gesetzes waren hingegen die Härtefallhilfen, zu denen zahlreiche Minderheitsanträge vorlagen. Umstritten waren hier beispielsweise die Finanzierungsanteile des Bundes und der Kantone an den Härtefallhilfen. Der Bundesrat hatte vorgesehen, 70 Prozent der Kosten bei Unternehmen mit Umsatz bis CHF 5 Mio. und gar 100 Prozent bei den umsatzstärkeren Unternehmen zu übernehmen. Die WAK-SR schlug vor, den Bundesanteil bei den umsatzschwächeren Unternehmen auf 80 Prozent zu erhöhen, und nahm damit einen Antrag der Finanzdirektorenkonferenz auf, die auf die grosse Belastung der Kantone im Gesundheitsbereich hingewiesen und um eine Reduktion ihres Anteils zur Aufrechterhaltung ihrer Flexibilität gebeten hatte. Zahlreiche Befürwortende einer Erhöhung des Bundesanteils wiesen in der Folge darauf hin, dass die Grossunternehmen, deren Härtefallhilfen vollständig vom Bund finanziert werden, nicht gleichmässig verteilt seien, sondern sich auf einige wenige Kantone konzentrierten. Diese städtischen oder Agglomerationskantone würden somit vom Bund deutlich stärker unterstützt als die übrigen Kantone, weshalb man Letztere durch Erhöhung des Bundesanteils ebenfalls entlasten solle. Eine Minderheit Zanetti (sp, SO) beantragte, dem Bundesrat zu folgen: Es sei den Kantonen durchaus zuzumuten, 18 (statt 12) Prozent der gesamten Härtefallhilfen (also 20 oder 30% der umsatzschwächeren und 0% der umsatzstärkeren Unternehmen) zu übernehmen, betonte Zanetti, insbesondere wenn man bedenke, dass die Kantone zwei Drittel der Nationalbankausschüttungen erhielten – ab diesem Jahr seien dies rund CHF 1.3 Mrd. mehr als bisher, ergänzte Bundesrat Maurer. Der Finanzminister zeigte zwar Verständnis für die Unterstützung der Kantonsvertreterinnen und -vertreter für die Kantone, wies aber darauf hin, dass diese «nicht für die Kasse der Kantone verantwortlich sind, sondern […] sozusagen für meine Kasse». Äusserst knapp, mit 21 zu 21 Stimmen und Stichentscheid von Ratspräsident Kuprecht (svp, SZ) sprach sich der Ständerat für den Antrag der Kommissionsmehrheit und somit für eine Erhöhung des Bundesanteils bei den umsatzschwächeren Unternehmen aus.
Auch andere Anträge des Bundesrates zu den Härtefallmassnahmen hatte die WAK-SR in der Vorbehandlung abgeändert. So hatte der Bundesrat vorgesehen, besondere Vorschriften für Unternehmen mit einem Jahresumsatz über CHF 5 Mio. erlassen zu können. Die Mehrheit der WAK-SR spezifizierte diese besonderen Vorschriften und ergänzte die Bestimmung um die Möglichkeit, ab einem Umsatzrückgang von 80 Prozent höhere Höchstbeträge der Härtefallhilfen vorsehen zu können. Thierry Burkart (fdp, AG) ging letztere Bestimmung zu wenig weit, er forderte einerseits eine entsprechende Verpflichtung für den Bundesrat und eine Senkung der Schwelle auf 70 Prozent Umsatzrückgang. Kommissionspräsident Levrat erachtete die Schwellenhöhe als sekundär, zentral sei, dass eine solche «catégorie de cas de rigueur dans les cas de rigueur», also eine Kategorie der Härtefälle innerhalb der Härtefälle, überhaupt geschaffen werde. Der Finanzminister teilte diese Ansicht, nicht aber die Absicht, den Maximalbetrag für Härtefallhilfen, die ein einzelnes Unternehmen beziehen kann, zu erhöhen. Man habe sich mit den Kantonen darauf geeinigt, dass diese Grenze bei CHF 10 Mio. liegen solle, erklärte der Finanzminister. Nun befürchtete er, dass eine Erhöhung dieses Betrags in der Öffentlichkeit auf Unverständnis stossen könnte – eine Erhöhung sei folglich eher ein Problem der politischen Akzeptanz als der Kosten, welche die Verwaltung auf etwa insgesamt CHF 200 Mio. schätzte. Der Ständerat teilte diese Sorge jedoch nicht und folgte dem Antrag der Kommissionsmehrheit, nachdem er auch den Antrag Burkart abgelehnt hatte.
