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  • Caroni, Andrea (fdp/plr, AR) NR/CN
  • Widmer-Schlumpf, Eveline (bdp/pbd) BR EFD / CF DFF

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Auch 2018 wurde keines der sechs zur Abstimmung stehenden Volksbegehren angenommen. Unerwartet deutlich wurden dabei die «No-Billag-Initiative» und die «Selbstbestimmungsinitiative» abgelehnt. Sie konnten genauso wie die «Vollgeld-Initiative», die «Fair-Food-Initiative» oder die Initiative «für Ernährungssouveränität» nicht einmal 40 Prozent der Stimmenden überzeugen. Am nächsten an einen Erfolg an der Urne kam noch die «Hornkuh-Initiative», aber auch sie wurde mit 45.3 Prozent Ja-Stimmen abgelehnt. Immerhin waren 2018 wieder Entscheidungen über Volksbegehren angestanden, nachdem 2017 keine einzige Volksinitiative an die Urne gekommen war.

Mit diesen sechs erledigten Volksinitiativen war die Liste der beim Parlament oder beim Bundesrat hängigen Begehren auf sieben geschrumpft (2017: 12). Allerdings hatten es 2018 auch fünf Komitees geschafft, die nötigen Unterschriften in der gegebenen Frist zu sammeln. Der Bundesrat und das Parlament werden sich folglich über ein «Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten», zwei Umweltschutzanliegen («für sauberes Trinkwasser» und «für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide»), die beide weniger als ein Jahr zum Sammeln der Unterschriften brauchten, die «Fair-Preis-Initiative» sowie über die von der SVP noch im Lancierungsjahr erfolgreich innert sieben Monaten zustande gekommene «Begrenzungsinitiative» beugen müssen. 2017 waren noch vier Begehren zustande gekommen.
Im Berichtsjahr wurden – einschliesslich der Begrenzungsinitiative – acht Volksinitiativen lanciert, 2017 hatten sich zehn Komitees auf die Unterschriftenjagd gemacht. Von diesen acht befand sich 2018 noch die Hälfte im Sammelstadium. Unter den neuen Begehren war die «Korrektur-Initiative», die von einer breiten Parteienallianz gegen den Beschluss des Bundesrats, Kriegsmaterialexporte zu lockern, gestartet wurde. Die CVP wollte mit der «Kostenbremse-Initiative» etwas gegen die steigenden Krankenkassenkosten unternehmen, wobei ihr unterstellt wurde, dass sie die Initiative wohl auch als Werbevehikel für die 2019 anstehenden eidgenössischen Wahlen einsetzen wolle. Ebenfalls lanciert wurden die «Justiz-Initiative», die «Massentierhaltungsinitiative», die «Kesb-Initiative», eine Initiative «gegen Tabakwerbung bei Kindern und Jugendlichen» und die von Workfair 50+ ausgearbeitete Initiative mit dem Titel «Arbeit statt Armut».

Für zwei im Sommer 2017 lancierte Begehren war Ende 2018 die Frist für die Abgabe der nötigen Unterschriften verstrichen. Sowohl die Initiative «Zuerst Arbeit für Inländer» als auch die Initiative «Atomkraftwerke abschalten» waren im Sammelstadium gescheitert. Bereits im Jahr 2017 hatten es zwei Begehren nicht geschafft, die Unterschriftenhürden in der vorgegebenen Frist zu überspringen.

Volksinitiativen entfalten nicht nur Wirkung, wenn sie an der Urne angenommen werden. Vielmehr können sie als Druckmittel verwendet werden, um das Parlament zu Gesetzesrevisionen zu veranlassen. Dies gelang 2018 mit der «Velo-Initiative», für die der Bundesrat und das Parlament einen direkten Gegenentwurf ausgearbeitet hatten. Der Bundesbeschluss Velo, zu dessen Gunsten die Initiative zurückgezogen worden war, war – anders als die sechs Initiativen im Berichtsjahr – an der Urne erfolgreich. Zurückgezogen wurde auch die Initiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre», die als rechtskonservative Drohkulisse gegen die von Eveline Widmer-Schlumpf angeregte, 2018 im Parlament aber dann letztlich gescheiterte Revision des Bankgeheimnisses im Inland gewirkt hatte.

Volksbegehren im Jahr 2018
Dossier: Lancierte Volksinitiativen von Jahr zu Jahr (ab 2007)

Im Herbst 2018 forderte Andrea Caroni (fdp, AR) mehr Parteiautonomie in den Sozialversicherungen. Heute würden Dienstleistungserbringende häufig als unselbständig qualifiziert, auch wenn sich alle Beteiligten einig seien, dass eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliege, kritisierte der Motionär. Zukünftig sollen Sozialversicherungsträger jedoch bei der Qualifizierung von Dienstleistungserbringenden – erwähnt werden insbesondere Erwerbstätige auf digitalen Plattformen, aber auch Personen aus dem traditionellen Dienstleistungssektor – als selbständig oder unselbständig eine allfällige übereinstimmende Auffassung aller Beteiligten diesbezüglich mitberücksichtigen. Weiterhin berücksichtigt werden sollen überdies die organisatorische Einbindung und das unternehmerisches Risiko der Betroffenen. Der Bundesrat solle folglich die notwendigen sozialversicherungsrechtlichen Verordnungen entsprechend seinem Bericht vom November 2017 anpassen, forderte Caroni. Auch der Bundesrat verwies in seiner Stellungnahme auf den entsprechenden Bericht: Da laufende Abklärungen aufgrund dieses Berichts sowie im Rahmen eines Postulats der FDP.Liberalen-Fraktion (Po. 17.4087) abgewartet werden sollten, empfahl der Bundesrat die Motion zur Ablehnung.

In der Wintersession behandelte der Ständerat die Motion Caroni zusammen mit der Motion Ettlin (cvp, OW; Mo. 18.3937) und dem Postulat Bruderer Wyss (sp, AG; Po. 18.3936). Die kleine Kammer nahm einen Ordnungsantrag Berberat (sp, NE) an und wies die Motion zur Vorprüfung der SGK-SR zu.

Mehr Parteiautonomie in den Sozialversicherungen

Nach Abschluss des Ehevorbereitungsverfahrens besteht im geltenden Recht noch eine Wartefrist von zehn Tagen, bevor die Ehe geschlossen werden kann. Seit der Abschaffung des Vekündverfahrens erfüllt diese Frist jedoch keinen Zweck mehr. In der Herbstsession 2018 stimmte auch der Nationalrat mit 129 zu 43 Stimmen bei einer Enthaltung der Abschaffung dieser Mitwirkungsfrist zu und schrieb die Motion Caroni (fdp, AR), die Auslöser dieser Gesetzesanpassung war, ab. Wie schon in der Gesamtabstimmung stellte sich auch in der Schlussabstimmung die SVP-Fraktion gegen die entsprechende Änderung des ZGB, welche im Nationalrat somit mit 127 zu 64 Stimmen ausging. Der Ständerat hingegen verabschiedete den Entwurf in der Schlussabstimmung abermals einstimmig.

Änderung des ZGB: Vorbereitung der Eheschliessung und Trauung (BRG 17.065)
Dossier: Unbürokratisches Jawort

Die Motion Caroni (fdp, AR) für fairere Verfahren im Strassenverkehr und mehr Rechtsstaatlichkeit bei Führerschein-Entzügen war auch in der grossen Kammer nicht umstritten: Der Nationalrat nahm die Motion im September 2018 stillschweigend an, nachdem der Ständerat die Motion im März 2018 gutgeheissen hatte.

Fairere Verfahren im Strassenverkehr (Mo. 17.4317)

Da Initiativen der Beratungskategorie der sogenannten «freien Debatte» zugeordnet werden, haben grundsätzlich alle Parlamentsmitglieder das Recht auf Wortmeldung. In den anderen, seit 1990 geltenden Beratungskategorien äussern sich in der Regel – neben den Vertreterinnen und Vertretern des Bundesrates – lediglich Kommissionssprecherinnen und -sprecher, Antragstellerinnen und Antragsteller von Vorstössen oder Minderheitsanträgen und allenfalls Fraktionssprecherinnen und -sprecher. Schon früher uferte die freie Debatte bei Volksinitiativen gerne auch in einem ziemlichen Redemarathon aus, so etwa bei der «No-Billag»-Initiative. Immer häufiger wird in solchen Debatten zudem auch das Recht genutzt, Zwischenfragen zu stellen. So war es auch wenig verwunderlich, dass im Nationalrat nicht weniger als 83 Ratsmitglieder einen Antrag gestellt hatten, um in einem Votum die eigene Position zur Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» verdeutlichen zu können. Aufgrund der grossen Zahl an Rednerinnen und Rednern, aber eben auch aufgrund der zahlreichen vor allem von SVP-Vertreterinnen und -vertretern gestellten Zwischenfragen dauerte die Debatte schliesslich insgesamt über neun Stunden – auf drei verschiedenen Sessionstage verteilt.

