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  • Cassis, Ignazio (fdp/plr) BR EDA / CF DFAE
  • Nordmann, Roger (sp/ps, VD) NR/CN

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Jahresrückblick 2023: Aussenpolitik

Die schweizerische Aussenpolitik war im Jahr 2023 stark von der Reaktion auf internationale Konflikte und Krisen geprägt, wobei der mediale und politische Fokus auf dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine lag. Auch im Jahr 2023 übernahm der Bundesrat Sanktionen der EU gegen Russland, insbesondere Dienstleistungsverbote gegen Unternehmen oder die russische Regierung, Kontrollen und Beschränkungen für die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern sowie Finanzsanktionen und Reisebeschränkungen gegen einzelne Personen. Die Medien berichteten zwar auch 2023 häufig über die Sanktionen, jedoch nicht mehr im selben Ausmass wie 2022 (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse). Die Abbildung zeigt auch, dass sich die Medien intensiv mit der Neutralität der Schweiz auseinandersetzten. Diese wurde insbesondere in Zusammenhang mit der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial diskutiert, aber auch bezüglich finanzieller und humanitärer Hilfen, beispielsweise in Form von Ambulanzfahrzeugen. Im Juni fand in London die zweite «Ukraine Recovery Conference» statt. Bei dieser Gelegenheit betonte Aussenminister Ignazio Cassis, dass die Schweiz beim Wiederaufbau der Ukraine insbesondere auf die Bereiche Diplomatie, Wirtschaft und Good Governance fokussiere. Mit dem Wiederaufbau beschäftigte sich auch der Nationalrat; dieser bekräftigte durch Annahme fünf gleichlautender Motionen seinen Willen, dass durch Sanktionen eingefrorene staatliche und staatsnahe Vermögenswerte Russlands zum Wiederaufbau in der Ukraine verwendet werden sollen. Ob der Ständerat dieser Forderung ebenfalls zustimmt, blieb im Berichtsjahr noch offen.

Ab Herbst 2023 prägte ein weiterer Konflikt die schweizerische Aussenpolitik. Anfang Oktober eskalierte der seit Jahrzehnten schwelende Nahostkonflikt mit einem Überfall der Hamas auf israelisches Gebiet. Der Bundesrat reagierte auf den Angriff, indem er zur sofortigen Freilassung der Geiseln aufrief und die Einstufung der Hamas als terroristische Organisation befürwortete. Er berief eine Taskforce ein, um rechtliche Optionen für ein Verbot der Organisation zu prüfen. Bis Ende Februar 2024 will er einen entsprechenden Entwurf erarbeiten. National- und Ständerat stützten diesen Entscheid in der Wintersession, in dem sie Motionen ihrer Sicherheitspolitischen Kommissionen mit der Forderung nach einem Verbot der Hamas annahmen.

Eine grosse humanitäre Krise wurde im Februar auch durch ein starkes Erdbeben in der Grenzregion Türkei/Syrien hervorgerufen. Die Folgen des Erdbebens lösten in der Schweiz eine grosse Welle der Solidarität aus; in privaten Aktionen wurden Sachspenden für die Betroffenen gesammelt. Auch die offizielle Schweiz engagierte sich, indem die Abteilung für Humanitäre Hilfe der DEZA die Schweizer Rettungskette mit 80 Expertinnen und Experten sowie acht Suchhunden in das Gebiet schickte. Die Medien berichteten ausführlich über diese Katastrophe und ihre Auswirkungen, was sich in einem Peak bei der Berichterstattung zur humanitären Hilfe zeigt (vgl. Abbildung 1).

Die Beziehungen der Schweiz zur EU bildeten auch im Jahr 2023 einen Schwerpunkt der Schweizer Aussenpolitik, wobei das Dossier wieder etwas an Fahrt aufnahm. Anfang Juni publizierte der Bundesrat die lange erwartete Lagebeurteilung zu den Beziehungen mit der EU, welche vier mögliche zukünftige Handlungsoptionen umfasste, von denen der Bundesrat die Fortsetzung des bilateralen Weges präferierte. Ende Juni verabschiedete er sodann die Eckwerte für ein neues Verhandlungsmandat mit der EU. Nach Abschluss der Sondierungsgespräche mit Brüssel und der Gespräche mit Kantonen, Sozialpartnern und Wirtschaftskreisen legte der Bundesrat Ende Jahr seinen Entwurf für ein neues Mandat mit den Leitlinien für die Verhandlungen vor. Dieser beinhaltete den Abschluss neuer Abkommen in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Zusammenarbeit im Gesundheitswesen sowie die Teilnahme der Schweiz an Horizon Europe und weiteren EU-Programmen. Es umfasste auch die Aufnahme institutioneller Lösungen für die bestehenden Marktzugangsabkommen, etwa zur Streitbeilegung mittels paritätischem Schiedsgericht, sowie von Regeln für staatliche Beihilfen und der regelmässigen Zahlung der Schweiz an ausgewählte EU-Mitgliedsstaaten. Zum Chefunterhändler wurde der Leiter der Abteilung Europa des EDA, Patric Franzen, ernannt, zuvor hatte Alexandre Fasel die abtretende Livia Leu als Staatssekretär des EDA ersetzt. Auf der parlamentarischen Ebene entschied sich der Nationalrat im September für die Einsetzung einer ständigen Subkommission der APK-NR für Europafragen. Schliesslich wurde im Oktober 2023 mit der Unterschriftensammlung für die Volksinitiative «Für den wirksamen Schutz der verfassungsmässigen Rechte» begonnen, die verlangt, dass die Schweiz zukünftig keine internationalen Abkommen mehr abschliesst, die in die Grundrechte der Schweizerinnen und Schweizer eingreifen oder die Schweizer Behörden verpflichten, sich an die Rechtssprechung inter- oder supranationaler Organisationen zu halten – mit Ausnahme des Internationalen Gerichtshofs und des Internationalen Strafgerichtshofs.

Die Schweiz nahm in den Jahren 2023 und 2024 auch das erste Mal Einsitz als nicht-ständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat, wobei sie im Mai gar den Vorsitz des Sicherheitsrates übernahm. Aussenminister Ignazio Cassis und Bundespräsident Alain Berset präsidierten je eine Sitzung zu den Themen nachhaltiger Frieden respektive Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten.

