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  • Buttet, Yannick (cvp/pdc, VS) NR/CN
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In der Sommersession 2022 stimmten die beiden Räte der Abschreibung der Motion Buttet (cvp, VS) zur Vorbildrolle des Bundes bei der Elektromobilität zu. Der Bundesrat hatte im Juli 2019 ein Klimapaket für die Bundesverwaltung beschlossen, in dessen Rahmen das VBS beauftragt worden war, die Grundsätze der Beschaffung von Verwaltungsfahrzeugen so zu ändern, dass bis Ende 2022 mindestens 20 Prozent der Neubeschaffungen elektrisch betrieben werden. Das VBS hat diese Weisungen nochmals revidiert und auf den 1.1.2021 in Kraft gesetzt. Durch die revidierte Anordnung wurde der Grundsatz festgelegt, dass nur noch rein elektrisch betriebene Personenwagen zu beschaffen seien.

Der Bund als Vorbild bei der Elektromobilität (Mo. 16.3063)

Bereits im Vorjahr waren die Meinungen über die Leistungen der Landesregierung während der Covid-19-Pandemie auseinandergegangen. Die Kritik am Bundesrat nahm im Covid-19-Jahr 2021 aber noch einmal merklich zu. Besondere Aufmerksamkeit erhielt dabei Alain Berset. Insbesondere die SVP übte via Medien Kritik am Gesundheitsminister und forderte Mitte Januar 2021, dem SP-Magistraten solle das Gesundheitsdossier entzogen werden, weil er versagt habe. Christoph Blocher bezeichnete Berset gar als «Diktator». Obwohl der amtierende Bundespräsident und SVP-Bundesrat Guy Parmelin daran erinnerte, dass es sich bei der Regierung um «ein Team» handle, und die Kollegialität betonte und der zweite SVP-Bundesrat Ueli Maurer darauf hinwies, dass es niemandem diene, wenn die Bunderatsmitglieder gegeneinander ausgespielt würden – Aussagen, die etwa vom Tages-Anzeiger als Zeichen eines Zusammenschweissens der Landesregierung und von La Liberté als «grand moment d'unité» bezeichnet wurden –, gingen die Angriffe auf einzelne Regierungsmitglieder weiter. So urteilte etwa die Weltwoche, dass Alain Berset «beide Pandemiewellen verschlampt und wirtschaftlich einen Schlamassel angerichtet» habe, von den Medien aber als Held gefeiert werde. Die SVP forderte derweil die Einführung eines Impeachmentverfahrens in der Schweiz, mit dem Regierungsmitglieder abgewählt werden könnten. Die Macht des Bundesrats, der die Diktatur eingeführt habe, müsse gebrochen werden, gab auch SVP-Präsident Marco Chiesa (svp, TI) in Interviews zu Protokoll. Und wiederum die Weltwoche wähnte sich ob des von ihr festgestellten gegenseitigen Misstrauens in der Regierung, in der Anträge von rechts auf eine links-bürgerliche Blockade stossen würden, «wie in einem kalten Krieg». Es brauche deshalb «sieben neue Bundesräte».

Aber auch der Gesamtbundesrat wurde kritisiert. Es brauche ein «deutlich rascheres und entschlosseneres Vorgehen» gegen die Pandemie, forderte etwa die NZZ Mitte Januar 2021. Der Bundesrat müsse seinen Verfassungsspielraum konsequenter ausnutzen und dürfe «entgegen den helvetischen Gepflogenheiten» nicht den langwierigen Mittelweg gehen, bei dem alle Kritikerinnen und Kritiker angehört und integriert würden. Ende Februar ärgerte sich die gleiche Zeitung dann allerdings über die «magistrale Sturheit», die Restaurant-Terrassen noch nicht wieder öffnen zu wollen. Dass die Regierung dem «Druck zur schnelleren Öffnung nicht nachgegeben» habe, sei zwar «hart für die Betroffenen – aber leider richtig», beurteilte denselben Umstand freilich der Tages-Anzeiger und attestierte dem Bundesrat «Rückgrat».

Schriller war die Kritik von Covid-19-Massnahmengegnerinnen und -gegnern an der Regierung. So wusste etwa der Tages-Anzeiger zu berichten, dass der stellvertretenden Armeechef Aldo C. Schellenberg Briefe erhalten habe, die ihn aufforderten, für den Bundesrat ein Kriegsgericht einzurichten. Ende Februar leitete die Bundesanwaltschaft gleich fünf Verfahren wegen Bedrohungen einzelner Magistratspersonen via soziale Medien ein. Bei einem Auftritt in der politischen Diskussionssendung «Arena» im Sommer 2021 erhielt Alain Berset Polizeischutz und auch das Fedpol ergriff zunehmend Schutzmassnahmen wegen massiver Drohungen gegen Bundesrätinnen und Bundesräte.

Immer wieder kritisierten die Medien zudem die Informationspolitik der Regierung. Auf der einen Seite wurden die Indiskretionen gerügt, die verhindert hätten, dass der Bundesrat Entscheidungen über Covid-19-Massnahmen wenigstens so lange habe geheimhalten können, bis sie mit den Kantonen abgesprochen worden seien. Auf der anderen Seite wurde vermutet, dass jene Medien beneidet werden, die mit ebendiesen Indiskretionen versorgt wurden und diese medial ausschlachteten. Die Weltwoche sprach etwa von der «Berset-Verschwörung». Dank «Schützenhilfe von den Medien» könne er die von ihm vorgesehenen Covid-19-Massnahmen stets durchsetzen.

Für einige Diskussionen sorgte auch die Zusammenarbeit zwischen Bundesrat und Wissenschaft. Noch im Januar warfen die Medien der aus Wissenschafterinnen und Wissenschaftern unterschiedlicher Disziplinen zusammengesetzten Task Force vor, selber Politik machen zu wollen. Im Februar wendete sich das Blatt, nachdem bekannt geworden war, dass ebendiese Task Force im Sommer 2020 vor einer zweiten Welle gewarnt hatte, die Behörden diese Warnung allerdings in den Wind geschlagen und wichtige Massnahmen zu früh aufgehoben hätten. Die NZZ kam dabei etwa zum Schluss, dass die Wissenschaft «zu lange ignoriert» worden sei.

Die Kritik flaute parallel mit den abnehmenden Fallzahlen ab dem Frühjahr 2021 dann merklich ab. Zwar wiederholte die Weltwoche noch lange Zeit ihre Kritik an Alain Berset («Captain Long Covid», «Impfdebakel heisst Alain Berset», «Stricken an der eigenen Legende»), bei den restlichen Medien geriet die Regierung allerdings bald aus der Schusslinie.

In die Schlagzeilen geriet Mitte September freilich Ueli Maurer, weil er als «Freiheitstrychler» posierte. An einem SVP-Lokalanlass hatte sich der Finanzminister ein T-Shirt der Covid-19-Massnahmengegnerinnen und -gegner übergestreift und sich fotografieren lassen. Das Bild verbreitete sich via soziale Medien und wurde auf der einen Seite als «Bruch der Kollegialität» (Tages-Anzeiger), ja gar als Versuch, das Land zu spalten (Balthasar Glättli, gp, ZH im Blick) kritisiert, auf der anderen Seite als freie Meinungsäusserung (Thomas Matter, svp, ZH im Tages-Anzeiger) oder auch als Zeichen, dass «vielen Unzufriedenen im Land zumindest inoffiziell magistrales Verständnis» entgegengebracht werde (NZZ), verteidigt. Maurer selber gab in der Aargauer Zeitung zu Protokoll, dass er gar nicht gewusst habe, in «welchen Zusammenhang dieses Leibchen offenbar gebracht wird». Ähnlich wie die SVP im Frühjahr Alain Berset angegriffen hatte, nutzte die SP die T-Shirt-Affäre für Kritik an Ueli Maurer und stellte in der parlamentarischen Fragestunde nicht weniger als neun Fragen zu Maurers von der SP als «Bedrohung der Regierungskollegialität» bezeichneten Aktion. Bundespräsident Guy Parmelin beantwortete alle neun Fragen gleichzeitig, indem er auch bei den Angriffen von links auf das Kollegialitätsprinzip verwies: «Le Conseil fédéral ne commente pas les propos que l'un de ses membres a ou aurait prononcés en public».

Kritik am Bundesrat wegen Covid-Politik 2021

La motion élaborée par la CSEC-CN a été classée par le Conseil des Etats, au profit de la motion 20.4267. Elle avait été rédigée en guise de réponse à l'initiative parlementaire Buttet (pdc, VS; Iv.pa. 15.499) souhaitant faire la transparence sur les méthodes d'abattage. Pour les sénateurs et sénatrices, ce texte allait trop loin, seuls 4 parlementaires (contre 37 et une abstention) lui apportant leur voix.

Transparence dans la méthode d'abattage (Mo. 20.3005)
Dossier: Transparenz bei Produktions- und Schlachtmethoden
Dossier: Deklaration von Herstellungsmethoden, die den Schweizer Standards nicht entsprechen

Die Corona-Krise wirkte sich in verschiedenster Hinsicht auf die Medien aus. Einerseits verschaffte das aufgrund der Corona-Pandemie gesteigerte Informationsbedürfnis den Medien einen rekordhohen Nutzungszuwachs. Die NZZ-Mediengruppe etwa vermeldete Mitte April 2020 historische Höchstwerte im Online-Bereich. Die gedruckte Ausgabe hatte ferner um 10 Prozent zugelegt und in einem Monat konnten 9000 neue Abonnentinnen und Abonnenten gewonnen werden. Publicom verzeichnete im August 2020 eine starke Zunahme der Bedeutung sämtlicher Medien. An Einfluss gewonnen hatte dabei insbesondere die SRG: Etwas mehr als die Hälfte der Befragten gaben im Rahmen der mediaBrands-Studie 2020 an, dass die Bedeutung der SRG-Medien für sie zugenommen habe. Noch vor den Streaming-Diensten (+31%) folgten die privaten Radio- und Fernsehprogramme (+37%). Die Zunahme der Bedeutung von Social Media, bezahlten Zeitungen (Print oder Online) und Gratiszeitungen betrug je um die 25 Prozent. In den Medien selber war 2020 häufig zu lesen, dass seriöser Journalismus systemrelevant sei.

Andererseits führten die durch die Corona-Massnahmen herbeigeführten Einschränkungen für das Gewerbe und den Veranstaltungssektor zu einem massiven Einbruch der Werbeeinnahmen, der nicht durch die steigenden Nutzungszahlen kompensiert werden konnte. Der Verband Schweizer Medien rechnete im März rein für den Printwerbemarkt mit einem Rückgang von CHF 400 Mio. und damit, dass rund vier von fünf Inseraten storniert würden. Die Verschiebung der auf Mai angesetzten Volksabstimmungen verschlechterte die kurzfristige finanzielle Situation dabei noch zusätzlich. Auch die privaten Radio- und Fernsehstationen gaben im April an, dass ihre Werbeerträge seit Beginn der Corona-Krise um 60 bis 90 Prozent gesunken seien. Vom Wegfall der Werbegelder besonders hart getroffen wurden komplett werbefinanzierte Medien wie Gratiszeitungen. «20 Minuten» schätzte, rund 20 Prozent der Leserschaft ihrer Print-Ausgabe eingebüsst zu haben, da die Nutzung des öffentlichen Verkehrs während der Pandemie stark abgenommen habe und allenfalls auch Bedenken vor einer Ansteckung Personen daran gehindert hätten, eine bereits gelesene Zeitung ebenfalls in die Hand zu nehmen. Die Pendlerzeitung war als Folge davon umfangmässig stark geschrumpft und nur noch in jeder Sprachregion in einer Version erhältlich. Auch die 30 Gratisanzeiger von alt-Bundesrat Christoph Blocher kamen aufgrund des Werberückgangs in finanzielle Schieflage und erschienen nicht mehr oder nur noch sporadisch. Gut aus der Krise kam indes das Online-Magazin «Republik», das nicht auf Werbegelder angewiesen ist und das sich während der Krise mit seinem täglichen Covid-19-Uhr-Newsletter einen Namen machte – dies gar bis in die Reihen der «Weltwoche». Speziell litten auch kleinere Magazine, so etwa das Westschweizer Wochenmagazin «Micro», dessen Abonnentenkreis in erster Linie aus Cafés, Restaurants oder Coiffeursalons bestand und das aufgrund behördlich verordneter Schliessung dieser Betriebe sowie des nach der Wiedereröffnung auferlegten Auslegeverbots von Zeitungen den eigenen Betrieb im Mai einstellen musste. Betriebsschluss gab im Frühjahr ebenfalls die Waadtländer Wochenzeitung «Le Régional» bekannt.

Die grossen Medienakteure reagierten prompt auf die sich rapide verschlechternde Finanzsituation. Als erstes grosses Medienunternehmen beantragte die TX Group in der zweiten Märzhälfte flächendeckend Kurzarbeit bis Ende September, begleitet von anderen Massnahmen, wie etwa einer Zwangsreduktion des Arbeitspensums für alle Mitarbeitenden um 10 Prozent. In einer von über 2500 Personen unterschriebenen Online-Petition taten verschiedene prominente Personen aus Journalismus und Politik ihren Unmut über diese Beschlüsse kund. «Ein Medienkonzern mit staatspolitischer Verantwortung und vollen Kassen» müsse jetzt «Personal aufstocken, nicht reduzieren», lautete die Begründung in der Petition. Im Nachhinein korrigierte die TX Group die Lohnauszahlung von 90 Prozent auf 100 Prozent zurück und gab bekannt, dass das Management für 2020 auf Boni verzichte. Dass die TX Group nur zwei Wochen nach Bekanntgabe der Kurzarbeit Dividenden in der Höhe von CHF 37 Mio. für das Geschäftsjahr 2019 ausschüttete, stiess in den Medien erneut auf Unverständnis. Im April tat es die NZZ-Gruppe, nach eigenen Angaben aus Gründen der Kontinuität in der Dividendenpolitik, der Konkurrenz indes gleich (CHF 8 Mio.). Einen anderen Weg schlug CH Media ein. Die Mediengruppe wandelte die vorgesehenen Dividenden in Darlehen um, um die Liquidität des Unternehmens zu sichern. Doch auch CH Media führte Ende März Kurzarbeit ein. Fast zeitgleich kündigte Ringier punktuelle Kurzarbeit bei Jobcloud, Ticketcorner und der Vermarktungstochter Ringier Sports an. Anfang April gab auch die NZZ-Mediengruppe bekannt, für Bereiche, wo es pandemiebedingt zu Arbeitsausfällen komme, Kurzarbeit zu beantragen. Darüber hinaus beschloss das Unternehmen eine teilweise reduzierte Printausgabe und die Verschiebung des Relaunch von NZZ Folio auf den Spätsommer. Eine Woche später folgte die SRG und beantragte Kurzarbeit für rund 600 Mitarbeitende, wobei sie als Gründe neben den wegfallenden Werbeeinnahmen ebenfalls die Absage der Olympischen Spiele und der Fussball-Europameisterschaft anbrachte.

