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  • Fehr, Hans (svp/udc, ZH) NR/CN
  • Borer, Roland (svp/udc, SO) NR/CN

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Im September 2018 nahm der Bundesrat zum Entwurf der SGK-NR im Rahmen der parlamentarischen Initiative Borer (svp, SO) für eine Stärkung der Selbstverantwortung im KVG Stellung. Er erklärte seine Unterstützung für den Minderheitsantrag Carobbio Guscetti (sp, TI) auf Nichteintreten, da das strategische Wechseln der Franchisen gemäss dem Bericht der SGK-NR nur in 0.17 Prozent der Fälle vorkomme und die Krankenversicherungen dadurch jährlich lediglich CHF 5 Mio. einsparen könnten. Diesem geringen Vorteil stünden jedoch zahlreiche Nachteile gegenüber, etwa eine Schwächung der Selbstverantwortung durch häufigere Wahl der Grundfranchise, Mehrkosten für EL und Sozialhilfe und somit auch für Kantone und Gemeinden sowie ein administrativer Mehraufwand für die Krankenversicherungen.
In der Wintersession 2018 behandelte der Nationalrat den Entwurf. Als Kommissionssprecher betonten Philippe Nantermod (fdp, VS) und Heinz Brand (svp, GR) noch einmal den Nutzen der Vorlage: Das opportunistische «Franchisenhüpfen» müsse gestoppt werden, auch wenn es sich dabei um ein untergeordnetes Problem handle. Barbara Gysi (sp, SG) kritisierte im Namen der Minderheit Carobbio Guscetti vor allem das Verhalten der Kommission, die trotz mehrheitlich negativer Vernehmlassungsantworten keinen der Kritikpunkte in die Vorlage aufgenommen hatte. Mit 111 zu 68 Stimmen bei einer Enthaltung sprach sich der Nationalrat für Eintreten auf die Vorlage aus. Während die SP- und die Grünen-Fraktion Eintreten geschlossen ablehnten, war die Situation aufseiten der Bürgerlichen weniger deutlich. Gespalten zeigte sich insbesondere die FDP-Fraktion, aber auch in der SVP- und der CVP-Fraktion lehnten einzelne Personen eine Behandlung der Vorlage ab. Knapper scheiterte der Antrag Grüter (svp, LU) auf Rückweisung an die Kommission: Mit 86 zu 81 Stimmen bei 13 Enthaltungen stimmte der Rat für die Behandlung der Vorlage, wobei hier die Fronten quer durch die meisten Fraktionen verliefen.
In der Detailberatung versuchte eine Minderheit Ruiz (sp, VD), eine Ausnahmeklausel für Personen, bei denen neu eine chronische oder schwere Krankheit diagnostiziert wurde, zu schaffen. Eine solche lehnte der Nationalrat jedoch mit 118 zu 56 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ab. Ebenfalls abgelehnt wurde eine vom Bundesrat vorgeschlagene und von der Kommissionsmehrheit unterstützte Pflicht für die Krankenversicherungen, die Versicherten zwei Monate vor Ablauf der Frist auf ihre Wahlmöglichkeit hinzuweisen. Mit 112 zu 62 Stimmen (3 Enthaltungen) folgte die grosse Kammer einer Minderheit Humbel (cvp, AG), welche unter anderem die Kosten für die Versicherungen «ohne Mehrwert für die Versicherten» scheute. Mit 113 zu 60 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) verabschiedete der Rat die Vorlage in der Gesamtabstimmung.

