Suche zurücksetzen

Inhalte

Akteure

  • Chiesa, Marco (svp/udc, TI) NR/CN
  • Cassis, Ignazio (fdp/plr, TI) NR/CN

Prozesse

69 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Im Juni 2022 schrieb der Nationalrat ein Postulat Chiesa (svp, TI) zur Frage der Marktzutrittsbedingungen in der Schweiz und ihren Nachbarländern unter dem Aspekt der Gegenseitigkeit stillschweigend ab. Der Bundesrat hatte das Postulat mit einem entsprechenden, im Vorjahr vorgelegten Bericht als erfüllt erachtet und daher dessen Abschreibung beantragt.

Rapport sur les conditions d'accès au marché entre la Suisse et les Etats limitrophes dans une perspective de réciprocité (Po. 17.3137)

Weil der Ständerat die Publikation der Postadresse von Parlamentsmitgliedern beibehalten wollte, hatte er eine Differenz in der Vorlage geschaffen, mit der die Veröffentlichung zusätzlicher Staatsangehörigkeiten von Parlaments- und Regierungsmitgliedern bezweckt wurde. Marianne Streiff-Feller (evp, BE) erklärte im Namen der SPK-NR, dass diese einen Kompromiss ausgearbeitet habe. Der Ständerat habe geltend gemacht, dass Parlamentsmitglieder erreichbar sein müssten, weshalb die Veröffentlichung der Postanschrift nötig sei. Die SPK-NR habe eigentlich nur die E-Mail-Adresse veröffentlichen wollen, auch weil damit der Schutz von «Menschen, die sich öffentlich engagieren» erhöht werden könne. Als Kompromiss könne ein Parlamentsmitglied wählen, ob die Kurzbiographie mit postalischer oder elektronischer Adresse versehen werden soll. Eine Kommissionsminderheit sehe nicht ein, weshalb das ursprüngliche Anliegen der parlamentarischen Initiative von Marco Chiesa (svp, TI) erweitert werden müsse. Es bestehe heute schon die Möglichkeit, auf die Publikation der Postadresse zu verzichten. Der Minderheitensprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) ergänzte, dass man wegen dieses Details den Ständerat nicht noch einmal bemühen müsse und einfach die Version der Kantonskammer übernehmen solle. Die Mehrheit der grossen Kammer folgte allerdings der Kommissionsmehrheit und stimmte der mit dem Kompromissvorschlag ergänzten Vorlage mit 112 zu 89 Stimmen zu (2 Enthaltungen). Die Argumente der Minderheit wurde von der Mehrheit der Mitte-Fraktion und der geschlossenen SVP-Fraktion unterstützt.

Der Ständerat behandelte die Vorlage ebenfalls noch in der Wintersession 2021, wo sie für keinerlei Diskussionsbedarf sorgte und mit dem Kompromissvorschlag angenommen wurde.
Bei den Schlussabstimmungen passierte die Vorlage den Nationalrat mit 126 zu 67 Stimmen (keine Enthaltung) und den Ständerat mit 29 zu 12 Stimmen (1 Enthaltung). In beiden Kammern stimmte jeweils die Ratslinke gegen den Beschluss. Die Forderung, dass Parlamentsmitglieder ihre Staatsangehörigkeiten ausweisen müssen, war bei der Ratslinken seit Beginn der Diskussionen auf Ablehnung gestossen.

Staatsangehörigkeit transparent machen (Pa.Iv. 18.406)

Ende November legte die SPK-NR ihren Entwurf zur Revision der Parlamentsverordnung vor, mit der die Staatsangehörigkeit von Parlamentsmitgliedern transparent gemacht werden soll. Die auf eine parlamentarische Initiative Chiesa (svp, TI) zurückgehende Idee sieht vor, dass die im Internet veröffentlichten Kurzbiographien aller Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit allfälligen Doppelbürgerschaften ergänzt werden sollen. Alle Ratsmitglieder müssen bisher bei Amtsantritt Angaben zu Bürger- und Wohnort machen. Neu soll hier auch angegeben werden, wenn eine Person mehrere Staatsbürgerschaften aufweist. Die SPK-NR hatte sich entschlossen, den Vorstoss als Verordnung umzusetzen und ihn überdies nicht in die Vernehmlassung zu schicken, da es sich vorwiegend um Fragen der Organisation der Bundesbehörden handle. Die Kommission empfahl die Vorlage mit 14 zu 8 Stimmen (2 Enthaltungen) zur Annahme. Die Kommissionsmehrheit erhoffte sich davon mehr Transparenz. Eine Doppelbürgerschaft sei eine Angabe, die für Bürgerinnen und Bürger von Interesse sei, weshalb sie darüber informiert werden müssten, begründete die Mehrheit ihre Position. Eine rot-grüne Kommissionsminderheit wollte hingegen nicht auf die Vorlage eintreten, da sie auf der falschen Annahme beruhe, dass Parlamentsmitglieder mit mehreren Staatsangehörigkeiten Illoyalität gegenüber der Schweiz zeigen könnten. Eine zweite, rechtsbürgerliche Kommissionsminderheit beantragte, dass die Deklarationspflicht auch auf Mitglieder des Bundesrats ausgeweitet werden soll. Die Diskussion von Doppelbürgerschaften von Magistratspersonen war bei der Wahl von Ignazio Cassis ziemlich virulent geführt worden.

Staatsangehörigkeit transparent machen (Pa.Iv. 18.406)

Im Januar 2020 verabschiedete der Bundesrat die Aussenpolitische Strategie 2020-2023, die jeweils die Vorgaben der bundesrätlichen Legislaturplanung ausformuliert. Im Aussenpolitischen Bericht 2019, der die Strategie 2016-2019 evaluierte, zeigte sich, dass vor allem in Bezug auf die Kohärenz zwischen Innen- und Aussenpolitik noch Handlungsbedarf bestand. Die angestrebte Kohärenz solle durch vertikale Kooperation (lokal, kantonal, national, bilateral) und horizontale Kooperation zwischen Departementen, Bundesstellen und dem Parlament erreicht werden. Als Orientierungshilfen dienten dazu die Bundesverfassung, die Legislaturplanung sowie die UNO-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Um die Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit der Schweizer Aussenpolitik zu erhöhen, erarbeitete das EDA die Strategie 2020-2023 daher erstmals im Rahmen eines departementsübergreifenden Prozesses.
Thematisch setzte der Bundesrat vier Schwerpunkte: Frieden und Sicherheit, Wohlstand, Nachhaltigkeit sowie Digitalisierung. Ein besonderer Fokus sollte, wie schon in der letzten Aussenpolitischen Strategie, auf die Region Europa/EU gelegt werden.
Frieden und Sicherheit bilden altbekannte Ziele der Schweizer Aussenpolitik. Diese wolle man in der anstehenden Legislatur insbesondere durch die mögliche Wahl als nichtständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat fördern. Das Profil der Schweiz als Vermittlerin ohne versteckte Agenda solle weiterhin geschärft werden, denn gerade in humanitären und völkerrechtlichen Fragen verfüge die Schweiz mit Genf über einen weltweit anerkannten Hub.
Die Schweizer Aussenpolitik setze sich gemäss Strategie insofern für den Wohlstand des Landes ein, als sie für günstige Rahmenbedingungen auf bilateraler wie auch multilateraler Ebene sorge. Im Fall der EU soll dies durch den Abschluss des institutionellen Abkommens gewährleistet werden. Man setze sich jedoch auch weiterhin für den Wohlstand anderer Länder ein, indem beispielsweise der Marktzugang von Entwicklungsländern begünstigt werde.
Nachhaltigkeit beziehe sich einerseits auf einen schonenden Umgang mit Ressourcen sowie die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, andererseits auch auf den Schutz der Bevölkerung durch wirksame nationale Gesundheitssysteme. Auch das gefährdete Kulturerbe wolle man schützen, unter anderem durch die Teilnahme an diversen EU-Programmen sowie durch die Mitgliedschaft im UNESCO-Exekutivrat von 2019 bis 2023.
Der Bundesrat sieht die Schweiz zudem als Brückenbauerin im Bereich der Digitalisierung. Es bedürfe einer globalen Digitalisierungspolitik, um die soziale und wirtschaftliche Entwicklung fördern zu können. Auch hier solle Genf als Zentrum einer globalen Digital- und Technologiepolitik eine tragende Rolle zukommen. Bestehende Foren sollen daher ausgebaut werden. Überdies besässe die Schweiz bereits Know-How in der internationalen Vertrauensbildung und könne dies auch im Cyberraum zur Anwendung bringen; beispielsweise, wenn es um die Anwendung des Völkerrechts oder um die Klärung von Zuständigkeiten im Netz gehe. Die Interessenwahrung in der Beziehung Schweiz-EU sei nach wie vor Kernbestandteil der Schweizer Aussenpolitik. Bilaterale Abkommen wie das institutionelle Rahmenabkommen und andere, sektorielle Abkommen sollen auch weiterhin als Hauptinstrument dienen. Dazu gehöre auch die fortgesetzte Assoziierung an Schengen/Dublin. Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU gelte es zudem, im Rahmen der «Mind the Gap»-Strategie die bilateralen Beziehungen mit Grossbritannien aufrecht zu erhalten. Im Nahen Osten setze man sich weiterhin für die Achtung des Völkerrechts und der Menschenrechte ein, während man mit Ländern wie Russland und der Türkei im Dialog stehe, um die Bevölkerung in Konfliktregionen zu unterstützen. Eher wirtschaftliche Interessen verfolge die Schweiz in China, wo man sich für die Teilnahme von Schweizer Unternehmen an der Belt and Road-Initiative stark mache, und in den USA, wo der Fokus auf der Vertiefung der bereits sehr engen wirtschaftlichen Beziehungen liege. Längerfristig dürfte der Abschluss eines Freihandelsabkommens mit den USA in den Vordergrund rücken.
Die NZZ beobachtete, dass die wachsende Bedeutung Chinas – unter anderem für die Schweiz – auch dem EDA nicht entgangen zu sein schien. So zählte die NZZ im vergangenen aussenpolitischen Bericht bloss zwei Erwähnungen des Landes, während es in der Strategie 2020-2023 bereits 19 Nennungen waren. Die Beziehungen zu China seien jedoch von «Knackpunkten» geprägt, so die Zeitung weiter. Differenzen in Menschenrechtsfragen, den politischen Systemen und den sicherheitspolitischen Strategien dürften zu Interessenkonflikten führen. Zudem bemühten sich linke Kreise gemäss NZZ darum, das Freihandelsabkommen mit China zu sistieren, bis sich die Menschenrechtslage in Xinjiang verbessere. Die detaillierte Ausarbeitung der Chinastrategie erfolge erst zu einem späteren Zeitpunkt, liess Bundesrat Cassis gegenüber den Medien verlauten.