Sowohl der Verband Schweizer Gratiszeitungen als auch der Verband Schweizer Privatradios und der Verlegerverband wandten sich im März hilfesuchend an den Bund. Anfang April machten die Medien publik, dass UVEK-Vorsteherin Simonetta Sommaruga mit einem Nothilfepaket für die Medien in der Höhe von CHF 78 Mio. im Gesamtbundesrat aufgelaufen sei. Die WOZ und die AZ vermuteten, dass hier abgesehen von Fragen rund um die Unabhängigkeit der Medien auch die Entscheide in Bezug auf Kurzarbeit und Dividendenauszahlungen der grossen Medienhäuser eine Rolle gespielt hätten. Mitte April sandten private Radio- und Fernsehstationen erneut einen Hilferuf ans Parlament. Werde nichts unternommen, müssten vielen Regionalstationen in Kürze ihre Sendungen reduzieren oder gar einstellen; einzelnen Stationen drohe gar die Schliessung. In der ausserordentlichen Session zur Bewältigung der Corona-Krise beschloss das Parlament strukturelle Hilfe für die Medien (Mo. 20.3145; Mo. 20.3154; Mo. 20.3146; Mo. 20.3155). In Notverordnungen regelte der Bundesrat daraufhin eine Soforthilfe für die elektronischen Medien und für die Presse. Die Unterstützungsleistung für Letztere knüpfte er an die Bedingung, dass die herausgebenden Verlage für das Geschäftsjahr 2020 keine Dividenden ausschütteten. Ein im Rahmen der Beratungen zum Covid-19-Gesetz eingebrachter Antrag einer Minderheit Aeschi (svp, ZG), der den Begünstigtenkreis auf die Gratiszeitungen ausweiten wollte, scheiterte trotz geschlossen stimmender SVP-Fraktion mangels Unterstützung über die Fraktion der FDP.Liberalen hinaus. Weitere Unterstützungsmassnahmen, die bereits vor der Pandemie aufgegleist worden waren, waren im Massnahmenpaket zur Förderung der Medien enthalten, über das die Räte 2020 erstmals berieten. Da die im Massnahmenpaket vorgesehene Unterstützung von Online-Medien umstritten war, konnten 2020 weder ein Ausbau der indirekten Presseförderung noch Massnahmen zur Unterstützung der elektronischen Medien auf gesetzgeberischem Weg institutionalisiert werden.

In der zweiten Jahreshälfte wurde klar, dass die beschlossene Soforthilfe den Strukturwandel in der Presse nicht aufhalten konnte. Ende Juni kommunizierte die NZZ ihre Pläne für ihre «Strategieschärfung». Einschneidende Sparmassnahmen gab die TX Group Ende August bekannt. Im September kündigte das Unternehmen CH Media, das gerade sein im November 2018 begonnenes Abbauprogramm abgeschlossen hatte, ein neues Effizienzprogramm an. Einen grösseren Stellenabbau kommunizierte nicht zuletzt die SRG im Oktober.

Trotz der veränderten Recherchearbeit – auch die Medienhäuser setzten während der Corona-Pandemie verstärkt auf Homeoffice – war die Qualität der Medienberichterstattung über die Corona-Pandemie «relativ gut», wie das Jahrbuch Qualität der Medien nach Analyse der Berichterstattung bis Ende April 2020 konstatierte. Neben der mangelhaften Einordnungsleistung bemängelte die Studie auch die Kritikfähigkeit der Medien während der Corona-Krise. Das vom Fög präsentierte Jahrbuch kam zum Schluss, dass die Medien vor dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 zu unkritisch berichtet hatten. Fragen rund um die Behördentreue der Medien waren 2020 ebenfalls Teil der gesellschaftlichen Debatte. Zwei Professoren für Volkswirtschaftslehre etwa sprachen in der NZZ von einem «grundsätzlichen Systemversagen». Der normalerweise recht ausgewogene Meinungswettbewerb funktioniere gerade in Krisenzeiten nicht, da zu Beginn einer Krise noch wenig Wissen und viel Unsicherheit vorhanden seien und man sich zur Minimierung des Fehlerrisikos in solchen Situationen eher an den Behörden orientiere, um sich weniger leicht angreifbar zu machen. Erst nach und nach seien die Medien in der Lage, fundierte Kritik zu äussern, was indes durch die Konsistenzanforderung von Qualitätsmedien wiederum erschwert würde. Die Wissenschaftler regten für Krisenzeiten die Schaffung einer Institution analog eines Advocatus Diaboli an, die bewusst anecken dürfe, um unter Berücksichtigung aller Argumente zu informierteren Meinungen zu gelangen. Unter den Autoren befand sich Reiner Eichenberger, der an der Universität Freiburg den Lehrstuhl für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik innehat und der zuletzt im Frühjahr mit seinem Vorschlag einer kontrollierten Durchseuchung für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Eine abweichende Stimme fand sich auch in der Person des ehemaligen SRF-Fernsehjournalisten Reto Brennwald, der mit seinem Dokumentarfilm «Unerhört» einen Dialog über die Verhältnismässigkeit der Corona-Massnahmen anregen wollte. Dass sich der Dialog zwischen behördenkritischen und behördentreuen Stimmen noch nicht etabliert hatte, zeigte nicht nur die Tatsache, dass nur vier Medienschaffende der Premiere des Films beiwohnten, sondern auch der Umstand, dass Aussagen des zum Podium geladenen und zum gegebenen Zeitpunkt bereits ehemaligen Leiters der Abteilung Übertragbare Krankheiten des BAG, Daniel Koch, von einem Corona-skeptischen Publikum mit Buhrufen oder Gelächter quittiert wurden.

Corona: Situation bei den Medien

Suite à l'acceptation de l'initiative parlementaire Buttet (pdc, VS) sur l'obligation de déclaration de la viande halal ou kasher importée, la CSEC-CN avait élaboré un avant-projet soumis à consultation. Après avoir pris en considération les différents avis exprimés lors de la phase de consultation, la commission a reformulé une motion qu'elle soumet au Parlement. Rapporteuse francophone de la commission, Isabelle Chevalley (pvl, VD) a souligné que le projet élaboré par la CSEC-CN visait une meilleure transparence dans la méthode d'abattage, afin que les consommateurs et consommatrices puissent être informé.e.s au mieux. La commission souhaiterait que cette transparence s'applique tant à la viande indigène qu'à la viande importée. Une indication sur les produits carnés devrait donc permettre à tout un chacun de savoir si l'animal a été abattu selon les méthodes halal ou kasher, deux techniques interdites en Suisse mais dont la viande peut être importée. Isabelle Chevalley a fait remarquer que la viande de lapin importée produite dans des conditions non-admises en Suisse doit explicitement contenir l'indication «Issu d'un mode d'élevage non admis en Suisse».
Une forte minorité a proposé de rejeter le texte (le projet de motion a été accepté, en commission, par 10 voix contre 10 et 3 abstentions, avec la voix prépondérante du président). Le député de l'UDF, Andreas Gafner (BE) a expliqué qu'une grande partie du problème soulevé par l'initiative parlementaire Buttet avait pu être réglée au travers d'un changement législatif touchant aux contingents de viande halal et kasher importée. Pour la minorité, la motion impliquerait une charge administrative qui ne se justifie plus et qui serait trop lourde à mettre en œuvre. En effet, tous les produits à base de viande seraient concernés, même les produits transformés, ce qui pourrait présenter des difficultés aux importateurs.
Le Conseil fédéral s'oppose au texte proposé par la CSEC-CN. En plénum, le conseiller fédéral Alain Berset a, en effet, rappelé qu'un rapport traitant de la question de l'étiquetage des produits alimentaires dont le mode de production diffère des normes suisses est en phase de rédaction. Le Conseil fédéral estime qu'il serait plus sage d'attendre les conclusions de ce rapport avant de prendre toute décision. Ce rapport se penchera notamment sur la marge de manœuvre des autorités sur cette question, eu égard aux engagements internationaux de la Suisse.
Une majorité du Conseil national n'a pas souhaité attendre le rapport susmentionné avant d'agir et a soutenu la motion de la CSEC-CN (122 voix contre 65 et trois abstentions). Les voix s'y opposant sont majoritairement venues des groupes de l'UDC et du PLR.

Transparence dans la méthode d'abattage (Mo. 20.3005)
Dossier: Transparenz bei Produktions- und Schlachtmethoden
Dossier: Deklaration von Herstellungsmethoden, die den Schweizer Standards nicht entsprechen

Es sei «fast so anspruchsvoll wie bei einer Hochzeit», die Sitzordnung im neuen Nationalrat zu finden, titelte die NZZ. In der Tat sorge die Frage: «Wer sitzt wo?» alle vier Jahre für «Gesprächsstoff» (Blick) und sei «ein Prozess mit Nebengeräuschen» (Aargauer Zeitung). «Ein falscher Sitznachbar ist die Hölle», befand gar der Tages-Anzeiger.
Bei der Sitzverteilung gehe es zuerst um die Anordnung der einzelnen Fraktionen im Nationalratssaal. Die hinteren Sitze seien begehrter, weshalb sie in der Regel nicht nur von den Fraktionsspitzen, sondern auch von den grösseren Parteien besetzt werden, während mit den kleineren Fraktionen gegen vorne aufgefüllt werde, so die Medien. Da die Grünen bei den Wahlen 2019 stark zugelegt hatten, hätten sie eigentlich – wie bisher die vier grossen Parteien, wobei die SVP die rechte Ratshälfte von hinten nach vorne aufgefüllt hatte – auch nach hinten zügeln können. Weil es allerdings nicht möglich war, die Fraktionen zusammenzuhalten, das Links-Rechts-Schema abzubilden und auf einzelne Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen – so sollte der auf den Rollstuhl angewiesene Christian Lohr (cvp, TG) einen Platz bei seiner Mitte-Fraktion und gleichzeitig nahe beim Eingang erhalten – verzichteten die Grünen auf dieses Privileg, nachdem elf von den Parlamentsdiensten unterbreitete Vorschläge für eine neue Zuordnung der Fraktionen in die einzelnen Sektoren jeweils abgelehnt worden waren. Als Gegengeschäft auf ihren Verzicht erhielten die Grünen ein Jahr früher als vorgesehen das Nationalratspräsidium, das voraussichtlich also 2022 von Irène Kälin (gp, AG) besetzt werden wird. Darüber hinaus erhielten die Grünen die beiden Präsidien der wichtigen Kommissionen UREK und KVF. Der Zuwachs der Grünen verdrängte die GLP-Fraktion allerdings in die rechte Hälfte des Ratssaales. Die GLP-Fraktion sitzt in der 51. Legislatur damit also neu vor der FDP und links der SVP.
Von den Medien kommentiert wurde zudem die Sitzverteilung innerhalb der Fraktionen, die von diesen innerhalb ihrer zugeteilten Sektoren selber vorgenommen wird und vom SP-Fraktionschef Roger Nordmann (sp, VD) laut Aargauer Zeitung als Geschäft mit «viel Sprengstoff» bezeichnet wurde. Als beliebt gelten auch fraktionsintern die hinteren Plätze sowie jene am Rand der einzelnen Sektoren. Wer ganz hinten einen Platz erhalte, sei in der Hierarchie weit oben, so die NZZ. «Hinterbänkler», die in anderen Ländern unwichtige oder keine Funktionen in einem Parlament besetzen und deshalb die hinteren Sitze erhalten, seien also in der Schweiz besonders bedeutend – so die Neue Zürcher Zeitung. Die FDP platziere ihre neuen Gesichter bewusst alle in der vordersten Reihe, wusste der Blick zu berichten. Und auch die beiden CVP-Neulinge Simon Stadler (cvp, UR) und Priska Wismer-Felder (cvp, LU) sässen zwar in der drittletzten Sitzreihe im Saal, diese entspreche aber zugleich der vordersten CVP-Reihe. Ihre Sitze befänden sich zwischen den je drei BDP- und EVP-Vertreterinnen und -Vertretern, die ebenfalls der neuen Mitte-Fraktion angehören. Plätze am Rand seien praktisch, vor allem, wenn sie eine «Spurtdistanz» von der Cafeteria zu den Abstimmungen zuliessen, zitierte die NZZ den ehemaligen Nationalrat Mario Fehr (sp, ZH). Es gebe aber auch sehr unbeliebte Sitze, so der Tages-Anzeiger. Auf der Plenums-Seite des Ratssaales hat es total 188 Nationalratssitze (und die 46 für die Ständerätinnen und -räte reservierten Sitze an der Rückwand) und vis-à-vis vom Plenum sitzt das 11-köpfige Präsidium (Präsident, 1. und 2. Vizepräsident, je vier Stimmenzählende und Ersatzstimmenzählende). Rechts neben den drei Präsidialsitzen bleibt also ein Platz, der vom Tages-Anzeiger als «Strafbank» bezeichnet wurde. Auf diesen setzte die SVP-Fraktion Lorenzo Quadri (lega, TI). Auch die Fraktion der Grünen setzte die beiden parteifremden Mitglieder Denis de la Reussille (pda, NE) und Stéfanie Prezioso Batou (eag, GE) auf eher unbeliebte Plätze in der ersten Reihe. Dass Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR) neu auf dem gleichen hinteren Platz sitze, wie einst ihr Vater, war dem Tages-Anzeiger genauso einen Vermerk wert wie die Beobachtung, dass die «Querdenker» Lukas Reimann (svp, SG) und David Zuberbühler (svp, AR) von der SVP-Fraktion in die erste Reihe platziert wurden. Dies sei der elektronischen Anzeigetafel geschuldet. Es sehe geschlossener aus, wenn die Abweichler am Rand sässen, mutmasste die Zeitung. Wer diesmal mit dem Sitznachbarn oder der Sitznachbarin Glück oder Pech habe, lasse sich aber wohl erst mit der Zeit sagen, schloss der Tages-Anzeiger.