Jahresrückblick 2023: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2023

Die SP im Jahr 2023: Kurzüberblick

Die SP startete mit einer Stabilisierung ihres Wählendenanteils bei den Zürcher Wahlen ins Jahr, und in Luzern gelang ihr die Rückkehr in die Kantonsregierung. Auch wenn die Partei bei einigen anderen kantonalen Wahlen des Jahres – unter anderem im Tessin, wo ihr eine Parteiabspaltung zu schaffen machte – weniger gut abschnitt, ergab dies zusammen mit zunehmend positiven nationalen Umfragewerten in den Medien das Bild einer Partei, die sich nach einer längeren Phase von Niederlagen bei kantonalen Wahlen wieder gefangen hatte.
In der Tat vermochte die SP schliesslich sowohl bei den Nationalrats- als auch bei den Ständeratswahlen zuzulegen. Eine Erklärung für den Wahlerfolg sah die Presse in der Themenlage, die mit Inflation, steigenden Mieten und einem Schub bei den Krankenkassenprämien der SP in die Hände gespielt habe: In ihrem Wahlkampf hatte die Partei – nebst Gleichstellung und Klimaschutz – vor allem das Thema Kaufkraft propagiert.
Im Rampenlicht stand die SP im Zusammenhang mit den Bundesratswahlen, bei denen sie den Sitz des zurücktretenden Alain Berset zu verteidigen hatte. War zunächst noch spekuliert worden, dass die Grünen mit bürgerlicher Unterstützung den SP-Sitz angreifen könnten, wurde der Anspruch der SP auf zwei Bundesratssitze spätestens nach den eidgenössischen Parlamentswahlen im Prinzip kaum mehr in Frage gestellt – von bürgerlicher Seite jedoch unter der Bedingung, dass die SP den Angriff der Grünen auf die FDP-Sitze nicht unterstütze. Die Mehrheit der SP-Fraktion erfüllte – nach eigenen Angaben «contre coeur» – diese Bedingung, was wiederum die Grünen vertäubte. Des Weiteren gab es kurz vor der Bundesratswahl aus den bürgerlichen Parteien Drohungen, eine SP-Vertretung ausserhalb des offiziellen SP-Tickets zu wählen. Auf dieses hatte die SP-Fraktion den Basler Regierungsrat Beat Jans und den Bündner Nationalrat Jon Pult gesetzt. Vier weitere Kandidierende – darunter wie schon im Vorjahr auch die Berner Regierungsrätin Evi Allemann und der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch – blieben auf der Strecke. Die Bundesversammlung entschied sich letztlich deutlich für Beat Jans, der sich in den Anhörungen bei den anderen Fraktionen gemäss Medienberichten konzilianter gegeben hatte als Jon Pult. Dieser erhielt in allen drei Wahlgängen gar weniger Stimmen als Daniel Jositsch. Bei der Departementsverteilung blieben das EDI und das EJPD in SP-Hand, wobei überraschend die bisherige EJPD-Vorsteherin Elisabeth Baume-Schneider ins EDI wechselte und der Neugewählte Beat Jans somit das EJPD übernahm.
In der direktdemokratischen Arena musste die SP eine Niederlage hinnehmen, als die von ihr bekämpfte OECD-Mindeststeuer an der Urne deutlich angenommen wurde. Die Nein-Parole dazu hatten die Parteidelegierten entgegen der Empfehlung der Parteileitung gefasst, welche Stimmfreigabe beantragt hatte. Einen Erfolg konnte die SP verbuchen, indem sie im Sommer ihre Kita-Initiative zustande brachte.
Bereits vor den Wahlen hatte die SP ihr Fraktionspräsidium im Bundeshaus neu zu besetzen. Die Doppelkandidatur von Samira Marti und Samuel Bendahan für die Nachfolge von Roger Nordmann blieb ohne Konkurrenz, womit die Fraktion nun wie schon die Bundespartei von einem geschlechtergemischten Co-Präsidium geführt wird.

Die SP im Jahr 2023: Kurzüberblick
Dossier: Kurzüberblick über die Parteien im Jahr 2023

Nach dem Ständerat nahm in der Wintersession 2023 auch der Nationalrat Kenntnis vom Bericht über die abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge im Jahr 2022. Wie die Kommissionsmitglieder Claudia Friedl (sp, SG) und Laurent Wehrli (fdp, VD) sowie Aussenminister Ignazio Cassis erläuterten, umfasste der Bericht nur diejenigen Verträge, die der Bundesrat in eigener Kompetenz abgeschlossen hatte und somit nicht im Parlament behandelt worden waren.

Abgeschlossene völkerrechtliche Verträge im Jahr 2022. Bericht (BRG 23.038)
Dossier: Bericht zu den abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträgen

Die APK-NR forderte mit einem im September 2023 eingereichten Postulat einen Bericht zu den BRICS-Staaten. In diesem Bericht soll der Einfluss der BRICS-Staaten auf die Weltordnung analysiert werden und eine Strategie der Schweiz gegenüber dieser Staatengruppe erarbeitet werden. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats.
In der Wintersession 2023 wurde das Anliegen von den Kommissionssprechern Laurent Wehrli (fdp, VD) und Fabian Molina (sp, ZH) dem Ratsplenum vorgestellt. Sie führten aus, dass die BRICS-Staaten 2023 beschlossen hätten, die Länder Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate einzuladen, sich der BRICS-Staatengruppe anzuschliessen. Durch diesen Staatenzusammenschluss würden 40 Prozent der Weltbevölkerung und 36 Prozent der Weltwirtschaft repräsentiert werden. Diesen Staaten werde also bald ein noch grösseres politisches und wirtschaftliches Gewicht zukommen. Molina erläuterte für die Kommission, dass im geforderten Bericht Klarheit darüber geschaffen werden soll, wie sich die Schweiz in Bezug auf den Anspruch der BRICS-Staaten, den Multilateralismus aktiv zu gestalten, stelle; auch solle analysiert werden, welchen Einfluss die Staatengruppe in den nächsten Jahren auf die Sicherheit und Blockbildung in Europa haben wird und welche Strategie die Schweiz diesbezüglich verfolgen wolle. Schliesslich müsse auch das aussenwirtschaftliche Potential der BRICS-Staaten für die Schweiz diskutiert werden. Aussenminister Cassis erörterte, dass das Auftreten der BRICS-Staaten sowohl als wachsendes Selbstbewusstsein des globalen Südens, als auch als Zeichen der Kritik am heutigen westlichen Einfluss auf die internationale Ordnung gewertet werden kann.
Anschliessend wurde das Postulat stillschweigend angenommen.

Bericht des Bundesrates zu den Brics-Staaten (Po. 23.3970)

In der Wintersession 2023 befasste sich der Ständerat mit der parlamentarischen Initiative Nussbaumer (sp, BL) zur Ergänzung des Parlamentsgesetzes mit parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten in Europafragen. Damian Müller (fdp, LU) stellte das Geschäft vor und erläuterte, dass die Mehrheit der vorberatenden APK-SR dem zustimmenden Beschluss des Nationalrates folgen wolle. Eine Minderheit Gmür-Schönenberger (mitte, LU) forderte hingegen Nichteintreten. Die Mitte-Politikerin vertrat die Ansicht, dass der im Vorstoss verlangte Planungsbericht ein Ding der Unmöglichkeit sei, da sich die Verhandlungen zu den verschiedenen EU-Programmen jeweils in unterschiedlichen Stadien befänden. Der geforderte Bericht wäre daher lediglich «eine absolut unvollständige Momentaufnahme». Aussenminister Cassis hingegen betonte, dass der Bundesrat das Interesse des Parlaments anerkenne, über die notwendigen Informationen zu den gesamten Beziehungen Schweiz-EU zu verfügen und sprach sich daher für Eintreten und für die entsprechende Anpassung des Bundesgesetzes über die Bundesversammlung aus. In der Folge sprach sich der Ständerat mit 25 zu 18 Stimmen und 1 Enthaltung für Eintreten aus. In der Gesamtabstimmung nahm er den Entwurf mit demselben Stimmenverhältnis an.
In den Schlussabstimmungen sprach sich der Nationalrat schliesslich mit 131 zu 67 Gegenstimmen der SVP für den Entwurf aus. Der Ständerat nahm das Geschäft mit 31 zu 14 Stimmen an.

Planungsbericht über die Zusammenarbeit mit der EU in den Bereichen ausserhalb des Marktzugangs (Pa. Iv. 20.496)

Aussenminister Ignazio Cassis nahm am 30. OSZE-Ministerrat teil, welcher von 30. November bis 1. Dezember 2023 in Skopje stattfand. Der Medienmitteilung des Bundesrates konnte entnommen werden, dass sich die OSZE aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine (beides sind Mitgliedstaaten) in einer schwierigen Situation befinde. Dieser Krieg habe zu einem Vertrauensverlust unter den OSZE-Teilnehmerstaaten geführt und blockiere wichtige Entscheide innerhalb der Organisation. So habe man sich etwa erst kurz vor dem Treffen der Aussenminister darauf einigen können, dass Malta den Vorsitz im Jahr 2024 übernimmt. Bundesrat Cassis versuchte sich in Skopje dafür einzusetzen, dass die Prinzipien der OSZE aufrechterhalten bleiben und dass diese insgesamt handlungsfähig bleibt.
Die Aargauer Zeitung wusste ferner zu berichten, dass Russland nicht nur zu verhindern gewusst habe, dass Estland den Vorsitz in 2024 übernimmt, sondern nach wie vor wichtige Budget- und Personalentscheidungen hinauszögere.