Aussenpolitische Strategie 2020-2023
Dossier: Aussenpolitische Strategien

Da eine parallele Behandlung der parlamentarischen Initiative Chiesa (svp, TI) für eine Verdoppelung des Maximalabzugs für Krankenkassenprämien bei der direkten Bundessteuer mit der bundesrätlichen Vorlage zur Motion Grin (svp, VD; Mo. 17.3171), die dasselbe Anliegen verfolgte, nicht sinnvoll sei, sprach sich die SGK-SR mit 9 zu 3 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gegen die parlamentarische Initiative aus.

Abzug für Krankenkassenprämien erhöhen und so an die Realität anpassen (Pa.Iv. 17.520)
Dossier: Abzug der Krankenkassenprämien von den direkten Bundessteuern (seit 2002)

Lors des élections fédérales de 2019, 9 personnes se sont portées candidates pour le Conseil des États dans le canton du Tessin. Parmi celles-ci, on a retrouvé le sortant Filippo Lombardi (pdc), considéré comme un poids-lourd de la politique fédérale. Sénateur depuis 1999, le président du groupe PDC depuis 2014, a brigué un sixième mandat. Pour cela, il a bénéficié une seconde fois d'une dérogation accordée par la section cantonale du parti. En revanche, son collègue Fabio Abate (plr) a renoncé à se représenter. Après avoir siégé onze ans au Conseil national, il avait succédé à Dick Marty (plr) à la chambre haute en 2011. En réponse aux questions du Corriere del Ticino, il s'est défendu de partir trop tôt, arguant que «ça n'est jamais le bon moment pour partir: plus on avance, plus on peut justifier sa présence dans une assemblée par l'expérience. Mais plus on reste, plus on acquiert de l'expérience». Après deux législatures, il a donc estimé qu'il était temps de laisser la place à d'autres. Pour défendre le siège PLR, le conseiller national Giovanni Merlini est monté au front. Celui-ci a décidé de se présenter uniquement aux États, assumant le risque d'être exclu de la politique fédérale en cas de revers. Le siège laissé vacant par Abate a aussi attisé l'appétit des autres formations politiques. Après avoir échoué à moins de 2000 voix d'Abate lors du deuxième tour de 2015, le candidat de la Lega Battista Ghiggia est reparti au combat pour ces élections fédérales, sur un ticket commun avec l'UDC Marco Chiesa. Le vice-président du parti suisse a visé la chambre haute en plus de sa candidature pour le national. La donne était similaire à gauche: la conseillère nationale socialiste Marina Carobbio Guscetti était candidate en duo avec la verte Greta Gysin. L'accord entre socialistes et vert.e.s, renforcé encore par le parti communiste et le mouvement Forum alternatif, nourrissait l'ambition de faire entrer une femme progressiste à la chambre de réflexion. Cette collaboration entre forces de gauche s'est articulée autour de sept thèmes politiques spécifiques tels que la lutte contre les inégalités de genre et de salaire, la lutte contre le réchauffement climatique, la nécessité d'une assurance-maladie publique et unique ou encore la lutte contre la concurrence fiscale. Présidente du Conseil national en 2019, Marina Carobbio Guscetti pouvait espérer profiter de la visibilité et de l'attention que la presse lui avait accordé pour bousculer le tandem PLR-PDC. Autant à gauche qu'à droite, il avait été convenu que le candidat ou la candidate avec le meilleur score au premier tour bénéficierait du plein soutien de l'alliance en vue du second tour, alors que l'autre candidat.e se retirerait. En raison des unions sacrées des deux côtés de l'échiquier politique, les partis bourgeois ont adapté leur stratégie. Rivaux depuis des décennies au sud des Alpes, le PDC et le PLR ont cette fois conclu une alliance qualifiée d'«Interessenhochzeit» (mariage d'intérêt) par la NZZ. Cette alliance a suscité quelques résistances au sein des partis, où l'on se posait des questions sur la compatibilité entre le PLR laïque et proche du patronat, et le PDC catholique-conservateur, défendant traditionnellement les intérêts des travailleurs et travailleuses. Au risque de fâcher la base des partis, il a été rétorqué que l'alliance existe déjà dans de nombreux autres cantons et fonctionne parfaitement. Les trois autres candidat.e.s pour la chambre de réflexion étaient Werner Nussbaumer (lega verde), Germano Mattei (montagna viva) et Xenia Peran (lega verde).
Durant les débats organisés par le Corriere del Ticino, Marco Chiesa a dénoncé la libre-circulation qui met, selon lui, le marché du travail sous pression. En outre, il s'est accordé avec Marina Carobbio Guscetti sur la nécessité de lutter contre les violences envers les femmes. La colistière de Carobbio Guscetti, Greta Gysin, a débattu de politique climatique avec Giovanni Merlini. Si tous deux étaient convaincus de la nécessité d'agir, les outils privilégiés pour parvenir à limiter le réchauffement climatique différaient. Alors que le candidat PLR a prôné l'utilisation d'incitations pour réduire l'impact climatique du parc immobilier suisse, l'ex-députée verte au Grand Conseil a elle souligné la nécessité de mettre en place des mesures certes impopulaires, mais nécessaires pour rattraper les années d'inaction du corps politique. Enfin, Battista Ghiggia et Filippo Lombardi ont notamment croisé le fer au sujet de l'accord-cadre institutionnel. Conformément à la ligne de la Lega, Ghiggia l'a qualifié d'inacceptable et de dommageable pour la Confédération. Durant la campagne, l'avocat a fait l'objet de nombreuses critiques pour avoir engagé il y a quelques années une secrétaire frontalière, alors que son parti prône la préférence indigène à l'embauche, qui constitue une manière de procéder difficilement acceptable du point de vue de l'UE. Ghiggia a justifié cela par les compétences spécifiques requises pour le poste. Filippo Lombardi a alors fait remarquer que de nombreux employeurs pourraient user de la même argumentation. Le sénateur sortant a lui soutenu la position du Conseil fédéral sur l'accord-cadre, soulignant l'importance du commerce avec l'UE pour la Suisse.

Au premier tour, Filippo Lombardi a terminé en tête avec 34'380 suffrages. Non loin derrière ont suivi Marco Chiesa (32'654 voix), Giovanni Merlini (30'400 voix) et Marina Carobbio Guscetti (30'295 voix). Greta Gysin (22'049 voix) et Battista Ghiggia (20'615 voix) ont été décrochés du wagon du tête, alors que les trois dernier.ère.s candidat.e.s ne sont pas parvenus à dépasser les 3'000 bulletins. Conformément à la stratégie pré-établie, Gysin et Ghiggia se sont retiré.e.s, laissant le soutien total de leurs formations à Carobbio Guscetti et Chiesa en vue du second tour. Celui-ci s'annonçait ouvert: la pression était principalement sur les épaules de Giovanni Merlini. S'il venait à échouer, ce serait la première fois depuis 1848 et la création de l'État fédéral que le PLR tessinois ne compterait pas de représentant à la chambre des cantons. Celui qui a été surnommé «le lord anglais», en raison de son manque de proximité avec le peuple selon le Tages Anzeiger, n'avait pas su profiter de l'alliance avec le PDC au premier tour. Malgré son premier rang, Filippo Lombardi ne semblait pas non plus à l'abri d'une mauvaise surprise. En revanche, Chiesa et Carobbio Guscetti, déjà assuré.e.s d'être réélu.e.s à la chambre du peuple, espéraient surfer sur leur succès. Pour Carobbio Guscetti en particulier, il s'agissait de devenir la première femme tessinoise à siéger aux États. Alors que la participation au premier tour s'était élevé à 49 pour cent à peine, la mobilisation a été l'un des enjeux principaux du second tour.

C'est finalement un tremblement de terre politique qui s'est produit en Suisse italophone lors du second tour: Marco Chiesa et Marina Carobbio Guscetti ont été élu.e.s, éjectant de facto le PDC et le PLR du Conseil des États. Marco Chiesa a récolté 42'548 voix, pour terminer confortablement en tête du scrutin. Entre Carobbio Guscetti et Lombardi, cela s'est joué à quelques bulletins près: 45 voix exactement ont séparé les deux candidat.e.s. Avec 33'278 voix, Merlini n'a pas eu voix au chapitre. Pour expliquer ce revers historique des partis bourgeois, l'alliance, considérée comme un faux-pas, a été mise en avant. Le manque de soutien mutuel entre les deux candidats aurait également été un facteur décisif. Mais ce vote a surtout montré le changement souhaité par la population tessinoise, poussant vers la sortie un pilier historique du parlement et de la politique tessinoise. Filippo Lombardi s'est montré beau perdant, rappelant qu'en tant que politicien, il faut vivre avec le risque d'une non-réélection. Il a néanmoins regretté la polarisation du paysage politique provoquée par la perte du siège du centre. L'omniprésence de la thématique du marché du travail, en particulier du traitement des frontalier.ère.s, a probablement porté préjudice à Lombardi et Merlini. Au contraire, Chiesa et Carobbio en ont profité, bien que préconisant des remèdes différents. La participation s'est montée à 47 pour cent pour ce deuxième tour.

Election Conseil des Etats 2019 – Tessin
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2019 (nach Kantonen)
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