Sitzordnung im neuen Nationalrat

La CSEC-CN a lancé la procédure de consultation quant à la mise en application de l'initiative parlementaire Buttet (pdc, VS) qui demande une régulation plus stricte de l'importation de la viande obtenue par abattage sans étourdissement. La commission a décidé d'intervenir par voie de révision législative, en modifiant la loi sur l'agriculture, de telle sorte que «la viande kasher et halal importée dans le cadre des contingents tarifaires partiels destinés aux communautés juive et musulmane soit déclarée comme telle». Cela permettra de fournir une meilleure information aux consommateurs et consommatrices. Elle a, par contre, décidé de ne pas intervenir sur le prix des produits importés. La procédure de consultation se termine le 23 août 2019, et permettra à la commission en charge de prendre les différents avis émanant des organisations concernées ainsi que de la société civile en compte.
Afin de pouvoir mener le changement législatif à son terme, la CSEC-CN demande aux chambres de prolonger de deux ans le délai de traitement de l'initiative.

Verstärkte Regulierung der Einfuhr von Halalfleisch (Pa. Iv. 15.499)
Dossier: Transparenz bei Produktions- und Schlachtmethoden
Dossier: Deklaration von Herstellungsmethoden, die den Schweizer Standards nicht entsprechen

Le postulat, déposé par Yannick Buttet (pdc, VS), puis repris par Benjamin Roduit (pdc, VS), porte sur la lutte contre le dumping social et salarial. Le Conseil fédéral est chargé d'examiner les mesures prises par les Etats membres de l'UE en application de la directive sur les travailleurs détachés et de les mettre en parallèle avec les mesures d'accompagnement prises en Suisse dans le cadre de l'accord sur la libre-circulation des personnes. Les parlementaires valaisans doutent de l'application des directives européennes par les Etats membres.
Le Conseil fédéral propose de rejeter le postulat. D'une part, une nouvelle directive concernant le détachement de travailleurs a été élaborée par la Commission européenne afin d'en améliorer l'exécution. Elle rédige actuellement un premier rapport d'évaluation de la mise en œuvre dans les Etats membres. Ainsi, le rapport pourra être utilisé comme base de comparaison. D'autre part, le Conseil fédéral rappelle que les prescriptions de l'UE ont été respectées lors de sa réponse au postulat Müller (07.3901). Finalement, la comparaison est rendue difficile en raison de l'unicité de l'approche suisse, caractérisée par une exécution duale reposant sur une participation déterminante des partenaires sociaux, et de la reprise partielle des dispositions relatives à la libre prestation de services.
Lors du passage au Conseil national, le postulat est adopté par 142 voix contre 37 et 5 abstentions. Le Conseil fédéral devra donc procéder à la comparaison.

Lutte contre le dumping dans le cadre de l'application de la directive de l'UE sur les travailleurs détachés (Po. 17.3126)

Neben dem Giornale del Popolo fand auch die TagesWoche im Jahr 2018 ein Ende. Die im Jahr 2011 als Gegengewicht zu der von Christoph Blocher übernommenen Basler Zeitung ins Leben gerufene Online-Tageszeitung, die einmal pro Woche als Printausgabe erschien, stellte ihren Betrieb in demselben Jahr ein, in dem Tamedia die Basler Zeitung vom SVP-Doyen erwarb.

Ende der TagesWoche

Im Juli 2018 wurde die jüngste Tochter von Christoph Blocher, Rahel Blocher, Verwaltungsratspräsidentin der aus der BaZ Holding AG hervorgegangenen Zeitungshaus AG. Markus Somm, damals Chefredaktor der Basler Zeitung, schied aus dem Verwaltungsrat aus, womit Christoph Blocher und Rolf Bollman im Verwaltungsrat verblieben. Sowohl Somm als auch Bollmann verkauften zu diesem Zeitpunkt ihre Anteile der Zeitungshaus AG an die Blocher-eigene Robinvest, womit diese fortan als alleinige Besitzerin eingetragen war. Rahel Blocher, ihrerseits Geschäftsführerin von Robinvest, übernahm ebenfalls den Verwaltungsratsvorsitz der Zeitungshaus-Tochterfirma Swiss Regiomedia, die insgesamt 25 im Vorjahr von der Zehnder Regionalmedia AG übernommene Gratis-Wochenblätter herausgibt. Als Gegenleistung für die Übergabe der Basler Zeitung an Tamedia erhielt die Zeitungshaus AG im Berichtsjahr mit dem «Furttaler», dem «Rümlanger» und dem Tagblatt der Stadt Zürich drei weitere Gratisanzeiger. Die geplante Übernahme zweier weiterer, in der Romandie verankerter Anzeigeblätter, «Lausanne Cités» und «GHI», scheiterte an Jean-Marie Fleury, dem Verleger der beiden Titel, der von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machte. 2018 erwarb die Zeitungshaus AG ferner den Winterthurer Stadtanzeiger und plante dessen Integration in die Winterthurer Zeitung. Die Konsolidierung der Stellung der Zeitungshaus AG in der Region Zürich und dabei insbesondere die Übernahme des Tagblatts der Limmattstadt erfolgte nicht lautlos. Im Zürcher Stadtparlament zeigten sich um die 60 der 125 Gemeinderätinnen und -räte um die Unabhängigkeit des Tagblatts besorgt. Der Stadtrat beruhigte; eine ausgewogene und sachliche Berichterstattung sei vertraglich vereinbart.

Zeitungshaus AG

Einstimmig gab im März 2018 auch die UREK-SR einer parlamentarischen Initiaitive Badran (sp, ZH) zur Unterstellung der strategisch wichtigen Infrastrukturen des Energiesektors (Wasserkraftwerke, Stromnetze und Gasnetze) unter die Lex Koller Folge. Damit sollen diese für das einwandfreie Funktionieren der Schweiz notwendigen Schlüsselinfrastrukturen vor einer ausländischen Übernahme geschützt werden. Es gebe selten Geschäfte, in denen sich SVP-Stratege Christoph Blocher und Jaqueline Badran einig seien, die Sorge um den Ausverkauf der inländischen Strom- und Wasserversorgung an ausländische Investoren verbinde aber die beiden Zürcher Politgrössen, postulierte der Tages-Anzeiger kurz vor der Kommissionssitzung. Nicht nur Politikerinnen und Politiker der Polparteien wünschten sich eine Gesetzesanpassung, wie die einstimmig gesinnte Kommission zu erkennen gab. Eine «grosse Mauer gegen die Chinesen» könne so geschaffen werden, titelte der «Blick», und die wettbewerbsverzerrenden Aufkäufe durch den chinesischen Staatsfonds könnten damit unterbunden werden, erklärte Ruedi Noser (fdp, ZH) in derselben Zeitung. In der Offensive gegen eine etwaige Verkaufsbeschränkung stand gemäss Tages-Anzeiger der VSE, da der Verband befürchtete, mit der Ausweitung der Lex Koller «die bereits angespannte Lage der Elektrizitätswirtschaft zusätzlich [zu] verschärfen».

Verkaufseinschränkung von Energieinfrastrukturanlagen an ausländische Investoren (Pa.Iv. 16.498)
Dossier: Lex Koller
Dossier: Ausländische Investitionen in Schweizer Unternehmen
Dossier: Energie - Versorgungssicherheit
Dossier: Schutz kritischer Infrastrukturen
Dossier: Too-big-to-fail in der Energiebranche

Comme pour l'initiative cantonale des Grisons, la majorité des membres de la CEATE-CN estime que la demande du canton du Valais enfreindrait le principe de la séparation entre zones constructibles et non constructibles. De plus, cela ouvrirait la voie pour la transformation d'anciennes constructions agricoles en habitations. Elle décide de ne pas donner suite à l'initiative cantonale, par 15 voix contre 9. Toutefois, elle adhère à l'idée sous-jacente de la motion déposée par la CEATE-CE, à savoir d'autoriser la transformation en habitations des bâtisses agricoles, pour autant que leur plan directeur en prévoie la réglementation et que ces transformations n’entraînent aucun coût ni obligation supplémentaire pour les pouvoirs publics. Une large minorité se composant de huit membres de l'UDC et de Yannick Buttet (pdc, VS) propose au Conseil national de donner suite aux initiatives grisones et valaisannes. Lors du passage au Conseil national, par 102 voix contre 55 et 2 absentions, la proposition de la majorité l'emporte. Suite à une demande, le vote est répété. Le résultat du premier vote est finalement confirmé, avec 109 voix contre 82 et 3 abstentions. L'initiative valaisanne pour la réaffectation des bâtiments agricoles en habitation est liquidée, comme celle des Grisons. La motion de la CEATE-CE est adoptée.

Réaffectation en usage d'habitation pour des constructions non utilisées pour des activités agricoles (soutien du Valais à l'initiative cantonale des Grisons; Iv.ct. 16.310)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Am ersten Tag der Frühjahrssession wurden zwei neue Ratsmitglieder vereidigt. Brigitte Crottaz (sp, VD) nahm den Platz des Anfang November 2017 zurückgetretenen Christophe Schwaab (sp, VD) ein. Dank der 60-jährigen Ärztin und Waadtländer Grossrätin stieg die Zahl der Frauen in der grossen Kammer auf 64. Ihr 38-jähriger Vorgänger hatte familiäre Gründe für seinen Rücktritt geltend gemacht: Er wolle sich stärker um seinen siebenjährigen Sohn kümmern, der an einer Entwicklungsstörung leide.
Benjamin Roduit (cvp, VS) – 55-jähriger Lehrer und ehemaliger Rektor am Gymnasium in Sion – rutschte für Yannick Buttet (cvp, VS) nach. Buttet hatte sein Amt Mitte Dezember niedergelegt, nachdem er in der Presse mit sexueller Belästigung in Verbindung gebracht worden war und die Medien ein gegen ihn laufendes Strafverfahren wegen Verdacht auf Nötigung bekannt gemacht hatten.
Nachdem Crottaz das Gelübde und Roduit den Eid abgelegt hatten, wurden die beiden neuen Ratsmitglieder mit Applaus begrüsst. Damit waren die elfte und die zwölfte Mutation in der 50. Legislatur Tatsache.

Mutationen 2018
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Die Diskussionen um das Milizsystem wurden Anfang 2016 durch eine Ankündigung von Christoph Blocher, eine Initiative zur Abschaffung des Berufsparlaments lancieren zu wollen, neu entfacht. Massnahmen gegen die «Classe politique» hätten im Parlament keine Chance, deshalb wolle er ein Volksbegehren lancieren, mit dem die Bezüge der Parlamentsmitglieder gekürzt werden sollten. Ein Pauschalsalär – Blocher forderte CHF 50'000 – solle die verschiedenen Vergütungen zwischen CHF 120'000 und 150'000 ersetzen. Die Forderung, die Blocher bereits kurz nach seinem Rücktritt aus dem Nationalrat gestellt hatte, wolle er als Privatmann realisieren.
In den Medien wurden Parlamentsmitglieder zum Vorschlag befragt: Während Roland Büchel (svp, SG) die Idee unterstützte und darauf hinwies, dass im Parlament Leute sitzen müssten, die daneben arbeiten und «im realen Leben verankert sind», gab Sebastian Frehner (svp, BS) zu bedenken, dass mit der Lohnsenkung auch der Arbeitsaufwand gesenkt werden müsste. Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL) hingegen hielt in Anbetracht von Aufwand und Ertrag die momentane Entschädigung für angemessen und Beat Jans (sp, BS) warnte, dass er mit weniger Entschädigung und weniger Zeit eine Vorlage wohl nicht mehr genau prüfen könne. Im Gegensatz zu Peter Keller (svp, NW), der vor immer mehr «verkappten Berufspolitikern» warnte, die durch Annahme von Mandaten nicht nur den Milizgedanken untergruben, sondern sich dadurch auch abhängig machten, hielt Jacqueline Badran (sp, ZH) eine genügende Entschädigung von Parlamentsmitgliedern für die eigentliche Bedingung politischer Unabhängigkeit. Ansonsten müsste man sich entweder in den Sold der Wirtschaft begeben oder sonst könnten sich nur noch Reiche wählen lassen.
Die Medien zitierten zudem verschiedene Studien, die zeigten, dass das Milizparlament «längst ein Mythos» sei, da es aufgrund der Komplexität der Geschäfte kaum mehr möglich sei, nebenamtlich Politikerin oder Politiker zu sein. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Schweiz im internationalen Vergleich ein sehr kostengünstiges Parlament habe. Eine neue, Ende 2016 erschienene Studie aus Lausanne (Pilotti 2017) zeigte, dass im Zeitraum von 1910 bis 2016 sowohl eine Professionalisierung des Parlaments als auch eine zunehmende Demokratisierung der Rekrutierung der Mitglieder im Sinne einer Öffnung für neue soziale Schichten stattgefunden hat.
Diskutiert wurde auch die gesellschaftliche Unterstützung der Milizidee: Das Milizsystem sei auch deshalb unter Druck, weil es zwar überall gelobt werde, aber die Milizarbeit vor allem auch auf lokaler Ebene kaum honoriert werde. Immer weniger Menschen seien bereit, politische Freiwilligenarbeit zu übernehmen. Dies werde zudem von den meisten Arbeitgebern auch nicht sonderlich unterstützt. Gefordert wurden etwa flexible Arbeitszeiten oder die Möglichkeit für Home-Office.