Bundesrat Ignazio Cassis nimmt am 30. OSZE-Ministerrat in Skopje teil

Ende November 2023 beschloss der Bundesrat weitere Schritte in Sachen Hamas-Verbot. Er beauftragte das EJPD und das VBS, in Zusammenarbeit mit dem EDA ein spezifisches Gesetz über ein Verbot der Hamas auszuarbeiten. Damit sollen die Behörden ein Mittel erhalten, um allfälligen Aktivitäten oder der Unterstützung der Hamas in der Schweiz Einhalt zu gebieten. Des Weiteren habe der Bundesrat nach einer Analyse der Zusammenarbeit mit sämtlichen palästinensischen Partner-NGO beschlossen, die Verträge mit drei von elf Partnern nicht weiterzuführen, da bei diesen Unregelmässigkeiten hinsichtlich der Einhaltung des Verhaltenskodex und der vertraglichen Antidiskriminierungsklausel festgestellt worden seien.
Die Medien befanden, dass der Beschluss, ein Verbot auszuarbeiten, einem Paradigmenwechsel gleichkomme, da sich die Schweiz bis dahin eng an die Beschlüsse der UNO gehalten habe; in diesem Falle habe die Schweiz jedoch autonom gehandelt. Die Schweiz habe ausserdem des Öfteren den Standpunkt vertreten, dass ein solches Verbot faktisch keine Wirkung entfalten werde sowie die guten Dienste und die Vermittlerrolle der Schweiz in Frage stellen könne. Wie der Liberté entnommen werden konnte, war für Aussenminister Cassis die Schwere der Taten, die durch die Hamas ausgeführt wurden, ausschlaggebend für das Verbot. Ausserdem habe Cassis argumentiert, dass die Schweiz sich nicht mehr einfach den Entscheiden des UNO-Sicherheitsrats anschliessen könne. Dieser sei vor dem Hintergrund einer multipolaren, fragmentieren Weltordnung nicht mehr in der Lage, über solche Konflikte klar zu urteilen.

Reaktion des Bundesrates auf die Terroranschläge der Hamas gegen Israel
Dossier: Hamas

Am 21. November 2023 empfingen Bundespräsident Alain Berset und Aussenminister Ignazio Cassis Ungarns Premierminister Viktor Orbán zu einem Höflichkeitsbesuch. Im Zentrum der Gespräche standen zum einen die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Staaten. Ungarn ist eines derjenigen Länder, welches vom Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Staaten profitiert. Zum anderen wurde auch über die EU diskutiert. Die Schweiz bestätigte dabei ihre Absicht, den bilateralen Weg mit der EU voranzubringen. Schliesslich wurden auch aktuelle internationale Fragen erörtert, wie etwa der Krieg in der Ukraine und der Konflikt im Nahen Osten. Die offizielle Schweiz betonte dabei, dass das humanitäre Völkerrecht geachtet werden müsse und wies darauf hin, dass der OSZE bei Konflikten in Europa eine wichtige Rolle zukommen müsse. Die OSZE könne laut Medienmitteilung als Plattform auch für den Austausch mit Staaten dienen, «die hinsichtlich der europäischen Sicherheitsarchitektur nicht  gleichgerichtete Werte vertreten.»
Wie sich den Medien entnehmen liess, sei der eigentliche Grund für Orbáns Besuch in der Schweiz das 90.-jährige Bestehen der Zeitschrift Weltwoche. Zu diesem Anlass war der ungarische Premier als Festredner eingeladen worden. Dabei habe sich Viktor Orbán als «Vorkämpfer für ein christliches und konservatives Europa» (NZZ) präsentiert und unter anderem seine Haltung in der Flüchtlingskrise 2015 verteidigt. Der Chefredaktor der Weltwoche, Roger Köppel, lobte Orbán in der Zeitschrift für seine Politik und bezeichnete ihn als «Fels in der Brandung gegen den Zeitgeist, Gralshüter eines vernünftigen Konservativismus in Europa.»

Höflichkeitsbesuch von Ungarns Premierminister Viktor Orbán
Dossier: Staatsbesuche und öffentliche Besuche in der Schweiz seit 1990

Anfang November 2023 reiste Aussenminister Ignazio Cassis zu einem Arbeitsbesuch nach Ghana und nahm anschliessend an der 44. Ministerkonferenz der Frankophonie in Kamerun teil.
Der Arbeitsbesuch in Ghana, das ein Schwerpunktland der Strategie des Bundesrates für Subsahara-Afrika 2021–2024 ist, fand in einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre statt, wie der Bundesrat in seiner Medienmitteilung erläuterte. Cassis ging auf die guten und vielfältigen Beziehungen der Schweiz und Ghanas ein. In Ghanas Hauptstadt Accra besuchte der Aussenminister eine Schokoladenfabrik, die im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit durch die Schweiz unterstützt wird. Des Weiteren sprach Cassis mit Staatspräsident Nana Addo Dankwa Akufo-Addo über die Sicherheitslage in Westafrika und in der Sahelzone. Auch der Einsitz und die Prioritäten der Schweiz und Ghanas im UNO-Sicherheitsrat waren Gesprächsthema. Ignazio Cassis würdigte schliesslich die Zusammenarbeit in der Klimapolitik, wo die Schweiz und Ghana im November 2020 ein Abkommen zur Anrechnung von CO2-Reduktionsmassnahmen unterzeichnet hatten.
Am Frankophoniegipfel in Yaoundé, der Hauptstadt Kameruns, hob der Schweizer Aussenminister die Bedeutung der multilateralen Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Programme der OIF hervor. Diese Programme sollen Frieden, Stabilität und die nachhaltige Entwicklung im französischsprachigen Raum fördern. Schliesslich betonte Cassis auch die Relevanz guter Regierungsführung als Voraussetzung für politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung und wies auf die Rolle der neuen Technologien bei der Stärkung von öffentlichen Dienstleistungen hin.

Cassis in Ghana und Kamerun
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2023

Mitte Oktober 2023 nahm Aussenminister Ignazio Cassis an der vierten ministeriellen Konferenz der «Moldova Support Platform» in Chisinau teil; wenige Tage danach besuchte die Präsidentin Moldaus, Maia Sandu, die Schweiz zu einem offiziellen Besuch.
Die «Moldova Support Platform» ist ein von Deutschland, Frankreich und Rumänien initiiertes Gremium, mit welchem die Republik Moldau bei der Bewältigung der Folgen des Ukraine-Krieges politisch, finanziell und technisch unterstützt werden soll. Die Republik Moldau stehe insbesondere aufgrund der Integration der zahlreichen ukrainischen Flüchtlinge sowie des Unterbruchs von Lieferketten vor immensen Herausforderungen. Gemäss Medienmitteilung des Bundesrates unterstützt die Schweiz die Republik Moldau seit mehreren Jahren im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit; derzeit liegen die Schwerpunkte in den Bereichen wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsmarkt, lokale Regierungsführung sowie Gesundheit. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine habe sich die Zusammenarbeit mit Moldau nochmals intensiviert: Der politische Dialog wurde verstärkt und das Kooperationsprogramm wurde um den Bereich der humanitären Hilfe ergänzt.
Der Besuch Sandus in der Schweiz stand ebenfalls im Zeichen der Auswirkungen des Angriffkriegs auf die Ukraine. Weitere Diskussionspunkte waren die Zusammenarbeit der beiden Staaten auf internationaler Ebene – beispielsweise im Rahmen der Europäischen Politischen Gemeinschaft – sowie die Weiterentwicklung der bilateralen wirtschaftlichen Beziehungen.