In der Tat stellten die Fraktionsmitglieder der SVP den Hauptharst der Rednerinnen und Redner, nämlich deren 42; von der SP-Fraktion meldeten sich 17 Mitglieder zu Wort, von der FDP deren acht, von der CVP sieben, von den Grünen vier und von GLP und BDP je zwei. Nicht weniger als 82 der 102 Zwischenfragen stammten zudem von der Volkspartei (FDP: 9; SP: 7; BDP: 2; CVP: 1; GP: 1), wobei die SVP-Fraktionsvertreterinnen und -vertreter sich häufig auch innerhalb der Fraktion selber befragten, was Roger Nordmann (sp, VD) zur Zwischenfrage veranlasste, ob es sich hier nicht eher um die «Selbstbefragungs-Initiative» handle. Den von verschiedenen Ratsmitgliedern geäusserte Verdacht, dass die Volkspartei versuche, die Ratsabstimmung über die Initiative so zu verzögern, dass das Begehren nicht bereits im November 2018, sondern im Wahljahr 2019 an die Urne gelangt – Beat Jans (sp, BS) sprach von «Filibustern» und Nadine Masshardt (sp, BE) staunte darüber, dass die SVP so viele Fragen zur eigenen Initiative habe – konnte die SVP nicht ganz ausräumen. Freilich können Zwischenfragen nur gestellt werden, wenn der Ratspräsident oder die Ratspräsidentin – aktuell Dominique de Buman (cvp, FR) – unmittelbar nach einem Votum die Rednerin oder den Redner fragt, ob diese oder dieser die Zwischenfrage zulasse. Wird diese Frage verneint, darf die Zwischenfrage nicht gestellt werden. Die meisten Votantinnen und Votanten – mit Ausnahme der SVP-Abgeordneten – liessen denn die Zwischenfragen gar nicht zu. Weil einige darob erzürnte SVP-Zwischenfragerinnen und -frager ihre Frage trotzdem in den Saal riefen, musste de Buman einige Ermahnungen aussprechen.

Der Verdacht, dass es der SVP mit ihrer Redner- und Zwischenfragestrategie in der Tat nicht nur um einen Kampf gegen die «Diskussionsverweigerung [...] der Demokratieabschaffer in diesem Saal» ging, wie sich etwa Roger Köppel (svp, ZH) echauffierte, sondern um eine Verschleppungstaktik, «damit das Geschäft erst im Wahljahr vors Volk kommt», wie Roger Nordmann vermutete, wurde durch einen von Fraktionssprecher Thomas Aeschi (svp, ZG) vorgebrachten Ordnungsantrag weiter erhärtet. Die SVP wehrte sich nämlich dagegen, dass für den dritten Debattenteil eine Nachtsitzung anberaumt wurde, was in der Regel nur bei hoher Geschäftslast oder dringlichen Geschäften erfolge. Mit ihrem Ordnungsantrag wollte die SVP ihr Begehren zu den normalen Sitzungszeiten weiter beraten, was wohl eine Verschiebung in die Herbstsession bedeutet hätte. Die Sprecherin des Büros, Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) wies darauf hin, dass mit der überdurchschnittlichen Zahl an Rednerinnen und Rednern das Kriterium der hohen Geschäftslast sehr wohl erfüllt sei. Der Ordnungsantrag wurde dann mit 121 zu 67 Stimmen abgelehnt. Die 67 Stimmen stammten allesamt aus den Reihen der Volkspartei.
Auch der am dritten Verhandlungstag gestellte Antrag der SVP, die Anwesenden zu zählen, um das nötige Quorum nachzuprüfen, verhalf nicht wirklich zu einer Beschleunigung der Debatte. Freilich verliessen zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier nach dem Drücken des blauen Knopfes – der der Anwesenheitskontrolle dient – den Nationalratssaal wieder, was Toni Brunner (svp, SG) derart erzürnte, dass er als Antwort auf eine entsprechende Zwischenfrage von Thomas Aeschi von einem «Kindergarten» sprach und seine Tirade gegen die nicht anwesenden Ratskolleginnen und -kollegen vom Nationalratspräsidenten erst durch Abschalten des Mikrofons unterbrochen wurde.

Nebst all diesem Geplänkel wurden freilich auch Argumente ausgetauscht. In der Tat dienen die freie Debatte wie auch die Zwischenfragen ja durchaus auch dazu, den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen, welche Begründungen für den Bezug der verschiedenen Fronten geltend gemacht werden. Die ab und zu ziemlich emotional, ja gar gehässig geführte Debatte – der Sonntags-Blick sprach von einer von der SVP geplanten und zelebrierten Entgleisung, der Tages-Anzeiger von einem eigentlichen Politikspektakel und die Aargauer Zeitung warf der SVP vor, statt einer inhaltlichen Debatte auf Klamauk zu setzen – liess in der Tat deutliche Positionsbezüge erkennen. Während alle Mitglieder der SVP-Fraktion das Begehren vehement verteidigten, lehnten alle anderen Fraktionen die Initiative einhellig ab.

Die Kommissionssprecherin Valérie Piller Carrard (sp, FR) und der Kommissionssprecher Kurt Fluri (fdp, SO) berichteten, dass alle von der SPK-NR angehörten Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter sowie sämtliche Rechtsexperten die Initiative ablehnten. Es werde befürchtet, dass das Begehren dem Wirtschaftsstandort Schweiz schade und in juristischer Hinsicht mehr Probleme schaffe als löse. In der Kommission sei zudem die Gefahr einer Kündigung wichtiger Menschenrechtsabkommen, ja gar der Europäischen Menschenrechtskonvention, diskutiert worden. Klar sei einzig, dass bei einem Konflikt zwischen Völker- und Landesrecht bestehende Verträge neu verhandelt oder gekündigt werden müssten. Wer allerdings in welchem Verfahren feststelle oder entscheide, wann ein Normenkonflikt bestehe und wann nicht bzw. wann dieser Konflikt genügend gravierend sei, bleibe völlig unklar. Dies würde bei Annahme des Volksbegehrens eine grosse Rechtsunsicherheit schaffen. Die Kommission empfehle deshalb mit 16 zu 9 respektive 14 zu 11 Stimmen, die Initiative abzulehnen und nicht auf den Gegenvorschlag einzutreten. Letzterer war von Gerhard Pfister (cvp, ZG) eingebracht worden und entsprach im Grossen und Ganzen dem schon im Ständerat gescheiterten Vorschlag von Andrea Caroni (fdp, AR). Pfister zog seinen Antrag gleich zu Beginn der nationalrätlichen Debatte zurück, weil die Initianten keinerlei Bereitschaft zeigen würden, auf seinen Vorschlag für eine alternative Lösung überhaupt einsteigen zu wollen.

Die Befürworterinnen und Befürworter der Initiative begründeten ihr Anliegen mit vier Hauptargumenten: (I) Die Initiative wolle Rechtssicherheit schaffen, indem die Hierarchie von Völker- und Landesrecht geklärt werde. Dies sei auch angesichts einer immer stärkeren Einmischung rechtlicher Normen in die Politik (sogenannte Justizialisierung) von Nöten. (II) Damit werde zudem die (direkte) Demokratie gestärkt und die Abhängigkeit vom Ausland gemindert. (III) Häufig wurde argumentiert, dass mit der Initiative nur ein Zustand wiederhergestellt werde, wie er fünf Jahre zuvor schon geherrscht habe. Damit wurde auf ein Bundesgerichtsurteil vom 12. Oktober 2012 rekurriert, mit welchem die Schubert-Praxis faktisch ausser Kraft gesetzt und wodurch festgelegt worden sei, dass internationales Recht generell nationalem Recht vorgezogen werden müsse. Konkret hatte das Bundesgericht in einem Fall die Menschenrechtskonvention der Regelung der Ausschaffungsinitiative vorgezogen. Damit sei die direkte Demokratie gleichsam ausgehebelt worden, so die SVP. Kein anderer Staat gebe aber internationalem Recht Vorrang vor Landesrecht. (IV) Gewarnt wurde in diesem Zusammenhang auch vor der Einmischung der EU, die mit dem viel diskutierten Rahmenabkommen und dem Vorrang von internationalem Recht faktisch zum «obersten Souverän der Schweizerischen Eidgenossenschaft» werde – so etwa Hans-Ueli Vogt (svp, ZH). Die Schweiz werde zu einer Marionette und Volksentscheide verkämen zu einer Art Umfrageergebnis, was letztlich nur noch eine Scheinselbstbestimmung sei, erklärte Thomas Aeschi. Andreas Glarner (svp, AG) verklebte sich den Mund mit blauen Klebestreifen, um zu demonstrieren, dass man sich den Mund verbieten lasse. Roger Köppel warnte gar von einer «kalten Entmachtung des Volkes» und Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR) stellte die Anschuldigung in den Raum, dass die «sogenannten Volksvertreter im Saal», denen man im Gegensatz zum Volk nicht vertrauen könne, dem süssen Gift der Macht verfallen seien, die Souveränität des Volkes an sich rissen und ins Ausland verkauften. Dies sei der Untergang der Schweiz.

Die Gegnerinnen und Gegner des Begehrens betonten neben den bereits von der Kommission vorgebrachten Argumenten auch den nötigen Spielraum, den Gerichte im Einzelfall bräuchten, der aber mit einer Annahme der Initiative stark eingeschränkt würde. Zahlreiche Plädoyers machten sich zudem für die Menschenrechte stark, die mit der Annahme einer Initiative gefährdet wären, weil die Kündigung der Menschenrechtskonvention durch die Schweiz einen fatalen Vorbildcharakter hätte. Balthasar Glättli (gp, ZH) sprach etwa von einer «Antimenschenrechts-Initiative». Das Volksbegehren stelle die Werte der Schweiz – laut Nadine Masshardt (sp, BE) «Verlässlichkeit, Stabilität und Menschenrechte» – fundamental infrage. Die kleine Schweiz sei auf Vertragssicherheit und auf Völkerrecht angewiesen, damit sie nicht dem Recht des Stärkeren ausgesetzt sei. Aber wer – so fragte sich Matthias Jauslin (fdp, AG) – gehe mit einem unverlässlichen Partner noch einen Vertrag ein? Völkerrechtliche Verträge würden von der Schweiz freiwillig eingegangen, weil sie von grossem Nutzen seien, betonte Ruth Humbel (cvp, AG). Die Stimmbevölkerung werde nicht durch Völkerrecht entmachtet, weil wichtige Verträge ja immer direktdemokratisch legitimiert seien, gab Eric Nussbaumer (sp, BL) zu bedenken.