Eine Minderheit Zanetti schlug vor, die für Härtefallhilfe nötige Umsatzeinbusse in «besonderen Fällen» – etwa bei Zuliefererbetrieben – von 40 Prozent auf 25 Prozent zu senken. Wenn ein Unternehmen etwas weniger als 40 Prozent Umsatzeinbusse habe, könne es sein, dass ihm genau diese Differenz «den Hals breche». Die Kommissionsmehrheit erachtete die Definition von solchen speziell betroffenen Branchen als schwierig und sprach sich daher gegen den Antrag aus. Finanzminister Maurer verwies auf die Möglichkeit zur Spartenrechnung, welche der Bundesrat in der Zwischenzeit in der Verordnung geschaffen habe; damit «dürfte ein relativ grosser Teil dieser Probleme entschärft sein, aber nicht alle Probleme». Die übriggebliebenen Probleme könne man nun aber in der Verantwortung der Kantone belassen. Diese Meinung teilte der Ständerat und folgte der Kommissionsmehrheit.
Hingegen argumentierte die WAK-SR ihrerseits mit der Akzeptanz der Bevölkerung, als es um die Frage ging, ob Unternehmen ab einem Jahresumsatz von CHF 5 Mio., welche A-Fonds-perdu-Beiträge beziehen, das Gemeinwesen an einem allfälligen Gewinn beteiligen müssen. Die Kommissionsmehrheit schlug vor, dass die Unternehmen 100 Prozent des Gewinns im ersten Jahr und 40 Prozent während drei weiterer Jahre an den Bund abzutreten hätten. Maximal sollte die Gewinnbeteiligung aber dem erhaltenen Beitrag minus CHF 1 Mio. entsprechen. Eine Minderheit Schmid beantragte jedoch, die Gewinnbeteiligung auf das erste Jahr zu begrenzen. Ansonsten habe man während vier Jahren eine durchschnittliche Gewinnsteuer von 55 Prozent und eine Gewinnsteuererhöhung um 650 Prozent – und das nachdem man in derselben Woche die 99-Prozent-Initiative, bei der die Gewinnsteuer um 50 Prozent hätte erhöht werden sollen, als «masslos» abgelehnt habe, argumentierte Roberto Zanetti. Der Finanzminister unterstützte den Minderheitssprecher, zumal Gewinne der Unternehmen ja durchaus erwünscht seien. Deutlich, mit 32 zu 8 Stimmen (bei 1 Enthaltung), folgte der Ständerat der Minderheit und dem Bundesrat und beschränkte die Gewinnbeteiligung auf das erste Jahr.
Ferner schlug die Kommission auch vor, dass Unternehmen, die einen operativen Jahresgewinn erzielen, kein Anrecht auf A-Fonds-perdu-Beiträge haben sollen und allfällig ausbezahlte Beiträge – die durchaus entstehen können, zumal die Unternehmen Anfang Jahr ja noch nicht wissen, ob sie einen Gewinn erwirtschaften werden – zurückzahlen müssen. Auch diese Massnahme stellte der Kommissionssprecher ins Licht der politischen Akzeptanz der Covid-19-Unterstützung – die Bestimmung wurde stillschweigend angenommen.