Intensivierung der Beziehungen zur Republik Moldau
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2023
Dossier: Staatsbesuche und öffentliche Besuche in der Schweiz seit 1990

Der Nationalrat beriet in der Herbstsession 2023 den Entwurf in Umsetzung der parlamentarische Initiative der APK-NR, wonach innerhalb der APK-NR eine ständige Subkommission für Europafragen eingerichtet werden soll. Kommissionssprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) stellte dem Rat das Anliegen vor. Er begründete die Initiative mit dem Umstand, dass die APK «bezüglich Informationen seitens des Bundesrates etwas knapp gehalten» werde. Wenn die Kommission ihre Mitwirkungsrechte in der Europapolitik angemessen wahrnehmen wolle, brauche es mehr Spezialisierung, Kontinuität sowie Zeit, schloss der Mehrheitssprecher. Eine Minderheit Köppel (svp, ZH) plädierte, nicht auf den Entwurf einzutreten. Die Minderheit sei der Ansicht, dass mit der Einsetzung einer solchen Subkommission quasi ein Verbindungsbüro zur EU geschaffen werde, argumentierte der Minderheitensprecher. Dadurch sei die Gewaltenteilung nicht mehr gewährleistet, da primär der Bundesrat für die Aussenpolitik zuständig sei. Zudem führe diese Initiative in Richtung Berufsparlament, da sich die Mitglieder dieser Subkommission detailliert informieren und in einer hohen Frequenz Sitzungen abhalten müssten. Und schliesslich teile diese Subkommission die APK in besser und weniger gut informierte Mitglieder ein, womit man eine Zweiklassengesellschaft schaffe.
Aussenminister Ignazio Cassis verzichtete auf ein Votum, da es beim vorliegenden Geschäft um die Selbstorganisation des Nationalrates ging. Anschliessend votierte der Rat mit 106 zu 71 Stimmen bei 1 Enthaltung für Eintreten und nahm den Entwurf in der Gesamtabstimmung mit einem sehr ähnlichen Stimmenverhältnis an. Die geschlossen stimmende SVP-, die Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion und einige Mitglieder der Mitte-Fraktion lehnten den Entwurf ab. In der Schlussabstimmung, die am letzten Tag der Herbstsession stattfand, wurde dieser mit 119 zu 75 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Da diese parlamentarische Initiative nur das Ratsreglement des Nationalrates betraf, musste sich der Ständerat nicht damit befassen.

Ständige Subkommission für Europafragen der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates (Pa.Iv. 23.446)

In der Herbstsession 2023 stimmten beide Räte einer weiteren Fristverlängerung der überwiesenen Motion Marty (fdp, TI) «Die UNO untergräbt das Fundament unserer Rechtsordnung» zu. Aussenminister Ignazio Cassis nutzte die Gelegenheit, um im Ständerat über die in den letzten Monaten unternommenen Aktivitäten zur Umsetzung der Motion zu informieren. Im November 2022 habe auf Initiative von Cassis eine Gruppe gleichgesinnter Staaten dem UNO-Sicherheitsrat konkrete Vorschläge unterbreitet, wie rechtsstaatliche Prinzipien bei einem Antrag auf Streichung von Personen von einer Sanktionsliste besser eingehalten werden können. Der Sicherheitsrat habe daraufhin beschlossen, diese Anträge zu prüfen. Im Juni 2023 habe dieselbe Gruppe bereits weitere Verbesserungen bei der Streichung von Sanktionslisten verlangt. Sie habe dabei auf ein Urteil des EuGH verwiesen, wonach dieser bestätigt habe, für die Überprüfung einer allfälligen Willkür von UNO-Sanktionen zuständig zu sein.

Non-application des sanctions de l'ONU dans le cadre de la lutte contre le terrorisme (Mo. 09.3719)

Der Ständerat befasste sich in der Herbstsession 2023 mit der Motion der APK-NR zur Unterstützung der iranischen Zivilgesellschaft (Mo. 22.4278), nachdem er eine ähnliche Motion seiner eigenen APK (Mo. 22.4274) bereits abgelehnt hatte.
Daniel Jositsch berichtete für die Mehrheit der vorberatenden APK-SR, dass diese die Motion zur Annahme beantrage, jedoch noch eine Änderung vornehmen möchte: Der Bundesrat solle weiterhin beauftragt werden, «soweit sinnvoll und angemessen Massnahmen zu ergreifen, um die iranische Zivilgesellschaft in ihrem Kampf für Frauen- und Menschenrechte zu unterstützen». Die Forderung, die Sanktionen der EU gegen den Iran vollständig zu übernehmen, soll jedoch gestrichen werden. Die Kommissionsmehrheit ziehe es vor, wenn der Bundesrat im Rahmen des Schutzmachtmandats für den Iran versuche, die Menschenrechtssituation zu stabilisieren. Marco Chiesa (svp, TI) vertrat die Minderheit der Kommission, die die gesamte Motion zur Ablehnung beantragte. Chiesa warnte davor, die guten diplomatischen Beziehungen mit dem Iran aufs Spiel zu setzen. Der Bundesrat solle lieber wie bis anhin in diesem Rahmen die Menschenrechtslage sowie die immer noch existierende Todesstrafe ansprechen. Aussenminister Cassis erläuterte, dass der Bundesrat das Anliegen unterstütze, der iranischen Zivilbevölkerung zu helfen. Die Schweiz versuche bei allen möglichen Gelegenheiten, die Unterdrückung der Zivilgesellschaft und insbesondere der Frauen zu diskutieren und zu verurteilen. Man müsse jedoch vorsichtig agieren, denn jede direkte Unterstützung iranischer Menschenrechtsorganisationen könne diese in Gefahr bringen. Die Schweiz habe aufgrund der verschiedenen Schutzmachtmandate und aufgrund der eigenständigen und differenzierten Aussenpolitik jedoch einen privilegierten Zugang zum Iran. Diesen Zugang gelte es nun auf intelligente und sinnvolle Weise zu nutzen, um einen «maximalen impact» zu erzielen. Der Aussenminister schloss mit der Bemerkung, dass der Bundesrat die abgeänderte Motion unterstütze. Die kleine Kammer nahm den abgeänderten Vorstoss mit 29 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen an.

Kommissionsmotionen zur Unterstützung der iranischen Zivilgesellschaft (Mo. 22.4278 & Mo. 22.4274)

Die Gewährung eines Darlehens im Umfang von CHF 3.8 Mio. an die FIPOI zur Finanzierung der Renovation des Sitzgebäudes der OTIF in Bern war auch im Ständerat unbestritten. Nachdem Carlo Sommaruga (sp, GE) die Vorlage seitens der Kommission sowie Aussenminister Cassis im Namen des Bundesrates vorgestellt hatten, folgte der Ständerat seiner vorberatenden APK-SR und nahm das Geschäft einstimmig an.

Gewährung eines Darlehens an die FIPOI zur Finanzierung der Renovation des Sitzgebäudes der OTIF in Bern (BRG 23.031)
Dossier: Stärkung der Rolle der Schweiz als Gaststaat

In der Herbstsession 2023 lehnte der Nationalrat mit 116 zu 62 Stimmen bei einer Enthaltung ein Postulat der SP-Fraktion ab, welche das Büro des Nationalrats mit der Überweisung des Rechenschaftsberichts der SNB zur Kenntnisnahme an die Bundesversammlung beauftragen wollte. Wie Sprecherin Céline Widmer (sp, ZH) im Ratsplenum erklärte, müsse die SNB der Bundesversammlung gemäss dem NBG einmal im Jahr Rechenschaft über die Erfüllung ihrer Aufgaben ablegen, wobei gegenwärtig jeweils nur die GPK und nicht das Ratsplenum formell Kenntnis von diesem Bericht nehme. Damit das Parlament seine verfassungsmässige Oberaufsichtspflicht auch in Bezug auf die SNB erfüllen könne, müsse diese Kenntnisnahme künftig im Ratsplenum unter Anwesenheit einer Vertretung aus der Nationalbank erfolgen.
Das Büro-NR lehnte dieses Ansinnen mit dem Argument ab, dass das Parlament gemäss ParlG grundsätzlich nur Berichte des Bundesrats und der parlamentarischen Kommissionen berate und das Anliegen der SP-Fraktion somit eine Anpassung des geltenden Rechts erfordere, so Roland Rino Büchel (svp, SG). Eine Minderheit Nordmann (sp, VD) des Büros beantragte hingegen die Annahme des Postulats. In der Abstimmung zeigte sich ein deutlicher Graben zwischen den geschlossen zustimmenden Grünen- und SP-Fraktionen und den Fraktionen der Grünliberalen, der Mitte, der FDP.Liberalen sowie der SVP, die das Vorhaben einstimmig ablehnten.