Das Schlussvotum gehörte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Sie führte aus, dass sich Souveränität und globale Vernetzung nicht widersprechen, weil die Schweiz souverän bestimme, mit wem sie internationale Verträge abschliesse. Wie diese Verträge abzuschliessen seien und dass man sie einzuhalten habe, stehe eigentlich in der von Volk und Ständen abgesegneten Bundesverfassung. Ebenfalls festgehalten sei, dass es den Gerichten zu überlassen sei, bei Normenkonflikten flexibel und pragmatisch zu entscheiden. Mit der Selbstbestimmungsinitiative würde dies allerdings auf den Kopf gestellt. Das Begehren fordere nicht nur, dass Völkerrecht nicht mehr zählen solle, sondern dass die Gerichte im Konfliktfall rechtswidrige Entscheide fällen müssten. Die Neuaushandlung von Verträgen würde damit zu einer Obligation und bleibe nicht Option. Die Initiative, weil sie nur Schwarz und Weiss kenne, zwänge die Schweiz in ein Korsett. Nicht nur die eigene Handlungsfähigkeit würde eingeschränkt, sondern auch die Zuverlässigkeit der Schweiz als Vertragspartnerin werde aufs Spiel gesetzt. Zudem sei die Initiative nicht genügend deutlich bei der Definition von «Widerspruch». Wann ein Konflikt zwischen Völkerrecht und Landesrecht bestehe, wie gross dieser sein müsse und wer dies entscheide, bleibe unklar. Die Justizministerin versuchte auch die Meinung zu entkräften, dass das Bundesgericht seit 2012 auf die Schubert-Praxis verzichtet habe; es sei im Gegenteil in mehreren Fällen Bezug genommen worden auf diese Praxis. Die Schweiz sei erfolgreich, weil sie beweglich und pragmatisch immer wieder neue Antworten auf neue Herausforderungen gefunden habe. Die im Gegenteil dazu starre und dogmatische Initiative werde vom Bundesrat deshalb zur Ablehnung empfohlen.

Wie aufgrund der Debatte nicht anders zu erwarten war, stimmten die 67 anwesenden Mitglieder der SVP-Fraktion – einzig Ulrich Giezendanner (svp, AG) war abwesend – für und die restlichen 127 bei der Abstimmung anwesenden Nationalrätinnen und Nationalräte gegen Annahme der Initiative.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Man sei bereits daran, eine Vorlage auszuarbeiten, die eine ähnliche Stossrichtung verfolge wie die Motion Estermann (svp, LU), mit welcher die Einschränkung von Lobbyismus im Bundeshaus gefordert wird, gab das Büro-NR als Begründung für seine Ablehnung zum Vorstoss der Luzerner Nationalrätin zu bedenken. Auf der Basis der parlamentarischen Initiativen Berberat (sp, NE; Pa.Iv. 15.438) und Caroni (fdp, AR; Pa.Iv. 15.433) arbeite das Büro-NR eine Vorlage aus, die 2018 dem Rat vorgelegt werden soll und mit der das Anliegen Estermann – die Beschränkung der dauerhaften Zutrittsrechte über eine Parlamentarierin oder einen Parlamentarier auf einen persönlichen Mitarbeitenden oder ein Familienmitglied – ebenfalls behandelt werde. Statt eine Motion zu überweisen, scheine es dem Büro zweckmässiger, das Anliegen im Rahmen dieser Vorlage zu besprechen.
Der Bundesrat hatte sich noch nicht zur Motion geäussert, die Argumentation des Büros schien im Rat aber zu verfangen. Lediglich zwölf Stimmen – zehn aus der SVP- und zwei aus der FDP-Fraktion – sprachen sich für Annahme der Motion aus. Dagegen hielten 172 Nein-Stimmen.

Beschränkung der Zutrittsrechte

Er könne nicht nachvollziehen, weshalb man in Parallelität zu einem bereits wirkenden ersten gleich auch noch einen zweiten Apparat initiieren wolle, der sich zum gleichen Thema an die Arbeit mache, sagte Bundesrat Johann Schneider-Ammann im Rahmen der nationalrätlichen Debatte zur Motion Martullo-Blocher (svp, GR). Die Verwaltung komme nicht mehr «aus dem Berichteschreiben heraus» und sei bereits daran, das Postulat Caroni (fdp, AR) umzusetzen, das einen Rapport über eine mögliche Regulierungsbremse fordert. Die Reduktion der Bürokratie stehe beim Bundesrat ganz zuoberst auf der Agenda, aber man solle doch jetzt zuerst einmal diesen Bericht abwarten, bevor entschieden werde, ob weitere politische Arbeit nötig sei.
Konkret forderte die Motion Martullo-Blocher, der «Regulierungsflut» mit dem Prinzip von «one in, two out» zu begegnen, also für jeden neuen Bundeserlass bisherige Erlasse mit doppelt so hohen Regulierungsfolgekosten aufzuheben. Mit ihrem ersten Vorstoss als Nationalrätin appellierte die Vertreterin des Kantons Graubünden an die bürgerlichen Kräfte, die sich explizit für Deregulierung einsetzen würden. Einem Teil dieser bürgerlichen Kräfte – die grosse Mehrheit der CVP- und der BDP- und eine knappe Mehrheit der FDP-Fraktion stimmten gegen den Vorstoss – schienen die Bedenken des Wirtschaftsministers allerdings näher zu liegen. Insgesamt wurde die Motion mit 107 zu 81 Stimmen (bei einer Enthaltung) abgelehnt.

Massnahmen gegen Regulierung (Mo. 16.3543)
Dossier: Effektivere Berücksichtigung von Regulierungskosten bei der Gesetzgebung

Dans un postulat, le député Caroni (fdp/plr, AR) demande une modernisation du code des obligations (CO). En effet, alors que le CO date de 1912, des règles contradictoires et un manque de lisibilité freinent son accès pour les non-initiés.
Dans son rapport, le Conseil fédéral a évalué l'utilité d'une telle révision. Sous une forme d'optimisation de l'utilité face aux coûts ainsi qu'à la charge de travail, il a conclu qu'une révision était inopportune. Il recommande donc de ne pas entamer des projets législatifs qui seraient dantesques et au succès incertain.

Modernisierung des Obligationenrechts

Avec l'enterrement définitif, par les chambres parlementaires, de la révision du droit pénal fiscal, le retrait de l'initiative populaire «Oui à la protection de la sphère privée» s'est logiquement imposé à la majorité des initiants. En effet, cette initiative populaire se positionnait comme une réponse de la droite à la volonté de réforme du secret bancaire induite par Eveline Widmer-Schlumpf. Selon les initiants, l'échange automatique, qui aurait été introduit à l'intérieur du pays, se serait immiscé dans la sphère privé des Helvètes et aurait mis à mal le secret bancaire. Néanmoins, le rejet de la réforme a changé la donne. L'initiative populaire, qui a joué son rôle d'épée de Damoclès lors du débat dans les chambres, a donc finalement été retirée.