En vue des élections fédérales dans le canton du Tessin, 150 candidatures et 23 listes ont été déposées pour le Conseil national. Ces chiffres ont dépassé le record de 2015, quand 122 personnes s'étaient portées candidates sur 18 listes (68 candidatures et 11 listes en 2011). Avec 54 candidates, la part des femmes s'est élevée à 36 pour cent de l'ensemble des candidatures (26.2% en 2015). En outre, 17 des 23 listes émanaient des principaux partis, à savoir le PLR, la Lega, le PDC, le PS, l'UDC et les Vert.e.s. L'une des raisons pour cette augmentation résidait dans l'assouplissement des exigences fédérales en matière de soumission des candidatures et des listes. Grâce à une modification de la loi fédérale sur les droits politiques (LDP), les partis ont été, pour la première fois, exemptés de collecter des signatures pour présenter plusieurs listes. Ils devaient cependant être enregistrés auprès de la Chancellerie fédérale, représentés au Conseil national et avoir obtenu au moins 3 pour cent des voix dans leur canton lors des dernières élections. Auparavant, les partis n'étaient exemptés de la récolte de signatures seulement s'ils ne présentaient qu'une liste. Cette hausse s'est également observée ailleurs en Suisse.
Pour la première fois dans l'histoire du canton, trois grands blocs se sont fait face lors de l'élection au Conseil national. Comme en 2015, sur la droite de l'échiquier politique, la Lega dei ticinesi et l'UDC ont conclu une alliance. Au centre, un grand regroupement entre le PLR, le PDC et le PVL a vu le jour. Enfin, les Vert.e.s et le PS se sont apparentés à gauche, alors qu'en 2015, ils s'étaient lancés séparément dans la bataille. Un article du Corriere del Ticino a mis en évidence l'importance que peuvent revêtir les apparentements: en 2015, plus d'un dixième des parlementaires Suisse auraient été élus grâce à ceux-ci, principalement des socialistes et des démocrates-chrétien.ne.s. À l'inverse, l'UDC a elle été le plus souvent désavantagée par ces alliances. Sans elles, le parti agrarien aurait possédé 35 pour cent des sièges lors de la dernière législature, alors qu'il en a effectivement obtenu 32.5 pour cent.
Dans le canton du Tessin, de nombreux scénarios étaient envisageables. L'alliance entre PLR et PDC, pourtant adversaires historiques dans le canton du sud des Alpes, était principalement due à la crainte de perdre des plumes face aux blocs unis formés à droite et à gauche. Entre 2015 et 2019, les deux partis bourgeois ont partagé quatre des huit sièges tessinois, et ils espéraient bien sûr rester au même niveau pour la législature suivante. Pour le PLR, le danger était d'autant plus réel que le parti devait faire sans le sortant Giovanni Merlini pour défendre ses deux sièges. Celui-ci s'est en effet exclusivement présenté au Conseil des États, où il a visé la succession de son camarade Fabio Abate (plr), qui a décidé de se retirer de la politique fédérale. Ainsi, Rocco Cattaneo (plr), arrivé dans la Berne fédérale en cours de législature, à la suite de l'élection d'Ignazio Cassis au Conseil fédéral, était le seul sortant PLR. Du côté du PDC, les conseillers nationaux Fabio Regazzi et Marco Romano, élus depuis 2011, se sont présentés pour un nouveau mandat.
À gauche, l'objectif était de conquérir un deuxième siège. Chez les socialistes, Marina Carobbio Guscetti, au national depuis 2007, était également candidate à la chambre haute. Grâce à son statut de présidente du Conseil national, la présidente de l'association suisse des locataires (ASLOCA) a été très en vue dans la presse au cours de l'année 2019, ce qui pouvait jouer en sa faveur. À ses côtés, on retrouvait notamment Franco Cavalli, qui s'est présenté sous les couleurs du ForumAlternatif, sur une liste commune avec les Vert.e.s. L'oncologue de renommée internationale avait déjà siégé au national, entre 1995 et 2007, sous la bannière socialiste. Les Vert.e.s et la gauche alternative ont également compté parmi leurs rangs l'ancienne députée au Grand Conseil Greta Gysin, qui s'est portée candidate pour les deux chambres. Enfin, la droite avait pour but de maintenir ses trois sièges. Élu depuis 2015, le vice-président de l'UDC Marco Chiesa était également candidat aux États. Du côté de la Lega, deuxième formation du canton en 2015, les député.e.s Roberta Pantani et Lorenzo Quadri, qui siégeaient tous deux depuis 2011 à Berne, ont brigué un nouveau mandat. Pour la «Ligue des Tessinois», il était important d'envoyer à Berne des représentantes et représentants capables de défendre les intérêts du canton, notamment en termes de relations internationales, a précisé le parti nationaliste. Celui-ci a notamment réitéré son discours sur la préférence indigène à l'embauche, souhaitant une application stricte de celle-ci, contrairement à ce qui a été mis en place suite à l'initiative contre l'immigration de masse.

Avec une participation de 49.8 pour cent (-4.6pp par rapport à 2015), le principal enseignement de l'élection a été la perte d'un siège à droite, qui a basculé dans le sérail de la gauche. En récoltant 12.1 pour cent des voix (+8.6pp par rapport à 2015), les vert.e.s ont réalisé un spectaculaire bond en avant qui leur a permis de ravir un fauteuil. Celui-ci est revenu à Greta Gysin, élue avec 19'952 suffrages. Avec 14.1 pour cent (-1.8pp), le PS a conservé son siège. Portée par la vague verte qui a déferlé dans toute la Suisse et n'a pas épargné le sud des Alpes, l'alliance de gauche a été un succès. La Lega a fait les frais de ce dernier: avec 16.9 pour cent des voix (-4.8pp), elle a dû céder un mandat. Roberta Pantani (21'414 voix) s'est fait devancer par Lorenzo Quadri (23'068 voix) et ne retournera pas sous la coupole pour la prochaine législature. En légère progression (11.7%, +0.4pp), l'UDC a conservé son siège. Celui-ci est revenu à Piero Marchesi (12'315 voix), car Marco Chiesa, mieux élu avec 18'900 suffrages, a accédé au Conseil des États. De la même manière, le siège socialiste sera occupé par Bruno Storni (13'737 voix), après que Marina Carobbio Guscetti (22'996 voix) a été élue à la chambre haute.
Même si le PLR a enregistré un recul de 3.2pp, le parti a conservé son statut de première force du canton avec 20.5 pour cent des voix. Le chef du groupe PLR au Grand Conseil, Alex Farinelli, en recueillant 30'036 voix, s'est non seulement offert le luxe de se placer devant son collège Rocco Cattaneo (26'285 voix), mais aussi de devenir le candidat le mieux élu du canton. Les deux sortants PDC ont également été reconduits pour une législature. Fabio Regazzi a récolté 24'989 voix, alors que 24'520 bulletins portaient le nom de Marco Romano. Le PDC, comme son allié PLR, a enregistré un recul de 1.9pp pour s'établir à 18.2 pour cent. Les autres formations ont à peine dépassé 1 pour cent des voix. Pour la 51ème législature, la délégation tessinoise au Conseil national sera donc composée de 2 PLR, 2 PDC, 1 PS, 1 Verte, 1 UDC et 1 membre de la Lega. Seule femme tessinoise au national, Greta Gysin sera accompagnée à Berne par Marina Carobbio Guscetti au Sénat.

Election Conseil national 2019 – Tessin
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

«Viel Kritik und wenige Ergebnisse» fasste Marco Chiesa (svp, TI) die Begründung für sein Postulat zusammen, das vom Bundesrat einen Bericht über die Effizienz der Bundesanwaltschaft verlangte. Seit 17 Jahren sei die Bundesanwaltschaft nun mit neuen Kompetenzen ausgestattet. Es habe während dieser Zeit nicht nur vier verschiedene Bundesanwälte gegeben, bei denen jeweils heftige Kritik angebracht worden sei, sondern es hätten auch zahlreiche Reorganisationen stattgefunden und es seien hohe Abgangsentschädigungen bezahlt worden. Wenig habe man hingegen von der eigentlichen Tätigkeit der Bundesanwaltschaft gesehen, nämlich erfolgreiche Untersuchungen im Bereich Terrorismus und kriminelle Organisationen.
Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) nahm Stellung zum Vorstoss und empfahl das Postulat zur Annahme, damit in einem wissenschaftlichen Bericht abgeklärt werden könne, ob sich die Bundesgerichtsbarkeit bewährt habe. Der Nationalrat nahm das Postulat stillschweigend an.

Effizienz der Bundesanwaltschaft

La motion Cassis a été classée par les deux chambres. Le Conseil fédéral a, en effet, modifié l'ordonnance sur les exigences relatives aux médicaments afin que soit indiquée sur les emballages des médicaments la présence d'ingrédients pouvant provoquer des allergies (lactose, gluten, etc).

Laktosefrei. Mit einem Wort hilft man mehr als einer Million Menschen in der Schweiz

Selon Marco Chiesa (udc, TI), depuis le Tessin, nombreux sont ceux qui considèrent que l’accès au marché indigène pour les entreprises européennes est plus aisé que l’accès au marché italien pour les entreprises suisses. Il demande donc un rapport du Conseil fédéral sur les conditions d’accès au marché entre la Suisse et les États limitrophes dans une perspective de réciprocité. Un tel rapport permettrait de mettre en perspective les conditions d’accès aux marchés et de déterminer la véracité de l’impression susmentionnées.
De son côté, le Conseil fédéral propose de rejeter le postulat. Tout d’abord, il explique que le principe de réciprocité n’implique pas des conditions d’accès similaires d’un marché à l’autre, mais un traitement égalitaire de toutes les entreprises pour l'accès au même marché. Il précise donc que si des différences existent entre la Suisse et l’Italie, elles sont peut-être dues uniquement au système administratif de ces deux espaces économiques, et ne provoquent pas nécessairement une discrimination. Ensuite, il rappelle que le Conseil fédéral publie chaque année un rapport sur le commerce extérieur qui traite des conditions d’accès aux marchés.
Le Conseil national a adopté le postulat par 128 voix contre 56. Le camp bourgeois a imposé sa volonté.

Rapport sur les conditions d'accès au marché entre la Suisse et les Etats limitrophes dans une perspective de réciprocité (Po. 17.3137)

Im September 2017 reichte Marco Chiesa (svp, TI) eine Motion für eine Reduktion der steuerlichen Doppelbelastung durch eine Schaffung von Möglichkeiten zur Senkung der Vermögenssteuer ein. Er störte sich daran, dass das Kapital eines Unternehmens vom Unternehmen selbst sowie von den Beteiligungsinhaberinnen und -inhabern als Vermögen versteuert werden muss. Nachdem sich der Bund im Bereich der Gewinnsteuer bereits für eine Milderung der Doppelbelastung ausgesprochen habe, sollen die Kantone nun im StHG die Möglichkeit erhalten, die Vermögenssteuern bei Beteiligungen von mindestens 10 Prozent am Aktienkapital einer Aktiengesellschaft oder am Genossenschaftskapital einer Genossenschaft zu senken.
Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung, da «eine allfällige Korrektur der wirtschaftlichen Doppelbelastung auf Unternehmensebene bei der Kapitalsteuer ansetzen sollte», da diese nicht dazu führt, dass Gewinne zurückbehalten werden und dadurch in reifen Unternehmen mit geringem Wachstum verbleiben, sondern stattdessen ausbezahlt werden und in jüngere, wachstumsträchtigere Unternehmen mit hohem Investitionsbedarf investiert werden können. Zudem würden gerade die Vermögenswerte der vom Motionär erwähnten Unternehmen üblicherweise eher unterbewertet – sie seien daher also eher weniger stark von der Problematik der Doppelbelastung betroffen. Überdies habe das Bundesgericht entschieden (BGE 136 I 65, E. 5.5), dass ein 10-Prozent-Qualifikationskriterium gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Belastungsgleichheit verstosse. Schliesslich hätten sich die Kantone im Rahmen der USR III gegen die Möglichkeit, auf die Erhebung der Kapitalsteuer verzichten zu können, gewehrt. Stattdessen würde die wirtschaftliche Doppelbelastung in den Kantonen bereits heute zum Beispiel durch Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer oder durch sehr tiefe Kapitalsteuertarife beseitigt.
Diese Argumente überzeugten den Nationalrat in der Frühjahrssession 2019 jedoch nicht; er nahm die Motion mit 101 zu 86 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) an. Anklang fand sie bei den geschlossen stimmenden SVP- und FDP-Fraktionen sowie bei einzelnen Mitgliedern der CVP; dagegen votierten die Mitglieder der übrigen Fraktionen.

