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  • Chevalley, Isabelle (glp/pvl, VD) NR/CN
  • Reynard, Mathias (sp/ps, VS) NR/CN

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Im Dezember 2022 publizierte der Bundesrat den Bericht «Für einen erschwinglichen und gut eingespielten öffentlichen Verkehr» in Erfüllung des gleichnamigen Postulats Reynard (sp, VS). Im Bericht wurde festgehalten, dass der Kauf eines Billetts für den öffentlichen Verkehr, auch über mehrere Tarifsysteme hinweg, heute bereits relativ einfach sei. Für ungeübte Benutzende des ÖV könne das Lösen des richtigen und vor allem des günstigsten Tickets aber eine Herausforderung darstellen. So könne es in gewissen Fällen günstiger sein, mehrere Tickets für alle Teilstrecken statt eines durchgehenden Billetts zu kaufen. Um das System transparenter auszugestalten und die administrativen Kosten zu senken, möchte der Bundesrat deshalb das Tarifsystem vereinfachen. Die dafür nötigen Gesetzesanpassungen sollen unter Federführung des BAV und der Branchenorganisation Alliance SwissPass erarbeitet werden.

Für einen erschwinglichen und gut eingespielten öffentlichen Verkehr (Po. 19.4199)

Ende 2021 reichten sechs Nationalrätinnen verschiedenster Parteien sechs identische parlamentarische Initiativen ein, die forderten, dass Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts der Antirassismus-Strafnorm (Art. 261bis StGB) unterstellt werden. Die Initiantinnen – Min Li Marti (sp, ZH; Pa.Iv. 21.513), Marianne Binder-Keller (mitte, AG; Pa.Iv. 21.514), Jacqueline De Quattro (fdp, VD; Pa.Iv. 21.515), Sibel Arslan (basta, BS; Pa.Iv. 21.516), Lilian Studer (evp, AG; Pa.Iv. 21.522) und Kathrin Bertschy (glp, BE; Pa.Iv. 21.527) begründeten ihr Anliegen mit der weiten Verbreitung von Gewalt und Hass an Frauen, der mit einem klaren Signal – wie demjenigen der Unterstellung unter die Antirassismus-Strafnorm – Einhalt geboten werden könnte. Ob neben der sexuellen Orientierung auch Diskriminierungen und Hass aufgrund der Geschlechtsidentität in die Antirassismus-Strafnorm aufgenommen werden sollten, war auch bereits während der Beratungen zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Reynard (sp, VS; Pa.Iv. 13.407) diskutiert worden, die im Februar 2020 an der Urne bestätigt worden war. Die erstberatende RK-NR, die sich Ende Juni 2022 über die sechs neuen parlamentarischen Initiativen beugte, gab diesen mit 16 zu 6 Stimmen Folge.

Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts sollen strafbar werden (Pa.Iv. 21.513, 21.514, 21.515, 21.516, 21.522, 21.527)

Im Juni 2022 veröffentlichte der Bundesrat einen Bericht über die Möglichkeiten zur Verbesserung der Datenlage zu Diskriminierungen von LGBTI-Personen. Er erfüllte damit ein 2017 überwiesenes Postulat Reynard (sp, VS). Im Bericht stellte der Bundesrat fest, dass die Datenlage zu Diskriminierungen aufgrund sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität «heute tatsächlich sehr dünn» sei. Allerdings sei die entsprechende Datenerhebung auch «keine einfache Angelegenheit», wie eine in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie des SKMR gezeigt habe. Quantitative Bevölkerungsumfragen eigneten sich dazu eher schlecht. LGBTI-Personen bildeten keine homogene Gruppe, weshalb Zahlen zu den verschiedenen Ausprägungen separat erhoben werden müssten. Dabei handle es sich jedoch um zahlenmässig kleine Gruppen, die zudem mangels Erhebungsrahmen in Form eines Registers o.ä. schwierig zu identifizieren seien, sodass es «eine grosse Herausforderung» sei, eine repräsentative Stichprobe der LGBTI-Bevölkerung zu gewinnen. Überdies seien Diskriminierungserfahrungen aufgrund unterschiedlicher Wahrnehmungen und Selbsteinschätzungen subjektiv. Um sie allenfalls in standardisierte Bevölkerungsumfragen integrieren zu können, müssten durch qualitative Forschung zuerst geeignete Fragestellungen zur Erfassung des Phänomens entwickelt werden. Damit könnte auch ein vertieftes Verständnis von Mehrfachdiskriminierungen gewonnen werden – eine explizite Forderung des Postulats. In diesem Sinne ermutigte die Regierung Forscherinnen und Forscher dazu, Projekte mit entsprechendem Schwerpunkt beim Schweizerischen Nationalfonds einzureichen. Abschliessend verwies der Bundesrat auf laufende Arbeiten zur Verbesserung der Datenlage zu Hassverbrechen – eine Konsequenz der Aufnahme des Verbots der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung in das Strafgesetzbuch; am Ende dieses Prozesses sollte das BFS im Rahmen der polizeilichen Kriminalstatistik Zahlen zu Diskriminierung durch Hassverbrechen aufgrund der Geschlechterzugehörigkeit oder der sexuellen Orientierung ausweisen können.

Datenerhebung zu Diskriminierungen, die auf sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität beruhen, mit Augenmerk auf Mehrfachdiskriminierungen (Po. 16.3961)

In der Sommersession 2022 lehnte der Nationalrat auf Anraten des Bundesrates eine Motion Reynard (sp, VS) ab, die verlangt hätte, dass sich jede Frau auch über die 12. Schwangerschaftswoche hinaus für einen straflosen Schwangerschaftsabbruch entscheiden kann, ohne dass sie sich in Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder in einer seelischen Notlage befinden muss. Die nach Ausscheiden Reynards aus dem Rat von Christian Dandrès (sp, GE) übernommene Motion fand Zustimmung in den geschlossenen Reihen der SP, der Grünen und der GLP, wurde von den drei verbleibenden bürgerlichen Fraktionen jedoch nicht minder deutlich abgelehnt.

Recht auf Schwangerschaftsabbruch. Eine bevormundende Gesetzgebung ändern (Mo. 20.4140)

Im Sommer 2022 genehmigte der Nationalrat die Abschreibung eines Postulats Reynard (sp, VS) zur Verbesserung der Sicherheit von mit dem Internet verbundenen Produkten. Der Bundesrat hatte sich im Bericht zu Sicherheitsstandards für Internet-of-Things-Geräte mit dem Postulat befasst und im Anschluss dessen Abschreibung beantragt.

Verbesserung der Sicherheit von mit dem Internet verbundenen Produkten (Po. 19.3199)

Lors de la session de printemps 2022, le Conseil des Etats a débattu de la motion Chevalley (pvl, VD) acceptée dans la première chambre avec une majorité confortable. La commission de la chambre haute en charge du dossier s'est pourtant prononcée pour un rejet de celle-ci, estimant qu'une interdiction d'importation de certains trophées pourrait se montrer contre-productive, alors que la Cites privilégie le multilatéralisme et non les solutions unilatérales. Défendant la minorité, Maya Graf (verts, BL) a rappelé que lorsqu'on parle de trophées, il s'agit d'animaux tels que les lions, les éléphants, les rhinocéros ou encore les ours polaires. 602 de ces trophées ont été importés en Suisse en 2019. Selon l'élue écologiste, seul un pourcentage insignifiant des montants engrangés par la chasse aux trophées est reversé à la protection de la biodiversité et aux populations locales, contrant ainsi l'un des arguments soutenus par la majorité. S'appuyant sur une prise de position du WWF, opposé à cette motion, Matthias Michel (plr, ZG) en a appelé à ne pas céder aux arguments moraux mais bien de regarder les effets sur place d'une telle interdiction d'importation. Selon l'organisation environnementale, une chasse aux trophées régulée permet une meilleure protection des espèces menacées, notamment par une baisse du braconnage. Alain Berset, pour le Conseil fédéral, s'est également dit convaincu qu'une régulation des importations dans le cadre de la Cites ne peut qu'être plus efficace qu'une interdiction complète. Au vote, la motion n'a pas réussi à passer la rampe du Conseil des Etats, refusée par 22 voix contre 17 et 2 abstentions.

