Mit einem im März 2022 erschienenen Bericht erfüllte der Bundesrat die Forderung zweier Postulate, die Abklärungen zur Einführung eines «neue[n] Rechtsinstitut[s] mit weniger umfassenden Rechtsfolgen [im Vergleich zur Ehe]» nach dem französischen Vorbild des «pacte civil de solidarité» (Pacs) verlangten (Po. 15.3431; Po. 15.4082). Da der Bundesrat in diesem Zusammenhang auch eine Übersicht über das Konkubinat in der Schweiz erstellte, erfüllte der Bericht ferner ein Postulat Caroni (fdp, AR), das ebendies verlangt hatte (Po. 18.3234).
Bezüglich des bestehenden Konkubinatsvertrags brachte der Bericht zutage, dass dieses Instrument bislang wenig genutzt worden war. Es bestehe eine «Rechtsunsicherheit in Zusammenhang mit dieser Verbindungsform» und die mit einem Konkubinatsvertrag zu regelnden Angelegenheiten seien nicht abschliessend. Insbesondere wenn Beziehungen zu Drittpersonen tangiert würden oder wenn es um Bereiche gehe, für welche zwingende Gesetzesbestimmungen vorliegen, könnten die entsprechenden Punkte nicht in einem Konkubinatsvertrag geregelt werden. Etwa bezüglich Zuteilung der Familienwohnung, Adoption oder Sozialversicherungen sei es für ein Konkubinatspaar «unmöglich, zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit demjenigen eines Ehepaares vergleichbar ist». Darüber hinaus bestehe innerhalb der Bevölkerung auch ein mangelndes Wissen über die Wirkung eines Konkubinatsvertrags. So habe etwa eine 2004 im Rahmen einer Nationalfondsstudie durchgeführte Umfrage ergeben, dass fast die Hälfte der Befragten der Überzeugung war, bei vorliegendem Konkubinatsvertrag könne der Konkubinatspartner einer verstorbenen Person ohne zusätzliche Verfügung Erbansprüche geltend machen.
Einen Pacs, mit dem auch Rechtsbeziehungen gegenüber Dritten geregelt werden könnten und der jederzeit wieder aufgelöst werden könnte, nannte der Bundesrat in seinem Bericht «eine Möglichkeit [...], die diskutiert werden kann»; vor dessen Einführung bedürfe es jedoch «einer gesellschafts- und rechtspolitischen Beurteilung». Der Bundesrat verzichtete auf Empfehlungen, führte im Anhang seines Berichts jedoch auf, wie ein Pacs aussehen könnte. Im Unterschied zum Konkubinatsvertrag würde ein Pacs etwa zum Familienunterhalt wie bei Vorliegen eines Ehevertrags verpflichten, ebenso wäre bei Auflösung des gemeinsamen Mietverhältnisses oder bei Verkauf von gemeinsamem Wohneigentum die Zustimmung beider Vertragsparteien nötig, was im Konkubinat nicht per se gegeben ist. Weiter könnten sich die einem Pacs unterstellten Partner in medizinischen Belangen vertreten, wie dies bislang nur Ehepartner tun können. Nicht zuletzt könnte ein Pacs auch bezüglich Sozialversicherungen die Gleichstellung mit verheirateten Personen schaffen. Im Unterschied zum Modell der Ehe hätte der vom Bundesrat vorgeschlagene Pacs hingegen etwa keine erbrechtlichen Auswirkungen und würde im Regelfall keine Unterhaltsansprüche nach der Trennung begründen. Gegenüber dem Tages-Anzeiger gab sich Andrea Caroni als Urheber von zwei der drei mit dem Bericht erfüllten Postulate zufrieden. Er plane nun, die Arbeiten zur Einführung eines Pacs mittels verbindlicherer parlamentarischer Vorstösse voranzutreiben.
Dossier: Ein Pacs nach Schweizer Art?