Diskussionen zum Milizsystem 2016 / 2017
Dossier: Milizparlament in der Krise?

Auch 2017 fanden sich in den Medien einige Überlegungen zum Funktionieren der Demokratie im Allgemeinen und der direkten Demokratie im Besonderen: Ist die (direkte) Demokratie in Gefahr? Wie sollen Volksinitiativen umgesetzt werden? Wer darf sich in Abstimmungskämpfe einmischen? Macht die direkte Demokratie eine Verschnaufpause?

Nahrung für diese Überlegungen gab unter anderem der Amtsantritt des neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Herrschte auf der einen Seite Angst, dass der neue Präsident in einer politischen Krise gefährlich werden könnte, wurde auf der anderen Seite Zuversicht geäussert, dass die Demokratie auch «Stürme» aushalte (Aargauer Zeitung). Dies zeige nicht zuletzt auch die über 180-jährige Erfolgsgeschichte der Schweiz. Zwar gebe es auch hier Fragen, die in Krisensituationen – hervorgehoben wurde insbesondere die Zuwanderung – in direktdemokratischen Abstimmungen nicht immer allen gefallen würden. Dies sei aber vielmehr ein Zeichen der «Lebhaftigkeit» und nicht des Endes der Demokratie.

Ganz andere Töne schlug Christoph Blocher bei seiner traditionellen Albisgüetli-Rede an. Es finde eine «Entmachtung der Bürger» statt: Die «Unwissenden, die Modernisierungsverlierer, die Unanständigen, die Stillosen, die Populisten, die Nationalkonservativen und natürlich die SVP» stünden einer politischen Elite gegenüber, die aus Intellektuellen und «Volksverächtern» bestünde, die nicht nur die Volksrechte einschränken wollten, sondern auch immer mehr Geld aus der Bevölkerung pressten. Widerstand sei zwingend. Auch die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative wurde von SVP-nahen Kreisen immer wieder kritisiert und als «Verfassungsbruch» bezeichnet. Die direkte Demokratie sei in Gefahr, gab etwa ein Komitee als Begründung für das letztlich gescheiterte Referendum gegen die Umsetzung des SVP-Begehrens an.

Dass die Umsetzung von angenommenen Initiativen schwierig ist, zeigte sich auch bei der sogenannten Pädophileninitiative. Mehrere Stimmen wurden laut, die forderten, dass die Initiative nicht gesetzlich konkretisiert werden solle, sondern – wie dies schon bei der Minarettinitiative der Fall gewesen war – lediglich der Verfassungstext als Grundlage für eine direkte Anwendung bzw. eine juristische Auslegung herangezogen werden solle. Damit würde man auch der «zunehmenden Tendenz von grund- und völkerrechtswidrigen Volksinitiativen Einhalt [...] gebieten» begründete etwa Daniel Jositsch (sp, ZH) diesen Vorschlag. Volksinitiativen würden trotz Bedenken zur Umsetzbarkeit angenommen – Hans Rentsch bezeichnete dies in der Weltwoche als «expressive voting», also als symbolischen und emotionalen statt sachlichen Abstimmungsentscheid. Das bringe das Parlament in ein Dilemma, befand auch Beat Vonlanthen (cvp, FR): Wenn es den Spielraum ausnutze und die extremsten Forderungen eines Volksbegehren einschränke um sie grund- und menschenrechtskonform umzusetzen, werde ihm nachher Verfassungsbruch vorgeworfen.

Im Rahmen der Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III wurde die Frage diskutiert, wer in Abstimmungskämpfen Empfehlungen abgeben darf. Mehrere kantonale Finanzdirektoren warben in einem Inserat für ein Ja zur Steuerreform. Die Frage, ob sich die Kantone an der Finanzierung dieser Inserate beteiligten, wurde zwar abschlägig beantwortet, trotzdem sei es heikel, dass sich amtliche Stellen in Abstimmungskämpfe einmischten, kritisierte etwa der Tages-Anzeiger. Es wurde dabei auch auf ein Bundesgerichtsurteil verwiesen, das die Stellungnahme von Ostschweizer Regierungsräten zum Nachrichtendienstgesetz gerügt hatte.
Das Nein zur USR III wurde teilweise auch unter dem Aspekt einer Korrekturwirkung der direkten Demokratie diskutiert. Der Entscheid sei als Kurskorrektur eines Projektes einer rechtsbürgerlichen Mehrheit aus SVP und FDP im Nationalrat zu verstehen. Die direkte Demokratie habe «das Misstrauen quasi im Blut», interpretierte etwa der Zürcher Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann im Blick den Abstimmungsausgang.

Eben diese direkte Demokratie «halte Winterschlaf», bilanzierte die Solothurner Zeitung mit Blick auf den Umstand, dass im Jahr 2017 über keine einzige Volksinitiative abgestimmt wurde und sogar der Abstimmungstermin Ende Jahr entfiel. Dies sei wohl aber nur eine Verschnaufpause, befänden sich doch eine Reihe neuer Volksbegehren in der Pipeline. Nicht weniger als fünf neue Anliegen wurden im Herbst – wohl auch im Hinblick auf die Wahlen 2019 – lanciert. Dass die Initiative zur «arme électorale» werde, wie die Tribune de Genève titelte, sei zu verhindern, zum Beispiel durch Erhöhung der Unterschriftenzahl, gab Yannick Buttet (cvp, VS) im gleichen Blatt zu Protokoll. Experten gaben allerdings zu bedenken, dass wohl vor allem kleine und finanzschwache Organisationen unter einer solchen Änderung der Spielregeln zu leiden hätten.
Zu den potenziellen künftigen Abstimmungsvorlagen wird vermutlich auch ein Referendum über die Armeeflugzeugbeschaffung gehören. Armeeminister Guy Parmelin hatte nämlich beschlossen, den Planungsbeschluss dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Damit begebe sich der SVP-Bundesrat auf demokratisches Neuland, urteilte der Tages-Anzeiger. Es handle sich hier quasi um die Einführung eines Finanzreferendums auf nationaler Ebene.
Bereits ihren Schatten voraus warf die Selbstbestimmungsinitiative der SVP, die den Vorrang des Landesrechts in der Verfassung verankern will und 2018 in den Räten debattiert werden wird. Was geschehen soll, wenn eine Volksinitiative angenommen wird, die gegen Völkerrecht oder bestehende Verträge verstösst, sei in der Tat nicht geregelt aber im Rahmen der Überlegungen zu Ungültigkeitsgründen von Volksinitiativen schon virulent diskutiert worden, fand Andrea Caroni (fdp, AR).

2017 - Kritik an der direkten Demokratie

Seit 1983 war es nie mehr vorgekommen, dass in einem Jahr über kein einziges Volksbegehren abgestimmt wurde. Dies war allerdings 2017 wieder der Fall. Zu diesem Umstand beigetragen hatte nicht nur der in den letzten Jahren zu verzeichnende leichte Rückgang der Zahl lancierter Initiativen – in den Medien war nach der «Initiativenflut» eine eigentliche «Initiativenflaute» beklagt worden –, sondern auch, dass im Jahr 2017 gleich drei Begehren zurückgezogen wurden (2016: 1). Im Falle der «Rasa-Initiative», mit der die Masseneinwanderungsinitiative wieder aus der Verfassung hätte gestrichen werden sollen, war lange unklar, ob sie nicht doch an die Urne gelangen wird. Bei der «Wiedergutmachungsinitiative» hatte das Parlament in Form des Bundesgesetzes über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 einen indirekten Gegenvorschlag verabschiedet, der die Initianten zufrieden stellte. Der Bauernverband schliesslich zog seine Initiative «für Ernährungssicherheit» zurück, weil das Parlament eine Verfassungsänderung als direkten Gegenvorschlag ausgearbeitet hatte, der mittels obligatorischem Referendum Ende September 2017 angenommen wurde.
Allerdings dürfte es in den folgenden Jahren kaum mehr ausschliesslich zu Abstimmungswochenenden ohne Volksinitiativen kommen, waren doch 2017 zwölf Begehren abstimmungsreif bzw. beim Bundesrat oder im Parlament hängig (2016: 8). Zudem hatten die Komitees in diesem Jahr für vier Initiativen (2016: 8) die nötigen Unterschriften in der 18-Monate-Frist zusammengebracht, nämlich für die Initiative «für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub», die «Transparenz-Initiative» sowie die Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot». Auch die «Pflegeinitiative» war 2017 zustande gekommen, also noch im gleichen Jahr, in dem sie vom Schweizerischen Berufsverband für Pflegefachpersonal (SBK) lanciert worden war.
Darüber hinaus wurden im Jahr 2017 für zwölf Begehren Unterschriften gesammelt (2016: 7). Neben den bereits 2016 lancierten Initiativen «für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide" und «Fair-Preis-Initiative» wurden also im Berichtsjahr zehn neue Volksinitiativen lanciert (2016: 6), fünf davon innerhalb eines Monats, was in einigen Medien und bei Politikerinnen und Politikern die Angst vor einer neuerlichen Initiativenflut heraufbeschwor – insbesondere, weil im Jahr vor den Wahlen wohl noch zahlreiche Parteien wieder Initiativen als Wahlkampfvehikel einreichen würden. Yannick Buttet (cvp, VS) sprach sogar von einem Systemfehler, da Initiativen immer mehr als Blockadeinstrumente gebraucht würden. Interessant waren freilich die Forderungen der neu lancierten Begehren. Drei liessen sich dem Gesundheitswesen zuschreiben (die oben erwähnte «Pflegeinitiative», die Initiative «Organspende fördern» und die Initiative für die «Organisationsfreiheit der Kantone für die Krankenversicherung»), drei stammten von Umwelt- bzw. Tierschutzkreisen («Trinkwasser-Initiative», «Atomkraftwerke abschalten» und «Tier- und Menschenversuchsverbot»), zwei von links («99 Prozent-Initiative» und «Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten») und eines von rechts («Zuerst Arbeit für Inländer»). Das zehnte neu lancierte Begehren, die Initiative für ein «von den Krankenkassen unabhängiges Parlament» richtete sich gegen die Krankenkassenlobbys im Parlament und stammte von demselben Komitee wie die Initiative, mit welcher gefordert wurde, dass die Kantone in der Organisation der Krankenkassen frei sind. Bekannte Köpfe in diesem Komitee waren Pierre-Yves Maillard (VD, sp) und Mauro Poggia (GE, mcg), ehemals Nationalräte und aktuell Regierungsräte in den Kantonen Waadt und Genf.
Dass das Sammeln von 100'000 Signaturen in 18 Monaten nach wie vor kein Kinderspiel ist, zeigten die beiden Initiativen, die 2017 gescheitert waren (2016: 1): Die Initiativen «Stopp den Auswüchsen von Via sicura» und «Ja zur Bewegungsmedizin».

Volksbegehren im Jahr 2017
Dossier: Lancierte Volksinitiativen von Jahr zu Jahr (ab 2007)

Im Sommer 2017 reichte Albert Vitali (fdp, LU) ein Postulat ein, gemäss dem der Bundesrat einen Bericht zu den Möglichkeiten der Optimierung des nationalen Finanzausgleichs verfassen soll. Der Ressourcenausgleich zwischen den Kantonen soll zukünftig Anreize für eine Verbesserung der finanziellen Leistungsfähigkeit beinhalten. Das Postulat nahm Ideen einer politischen Arbeitsgruppe der Kantone unter anderem bezüglich einer gesetzlich garantierten Mindestausstattung sowie einer verstärkten Orientierung der Ausgleichssumme an der tatsächlichen Entwicklung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kantone auf. Der Bundesrat argumentierte, dass ihm die KdK im März 2017 bereits einen „neuen Mechanismus zur Festlegung der Dotation des Ressourcenausgleichs” vorgeschlagen habe, welcher die Anreize für die ressourcenschwächsten Kantone steigern sollte. Diesen und andere Vorschläge prüfe der Bundesrat im Rahmen des Wirksamkeitsberichts 2016-2019, folglich empfahl er das Anliegen zur Annahme. Nachdem Yannick Buttet (cvp, VS) das Postulat in der Herbstsession 2017 noch bekämpft hatte, konnte er seine Position in der Wintersession 2017 aufgrund seiner Abwesenheit nicht vertreten. In der Folge nahm der Nationalrat das Postulat mit 126 zu 57 Stimmen – gegen den Widerstand der SP-Fraktion, einer Mehrheit der Grünen-Fraktion, aber nur von vereinzelten Mitgliedern der CVP-Fraktion – deutlich an.

Optimierung des nationalen Finanzausgleichs (Po. 17.3436)
Dossier: Revision des Finanz- und Lastenausgleichs (seit 2015)

Ende November 2017 löste ein Artikel in der Zeitung Le Temps über Yannick Buttet (cvp, VS) eine Debatte aus, mit der die aktuellen Diskussionen um #metoo – ein Kürzel, das im Rahmen der Anklage gegen den US-amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein aufgekommen war und auf sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe aufmerksam machen will – auch in Bundesbern virulent wurden und die letztlich zur Demission des Walliser Nationalrats führten.