Interdiction d'importation de trophées de chasse provenant de certains animaux protégés (Mo. 19.3263)

Im April 2022 veröffentlichte der Bundesrat in Erfüllung eines Postulats von Mathias Reynard (sp, VS) den Bericht «Sexuelle Belästigung in der Schweiz: Ausmass und Entwicklung». Der Postulant hatte vom Bundesrat verlässliche Zahlen über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit gefordert.
Nach einer Erklärung zur begrifflichen Definition von sexueller Belästigung präsentierte der Bericht verschiedene Zahlen und Eckpunkte zu sexueller Belästigung in der Schweiz. So konnte beispielsweise festgestellt werden, dass im Jahr 2020 1'435 Straftaten zu sexueller Belästigung registriert wurden und dass 15 bis 20 Prozent der Gesamtbevölkerung in ihrem Leben sexuelle Belästigung erleben. Weiter wurde festgestellt, dass der Grossteil der Betroffenen von sexueller Belästigung Frauen sind. Darüber hinaus seien LGBTQ+-Personen oder Menschen mit Behinderung besonders gefährdet, Opfer von übergriffigem Verhalten zu werden.
Die Regierung eruierte in verschiedenen Bereichen der Erfassung, Meldung oder strafrechtlichen Verfolgung von sexueller Belästigung Verbesserungspotential. Kontinuierliche Daten zu sexueller Belästigung lägen lediglich aus der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) vor, die nur einen Teilbereich der Belästigungen festhalte. In Bevölkerungsbefragungen, die beispielsweise Opferraten oder Dunkelziffern erfragten, fielen die Opferzahlen sexueller Belästigung höher aus als in der PKS; die Bevölkerungsbefragungen seien aber aufgrund verschiedener Erhebungsmethoden, -häufigkeiten oder Frageformulierungen nur schwer vergleichbar. Weiter seien die Hürden für das Melden oder Anzeigen sexueller Belästigung sowohl im öffentlichen Raum als auch am Arbeitsplatz hoch. Viele Übergriffe würden gar nicht oder erst bei grossem Leidensdruck gemeldet.
Im Fazit des Berichts anerkannte der Bundesrat die Problematik sexueller Belästigung im öffentlichen Raum, am Arbeitsplatz sowie im privaten Umfeld. Bezüglich der Empfehlung zur Erhebung von umfassenderen Daten zu sexueller Belästigung verwies er auf die Gleichstellungsstrategie 2030: In dieser werde die Finanzierung und Durchführung einer Prävalenzstudie geprüft, in die auch die sexuelle Belästigung einbezogen werden könnte. Um Hürden zum Melden sexueller Belästigung abzubauen, hätten die Kantone eine umfangreiche Website der Opferhilfe Schweiz mitgestaltet. Zudem sei ein telefonisches 24-Stunden-Beratungsangebot für Gewaltbetroffene in der Prüfung. Da zum Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz bereits sehr viele Massnahmen umgesetzt seien, unterstrich der Bundesrat die Wichtigkeit von betrieblichen Massnahmen, wie beispielsweise klaren Richtlinien, Schulungen oder externen Meldestellen.

Sexuelle Belästigung. Wir brauchen endlich verlässliche Zahlen über dieses Problem (Po. 18.4048)
Dossier: Gewalt gegen Frauen* / häusliche Gewalt (ab Ratifikation Istanbul-Konvention)

Der Bundesrat lancierte Anfang April 2022 einen Aktionsplan, um den Kampf gegen Food-Waste zu stärken. Dieser Aktionsplan wurde in Erfüllung des Postulates von Isabelle Chevalley (glp, VD) erarbeitet und verfolgte das Ziel, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 im Vergleich zum Stand von 2017 zu halbieren. Gemäss dem Aktionsplan werde der Bund zu diesem Zweck mit den Unternehmen und Organisationen des Lebensmittelsektors – wie etwa dem Gastgewerbe, dem Vertrieb und der Landwirtschaft – eine branchenübergreifende Vereinbarung mit klaren Reduktionszielen abschliessen. Die freiwilligen Massnahmen, die ergriffen werden sollen, um diese Reduktionsziele zu erreichen, umfassen etwa das vermehrte Spenden von unverkauften Lebensmitteln an gemeinnützige Organisationen oder auch eine bessere Anbauplanung in der Landwirtschaft. Es sollen darüber hinaus Schritte unternommen werden, um auch den Food Waste, der in den privaten Haushalten entsteht, zu vermindern, beispielsweise mittels Informationskampagnen. 2025 soll der Bundesrat evaluieren, ob diese Massnahmen für die Zielerreichung genügen werden oder ob weitere Beschlüsse gefasst werden müssen.

Plan d'action contre le gaspillage alimentaire (Po.18.3829)
Dossier: Verschwendung von Lebensmitteln

Jahresrückblick 2021: Umweltschutz

Im Kapitel Umweltschutz stand auch dieses Jahr die Klimapolitik erneut klar im Fokus des Interesses, wie Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 (im Anhang) zeigt – auch wenn ihr Anteil an der Gesamtberichterstattung zum Umweltschutz seit 2019 doch deutlich abgenommen hat. Im Januar 2021 stellte der Bundesrat seine Klimastrategie 2050 vor. Diese sollte die Basis bilden, um die im Rahmen des Pariser Klimaabkommens eingegangenen CO2-Reduktionsziele und das erklärte Ziel des Bundesrates, bis 2050 unter dem Strich keine Treibhausgase mehr auszustossen, zu erfüllen. Die Strategie stützte sich insbesondere auf die Energieperspektiven 2050+ des BFE sowie auf das revidierte CO2-Gesetz. Im Juni 2021 machten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger dem Bundesrat jedoch einen Strich durch die Rechnung, indem sie – nach mehrjähriger sowie zäher und emotionaler Entscheidfindung im Parlament – ebendieses revidierte CO2-Gesetz an der Urne knapp ablehnten. Im Nachgang zur Abstimmung waren sich die politischen Lager über die Gründe für die Ablehnung uneins; Übereinstimmung gab es lediglich in der Erkenntnis, dass dennoch Massnahmen ergriffen werden müssen, wenn die Klimaziele doch noch erreicht werden wollen. Daher reichte die UREK-NR innert kürzester Frist eine parlamentarische Initiative ein, welche die Weiterführung der wichtigsten Massnahmen des geltenden CO2-Gesetzes forderte. Der Nationalrat hiess die von der nationalrätlichen Kommission ausgearbeitete Gesetzesänderung in der Herbstsession mit einigen Änderungen gut, auch wenn Kommissionssprecher Bäumle (glp, ZH) diese für zu wenig ausführlich hielt – man habe die Vorlage jedoch nicht überladen wollen, argumentierte er. Weiterführende Massnahmen könnten jedoch in einer anderen Vorlage, wie etwa im Rahmen des Gegenentwurfs zur Gletscherinitiative oder im Rahmen einer neuen Vorlage, diskutiert werden. In der Wintersession 2021 konnte die Gesetzesrevision zur Umsetzung dieser parlamentarischen Initiative bereits verabschiedet werden. Eine neue umfassende Gesetzesrevision, wie von Bäumle angesprochen, kündigte der Bundesrat im übrigen in einer Medienmitteilung im September 2021 an: Demnach soll diese auf Massnahmen fokussieren, «die es der Bevölkerung ermöglichen, den CO2-Ausstoss im Alltag zu reduzieren, und welche die laufenden Bemühungen der verschiedenen Branchen unterstützen».

Leicht mehr Aufmerksamkeit als im Vorjahr erhielt die Umweltschutzpolitik an sich, was sicherlich auf das Thema Gewässerschutz zurückzuführen ist (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang). So berichtete die Presse im Mai 2021 – im Monat vor der Abstimmung über die Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative – in 10 Prozent aller Artikel über die beiden Initiativprojekte. Nach einem von beiden Seiten hitzig geführten Abstimmungskampf lehnte die Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Trinkwasser-Initiative ab (39.3% Ja-Stimmen). Diese hatte gefordert, dass nur noch diejenigen Landwirtschaftsbetriebe Subventionen erhalten sollten, welche keine Pestizide verwendeten und in der Tierhaltung auf einen prophylaktischen Einsatz von Antibiotika verzichteten. Ausserdem sollten die Betriebe nur noch so viele Tiere halten, dass diese mit dem Futter vom eigenen Hof ernährt werden können. Gemäss Nachabstimmungsbefragung wurde die Initiative abgelehnt, weil die Bevölkerung grosses Vertrauen in die Landwirtschaft aufwies und die Initiative als zu extrem einschätzte. Auch die Pestizid-Initiative, welche innert einer Frist von zehn Jahren den Einsatz von synthetischen Pestiziden in der Schweiz sowie die Einfuhr von Produkten, für die solche Substanzen benötigt werden, verbieten möchte, wurde ähnlich deutlich abgelehnt.