Darüber hinaus wollte die WAK-SR eine Pflicht für die Eignerinnen und Eigner von Unternehmen schaffen, ab A-Fonds-perdu-Beiträgen von CHF 5 Mio. Eigenleistungen erbringen zu müssen. Eine Minderheit Zanetti sprach sich gegen diese Verschärfung aus. Eine solche Regelung sei in Ordnung für milliardenschwere Filialketten oder ausländische Riesenkonzerne, treffe aber die mittelständischen Unternehmen, deren Besitzerinnen und Besitzer ihr Geld eben im Unternehmen belassen hätten. Christian Levrat entgegnete jedoch für die Kommission, dass es hier nur um diejenigen Unternehmen gehe, deren Eigentümerinnen und Eigentümer über die nötigen Mittel verfügten, um Eigenkapital einzuwerfen. Auch hier unterstützte der Ständerat die Kommissionsmehrheit.

Doch nicht nur bei den Härtefallhilfen, auch in anderen Bereichen lagen Minderheitsanträge vor, etwa bei der Arbeitslosenversicherung und der Kurzarbeit. Hier hatte der Bundesrat beantragt, die Höchstdauer für KAE zu verlängern, den Anspruchsberechtigten 66 zusätzliche Taggelder für die Monate März bis Mai 2021 zuzusprechen und die Rahmenfrist für den Leistungsbezug und die Beitragszeit zu vergrössern. Dabei beantragte eine Minderheit Rechsteiner (sp, SG), 107 statt 66 zusätzliche Taggelder zu sprechen und somit rückwirkend auch die Monate Januar und Februar 2021 abzudecken. Paul Rechsteiner verwies auf die «ausserordentlich kritisch[e]» Situation der Betroffenen in bestimmten Branchen, etwa im Gastgewerbe. Man solle jetzt Personen, welche im Januar oder Februar statt März oder April 2021 ausgesteuert wurden, nicht «zwischen Stuhl und Bank fallen» lassen. Die verlangte Rückwirkung erachtete Kommissionssprecher Levrat jedoch auch als problematisch, weil es unmöglich sei, rückwirkend zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Leistungsbezug in den Monaten Januar und Februar gegeben waren. Finanzminister Maurer verwies indes insbesondere auf die hohen Kosten von CHF 1.3 Mrd., die durch diese Ausdehnung auf die Monate Januar und Februar 2021 entstehen würden. Der Ständerat lehnte den Minderheitsantrag Rechsteiner in der Folge ab.
Hatte die Minderheit Rechsteiner bezüglich der Taggelder eine rückwirkende Regelung beantragt, wollte eine Minderheit Noser die rückwirkend möglichen Anträge zur Kurzarbeit, die der Bundesrat ab Dezember 2020 schaffen wollte, streichen. Mit dieser Regelung müsse jedes einzelne Gesuch seit Dezember 2020 nochmals überprüft werden – im Kanton Zürich seien dies beispielsweise 20'000 Gesuche –, was zu etwa drei bis sechs Wochen zusätzlicher Verspätung bei der Auszahlung von KAE führe. Gleichzeitig hätten nur «ganz wenige Fälle» vergessen, Kurzarbeit anzumelden, zudem könnten diese Fälle über die Härtefallhilfe abgedeckt werden. Kommissionssprecher Levrat erwiderte, dass es vor allem um kleine Unternehmen ohne Personalabteilung in Branchen, in denen Kurzarbeit ungewöhnlich sei, gehe – die grossen Unternehmen hätten die Fristen kaum verpasst. Entsprechend müsse auch nur eine kleine Auswahl der Anträge erneut behandelt werden. Der Ständerat teilte diese Einschätzung und folgte der Kommissionsmehrheit.