Steuerliche Doppelbelastung. Möglichkeit zur Senkung der Vermögenssteuer

Le Conseil des Etats et le Conseil national ont tous deux pris acte du rapport de politique extérieure 2018 au mois de mars 2019. Faisant écho aux objectifs définis dans le cadre de la Stratégie de politique étrangère 2016-2019, le rapport en question dresse un bilan général de l'action portée par la Suisse en termes de politique extérieure durant l'année écoulée. Rapporteur pour la CPE-CE, Didier Berberat (ps, NE) a entre autres évoqué le défi majeur que représente la préservation d'un ordre international basé sur le droit – et ce notamment face à l'imprévisibilité de certains dirigeants politiques, États-Unis et Chine en tête –, les difficultés à concilier politiques économiques et droits de l'homme – à l'exemple des relations établies avec la Chine dans le contexte de la mise en œuvre de l’initiative des nouvelles routes de la soie –, le rôle crucial des bons offices offerts par la Suisse en faveur de la promotion de la paix ainsi que les réformes prévues par la Stratégie de politique extérieure 2020-2023 quant à l'organisation du personnel diplomatique. En matière de développement, l'intérêt apporté par la Confédération à l'Agenda 2030 de l'ONU pour le développement durable a également été salué. Sans surprise, le rapport présenté aux chambres accordait également une place de choix à la question européenne, et plus particulièrement aux préoccupations relatives au Brexit et aux relations Suisse-UE. Tel que formulé par Claude Béglé (pdc, VD), rapporteur pour la CPE-CN, «la question centrale a été, et est encore, celle de l'accord-cadre institutionnel entre la Suisse et l'Union européenne», condition sine qua non pour l'accès de la Suisse au marché européen.
Alors qu'au Conseil des États, le rapport de politique extérieure 2018 n'a suscité aucun commentaire ou presque, au Conseil national, les interventions se sont succédées à la tribune. Roger Köppel (udc, ZH) a exprimé tout le mal qu'il pensait de l'accord cadre avec l'UE. Carlo Sommaruga (ps, GE) a interrogé le conseiller fédéral Ignazio Cassis quant aux raisons de la diminution du crédit-cadre pour la Suisse comme État-hôte et dénoncé le refus du DFAE de mettre en œuvre sa motion en faveur de la ratification du traité sur l'interdiction des armes nucléaires. Prenant pour exemple le manque d'initiative de la part du gouvernement helvétique quant au conflit israélo-palestinien ou à la guerre civile faisant rage au Yémen, Denis de la Reussille (pst, NE) a, au nom du groupe des Verts, déploré que l'orientation du rapport soit, de manière générale, centrée uniquement sur les échanges commerciaux et économiques, et ce notamment aux dépens du respect des droits humains.

Rapport de politique extérieure 2018
Dossier: Aussenpolitische Berichte (ab 2009)

Im März 2019 lehnte der Nationalrat mit 119 zu 66 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) diskussionslos eine Motion von Nationalrat Chiesa (svp, TI) ab, welche die Erhöhung von Bussen für das unerlaubte Besetzen von Parkplätzen für gehbehinderte Personen verlangte.

Parkplätze für gehbehinderte Personen

Im Dezember 2017 wollte Marco Chiesa (svp, TI) mittels einer parlamentarischen Initiative erreichen, dass der Maximalabzug für Krankenkassenprämien bei der direkten Bundessteuer von CHF 3'500 (Ehepaare), CHF 1'700 (übrige Steuerpflichtige) und CHF 700 (Kinder) auf CHF 7'000 (Ehepaare), CHF 3'500 (übrige Steuerpflichtige) und CHF 1'000 (Kinder) annähernd verdoppelt wird. Da die Krankenkassenprämien in den letzten Jahren stark angestiegen seien – im Tessin zum Beispiel gemäss einer Studie der Fachhochschule der italienischen Schweiz (Supsi) um 64 Prozent, wodurch sie für eine Person bei CHF 3'700 lägen –, würden sie den in der direkten Bundessteuer gewährten Maximalabzug in vielen Fällen übersteigen. Im Februar 2019 gab die SGK-NR der Initiative mit 15 zu 7 Stimmen Folge. Die zunehmende Belastung des Mittelstandes müsse abgefedert werden, argumentierte die Kommission in ihrer Medienmitteilung. Eine Kommissionsminderheit kritisierte, dass von einer solchen Regelung Personen mit höherem Einkommen überproportional profitieren würden.

Abzug für Krankenkassenprämien erhöhen und so an die Realität anpassen (Pa.Iv. 17.520)
Dossier: Abzug der Krankenkassenprämien von den direkten Bundessteuern (seit 2002)

Die Mehrheiten beider Staatspolitischen Kommissionen (SPK-NR und SPK-SR) gaben der parlamentarischen Initiative Chiesa (svp, TI) Folge. Der Tessiner Volksparteivertreter will mit seiner Forderung die Staatsangehörigkeit von Parlamentsmitgliedern transparent machen. Jedes Ratsmitglied müsse gestützt auf das Parlamentsgesetz die persönlichen Interessenbindungen angeben. Dazu gehörten zwar zahlreiche Arten von Tätigkeiten, bisher aber nicht die Staatsangehörigkeit, die aber ebenfalls Vorteile und Nutzen mit sich bringen könne. Ein Ratsmitglied mit einer Doppelbürgerschaft könne persönliche Interessenbindungen haben, über welche die Bürgerinnen und Bürger informiert werden müssten.
Die SPK-NR stimmte der Initiative mit 15 zu 7 Stimmen zu, die SPK-SR gab ihr mit 6 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge. Um die «Erhöhung der Transparenz» zu erreichen – so die Formulierung der SPK-SR – soll also die SPK-NR eine Ergänzung des Parlamentsrechts ausarbeiten.
Schon im Sommer 2018 hatte eine Recherche der Aargauer Zeitung ergeben, dass im Parlament 19 Doppelbürgerinnen und Doppelbürger sitzen. Acht Ratsmitglieder besitzen auch den italienischen Pass gefolgt von Frankreich (4 Ratsmitglieder). Die meisten Vertreterinnen und Vertreter mit zwei Pässen weisst die SP auf (10). In der SVP- und der GP-Fraktion sitzen je drei Doppelbürgerinnen bzw. Doppelbürger, zwei in der CVP- und einer in der FDP-Fraktion.

Staatsangehörigkeit transparent machen (Pa.Iv. 18.406)

Mit einer parlamentarischen Initiative forderte Marco Chiesa (svp, TI), dass nur Bundesrätin oder Bundesrat werden darf, wer ausschliesslich die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt. Ein Regierungsmitglied müsse der Schweiz stark verbunden sein, argumentierte er. Insbesondere im Falle des Aussenministers oder der Aussenministerin könne eine Doppelbürgerschaft zu Interessenkonflikten führen. Damit dies nicht passiere, müsse die Bundesverfassung geändert werden, um von einem Regierungsmitglied verlangen zu können, dass es die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes ablegt.
Die SPK-NR begründete ihren mit 13 zu 9 Stimmen gefällten Mehrheitsentscheid, der Initiative keine Folge zu geben, mit den rund 20 Prozent in der Schweiz lebenden Doppelbürgerinnen und Doppelbürgern, die – obwohl stimmberechtigt – die Wählbarkeit in die Regierung verlieren würden. Es bestehe kein Anlass, an der Loyalität von Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft zu zweifeln. Würde man der Argumentation der parlamentarischen Initiative konsequent folgen, dann müsste sie für zahlreiche Berufe ausgedehnt werden, die mit der Ausführung staatlicher Hoheitsrechte beauftragt seien (Grenzschützende, Zoll-, Sicherheits- und Migrationsbeamte, etc.).
Die Frage, ob Bundesratsmitglieder Bürgerin oder Bürger mehrerer Staaten sein dürfen, war schon im Rahmen der Bundesratswahl von Ignazio Cassis virulent diskutiert worden und hatte bereits in eine Motion Quadri (lega, TI; Mo. 17.3724) gemündet, die eine ähnliche Stossrichtung verfolgte. Genauso wie die Motion Quadri scheiterte auch die parlamentarische Initiative Chiesa. Diese hatte im Nationalrat keine Chance und wurde mit 125 zu 64 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Lediglich die geschlossene SVP hatte sich für Folge geben ausgesprochen.

Bundesratsamt nur für Schweizer Staatsangehörige

Nachdem die drei Motionen Cassis (fdp, TI; 14.3886), Regazzi (cvp, TI; 14.3872) und de Buman (cvp, FR; 12.3914), die allesamt eine sprachfreundlichere Vergabepraxis bei öffentlichen Aufträgen gefordert hatten, im Sommer 2015 beide Räte erfolgreich passiert hatten, waren sie vom Bundesrat 2017 im Rahmen seiner Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen zur Abschreibung beantragt worden. In der Sommer- bzw. Wintersession 2018 kamen sowohl der National- als auch der Ständerat schliesslich im Rahmen der Beratungen des Beschaffungswesens diesem Antrag nach.

Sprachenfreundlichere Vergabepraxis bei öffentlichen Aufträgen
Dossier: Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen. Totalrevision

Die Doppelvakanz bei den Bundesratsersatzwahlen 2018 liess auch Spekulationen um eine neue Verteilung der Departemente ins Kraut schiessen. «Bundesratskrimi, zweiter Teil», wurden die Diskussionen um eine mögliche sogenannte grosse Rochade etwa in der Aargauer Zeitung betitelt. «Der wirkliche Krimi folgt erst», stimmte auch die NZZ in die Spektakularisierung der Departementsverteilung ein. Vor acht Jahren kam es letztmals dazu, dass gleich vier Departemente nach einer Bundesratsersatzwahl die Chefinnen und Chefs wechselten. Aufgrund der Rücktritte von Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann wurden aktuell das UVEK und das WBF frei. Spekuliert wurde, ob Alain Berset das EDI abgeben wolle. Es wurde ihm in den Medien nachgesagt, dass er schon bei den Ersatzwahlen 2017 gerne ins EDA gewechselt wäre, ihm das damals, kurz vor der Abstimmung über die Reform der Altersvorsorge 2020, aber als Fahnenflucht ausgelegt worden wäre. Dieses Mal, und vor allem nach der Niederlage der Reform an der Urne, würde ein Wechsel mehr Sinn machen – so die Medien. Allerdings würde es dem amtierenden Aussenminister Ignazio Cassis, der als Bersets Nachfolger beim EDI gehandelt wurde, wohl als Schwäche ausgelegt, wenn er das EDA bereits nach einem Jahr und einem schwierigen Start vor allem im Europa-Dossier schon wieder abgeben würde. Alain Berset wurden in den Medien deshalb auch Präferenzen für das EFD nachgesagt. Dieses wurde allerdings seit den Gesamterneuerungswahlen 2015 von Ueli Maurer geführt, der damals vom VBS als erster SVP-Magistrat ins EFD gewechselt war und sich mit den Finanzen sehr wohl zu fühlen schien. Das EFD würde also wohl nur frei, wenn Ueli Maurer zurücktreten würde, war man sich in der Presse einig. Die Frage war, ob sich Alain Berset auch für das WBF oder das UVEK würde erwärmen können. Letzteres schien Simonetta Sommaruga zu reizen. Sie war bei der erwähnten letzten grossen Rochade und ihrer Wahl 2010 wohl eher gegen ihren Willen dem EJPD zugeteilt worden. Als ehemalige Konsumentenschützerin würde sie aber eher ins WBF passen, wobei die bürgerlichen Parteien aber wohl keine Genossin im Wirtschaftsdepartement wollten – so die Medien damals und heute. Sie habe wohl eher ein Auge auf das UVEK geworfen, was wohl auch ganz nach dem Geschmack der SP wäre, urteilte etwa die Aargauer Zeitung. Nach zwei Legislaturen sei der Zeitpunkt für einen Wechsel ideal, befand die Basler Zeitung. Ein offenes Geheimnis war, dass Guy Parmelin nach drei Jahren das VBS abgeben wollte, in dem er einige Male «kläglich aufgelaufen» sei (Aargauer Zeitung). Im WBF oder seinem erklärten Wunschdepartement, dem EDI, würde er sich wohler fühlen, so die Medien, obwohl ihm das «Verlassen einer Baustelle», wie sich Isidor Baumann (cvp, UR) zu Wort meldete, wohl übel genommen würde. Er solle zuerst Nägel mit Köpfen machen, wurde auch im St. Galler Tagblatt gefordert. Würde Parmelins Wechselgelüsten nachgegeben, würde dies wohl aber auch bedeuten, dass zum ersten Mal eine Frau – die neu gewählten Karin Keller-Sutter oder Viola Amherd – Chefin des VBS werden würde. Der «Blick» forderte, dass Karin Keller-Sutter im VBS aufräumen solle. Da es der Wirtschaft gut gehe, spiele es keine Rolle, wer gerade Wirtschaftsminister sei. Parmelin könne sich als Winzer im WBF mit den Bauern herumschlagen. Die Ausgangslage berge auf jeden Fall Konfliktpotenzial, prognostizierte die Aargauer Zeitung.