Neben der Ablehnung der zwei Initiativen kam es im Berichtsjahr jedoch auch zu einigen beachtenswerten politischen Entscheiden, die den Gewässerschutz gestärkt haben. Neu soll beispielsweise der Zuströmbereich von Trinkwasserfassungen, für die ein öffentliches Interesse besteht, bis zum Jahr 2035 von den Kantonen definiert werden. Um den Druck auf die Kantone zu erhöhen, soll der Bund dabei nur jene Arbeiten zur Bestimmung der Zuströmbereiche finanziell unterstützen, welche die Kantone bis 2030 abgeschlossen haben. Angenommen wurden auch zwei Vorstösse zur Weiterentwicklung der ARA, welche deren Ausbau zur Reduktion von Mikroverunreinigungen respektive ihre Aufrüstung zur Verbesserung der Stickstoffeliminierung betrafen. Erfolglos blieb hingegen eine Forderung von Werner Hösli (svp, GL; Mo. 19.4374), welcher den Gewässerraum verkleinern wollte, wenn dem betroffenen Landwirtschaftsbetrieb durch die Ausscheidung ebendieses Gewässerraums ein übermässig grosser Anteil der ertragreichen Futtergrundlage genommen wird oder wenn im reduzierten Gewässerraum nur mit natürlichem Dünger gearbeitet wird.

Auch beim Thema Kreislaufwirtschaft und beim Abfallmanagement tat sich in diesem Jahr einiges. Eine Motion Thorens Goumaz (gp, VD), die forderte, dass der Bundesrat Massnahmen zur Innovationsförderung zugunsten der Kreislaufwirtschaft ergreift, wurde angenommen und soll in die Arbeiten zur Umsetzung der umfassenden parlamentarischen Initiative «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» der UREK-NR einfliessen. Die Vernehmlassung zur Umsetzung dieser Initiative wurde im November 2021 lanciert. Des Weiteren wurden eine Motion Dobler (fdp, SG) zur Stärkung des Plastikrecyclings sowie ein Postulat Gapany (fdp, FR) zur Weiterentwicklung des Abfallrecyclings angenommen. Schliesslich fand auch ein Postulat Chevalley (glp, VD) Zustimmung, welches zukünftig verhindern will, dass nicht verkaufte Güter im non-food Bereich weggeworfen werden.

Spezielle Aufmerksamkeit erhielt der Themenbereich der Naturgefahren im Juli 2021, wie auch Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse verdeutlicht. Im Sommer 2021 wurde die Schweiz von zahlreichen starken Unwettern mit daraus folgenden Erdrutschen, Schlammlawinen und Überschwemmungen heimgesucht. Die Medien berichteten intensiv über diese Ereignisse, wobei sie unter anderem auch den Aspekt des Klimawandels thematisierten. Sie stellten den meisten Behörden ein gutes Zeugnis für ihre Arbeit zum Schutz vor Naturgefahren aus, zumal diese seit den letzten grossen Unwettern im Jahr 2005 viel in neue Schutzbauten investiert hätten. In Zusammenhang mit den Überschwemmungen wurde etwa auch auf die umfassenden und teuren Arbeiten zur 3. Rhonekorrektion im Kanton Wallis hingewiesen.

Jahresrückblick 2021: Umweltschutz
Dossier: Jahresrückblick 2021

Jahresrückblick 2021: Bevölkerung und Arbeit

Im Jahr 2021 herrschten im Kapitel «Bevölkerung und Arbeit» sowohl im Parlament als auch in der Öffentlichkeit vor allem Diskussionen über flexible Arbeit, Arbeit auf Abruf, Homeoffice und Digitalisierung vor, was vermutlich auch der Covid-19-Pandemie und ihrem Druck zu flexiblen Arbeitsformen und verstärkter Digitalisierung geschuldet war. Dies zeigt sich etwa auch in der APS-Zeitungsanalyse 2021: Die Heimarbeit und die Möglichkeiten ihrer Entschädigung beschäftigten die Medien insbesondere zu Beginn des Jahres während der Homeoffice-Zeit (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang). Im Juni und Oktober 2021 gewann hingegen die gesellschaftliche Debatte zum Thema «Löhne» an Aufmerksamkeit, wobei insbesondere eine Studie der UBS über die Höhe der Schweizer Löhne sowie die offiziellen Lohnstatistiken des BFS diskutiert wurden.

Bezüglich flexibler Arbeitsformen publizierte der Bundesrat im November 2021 einen Bericht über die Regelung der Arbeit auf Abruf, in dem er keinen Bedarf ausmachte, die gesetzlichen Grundlagen für den Schutz der Arbeit auf Abruf anzupassen. Entsprechendes Verbesserungspotenzial gab es hingegen im öffentlichen Sektor, zumal die Bundesverwaltung das Modell flexibler Arbeitsformen einführte, um ihre Produktivität zu steigern und sich als attraktive Arbeitgeberin auf dem Markt zu positionieren. Mit der Frage nach flexiblen Arbeitsformen verknüpft war auch die Diskussion über die Liberalisierung der Arbeitszeiten. Diesbezüglich lag dem Ständerat ein Entwurf für eine Änderung des ArG vor, gemäss dem die Ruhezeiten und die Höchstarbeit für gewisse Wirtschaftszweige, Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmenden neu reguliert werden sollten. Jedoch empfahl die WAK-SR ihrem Rat, das Ergebnis der Vernehmlassung zu einer Änderung der Verordnung 2 des Arbeitsgesetzes abzuwarten und die Behandlungsfrist entsprechend zu verlängern, was der Ständerat denn auch tat.

In Anbetracht der Wichtigkeit der Digitalisierung in der Arbeitswelt beauftragte Ständerätin Maya Graf (gp, BL) den Bundesrat, unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt und auf die Berufsbildung zu untersuchen und Perspektiven für eine innovative berufliche Entwicklung aufzuzeigen. Bereits fertiggestellt war hingegen der bundesrätliche Bericht zur Prüfung einer Flexibilisierung des Sozialversicherungsrechts in Bezug auf die Digitalisierung. Darin erkannte der Bundesrat zwar keine nötigen Verbesserungsmassnahmen im Sozialversicherungssystem, aber Optimierungspotenzial bei der Rechtssicherheit, vor allem bei der Klarheit der Gesetzesbestimmungen. Eine Einschränkung der Digitalisierung im Arbeitsbereich verlangte hingegen eine Motion Reynard (sp, VS), welche die Arbeitgebenden zu Einschränkungen der Nutzung digitaler Hilfsmittel durch ihre Arbeitnehmenden ausserhalb der Arbeitszeit – und damit zu einem Recht auf Abschalten – verpflichten wollte. In Übereinstimmung mit der bundesrätlichen Empfehlung lehnte der Nationalrat die Motion ab.

Zur Stärkung des Arbeitnehmerschutzes und des Schutzes vor Lohndumping präsentierte der Bundesrat im Mai die Botschaft zur Teilrevision des Bundesgesetzes über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, mit der er unter anderem eine Motion Abate (fdp, TI) umsetzen wollte. Die Revision sollte es unter anderem ermöglichen, Entsendebetriebe zur Einhaltung der minimalen kantonalen Lohnbestimmungen zu verpflichten, damit alle im Kanton erwerbstätigen Personen mindestens den Mindestlohn erhalten. Der Ständerat lehnte Eintreten ab, weil er eine schweizweite Lösung nicht als nötig erachtete und die Entscheidung, ob ein Mindestlohn festgelegt werden soll, den Kantonen überlassen wollte. Der Nationalrat stimmte in die Wintersession hingegen für Eintreten, womit der Ball wieder beim Ständerat liegt.

Ein Jahr nach dem offiziellen EU-Austritt des Vereinigten Königreichs präsentierte der Bundesrat überdies die Botschaft zum Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Schweiz über die Mobilität von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern. Mit dem bereits seit Anfang Jahr vorläufig angewendeten und in Einklang mit der Mind the Gap-Strategie stehenden Abkommen soll der erleichterte gegenseitige Zugang für Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer auch nach dem Auslaufen des Abkommens über die Personenfreizügigkeit zwischen den beiden Staaten aufrechterhalten werden. Der Ständerat nahm das Abkommen in der Wintersession als Erstrat einstimmig an.