Im Gesundheitsbereich lagen zwei Einzelanträge von Thomas Minder vor: Er forderte einerseits, geimpfte Personen von Quarantänemassnahmen auszunehmen und andererseits die Einführung einer Impfpflicht durch Bund oder Kantone explizit zu verbieten. Damit nahm er eine Forderung wieder auf, die bereits bei der Schaffung des Gesetzes im September 2020 diskutiert worden war: Um die Impfskeptikerinnen und Impfskeptiker zu beruhigen, solle eine entsprechende Klausel eingefügt werden, auch wenn das Gesetz eigentlich das Thema Impfpflicht nicht betreffe. Damit könne im Hinblick auf die Referendumsabstimmung im Juni Klarheit geschaffen und «den Gegnern des Covid-19-Gesetzes mit Blick auf das Referendum etwas Wind aus den Segeln» genommen werden, betonte Minder. Wie bereits im September 2020 der Nationalrat sprach sich nun auch der Ständerat gegen die Aufnahme eines ausdrücklichen Verbots einer Impfpflicht aus; anders als bei der ersten Debatte dieses Themas verwies Finanzminister Maurer jedoch darauf, dass womöglich irgendwann eine Ausnahme von der Impfpflicht diskutiert werden müsse – bisher sei dies aber nie diskutiert worden. Bezüglich der Ausnahme von Geimpften von den Quarantänemassnahmen verwiesen Andrea Caroni (fdp, AR) und Hans Stöckli (sp, BE) auf einen Antrag der SPK-SR an den Bundesrat, sich unabhängig von der zweiten Covid-19-Gesetzesrevision um diese Problematik zu kümmern. Dies sei der bessere Weg, zumal noch unklar sei, inwiefern geimpfte Personen die Viren weitergeben würden, betonte Stöckli. Knapp, mit 19 zu 18 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) nahm der Ständerat den ersten Antrag Minder an, wonach Geimpfte nicht in Quarantäne müssen.

Für rote Köpfe sorgte der Antrag der Mehrheit der WAK-SR, den Kantonen zur Stärkung des Detailhandels an bis zu zwölf zusätzlichen Sonntagen pro Jahr Sonntagsverkäufe zu erlauben. Eine Minderheit Rechsteiner lehnte den Mehrheitsantrag ab, der die «Bestimmungen über den Arbeitnehmerschutz ganz massgebend umkrempeln möchte, zulasten der Arbeitnehmenden» – und dies ohne vorgängige Anhörung der Sozialpartner, wie der Minderheitensprecher betonte. Er verwies zudem auf die wichtige Rolle des Sonntags, dem einzigen Tag, an dem alle frei hätten, und kritisierte den Zynismus, eine solche Regelung unter dem Titel «Massnahmen im Bereich des Arbeitnehmerschutzes» schaffen zu wollen. «Wir haben jetzt ein Jahr lang jeder Schweizerin und jedem Schweizer beigebracht, wie man über das Internet bestellt», darum müsse man dem stationären Handel nun mehr Spielraum geben, verteidigte Ruedi Noser das Anliegen. Zudem sei diese Bestimmung bis Ende Jahr begrenzt und enthalte eine Kann-Formulierung – die Entscheidungshoheit liege bei den Kantonen. Mit 23 zu 18 Stimmen (bei 1 Enthaltung) folgte der Ständerat der Minderheit und lehnte die Möglichkeit zur Erhöhung der Anzahl Sonntagsverkäufe ab.