Le Temps berichtete, dass gegen Buttet eine Klage wegen Stalking eingereicht worden sei. Er habe eine Frau, mit der er eine aussereheliche Beziehung gehabt habe, seit dem Ende dieser Beziehung über ein Jahr lang mit Sprachnachrichten und Telefonanrufen eingedeckt. Als er sie an ihrem Wohnort aufgesucht habe, habe die Frau die Polizei gerufen, die Buttet im Garten der ehemaligen Geliebten verhaftet habe.
Buttet bestritt die Vorwürfe nicht. Eine Ehekrise habe sein Verhalten beeinflusst und er entschuldige sich bei all jenen, «que j’ai pu blesser involontairement» (Le Temps). Anlass zu den Diskussionen gaben allerdings weniger das Privatleben von Buttet und der Stalking-Vorwurf – auch wenn zahlreiche Medien dem als wertkonservativ bezeichneten CVP-Vizepräsidenten, der sich für ein traditionelles Familienbild einsetze, Heuchelei vorwarfen («Ausgerechnet der Saubermann» titelte etwa der Tages-Anzeiger). Eine Debatte lösten vielmehr die von Le Temps in Bundesbern eingeholten Reaktionen verschiedener Politikerinnen und Journalistinnen auf die Affäre Buttet aus: Buttet habe «des pulsions sexuelles incontrôlées»; wenn er trinke, ändere sich seine Persönlichkeit: «Il se comporte mal et il a des gestes déplacés»; «il va trop loin et il ne connaît plus de limites», gaben die befragten Frauen zu Protokoll. Gar von «dérapages choquants» war die Rede. «Si tu couches, je vote pour ta motion» sei einer Parlamentarierin angeboten worden. Die Interviewten wollten allerdings anonym bleiben. Sie müssten um ihre Karriere fürchten, wenn sie sich öffentlich äussern würden. In der Folge nahm die Deutschschweizer Presse den Fall auf und weitete ihn aus. Anscheinend wisse nicht nur Buttet nicht, wo die Grenzen seien. Mehrere Parlamentarierinnen kamen zu Wort und berichteten über «unangebrachte Gesten, die sie wirklich darüber nachdenken lassen, wohin sie gehen oder ob sie es noch wagen, mit gewissen Personen den Lift zu nehmen» (Céline Amaudruz; svp, GE), über «sexistische Sprüche» (Yvonne Feri; sp, AG) oder gar Vergewaltigungsdrohungen in Kommissionssitzungen (Maria Roth-Bernasconi; sp, GE). Viele Parlamentarierinnen erhielten Bemerkungen zu ihrer Kleidung, ihrem Make-Up, ihren Beinen, ihren Brüsten; viele wüssten nicht, wie sie reagieren sollten, würden resignieren und versuchten, damit zu leben.
Maya Graf (gp, BL) forderte als Präsidentin des Frauendachverbandes Alliance F eine Meldestelle für Parlamentsmitglieder, bei der sexuelle Belästigung gemeldet werden könne. Sexismus gehöre leider immer noch zur Tagesordnung; das sei im Parlament nicht anders. Freilich gab es auch Stimmen, die ein Sexismus-Problem im Bundeshaus als «Blödsinn» bezeichneten (Verena Herzog; svp, TG) und keinen Handlungsbedarf sahen. Um gewählte Nationalrätin zu sein, müsse man stark und durchsetzungsfähig sein und könne sich wohl zur Wehr setzen, befand Andrea Gmür (cvp, LU). Natalie Rickli (svp, ZH) warnte davor, nun gleich alle Männer im Bundeshaus unter Generalverdacht zu stellen. Auch Kathrin Bertschy (glp, BE) betonte im Tages-Anzeiger, dass sich die grosse Mehrheit der männlichen Kollegen auch bei informelleren Anlässen, in denen Alkohol fliesse, «normal und anständig» verhalten würde. Wie überall gebe es aber auch hier «ein paar Typen, die enthemmter sind und die Grenzen nicht kennen.»

Wie ambivalent die Debatte um #metoo ist und wie schwierig es eben ist, sich zu wehren, zeigten die Auseinandersetzungen um die Anschuldigungen von Céline Amaudruz zu den unangebrachten Gesten und ihren Bedenken, mit gewissen Personen den Lift zu benutzen. Nachdem der Sonntags-Blick kolportiert hatte, dass ihre Andeutung wohl Buttet gegolten haben müsse – der Walliser soll sie beim Apéro nach der Wahl von Ignazio Cassis in stark angetrunkenem Zustand belästigt haben –, wurde die Genferin laut Medien in ihrer Fraktion von Adrian Amstutz (svp, BE) heftig kritisiert. Sie schade der Partei und allen Parlamentariern, wenn sie Äusserungen mache ohne konkret zu werden und Namen zu nennen. Laut Sonntags-Blick habe die Genferin darauf unter Tränen das Fraktionszimmer verlassen. In seinem Editorial in der Weltwoche doppelte Roger Köppel (svp, ZH) nach: Das Klima im Bundeshaus sei «sexismusfeindlich», Männer stünden unter Generalverdacht. Und weiter: «Eine Politikerin, die ich noch nie ohne kurzen Rock oder hautenge Bluse gesehen habe, beschwert sich, sie würde mit gewissen Herren niemals in den Lift steigen.» Das Problem sei, so die Tribune de Genève, dass Frauen von Opfern zu Täterinnen gemacht würden – auch im Bundeshaus. Die «manipulierende Wirkung der medialen Öffentlichkeit» – so die Wochen-Zeitung – sei vor allem für Frauen verheerend, denen, wenn sie eine Anschuldigung vorbrächten, eine mediale Hetzjagd und die Ausleuchtung ihres Privatlebens drohe: «Kann eine Situation juristisch nicht eindeutig geklärt werden, bleibt die Geschichte vor allem an der Frau kleben. Sie kriegt den Schlampenstempel aufgedrückt.»

Buttet wurde kurz nach Bekanntwerden der Anschuldigungen von seinem Amt als CVP-Vizepräsident suspendiert. Einen Rücktritt als Nationalrat schloss Buttet vorerst allerdings aus, auch wenn sich gar CVP-Bundesrätin Doris Leuthard in die Debatte einbrachte. Falls die Vorwürfe korrekt seien, habe Herr Buttet ein Problem, sagte die Magistratin bei einem TV-Interview: «Alle diese Herren, die sich nicht zu benehmen wissen, nerven mich [...]. In der Politik ist das inakzeptabel», wurde das Interview bei RTS im Blick zitiert. Rund fünf Tage nach Bekanntwerden des Stalking-Vorwurfs liess sich Buttet krank schreiben. Er wolle eine Kur beginnen, um sein Alkoholproblem in den Griff zu kriegen, liess er über seinen Anwalt verkünden. Damit vermied er eine geplante Anhörung durch die Parteileitung. CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) nahm in der Folge vor der Presse Stellung. Buttets Verhalten sei in der Tat inakzeptabel, aber auch für ihn gelte die Unschuldsvermutung.
Freilich wurden nicht nur die Rücktrittsforderungen, sondern auch die Forderungen nach einem Parteiausschluss lauter. Insbesondere nachdem in Le Temps sechs weitere Frauen zu Wort gekommen waren, die detailliert sexuelle Belästigungen von Buttet beschrieben, und nachdem bekannt wurde, dass die Walliser Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Nötigung eingeleitet hatte. Ohne mit seiner Partei das Gespräch gesucht zu haben, zog Buttet wohl auch deshalb die Reissleine und gab am Sonntag, 18. Dezember 2017 seine Demission als Nationalrat bekannt. Er erklärte via Communiqué, im Interesse der CVP und seiner Familie zurückzutreten. Er wolle sein Umfeld schützen und die notwendige Ruhe für den Heilungsprozess von seiner Alkoholabhängigkeit schaffen. Für Buttet, der Gemeindepräsident von Collombey-Muraz (VS) blieb, rutschte Benjamin Roduit (cvp, VS) in den Nationalrat nach.

Eine rasche Reaktion auf die Debatten zeigten die beiden Ratspräsidien. Karin Keller-Sutter (fdp, SG) und Dominique de Buman (cvp, FR) fassten eine «Lex Buttet» (Blick) ins Auge. Sexuelle Belästigung müsse verurteilt werden und gegen sie sei «mit aller Entschiedenheit» vorzugehen, so die Ständeratspräsidentin und der Nationalratspräsident in einem gemeinsamen Communiqué. Mitte Dezember legte die Verwaltungsdelegation in Absprache mit den Rats- und den Fraktionspräsidien dann ein Dokument vor, in dem den Parlamentsmitgliedern geraten wurde, sich bei sexueller Belästigung künftig an die Fraktionsspitzen oder eine externe Beratungsstelle zu wenden. Das Dokument hielt zudem den Unterschied zwischen einem Flirt und sexueller Belästigung fest, wie er auch im Ratgeber für Arbeitnehmende des Bundes vermerkt ist: Ein Flirt sei «aufbauend», «von beiden Seiten erwünscht» und löse «Freude aus», während sexuelle Belästigung «erniedrigend», «von einer Person nicht erwünscht» sei und «Ärger» auslöse. Mit diesem Dokument drifte die Debatte ins Lächerliche ab, bedauerte Natalie Rickli, als «fausse bonne idée» bezeichnete Doris Fiala (fdp, ZH) das Unterfangen laut Tages-Anzeiger. Leider mache man nur noch Witze, wenn man «wie Schulbuben» behandelt werde, obwohl es bei Stalking und sexuellen Belästigungen um wichtige Themen ginge. Géraldine Savary (sp, VD) befand es hingegen für nützlich, in Erinnerung zu rufen, «was normal sein sollte, es aber offenbar nicht für alle ist». Es sei gut darüber zu reden, weil das vor allem den Frauen helfe, sich bewusst zu werden, dass man Grenzen setzen dürfe und müsse, gab sie dem Tages-Anzeiger zu Protokoll.

Einige Medien reflektierten ihre eigene Rolle in der Affäre: Buttets Karriere ende, bevor erwiesen sei, ob und was er sich zuschulden habe kommen lassen – so etwa die Basler Zeitung. Die Unschuldsvermutung habe keinen Wert mehr und in den letzten drei Wochen habe eine «veritable Hetzjagd» mit zahlreichen anonymen Beschuldigungen stattgefunden. Nur eine Frau habe aber genug Rückgrat gehabt, Buttet anzuzeigen, seine ehemalige Geliebte. Die «tolérance zéro» sei zur Norm im Parlament geworden, urteilte die Tribune de Genève und stellte einen Vergleich mit dem Rücktritt von Jonas Fricker (gp, AG), dem Wirbel um ein aussereheliches Kind von Christophe Darbellay (VS, cvp) und der Affäre um Geri Müller (gp, AG) her. Jemand mache einen Fehler, es komme zu einem Mediengewitter und zu grossem politischen Druck, dem nur noch durch einen Rücktritt begegnet werden könne. Man müsse sich fragen, ob die immer schneller agierenden Medien Meinungen abbildeten oder selber formten. Sie hätten auf jeden Fall die Macht, zu definieren, was moralisch vertretbar sei. Die Vermischung von privatem und öffentlichem Leben nehme zu. Man müsse freilich unterscheiden zwischen moralischen und strafrechtlichen Verfehlungen – so die Tribune de Genève.

Mitte August 2018 wurde bekannt, dass Buttet wegen Nötigung und unrechtmässiger Aneignung zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Er selber bezeichnete die damals publik gewordene Verhaftung laut der NZZ als Resultat einer politischen Verschwörung. Er überlege sich, im Herbst 2019 für den Ständerat zu kandidieren.

Affäre Buttet

Während die Motion Buttet (cvp, VS) „Der Bund als Vorbild bei der Elektromobilität“ im Nationalrat diskussionslos angenommen worden war, führte das Anliegen im September 2017 in der kleinen Kammer zu einer angeregten Debatte über Sinn und Unsinn von derartigen Vorgaben, an deren Ende sich der Ständerat über den Antrag des Bundesrates und den Antrag seiner KVF hinwegsetzte und die Motion mit 22 zu 19 Stimmen annahm.

Der Bund als Vorbild bei der Elektromobilität (Mo. 16.3063)

Ziemlich überraschend – sogar für seine eigene Partei – gab Didier Burkhalter Mitte Juni 2017 seinen Rücktritt bekannt. Nach acht Jahren im Bundesrat – zwei Jahre als Innen- und sechs Jahre als Aussenminister – und vorher sechs Jahren im Nationalrat habe er das Bedürfnis, etwas anderes zu machen: „J'ai ressenti le besoin de changer de vie”. In den Medien war Burkhalter seit einiger Zeit zwar als etwas amtsmüde dargestellt worden – insbesondere seine häufige Absenz in Bundesbern und der Umstand, dass er lieber von Neuenburg aus arbeite, wurden moniert –, zudem habe er zunehmend den Rückhalt für das Europadossier verloren, der Rücktritt war aber doch nicht erwartet worden. Insbesondere auch, weil er wenige Tage vor einer EU-Standortbestimmung im Bundesrat erfolgte. Der Zeitpunkt des Rücktritts wurde denn auch als äusserst ungünstig bezeichnet, weil die Regierung dadurch aussenpolitisch während Monaten gelähmt sei, so etwa die Reaktion von CVP-Präsident Gerhard Pfister.
Die Bilanz zu Burkhalters Wirken, die in den Medien im Anschluss an die Rücktrittserklärung gezogen wurde, war gemischt. Burkhalter sei ein guter Bundesrat gewesen, „weltoffen und weltfremd zugleich” so etwa die BaZ. Zwar habe Burkhalter auf dem internationalen Parkett brilliert – von praktisch allen Medienbeiträgen erwähnt wurde immer wieder seine Rolle als Vorsitzender der OSZE in der Ukraine-Krise –, in der Innen- bzw. Europapolitik habe er sich aber immer wieder selbst ins Abseits gestellt. Die Erwartungen, die man in ihn gesetzt habe, etwa als Gegenspieler von Christoph Blocher das Rahmenabkommen mit der EU abzuschliessen, habe er nicht erfüllt. Dass das EU-Dossier an einem toten Punkt angelangt sei, sei „le gros point noir de son bilan”, schlussfolgerte die Tribune de Genève. Darüber hinaus habe er sich von seiner Partei immer mehr distanziert. Als Westschweizer Liberaler habe er eine Mitte-Links-Politik priorisiert, was ihm in der Partei angekreidet worden sei, so die NZZ. Als Indiz für das schlechte Verhältnis zwischen Partei und Magistrat wurde der Umstand gedeutet, dass die FDP erst rund zwei Stunden vor der Ankündigung vom Rücktritt in Kenntnis gesetzt worden sei. Vor allem von rechtsbürgerlicher Seite wurde der Vorwurf immer lauter, dass Burkhalter daran schuld sei, dass sich die SVP-FDP-Mehrheit in der Exekutive nicht deutlicher zeige.