Jahresrückblick 2021: Bevölkerung und Arbeit
Dossier: Jahresrückblick 2021

Zu Beginn der Wintersession 2021 wurden zwei neue Nationalrätinnen in die grosse Kammer aufgenommen. Céline Weber Koppenburg (glp, VD) ersetzte Isabelle Chevalley (glp, VD) und Patricia von Falkenstein (ldp, BS) rückte für Christoph Eymann (ldp, BS) nach.
Der Rücktritt der Waadtländer Grünliberalen Chevalley kam für viele überraschend. Sie war vor allem während der Kampagne zur Konzernverantwortungsinitiative von den Medien aber auch von Teilen ihrer Partei für ihr Engagement gegen das Volksbegehren kritisiert worden, gegen das sie Position bezog, weil sie befürchtete, dass Schweizer Firmen vor allem aus Afrika abziehen könnten und so skrupelloseren multinationalen Firmen Platz machen würden. Sie habe nach 10 Jahren die Geduld verloren, die es in der Politik brauche, gab sie Le Temps zu Protokoll. Sie wolle sich dort engagieren, wo sie etwas bewegen könne, vor allem in Afrika. Ihre Nachfolgerin, Céline Weber Koppenburg ist in der Energieberatung tätig. Sie legte den Eid ab.
Mit 70 Jahren sei es Zeit, abzutreten, begründete Eymann seinen Rücktritt. Der Basler sass von 1991 bis 2011 und von 2015 bis 2021 insgesamt 16 Jahre im Nationalrat. Dazwischen amtete er als Regierungsrat im Kanton Basel-Stadt. Patricia von Falkenstein hatte sich bei den Ständeratswahlen 2019 einen Namen gemacht, als sie in Basel-Stadt Eva Herzog unterlag. Von Falkenstein legte das Gelübde ab.
Mit den beiden Mutationen waren zu Legislaturhalbzeit insgesamt 8 Nationalrats- und 1 Ständeratssitz neu besetzt worden. Weil Patricia von Falkenstein und Sarah Wyss (sp, BS) (Ende 2020 nachgerückt für Beat Jans (sp, BS)) je einen Mann ersetzten, wuchs der Frauenanteil im Nationalrat um 2 Personen und von 42 Prozent auf 43 Prozent. Im Ständerat nahm er von 12 auf 13 (neu: 28.2 Prozent) zu.

Mutationen 2021
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Der «Kommerzialisierung der Instrumente der direkten Demokratie» müsse ein Riegel vorgeschoben werden, befand Mathias Reynard (sp, VS). Konkret müsse man das Bezahlen von Unterschriftensammeln verbieten. In seiner Anfang 2020 eingereichten Begründung für diese Forderung verwies der Walliser Sozialdemokrat auf die Unterschriftensammlungen gegen den Vaterschaftsurlaub sowie gegen das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Hier hätten die finanziellen Anreize zu «Lügen und unlauteren Methoden» angestiftet, was nicht nur die Meinungsbildung gefährde, sondern auch der Glaubwürdigkeit der direkten Demokratie schade. Reynard brachte das Beispiel des Kantons Genf, der ein solches Verbot kenne.
Der Bundesrat empfahl die Motion im Mai 2020 zur Ablehnung. Er verwies auf die Motion Hurni (sp, NE Mo. 19.4431), um zu unterstreichen, dass er Täuschungsversuche während Unterschriftensammlungen verurteile. Allerdings dürfe nicht von Einzelfällen darauf geschlossen werden, dass bezahltes Unterschriftensammeln generell unlauter sei. Diese Art des Sammelns sei zudem billiger als ein grosser Massenversand, weshalb ein Verbot schwächere Gruppierungen bestrafen könnte. Ein Verbot sei zudem unverhältnismässig.
In der Herbstsession 2021 vertrat Baptiste Hurni (sp, NE) den mittlerweile aus dem Nationalrat ausgeschiedenen Motionär, stand aber auf verlorenem Posten. Mit 123 zu 61 Stimmen (1 Enthaltung) lehnte die grosse Kammer den Vorstoss ab. Die Stimmen aus der SP- und der GP-Fraktion reichten nicht für eine Annahme aus.

Bezahltes Unterschriftensammeln verbieten (Mo. 20.3015)

Le Conseil fédéral a présenté son message quant à la modification de la loi sur le génie génétique, ayant pour but de prolonger le moratoire sur les OGM jusqu'à fin 2025. Depuis 2005 et l'acceptation de l'initiative demandant la mise en place d'un moratoire sur ces organismes, le Parlement a renouvelé par trois fois l'interdiction limitée dans le temps de la mise en circulation d'organismes génétiquement modifiés. Le Conseil fédéral estime qu'aucun consensus politique sur la question n'existe pour l'heure, légitimant ainsi la poursuite du statut quo. Ce laps de temps permettra aux autorités d'éclaircir certaines questions, notamment par le biais du rapport demandé par Isabelle Chevalley (pvl, VD) en la matière. Il s'agira, entre autres, de se pencher sur les nouvelles techniques de modifications génétiques.
La commission de la science, de l'éducation et de la culture (CSEC-CN) s'est largement ralliée au projet du Conseil fédéral (par 20 voix contre 1 et 2 abstentions), confirmant ainsi une position déjà adoptée par la chambre du peuple lors de la session d'été 2021. Par ailleurs, la commission a déposé un postulat (Po. 21.3980) chargeant le Conseil fédéral d'examiner certains aspects touchant aux OGM, tels que la coexistence entre différents types d'agriculture, les risques liés aux nouvelles techniques et le choix laissé aux consommateurs et consommatrices.

Modification de la loi sur le génie génétique (MCF 21.049)
Dossier: Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in der Schweiz

Im Juni 2021 präsentierte der Bundesrat den Bericht in Erfüllung des breit unterstützten Postulats Reynard (sp, VS) zur Rolle der Fotovoltaik in den Wintermonaten. Er hielt darin erstens fest, wie durch eine verbesserte Wahl der Gebäudeflächen die Stromproduktion gesteigert werden könnte, wie zweitens mit ökonomischen Anreizen solche Entwicklungen herbeigeführt werden könnten und welche Rolle dabei drittens Flächen in alpinen Lagen, wie beispielsweise Staumauern, einnehmen könnten. Der Bundesrat riet etwa davon ab, Flachdachanlagen stärker zu neigen, da die Gesamtstromproduktion dadurch sinken würde. Durch eine Optimierung der bereits genutzten Gebäudeflächen könnte der Jahresanteil der Winterstromproduktion bei Fotovoltaikanlagen von 27 auf 30 Prozent gesteigert werden, ohne dabei die Kosten unverhältnismässig ansteigen zu lassen. Ein moderates Potenzial verortete der Bundesrat zudem bei den südlich ausgerichteten und ungenutzten Fassaden, die zusammen etwa 7 TWh Strom liefern könnten. Hierfür könnten über höhere Einmalvergütungen Anreize zum Zubau gesetzt werden. Das Potenzial von Fotovoltaikanlagen im Bereich von Staumauern und anderen alpinen Infrastrukturanlagen wolle der Bundesrat vertieft im Bericht zum Postulat Cattaneo (fdp, TI; Po. 20.4561) eruieren. Aufgrund der Gegebenheiten im alpinen Raum, die hohe Kosten mit sich bringen, erkannte der Bundesrat diesbezüglich vorerst jedoch keinen Handlungsbedarf.

Stromerzeugung im Winter dank Fotovoltaik (Po. 19.4157)
Dossier: Das Potenzial von Sonnenenergie nutzen

Isabelle Chevalley (glp, VD) monierte in ihrem Postulat «Keine neuen Produkte wegwerfen. Stopp der Verschwendung!», dass es Unternehmen in der Schweiz erlaubt sei, neuwertige, unverkaufte non-food Produkte wegzuwerfen. Dies betreffe beispielsweise Bücher, Haushaltsgeräte oder Kleider. Der Bundesrat solle daher prüfen, was die Unternehmen mit ihren unverkauften Produkten machten, und falls er zum Schluss komme, dass ein Grossteil davon vernichtet werde, solle er aufzeigen, wie diese Vernichtung verhindert werden könne. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats.
Der Nationalrat befasste sich in der Sommersession 2021 mit dem Anliegen, das von Mike Egger (svp, SG) bekämpft wurde. Dieser erläuterte, dass das Postulat aus Gründen der Wirtschaftsfreiheit abgelehnt werden solle. Er fügte an, dass man es «der Innovationskraft unserer Wirtschaft überlassen [sollte], nachhaltige Lösungen für neue Produkte zu finden, die aus verschiedenen Gründen nicht oder nicht mehr über die herkömmlichen Vertriebskanäle auf den Markt gebracht werden können». Die Mehrheit der grossen Kammer war jedoch anderer Meinung und stimmte für Annahme des Postulates (139 zu 47 Stimmen, bei 5 Enthaltungen). Die ablehnenden Stimmen stammten allesamt von Parteikolleginnen und -kollegen des SVP-Parlamentariers Egger.

Keine neuen Produkte wegwerfen. Stopp der Verschwendung! (Po. 20.3110)
Dossier: Vorstösse zur Kreislaufwirtschaft seit Ablehnung der Volksinitiative «Grüne Wirtschaft»

In der Sommersession 2021 schrieb der Nationalrat auf Antrag des Bundesrates ein Postulat Reynard (sp, VS) zur Frage der Erdverlegung der Übergangsleitung Chamoson–Ulrichen (VS) im Rahmen des Bundesratsgeschäfts zu den Motionen und Postulaten der gesetzgebenden Räte im Jahre 2020 ab. Der Bundesrat hatte zuvor erklärt, dass die Stromleitung zwischen den zwei genannten Dörfern in drei Teile unterteilt worden sei und für die Strecken Chamoson–Chippis und Mörel/Filet–Ulrichen bereits rechtskräftige Plangenehmigungen für die Errichtung von Freileitungen vorlägen. Einzig die Strecke zwischen Chippis und Mörel/Filet befinde sich noch im Plangenehmigungsverfahren. Der Kanton Wallis habe diesbezüglich eine Einsprache zwecks Überprüfung einer Erdverkabelung eingereicht, weshalb sich das ESTI und das BFE der Sache hätten annehmen müssen. Ein letztinstanzlicher Entscheid durch das Bundesgericht sei in dieser Angelegenheit möglich. Aufgrund der zwei abgeschlossenen Verfahren und der laufenden Überprüfung einer Erdverkabelung des dritten Teilabschnitts erachtete der Bundesrat das Anliegen als erfüllt, ohne hierfür einen speziellen Bericht auszuarbeiten.