In der Tat dauerte der «valse à plusieurs temps», wie der Quotidien Jurassien die Verhandlungen um die Besetzung der Departemente nannte, ungewöhnlich lange. Die Leitung der Diskussionen um die Departementsverteilung oblag dem amtierenden Bundespräsidenten Alain Berset. Er sprach nach der ersten Bundesratssitzung, nach der in der Regel die Verteilung bereits bekannt gegeben wird, von einer «ersten Diskussion», die in der darauffolgenden Woche weitergeführt werde. Berset wolle wohl den Fehler von 2010 nicht wiederholen, wo die Departementsverteilung zu einem grossen Krach auch zwischen den Parteien geführt hatte. Zwar kann das Bundesratskollegium per Mehrheitsentscheid beschliessen, wer welchem Departement vorstehen soll, dies wollte Berset aber augenscheinlich vermeiden. Der Noch-Nichtentscheid liess die Medien spekulieren, dass wohl mehrere Bundesratsmitglieder auf das gleiche Departement (WBF) schielten und «niemand scharf auf das VBS» sei, so die Aargauer Zeitung. Der Blick wusste von einem «überraschend heftigen Streit» in dieser ersten Sitzung zu berichten, weil die beiden Neuen selbstbewusst ihre Ansprüche angemeldet hätten. Übers Wochenende wurden die Spekulationen weiter angeheizt: Die SVP liess laut Tages-Anzeiger verlauten, dass nach 23 Jahren, in der das VBS ununterbrochen von der SVP geführt worden sei, eine andere Partei an der Reihe sei. Die FDP argumentierte, dass sie schon das wenig einflussreiche EDA habe und nicht auch noch das VBS haben wolle – so der Tages-Anzeiger weiter. Zudem prognostizierte er, dass das «SVP-/FDP-Powerplay» dazu führen dürfte, dass Viola Amherd wohl ins unbeliebte VBS versetzt würde.

Am Montag gab der Bundesrat dann eine grosse Rochade bekannt. Simonetta Sommaruga wechselte ins UVEK und Guy Parmelin ins WBF. Karin Keller-Sutter übernahm das EJPD und Viola Amherd wurde «erste Frau an der VBS-Spitze» (NZZ). Nach acht Jahren im EJPD sei der richtige Zeitpunkt gekommen, in einem anderen Bereich noch einmal etwas zu bewegen, begründete Simonetta Sommaruga ihren Wechsel. Das VBS gehöre nicht einer einzigen Partei, gab Guy Parmelin den Medien bekannt, er sei zudem nicht der erste Bundesrat, der vor Vollendung des vierten Amtsjahres sein Amt wechsle. Über die Verteilung des VBS und des EJPD wurde laut Bundesratssprecher im Gremium abgestimmt, da beide Neo-Bundesrätinnen das Justiz- und Polizeidepartement präferiert hätten.

In den Medien wurde die Rochade als «misslungener Neustart» (NZZ) beurteilt und als «schwarzer Tag für die Mitte». Die SP und die SVP verfügten nun über Schlüsseldepartemente, während FDP und CVP mit dem VBS und dem EJPD Vorlieb nehmen müssten – so etwa das St. Galler Tagblatt. Es sei ein «merkwürdiger Bundesrat» (Aargauer Zeitung) und eine Rochade, die nicht überzeuge (Tages-Anzeiger), da zwar Konkordanz gepredigt werde, aber schon beim ersten wichtigen Entscheid keine konsensuale Lösung gefunden worden sei. Kritisiert wurde insbesondere Guy Parmelin, der «einer der Hauptverursacher der Missstimmung» sei (Blick) und dem «Fahnenflucht» (Tages-Anzeiger) vorgeworfen wurde. Dass ein SVP-Mann mit den Gewerkschaften einen Kompromiss bei den flankierenden Massnahmen suche, werde wohl schwierig – so die Aargauer Zeitung. Auch der Konflikt zwischen Agrar- und Exportwirtschaft, zwischen Protektionismus und Freihandel, der das WBF präge, werde wohl kaum von einem «ehemaligen Weinbauern» (NZZ) gelöst werden können. In der FDP war der Unmut gross, dass man das wichtige Wirtschaftsdepartement an die SVP abgeben musste. Allerdings wurde auch die erste Verteidigungsministerin gefeiert. Es sei eine Chance dafür, dass das VBS nun im 21. Jahrhundert ankomme, gab etwa CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) den Medien zu Protokoll. Überdies werde die Departementsverteilung wohl überschätzt: «Wer welches Departement führt, interessiert nebst den Politikern nur die Journalisten».

Bundesratsersatzwahlen 2018 – Nachfolge Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Der Bundesrat beantragte die Motion Cassis (fdp, TI) «Frankenstärke. Vereinfachung der Zulassungsverfahren bei Indikationserweiterungen und raschere Verfahren bei Änderungen von Arzneimitteln» zur Abschreibung. Die Forderungen des Geschäfts seien bereits in der Arzneimittelverordnung vom 21. September 2018 realisiert worden, so die Regierung in ihrem Bericht über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2018. In der Folge schrieben beide Parlamentskammern im Juni 2019 das Geschäft ab.

Frankenstärke. Vereinfachung der Zulassungsverfahren bei Indikationserweiterungen und raschere Verfahren bei Änderungen von Arzneimitteln

Olivier Feller (plr,VD) a déposé une initiative parlementaire visant l'extension du champ d'application des conventions collectives de travail, de même teneur que celles de ses collègues Jean-Paul Gschwind (pdc, JU) et Marco Chiesa (udc, TI) (17.407 et 17.408). Les trois parlementaires souhaitent modifier les conditions de l'article 2 de la loi fédérale permettant d'étendre le champ d'application de la convention collective de travail (LECCT) afin de l'adapter aux réalités de l'économie. Dans la pratique, le quorum des employeurs serait difficilement atteignable dans les branches économiques où un grand nombre de micro-entreprises emploient peu de travailleurs. Il propose donc d'autoriser un quorum des employeurs inférieur à 50% à condition que les employeurs concernés emploient une part de travailleurs proportionnellement supérieure à 50%. Toutefois, le quorum des employeurs ne devra pas descendre en dessous de 35%. Pour ne pas contrevenir à la liberté d'association, la décision d'extension ne pourra porter que sur des éléments en rapport avec les conditions de travail comme la rémunération minimale, les contributions aux frais d'exécution, les contrôles paritaires par exemple.
Lors de l'examen préalable, la CER-CN décide par 13 voix contre 11 de donner suite à l'ensemble des initiatives parlementaires sur le sujet. La majorité des membres veut renforcer le partenariat social. Une minorité est d'avis qu'une telle modification mettrait en danger la paix sociale et qu'elle assiérait une domination des grandes entreprises sur les petits établissements.

Extension du champ d'application des conventions collectives de travail (Iv.pa. 17.406, 17.407, 17.408)

Cassis' (fdp, TI) 2015 angenommenes Postulat zum Bürokratieabbau bei der Erfassung der Statistik der sozialmedizinischen Institutionen (Somed) wurde mit dem gleichnamigen Bericht Ende 2017 erfüllt. Der Bundesrat kam jedoch zu einem ernüchternden Ergebnis. Die Absicht des Postulanten könne kaum erfüllt werden, weil die Bedürfnisse von Bund und Kantonen zu unterschiedlich seien. Die Somed-Erhebung verfolge verschiedene Zwecke, einen statistischen Zweck gemäss Bundesstatistikgesetz und einen administrativen Zweck, der aus dem KVG abgeleitet wird. Das KVG gebe demnach auch vor, dass die Datenerfassung durch eine Vollerhebung bewerkstelligt wird. Der Bund ist dabei federführend, wobei die Steuerung und Planung und zu Teilen auch die Finanzierung der Kompetenz der Kantone obliegt. Beteiligt sind auch weitere Partner aus dem Gesundheitswesen, wie beispielsweise der Heimverband Curaviva oder die Versicherer. Da nun einige Kantone zusätzliche Daten erheben würden, gebe es auch zusätzliche Umfragen, was wiederum die Belastung der befragten Institutionen akzentuiere. Diese zusätzlichen Daten seien oftmals jedoch unwichtig für die gesamtschweizerische Statistik, weil sie zu spezifisch seien. Es stehe den Kantonen frei, ihre Informationsbedürfnisse anzupassen, aber vonseiten des Bundes wird ausgeschlossen, bei den Erhebungen Synergien nutzen zu können, weil die Informationsbedürfnisse von Bund und Kantonen zu unterschiedlich seien. Im Bericht kommt die Regierung dann zum Schluss, dass zwar Anstrengungen unternommen würden, um die Benutzerfreundlichkeit der Datenerhebungsapplikation zu erhöhen. Eine eigentliche Erleichterung für die beteiligten Unternehmen – vor allem betrifft es die Alters- und Pflegeheime – zu schaffen, erachtete der Bundesrat dagegen als Baustelle der Kantone.