Bereits am Tag der Rücktrittsmeldung stellten die Medien Spekulationen bezüglich potenzieller Nachfolger an. Gute Karten habe vor allem Ignazio Cassis, der aktuelle Fraktionspräsident der FDP, da der Anspruch des Kantons Tessin, nach 1999 wieder einen Sitz in der Regierung zu haben, kaum mehr umgangen werden könne und die Westschweiz auch mit nur noch zwei Magistraten adäquat vertreten sei. Werde der Sitz jetzt nicht dem Tessin zugesprochen, würden wohl weitere 10 Jahre vergehen, bis es eine neue Chance gäbe, rechnete Ex-FDP-Präsident Fulvio Pelli vor. Neben Cassis wurden auch dem Tessiner Staatsrat Christian Vitta und der ehemaligen National- und Staatsrätin Laura Sadis sowie Karin Keller-Sutter und Martin Schmid als Vertreterin oder Vertreter der Ostschweiz, die ebenfalls seit längerem Anspruch auf einen Bundesratssitz erhebt, gute Chancen eingeräumt. Die Romandie sei aber nicht zum Vornherein auszuschliessen, weil die Freisinnig-Liberalen in der Westschweiz deutlich auf dem Vormarsch seien. Den verlorenen Sitz werde die französische Schweiz wohl nicht kampflos preisgeben, war in den Medien zu lesen. Aus der Westschweiz fielen denn auch rasch die Namen des Genfer Regierungsrats Pierre Maudet und des Nationalrats Christian Lüscher. Die beiden Waadtländer Staatsräte Jacqueline de Quattro und Pascal Broulis, aber auch Nationalrätin Isabelle Moret und Ständerat Olivier Français wurden trotz ihres Handicaps, wie bereits Guy Parmelin aus dem Kanton Waadt zu stammen, ebenfalls als valable Kandidatinnen und Kandidaten auf das sich drehende Karussell gesetzt. Auch der Name Raphaël Comte wurde für den Kanton Neuenburg ins Spiel gebracht.

Dass die FDP einen Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz hat, war kaum umstritten. Die Parteileitung machte rasch klar, dass es sich beim Nachfolger von Burkhalter um einen „Lateiner” handeln soll – ob Tessiner oder Romand liess man bewusst offen. Die FDP-Frauen, die seit 1989 keine Vertretung mehr in der Landesregierung gehabt hatten, forderten per Kommuniqué bei dieser oder spätestens der nächsten Vakanz eine Bundesrätin. Auch die Grünen verlangten, dass die FDP eine Frau portiere. Die SVP forderte einen Kandidaten mit klar bürgerlichem Profil. Die Mitte-Rechts-Mehrheit müsse jetzt endlich auch im Bundesrat durchgesetzt werden. Die FDP machte früh deutlich, dass man sicher kein Einerticket präsentieren wolle. Bis Mitte August hatten die Kantonalsektionen Zeit, Vorschläge zu machen. Die Fraktion wollte sich dann Anfang September entscheiden.

Die Tessiner Kantonalsektion portierte – nach langer Diskussion, ob man ein Einer- oder ein Zweierticket präsentieren wolle – am 1. August einzig Ignazio Cassis. Sowohl Sadis als auch Vitta sagten Cassis ihre Unterstützung zu. Obwohl Sadis sowohl die Ansprüche aus dem Tessin, als auch der Frauenvertretung hätte erfüllen können, wurde sie nicht berücksichtigt. Vor allem ihre (zu) lange Absenz von der (nationalen) Politik dürfte hierfür mitentscheidend gewesen sein. Mit nur einem Kandidaten aus dem Tessin würde zudem das Risiko von Stimmenaufteilung minimiert, so die kantonale Parteileitung. Das Einerticket wurde auch als Referenz an die Romandie interpretiert; der Weg sei jetzt offen, um eine Frau aus der Romandie zu portieren. Die Frauenfrage wurde auch deshalb noch virulenter, weil Doris Leuthard ebenfalls am 1. August ihren Rücktritt ankündigte. Als Kandidatinnen aus der Romandie gerieten insbesondere Isabelle Moret und Jacqueline de Quattro in den Fokus. Der zweite offizielle Kandidat war dann allerdings doch wieder ein Mann: Am 8. August wurde Pierre Maudet von der Genfer Kantonalsektion einstimmig auf den Schild gehoben. Der Genfer Regierungsrat rechnete sich zwar nur geringe Chancen aus, wollte aber mit Jugend, Modernität und Urbanität punkten. Der zweite, lange ebenfalls als Kandidat gehandelte Genfer, Christian Lüscher, hatte sich kurz zuvor aus persönlichen Gründen selber aus dem Rennen genommen und eine Lanze für seinen jüngeren Genfer Parteikollegen gebrochen. Komplizierter gestaltete sich die offizielle Nominierung der dritten potenziellen Kandidatin. In der Presse wurde ein parteiinterner Zwist über und zwischen den drei Papabili der FDP-Sektion Waadt vermutet. Jacqueline de Quattro und Olivier Français zogen sich dann allerdings zurück, um den Platz für Isabelle Moret frei zu machen, die sich zwar erst spät – und später als die beide anderen – für eine Kandidatur entschieden hatte, am 10. August von ihrer Kantonalsektion aber als einzige Kandidatin aufgestellt wurde.

Nach Ablauf der Meldefrist standen also drei Kandidierende aus drei Kantonen fest. Sofort gingen die Spekulationen los, ob die FDP ein Zweierticket oder ein Dreierticket aufstellen würde. Dabei schien klar, dass Cassis gesetzt war, folglich entweder nur gegen Moret oder aber gegen Moret und Maudet antreten würde. Der Umstand, dass Moret zwar aus dem Kanton Waadt kommt, die FDP aber nicht auf eine mögliche Frauenvertretung verzichten konnte, sowie der umtriebige „Wahlkampf” von Maudet – der Blick sprach von schlechten Karten, die der Genfer aber brillant spiele – waren wohl die Hauptgründe für das Dreierticket, das die FDP-Fraktion offiziell am 1. September aufstellte. Das „tricket” (LT), das in der Fraktion knapp mit 22 zu 19 Stimmen beschlossen worden sei, stosse niemanden vor den Kopf, sei aber auch der Weg des geringsten Widerstands (NZZ) und ein klarer Etappensieg für Maudet (BaZ). Das Dreierticket wurde auch als gute Kunde für den Favoriten Cassis gewertet, dessen Chancen sich dadurch noch weiter erhöhten, weil sich die Stimmen seiner Gegner aufteilen dürften.

Die Kandidatin und die beiden Kandidaten wurden in der Presse unterschiedlich porträtiert. Cassis galt von Anfang an als eigentlicher Kronfavorit. Einziges Manko des in Bundesbern bestens vernetzten Tessiner Arztes sei seine mit der Präsidentschaft beim Krankenkassenverband Curafutura verbundene Nähe zu den Krankenkassen. Insbesondere der Lega, aber auch der SP, war dieses Amt von „Krankencassis” (SGT, So-Bli, TA, WW) ein Dorn im Auge. Ausführlich diskutiert wurde zudem die politische Position des Tessiners. Das Parlamentarierrating der NZZ zeigte, dass er seit seinem Amtsantritt als Fraktionspräsident der FDP vom linken Rand der Partei leicht in die Mitte gerückt war. Insbesondere die SVP betrachtete Cassis freilich als den ihr am nächsten stehenden der drei Kandidierenden. Letztlich gab es aber kaum etwas, was die „occasione d'oro per il Ticino” (CdT) behindert hätte. Die zahlreichen giftigen Angriffe auf die Gesundheitspolitik von Cassis konnten ihm scheinbar nichts anhaben. Auch seine doppelte Nationalität bzw. der Umstand, dass er seinen italienischen Pass abgab und damit zwar Applaus von rechts, aber auch Kritik von links erhielt und eher unfreiwillig eine Debatte um die doppelte Nationalität von Mitgliedern von Bundesbehörden lancierte – diskutiert wurde sogar die Frage, ob man als Doppelbürger loyal sein könne –, schadete dem Südschweizer nicht.
Der grosse Trumpf von Isabelle Moret sei, dass sie eine Frau sei, war den Medien zu vernehmen. Die dezidiert bürgerlich politisierende 46-Jährige spreche drei Landessprachen fliessend, sei gut vernetzt, in den über 10 Jahren im Nationalrat aber kaum aufgefallen. Dies beinhalte immerhin auch, dass sie bisher keine Fehler gemacht habe (TA). Moret selber betonte von Anfang an, dass „Frausein” kein politisches Argument sei. Sie wolle lieber mit ihrer Dynamik punkten und frischen Wind ins Europadossier bringen. Sie betonte allerdings auch, dass sie die erste Mutter mit Schulkindern in der Exekutive wäre. Allerdings hinterliess die Anwältin laut verschiedenen Medien in ihrem Wahlkampf keinen überzeugenden Eindruck (WW), wurde von vielen Seiten angegriffen und wirkte ab und zu nicht wirklich souverän (NZZ). Ihr Wahlkampf sei „ungenügend” (SGT) und „harzig” (AZ) und wurde gar als chaotisch bezeichnet (24 Heures).
Pierre Maudet, 39 Jahre alt, wurde als politisches Naturtalent beschrieben. Der forsche und ambitionierte Regierungsrat habe sich innert kurzer Zeit vom Stadtpräsidenten zum Aushängeschild der Kantonsregierung entwickelt, was ihm auch Vergleiche mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron einbringe (AZ). Sein Nachteil sei allerdings die schwache Vernetzung in Bundesbern. In der Regel würden die Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier einen Bundesrat oder eine Bundesrätin aus den eigenen Reihen vorziehen. Sein Wahlkampf wurde hingegen als exzellent bezeichnet (Blick). Maudet sei vor allem in der Deutschschweiz unterschätzt worden, was das Beste sei, was einem Politiker passieren könne (TA). Vor allem inhaltlich konnte Maudet mit verschiedenen originellen Positionen überzeugen: Er spreche als einziger wirklich „Klartext” (BaZ), gelte in der Europafrage aber als EU-Turbo (WW), was ihn bei der Ratsrechten wohl Stimmen kosten werde.

Die „Kampagne” vor den Bundesratswahlen – eigentlich ein Unding, wenn man bedenkt, dass der Bundesrat von der Vereinigten Bundesversammlung und nicht von der Bevölkerung gewählt wird – nahm ein Ausmass an, das angesichts der Ausgangslage erstaunte. Da die Bundesratswahlen eine in der Schweizer Politik eher seltene Chance für eine Personalisierung der Politik bieten, liefen die Medien auf Hochtouren. In der APS-Zeitungsdokumentation finden sich von Burkhalters Rücktrittsankündigung Mitte Juni bis Ende September mehr als 800 Zeitungsartikel zum Thema Bundesratswahlen. Die FDP selber trug freilich mit geschicktem Politmarketing das Ihre dazu bei, dass die Berichterstattung am Kochen blieb. Mit einer FDP-Roadshow tingelten die Kandidierenden durch die Schweiz. Zahlreiche Homestories, Lifechats, Bevölkerungsbefragungen und gar graphologische Gutachten fanden den Weg in die Presse. Inhaltlich ging es letztlich primär um die Frage, ob die Vertretung der Sprachregion oder die Vertretung der Frauen höher gewichtet werden soll. Oder mit anderen Worten: ob die 20 Jahre Bundesrat ohne Tessiner oder die 30 Jahre ohne FDP-Frau beendet werden sollten. Wirklich inhaltliche Diskussionen wurden hingegen kaum geführt, auch wenn die Aussen- bzw. Europapolitik bzw. der Reset-Knopf, den Cassis in den Verhandlungen mit der EU zu drücken angekündigt hatte, sich angeboten hätten.

Nach der offiziellen Bekanntgabe des Dreiertickets standen am 12. und am 19. September die Hearings auf dem Programm, womit auch die anderen Parteien wieder stärker in den medialen Fokus gerieten. Den Auftakt machte die SVP, deren Parteipräsident Albert Rösti die beiden Romand.e.s stark kritisierte und sich früh für Cassis aussprach. Wichtigstes Kriterium für die Volkspartei sei die Haltung zum Rahmenabkommen mit der EU. Allerdings wurde gemutmasst, dass die Bauern in der SVP-Fraktion wohl eher auf Moret setzen würden, da diese mehr Sympathien für die Anliegen der Landwirtschaft gezeigt habe. Unzufrieden mit dem Dreierticket zeigte sich die SP: „Zwei Super-Lobbyisten und ein Hardliner in der Aussenpolitik” weckten keine Begeisterung (SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann in der BZ). Inhaltliche Kriterien stellten die Genossen aber – wie auch die CVP und die GP – nicht auf. Der CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister hatte sich allerdings ebenfalls schon früh für die Ansprüche des Tessins, also für Cassis, ausgesprochen. Dieser sei allerdings für einige CVP-Mitglieder zu weit rechts, mutmasste die Zeitung LeTemps. Nach den Hearings zeigten sich die Parteien zwar noch bedeckt – mit Ausnahme der SVP, die demonstrativ für Cassis Stellung bezog –, die Favoritenrolle des Tessiner Kandidaten schien sich allerdings noch einmal verstärkt zu haben. Maudet schien hingegen eher nicht auf Wohlwollen gestossen zu sein. Die SP und die CVP konnten sich nicht auf einen der drei Kandidierenden einigen und gaben entsprechend keine Wahlempfehlung ab – anders als die FDP- und die GLP-Fraktion, die alle drei Kandidierenden empfahlen, die SVP-Fraktion, die sich für Cassis aussprach, die GP-Fraktion, die Moret empfahl, und die BDP-Fraktion, die Maudet auf den Schild hob.