Erdverlegung der Übertragungsleitung Chamoson–Ulrichen (Po. 15.4013)

Nichts wissen wollte der Nationalrat von der Idee zur Schaffung eines Ethikgremiums des Parlaments, die im Rahmen eines Postulats von Mathias Reynard (sp, VS) diskutiert wurde. Der von Britgitte Crottaz (sp, VD) übernommene Vorstoss – Reynard war aus dem Rat ausgeschieden, weil er in die Regierung des Kantons Wallis gewählt worden war – forderte eine Anlaufstelle, die für mehr Transparenz und ethisches Handeln im Parlament sorgen sollte. Dieses Gremium würde nicht nur einen Leitfaden für den Umgang mit Interessenkonflikten schaffen, in die man als Parlamentsmitglied mit einer Verbindung zu Interessenorganisationen unweigerlich gerate, sondern in einer solchen Situation auch Beratungsdienste anbieten. Diese Ethikkommission würde aus Parlamentsmitgliedern, externen Fachleuten sowie Juristinnen und Juristen zusammengesetzt. Brigitte Crottaz nannte in der Ratsdebatte mehrere Länder, die ein solches Ethikgremium eingeführt hätten – so etwa Frankreich oder Belgien. Roland Rino Büchel (svp, SG) erörterte in der Folge die ablehnende Haltung des Büro-NR. Ein «Leitfaden für die Ratsmitglieder zur Annahme von Vorteilen, zu Transparenz- und Offenlegungspflichten und zum Umgang mit Informationen» liege bereits seit Herbst 2019 vor. Zudem müsse jedes Ratsmitglied die Korrektheit und Vollständigkeit der persönlichen Angaben inklusive Interessenbindungen jährlich schriftlich bestätigen. Das Büro-NR sei der Meinung, dass diese Massnahmen ausreichend seien, um genügend Transparenz und ethisches Verhalten sicherzustellen. Zudem plädiere man an die Eigenverantwortung jeder Parlamentarierin und jedes Parlamentariers, worauf «das parlamentarische System der Schweiz» letztlich beruhe. Mit 115 zu 60 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) folgte die Mehrheit des Nationalrats der Empfehlung des Büros und versenkte die Idee. Eine links-grüne Ratsminderheit setzte sich für die Schaffung einer parlamentarischen Ethikkommission ein.

Schaffung eines Ethikgremiums des Parlaments (Po. 20.4151)

Die Walliser Staatsratswahlen sorgten für eine weitere Mutation im Nationalrat. Nicht nur Franz Ruppen (svp, VS), der in der Sondersession im Mai von Michael Graber (svp, VS) ersetzt worden war, sondern auch Mathias Reynard (sp, VS) hatte den Sprung in die Walliser Exekutive geschafft. Für die Walliser SP rückte Emmanuel Amoos zu Beginn der Sommersession 2021 durch Ablegen des Gelübdes in die Volkskammer nach. Damit waren vier der sechs bisherigen Änderungen in der 51. Legislatur im Nationalrat Wahlen in kantonale Regierungen geschuldet.

Mutationen 2021
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Dans un climat sociétal tendu lié à la pandémie de Covid-19, l'année 2020 a fait l'objet d'une recrudescence du nombre de menaces proférées à l'encontre de parlementaires et des autorités fédérales. Selon des données de Fedpol publiées par Le Temps et l'Aargauer Zeitung, 885 messages «litigieux» ont été enregistrés, soit trois fois plus qu'en 2019. Parmi ceux-ci, 64 missives ont été considérées comme des «dangers potentiels». Dans le Temps, la porte-parole de Fedpol soulignait qu'au-delà de l'augmentation, c'est «le ton qui est devenu beaucoup plus agressif». La police fédérale tente en général d'entrer en contact avec les auteurs et autrices de ces lettres lorsqu'elle l'estime nécessaire. Cependant, il revient aux parlementaires de déposer de leur propre chef une plainte pénale en cas de menaces considérées comme graves. Ce fut le cas de la conseillère nationale vaudoise Isabelle Chevalley. Au soir du refus de l'initiative sur les multinationales responsables, qu'elle combattait, la verte-libérale recevait des menaces de mort par courriel: «Sie werden Weihnachten nicht mit ihrer Familie verbringen. Wir werden Sie fesseln, Ihre Knochen zerquetschen und Ihr Blut trinken» ainsi que «Nehmen Sie diese Worte ernst, Sie haben noch nie einen Feind wie ich gekannt». Devant la violence de ces propos, elle portait plainte. L'auteur des menaces, un employé de vente de 23 ans déjà condamné auparavant pour des faits similaires, a rapidement été retrouvé par la police et condamné à une amende de CHF 300 et une peine pécuniaire de CHF 1500 avec sursis. Le cas d'Isabelle Chevalley n'est pas isolé et les témoignages ne manquent pas. Selon le Temps, plusieurs membres du Conseil fédéral auraient déjà été menacés de mort. Une enquête de la RTS réalisée en 2019 révélait que 58 pour cent des parlementaires disaient avoir déjà reçu des menaces, à différents degrés de gravité, alors que 78 pour cent affirmaient se faire couramment insulter, que ce soit via des lettres, par courriel ou sur les réseaux sociaux. Si le problème ne date pas d'hier, il semble s'accentuer lorsque certains thèmes divisant l'opinion public se retrouvent sur le devant de la scène politique et médiatique. Durant la crise migratoire de 2015 et 2016, Fedpol avait en effet déjà constaté un nombre important de messages de haine à l'encontre du corps politique.
En 2020, les restrictions liées à la pandémie auraient ainsi provoqué le ras-le-bol de la population et l'augmentation des menaces. Les tensions n'ont pas disparu avec le passage à la nouvelle année. Au contraire, elles semblent avoir été attisées par les nouvelles restrictions imposées en janvier par le Gouvernement. Le 12 février 2021, Magdalena Martullo-Blocher reprochait dans la NZZ au Conseil fédéral d'avoir «introduit une dictature». Les multiples critiques envers le Conseil fédéral, qui émanaient en particulier du PLR et de l'UDC, poussaient Karin Keller-Sutter et Guy Parmelin à prendre conjointement la parole dans une interview accordée à la Schweiz am Wochenende. Ils y soulignaient la dangerosité de «s'attaquer aux personnes et aux institutions», soulignant que cela met la démocratie à mal. Des parlementaires confiaient au Temps craindre que ces joutes verbales, parfois violentes, poussent certaines personnes à passer à l'acte, mentionnant les événements survenus en janvier 2021 aux États-Unis lors de l'attaque du Capitole. Selon le journal romand, la police fédérale aurait en tout cas sensiblement renforcé la sécurité des membres du Gouvernement.
Pour assurer une meilleure protection des membres du Conseil fédéral, du Parlement ainsi que des tribunaux fédéraux et des procureurs du Ministère public, la conseillère nationale Jacqueline De Quattro a déposé en novembre 2020 une motion demandant la poursuite d'office des auteurs et autrices de menaces. Cela est actuellement le cas seulement si les menaces sont proférées dans le cadre d'un événement officiel. Parmi les cosignataires de la motion figure Isabelle Chevalley.

Menaces à l'encontre des politiciens
Dossier: Regulierung von sozialen Netzwerken und Kommunikationsplattformen

Der Nationalrat lehnte es in der Frühjahrssession 2021 ab, ein Rahmengesetz für eine schweizweite familienergänzende Kinderbetreuung zu schaffen, wie dies eine Motion von Adrian Wüthrich (sp, BE) verlangt hätte, die nach Ausscheiden des SP-Vertreters aus dem Rat von dessen Walliser Parteikollege Mathias Reynard übernommen worden war. Konkret sollte der Bund zusammen mit den Kantonen und Gemeinden verpflichtet werden, ein flächendeckendes und bezahlbares Angebot an ausserfamiliärer Kinderbetreuung bereitzustellen. Im Nationalrat fand der Vorstoss neben der ungeteilten Zustimmung der Ratslinken auch die Unterstützung der geschlossenen GLP-Fraktion sowie einer Minderheit der Mitte-Fraktion. Die so erlangten 85 Stimmen reichten jedoch nicht aus gegen die 98 ablehnenden Stimmen der bürgerlichen Mehrheit. Fünf FDP-Nationalrätinnen und Stefan Müller-Altermatt (mitte, SO) enthielten sich der Stimme. Auch der Bundesrat hatte sich im Vorfeld gegen den Vorstoss ausgesprochen, da er ihn als nicht vereinbar sah mit der subsidiären Rolle, die dem Bund in diesem Bereich zukommt.