Bürokratieabbau. Weniger Aufwand bei der Erfassung der Statistik der sozialmedizinischen Institutionen

Am 14. Oktober 2017 trat ProTell, die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht, in den Fokus der Öffentlichkeit, weil bekannt wurde, dass Bundesratskandidat Ignazio Cassis (fdp, TI) im September 2017, rund eine Woche vor seiner Wahl in den Bundesrat, dem Verein beigetreten war. ProTell hatte die drei FDP-Bundesratskandidaten Pierre Maudet (GE, fdp), Isabelle Moret (fdp, VD) und Ignazio Cassis vor der Bundesratswahl zu ihrer Haltung zum Waffenrecht befragt und sie eingeladen, Vereinsmitglied zu werden. Cassis hatte dem Verein mitgeteilt, dass er gerne Mitglied werde, und war ProTell am 11. September 2017 beigetreten, wie der Generalsekretär von ProTell, Robin Udry, der Nachrichtenagentur SDA mitteilte. Brisant war diese Meldung, weil ProTell vehement die Übernahme der verschärften EU-Waffenrichtlinie bekämpft und bei deren Nicht-Übernahme ein Ausschluss der Schweiz aus dem Schengen-Raum drohen würde. Bisher hatte sich Cassis jedoch stets für die bilateralen Verträge mit der EU und das Schengen-Abkommen ausgesprochen. Politiker jeglicher Couleur reagierten prompt. CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) etwa zeigte sich „erstaunt“, dass Cassis ProTell so kurz vor der Bundesratswahl beigetreten war. Als Aussenminister müsse Cassis die Bilateralen vertreten, dazu gehöre auch Schengen, sagte Pfister im St. Galler Tagblatt und schlussfolgerte: „Eine Mitgliedschaft bei ProTell ist mit dem Amt eines Bundesrates nicht kompatibel.“ Die FDP bemühte sich derweil, die Wogen zu glätten: Die Partei stehe weiterhin zu Schengen, versicherte FDP-Präsidentin Petra Gössi im gleichen Artikel.
Nur wenige Tage nach dem öffentlichen Bekanntwerden seiner ProTell-Mitgliedschaft kündigte Cassis diese am 17. Oktober 2017 wieder. „Angesichts der laufenden öffentlichen Diskussion und der Instrumentalisierung seines damaligen Beitritts hat Bundesrat Cassis seine Mitgliedschaft bei ProTell und Libertà e valori (Freiheit und Werte, das Tessiner Pendant zu ProTell; Anmerkung des Autors) aufgegeben“, liess Cassis über die Bundeskanzlei ausrichten. Es folgte erneut Kritik von Medien und Politikern: Die Zeitung Nordwestschweiz und der Tages-Anzeiger warfen Cassis Opportunismus vor, Beat Arnold (svp, UR) äusserte Zweifel an Cassis' Rückgrat, weil er im Vorfeld der Wahl „den Rechten“ habe gefallen wollen und jetzt „den Linken“. Silvia Schenker (sp, BS) verglich Cassis mit einer „Fahne im Wind“. Nur Cassis' Parteikollegen zeigten Verständnis: Der Beitritt und Austritt bei ProTell sei ein „Lapsus, der aufgrund der enormen Drucksituation während des Wahlkampfs verzeihbar ist“, so Joachim Eder (fdp, ZG) in der „Nordwestschweiz“. Auch ProTell wollte die Kündigung ihres prominentesten Mitglieds nicht überbewerten. ProTell-Vizepräsident Jean-Luc Addor (svp, VS) sagte gegenüber dem St. Galler Tagblatt, dass Cassis aufgrund seines langjährigen Engagements für Libertà e valori echte Überzeugungen für ein liberales Waffenrecht habe. Es gebe keinen Grund zu glauben, dass sich das ändern werde, so Addor.

Pro Tell und Cassis

Ziemlich überraschend – sogar für seine eigene Partei – gab Didier Burkhalter Mitte Juni 2017 seinen Rücktritt bekannt. Nach acht Jahren im Bundesrat – zwei Jahre als Innen- und sechs Jahre als Aussenminister – und vorher sechs Jahren im Nationalrat habe er das Bedürfnis, etwas anderes zu machen: „J'ai ressenti le besoin de changer de vie”. In den Medien war Burkhalter seit einiger Zeit zwar als etwas amtsmüde dargestellt worden – insbesondere seine häufige Absenz in Bundesbern und der Umstand, dass er lieber von Neuenburg aus arbeite, wurden moniert –, zudem habe er zunehmend den Rückhalt für das Europadossier verloren, der Rücktritt war aber doch nicht erwartet worden. Insbesondere auch, weil er wenige Tage vor einer EU-Standortbestimmung im Bundesrat erfolgte. Der Zeitpunkt des Rücktritts wurde denn auch als äusserst ungünstig bezeichnet, weil die Regierung dadurch aussenpolitisch während Monaten gelähmt sei, so etwa die Reaktion von CVP-Präsident Gerhard Pfister.
Die Bilanz zu Burkhalters Wirken, die in den Medien im Anschluss an die Rücktrittserklärung gezogen wurde, war gemischt. Burkhalter sei ein guter Bundesrat gewesen, „weltoffen und weltfremd zugleich” so etwa die BaZ. Zwar habe Burkhalter auf dem internationalen Parkett brilliert – von praktisch allen Medienbeiträgen erwähnt wurde immer wieder seine Rolle als Vorsitzender der OSZE in der Ukraine-Krise –, in der Innen- bzw. Europapolitik habe er sich aber immer wieder selbst ins Abseits gestellt. Die Erwartungen, die man in ihn gesetzt habe, etwa als Gegenspieler von Christoph Blocher das Rahmenabkommen mit der EU abzuschliessen, habe er nicht erfüllt. Dass das EU-Dossier an einem toten Punkt angelangt sei, sei „le gros point noir de son bilan”, schlussfolgerte die Tribune de Genève. Darüber hinaus habe er sich von seiner Partei immer mehr distanziert. Als Westschweizer Liberaler habe er eine Mitte-Links-Politik priorisiert, was ihm in der Partei angekreidet worden sei, so die NZZ. Als Indiz für das schlechte Verhältnis zwischen Partei und Magistrat wurde der Umstand gedeutet, dass die FDP erst rund zwei Stunden vor der Ankündigung vom Rücktritt in Kenntnis gesetzt worden sei. Vor allem von rechtsbürgerlicher Seite wurde der Vorwurf immer lauter, dass Burkhalter daran schuld sei, dass sich die SVP-FDP-Mehrheit in der Exekutive nicht deutlicher zeige.

Bereits am Tag der Rücktrittsmeldung stellten die Medien Spekulationen bezüglich potenzieller Nachfolger an. Gute Karten habe vor allem Ignazio Cassis, der aktuelle Fraktionspräsident der FDP, da der Anspruch des Kantons Tessin, nach 1999 wieder einen Sitz in der Regierung zu haben, kaum mehr umgangen werden könne und die Westschweiz auch mit nur noch zwei Magistraten adäquat vertreten sei. Werde der Sitz jetzt nicht dem Tessin zugesprochen, würden wohl weitere 10 Jahre vergehen, bis es eine neue Chance gäbe, rechnete Ex-FDP-Präsident Fulvio Pelli vor. Neben Cassis wurden auch dem Tessiner Staatsrat Christian Vitta und der ehemaligen National- und Staatsrätin Laura Sadis sowie Karin Keller-Sutter und Martin Schmid als Vertreterin oder Vertreter der Ostschweiz, die ebenfalls seit längerem Anspruch auf einen Bundesratssitz erhebt, gute Chancen eingeräumt. Die Romandie sei aber nicht zum Vornherein auszuschliessen, weil die Freisinnig-Liberalen in der Westschweiz deutlich auf dem Vormarsch seien. Den verlorenen Sitz werde die französische Schweiz wohl nicht kampflos preisgeben, war in den Medien zu lesen. Aus der Westschweiz fielen denn auch rasch die Namen des Genfer Regierungsrats Pierre Maudet und des Nationalrats Christian Lüscher. Die beiden Waadtländer Staatsräte Jacqueline de Quattro und Pascal Broulis, aber auch Nationalrätin Isabelle Moret und Ständerat Olivier Français wurden trotz ihres Handicaps, wie bereits Guy Parmelin aus dem Kanton Waadt zu stammen, ebenfalls als valable Kandidatinnen und Kandidaten auf das sich drehende Karussell gesetzt. Auch der Name Raphaël Comte wurde für den Kanton Neuenburg ins Spiel gebracht.

Dass die FDP einen Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz hat, war kaum umstritten. Die Parteileitung machte rasch klar, dass es sich beim Nachfolger von Burkhalter um einen „Lateiner” handeln soll – ob Tessiner oder Romand liess man bewusst offen. Die FDP-Frauen, die seit 1989 keine Vertretung mehr in der Landesregierung gehabt hatten, forderten per Kommuniqué bei dieser oder spätestens der nächsten Vakanz eine Bundesrätin. Auch die Grünen verlangten, dass die FDP eine Frau portiere. Die SVP forderte einen Kandidaten mit klar bürgerlichem Profil. Die Mitte-Rechts-Mehrheit müsse jetzt endlich auch im Bundesrat durchgesetzt werden. Die FDP machte früh deutlich, dass man sicher kein Einerticket präsentieren wolle. Bis Mitte August hatten die Kantonalsektionen Zeit, Vorschläge zu machen. Die Fraktion wollte sich dann Anfang September entscheiden.

Die Tessiner Kantonalsektion portierte – nach langer Diskussion, ob man ein Einer- oder ein Zweierticket präsentieren wolle – am 1. August einzig Ignazio Cassis. Sowohl Sadis als auch Vitta sagten Cassis ihre Unterstützung zu. Obwohl Sadis sowohl die Ansprüche aus dem Tessin, als auch der Frauenvertretung hätte erfüllen können, wurde sie nicht berücksichtigt. Vor allem ihre (zu) lange Absenz von der (nationalen) Politik dürfte hierfür mitentscheidend gewesen sein. Mit nur einem Kandidaten aus dem Tessin würde zudem das Risiko von Stimmenaufteilung minimiert, so die kantonale Parteileitung. Das Einerticket wurde auch als Referenz an die Romandie interpretiert; der Weg sei jetzt offen, um eine Frau aus der Romandie zu portieren. Die Frauenfrage wurde auch deshalb noch virulenter, weil Doris Leuthard ebenfalls am 1. August ihren Rücktritt ankündigte. Als Kandidatinnen aus der Romandie gerieten insbesondere Isabelle Moret und Jacqueline de Quattro in den Fokus. Der zweite offizielle Kandidat war dann allerdings doch wieder ein Mann: Am 8. August wurde Pierre Maudet von der Genfer Kantonalsektion einstimmig auf den Schild gehoben. Der Genfer Regierungsrat rechnete sich zwar nur geringe Chancen aus, wollte aber mit Jugend, Modernität und Urbanität punkten. Der zweite, lange ebenfalls als Kandidat gehandelte Genfer, Christian Lüscher, hatte sich kurz zuvor aus persönlichen Gründen selber aus dem Rennen genommen und eine Lanze für seinen jüngeren Genfer Parteikollegen gebrochen. Komplizierter gestaltete sich die offizielle Nominierung der dritten potenziellen Kandidatin. In der Presse wurde ein parteiinterner Zwist über und zwischen den drei Papabili der FDP-Sektion Waadt vermutet. Jacqueline de Quattro und Olivier Français zogen sich dann allerdings zurück, um den Platz für Isabelle Moret frei zu machen, die sich zwar erst spät – und später als die beide anderen – für eine Kandidatur entschieden hatte, am 10. August von ihrer Kantonalsektion aber als einzige Kandidatin aufgestellt wurde.