Kurz vor der Ersatzwahl bilanzierte die WOZ die vorherrschende Meinung, dass sich grundsätzlich keine Überraschung abzeichne: Die Bundesratswahlen hätten bisher viel Tamtam, aber nur wenig Spannung verheissen. Mit der Diskussion verschiedener Szenarios versuchten die Medien dieser Spannungslosigkeit entgegenzuwirken. Drei Möglichkeiten, Cassis zu verhindern, seien denkbar: Isabelle Moret könne dank ihrem Frauenbonus und der Unterstützung aller Bauernvertreter sowie mit Hilfe der Stimmen all jener Parlamentarierinnen und Parlamentarier, welche die Frauenfrage möglichst rasch klären wollten, gewinnen; ein Sieg von Pierre Maudet wäre dann möglich, wenn sich die Mehrheit der Bundesversammlung von seinen Fähigkeiten überzeugen liesse. Dies sei durchaus möglich, wenn es ab dem dritten Wahlgang zu einem Zweikampf zwischen Cassis und Maudet kommen würde. Ins Spiel gebracht wurde mit Laura Sadis auch eine Sprengkandidatin, die vor allem bei der Linken auf Unterstützung zählen könnte. Roger Nordmann gab zu Protokoll, dass die Tessinerin in der Tat die Synthese der drei aktuell Kandidierenden gewesen wäre: „Elle a une expérience d’exécutif, elle est italophone et elle a la capacité d’être une femme” (LT). Die Lust der SP auf Experimente halte sich allerdings in Grenzen.

Die Ersatzwahl am 20. September war schliesslich noch weniger spannend, als von den zahlreichen Medien vor Ort befürchtet worden war. Schon im zweiten Wahlgang wurde Ignazio Cassis zum 87. Bundesrat gewählt und zum Nachfolger von Didier Burkhalter gekürt. Der achte Bundesrat aus dem Kanton Tessin hatte bereits im ersten Wahlgang 109 Stimmen erhalten, damit allerdings das absolute mehr von 122 Stimmen verfehlt. Weil die Basler Nationalrätin Sibel Arslan (basta, BS) im ersten Durchgang fehlte, waren lediglich 245 Wahlzettel eingegangen. Die Baslerin erklärte ihr Fernbleiben als stillen Protest gegen den Rücktritt von Bundesrat Burkhalter, dessen Abschiedsrede sie bewegt habe. Wie erwartet splitteten sich die Stimmen für Maudet (62 Stimmen) und Moret (55 Stimmen) auf. Diverse erhielten 16 Stimmen und drei Stimmzettel waren leer geblieben. Weil von den Diversen niemand zehn Stimmen erreicht hatte, wurden keine Namen genannt. Ob also beispielsweise Laura Sadis im Rennen war oder nicht, wird das Geheimnis des Stimmbüros bleiben. Im zweiten Umgang fielen zahlreiche Stimmen für Moret auf Cassis. Die 125 Stimmen reichten dem Tessiner knapp für die absolute Mehrheit. Maudet konnte zwar noch einmal zulegen und erhielt 90 Stimmen, dies reichte allerdings nicht für einen dritten Wahlgang. Moret ihrerseits erhielt lediglich noch 28 Stimmen. Eine Stimme entfiel auf Diverse und zwei Stimmzettel blieben erneut leer – wahrscheinlich stammten sie von den beiden Lega-Parlamentariern, die zwar für eine Tessiner Vertretung waren, nicht aber für Cassis stimmen wollten.
In den Medien wurde gemutmasst, dass vor allem die Stimmen der SVP entscheidend gewesen seien, von denen im ersten Durchgang vereinzelte noch an Moret gegangen, dann aber geschlossen für Cassis eingelegt worden seien. Weil Moret im ersten Wahlgang auch von ihrer eigenen Partei zu wenig Unterstützung erhalten habe, hätte die SP im zweiten Wahlgang umgeschwenkt und ziemlich geschlossen für Maudet gestimmt, um die Wahl von Cassis zu verhindern. Den Namen Moret hätten lediglich noch die Grünen sowie einige Ratsmitglieder aus der BDP, der CVP, der GLP und der SVP auf den Wahlzettel geschrieben.

Cassis erklärte die Annahme der Wahl und bedankte sich bei allen Ratsmitgliedern, auch bei denen, die ihm die Stimme verwehrt hätten. Man könne anderer Meinung sein, letztlich würden aber alle die gleichen übergeordneten Ziele für die Schweiz anstreben. Freiheit sei auch immer die Freiheit der anders Denkenden, zitierte er Rosa Luxemburg, womit er vor allem die Ratslinke überraschte und sichtlich erfreute. Er verspreche vor allem seiner Frau, der Gleiche zu bleiben wie vor der Wahl. Er fühle sich vor allem der Kollegialität verpflichtet und werde als Brückenbauer die ganze Schweiz vertreten. Bereits um 9.30 nahm die Sitzung mit der Vereidigung des neuen Bundesratsmitglieds ihr Ende.

Die Regionen- und Sprachenfrage sei letztlich stärker gewichtet worden als die Frauenfrage, so die Bilanz in den Medien am Tag nach der Wahl. „E la Svizzera è più svizzera”, die Schweiz sei wieder ein bisschen mehr Schweiz, titelte der Corriere del Ticino. Die Wahl von Cassis sei keine Überraschung und Maudet habe eine ehrenvolle Niederlage eingefahren, so die ziemlich einhellige Meinung in den Deutsch- und Westschweizer Medien. Vor wenigen Wochen hätte niemand in Bundesbern den Genfer gekannt und jetzt habe er 90 Stimmen erhalten. Allerdings zeige seine Nichtwahl auch die Schwierigkeiten für einen Kandidierenden, der nicht der Bundesversammlung angehört. Für Moret hingegen, sowie für die Vertretung der Frauen im Bundesrat im Allgemeinen, sei der Ausgang der Wahlen eine Schmach. Verschiedene Politikerinnen kritisierten, dass das Beispiel Moret gezeigt habe, dass an Frauen wesentlich höhere Massstäbe gesetzt würden als an Männer. Die SP habe Cassis nicht verhindern können und müsse sich nun Vorwürfe gefallen lassen, weshalb sie auf Maudet gesetzt und so die Vertretung der Frauen hintergangen habe. Die SP wies die Kritik allerdings an die FDP zurück: Wäre Laura Sadis portiert worden, hätte die SP sie unterstützt. Während sich die Rechte auf einen Mitte-Rechts-Bundesrat freute – Cassis wisse, wem er seine Wahl zu verdanken habe, liess sich SVP-Präsident Rösti nach der Wahl zitieren –, winkte die Linke ab: Es müssten auch im neuen Gremium nach wie vor unterschiedliche Koalitionen geschmiedet werden, so etwa SP-Parteipräsident Christian Levrat. Die WOZ befürchtete allerdings eine Zunahme der Polarisierung. Mit der Wahl von Cassis sei die Kirche aber wieder im Dorf und die Sprachenfrage für eine Weile geregelt. Jetzt müssten die Regionen wieder besser vertreten werden – so der Tenor vor allem aus der Ostschweiz. Verschiedene Politikerinnen forderten zudem eine adäquatere Vertretung von Frauen. Die Idee einer parlamentarischen Initiative, mit der eine angemessene Frauenvertretung in der Verfassung festgeschrieben werden soll, verdichtete sich. Die FDP-Frauen forderten zudem bei der nächsten FDP-Vakanz ein Frauen-Zweierticket.

Über die nach der Ersatzwahl anstehende Departementsverteilung war bereits früh spekuliert worden. Insbesondere Alain Berset waren Ambitionen auf das frei gewordene EDA nachgesagt worden. Allerdings hätte der Departementswechsel von Berset einen unangenehmen Beigeschmack gehabt, weil kurz nach der Departementsverteilung die Abstimmung zur Altersreform 2020 anstand, für die Berset mit Herzblut geworben hatte. Der Wechsel ins Aussendepartement hätte von der Stimmbevölkerung als Flucht interpretiert werden können. Der Bundesrat solle deshalb mit der Departementsverteilung warten, forderte der ehemalige SVP-Präsident Toni Brunner (svp, SG) kurz vor den Bundesratswahlen in der Presse. Wenn nämlich die AHV-Vorlage verloren ginge, wäre Berset nicht mehr der richtige Innenminister. Ende September kam es dann aber schliesslich zur mehrheitlich erwarteten Departementsverteilung. Das freie EDA wurde vom neuen Kollegiumsmitglied Ignazio Cassis übernommen. Er setzte damit eine eigentliche Tradition fort, da Tessiner Bundesräte sehr häufig als Aussenminister amteten. Die Italianità und seine Vielsprachigkeit dürften Vorteile des neuen EDA-Chefs sein. Mit ein Grund dafür, dass sonst alles beim Alten blieb, dürfte auch die im Vorfeld der Bundesratswahl gemachte Aussage von Cassis gewesen sein, dass es vielleicht nicht gut sei, wenn er mit seinen Verbindungen das Innendepartement übernehmen würde. Cassis werde als Aussenminister „der bessere Burkhalter” sein, weil er mehr Verständnis für die Deutschschweiz habe, besser kommuniziere und mehr Kampfgeist habe, urteilte der Tages-Anzeiger. Auf ihn wartet nun das komplexe Europadossier – und zahlreiche Erwartungen von links bis rechts.

Bundesratsersatzwahl 2017 – Nachfolge Didier Burkhalter
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Im Vorfeld der Verabschiedung der – als Folge der Terroranschläge von Paris im November 2015 – angepassten EU-Waffenrichtlinie (2017/853) durch das Europäische Parlament am 14. März 2017 regte sich in der Schweizer Waffenlobby erneut lautstarker Widerstand gegen die bevorstehende Verschärfung des Waffenrechts. Als Schengen-Vertragsstaat ist die Schweiz verpflichtet, Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands nachzuvollziehen, worunter auch die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie fällt. Dazu muss die Schweiz etwa die Registrierungspflicht für Waffen verschärfen und den Onlinehandel sowie den Besitz halbautomatischer Waffen für Privatpersonen einschränken. Bereits im Februar 2017 berichtete die Sonntagszeitung von der geplanten Gründung einer neuen parlamentarischen Gruppe «Für ein liberales Waffenrecht», welche sich unter dem Co-Präsidium von SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (VS) und FDP-Ständerat Josef Dittli (UR) dem Kampf gegen ein verschärftes Waffenrecht verpflichten werde. Auch der Schweizer Schiesssportverband (SSV) hatte zusammen mit ProTell und der Interessengemeinschaft Schiessen schon das Referendum angekündigt, sollte die Schweiz die verschärften Regeln übernehmen. Im Anschluss an die Verabschiedung der angepassten Richtlinie durch das Europäische Parlament und deren Bestätigung durch den Ministerrat meldeten sich in der Presse wiederholt Schützenvertreter zu Wort und übten harsche Kritik am vorgesehenen nationalen Waffenregister, am Zwang zur Vereinsmitgliedschaft oder am Verbot von Gewehrmagazinen mit mehr als zehn Schuss. Durch die neuen Regelungen würden sie an der Ausübung ihres Hobbys gehindert, kriminalisiert und «in den gleichen Topf wie die Terroristen gesteckt», wie die Luzerner Zeitung SVP-Nationalrat Werner Salzmann (BE) zitierte. Bestraft würden jene, die sich an das Recht halten, pflichtete ihm die Präsidentin des SSV, die Berner alt-Regierungsrätin Dora Andres, bei.

Konsequenz einer Nichtübernahme der Richtlinie könnte der Ausschluss der Schweiz aus dem Schengen-Vertrag und damit verbunden auch aus dem Dubliner Abkommen sein, dank dessen die Schweiz heute viele Asylgesuche an andere europäische Staaten abgeben kann. Darin begründet liegt die sowohl von liberaler als auch von linker Seite geäusserte Befürchtung einer neuen europapolitischen Grundsatzabstimmung. Während liberale Kreise zur Verhinderung einer solchen auf Ausnahmebestimmungen in der Umsetzung der Richtlinie hofften, betonte SP-Nationalrätin Chantal Galladé (ZH), es sei wichtig aufzuzeigen, dass die Mitgliedschaft im Schengen-Raum für die Sicherheit der Schweiz eine zentrale Rolle spiele. Sollten sich die Waffenlobby und die SVP, welche schon lange Kritik am Schengen-Abkommen übte, in der Abstimmung durchsetzen können, drohe der Schweiz «erneut eine europapolitische Baustelle», so Galladé im Tages-Anzeiger. Dass das angedrohte Referendum durch die Aushandlung weiterer Sonderregelungen für die Schweiz verhindert werden könnte, wurde in der Bundesverwaltung jedoch angezweifelt. Die Schweiz habe bereits in der Entstehungsphase der Richtlinie dahingehend einzuwirken versucht und dabei wenigstens eine Ausnahme errungen, dass Schweizer Armeeangehörige die Ordonnanzwaffe nach dem Ende der Dienstzeit weiterhin behalten dürfen, obwohl das Sturmgewehr neu eigentlich in die Kategorie der verbotenen Waffen fällt. SSV-Geschäftsführer Beat Hunziker legte unterdessen keine grosse Kompromissbereitschaft an den Tag und erklärte, man nehme mit dem Referendum eine allfällige Kündigung von Schengen/Dublin in Kauf. SSV-Präsidentin Dora Andres glaubte gar nicht erst daran, dass dieser Fall eintreten könnte; der Streitwert sei in dieser Sache zu gering, um die Schweiz tatsächlich vom Schengen-Abkommen auszuschliessen. Es wurde jedoch auch Kritik an der «Fundamentalopposition» der Schützenlobby laut; gerade weil die EU der Schweiz einen Ausnahmeparagraphen für das Sturmgewehr zugestanden habe, sei diese «unbegreiflich», äusserte sich etwa die Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf gegenüber der Luzerner Zeitung. Es «wäre ein absoluter Verhältnisblödsinn» für die Interessen der Schützen die Errungenschaften aus Schengen/Dublin wie den polizeilichen Informationsaustausch, Erleichterungen im Reiseverkehr und die europäische Zusammenarbeit in Asylverfahren zu opfern. Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga zeigte sich in der Presse wenig erfreut über die heftige und ihrer Meinung nach verfrühte Reaktion der Schützen. Sie nehme die Sorgen wahr, aber der übliche Weg der Gesetzgebung stehe noch bevor, weshalb man kühlen Kopf bewahren solle.