Die Schaffung eines Rahmengesetzes für eine schweizweite familienergänzende Kinderbetreuung wird abgelehnt (Mo. 19.3190)

In der Frühjahrssession 2021 beschäftigte sich der Nationalrat mit einem Postulat Reynard (sp, VS), welches die Prüfung einer möglichen Anpassung des UVG forderte, um das Burnoutsyndrom als Berufskrankheit anzuerkennen und dessen Prävention zu fördern. Reynard hatte das Postulat als eine Art Kompromiss eingereicht, nachdem seine parlamentarische Initiative «Das Burnoutsyndrom als Berufskrankheit anerkennen» abgelehnt worden war. In seiner eingereichten Begründung wie auch während der Ratsdebatte führte der Postulant aus, dass neuste Zahlen zeigten, dass seit 2012 ein Anstieg der Absenzen am Arbeitsplatz aufgrund psychischer Probleme um 50 Prozent zu verzeichnen sei. Das UVG decke das Burnoutsyndrom jedoch nicht ab, weil dieses nicht als Berufskrankheit anerkannt werde. Somit befänden sich Personen, die am Syndrom litten, in einer «nicht wirklich anerkannt[en]» Situation und könnten häufig lediglich von einer beschränkten finanziellen Absicherung durch die OKP ausgehen. Oft würden sie als depressiv eingestuft, was aber nicht einer Burnout-Erkrankung entspreche. Wie bereits von mehreren europäischen Ländern festgestellt und in deren Gesetzgebung angepasst, bestehe vielmehr ein Zusammenhang mit den am Arbeitsplatz vorherrschenden Bedingungen. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats.
Ursprünglich war die Behandlung des Geschäfts bereits für die Wintersession 2020 vorgesehen gewesen, das Anliegen war jedoch von Diana Gutjahr (svp, TG) bekämpft worden. Als es sodann in der Frühjahressession 2021 behandelt wurde, argumentierte Gutjahr, dass ein Burnout nicht kausal auf eine berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden könne. Es handle sich gewöhnlich um eine «multifaktoriell verursachte Krankheit». Eine Ableitung psychischer Probleme von der Arbeitstätigkeit komme einem «Misstrauensvotum den Arbeitgebern» und -geberinnen gleich. Gesundheitsminister Berset hingegen unterstützte das Geschäft. Beim Burnout handle es sich um eine ständig zunehmende Realität. Es sei daher zentral, über eine Reflexionsgrundlage zu verfügen, welche es einem erlaube zu sehen, ob – und falls ja, wo – Handlungsbedarf bestehe. Eine Mehrheit der grossen Kammer schienen die Worte Gutjahrs allerdings mehr zu überzeugen. Mit 96 zu 87 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) stimmte der Nationalrat gegen das Postulat, wobei die bürgerlichen Fraktionen mehrheitlich respektive geschlossen (SVP) eine ablehnende Haltung einnahmen, während sich die Ratslinke und die GLP-Fraktion für das Begehren aussprachen.

Das Burnoutsyndrom als Berufskrankheit anerkennen und die Prävention fördern (Po. 20.3976)

Le Conseil national a, par 121 voix contre 60 et 6 abstentions, suivi la volonté d'Isabelle Chevalley (pvl, VD) d'interdire l'importation de trophées de chasse provenant de certains animaux protégés par la CITES. Représentant le Conseil fédéral, Alain Berset a plaidé, en vain, pour la poursuite d'une approche multilatérale sur ces questions, notamment en s'engageant pour cela au sein de la CITES même. Une telle interdiction unilatérale minerait la crédibilité de la Suisse. Les partis de gauche et les verts'libéraux ont unanimement soutenu la demande formulée par Isabelle Chevalley. Le Centre n'a vu que trois de ses membres s'y opposer tandis que les groupes du PLR et de l'UDC se sont montrés bien plus sceptiques.

Interdiction d'importation de trophées de chasse provenant de certains animaux protégés (Mo. 19.3263)

Mitte Januar 2021 startete mit Medienkonferenzen sowohl seitens des Initiativkomitees als auch des Bundesrats der Abstimmungskampf zur Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot». In den zwei darauffolgenden Monaten bis zum Abstimmungstermin am 7. März 2021 war das Thema Verhüllungsverbot in der Presse praktisch täglich präsent. Wie die Zeitungs- und Inserateanalyse zeigte, erhielt die Volksinitiative im angegebenen Zeitraum deutlich mehr Medienaufmerksamkeit als die beiden anderen Abstimmungsvorlagen vom 7. März, das E-ID-Gesetz und das Freihandelsabkommen mit Indonesien. Obgleich über das Verhüllungsverbot sehr viel debattiert wurde, gab es weder für noch gegen die Initiative eine nennenswerte Inseratekampagne. Dies ging mit einer komplexen Gemengelage in der intensiv geführten Debatte einher: Die Grenze zwischen dem befürwortenden und dem ablehnenden Lager war äusserst diffus; praktisch in jeder Partei oder gesellschaftlichen Gruppierung, die ihren Standpunkt kundtat, gab es gewichtige Stimmen, die sich für die jeweils gegnerische Seite starkmachten. Neben dem Egerkinger Komitee, das die Initiative lanciert hatte, und der SVP, die sie im Parlament unterstützt hatte, stand auf der Pro-Seite etwa auch ein Mitte-links-Komitee aus der Westschweiz, in dem sich unter anderen GLP-Nationalrätin Isabelle Chevalley (VD), der Genfer FDP-Grossrat Jean Romain, der Berner SP-Grossrat Mohamed Hamdaoui und alt-CVP-Nationalrätin Marlyse Dormond Béguelin (VD) für das Verhüllungsverbot engagierten. Ferner warb ein überparteiliches Frauenkomitee um die Nationalrätinnen Marianne Binder-Keller (mitte, AG) und Monika Rüegger (svp, OW) sowie die Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam Saïda Keller-Messahli für die Initiative. Für ein Nein plädierten indes alle grossen Parteien ausser der SVP – allerdings keineswegs geschlossen –, ein parlamentarisches Komitee unter der Federführung von FDP-Ständerat Andrea Caroni (AR), der Schweizer Tourismusverband, mehrere Frauenverbände und Frauenstreikkomitees sowie diverse Akteure, die sich selbst als liberal verstanden oder sich für die Religionsfreiheit einsetzten, darunter die Operation Libero, Amnesty International und verschiedene religiöse Organisationen. Die grossen Abwesenden im Abstimmungskampf waren die direkt Betroffenen, die Nikabträgerinnen selber. Wie der Tages-Anzeiger berichtete, lag das jedoch nicht daran, dass man sie nicht hätte zu Wort kommen lassen, sondern dass sie sich – abgesehen von zwei Interviews während der gesamten Kampagne – nicht äussern wollten. Nach gemäss eigenen Angaben monatelanger Suche blieb der Zeitung deshalb nichts als die Erkenntnis, «dass verhüllte Frauen in der Schweiz nicht nur Körper und Gesicht verstecken, sondern unsichtbar und stumm bleiben».