Auch im Sportbereich stand ein Änderungsantrag im Raum: Eine Minderheit Noser beantragte in Übereinstimmung mit einem Antrag der WBK-NR, die Pflicht für Sportklubs, die durchschnittlichen Löhne ihrer Mitarbeitenden zu senken, wenn sie Anrecht auf A-Fonds-perdu-Beiträge haben möchten, zu streichen. Noser verwies auf die Entstehung der aktuellen Regelung: Anfänglich hätten nur Sportklubs A-Fonds-perdu-Beiträge erhalten, während die übrigen Unternehmen Kredite aufnehmen mussten – entsprechend seien die strikteren Bedingungen für die Sporthilfe gerechtfertigt gewesen. Mit der Härtefallregelung für die Wirtschaft erhielten aber andere Unternehmen unter deutlich grosszügigeren Bedingungen A-Fonds-perdu-Beiträge als die Sportklubs. Zudem stelle die Bedingung der Einkommenssenkung die Vereine vor grosse Schwierigkeiten, zumal Lohnkürzungen einer Änderungskündigung bedürften. Damit würden die Spieler aber ablösefrei, wodurch den Klubs Transferbeiträge verloren gingen. Diese Verluste seien häufig grösser als die Gelder, welche die Vereine als Unterstützung erhielten. Für die Kommission bat Christian Levrat jedoch darum, «de ne pas changer les règles du jeu en cours de partie» und verwies auch hier auf die Akzeptanz der Regelungen in der Öffentlichkeit. Diese sei gefährdet, wenn die Arbeitnehmenden in Kurzarbeit auf 20 Prozent ihres Lohns verzichten müssten, während die vom Staat unterstützten Klubs Profisportlern weiterhin ihre vollen Löhne bezahlten. Man sei hier daran, eine bessere Lösung zu finden, aber zum jetzigen Zeitpunkt solle man bei der bisherigen Lösung bleiben. Mit 20 zu 20 Stimmen und Stichentscheid von Präsident Kuprecht folgte der Ständerat dem Minderheitsantrag Noser und strich die entsprechende Bedingung.

Weniger umstritten waren die übrigen Bestimmungen, über die der Ständerat zu befinden hatte. Bezüglich der Kulturhilfe schlug die WAK-SR vor, keinen maximalen Betrag für Kulturhilfe mehr ins Gesetz zu schreiben und stattdessen einfach von «notwendigen Finanzmitteln» zu sprechen. Stillschweigend nahm der Ständerat die Änderung an und löste die dafür nötige Ausgabenbremse. Auch eine Regelung, mit welcher er den Bund zur Förderung und Übernahme der direkten und indirekten Kosten der Covid-19-Tests verpflichten wollte, hiess der Ständerat stillschweigend gut. Schliesslich befürwortete er auch die Unterstützung von privaten Radio- und Fernsehunternehmen mit maximal CHF 20 Mio. pro Sender, genauso wie die vom Bundesrat geschaffene Ergänzung des Covid-19-Gesetzes, wonach der Bund denjenigen Kantonen, welche ihre öffentlich geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung mit Ausfallentschädigungen unterstützt haben, Finanzhilfen in der Höhe von 33 Prozent der Ausfallentschädigungen ausrichten soll.

In der Gesamtabstimmung wurde die Änderung des Covid-19-Gesetzes nicht bestritten, die kleine Kammer nahm sie einstimmig (mit 39 zu 0 Stimmen) an. Auch der Bundesbeschluss über die Finanzierung der Härtefallmassnahmen nach dem Covid-19-Gesetz sowie der ausserordentliche Beitrag an den Ausgleichsfonds für das Jahr 2021 fanden einstimmige Zustimmung (39 zu 0 Stimmen respektive 38 zu 0 Stimmen). Damit reichte die kleine Kammer die Revision des Covid-19-Gesetzes an ihren Schwesterrat weiter.

Zweite Revision des Covid-19-Gesetzes (Änderung und Zusatzkredit; BRG 21.016)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Im August 2020 reichte die KVF-NR eine Motion ein, um die Reisebusbranche zu unterstützen, welche angesichts der Covid-19-Pandemie in eine Existenzkrise geraten sei. Der Bundesrat solle daher analog zur Unterstützung des öffentlichen Verkehrs eine Vorlage erarbeiten, um Firmenschliessungen, Konkurse und Arbeitsplatzverluste zu verhindern. Notwendig seien insbesondere Anpassungen an den bestehenden Bedingungen für die Covid-19-Kreditvergabe. So solle beispielsweise die maximale Kredithöhe von 10 auf 25 Prozent des Umsatzes angehoben werden. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Er begründete dies mit den Massnahmen, die er bereits zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen getätigt hatte, beispielsweise bei der Kurzarbeit. Auf eine Branchenlösung für private Transportunternehmen, analog der Massnahmen für den öffentlichen Verkehr, wollte er verzichten. Die Reisebusbranche trage nicht im selben Ausmass zur Grundversorgung mit Mobilität für die Bevölkerung bei wie der öffentliche Verkehr.