Rechenschaftsbericht der SNB zur Kenntnisnahme an die Bundesversammlung überweisen (Po. 23.3489)

In der Herbstsession 2023 behandelte der Nationalrat eine Motion der SP-Fraktion mit der Forderung nach einer vollen Transparenz beim Rohstoffhandel. Konkret sollen zur Verbesserung der Kontrolle in diesem Wirtschaftszweig Rechtsvorschriften erlassen werden, wobei die Fraktion insgesamt fünf Massnahmen forderte: Erstens und übergeordnet soll der Bundesrat dem Parlament eine Botschaft für ein Rohstoffhandelsgesetz vorlegen, welches zweitens verbindliche Regeln für die Abwicklung des internationalen Rohstoffhandels in der Schweiz festhalten soll. Drittens soll das Gesetz ein System vorsehen, welches eine vollständige Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen sowie deren Transaktionen und Lieferungen gewährleistet; ebenso soll das Gesetz die Überprüfung von bestehenden Standards beim Rohstoffabbau, der Herstellung und dem Recycling ermöglichen. Viertens soll es Standards setzen, die mit jenen im Bankensektor übereinstimmen; so etwa die Rechtmässigkeit der Geldmittel, die Transparenz bei den wirtschaftlich berechtigten Personen sowie die Einhaltung der Steuergesetze und der internationalen Sanktionen. Fünftens und letztens sollen die Kompetenzen der FINMA dahingehend erweitert werden, dass diese einen Aufsichtsauftrag über den Sektor erhält und dabei das Rohstoffhandelsgesetz durchsetzen muss. Wie Fraktionssprecher Roger Nordmann (sp, VD) im Ratsplenum unterstrich, berge die Rolle der Schweiz als Drehscheibe im Rohstoffhandel gewisse Risiken, womit ihr eine grosse Verantwortung zukomme.
Wirtschaftsminister Guy Parmelin vertrat die ablehnende Position des Bundesrats, welche er mit zwei Argumenten untermauerte: Erstens seien die betroffenen Unternehmen und Rohstoffe sehr vielfältig und der Rohstoffhandel ein sehr volatiler und komplexer Bereich, womit es sich als schwierig erweisen würde, diesen einheitlich zu regeln. Zweitens sei die Landesregierung der Meinung, dass die Risiken dieses Bereichs identifiziert seien und dieser über verschiedene Wege bereits genügend reguliert werde.
In der Folge stimmte der Nationalrat über jede Ziffer der Motion einzeln ab. Mit 101 zu 89 Stimmen unterstützte der Nationalrat den Auftrag der Ausarbeitung eines Rohstoffhandelsgesetzes. Die restlichen vier Ziffern lehnte die grosse Kammer hingegen allesamt ab. Die ausschlaggebende Kraft in den Abstimmungen war dabei die Mitte-Fraktion, die der ersten Ziffer deutlich wohlgesinnter war als den weiteren vier inhaltlichen Ziffern.

Volle Transparenz beim Rohstoffhandel. Die Fehler vermeiden, die uns im Bankensektor teuer zu stehen gekommen sind (Mo. 22.3133)

Aussenminister Ignazio Cassis reiste im September 2023 nach Kanada, wo er auf sein kanadisches Pendant, Mélanie Joly, traf. Im Zentrum der Gespräche stand die bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Forschung, Umwelt sowie Menschenrechte. Auch der Krieg Russlands gegen die Ukraine wurde thematisiert. Ein weiteres Augenmerk wurde auf die neue kanadische Initiative zum Schutz von willkürlich verhafteten Personen gelegt. Diese Initiative prangerte die Praxis einiger Staaten an, «Personen willkürlich zu inhaftieren und sie als Druckmittel in der Aussenpolitik einzusetzen». Gemäss Bundesrat widerspreche diese Praxis den in der Amerikas-Strategie festgehaltenen Grundsätzen der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit.
Diese Initiative wurde auch im Rahmen der UNO-Generalversammlung von Ende September 2023 diskutiert, an der Ignazio Cassis ebenfalls teilnahm. Ansonsten prägte der russische Angriff auf die Ukraine die Agenda des Aussenministers in New York; er nahm dabei unter anderem an einem Ministertreffen zur Revision des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs teil, das zum Ziel hatte, ein starkes Signal gegen die Straflosigkeit des Verbrechens der Aggression zu setzen.

Bundesrat Ignazio Cassis reist nach Kanada

Ende August 2023 kündigte das EDA eine Auslandreise von Bundesrat Ignazio Cassis nach Slowenien an. In Ljubljana unterzeichnete der Aussenminister das Abkommen über die Umsetzung des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Staaten, welches CHF 16 Mio. zugunsten Sloweniens vorsah. Diese Mittel ermöglichten die Finanzierung von Digitalprojekten zur Erhöhung der Energieeffizienz in der Energieplanung und zur Förderung erneuerbarer Energien, so das EDA. Der EDA-Vorsteher versprach anlässlich seines Besuchs auch eine finanzielle Unterstützung Sloweniens über CHF 200'000 für die Opfer der Überschwemmungen, welche das Land heimgesucht hatten. Er bot ausserdem das Know-How der Schweiz für den Wiederaufbau nach den zahlreichen Schäden an. Abschliessend nutzte Aussenminister Cassis seine Reise für eine Teilnahme am Bled Strategic Forum, einer internationalen Konferenz, die sich 2023 mit den Themen globale Sicherheit und Multilateralismus auseinandersetzte. Dort tauschte er sich unter anderem mit seinen Amtskolleginnen und -kollegen aus Südkorea, Slowenien und Kanada aus.

Aussenminister Cassis reist nach Slowenien
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2023