Nach Ablauf der Meldefrist standen also drei Kandidierende aus drei Kantonen fest. Sofort gingen die Spekulationen los, ob die FDP ein Zweierticket oder ein Dreierticket aufstellen würde. Dabei schien klar, dass Cassis gesetzt war, folglich entweder nur gegen Moret oder aber gegen Moret und Maudet antreten würde. Der Umstand, dass Moret zwar aus dem Kanton Waadt kommt, die FDP aber nicht auf eine mögliche Frauenvertretung verzichten konnte, sowie der umtriebige „Wahlkampf” von Maudet – der Blick sprach von schlechten Karten, die der Genfer aber brillant spiele – waren wohl die Hauptgründe für das Dreierticket, das die FDP-Fraktion offiziell am 1. September aufstellte. Das „tricket” (LT), das in der Fraktion knapp mit 22 zu 19 Stimmen beschlossen worden sei, stosse niemanden vor den Kopf, sei aber auch der Weg des geringsten Widerstands (NZZ) und ein klarer Etappensieg für Maudet (BaZ). Das Dreierticket wurde auch als gute Kunde für den Favoriten Cassis gewertet, dessen Chancen sich dadurch noch weiter erhöhten, weil sich die Stimmen seiner Gegner aufteilen dürften.

Die Kandidatin und die beiden Kandidaten wurden in der Presse unterschiedlich porträtiert. Cassis galt von Anfang an als eigentlicher Kronfavorit. Einziges Manko des in Bundesbern bestens vernetzten Tessiner Arztes sei seine mit der Präsidentschaft beim Krankenkassenverband Curafutura verbundene Nähe zu den Krankenkassen. Insbesondere der Lega, aber auch der SP, war dieses Amt von „Krankencassis” (SGT, So-Bli, TA, WW) ein Dorn im Auge. Ausführlich diskutiert wurde zudem die politische Position des Tessiners. Das Parlamentarierrating der NZZ zeigte, dass er seit seinem Amtsantritt als Fraktionspräsident der FDP vom linken Rand der Partei leicht in die Mitte gerückt war. Insbesondere die SVP betrachtete Cassis freilich als den ihr am nächsten stehenden der drei Kandidierenden. Letztlich gab es aber kaum etwas, was die „occasione d'oro per il Ticino” (CdT) behindert hätte. Die zahlreichen giftigen Angriffe auf die Gesundheitspolitik von Cassis konnten ihm scheinbar nichts anhaben. Auch seine doppelte Nationalität bzw. der Umstand, dass er seinen italienischen Pass abgab und damit zwar Applaus von rechts, aber auch Kritik von links erhielt und eher unfreiwillig eine Debatte um die doppelte Nationalität von Mitgliedern von Bundesbehörden lancierte – diskutiert wurde sogar die Frage, ob man als Doppelbürger loyal sein könne –, schadete dem Südschweizer nicht.
Der grosse Trumpf von Isabelle Moret sei, dass sie eine Frau sei, war den Medien zu vernehmen. Die dezidiert bürgerlich politisierende 46-Jährige spreche drei Landessprachen fliessend, sei gut vernetzt, in den über 10 Jahren im Nationalrat aber kaum aufgefallen. Dies beinhalte immerhin auch, dass sie bisher keine Fehler gemacht habe (TA). Moret selber betonte von Anfang an, dass „Frausein” kein politisches Argument sei. Sie wolle lieber mit ihrer Dynamik punkten und frischen Wind ins Europadossier bringen. Sie betonte allerdings auch, dass sie die erste Mutter mit Schulkindern in der Exekutive wäre. Allerdings hinterliess die Anwältin laut verschiedenen Medien in ihrem Wahlkampf keinen überzeugenden Eindruck (WW), wurde von vielen Seiten angegriffen und wirkte ab und zu nicht wirklich souverän (NZZ). Ihr Wahlkampf sei „ungenügend” (SGT) und „harzig” (AZ) und wurde gar als chaotisch bezeichnet (24 Heures).
Pierre Maudet, 39 Jahre alt, wurde als politisches Naturtalent beschrieben. Der forsche und ambitionierte Regierungsrat habe sich innert kurzer Zeit vom Stadtpräsidenten zum Aushängeschild der Kantonsregierung entwickelt, was ihm auch Vergleiche mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron einbringe (AZ). Sein Nachteil sei allerdings die schwache Vernetzung in Bundesbern. In der Regel würden die Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier einen Bundesrat oder eine Bundesrätin aus den eigenen Reihen vorziehen. Sein Wahlkampf wurde hingegen als exzellent bezeichnet (Blick). Maudet sei vor allem in der Deutschschweiz unterschätzt worden, was das Beste sei, was einem Politiker passieren könne (TA). Vor allem inhaltlich konnte Maudet mit verschiedenen originellen Positionen überzeugen: Er spreche als einziger wirklich „Klartext” (BaZ), gelte in der Europafrage aber als EU-Turbo (WW), was ihn bei der Ratsrechten wohl Stimmen kosten werde.

Die „Kampagne” vor den Bundesratswahlen – eigentlich ein Unding, wenn man bedenkt, dass der Bundesrat von der Vereinigten Bundesversammlung und nicht von der Bevölkerung gewählt wird – nahm ein Ausmass an, das angesichts der Ausgangslage erstaunte. Da die Bundesratswahlen eine in der Schweizer Politik eher seltene Chance für eine Personalisierung der Politik bieten, liefen die Medien auf Hochtouren. In der APS-Zeitungsdokumentation finden sich von Burkhalters Rücktrittsankündigung Mitte Juni bis Ende September mehr als 800 Zeitungsartikel zum Thema Bundesratswahlen. Die FDP selber trug freilich mit geschicktem Politmarketing das Ihre dazu bei, dass die Berichterstattung am Kochen blieb. Mit einer FDP-Roadshow tingelten die Kandidierenden durch die Schweiz. Zahlreiche Homestories, Lifechats, Bevölkerungsbefragungen und gar graphologische Gutachten fanden den Weg in die Presse. Inhaltlich ging es letztlich primär um die Frage, ob die Vertretung der Sprachregion oder die Vertretung der Frauen höher gewichtet werden soll. Oder mit anderen Worten: ob die 20 Jahre Bundesrat ohne Tessiner oder die 30 Jahre ohne FDP-Frau beendet werden sollten. Wirklich inhaltliche Diskussionen wurden hingegen kaum geführt, auch wenn die Aussen- bzw. Europapolitik bzw. der Reset-Knopf, den Cassis in den Verhandlungen mit der EU zu drücken angekündigt hatte, sich angeboten hätten.

Nach der offiziellen Bekanntgabe des Dreiertickets standen am 12. und am 19. September die Hearings auf dem Programm, womit auch die anderen Parteien wieder stärker in den medialen Fokus gerieten. Den Auftakt machte die SVP, deren Parteipräsident Albert Rösti die beiden Romand.e.s stark kritisierte und sich früh für Cassis aussprach. Wichtigstes Kriterium für die Volkspartei sei die Haltung zum Rahmenabkommen mit der EU. Allerdings wurde gemutmasst, dass die Bauern in der SVP-Fraktion wohl eher auf Moret setzen würden, da diese mehr Sympathien für die Anliegen der Landwirtschaft gezeigt habe. Unzufrieden mit dem Dreierticket zeigte sich die SP: „Zwei Super-Lobbyisten und ein Hardliner in der Aussenpolitik” weckten keine Begeisterung (SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann in der BZ). Inhaltliche Kriterien stellten die Genossen aber – wie auch die CVP und die GP – nicht auf. Der CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister hatte sich allerdings ebenfalls schon früh für die Ansprüche des Tessins, also für Cassis, ausgesprochen. Dieser sei allerdings für einige CVP-Mitglieder zu weit rechts, mutmasste die Zeitung LeTemps. Nach den Hearings zeigten sich die Parteien zwar noch bedeckt – mit Ausnahme der SVP, die demonstrativ für Cassis Stellung bezog –, die Favoritenrolle des Tessiner Kandidaten schien sich allerdings noch einmal verstärkt zu haben. Maudet schien hingegen eher nicht auf Wohlwollen gestossen zu sein. Die SP und die CVP konnten sich nicht auf einen der drei Kandidierenden einigen und gaben entsprechend keine Wahlempfehlung ab – anders als die FDP- und die GLP-Fraktion, die alle drei Kandidierenden empfahlen, die SVP-Fraktion, die sich für Cassis aussprach, die GP-Fraktion, die Moret empfahl, und die BDP-Fraktion, die Maudet auf den Schild hob.

Kurz vor der Ersatzwahl bilanzierte die WOZ die vorherrschende Meinung, dass sich grundsätzlich keine Überraschung abzeichne: Die Bundesratswahlen hätten bisher viel Tamtam, aber nur wenig Spannung verheissen. Mit der Diskussion verschiedener Szenarios versuchten die Medien dieser Spannungslosigkeit entgegenzuwirken. Drei Möglichkeiten, Cassis zu verhindern, seien denkbar: Isabelle Moret könne dank ihrem Frauenbonus und der Unterstützung aller Bauernvertreter sowie mit Hilfe der Stimmen all jener Parlamentarierinnen und Parlamentarier, welche die Frauenfrage möglichst rasch klären wollten, gewinnen; ein Sieg von Pierre Maudet wäre dann möglich, wenn sich die Mehrheit der Bundesversammlung von seinen Fähigkeiten überzeugen liesse. Dies sei durchaus möglich, wenn es ab dem dritten Wahlgang zu einem Zweikampf zwischen Cassis und Maudet kommen würde. Ins Spiel gebracht wurde mit Laura Sadis auch eine Sprengkandidatin, die vor allem bei der Linken auf Unterstützung zählen könnte. Roger Nordmann gab zu Protokoll, dass die Tessinerin in der Tat die Synthese der drei aktuell Kandidierenden gewesen wäre: „Elle a une expérience d’exécutif, elle est italophone et elle a la capacité d’être une femme” (LT). Die Lust der SP auf Experimente halte sich allerdings in Grenzen.