„Ja zum Schutz der Privatsphäre“

Wie erhofft konnte der Ständerat den Erlassentwurf zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Überwachung von Versicherten, der in Erfüllung einer Kommissionsinitiative der SGK-SR durch das Kommissionssekretariat erarbeitet worden war, in der Wintersession 2017 behandeln. Mittels der Kommissionsinitiative war der Observationsartikel aus der Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechtes (ATSG) herausgenommen worden, um den Prozess zu beschleunigen. Konrad Graber (cvp, LU) ging dennoch auf die Rückmeldungen aus der Vernehmlassung des ATSG ein. So wiesen die Vernehmlassungsantworten zwei Grundstossrichtungen auf: Den Behinderten- und Arbeitnehmerorganisationen, der SP und den Grünen gingen die vorgeschlagenen Regelungen zu weit, den Kantonen, Arbeitgeberorganisationen und bürgerlichen Parteien hingegen nicht weit genug. Ein ähnliches Muster zeigte sich in der Folge auch in der Ständeratsdebatte zum Erlassentwurf. Alex Kuprecht (svp, SZ) akzentuierte den Handlungsbedarf, der durch betrügerisch erworbene Renten in Millionenhöhe entstehe. Er betonte zudem, dass die im Erlassentwurf aufgeführten Observationen nicht leichtfertig durchgeführt würden, sondern zahlreiche Verdachtsmomente dazu notwendig seien. Letzterem widersprachen Hans Stöckli (sp, BE), Paul Rechsteiner (sp, SG) und Géraldine Savary (sp, VD) vehement: So hätten sich ein Drittel aller bisherigen Observationen als falsch, unnötig oder nicht zielführend erwiesen. Im neuen Erlass habe das Kommissionssekretariat die bundesrätliche Vorlage und damit die Möglichkeiten zur Überwachung erheblich verschärft. Neu sollen auch Tonaufzeichnungen und GPS-Tracker zur Ergänzung der Überwachung verwendet werden können und die Überwachung soll auf alle von öffentlichen Orten einsehbaren Bereiche ausgeweitet werden.
Die linke Ratsseite kritisierte insbesondere, dass diese Massnahmen zur Anwendung kämen, bevor ein begründeter Verdacht auf einen Straftatbestand bestehe, also bevor die Sozialversicherer Strafanzeige erstatten könnten. Somit erlaube die Revision strengere Observationsmöglichkeiten für den zivilen Teil eines Vergehens als für den strafrechtlichen Teil, was der Verhältnismässigkeit zuwiderlaufe. Diese kritische Meinung zur Reform teilte auch eine Gruppe von vier Staatsrechtlern, welche die Reform in einem Schreiben aufgrund der vielen Blankettnormen ohne erforderliche rechtsstaatliche Sicherungen als ausserordentlich problematisch bezeichneten. Stöckli kritisierte neben dem Erlasstext auch dessen Ausarbeitung: Beim Nachrichtendienstgesetz habe man „sehr seriös und unter Einbezug aller Eventualitäten eine rechtsstaatlich korrekte Gesetzgebung vorgenommen”, während hier in kürzester Zeit Massnahmen geschaffen worden seien, die wesentlich weiter gingen als die Massnahmen zum Staatsschutz und zur Terrorismusbekämpfung. Zudem sei der bundesrätliche Vorschlag nach der Vernehmlassung verschärft worden, ohne dass es nochmals Anhörungen gegeben hätte. Rechsteiner wies überdies auf die Rechtsungleichheit hin, welche diese Änderungen in Kombination mit der zwei Tage zuvor abgelehnten Verschärfung der staatlichen Mittel gegenüber Steuerdelinquenten bewirkten.
Um diese zahlreichen Bedenken klären zu können, schlug Raphaël Comte (fdp, NE) vor, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen. Dies lehnten aber zahlreiche Sprecherinnen und Sprecher ab, da eine Rückweisung zu einer Verzögerung von mindestens drei Monaten führen und keinen Mehrwert bringen würde. Stattdessen könnten diese Fragen auch im Plenum geklärt werden. Folglich wurde der Antrag Comte mit 15 zu 23 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) abgelehnt. In der Detailberatung wurde zuerst geklärt, inwiefern richterliche Bewilligungen für Observationen nötig sein sollen. Der kleinen Kammer ging der Minderheitsantrag Rechsteiner zu weit, wonach für alle Observationen neben konkreten Anhaltspunkten auf einen unrechtmässigen Leistungsbezug sowie der Aussichtslosigkeit oder der unverhältnismässigen Erschwerung von Abklärungen ohne Observationen auch eine richterliche Genehmigung vorliegen müsse. Stattdessen folgte sie dem Antrag Caroni (fdp, AR) und verlangte nur für den Einsatz von technischen Instrumenten zur Standortbestimmung eine richterliche Bewilligung. Ansonsten sollen Personen mit Direktionsfunktion beim Versicherungsträger die Berechtigung zur Anordnung von Observationen erhalten. Ein weiterer umstrittener Punkt betraf die Frage, ob Observationen ausschliesslich im öffentlich zugänglichen Raum oder in einer weiteren Fassung auch an einer von einem allgemein zugänglichen Ort frei einsehbaren Stelle erlaubt sein sollen. Stöckli sprach sich dafür aus, die bestehende Gesetzgebung im Strafprozess zu übernehmen und damit auch die Vernehmlassungskritik ernst zu nehmen, in der befürchtet worden war, dass neu auch Observationen im Privatbereich möglich werden würden. Bundesrat Berset bestätigte jedoch, dass eine weitere Fassung der Regelung die geltende Praxis kodifiziere, die überdies gemäss Kuprecht auch vom Bundesgericht gestützt worden war (BGE 8C 272/2011). Folglich entschied sich auch der Ständerat mit 33 zu 10 Stimmen für diese Fassung. Der Bundesrat solle die Anforderungen an mit Observationen beauftragte Personen definieren können, entschied der Ständerat abschliessend. In der Gesamtabstimmung zeigten sich die meisten Mitglieder des Ständerats mit den Änderungen einverstanden und nahmen die Vorlage mit 32 zu 8 Stimmen (bei einer Enthaltung) an.

Parlament schafft eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten (Pa. Iv. 16.479)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Gleich fünf neue Ratsmitglieder wurden zu Beginn der Wintersession 2017 neu vereidigt. Diana Gutjahr (svp, TG), Jahrgang 1984, ersetzt Hansjörg Walter (svp, TG). Walter trat nach 18 Jahren als Nationalrat zurück. Der ehemalige Bauernverbands- und Nationalratspräsident wird als zweimaliger Bundesratskandidat in Erinnerung bleiben. 2008 war er, von Links-Grün sowie Teilen der FDP und der CVP als Sprengkandidat gesetzt, um lediglich eine Stimme Ueli Maurer unterlegen. 2011 wurde er, nachdem der eigentlich nominierte Bruno Zuppiger (svp, ZH) wegen Verdachts auf Veruntreuung nicht mehr antreten konnte, von seiner eigenen Partei nominiert, unterlag aber der amtierenden Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Seine Nachfolgerin ist Vizepräsidentin des Thurgauer Gewerbeverbandes. Die „Strahlefrau der Thurgauer SVP” (NZZ) gilt als Zögling des ehemaligen Nationalrats Peter Spuhler.
Mit Hansjörg Brunner (fdp, TG) rutschte gleich auch der Präsident des Thurgauer Gewerbeverbandes nach. Der 51-jährige Inhaber einer Druckerei nimmt den Platz von Hermann Hess (fdp, TG) ein, der nach lediglich zwei Jahren und ohne einen Vorstoss lanciert zu haben, wieder von der nationalen Politikbühne abtritt.
Dem Rücktritt von Jonas Fricker (gp, AG), der durch die 30-jährige Islamwissenschafterin Irène Kälin (gp, AG) ersetzt wird, ging ein – je nach medialer Lesart – „Eklat” (Aargauer Zeitung), ein „Schock” und „Skandal” (Blick) oder lediglich eine „verbale Entgleisung” (Tagesanzeiger) voraus. Fricker hatte in einem Votum zur Fair-Food-Initiative einen Schweinetransport mit der Deportation von Juden verglichen. Er habe bei einem Dokumentarfilm über den Transport von Schweinen unweigerlich an die Massendeportationen nach Auschwitz aus dem Film „Schindlers Liste” denken müssen. Fricker wörtlich: „Die Menschen, die dort deportiert wurden, die hatten eine kleine Chance zu überleben. Die Schweine, die fahren in den sicheren Tod.” Allerdings entschuldigte sich der Aargauer Grüne noch während der Debatte für seine Aussage und bat anschliessend auch den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund um Verzeihung. Dieser akzeptierte die Entschuldigung zwar, die Spitze der grünen Partei distanzierte sich allerdings von Frickers Vergleich, der „inakzeptabel” sei – so Balthasar Glättli (gp, ZH) im Blick. Besonders hart ins Gericht mit Fricker ging ebendiese Boulevardzeitung, die – sekundiert von alt-Nationalrat Josef Lang – relativ rasch den Rücktritt Frickers forderte. Eine Forderung, der Fricker schliesslich zwei Tage nach seiner Aussage nachkam. Er trete zurück, weil es für ihn das stärkste Zeichen sei, das er setzen könne. Der Rücktritt wurde allerdings unterschiedlich interpretiert. Während der „Blick” ihn als Grösse feierte, hinterfragten der Tagesanzeiger und die NZZ, ob dieser Rücktritt wirklich nötig gewesen sei. Schliesslich sei Fricker von der Aargauer Bevölkerung gewählt worden. Irène Kälin, seine Nachfolgerin und „neckischerweise mit einem bekannten Ringier-Mann liiert” (NZZ, 4.10.), politisiere pointierter links als Fricker. Der Abgang sei deshalb fragwürdig.
Auch in der EVP kam es zu einem Personalwechsel. Niklaus-Samuel Gugger (evp, ZH) rutschte für Maja Ingold (evp, ZH) nach, die seit 2010 im Nationalrat sass und damals, als Nachfolgerin von Ruedi Aeschbacher, die erste Frau der EVP auf nationaler Ebene war. Ingold – die aus Altersgründen zurücktreten wollte –, wie auch Gugger, stammen aus Winterthur. Gugger ist der erste Nationalrat mit indischen Wurzeln. Seine Eltern waren Entwicklungshelfer und adoptierten ihn als Baby in Indien.
Rocco Cattaneo (fdp, TI) rutschte für den in den Bundesrat gewählten Ignazio Cassis nach. Der 59-jährige ehemalige Veloprofi und Unternehmer machte gleich auf sich aufmerksam, weil er mit dem Velo bereits am Freitag aus dem Tessin an die Session fuhr – von Bironico am Monte Ceneri über den Gotthard nach Bern; also rund 250 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h, wie der Neo-Nationalrat betonte. Er verstehe seine Tour auch als Plädoyer für sichere Velowege – ein Vorgeschmack auf die Debatte um die Velo-Initiaitive, in deren Komitee Cattaneo sitzt.
Die fünf Neuen – bei Halbzeit der 50. Legislatur waren bisher 10 Mutationen zu verzeichnen – wurden vereidigt (Brunner, Cattaneo und Gugger) bzw. legten das Gelübde ab (Gutjahr und Kälin).

Mutationen 2017
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Les divergences d'opinion sur le secret bancaire entre les partis politiques, mais aussi entre les deux chambres au Parlement, continuent d'animer les débats sous la coupole fédérale. Alors que le Conseil des Etats avait rejeté l'initiative populaire «Oui à la protection de la sphère privée», ainsi que le contre-projet direct, le Conseil national a pris la direction opposée en marquant son soutien à l'initiative populaire et au contre-projet direct par 81 voix contre 39 et 68 abstentions. Ce vote a mis en relief des divisions au sein des partis. Par exemple, il est possible de noter des divisions du côté du PLR, 10 voix pour, 21 contre et 1 abstention, mais aussi du côté du PDC avec 4 voix pour, 18 contre et 7 abstentions. De plus, il est intéressant de relever que les 42 parlementaires du groupe socialiste se sont abstenus. L'initiative populaire est donc retournée à la chambre des cantons.
Face à cette impasse, le Conseil des Etats a proposé une option alternative. Ainsi, une motion a été déposée afin que le projet de réforme introduit par Eveline Widmer-Schlumpf, élément déclencheur de l'initiative populaire, soit retiré. En effet, selon le Conseil de Etats, un retrait de ce projet entraînerait logiquement l'abandon de l'initiative populaire et du contre-projet direct. Néanmoins, en attendant le vote sur cette motion, le Conseil des Etats a rejeté l'initiative populaire et le contre-projet par 29 voix contre 16. Dans l'attente du vote sur la motion, l'initiative populaire est bloquée entre les vents contraires soufflés par les deux chambres.