In der Zwischenzeit beschäftigten sich verschiedenste parlamentarische Vorstösse mit der anstehenden Übernahme der EU-Richtlinie ins schweizerische Recht. So wollte beispielsweise Chantal Galladé zusammen mit den Nationalratskolleginnen Barbara Schmid-Federer (cvp, ZH) und Kathrin Bertschy (glp, BE) die Gunst der Stunde nutzen, um mit drei gleichlautenden parlamentarischen Initiativen (17.426, 17.427 und 17.428) ein umfassendes Waffenregister für die Schweiz zu fordern. Gemäss «Sonntags-Blick» hofften die Initiantinnen, damit Druck zu machen, dass ein solches in die Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung der EU-Richtlinie einfliessen sollte. Der Aargauer FDP-Ständerat und Hobbyschütze Philipp Müller machte sich indes Sorgen um die Schweizer Schiesstradition und stellte dem Bundesrat mittels Interpellation (Ip. 17.3255) die Frage nach der «Vereinbarkeit der Schweizer Schiesstradition mit der EU-Waffenrichtlinie», wie auch der Titel des Vorstosses lautete. Gegenüber dem Tages-Anzeiger erklärte Müller es zum Ziel, «Schengen/Dublin zu behalten und dabei das traditionelle Schiesswesen nicht zu gefährden.» CVP-Nationalrat Yannick Buttet (VS) stellte dem Bundesrat ebenfalls mittels einer Interpellation (Ip. 17.3280) die Frage nach den Auswirkungen der EU-Beschlüsse zum Waffenrecht auf die Schweiz und Werner Salzmann wollte dem Bundesrat per Motion gar «verbieten, die neuen Regeln zu übernehmen», wie es der «Blick» formulierte. Er hatte im letzten Jahr bereits eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» eingereicht, die im März 2017 im Nationalrat auf breite Zustimmung gestossen war.

Da die EU-Richtlinie nicht direkt anwendbar ist, besteht bei der Überführung ins nationale Recht ein gewisser Spielraum, den die Schweiz auch nutzen wolle, wie das Fedpol im Mai verlauten liess. So solle sich für ehemalige Armeeangehörige, die bereits im Besitz eines Sturmgewehrs sind, nichts ändern. Die neuen Regeln sollen erst für jene gelten, die zukünftig eine halbautomatische Waffe kaufen oder nach dem Ende der Dienstpflicht behalten wollen. Doch anstatt zu beschwichtigen, liess diese Ankündigung die Wogen erneut hochgehen. Die Basler Zeitung schrieb fortan von der «Entwaffnung auf Zeit» und witterte dahinter die «Wahrung des Besitzstandes für ehemalige Wehrmänner», um die Führungsriege der Schützen vom Referendum abzubringen. Die obligatorische Mitgliedschaft in einem Schützenverein hingegen solle letztere «milde stimmen» und sei darüber hinaus juristisch fragwürdig, da sie gegen die negative Vereinigungsfreiheit laut Art. 23 Abs. 3 BV verstosse, so die Behauptung. Während Werner Salzmann im «Blick» erneut betonte, das schärfere Waffenrecht verhindere keinen Terroranschlag und rette kein Menschenleben, aber schikaniere die Schützen und sei ein «Bürokratiemonster», stellte Werner Hohler, Interimspräsident von ProTell, gegenüber der Basler Zeitung unmissverständlich klar: «Wir akzeptieren keine noch so minimale Verschärfung des Waffenrechts, sondern wir wehren uns mit allen politischen und rechtlichen Mitteln dagegen.»

Mitte Juni 2017 fällte der Bundesrat sodann die formale Entscheidung, dass er die EU-Feuerwaffenrichtlinie akzeptieren und diese ins Schweizer Recht übernehmen will. Die angekündigte «pragmatische» Umsetzung solle nun weder ein zentrales Waffenregister noch eine Beschränkung der Gewehrmagazine auf zehn Schuss enthalten. Auch im letzten wesentlichen Streitpunkt, der Pflicht zur Vereinsmitgliedschaft und zum regelmässigen Üben an der Waffe als Voraussetzungen für den Erwerb einer halbautomatischen Waffe, worunter auch die Armeewaffe fällt, signalisierte der Bundesrat Gesprächsbereitschaft. ProTell sah genau darin jedoch die Einführung eines Bedürfnisnachweises, wie er 2011 vom Volk abgelehnt worden war, und hielt zusammen mit weiteren Schützenkreisen und der SVP trotz aller Zugeständnisse an der Referendumsdrohung fest. Unter den bürgerlichen Politikern, die sich anfänglich noch in breiter Front gegen eine Übernahme der Richtlinie gewehrt hatten, bröckelte der Widerstand jedoch. Wegen so kleiner Einschränkungen wie der Mitgliedschaft in einem Schützenverein solle Schengen/Dublin nicht aufs Spiel gesetzt werden, war vermehrt zu vernehmen. Die Vernehmlassung zur Umsetzung der Richtlinie wird noch im Herbst 2017 erwartet.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Mit an­nä­hernd identischen Argumenten wie zuvor schon in der nationalrätlichen Debatte, diskutierten auch die Ständeratsmitglieder über die parlamentarische Initiative „Einfuhr von Halalfleisch von Tieren, die ohne Betäubung geschlachtet wurden" des Walliser Nationalrats Yannick Buttet (cvp). Trotz gegenteiliger Empfehlung ihrer WBK entschied sich die kleine Kammer mit 22 zu 9 Stimmen (2 Enthaltungen) deutlich dafür, der Initiative Folge zu geben.

Verstärkte Regulierung der Einfuhr von Halalfleisch (Pa. Iv. 15.499)
Dossier: Transparenz bei Produktions- und Schlachtmethoden
Dossier: Deklaration von Herstellungsmethoden, die den Schweizer Standards nicht entsprechen

Le député socialiste Matthias Aebischer (ps, BE) a déposé une motion demandant au Conseil fédéral d'Interdire l'importation de produits provenant d'animaux ayant subi de mauvais traitements, en tenant compte des engagements internationaux en la matière. Celui-ci présente sa proposition comme relevant du domaine de la logique plus que de la politique. En effet, le député bernois estime que les normes auxquelles les producteurs et productrices suisses doivent se soumettre devraient logiquement aussi être en vigueur pour les produits importés – un raisonnement qui se retrouve également dans l'initiative Fair-Food. Il précise, par ailleurs, que la loi sur l'agriculture (LAgr) permettrait d'agir par le biais de déclarations obligatoires, de hausses des barrières douanières ou par une interdiction d'importation. A la critique du Conseil fédéral d'une augmentation de la charge administrative, Matthias Aebischer répond que les autorités n'ont pas l'air de trouver problématique le fait que les paysannes et paysans suisses doivent s'y soumettre.
Le conseiller fédéral Alain Berset, expliquant la proposition de rejet de la motion par l'exécutif, argumente en relevant que la protection des animaux en Suisse est, en comparaison avec les autres pays, élevée et qu'un niveau moindre de protection des animaux ne veut pas automatiquement dire que ceux-ci ont souffert de mauvais traitements. De plus, le contrôle des produits importés générerait une lourde charge administrative autant à la frontière qu'en cas de contrôle à l'étranger. De plus, il faudrait vérifier si une interdiction ne contreviendrait pas aux accords signés par la Suisse dans le cadre du GATT ou de l'accord bilatéral avec l'UE en ce qui concerne les échanges de produits agricoles. Finalement, le Conseil fédéral estime que cela relève de la responsabilité du consommateur, qui est seul à juger de sa volonté de consommer ce type de biens. Pour cela, Alain Berset note l'importance de fournir des informations nécessaires aux consommateurs et estime que cette voie est celle à privilégier.
Le Conseil national décide de ne pas suivre l'avis du Conseil fédéral et accepte la motion Aebischer par une majorité de 97 voix contre 77 et un nombre assez élevé d'abstentions (17). A l'exception du PLR, les soutiens proviennent de tous les bords politiques – une grande partie des élues et élus romands de l'UDC soutenant le motionnaire.
Une fois cette décision prise, les médias se sont fait l'écho des parlementaires ayant regretté leur vote, ceux-ci ne s'étant pas aperçu que cette motion visait également l'importation de foie-gras ou de cuisses de grenouille. D'après le député Yannick Buttet (pdc, VS), aucun élu de droite n'aurait accepté cette motion, eux qui pensaient surtout soutenir la paysannerie suisse par ce biais.

Interdire l'importation de produits provenant d'animaux ayant subi de mauvais traitements (Mo. 15.3832)
Dossier: Deklaration von Herstellungsmethoden, die den Schweizer Standards nicht entsprechen

Nicht weniger als die „Rückkehr zur direkten Demokratie, wie sie von den Begründern der modernen Schweiz geschaffen wurde“ verlangte eine Motion Buttet (cvp, VS). Der 2015 eingereichte Vorstoss des Walliser Christdemokraten hatte seine Wurzeln in der damals recht virulent geführte Diskussion um die in den Medien so bezeichnete Initiativenflut. Um diese einzudämmen, forderte Yannick Buttet eine dynamische Anpassung der Zahl der benötigten Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden prozentual zur Anzahl Stimmberechtigter. Er wies darauf hin, dass 1848 für eine Volksinitiative Unterschriften von 7,6% der Stimmberechtigten nötig waren, während 2011 nur noch 1,9% der Stimmberechtigten unterschreiben müssten. Buttet schlug vor, für die Initiative 4% und das Referendum 2% anzupeilen.
Justizministerin Simonetta Sommaruga wies in der während der Sondersession 2017 im Nationalrat geführten Debatte auf die Antwort des Bundesrates zum Postulat Vogler hin. Damals habe die Regierung einen Bericht versprochen, in dem die bestehenden Regelungen zum Initiativrecht hätten analysiert werden sollen. Da das Postulat allerdings bekämpft und schliesslich ohne Debatte abgeschrieben worden war, gäbe es heute keinen solchen Bericht. Sie wies darauf hin, der Bundesrat sei der Meinung, dass Änderungen bei den Volksrechten nur sehr zurückhaltend und nur mit sehr stichhaltigen Argumenten vorzunehmen sind. Eine von einer Motion intendierte Gesetzesänderung ohne vorgängige breite Diskussion lehne er deshalb ab. Auf die Nachfrage von Jakob Büchler (cvp, SG), ob die Bundesrätin nicht auch der Meinung sei, es gebe zu viele Volksinitiativen und höhere Hürden könnten diese eindämmen, reagierte Sommaruga magistral: Es sei nicht an der Regierung zu beurteilen, ob zu viele oder zu wenige Volksbegehren eingereicht würden. Die Volksinitiative als Instrument spiele aber eine wichtige Rolle im Dialog zwischen Bevölkerung und Parlament. Dass Letzteres sich vor Reformen der Volksrechte scheut, zeigte dann die recht deutliche Abfuhr, die dem Vorstoss mit 135 zu 37 Stimmen bei 13 Enthaltungen erteilt wurde. Ja sagten lediglich die BDP-Fraktion und die grosse Mehrheit der CVP, der GLP und der Grünen, wobei der Sprecher der Grünen Fraktion, Balthasar Glättli (gp, ZH), sogleich nach der Abstimmung eine Erklärung abgab, man habe sich geirrt und die Motion eigentlich ablehnen wollen.

Rückkehr zur direkten Demokratie (Mo. 15.3649)

Im Nationalrat war der Tierschutz bei der Diskussion um die parlamentarische Initiative „Einfuhr von Halalfleisch von Tieren, die ohne Betäubung geschlachtet wurden“ zentraler Teil der Argumentation beider Seiten. Die Befürworterinnen und Befürworter der Initiative von CVP-Nationalrat Yannick Buttet (VS) kritisierten die qualvolle Art der Tötung bei einer Schächtung und verlangten, dass das Fleisch auf jeder Etappe des Verkaufsweges entsprechend deklariert werden solle, damit die Konsumentinnen und Konsumenten wüssten, um was für Fleisch es sich handle. Zusätzlich sollen die finanziell besseren Zollbedingungen so angepasst werden, dass kein Marktvorteil mehr bestehe.
Die Gegenseite ging zwar darin einig, dass eine Schächtung ohne vorherige Betäubung nicht den Schweizer Tierschutzrichtlinien entspreche, bemängelte aber die Umsetzung des Anliegens. Besser wäre es, wenn im Allgemeinen Fleisch, welches nicht tierschutzkonform produziert wurde, auch als solches deklariert werden müsste. So gebe es beispielsweise eine Betäubungspflicht vor der Schlachtung bis heute nur in der Schweiz, in Liechtenstein, Island, Norwegen, Schweden und Neuseeland. Es werde also viel Fleisch aus Ländern importiert, in denen keine Betäubungspflicht gelte, und die auch nach Annahme der Initiative die Art der Schlachtung nicht deklarieren müssten. Eine parlamentarische Initiative (13.449) die forderte, dass alle Produkte aus getöteten Tieren, welche nicht nach den Standards des Schweizer Tierschutzgesetzes produziert wurden entsprechend deklariert werden müssen, wurde im Vorjahr vom Nationalrat abgelehnt.
Die Abstimmung zur parlamentarischen Initiative zur Einfuhr von Halalfleisch spaltete einen Grossteil der Fraktionen. Die Fraktionen der FDP, der Grünen und der Sozialdemokraten stimmten jeweils etwa zur Hälfte dafür beziehungsweise dagegen, die Fraktionen der BDP und der SVP stimmten mehrheitlich dafür, der Initiative Folge zu geben. Geschlossen standen nur die Grünliberale Fraktion gegen sowie die Fraktion der CVP für die Unterstützung des Anliegens. Insgesamt entschied der Nationalrat mit 117 zu 40 Stimmen (bei 20 Enthaltungen) der parlamentarischen Initiative Folge zu geben.

Verstärkte Regulierung der Einfuhr von Halalfleisch (Pa. Iv. 15.499)
Dossier: Transparenz bei Produktions- und Schlachtmethoden
Dossier: Deklaration von Herstellungsmethoden, die den Schweizer Standards nicht entsprechen