Die Ersatzwahl am 20. September war schliesslich noch weniger spannend, als von den zahlreichen Medien vor Ort befürchtet worden war. Schon im zweiten Wahlgang wurde Ignazio Cassis zum 87. Bundesrat gewählt und zum Nachfolger von Didier Burkhalter gekürt. Der achte Bundesrat aus dem Kanton Tessin hatte bereits im ersten Wahlgang 109 Stimmen erhalten, damit allerdings das absolute mehr von 122 Stimmen verfehlt. Weil die Basler Nationalrätin Sibel Arslan (basta, BS) im ersten Durchgang fehlte, waren lediglich 245 Wahlzettel eingegangen. Die Baslerin erklärte ihr Fernbleiben als stillen Protest gegen den Rücktritt von Bundesrat Burkhalter, dessen Abschiedsrede sie bewegt habe. Wie erwartet splitteten sich die Stimmen für Maudet (62 Stimmen) und Moret (55 Stimmen) auf. Diverse erhielten 16 Stimmen und drei Stimmzettel waren leer geblieben. Weil von den Diversen niemand zehn Stimmen erreicht hatte, wurden keine Namen genannt. Ob also beispielsweise Laura Sadis im Rennen war oder nicht, wird das Geheimnis des Stimmbüros bleiben. Im zweiten Umgang fielen zahlreiche Stimmen für Moret auf Cassis. Die 125 Stimmen reichten dem Tessiner knapp für die absolute Mehrheit. Maudet konnte zwar noch einmal zulegen und erhielt 90 Stimmen, dies reichte allerdings nicht für einen dritten Wahlgang. Moret ihrerseits erhielt lediglich noch 28 Stimmen. Eine Stimme entfiel auf Diverse und zwei Stimmzettel blieben erneut leer – wahrscheinlich stammten sie von den beiden Lega-Parlamentariern, die zwar für eine Tessiner Vertretung waren, nicht aber für Cassis stimmen wollten.
In den Medien wurde gemutmasst, dass vor allem die Stimmen der SVP entscheidend gewesen seien, von denen im ersten Durchgang vereinzelte noch an Moret gegangen, dann aber geschlossen für Cassis eingelegt worden seien. Weil Moret im ersten Wahlgang auch von ihrer eigenen Partei zu wenig Unterstützung erhalten habe, hätte die SP im zweiten Wahlgang umgeschwenkt und ziemlich geschlossen für Maudet gestimmt, um die Wahl von Cassis zu verhindern. Den Namen Moret hätten lediglich noch die Grünen sowie einige Ratsmitglieder aus der BDP, der CVP, der GLP und der SVP auf den Wahlzettel geschrieben.

Cassis erklärte die Annahme der Wahl und bedankte sich bei allen Ratsmitgliedern, auch bei denen, die ihm die Stimme verwehrt hätten. Man könne anderer Meinung sein, letztlich würden aber alle die gleichen übergeordneten Ziele für die Schweiz anstreben. Freiheit sei auch immer die Freiheit der anders Denkenden, zitierte er Rosa Luxemburg, womit er vor allem die Ratslinke überraschte und sichtlich erfreute. Er verspreche vor allem seiner Frau, der Gleiche zu bleiben wie vor der Wahl. Er fühle sich vor allem der Kollegialität verpflichtet und werde als Brückenbauer die ganze Schweiz vertreten. Bereits um 9.30 nahm die Sitzung mit der Vereidigung des neuen Bundesratsmitglieds ihr Ende.

Die Regionen- und Sprachenfrage sei letztlich stärker gewichtet worden als die Frauenfrage, so die Bilanz in den Medien am Tag nach der Wahl. „E la Svizzera è più svizzera”, die Schweiz sei wieder ein bisschen mehr Schweiz, titelte der Corriere del Ticino. Die Wahl von Cassis sei keine Überraschung und Maudet habe eine ehrenvolle Niederlage eingefahren, so die ziemlich einhellige Meinung in den Deutsch- und Westschweizer Medien. Vor wenigen Wochen hätte niemand in Bundesbern den Genfer gekannt und jetzt habe er 90 Stimmen erhalten. Allerdings zeige seine Nichtwahl auch die Schwierigkeiten für einen Kandidierenden, der nicht der Bundesversammlung angehört. Für Moret hingegen, sowie für die Vertretung der Frauen im Bundesrat im Allgemeinen, sei der Ausgang der Wahlen eine Schmach. Verschiedene Politikerinnen kritisierten, dass das Beispiel Moret gezeigt habe, dass an Frauen wesentlich höhere Massstäbe gesetzt würden als an Männer. Die SP habe Cassis nicht verhindern können und müsse sich nun Vorwürfe gefallen lassen, weshalb sie auf Maudet gesetzt und so die Vertretung der Frauen hintergangen habe. Die SP wies die Kritik allerdings an die FDP zurück: Wäre Laura Sadis portiert worden, hätte die SP sie unterstützt. Während sich die Rechte auf einen Mitte-Rechts-Bundesrat freute – Cassis wisse, wem er seine Wahl zu verdanken habe, liess sich SVP-Präsident Rösti nach der Wahl zitieren –, winkte die Linke ab: Es müssten auch im neuen Gremium nach wie vor unterschiedliche Koalitionen geschmiedet werden, so etwa SP-Parteipräsident Christian Levrat. Die WOZ befürchtete allerdings eine Zunahme der Polarisierung. Mit der Wahl von Cassis sei die Kirche aber wieder im Dorf und die Sprachenfrage für eine Weile geregelt. Jetzt müssten die Regionen wieder besser vertreten werden – so der Tenor vor allem aus der Ostschweiz. Verschiedene Politikerinnen forderten zudem eine adäquatere Vertretung von Frauen. Die Idee einer parlamentarischen Initiative, mit der eine angemessene Frauenvertretung in der Verfassung festgeschrieben werden soll, verdichtete sich. Die FDP-Frauen forderten zudem bei der nächsten FDP-Vakanz ein Frauen-Zweierticket.

Über die nach der Ersatzwahl anstehende Departementsverteilung war bereits früh spekuliert worden. Insbesondere Alain Berset waren Ambitionen auf das frei gewordene EDA nachgesagt worden. Allerdings hätte der Departementswechsel von Berset einen unangenehmen Beigeschmack gehabt, weil kurz nach der Departementsverteilung die Abstimmung zur Altersreform 2020 anstand, für die Berset mit Herzblut geworben hatte. Der Wechsel ins Aussendepartement hätte von der Stimmbevölkerung als Flucht interpretiert werden können. Der Bundesrat solle deshalb mit der Departementsverteilung warten, forderte der ehemalige SVP-Präsident Toni Brunner (svp, SG) kurz vor den Bundesratswahlen in der Presse. Wenn nämlich die AHV-Vorlage verloren ginge, wäre Berset nicht mehr der richtige Innenminister. Ende September kam es dann aber schliesslich zur mehrheitlich erwarteten Departementsverteilung. Das freie EDA wurde vom neuen Kollegiumsmitglied Ignazio Cassis übernommen. Er setzte damit eine eigentliche Tradition fort, da Tessiner Bundesräte sehr häufig als Aussenminister amteten. Die Italianità und seine Vielsprachigkeit dürften Vorteile des neuen EDA-Chefs sein. Mit ein Grund dafür, dass sonst alles beim Alten blieb, dürfte auch die im Vorfeld der Bundesratswahl gemachte Aussage von Cassis gewesen sein, dass es vielleicht nicht gut sei, wenn er mit seinen Verbindungen das Innendepartement übernehmen würde. Cassis werde als Aussenminister „der bessere Burkhalter” sein, weil er mehr Verständnis für die Deutschschweiz habe, besser kommuniziere und mehr Kampfgeist habe, urteilte der Tages-Anzeiger. Auf ihn wartet nun das komplexe Europadossier – und zahlreiche Erwartungen von links bis rechts.

Bundesratsersatzwahl 2017 – Nachfolge Didier Burkhalter
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Ignazio Cassis (fdp, TI) beabsichtigte mittels eines Postulats den Bundesrat zu beauftragen, eine Roadmap zur Entflechtung der Mehrfachrolle der Kantone im Krankenversicherungsgesetz zu erstellen. Dass die Kantone gleichzeitig Rollen als Regulatoren, Leistungserbringer und Zahler einnehmen, führe zu Interessenkonflikten. Ihre Monopolrolle als Regulatoren sei zwar legitimiert, nicht so aber ihre Rollen als Leistungserbringer und Finanzierer, welche auch von der OECD kritisiert würden. Folglich soll der Bericht Möglichkeiten zur Vermeidung der zentralen Interessenkonflikte, zur Stärkung des Wettbewerbs und für eine effizientere Versorgung aufzeigen. Der Bundesrat lehnte das Postulat ab, da es in die Kompetenz der Kantone eingreife und bereits mehrere Studien zu den Regulierungsunterschieden zwischen den Kantonen vorlägen. Ferner seien einerseits 2007 bereits Verbesserungen im KVG bezüglich der Transparenz und des Wettbewerbs in der Spitalfinanzierung vorgenommen und die Verbesserung der Transparenz andererseits zu einem der zentralen Handlungsfelder der Gesamtstrategie Gesundheit 2020 erklärt worden. In der Sondersession 2017 nahm der Nationalrat das Postulat gegen den Widerstand der SP- und der Grünen-Fraktion mit 133 zu 54 Stimmen (bei einer Enthaltung) an.

Krankenversicherungsgesetz. Roadmap zur Entflechtung der Mehrfachrolle der Kantone

Mit einem Postulat forderte Erich Ettlin (cvp, OW) einen schnelleren Zugang für Patienten zu Arzneimitteln mit neuen Indikationen – also mit neuen Einsatzmöglichkeiten – respektive die Prüfung einer Verkürzung der Zulassungsfrist von Medikamenten durch den Bundesrat. Der Postulant nahm damit Erkenntnisse einer gemeinsamen Studie der Industrie und Swissmedic auf, wonach die Zulassungsfristen in der Schweiz viel länger sind als im Ausland. Beziehungsweise, so Ettlin, dauere die Bearbeitung in der Arzneimittelbehörde hier länger. Das sei bedenklich, da dadurch Patientinnen und Patienten in der Schweiz länger auf innovative Therapien warten müssten. Es sei überdies gezeigt worden, dass die Zulassung einer Indikationserweiterung viel rascher bewerkstelligt werden könne als die Prüfung und Zulassung neuer Wirkstoffe. Swissmedic solle dahingehend seine Praxis anpassen. Der Postulant äusserte überdies den Wunsch, dass man dies noch vor der Umsetzung des neuen Heilmittelrechts in Angriff nehme. Der Bundesrat teilte das Anliegen, entgegnete jedoch in seiner Vorstossantwort, dass eine Beschleunigung der Verfahren gegenwärtig nicht möglich sei. Es würden bereits Anstrengungen in diesem Bereich unternommen, teilweise infolge einer Motion Cassis (fdp, TI) und einer Motion Eder (fdp, ZG). Deswegen sollte noch abgewartet und auf die Annahme des Postulats verzichtet werden.
In der Ratsdebatte wurde nur kurz auf das Postulat eingegangen, wobei es Ettlin gelang, seine Kolleginnen und Kollegen zu überzeugen. Er zeigte sich unzufrieden mit den „Vertröstungen” der Regierung und bezeichnete seinen Vorstoss als eigentliches Wiedererwägungsgesuch, er wolle überdies auch eine weitere Verzögerung in der Sache verhindern. Für die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Standorts sei eine Fristverkürzung wesentlich, unter anderem auch weil andere Staaten von der Schweizer Zulassung abhängig seien. Die Chance sei mit seinem Postulat zu packen. Mit 25 zu 17 Stimmen wurde das Postulat gutgeheissen.

Schnellerer Zugang für Patienten zu Arzneimitteln mit neuen Indikationen