„Ja zum Schutz der Privatsphäre“

Un postulat déposé par Andrea Caroni (fdp/plr, AR), puis repris par Beat Walti (fdp/plr, ZH) a demandé un rapport sur l'accès aux marchés fermés de la Confédération. L'objectif du rapport est d'évaluer si le droit en vigueur garantit une sélection équitable, transparente et non discriminatoire. Pour être précis, les marchés fermés concernent les cas de limitation du nombre de fournisseurs d'une activité économique dans certains domaines. Dans ces cas précis, pour des motifs souvent économiques, les marchés sont fermés à la concurrence par fait ou par l'intermédiaire d'une régulation. Dès lors, le dépositaire a estimé que la législation relative à la procédure de sélection des opérateurs était lacunaire. Il a cité comme exemple l'absence d'appel d'offres pour les concessions d'utilisation des forces hydrauliques (LFH) ou pour l'exploitation d'installations de distribution d'électricité (LApEl). Afin de renforcer le poids de son postulat, le dépositaire a rajouté que dans certains cas, comme les maisons de jeu, les distilleries, les chemins de fer ou encore les aéroports, il n'existait carrément aucune exigence minimale législative.
Pour sa part, le Conseil fédéral a soutenu, sur le fond, la position du dépositaire du postulat. En effet, il a affirmé qu'une libre concurrence était indispensable pour maintenir la compétitivité des entreprises helvétiques. Néanmoins, comme une révision du droit national des marchés publics sera débattue très prochainement au parlement, il a estimé que le postulat perdait son sens. Au final, si le Conseil fédéral a proposé de rejeter le postulat, le Conseil national l'a accepté par 118 voix contre 76. La frange plus libérale du Conseil national a imposé sa volonté. Les voix du PLR, des Vert'libéraux, du PBD et de l'UDC ont permis l'adoption du postulat.

Accès aux marchés fermés de la Confédération. Procédure équitable (Po. 15.3398)
Dossier: Zugang zu den geschlossenen Märkten des Bundes
Dossier: Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen. Totalrevision

L'article 2 alinéa 7 de la loi sur les marchés intérieurs (LMI) garantit l'établissement d'un appel d'offre non discriminatoire lors de la transmission d'exploitation d'un monopole cantonal ou communal à des entreprises privées. Cette procédure s'applique pour les marchés fermés. Ces marchés se constituent d'un nombre limité d'opérateurs. D'après Andrea Caroni (fdp/plr, AR), dans le cadre des marchés fermés, une violation inhérente de la libre concurrence impose la mise en place d'une procédure de sélection parfaitement équitable. En effet, la limitation du nombre d'opérateurs sur le marché, par le biais de la création de monopoles ou des clauses de besoins, attaque forcément la libre concurrence. Andrea Caroni (fdp/plr, AR) ne remet pas directement en cause l'utilisation de ces marchés fermés, qui sont souvent justifiés pour des motifs économiques, mais souhaite renforcer la législation afin de garantir une procédure de sélection équitable. Il a donc déposé une motion pour que le Conseil fédéral rédige un projet de loi qui réduise la marge de manœuvre de l'article 2 alinéa 7 de la LMI relatif aux marchés fermés dans les cantons et communes.
Le Conseil fédéral a estimé qu'il était trop tôt pour envisager une modification législative. Cependant, il a proposé d'étudier la requête de la motion Caroni (fdp/plr, AR) dans le cadre du postulat sur les marchés fermés de la Confédération. Le Conseil national a adopté la motion par 104 voix contre 87 et 2 abstentions. Les voix de la droite ont su se faire entendre.

Accès aux marchés fermés des cantons. Procédure équitable (Mo. 15.3399)
Dossier: Zugang zu den geschlossenen Märkten des Bundes
Dossier: Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen. Totalrevision

Ob Angehörigen der Armee Arbeitszeugnisse auszustellen seien, musste der Ständerat im Frühjahr 2017 beurteilen. Nachdem der Nationalrat die Motion Caroni (fdp, AR) angenommen hatte, gab es in der kleinen Kammer Gegenwind. Nicht jedoch materiell: Die Motion wurde abgelehnt, weil in der Zwischenzeit die Forderungen soweit erfüllt werden konnten, dass der Motionär selbst – inzwischen Ständerat – anerkannte, dass die Motion hinfällig geworden sei. SiK-Sprecher Baumann (cvp, UR) referierte im Saal über die Neuerungen, die im Rahmen der WEA umgesetzt werden. Für Armeekader werden künftig sogenannte Bildungs- und Kompetenznachweise ausgehändigt, in denen die im Dienst erlernten Selbst- und Sozialkompetenzen festgehalten werden. Es handelt sich also dabei bereits um einen Leistungsnachweis im Sinne eines Arbeitszeugnisses. Mit 9 zu 0 Stimmen und 2 Enthaltungen wurde von der Kommission beantragt, die Motion abzulehnen. Kurz kam noch der Motionär selbst zu Wort. Er stellte fest, dass eine gesetzliche Grundlage fehle. Arbeitszeugnisse würden zwar grundsätzlich ausgestellt, aber im Gegensatz zum Zivildienstbereich, wo das Ausstellen von Arbeitszeugnissen gesetzlich verankert ist, fehle eine entsprechende Bestimmung im Bereich der Militärgesetzgebung. So wollte Caroni (fdp, AR) denn vom Verteidigungsminister wissen, ob eine solche Norm nicht noch in die Ausführungsgesetzgebungen der WEA eingefügt werden könnte. Parmelin teilte die Ansicht Caronis und wollte beim VBS abklären lassen, ob dies auch tatsächlich in die entsprechende Verordnung einfliessen würde. Er zeigte sich ebenfalls überzeugt, dass eine solche Vorgabe gemacht werden müsste. Daraufhin gab es keine Reaktionen mehr und das Geschäft konnte als abgelehnt ad acta gelegt werden.

Arbeitszeugnisse für Angehörige der Armee zur Stärkung der Vereinbarkeit von Beruf und Militärdienst

Nach einer Phase fast jährlicher Rücktritte aus dem Bundesrat zwischen 2005 und 2011 zeichnete sich das Bundesratskollegium seit der Wahl von Alain Berset 2011 durch eine relativ lange Phase der Stabilität aus. Zwar trat dann auf die Wahlen 2015 Eveline Widmer-Schlumpf zurück, die im Vergleich wenigen Wechsel regten Pressevertreterinnen und -vertreter aber zu zahlreichen Spekulationen an. Gerüchte über Rückritte und mögliche Nachfolger betrafen insbesondere Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann. Wie nachhaltig solche Spekulationen sind, lässt sich an einer nicht abschliessenden kleinen Retrospektive für das Jahr 2016 aufzeigen:
Bei der Nomination von Walter Thurnherr zum Bundeskanzler wurde bereits 2015 gemutmasst, dass Doris Leuthard bald zurücktreten werde, weil sie mit Thurnherr einen engen Mitarbeiter ziehen lasse. Als mögliche Nachfolger der amtsältesten Magistratin wurden der damalige CVP-Präsident Christoph Darbellay sowie Filippo Lombardi und Pirmin Bischof gehandelt. Vor der Abstimmung über die Atomausstiegsinitiative ortete die Sonntagszeitung im Oktober 2016 Fehltritte bei der Energieministerin, die darauf hindeuteten, dass sie wohl bald ihren Rücktritt ankündigen werde. Ende 2016 spekulierte der Sonntags-Blick über einen Rücktritt der Aargauerin nach ihrem zweiten Präsidialjahr 2017. Als Nachfolger brachte das Sonntagsblatt neben Konrad Graber und Gerhard Pfister auch Bundekanzler Thurnherr ins Gespräch.
Ein Insider gab im nachrichtenarmen Sommer 2016 mehreren Westschweizer Medien zu Protokoll, dass Johann Schneider-Ammann bald zurücktreten werde. Der Berner sei amtsmüde und mehrere dynamischere potenzielle Nachfolger stünden bereit. Genannt wurden etwa Karin Keller-Sutter, Andrea Caroni, Martin Schmid oder Ruedi Noser. Auch die Zeitung Blick stimmte im September 2016 in diesen Chor mit ein und sprach von einem lethargischen Magistraten, der innerlich bereits gekündigt habe. Freilich stellte sich einige Tage darauf heraus, dass der Berner unter einer gebrochenen Rippe zu leiden hatte und deshalb etwas müde war. Der Sitz des Berner FDP-Bundesrats kam dann mit dem im Oktober lauter werdenden Anspruch der Ostschweiz auf einen Bundesratssitz zumindest medial ins Wackeln. Als Ostschweizer Vertretung kämen laut St. Galler Tagblatt eigentlich nur Karin Keller-Sutter oder Martin Schmid, beide von der FDP, in Frage. Dies setzte freilich einen Rücktritt von Schneider-Ammann voraus. Auch die BaZ sprach im November von sich mehrenden Gerüchten eines baldigen Rücktritts – es sei nicht unwahrscheinlich, dass Schneider-Ammann auf das Ende seines Präsidialjahres 2016 noch seinen Austritt aus der Landesregierung bekannt geben werde.

Spekulationen Rücktritt Bundesräte, Nachfolge Leuthard, etc.