De 1848 à 2023 : cette année, la fête nationale a été imprégnée par l'anniversaire des 175 ans de l'adoption de la première Constitution fédérale. Tant dans les discours que dans la presse, de nombreuses mentions ont été faites à cet événement fondateur de la «Willensnation» helvétique. En particulier, les conseillers fédéraux et conseillères fédérales y ont fait allusion lors de leurs diverses visites dans toute la Suisse. Pour sa première fête nationale en tant que membre du gouvernement, Elisabeth Baume-Schneider a été reçue sur la prairie du Grütli par la société suisse d'utilité publique (SSUP). La jurassienne a prononcé un discours axé sur la jeunesse, rappelant d'ailleurs qu'elle est elle-même favorable à l'introduction du droit de vote à 16 ans. En ce sens, elle a loué la nature évolutive de la Constitution, à la fois garante d'un héritage, mais qui peut aussi se tourner vers l'avenir et s'adapter à l'évolution de la société. Au musée en plein air Swissminiatur, à Melide au Tessin, Albert Rösti a attribué le succès de la Suisse à son originalité, saluant la stabilité des institutions, comme l'a également fait son collègue Guy Parmelin. Cette fête nationale était particulière pour le président de la Confédération Alain Berset, qui a prononcé son 24ème et dernier discours en tant que conseiller fédéral, lui qui quittera le collège gouvernemental en fin d'année après avoir été 12 ans en fonction. A Lausanne, il a mentionné dans son discours l'esprit pionnier de la première Constitution, un texte «qui a jeté les bases d'une Suisse prospère et en constante évolution». Avec sa venue, Lausanne accueillait pour la quatrième année d'affilée le ou la présidente de la Confédération, après Simonetta Sommaruga en 2020, Guy Parmelin en 2021 et Ignazio Cassis en 2022.
Dans les mois précédant le premier août, la SSUP a fait couler de l'encre dans la presse, en raison de tensions au sein du comité de l'association vieille de plus de deux siècles. Un membre conservateur du comité lui reprochait d'être trop à gauche, et de ne permettre qu'aux voix urbaines et progressistes de s'y exprimer. Il a ainsi proposé d'intégrer de nouveaux membres issus de la droite conservatrice. Selon lui, le président Nicola Forster aurait favorisé des membres de son réseau au sein de l'organisation. Ce dernier, par ailleurs vert'libéral zurichois, a contesté ces reproches, arguant que la composition du comité était équilibrée. Peu après ces échanges, les demandes d'adhésion à la SSUP ont explosé, provenant d'abord de milieux de droite, puis de gauche. Selon Forster, il s'agissait là d'une tentative de politisation de l'association, qui se veut neutre. Il a parlé d'une «Kulturkampf ums Rütli, mitten im Wahljahr». En conséquence, la SSUP a bloqué les nouvelles adhésions. La NZZ a critiqué la manière d'agir de Forster, qui voudrait faire de la SSUP «le réduit de la société civile libérale de gauche». Le membre dissident n'a finalement pas été réélu au comité lors de l'assemblée générale. En réaction, l'organisation bourgeoise «Team Freiheit» a lancé une pétition pour que la SSUP rende l'administration de la prairie du Grütli – dont elle est responsable – à la Confédération. En conclusion, la SSUP, dont le but est de soutenir la cohésion sociale dans le pays, faisait ainsi face au défi de reconstruire sa propre cohésion, d'après le Temps.
A l'approche des élections fédérales, cet épisode a montré, selon la presse, deux visions de la Suisse qui s'opposent. D'une part, celle de 1291, reposant sur les mythes fondateurs du Grütli et de Guillaume Tell par exemple, qui n'ont pourtant jamais existés. D'autre part, celle de 1848, avec la rédaction et l'adoption de la première Constitution, posant les bases de la Suisse moderne au sein d'une Europe encore dominée par de puissants empires. Deux visions incarnées par les conservateurs d'une part et les libéraux réformistes de l'autre, des forces qui s'opposent également au sein de la SSUP. Pourtant, selon un éditorial publié dans le Temps, «la force de ce pays qui va bien [la Suisse] a toujours résidé dans sa faculté d'évoluer dans le champ de ces tensions séculaires». Ces différentes conceptions de l'identité suisse sont également revenues sur le tapis lors des débats sur une motion demandant d'introduire le 12 septembre, jour de l'adoption de la Constitution en 1848, comme nouveau jour férié national.

Erster August

Mitte Juli 2023 reiste Bundesrat Cassis für ein Treffen mit dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Maroš Šefčovič nach Brüssel, um eine Standortbestimmung der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU vorzunehmen. Der Bundesrat gab in seiner Medienmitteilung bekannt, dass der Besuch eine Fortsetzung der regelmässigen Kontakte zwischen den beiden Amtsträgern darstelle, wobei der letzte Austausch im März 2023 stattgefunden habe. Die Gespräche seien nun auf Basis der Eckwerte für ein mögliches Verhandlungsmandat weitergeführt worden. Cassis und Šefčovič unterhielten sich unter anderem über die Fortschritte auf technischer und diplomatischer Ebene. Aussenminister Cassis betonte, dass die Schweiz Lösungen finden wolle, die breite Akzeptanz geniessen, damit ein Verhandlungsmandat verabschiedet werden könne. Er beteuerte, dass der Abgang von Chefunterhändlerin Livia Leu die Verhandlungen nicht verzögern werde. «Le Temps» gab sich angesichts dieser Versprechungen skeptisch, denn das Zeitfenster für einen baldigen Abschluss sei klein, schliesslich wolle der Bundesrat erst Ende Jahr über das Verhandlungsmandat entscheiden und im Sommer 2024 finde bereits die Europawahl statt.

Bundesrat Cassis trifft Maroš Šefčovič in Brüssel
Dossier: Entwicklung der bilateralen Beziehungen mit der EU nach dem Scheitern des Rahmenabkommens

Nach den anfänglichen humanitären Hilfeleistungen im ersten Halbjahr 2022 setzte die Schweiz ihr Engagement mit weiteren Hilfszahlungen und Hilfsgüterlieferungen an die Ukraine in der zweiten Hälfte 2022 und darüber hinaus fort.

Im August 2022 gab der Bundesrat bekannt, dass das EDA Konvois mit rund 100 Tonnen sanitärem und medizinischem Material organisiert habe. Damit habe das Aussendepartement seit März 2022 gemeinsam mit dem VBS mehr als 5'300 Tonnen Hilfsgüter in die Ukraine und deren Nachbarländer geliefert.
Eine weitere Lieferung kündigte die Schweizer Regierung zwei Monate später, Anfang Oktober, an. Auf Ersuchen der ukrainischen Behörden werde die Schweiz Material zur Brandbekämpfung, zur Aufbereitung von verunreinigtem Wasser und zur Beseitigung von Schutt und Trümmern liefern. Die Hilfsgüter werden vom VBS und der Stadt Basel gespendet, den Transport finanziere die DEZA. Die Maschinen und die weitere Ausrüstung werden den ukrainischen Behörden übergeben, die nach einer Schulung durch Spezialisten des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe den Weitertransport übernehmen. Laut SECO ist der Transport mit den Massnahmen der Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine von März 2022 vereinbar.

Ende des gleichen Monats nahm Bundespräsident Cassis auf Einladung des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen in Berlin an der «Internationalen Expertenkonferenz zum Wiederaufbau der Ukraine» teil. Den Rahmen für die Gespräche über den nachhaltigen und inklusiven Wiederaufbau des Landes bildete die «Lugano-Deklaration», die 2022 im Zuge der Ukraine Recovery Conference in Lugano erarbeitet worden war. Aussenminister Cassis unterstrich, dass sich die Schweiz unter strikter Einhaltung ihrer Neutralität entschieden engagiere und erwähnte in diesem Kontext auch die Gespräche, welche er mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj, Premierminister Schmyhal und Aussenminister Kuleba geführt habe. Er erklärte, dass sich die humanitäre Hilfe der Schweiz nach den Bedürfnissen der ukrainischen Bevölkerung richte, insbesondere im Hinblick auf den anstehenden Winter.

Wenige Tage später beschloss der Bundesrat einen Aktionsplan für die Winterhilfe der Schweiz in der Ukraine. Für die Finanzierung von Projekten zur Instandstellung der Energie-Infrastruktur gab der Bundesrat zusätzlich zum bereits bestehenden humanitären Engagement rund CHF 100 Mio. frei. Der bevorstehende Wintereinbruch drohe aufgrund der beschädigten Energie-Infrastruktur und dem fehlenden Zugang zu Trinkwasser rund sechs Millionen weitere Menschen auf Hilfeleistungen angewiesen zu machen. Bundespräsident Cassis habe bei den Gesprächen mit der ukrainischen Regierung, an denen auch Vertreterinnen und Vertreter der DEZA und des SECO anwesend waren, Abklärungen vorgenommen, wie den Menschen in der Ukraine am besten geholfen werden könne. Der Bundesrat gab bekannt, dass er dem Parlament einen Nachtragskredit für zusätzliche Mittel im Umfang von CHF 76 Mio. beantragen werde. Nachdem das Parlament den Betrag in der Wintersession 2022 bewilligt hatte, lieferte die Schweiz Ende Dezember als Teil des umfassenden Aktionsplans des Bundesrates weitere Hilfsgüter an den ukrainischen Zivilschutz. Die DEZA und das EDA stellten hierfür siebzig Stromgeneratoren und vierzig Heizgeräte zur Verfügung.