Argumentativ bewegte sich der Abstimmungskampf auf verschiedenen Ebenen, wobei die Befürwortenden und die Gegnerschaft über weite Strecken dieselben Punkte vorbrachten, sie aber unterschiedlich interpretierten und daher zu gegenteiligen Schlüssen kamen. Neben der Islamdebatte und der Grundrechtsdiskussion wurde von beiden Seiten aus feministischer, sicherheitspolitischer, staatspolitischer und empirischer Warte argumentiert. Wenngleich der Initiativtext keinen Bezug zur islamischen Gesichtsverschleierung herstellte, war beiden Seiten klar, dass sie sich vor allem gegen jene richtete. In der Presse war daher meist vom «Burkaverbot» oder von der «Anti-Burka-Initiative» die Rede, obwohl in der Schweiz – wenn überhaupt – ausschliesslich der Nikab zu sehen sei, wie eine im Abstimmungskampf viel zitierte Studie der Universität Luzern feststellte. Während das Contra-Lager die Initiative als anti-islamisch und diskriminierend gegenüber Musliminnen verstand, sah die Pro-Seite sie als Mittel zum Kampf gegen den radikalen Islam und den Islamismus. Die Religionsfreiheit der Musliminnen tangiere die Initiative nicht, weil die Verschleierung nicht vom Islam verlangt werde, sondern ein kultureller Ausdruck für die Unterdrückung der Frau sei; sie könne daher nicht als Ausübung der persönlichen Freiheit gewertet werden. Vielmehr sei die Vollverschleierung sexistisch und entwürdigend, weil sie die Frauen im öffentlichen Leben unsichtbar mache und entmenschliche. Die muslimischen Frauen müssten davor bewahrt werden, weil sie sich mit Gesichtsschleier nicht in die Schweizer Gesellschaft integrieren könnten. Die Gegenseite betonte, dass sich die Nikabträgerinnen in der Schweiz in der Regel aus religiöser Überzeugung freiwillig verschleierten und nicht befreit werden müssten – im Gegenteil: Soziologische Studien aus Frankreich zeigten, dass die Verschleierung von den strenggläubigen Musliminnen im westlichen Kulturkreis als antikonformistischer, emanzipatorischer Akt verstanden werde. In Frankreich habe das Verbot den Gesichtsschleier sogar populärer werden lassen, weil er jetzt auch als Ausdruck des Protests getragen werde. Zudem sei es sexistisch und paternalistisch, den Frauen vorzuschreiben, wie sie sich zu kleiden hätten und ihnen die freie Entscheidung für den Schleier nicht zuzutrauen. Falls eine Frau den Schleier tatsächlich unter Zwang trage, kriminalisiere das Verbot überdies das Opfer und wirke kontraproduktiv, indem es die betroffenen Frauen zuhause einsperre und erst recht aus der Gesellschaft ausschliesse. Dass es gemäss der Studie der Universität Luzern in der Schweiz nur 20 bis 30 vollverschleierte Frauen gebe, gab dem ablehnenden Lager Anlass, das Anliegen als unnötige Symbolpolitik zu bezeichnen. Für die Befürworterinnen und Befürworter war die Gesichtsverhüllung jedoch eine Prinzipienfrage und auch in noch so kleinen Zahlen nicht tolerierbar. Sie sahen sich im Motto «Wehret den Anfängen» bestärkt und forderten, jetzt zu handeln, solange es noch nicht zu spät sei.

Weiter hob die Pro-Seite hervor, dass die Identifizierbarkeit von Personen sicherheitsrelevant sei. Das Verhüllungsverbot schütze die Gesellschaft somit auch vor vermummten Kriminellen wie zum Beispiel Hooligans oder gewalttätigen Demonstrierenden. Dem setzte die Gegenseite entgegen, dass es in fünfzehn Kantonen bereits verboten sei, sich bei Demonstrationen und Sportveranstaltungen zu vermummen. (Als erster Kanton hatte Basel-Stadt 1990 ein solches Verbot eingeführt.) Ausserdem verhindere das Verhüllungsverbot – anders als von den Initianten schon bei der medienwirksamen Lancierung der Initiative suggeriert – keine Terroranschläge. Dafür brauche es strafrechtliche und präventiv-polizeiliche Massnahmen, denn allein durch ein Verhüllungsverbot würden radikalisierte Islamisten und Islamistinnen «nicht plötzlich zurück in die Mitte der Gesellschaft finden», wie es der «Sonntags-Blick» formulierte. In anderen Kontexten, etwa in winterlicher Kälte, an der Fasnacht oder in der Pandemiesituation, sei die Verhüllung zudem auch für die Initiantinnen und Initianten kein Problem, wie die im Initiativtext enthaltenen Ausnahmen zeigten.

Auf der staatspolitischen Ebene drehte sich die Diskussion um die Frage, ob das Verhüllungsverbot in die Bundesverfassung gehöre. Während die Contra-Seite es ablehnte, Kleidervorschriften in die Verfassung zu schreiben, sah das Pro-Lager dies als gerechtfertigt an, weil es eben nicht um eine blosse Kleidervorschrift gehe, sondern um einen Grundsatz der liberalen und demokratischen Gesellschaft: In der Öffentlichkeit das Gesicht zu zeigen und dasjenige des Gegenübers zu sehen, sei fundamental für das Zusammenleben. Diese Begründung hatte auch den EGMR von der menschenrechtlichen Zulässigkeit des Verhüllungsverbots in Frankreich überzeugt, als dieses in Strassburg vergeblich angefochten worden war. Darüber, ob die seit Monaten geltende Maskenpflicht aufgrund der Corona-Pandemie dieses Argument ad absurdum führe oder ob sie gerade beweise, dass es das Verhüllungsverbot für das Funktionieren der zwischenmenschlichen Beziehungen brauche, wurden sich die beiden Lager nicht einig. Derweil war das gegnerische Lager der Ansicht, es sei gerade höchst illiberal, etwas zu verbieten, das niemandem schade, nur weil es auf Ablehnung stosse. Auch der Bundesrat argumentierte hauptsächlich staatspolitisch: Ein nationales Verhüllungsverbot greife in die Souveränität der Kantone ein, denen die Polizeihoheit obliege. Das Tessin und St. Gallen hätten bereits ein Verhüllungsverbot eingeführt, während andere Kantone ein solches explizit abgelehnt hätten. Diese Entscheide seien zu respektieren. Die Befürwortendenseite argumentierte indessen, dass die Regelung einer solch fundamentalen gesellschaftlichen Frage nicht den Kantonen überlassen werden dürfe. Dass die Gesichtsverhüllung in vielen anderen europäischen Ländern – darunter Belgien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Lettland und Österreich – und sogar einigen arabischen Staaten wie Ägypten, Marokko, Senegal oder Tunesien verboten – und im Falle von Frankreich das Verbot explizit vom EGMR als menschenrechtskonform bestätigt – sei, wertete die Pro-Seite als Zeichen der Legitimität ihres Anliegens. Sie betonte zudem die guten Erfahrungen, welche die Kantone Tessin und St. Gallen damit gemacht hätten. Weder im Tessin noch in den bei arabischen Gästen beliebten österreichischen Ferienorten habe sich das Verhüllungsverbot negativ auf den Tourismus ausgewirkt, wie es der Tourismusverband befürchtete. Die Contra-Seite hob hingegen hervor, dass im Tessin und in St. Gallen praktisch keine Verstösse gegen das Verbot registriert würden, was bestätige, dass es sich nur um ein Scheinproblem handle. In diesem Zusammenhang war in den Augen der Befürworterinnen und Befürworter auch Justizministerin Karin Keller-Sutter, die sich im Namen des Bundesrats gegen das Verhüllungsverbot aussprach, nicht glaubwürdig, weil sie in St. Gallen als ehemalige Polizeidirektorin genau ebendieses eingeführt habe. Gleichzeitig attestierten die Gegnerinnen und Gegner dem Egerkinger Komitee und der SVP ein Glaubwürdigkeitsproblem, weil sie ihnen ihr Engagement für Frauenrechte nicht abkauften.

Neben der Initiative selbst sorgte auch der indirekte Gegenvorschlag, der bei Ablehnung der Initiative automatisch in Kraft treten würde, für einige Diskussionen. Die Initiativgegnerinnen und -gegner waren der Ansicht, der Gegenvorschlag regle mit der gesetzlichen Pflicht, zur Identifizierung vor Behörden das Gesicht zu zeigen, alles Nötige. Ausserdem leiste er – im Gegensatz zum Verhüllungsverbot – einen tatsächlichen Beitrag an die Stärkung der Frauenrechte und die bessere Integration von ausländischen Frauen in die Gesellschaft. Die Initianten argumentierten hingegen, der Gegenvorschlag löse das eigentliche Problem nicht und wer keine «Gleichstellungsoffensive» («Weltwoche») wolle, müsse mit der Annahme der Initiative den Gegenvorschlag verhindern.

Die durchgeführten Umfragen attestierten der Initiative von Anfang an gute Chancen. Nachdem Ende Januar eine klare Ja-Mehrheit von 63 Prozent (Tamedia) bzw. 56 Prozent (SRF) resultiert hatte, legte die Nein-Kampagne im Folgenden etwas zu. Zwei Wochen vor der Abstimmung bekundeten noch 59 bzw. 49 Prozent der Befragten eine Ja-Stimmabsicht. Während die Parteibasis der SVP durchwegs zu rund 90 Prozent ja stimmen wollte, zeigten sich die Anhängerschaften von FDP, Mitte und GLP gespalten – hier konnte das Nein-Lager im Verlauf der Kampagne Boden gutmachen. Auch im linken Lager traf das Anliegen immerhin bei rund 30 Prozent der Befragten auf Wohlwollen.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Gut ein Jahr nach der Behandlung durch ihre Schwesterkommission befasste sich die WBK-NR im Januar 2021 erneut mit der parlamentarischen Initiative Wehrli (fdp, VD) «Für ein Programm zu Jugend und Ernährung». Dabei blieb sie mit 12 zu 12 Stimmen und dem Stichentscheid des Präsidenten Reynard (sp, VS) bei ihrer positiven Haltung gegenüber der Vorlage und beantragte dem Nationalrat Folgegeben, «ohne sich [allerdings] auf die Modalitäten der Umsetzung fest[...]legen» zu wollen. Hinsichtlich einer möglichen Implementierung und der Erarbeitung einer Strategie für nachhaltige Ernährung entschied sie sich zudem mit 17 zu 7 Stimmen, ein Postulat einzureichen, welches das Aufzeigen bestehender nationaler und kantonaler Angebote im Zusammenhang mit «Jugend und Ernährung» zum Ziel hat. Die Kommission führte überdies gemäss eigenen Angaben eine umfassende Analyse zum Thema «Jugend und Ernährung» durch und konsultierte dazu Vertreterinnen und Vertreter der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz, der Allianz Ernährung und Gesundheit, der Allianz der Wirtschaft für eine massvolle Präventionspolitik (AWMP), des Verbands Schweizerischer Mineralquellen und Soft-Drink-Produzenten (SMS) sowie von éducation21.