Die Zusammensetzung des Bundesrates ist immer wieder Gegenstand von Debatten. Sei es die regionale, die sprachliche oder eine gendergerechtere Vertretung – die Diskussionen drehen sich in der Regel um die deskriptive Repräsentation des Exekutivgremiums und weniger um die substanzielle, also die Frage, ob das Kollegium inhaltlich die Interessen der Bevölkerung zu vertreten im Stande ist.
Besonders virulent und medial begleitet werden diese Debatten jeweils bei anstehenden Bundesratswahlen. Bei der Wahl von Guy Parmelin 2015 machte sich etwa Unmut in der Ostschweiz breit, da die sieben Kantone der Ostschweiz (SG, TG, GR, SH, GL, AR, AI), und damit rund 1.1 Mio. Einwohner, zum zweiten Mal seit 1848 nicht in der Bundesregierung vertreten sind, wohingegen die Romandie mit etwa der Hälfte an Einwohnerinnen und Einwohnern mit Parmelin, Burkhalter und Berset sogar dreifach vertreten sei. Roland Eberle (svp, TG) gab in der NZZ zu Protokoll, dass fünf der sieben Bundesräte nun „Burgunder” seien, die wesentlich zentralistischer und etatistischer dächten als „Alemannen”. Die Ostschweiz, die sich „an den Rand gedrängt” fühle (SGT), fordere deshalb eine Korrektur bei der nächsten Vakanz. In der Tat stellte die Ostschweizer Regierungskonferenz diese Forderung in einem Schreiben, um die Parteispitzen zu sensibilisieren.

Bei der Sprachenfrage drehte sich die Debatte bis zur Wahl von Ignazio Cassis 2017 lange um den Aspekt der Vertretung des Tessins in der Landesregierung. Der Südkanton war seit 1999 und dem Rücktritt von Flavio Cotti nicht mehr im Bundesrat vertreten. Zwar hatte die SVP mit Norman Gobbi (TI, lega) bei der Besetzung des leer gewordenen Sitzes von Eveline Widmer-Schlumpf auch einen Tessiner Kandidaten aufgestellt, um die Untervertretung der Südschweiz beheben zu helfen. Weil es sich um einen Lega-Politiker handelte – der im Parlament als kaum wählbar galt –, wurde dieses Manöver allerdings als „wenig glaubhaft” bezeichnet (NZZ). Mit der Wahl von Cassis ebbte die Diskussion um die Vertretung der Sprachregion wieder ab.

Ein zentraler Bestandteil der Debatten ist schliesslich die Frage der Vertretung der Frauen im Bundesrat. Waren Ende September 2010 die Frauen im Bundesrat erstmals in der Mehrheit – das Interregnum dauerte allerdings lediglich 14 Monate –, sieht es nach dem Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf Ende 2015 und der Rücktrittsankündigung von Doris Leuthard Mitte 2017 so aus, als könnte Simonetta Sommaruga bald die einzige Frau im Kollegium sein. Ein Bundesrat mit nur einer Frau sei kein Abbild der Gesellschaft mehr, liess sich Yvonne Feri (sp, AG), Präsidentin der SP-Frauen, in der NZZ protokollieren. Bereits nach der Wahl von Guy Parmelin hegte Alliance F – der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen – die Idee einer Verfassungsbestimmung, gemäss der nicht nur die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen im Bundesrat vertreten sein sollen, wie dies die Verfassung bereits vorsieht, sondern auch die Frauen. Zwar hatte die GP bei der Wahl von Parmelin versucht, mit ihren Stimmen für Viola Amherd (cvp, VS) ein Zeichen zu setzen, und die FDP hatte neben dem gewählten Ignazio Cassis und Pierre Maudet (GE) mit Isabelle Moret (VD) auch eine Frau auf das Dreierticket gesetzt – was von verschiedener Seite mit Nachdruck gefordert worden war –, die Wahl fiel letztlich aber in beiden Fällen auf einen Mann. Damit der Bundesrat seine Vorbildfunktion wahrnehmen könne – nur eine ausreichende Frauenvertretung zeige, dass Regieren kein Männerberuf sei – setzte Alliance F Anfang 2017 ihre Idee in die Tat um: Maya Graf (gp, BL), die Präsidentin von Alliance F, reichte eine entsprechende parlamentarische Initiative ein.

Freilich gibt es in diesen Debatten allerdings auch immer wieder etwas leisere Stimmen, die eher den substanziellen Aspekt der Vertretung betonen und die Qualifikation der Magistratinnen und Magistraten höher gewichten als deren regionale oder sprachliche Herkunft. Das beste Argument einer regionalen Vertretung sei eine überzeugende Kandidatur – so etwa ein Kommentar in der NZZ. Darüber hinaus zeigt eine langfristige Betrachtung, dass von einer Untervertretung der verschiedenen Landesteile kaum gesprochen werden kann. Eine stärkere Betonung substanzieller Repräsentation würde auch den Zugang zur Exekutive für andere Parteien öffnen. Mit den Erfolgen der Grünen in den kantonalen Wahlen und einer möglichen „Öko-Allianz” (AZ) zwischen GP und GLP, die nach den Wahlen 2015 zusammen über 11.7 Wähleranteil verfügen, also 0.1 Prozent mehr als die CVP, könnte aus einer Umweltschutz-Perspektive auch ein Anspruch dieser beiden Parteien auf einen Regierungssitz erhoben werden. Auch in dieser Hinsicht werden die eidgenössischen Wahlen 2019 spannend werden.

Nächster Bundesrat aus der Ostschweiz

Par la motion "Défense du fédéralisme. Juridiction constitutionnelle limitée en faveur des cantons", Andrea Caroni (plr, AR) demande que soit étudiée la possibilité de mettre en place une juridiction constitutionnelle permettant aux cantons d'aller devant le Tribunal fédéral s'ils estiment que la Confédération outrepasse ses compétences. Le député argue que le contraire est possible et que, dans un Etat fédéral où la tendance est à la centralisation, il serait nécessaire d'avoir un outil permettant aux cantons d'être sur un pied d'égalité avec la Confédération.
Le Conseil fédéral, dans sa réponse, tient à rappeler que diverses tentatives ont été entreprises pour aller dans ce sens depuis 1999 mais qu'à chaque fois, les chambres fédérales ont rejeté les différentes propositions. De plus, les cantons ont la possibilité, tout au long du processus législatif, d'exercer une influence sur les projets de loi. C'est pourquoi, le Conseil fédéral appelle les membres du Conseil national à rejeter la motion en question. Kurt Fluri (plr, SO) – qui a repris, entre temps, la motion des mains du député Caroni – n'étant pas présent dans le plénum, la motion est refusée sans discussion par 143 voix contre, 39 voix pour et 4 abstentions.

Verfassungsgerichtsbarkeit «light» (Mo. 14.4038)
Dossier: Verfassungsgerichtsbarkeit

Nationalrat Caroni (fdp, AR) hatte im Juni 2015 und damit noch vor seiner Wahl in den Ständerat eine Motion eingereicht, mit der der Bundesrat beauftragt werden soll, rechtliche Grundlagen zu schaffen, damit Angehörigen der Armee Arbeitszeugnisse für ihre geleisteten Dienste ausgestellt werden können. Darin sah der Motionär - selbst Fachoffizier im Rang eines Majors - eine Stärkung der Vereinbarkeit von Beruf und Militärdienst. Es gelte zudem eine Ungerechtigkeit gegenüber Zivildienstleistenden auszumerzen, die für ihre Dienstleistungen Zeugnisse erhalten. Der administrative Aufwand wurde von Caroni selbst als klein eingeschätzt, da ohnehin militärische Qualifikationen erstellt werden und diese Dokumente mit wenig Aufwand so gestaltet werden könnten, dass sie gegenüber zivilen Arbeitgebern verwendet werden können.
Der Bundesrat war nicht ganz gleicher Meinung. Zwar teilte er den Grundsatz, dass Militärdienst und Erwerbstätigkeit vereinbar sein sollen und dies ein wichtiges Prinzip der Milizarmee sei, er beantragte jedoch mit Verweis auf bereits bestehende Möglichkeiten die Ablehnung der Motion. Bereits zum Zeitpunkt deren Einreichung konnten Armeeangehörige Leistungsnachweise verlangen, mit denen ein Zusammenhang zwischen militärischer Ausbildung und zivilen Fähigkeiten hergestellt wird. Den Absolventinnen und Absolventen der höheren Kaderausbildung beispielsweise würden solche Dokumente bereits ausgehändigt. Entgegen der Einschätzung des Motionärs zeigte sich der Bundesrat besorgt über den Aufwand einer Anpassung des Qualifikationswesens, der in "keinem Verhältnis zum allfälligen Nutzen" stehe.
Das von Corina Eichenberger (fdp, AG) übernommene Geschäft wurde in der Herbstsession 2016 im Nationalrat behandelt und angenommen. Der Aargauer Liberalen gelang es, das Anliegen durchzubringen, indem sie die Vereinbarkeit von Beruf und Militärlaufbahn als zentral bewarb. Arbeitszeugnisse könnten sich zudem als Anreiz positiv auf die Motivation der Dienstleistenden auswirken. Verteidigungsminister Parmelin schaffte es nicht, die ablehnende Haltung der Regierung hinreichend zu verteidigen. Mit 114 Ja-Stimmen gegen 71 Nein wurde die Motion an den Ständerat übergeben.

Arbeitszeugnisse für Angehörige der Armee zur Stärkung der Vereinbarkeit von Beruf und Militärdienst

Andrea Caroni (fdp, AR) war der Ansicht, dass das fünfzigjährige Stockwerkeigentumsrecht einer Prüfung auf Anpassungsbedarf unterzogen werden müsse. In seinem Postulat nannte er einige Beispiele für Probleme, über deren Lösung noch keine Klarheit bestehe, so etwa eine mögliche Unterdotierung des Erneuerungsfonds, was zur Folge habe, dass Sanierungen nicht durchgeführt werden können. Der Bundesrat hingegen sah keinen Handlungsbedarf. Zum einen handle es sich beim Stockwerkeigentumsrecht grösstenteils um dispositives Recht, welches durch die Stockwerkeigentümerschaft abgeändert werden kann. Ferner verwies der Bundesrat auf die per 2012 in Kraft getretene Revision des Immobiliensachrechtes, welche punktuelle und zufriedenstellende Neuerungen im Bereich des Stockwerkeigentumsrecht gebracht habe. Anders entschied der Nationalrat und überwies das mittlerweile von Olivier Feller (fdp, VD) übernommene Postulat in der Herbstsession 2016 mit 113 zu 76 Stimmen. Geschlossen gegen den Vorstoss stimmten die Fraktionen der SVP und der BDP.