Im Februar 2023, ein Jahr nach Beginn der russischen Militäraggression gegen die Ukraine, zog der Bundesrat Bilanz über sein bisheriges Engagement. Er hielt fest, dass die Schweiz seither über 1'000 Tonnen Hilfsgüter in die Ukraine geliefert habe und 4'765 Tonnen Nahrungsmittel in der Ukraine verkauft worden seien. Zudem hätten seit dem 11. März 2022 über 75'000 Menschen den Schutzstatus S in der Schweiz erhalten. Aus finanzieller Sicht habe die Schweiz bis anhin rund CHF 1.3 Mrd. für die Hilfsmassnahmen zugunsten der Ukraine bereitgestellt, wobei CHF 1.035 Mrd. auf die Aufnahme von Schutzsuchenden aus der Ukraine in der Schweiz entfielen. Die Regierung zeigte sich jedoch überzeugt, dass auch weiterhin Hilfe vonnöten sein werde, um die Situation der ukrainischen Bevölkerung zu verbessern, und beantragte dem Parlament daher ein neues Nothilfepaket über CHF 140 Mio. für die Ukraine (CHF 114 Mio.) und Moldawien (CHF 16 Mio.). Die mit diesem Paket vorgesehene Hilfe ziele auf die Bedürfnisse und Anfragen der beiden Staaten in Bereichen ab, in denen die Schweiz über spezifische Expertise verfüge, beispielsweise Schutzunterkünfte, Minenräumungen oder Reparaturen an der Infrastruktur. Die Umsetzung werde von den zuständigen Departementen EDA und WBF übernommen, wobei diese auch CHF 48 Mio. aus den bereits bestehenden Krediten bereitstellten. Das Parlament genehmigte im Nachtrag I zusätzliche CHF 92 Mio.

Im April 2023 setzte die Schweiz die humanitären Hilfslieferungen fort, indem die Kantone Basel-Stadt und Zürich einer NGO in Kiew fünf Ambulanzfahrzeuge spendeten. Eine weitere Lieferung sei für Sommer 2023 geplant, gab das EDA bekannt, wobei die DEZA in beiden Fällen für den Transport besorgt sei. Das VBS werde dem ukrainischen Rettungsdienst zudem drei Löschfahrzeuge und fünf Tonnen Löschschaum liefern und die Einsatzkräfte vor Ort ausbilden.
Drei Monate später, Anfang Juli 2023, stockte die Schweiz ihre Finanzierung für den Wiederaufbau und die Einrichtung von ukrainischen Schulen um zusätzliche CHF 5.5 Mio. auf. Damit fördere man die Wiederherstellung des Bildungsbereichs und die Rückkehr der Kinder in die Schule, ein bedeutendes Ziel des ukrainischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft. Die Unterstützung im Schulbereich sei Teil des Hilfspakets im Umfang von CHF 140 Mio., die der Bundesrat im Februar 2023 beantragt habe, liess das EDA in seiner Medienmitteilung verlauten.

Die Schweiz übernimmt die EU-Sanktionen gegen Russland
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)
Dossier: Die Schweizer Neutralität

Die Nachfolge der abtretenden Staatssekretärin Livia Leu hatte in der Öffentlichkeit für viel Spekulation und Spannung gesorgt. In den Medien kursierten diverse Namen, denen man es zutraute, Leu als Staatssekretärin des EDA und vor allem als Chefunterhändlerin mit der EU abzulösen.
Ende Juni 2023 ernannte der Bundesrat mit Alexandre Fasel schliesslich den in den Medien zuvor meistgenannten Kandidaten zum neuen Staatssekretär im EDA. Dieser war bis zu seiner Ernennung Sonderbeauftragter für Wissenschaftsdiplomatie im internationalen Genf. Fasel verfüge «dank seiner langen Karriere als Missionschef auf multilateraler und bilateraler Ebene sowie seiner zahlreichen Positionen in Bern» über die nötigen Qualitäten und Erfahrungen für das Amt, teilte der Bundesrat in seiner Medienmitteilung mit. Unter anderem hatte Fasel von 2017 bis 2021 als Schweizer Botschafter in London gearbeitet und die Umsetzung des Brexit verfolgt.

Zwar galt Fasel lange Zeit als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Leu, doch die Wahl war gemäss «Le Temps» trotzdem eine halbe Überraschung, hatte sich Fasel doch gar nicht erst auf die Stelle beworben, weil ihm das Auswahlverfahren missfiel. EDA-Vorsteher Cassis gestand vor den Medien, dass ihn die erste Liste der Findungskommission nicht überzeugt habe, weshalb er Fasel direkt nach seiner Verfügbarkeit gefragt habe. In dieser «Vertrauensbeziehung» zwischen Fasel und Cassis sah die NZZ denn auch bereits eine Verbesserung gegenüber dem Duo Livia Leu – Ignazio Cassis, bei dem «die Chemie nicht immer gestimmt» habe. Als sechster Staatssekretär im EDA seit 2014 – und dem Beginn der Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen – stehe Fasel vor keiner einfachen Aufgabe, schrieb die Zeitung weiter. Nebst zahlreichen schwierigen Dossiers wie zum Beispiel dem Umgang mit dem Ukraine-Krieg und dem Einsitz im UNO-Sicherheitsrat werde Fasel ab September 2023 auch die laufenden Sondierungsgespräche zwischen Bern und Brüssel leiten müssen. Bundesrat Cassis wollte sich vor den Medien noch nicht darauf festlegen, ob Fasel auch die nachfolgenden Verhandlungen mit der EU führen wird. Mit den kurz vor der Ernennung verabschiedeten Eckwerten für das neue Verhandlungsmandat wurde ein erster Schritt dazu bereits gemacht, stellte «La Liberté» fest.

Alexandre Fasel wird neuer Staatssekretär im EDA
Dossier: Entwicklung der bilateralen Beziehungen mit der EU nach dem Scheitern des Rahmenabkommens

Im Juni 2023 reiste Bundesrat Ignazio Cassis für einen Staatsbesuch in das Königreich Marokko, wo er von seinem marokkanischen Amtskollegen Nasser Bourita in Empfang genommen wurde. Die bilaterale Partnerschaft der beiden Länder habe sich seit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung zur Kooperation in Wirtschaft, Wissenschaft und nachhaltiger Entwicklung im Dezember 2021 gut entwickelt, stellte der Schweizer Aussenminister fest. Unter anderem habe man 2022 am Rande der COP27 einen Vertrag über die Zusammenarbeit im Klimaschutz unterzeichnet und ein ebenfalls 2022 abgeschlossenes MoU habe zu mehreren Forschungskooperationen zwischen schweizerischen und marokkanischen Institutionen geführt. Auch das Handelsvolumen sei 2022 weiter gestiegen, unterdessen sei Marokko der drittgrösste Exportmarkt der Schweiz auf dem afrikanischen Kontinent. Bundesrat Cassis und Aussenminister Bourita unterhielten sich auch über die jüngsten politischen Entwicklungen im Nahen Osten und in Nordafrika, unter anderem über den politischen Prozess in Libyen, die Krise im Sudan und die Herausforderungen der Sahelzone. Cassis sprach sich diesbezüglich auch für eine gegenseitig akzeptable Lösung im Konflikt um die Westsahara aus und appellierte an Marokko, glaubwürdige Bemühungen für einen politischen Kompromiss gegenüber den Autonomiebestrebungen in der Region an den Tag zu legen.