Für ein Programm zu Jugend und Ernährung (Pa.Iv. 19.463)

Rétrospective 2020: Groupes sociaux

Pendant plusieurs années consécutives, la politique d'asile occupait le premier plan des discussions parlementaires au sujet des groupes sociaux. Cette année, comme par ailleurs la précédente, la question des personnes réfugiées est restée plus en retrait. La restructuration du domaine de l'asile terminée trop récemment pour qu'il soit possible de bénéficier d'un recul suffisant pour en faire la critique est sans doute une partie de l'explication, de même que les mouvements populaires d'égalité des genres et d'orientation sexuelle, qui ont réussi à faire entrer leurs thèmes sous la coupole.

Politique à l'égard des étrangers: Au printemps 2020, le Conseil national a définitivement liquidé la question du délit de solidarité. Il a refusé de donner suite à l'initiative parlementaire Mazzone, qui voulait réintroduire la notion de motifs honorables, atténuant voire annulant la peine en cas d'aide au séjour illégal (art. 116 LEI). Deux pétitions émanant d'organisations de la société civile avaient été déposées en soutien à l'initiative, en vain. Du côté de la droite, la question de la régulation de l'immigration est restée d'actualité. Le député Philippe Nantermod a réussi à faire accepter un postulat demandant au Conseil fédéral de réfléchir sur une adaptation des contingents de personnes étrangères qui pourraient absorber les besoins de l'économie, tandis que l'UDC n'a pu que constater l'échec dans les urnes de son initiative de limitation.

Qu'à cela ne tienne, l'UDC aura l'occasion de proposer des limitations supplémentaires dans le cadre de la politique d'asile. Bien que recalée sous sa forme parlementaire, l'initiative promue par Luzi Stamm, qui vise à privilégier l'aide sur place plutôt qu'un accueil sur le territoire suisse, sera proposée prochainement au peuple. Pour la deuxième année consécutive, l'asile n'a pas occupé la place principale parmi les sujets les plus abordés dans ce chapitre. La récente restructuration du domaine de l'asile – absence de recul – ou encore la prégnance des thèmes liés à la situation sanitaire peuvent expliquer cette baisse d'intérêt des parlementaires. Cependant, quelques objets ont quand même été discutés, d'un point de vue principalement sécuritaire par la droite, et sous un aspect humanitaire et de défense des droits humains par la gauche. Des sanctions plus lourdes pour les requérant-e-s d'asile mineur-e-s considérés comme réfractaires ont été refusées, tandis que la possibilité de contrôler les téléphones portables (initiative Rutz) et la substitution de la détention administrative par un bracelet électronique (motion Nantermod) ont passé les premières étapes vers une acceptation. En revanche, l'initiative Müller, qui visait à réduire le droit au regroupement familial pour rendre opératoire le permis S a échoué au deuxième conseil.

Plusieurs objets parlementaires souhaitaient mettre un terme à la détention administratives des enfants. Seule une initiative cantonale genevoise a passé la rampe, d'un cheveu, au Conseil national. L'initiative Mazzone et le postulat Quadranti (pbd, ZH) ont été refusées et respectivement retirées.

Alors que la présidente de la Commission européenne, Ursula von der Leyen présentait le «nouveau pacte sur la migration et la solidarité», censé succéder aux Accords de Dublin en matière d'asile, une motion de la CIP-CN demandait au Conseil fédéral de s'engager au niveau européen pour venir en aide aux personnes dans les camps de la mer Egée ainsi que pour une réforme de ces accords.

Dans le domaine de la politique d'égalité de genre et d'orientation sexuelle, quelques pas décisifs ont été franchis. Au terme d'une longue campagne, placée sous le signe du compromis (deux semaines au lieu de quatre prévu par l'initiative retirée), la population votante a accepté un congé paternité, financé par les APG. Plusieurs objets concernant l'égalité dans le monde du travail ont également été traités. Un postulat Marti demandant une recension précise et régulière des différences de salaire entre hommes et femmes, a été adopté par le Conseil national. En revanche, ce même conseil a refusé d'entrer en matière sur quatre initiatives proposant de mettre en œuvre des mécanismes contraignant pour atteindre l'égalité salariale. Suite à ces refus, la CSEC-CN a décidé de lancer sa propre initiative demandant la transmission des résultats des analyses des inégalités de salaire à la Confédération. Il en a été de même pour une motion Reynard qui souhaitait sanctionner plus durement les licenciements pour cause de grossesse ou de maternité. Par contre, un postulat Moret (plr, VD), demandant un recensement des besoins et de l'offre en matière de conseil pour faciliter la réinsertion professionnelle des femmes qui ont cessé de travailler pour des raisons familiales a été accepté par la chambre basse en septembre.

Deux victoires d'étape pour les personnes homosexuelles. D'abord, les deux conseils ont accepté l'initiative vert'libérale pour le mariage pour toutes et tous. Puis, suite à la votation populaire du 9 février, les propos homophobes seront désormais punis, au même titre que les injures racistes; les attaques contre les personnes transgenres ne sont toutefois pas concernées par le projet, selon le compromis trouvé en chambres. Il devrait par contre être plus facile pour elles de changer de sexe à l'état civil, grâce aux travaux parlementaires actuellement menés en ce sens.

La lutte contre les violences faites aux femmes est restée au point mort au Conseil national, quatre objets qui allaient dans ce sens ont échoué. Deux initiatives parlementaires, déposées par la députée UDC Céline Amaudruz voulaient considérer l'atteinte fondée sur l'appartenance au sexe féminin ou à un corps de police comme des circonstances aggravantes et renforcer la protection de ces personnes. Le Conseil national a refusé d'y donner suite. Une motion qui visait à octroyer un permis de séjour aux victimes de violences, dans le sens de la Convention d'Istanbul, a été classée, faute de traitement dans un délai de deux ans. Enfin, la chambre basse a refusé de donner suite à une initiative parlementaire Wasserfallen (plr, BE), qui voulait augmenter l'indemnité maximale due à la victime en cas de harcèlement sexuel au travail.

Si la politique familiale a trouvé un large écho dans la presse durant cette année 2020, c'est principalement dû à la votation sur le congé paternité. Au Parlement, l'autre événement notoire est l'avancée des travaux sur l'allocation familiale en cas d'adoption, à savoir un congé parental de deux semaines, qui avaient été lancés en 2013 par le PDC Marco Romano. Après l'entrée en matière par la chambre basse, il appartient au Conseil des États de statuer sur le projet.

Un rapport sur les moyens de prévenir la violence sur les personnes âgées a été publié en septembre 2020. Au sujet de la politique concernant les personnes en situation de handicap, le Conseil des États a adopté un postulat Maret demandant d'investiguer les possibilités d'attribuer aux proches aidants une allocation perte de gain, notamment lors de la situation sanitaire particulière liée au coronavirus.

Pandémie mondiale oblige, les débats sociétaux ont beaucoup tourné autour des mesures prises pour contrer la propagation du virus. Les milieux défenseurs du droit d'asile ont notamment dénoncé les conditions de vie des personnes requérantes logées dans des centres. Il a également beaucoup été question de la possible augmentation des violences domestiques, provoquée par les mesures de confinement. Pour les familles avec enfants, la prise en charge de ceux en dehors du foyer a été au centre de beaucoup de discussions. Cette question des conséquences, parfois inégales sur les différents groupes sociaux, des mesures sanitaires ont trouvé un écho au Parlement. Deux postulats, déposés par les socialistes Tamara Funiciello et Schneider Schüttel demandaient l'examen de ces effets, respectivement sur les groupes sociaux minorisés et sur les femmes en particulier. Les deux textes ont été combattus par l'UDC et refusé par le Conseil national.

Rétrospective annuelle 2020: Groupes sociaux
Dossier: Jahresrückblick 2020