Postulat fordert Gesamtschau zum fünfzigjährigen Stockeigentumsrecht (Po. 14.3832)
Dossier: Stockwerkeigentum

Sowohl die SPK-NR als auch die SPK-SR gaben einer parlamentarischen Initiative Caroni (fdp, AR) Folge, die mehr Transparenz über Mandate von Lobbyisten verlangt. Das Begehren, das nach der Wahl Caronis in den Ständerat von seiner ehemaligen Nationalratskollegin Isabelle Moret (fdp, VD) übernommen worden war, verlangt eine Präzisierung der Funktion von Personen mit Zutrittskarten zum Bundeshaus. Zwar müssten Inhaber, dieser von Parlamentarierinnen und Parlamentariern vergebenen Badges, bereits heute ihre Funktion angeben, wobei dort die Bezeichnung "Gast", "persönlicher Mitarbeiter" oder im Falle von Lobbyisten die auftraggebende Organisation angegeben wird. Dabei bleibe aber bei den Lobbyisten im Dunkeln – so Caroni in seiner Begründung –, welche Interessen sie im konkreten Fall vertreten; angegeben werde eine Public-Affairs-Unternehmung, bei der ein Lobbyist tätig sei, nicht aber das einzelne Mandat, für das er aktiv sei. Die SPK-NR sprach sich für dieses Anliegen aus und gab in einer Medienmitteilung an, sich mit 14 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung für eine solche Präzisierung ausgesprochen zu haben. Die Schwesterkommission zog im August 2016 nach und gab der Initiative ebenfalls mit 10 zu 1 Stimmen bei einer Enthaltung Folge und versprach, sich aufgrund der parlamentarischen Initiative Berberat (sp, NE) (15.438) der Sache anzunehmen und eine Gesetzesvorlage betreffend Lobbytätigkeit auszuarbeiten.

Transparenz über Mandate von Lobbyisten (Pa. Iv. 15.433)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Im Sommer 2016 schrieb der Nationalrat das Postulat Caroni (fdp, AR) ab, da der Bundesrat das Anliegen des Vorstosses mit der Veröffentlichung seines Berichts zu Prostitution und Menschenhandel im Juni 2015 erfüllt hatte.

Stärkung der rechtlichen Stellung von Sexarbeitenden (Po. 13.3332)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Prostitution und Menschenhandel 2012–2015

Schon im Vorfeld der Bundesratswahlen war darüber spekuliert worden, wer das Departement der scheidenden Eveline Widmer-Schlumpf übernehmen würde. Das EFD gilt als wichtige Schnittstelle und einflussreiches Departement, insbesondere auch vor dem Hintergrund der künftigen finanzpolitischen Herausforderungen. Freilich konnte man sich bei keinem der bisherigen Magistraten einen Departementswechsel vorstellen, da entweder gewichtige Dossiers anstanden (z.B. die Sozialversicherungsreform im EDI, die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative im EJPD oder die Infrastrukturvorhaben im UVEK), oder da sich Departementsvorsteher schlicht zu wohl fühlten in ihrem Amt: So war etwa Didier Burkhalter in seinem Präsidialjahr als perfekter Aussenminister bezeichnet worden. Auch bei Johann Schneider-Ammann wurden keine Wechselabsichten vermutet, da er sich wohl nicht gleichzeitig der Herausforderung von Präsidium und neuem Departement stellen wolle. Bei Ueli Maurer schliesslich wurde dessen Alter ins Feld geführt. Mit 65 Jahren würde er kaum noch einmal ein neues Departement übernehmen wollen. Diskutiert wurde auch, ob die SVP das Asyldossier übernehmen solle, um hier Verantwortung zu übernehmen. Christoph Blocher hatte sich in einem Interview für diese Lösung stark gemacht. In diesem Fall hätte die SP das Finanzdepartement übernommen, was wiederum von zahlreichen SP-Exponentinnen und Exponenten begrüsst worden wäre.
Mit der Wahl von Guy Parmelin zum neuen SVP-Magistraten gingen die Spekulationen weiter. Parmelin wurde die Eignung für die Übernahme des EFD freilich eher abgesprochen. Weil Parmelin Ambitionen auf das EDI hege, wurde auch spekuliert, dass Alain Berset das EFD übernehmen würde. Er habe schon durchblicken lassen, das ihn das Amt reizen würde, wusste etwa die NZZ zu berichten. Die Departementsverteilung wird freilich vom Siebnergremium alleine bestimmt. Nach der ersten Bundesratssitzung in neuer Besetzung Mitte Dezember, gab die Exekutive die neue Verteilung bekannt, die in sehr angenehmer und konkordanter Atmosphäre gefällt worden sei. Das EFD übernimmt neu Ueli Maurer – zum ersten Mal wird dieses Departement von einem SVP-Magistraten geführt – während Guy Parmelin das VBS übernimmt.
Die kleine SVP-Rochade wurde unterschiedlich interpretiert. Während sich die CVP erstaunt zeigte, dass die SVP keine Verantwortung übernehme, indem sie ins EJPD wechsle – ein Argument, das die scheidende Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga als "absurd" bezeichnete: Es würde auch niemand behaupten, die FDP übernehme keine Verantwortung für die Finanzpolitik, weil sie nicht im EFD sitze – zeigten sich Wirtschaftsvertreter erfreut. Es sei gut, dass die Finanzen in bürgerlicher Hand blieben. SP-Vertreter äusserten die Sorge, dass jetzt wohl Sparanstrengungen auf dem Rücken des Bundespersonals zunehmen würden. Nicht kommentieren wollte die neue Departementsverteilung der FDP-Präsident Philipp Müller (fdp, AG). Das sei Sache des Bundesrates.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Das Thema Lobbying wurde im Jahr 2015 – nicht nur aufgrund der im Monat Mai losgetretenen sogenannten «Kasachstan-Affäre» – ein medial breit begleitetes Politikum. Angeprangert wurde dabei insbesondere die geringe Transparenz, die bei der Interessenvertretung im Bundeshaus herrsche.
Die Aargauer Zeitung zeigte schon im Januar am Beispiel von Thomas Borer auf – der Ex-Botschafter soll im Auftrag eines russischen Oligarchen versucht haben, Parlamentsmitglieder zu beeinflussen –, welche Lobbyisten-Praktiken zwar nicht verboten, aber umstritten seien: die Verschleierung des Auftraggebers, übertriebene Zuwendungen, Vergabe von Mandaten an Parlamentarierinnen und Parlamentarier durch die Privatwirtschaft, entgeltliches Anbieten der Badges, von denen Parlamentsmitglieder jeweils zwei vergeben können oder lobbyistisches Wirken ehemaliger Bundesbeamter und ehemaliger Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die ihr Zutrittsrecht behalten. Insgesamt gebe es rund 500 Interessenvertreter, so rechnete die Luzerner Zeitung vor, die entweder mit einem Badge, einem Tagesausweis – jedes Parlamentsmitglied darf pro Sessionstag zwei weitere Zutritte vergeben – oder einer Medienakkreditierung ins Bundeshaus gelangen. Dass Letztere wohl auch für Lobbyismus verwendet werde, berichtete die Sonntagszeitung im Januar: Stefan Wild wirke als Interessenvertreter des Apothekerverbandes TopPharm, gelange aber als Medienvertreter ins Bundeshaus. Wild, der auch im Vorstand der Schweizer Public Affairs Gesellschaft (SPAG) sitzt, schreibe freilich auch Berichte für das Branchenmagazin von TopPharm.
Gegen Intransparenz hatten sich schon 2014 eine Handvoll Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit – allerdings bisher erfolglosen – Vorstössen stark gemacht. Mit dem Verein «Lobbywatch» machte sich 2015 auch ein loser Verband von Medienschaffenden daran, mehr Licht ins Dunkel der verschiedenen Einflusswege zu bringen. Darüber hinaus setzte die SPAG eine Kommission ein, die über die Einhaltung der seit 2014 geltenden Regeln wachen soll. So müssen Interessenvertreterinnen und -vertreter, die Mitglied bei der SPAG sind, deklarieren für wen sie in welcher Funktion lobbyieren. Häufig würden Lobbyistinnen und Lobbyisten nämlich einfach als Gast oder persönliche Mitarbeiter ausgewiesen, wusste der Blick zu berichten. Ende August entfernte die SPAG 15 der rund 230 Mitglieder aus ihrem Register, weil diese der Offenlegungspflicht nicht nachgekommen seien.
Immer mehr Parlamentarierinnen und Parlamentarier begannen sich, wohl auch aufgeschreckt durch die eingangs erwähnte «Kasachstan-Affäre», am System zu stören. 20 Ratsmitglieder gaben zu Protokoll, ihre Badges nicht (mehr) zu verteilen. Das «Göttisystem» sei nicht mehr zeitgemäss und die Wandelhalle könne von den Parlamentsmitgliedern während einer Session gar nicht mehr benutzt werden, um gegenseitige Gespräche zu führen, gab etwa Thomas Aeschi (svp, ZG) dem Tages-Anzeiger zu Protokoll und Andrea Caroni (fdp, AR) sprach in der Appenzeller Zeitung von einem unwürdigen «Badge-Basar».
Die «Kasachstan-Affäre» sorgte für eine rasante Zunahme der Medienaufmerksamkeit zum Thema Lobbying. Neben Empörungsbewirtschaftung waren freilich auch Stimmen zu hören, welche die Interessenvertretung als eminent wichtig für die Politik verteidigten: Milizparlamentarierinnen und -parlamentarier seien auf Expertenwissen und auf Denkanstösse von verschiedenen Seiten angewiesen. Ohne Lobbying würde die Schweizer Politik nicht funktionieren, zeigten sich etwa die Journalistin Doris Kleck oder der Politikwissenschafter Fritz Sager im Tages-Anzeiger überzeugt. Es sei nicht mehr als legitim, dass ein Verband oder eine Firma aktiv versuche, Entscheide mitzugestalten, von denen ihre Geschäftstätigkeit betroffen sei. Die Teilnahme am politischen Prozess sei ein «Wesensmerkmal einer funktionierenden Demokratie» nahm Walter Stüdeli, Geschäftsführer einer Lobbying-Agentur, den Ball weiter auf.
In einem Beitrag in der Südostschweiz Anfang Februar hatte auch der Bündner Nationalrat Heinz Brand (svp, GR) versucht, die Zusammenarbeit zwischen Parlamentsmitgliedern und Interessenvertreterinnen und -vertretern zu beschreiben. Es sei zwar richtig, dass während der Session zahlreiche Branchen, aber auch Wirtschaftsregionen und Kantone mit Anlässen um die Aufmerksamkeit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier buhlten – oft könne man am Mittag oder am Abend «zwischen vier oder fünf Anlässen auswählen» –, diese Veranstaltungen dienten aber nicht dazu, die Parlamentsmitglieder für spezifische Interessen einzuspannen, sondern man erhalte dabei eine gute Gelegenheit, sich aus erster Hand zu informieren. Essen und Trinken sei dabei eher lästige Pflicht – der Sonntagsblick machte die Session denn auch kurzerhand zur «Fression».
Die Forderung nach mehr Transparenz verstummte hingegen nicht, auch wenn Klaus J. Stöhlker sie in der Weltwoche als Illusion bezeichnete. Für La Liberté war Transparenz zur «exigence essentielle» geworden. Freilich gerieten nicht nur die Lobbyisten, sondern auch die Parlamentarierinnen und Parlamentarier in den Fokus, die selber als wichtigste Interessenvertreterinnen und -vertreter fungieren. Dies zeige sich etwa – wie das St. Galler Tagblatt während der Frühjahrssession vorrechnete – bei der Landwirtschaftspolitik. 3.6 Prozent im ersten Sektor Beschäftigte würden 0.7 Prozent der Bruttowertschöpfung erbringen. Der Bund gebe aber am sechstmeisten für die Landwirtschaft aus, was wohl auch damit zu tun habe, dass 13 Prozent der Nationalrätinnen und Nationalräte im Agrarsektor arbeiteten – ein Umstand, der auch dem Alkoholgesetz in der Sommersession in «unverschämter Weise» (Aargauer Zeitung) zum Erfolg verholfen habe.
Die NZZ schaute sich im Juli die öffentlich zugänglichen Interessenbindungen genauer an und kam zum Schluss, dass über hundert Verbände ihren Präsidenten oder ihre Präsidentin im Parlament hatten. Auf Anfrage der Zürcher Zeitung legten insbesondere jüngere und rot-grüne Parlamentarierinnen und Parlamentarier ihre Einkünfte aus solchen Nebenmandaten offen, während sich eine grosse Mehrheit der bürgerlichen Parteimitglieder «in Schweigen hüll[t]en».
Le Temps zeigte Ende August in einer weiteren Analyse der Anzahl Interessenbindungen auf, dass diese Zahl in den letzten Jahren zugenommen habe – von total 1'876 im Jahr 2010 auf aktuell 2'025 (2015). In einem Fraktionsvergleich zeigte sich, dass in der aktuellen Legislatur die FDP mit 11.95 Mandaten pro Parlamentssitz am stärksten mit verschiedenen Interessengruppen verknüpft ist, gefolgt von der CVP (9.63) und der BDP (9.1). Die SP (7.56) ist laut Le Temps stärker verbandelt als die SVP (6.33). Schlusslichter bilden die GLP mit 6.14 bzw. die Grünen mit 6.12 Interessenbindungen pro Fraktionsmitglied. Freilich sage die schiere Zahl an Verbindungen noch nichts über den tatsächlichen Einfluss von Interessenorganisationen aus, so Le Temps.
Ebenfalls zum Thema wurde bald auch, wie viel Geld Parlamentarierinnen und Parlamentarier für die Interessenvertretung mittels Verwaltungsratsmandaten verdienten und welche Geschenke und Einladungen sie von wem erhalten – Themen, die auch Eingang in die nunmehr wesentlich virulenter geführte Diskussion über die parlamentarischen Vorstösse für mehr Transparenz fanden (z.B. Pa.Iv. 14.472 oder Pa.Iv. 15.437). Gewarnt wurde aber zusehends auch davor, dass mehr Transparenz auch zu mehr Professionalisierung führen könne.
Nicht in der Politik, sondern in der Verwaltung machte die Weltwoche die stärkste Beeinflussung von Politik aus: Dort werde die Gesetzgebung nämlich am meisten beeinflusst. Ruedi Noser (fdp, ZH) merkte dazu in der NZZ an, dass Lobbying als wichtige Informationsquelle auch als Gegengewicht zur starken Verwaltung wirken könne. Es sei wichtig, dass Politikerinnen und Politiker gut vernetzt seien, gab Joachim Eder (fdp, ZG) der Luzerner Zeitung zu Protokoll.
Auch wenn in der zweiten Jahreshälfte, also nach dem Abflauen der «Kasachstan-Affäre» das Medieninteresse wieder stark abnahm, dürfte die Berichterstattung doch auch zu einer gesellschaftspolitischen Sensibilisierung geführt haben. Le Temps prognostizierte denn auch im Dezember, dass die neu gewählten Parlamentarierinnen und Parlamentarier wohl vorsichtiger mit Interessenvertretungen umgehen werden.