Der Nationalrat beschäftigte sich in der Wintersession 2020 mit der Motion. Bruno Storni (sp, TI) erläuterte im Namen der Kommission das Anliegen. Er wies darauf hin, dass es in der Tat schon Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft gebe. Diese spezifische Branche benötige aber noch mehr Hilfe, da sie sehr hohe Fixkosten habe, beispielsweise durch Leasing von Reisebussen. Wirtschaftsminister Parmelin argumentierte, dass mittlerweile im Rahmen des Covid-19-Gesetzes und der Covid-19-Härtefallverordnung Massnahmen für Härtefälle auf den Weg gebracht worden seien. Weitere Massnahmen seien nicht angebracht. Der Nationalrat sprach sich in der Abstimmung deutlich mit 141 zu 36 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) für die Annahme der Motion aus. Die ablehnenden Stimmen kamen mehrheitlich von der GLP und den Grünen.

Private Reisebusbranche in der Existenzkrise (Mo. 20.3934)
Dossier: Covid-19 und Verkehr

Die kleine Kammer befasste sich in der Wintersession 2020 mit den im Rahmen der Motion Borloz (fdp, VD; 20.3084) geforderten Regelungen der Haftpflicht im Gütertransport auf der Schiene. Anders als im Nationalrat war die Motion im Ständerat umstritten. Für die Mehrheit der KVF-SR argumentierten Burkart (fdp, AG), Rieder (cvp, VS) und Dittli (fdp, UR), dass die geforderte Klärung der Risikoverteilung und die Regelung der Rechtsmittel bereits erfolgt und mit dem internationalen Umfeld abgestimmt worden seien. Die Schweiz solle hier keine strengere Regelung einführen als der Rest von Europa: «Angesichts der ausgeprägten Internationalität des Schienengüterverkehrs wäre es widersinnig, wenn die Schweiz ein anderes als das im Rest von Europa geltende Haftungsrecht legiferieren würde», betonte Burkart. Ansonsten könnten Arbeitsplätze in Gefahr geraten, wenn die Gefahrgüter nicht mehr transportiert werden könnten und die Industrie entsprechend abwandere. Oder der Gefahrgütertransport würde gar auf die Strasse verlagert, was viel gefährlicher wäre. Bevor das Parlament nun voreilig eine Verschärfung beschliesse, solle zuerst durch einen Postulatsbericht eine Gesamtschau über die Bestimmungen zur Haftung im Gütertransport erstellt werden. Entsprechend forderte die Mehrheit der KVF-SR, die Motion abzulehnen und dafür das von ihr neu eingereichte Postulat anzunehmen. Für die Kommissionsminderheit und damit für Annahme der Motion setzte sich Paul Rechsteiner (sp, SG) in der Parlamentsdebatte ein. Er insistierte, dass es einen dringenden Handlungsbedarf gebe; die Haftung der Wagenhalter müsse möglichst rasch geklärt werden. Zudem würden die Haftungsregelungen immer noch auf nationaler Ebene beschlossen. Es sei hier folglich am Schweizer Parlament, die nötigen rechtlichen Änderungen vorzunehmen. Bundesrätin Sommaruga stimmte der Argumentation von Rechsteiner zu. Ein Postulatsbericht werde zu keinen neuen Erkenntnissen führen; früher oder später werde sich das Parlament entscheiden müssen, wie die Haftung geregelt werden solle, so Sommaruga.
Der Ständerat lehnte die Motion schliesslich relativ knapp, mit 22 zu 17 Stimmen, ab und nahm stattdessen das Postulat einstimmig an.

Regelungen der Haftpflicht im Gütertransport auf der Schiene klären (Mo. 20.3084)
Dossier: Massnahmen für mehr Sicherheit bei Chlortransporten