Bundesrat Cassis Staatsbesuch im Königreich Marokko
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2023

Im Januar 2023 kündigte der Bundesrat an, dass die Ukraine Recovery Conference für den politischen Wiederaufbauprozess in der Ukraine, deren erste Ausgabe im Juli 2022 in der Schweiz stattgefunden hatte, 2023 in London weitergeführt werde. Am WEF 2023 übergab Aussenminister Cassis dem britischen Minister für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie, Grant Shapps, daher offiziell die Federführung für die Vorbereitung der nächsten Konferenz. Cassis rief anlässlich der Übergabe die beschlossenen «Prinzipien von Lugano» in Erinnerung und bezeichnete diese als Kompass für die dunklen Zeiten des Krieges. Im Juni des gleichen Jahres gab der Gesamtbundesrat dann bekannt, dass Ignazio Cassis in London an einem Panel zur humanitären Minenräumung teilnehmen werde und aufgrund seiner Rolle als Mitorganisator 2022 auch eine Rede an der Schlussveranstaltung halten werde. Die Schweiz habe den Wiederaufbauprozess der Ukraine vor und seit der Konferenz in Lugano eng begleitet, unter anderem habe Bundesrat Cassis an zwei weiteren Konferenzen zu dieser Thematik in Berlin und Paris teilgenommen und die Organisation einer weiteren Konferenz zur Dezentralisierung und Stärkung der lokalen Verwaltung im Rahmen des Wiederaufbau- und Reformprozesses in der Ukraine unterstützt, erläuterte das EDA in einer Medienmitteilung.
In seiner Rede an der Konferenz in London warb Bundesrat Cassis unter anderem dafür, den politischen Wiederaufbauprozess des Landes gemeinsam fortzusetzen, wobei die Prinzipien von 2022 als Grundlage dienen sollten. Er kündigte an, dass die Schweiz im Rahmen der IZA-Strategie 2025–2028 Mittel in der Höhe von rund CHF 1.5 Mrd. zugunsten der Ukraine reservieren werde, zuzüglich zu den für die Jahre 2023–2024 vorgesehenen CHF 300 Mio. Dieses Vorgehen kritisierte in der Folge aber beispielsweise die Aargauer Zeitung, da so «sämtliche Gelder, die aufgrund der Teuerung in die IZA-Kasse fliessen», für die Ukraine reserviert und zudem Mittel von anderen IZA-Projekten umgeleitet würden. Damit nehme man anderen Krisenregionen im Süden Gelder weg, monierte die Zeitung.
Zum Abschluss der Geberkonferenz unterzeichnete die Schweiz zusammen mit weiteren Staaten eine Absichtserklärung zur Absicherung privater Investitionen in der Ukraine gegen Kriegsrisiken. Ziel der Erklärung sei es, Private zu Investitionen in der Ukraine zu ermutigen und die damit zusammenhängenden Risiken zumindest teilweise auf die unterzeichnenden Staaten und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zu übertragen. Die Weltbank schätzte die seit Februar 2022 entstandenen Schäden auf über CHF 400 Mrd. und betonte, dass auch der Privatsektor einen Teil zu deren Behebung beitragen müsse.

Ukraine Recovery Conference 2023 in London
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)

Ende Juni 2022 verabschiedete der Bundesrat die Eckwerte für ein neues Verhandlungsmandat mit der EU. Im Vorfeld wurde in der Öffentlichkeit die Hoffnung geäussert, dass die Verhandlungsgrundlage dieses Mal besser sei als jene beim gescheiterten institutionellen Rahmenabkommen. Die vom Bundesrat präsentierten Eckwerte sollen als Grundlage für weitere Gespräche und als Leitlinien für mögliche künftige Verhandlungen mit der EU dienen. Der Bundesrat definierte damit also jene Bereiche, die in einem künftigen Verhandlungsmandat abgedeckt werden sollten. Ergänzt wurden diese durch Oberziele allfälliger Verhandlungen und durch spezifische Ziele in einzelnen Bereichen. Zu den Oberzielen gehören unter anderem: Eine Stabilisierung des bilateralen Wegs und dessen für die Schweiz massgeschneiderte Entwicklung; hindernisfreie Binnenmarktbeteiligung in den Bereichen Landverkehr, Luftverkehr, Landwirtschaft, Strom, Lebensmittelsicherheit sowie in allen Kapiteln des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen; der Abschluss eines Stromabkommens, eines Abkommens im Bereich Lebensmittelsicherheit und eines Gesundheitsabkommens; die Zulassung der Schweiz zu EU-Programmen wie beispielsweise Horizon 2021-2027. Im Gegenzug zu diesen Zugeständnissen biete die Schweiz Hand zu institutionellen Lösungen zur Erhöhung der Rechtssicherheit bei bestehenden und künftigen Binnenmarktabkommen. Zudem wolle die Schweiz sektoriell eingeschränkte staatliche Beihilferegelungen der EU übernehmen und die Verstetigung der Kohäsionszahlungen an die EU prüfen.
Der Bundesrat teilte in seiner Medienmitteilung mit, dass die betroffenen Bundesämter damit beauftragt worden seien, die noch offenen Punkte in Gesprächen mit der EU zu klären, unter anderem die Frage, wie die neuen Abkommen in das Verhandlungspaket integriert werden sollen. Er kündigte an, bis Ende Jahr die Verabschiedung des Verhandlungsmandats vorzubereiten, sofern die internen Arbeiten und die Gespräche mit der EU weiterhin gut verliefen.

Die Schweizer Öffentlichkeit reagierte unterschiedlich auf die Positionsbestimmung des Bundesrats. Während der Schweizerische Gewerkschaftsbund und Travail Suisse auf viele ungelöste Probleme verwiesen und den präsentierten Kompromissen kritisch gegenüber standen, betonte der Arbeitgeberverband, dass die «allermeisten offenen Punkte» bei den flankierenden Massnahmen gelöst werden konnten. Die Eckpunkte stiessen auch bei den Parteien nicht auf uneingeschränkte Gegenliebe. FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) bezeichnete die Eckwerte vor der Verabschiedung des Verhandlungsmandats als unnötigen Zwischenschritt, der nur dazu diene, «alle ruhigzustellen». Die SVP monierte laut «La Liberté», dass der Bundesrat mit diesen Eckwerten die Souveränität des Landes opfern wolle. SVP-Aussenpolitiker Franz Grüter (svp, LU) kritisierte, dass die heiklen Punkte wie die dynamische Rechtsübernahme oder die Streitbeilegung mit dem EuGH als Entscheidungsinstanz die gleichen wie beim institutionellen Rahmenabkommen seien. Ebenfalls unzufrieden, wenngleich aus anderen Gründen, waren die Grünen. Sie warfen dem Bundesrat vor, die Verhandlungen mit der EU bis nach den nationalen Wahlen im Herbst 2023 zu verzögern. Sibel Arslan (basta, BS) sprach dem Bundesrat den politischen Willen und den Mut zu Verhandlungen ab. Auch SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (sp, BL) störte sich in der «Republik» an dieser Verlangsamung der Gespräche, denn damit sei nichts zu gewinnen. Ähnliches vernehme man auch aus Brüssel, berichtete die NZZ. Der Sprecher der Europäischen Kommission gab zu Protokoll, dass man die Ankündigung des Bundesrates zur Kenntnis nehme und bereit sei, die laufenden Sondierungsgespräche fortzusetzen. Das übergeordnete Ziel für die EU sei es, eine systemische Lösung für alle strukturellen Fragen in den verschiedenen Abkommen zu finden. Für die EU sei jedoch ein «glaubwürdiger Zeitplan» wichtig, man wolle die Verhandlungen noch während der Amtszeit der derzeitigen Kommission zu Ende führen. Auch die Gewerkschaften, deren Vorbehalte gegen das institutionelle Rahmenabkommen mitverantwortlich für dessen Scheitern gewesen waren, äusserten sich zu den Eckwerten des Bundesrates. SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard (sp, VD) warf Bundesrat Cassis vor, schönfärberisch über die Fortschritte im EU-Dossier zu kommunizieren. Seiner Meinung nach nehme man in den Gesprächen mit der EU kaum etwas von diesen vermeldeten Fortschritten wahr, da sich die EU-Kommission auf ihre Positionen aus den Verhandlungen zum Rahmenabkommen berufe. Der SGB befürchtete nicht nur die Schwächung des Schweizer Lohnschutzes, sondern auch Forderungen der EU in weiteren Bereichen wie der Spesenregelung oder bei der Liberalisierung des Service public. Pierre-Yves Maillard nannte das Schienennetz oder den Strommarkt als Beispiele, bei denen man hart bleiben müsse. Er bezeichnete die Gefahr eines erneuten Scheiterns der Verhandlungen angesichts der derzeitigen Ausgangslage als «gross».

EU-Verhandlungsmandat