Lobbying aus gesellschaftlicher Perspektive (2015)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

In der Wintersession 2015 beschäftigten sich die Räte mit dem Voranschlag 2016, der vom Bundesrat im August verabschiedet worden war und Einsparungen im Umfang von CHF 1,3 Mrd., davon nach Angaben von Finanzministerin Widmer-Schlumpf rund CHF 870 Mio. Querschnittkürzungen, vorsah. Der als Erstrat fungierende Ständerat schuf in der ersten Lesung nur gerade eine Differenz zum Budgetvorschlag des Bundesrates. Auf Antrag seiner Finanzkommission (FK-SR) hiess er diskussionslos eine Aufstockung des Budgets für die Dachverbände der Familienorganisationen um CHF 770'000 auf neu CHF 2 Mio. gut. Ein Minderheitsantrag Häberli-Koller (cvp, TG), der die Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte („Schoggigesetz“) um CHF 26,7 Mio. auf CHF 94,6 Mio. erhöhen wollte, scheiterte knapp mit 21 zu 23 Stimmen. Ebenso wurden Einzelanträge der Ständeräte Engler (cvp, GR), der die Beiträge an Schweiz Tourismus (19 zu 25 Stimmen) und für die Exportförderung (18 zu 23 Stimmen) aufstocken wollte, und Baumann (cvp, UR), der die Direktzahlungen an die Landwirtschaft auf dem Niveau des Vorjahres (CHF 2,8 Mrd.) belassen wollte (19 zu 21 Stimmen), abgelehnt. Grössere Anpassungen am bundesrätlichen Vorschlag nahm der Nationalrat vor. Gleich zu Beginn der Verhandlungen nahm die grosse Kammer mit 103 zu 84 Stimmen den Antrag einer von SVP, FDP und GLP unterstützen Minderheit Vitali (fdp, LU) an, die die Sach- und Betriebsausgaben des Bundes um CHF 125 Mio. kürzen und damit auf das Niveau des Jahres 2014 zurückschrauben wollte. Die von einer Minderheit Schibli (svp, ZH) geforderten Querschnittskürzungen bei den Bundesausgaben (CHF 3,1 Mrd.) und beim Personalaufwand (CHF 162 Mio.) gingen dem Nationalrat dann aber zu weit und wurden deutlich abgelehnt. Hingegen hiess die grosse Kammer mit 92 zu 91 Stimmen eine von einer Minderheit Pieren (svp, BE) geforderte Reduktion der Mittel für Massnahmen im Bereich der Geschlechtergleichstellung um CHF 2 Mio. gut. Der Landwirtschaft sprach der Nationalrat für 2016 indes mehr Mittel zu, als vom Bunderat vorgesehen gewesen war. Bei den Direktzahlungen an die Bauern und beim Schoggigesetz folgte die grosse Kammer mit 125 zu 56 Stimmen bzw. 117 zu 72 Stimmen den Mehrheitsanträgen ihrer Finanzkommission (FK-NR) und sprach sich dafür aus, die Beiträge im Vergleich zu 2015 nicht zu kürzen. In der zweiten Lesung hielt der Ständerat in sämtlichen Punkten am Vorschlag des Bundesrates fest, wobei bei den landwirtschaftlichen Differenzen wiederum nur wenige Stimmen den Ausschlag gaben. Der Nationalrat schwenkte seinerseits in der zweiten Lesung bei einer Differenz auf die Linie des Ständerates um. Mit 112 zu 77 Stimmen sprach er sich gegen die Budgetkürzung bei den Massnahmen zur Gleichstellung aus. Die gesamte SVP und ein Drittel der FDP-Liberalen-Fraktion hatten für die Kürzung gestimmt. Von den verbleibenden Differenzen konnte in der dritten und letzten Beratungsrunde dann nur noch eine bereinigt werden. Die kleiner Kammer folgte mit 23 zu 21 Stimmen einer Minderheit Hösli (svp, GL) und stimmte damit dem Vorschlag des Nationalrats zu, die Landwirtschaft nach 2015 auch 2016 mit Direktzahlungen in der Höhe von CHF 2,8 Mrd. zu unterstützen. Damit musste der Voranschlag wie bereits im Vorjahr vor die Einigungskonferenz.

Voranschlag 2016 (BRG 15.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2016: Voranschlag und Staatsrechnung