Pa. Iv. für eine dreijährige Vertragsdauer für alle besonderen Versicherungsformen (Franchisen, eingeschränkte Wahl usw.; Pa.Iv. 15.468)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Wie schmal der Grad zwischen öffentlichem Interesse und dem Schutz der Persönlichkeit ist, zeigt sich jeweils dann, wenn Medien über das Privatleben von Politikerinnen und Politikern berichten. Im Fall der Verurteilung eines Sohnes von Bundesrat Ueli Maurer wurde in den Medien allerdings nicht nur öffentliches Interesse reklamiert, sondern auch darauf hingewiesen, dass gerade bei Vertretern der SVP, die gegen die «Kuscheljustiz» und für «Strafverschärfungen» weible, besonders genau hingeschaut werden müsse. Das öffentliche Interesse wurde auch damit begründet, dass in diesem Fall die judikative Unabhängigkeit bewiesen werden müsse.
Was war geschehen? Ende 2017 machte der «Zürcher Oberländer» publik, dass einer der Söhne von Ueli Maurer vor Gericht erscheinen müsse, weil er zwei Jahre zuvor unter Alkoholeinfluss einen Autounfall verursacht habe. Die Sonntagszeitung nahm den Fall auf und vermutete, dass es noch weitere Delikte geben müsse, die dem Sohn angekreidet würden – die Anklageschrift werde allerdings nicht zugänglich gemacht, erklärte die Zeitung. Mehr noch, die Verteidigung habe beantragt, den Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen, um die Persönlichkeit des Mandanten zu schützen. Der Entscheid vom Bezirksgericht Hinwil, die Medien, nicht aber die Öffentlichkeit zum abgekürzten Prozess zuzulassen, wurde vom Anwalt von Maurers Sohn zwar weitergezogen, vom Obergericht und schliesslich vom Bundesgericht Ende Mai 2018 aber bestätigt. Gerade wenn der Sohn eines Bundesrats vor Gericht stehe, bestehe ein gewichtiges öffentliches Interesse. Als Beschuldigter habe der Angeklagte die mit einer öffentlichen Verhandlung verbundenen psychischen Belastungen hinzunehmen. Dem Persönlichkeitsschutz solle aber Rechnung getragen werden, indem die Veröffentlichung von Vorname, Alter, Wohnort und Fotos verboten würden – so das Urteil des letztinstanzlichen Gerichts.
Mitte Oktober 2018 fand schliesslich der Prozess statt und die Medien erhielten erst dann die Anklageschrift. Neben dem Autounfall wurde der Sohn von Ueli Maurer wegen Raub und versuchter Erpressung – Maurers Sohn hatte zusammen mit einem Kollegen einen Mann ausgeraubt –, Sachbeschädigung, versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, mehrfacher Beschimpfung und Hinderung einer Amtshandlung – bei seiner Verhaftung soll sich der junge Mann widersetzt haben – zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt. Während der Befragung gab der junge Mann bekannt, stark unter dem Druck gelitten zu haben, der mit der schweizweiten Prominenz seines Vaters einhergehe. Er sei oft fertig gemacht und beleidigt worden. Weil die Anklage medial ausgeschlachtet worden sei, habe er zudem seine Arbeitsstelle verloren und die damit zusammenhängende Weiterbildung abbrechen müssen.
Die Medien kommentierten den Fall unterschiedlich. Während in der Weltwoche (7.12.17) von «Schmuddelpresse und Sippenhaft» die Rede war, beleuchtete die BaZ (23.5.18) das Schicksal der Kinder von Bundesräten. Sie müssten sich erklären, obwohl sie es nicht wollten, oder wollten sich erklären, weil sie glaubten, es tun zu müssen. In seiner Kolumne in der Weltwoche (25.10.18) lobte Peter Bodenmann (VS, sp) die Justiz, die hart geblieben sei, fragte aber rhetorisch, wie die Volkspartei wohl reagiert hätte, wenn «Maurer Junior» Kosovo-Albaner gewesen und der beraubte Mann der ehemalige SVP-Nationalrat Hans Fehr gewesen wäre.

Sohn von Ueli Maurer

Im April 2018 schlug die Debatte um die Franchisen speziell hohe Wellen, nachdem die CEO der Krankenversicherung CSS, Philomena Colatrella, in einem Interview mit dem SonntagsBlick vorgeschlagen hatte, neben anderen Massnahmen auch eine Erhöhung der Mindestfranchise auf CHF 5'000 bis CHF 10'000 zu prüfen. Dadurch würden die Prämien stark sinken – gemäss ersten Schätzungen auf CHF 170 pro Monat und Person –, wodurch bei der Prämienverbilligung Gelder frei würden, um die sozial Schwächeren bei der Bezahlung der Kosten innerhalb der Franchise zu unterstützen. Dadurch würde die Eigenverantwortung gestärkt, wodurch wiederum die Gesundheitskosten sinken würden, erklärte Colatrella. Dieser Vorschlag sorgte bei zahlreichen Akteurinnen und Akteuren der Gesundheitspolitik für Aufruhr: Eine solche Erhöhung könne sich kaum jemand leisten, war der Tenor. Für Patientenschützerin Susanne Hochuli würde dieser Vorschlag das Ende des heutigen Kassensystems darstellen, weil die Kosten der sozialen Abfederung nicht mehr durch die Prämiengelder bezahlt würden. Barbara Gysi (sp, SG) befürchtete eine zusätzliche Belastung der sozial Schwächeren und Heinz Brand (svp, GR) prognostizierte gar einen Volksaufstand. Neben der breiten Kritik wurden aber auch verständnisvolle Stimmen laut, die eine umfassende Diskussion über alternative Modelle forderten.

Gleichzeitig beschäftigte sich im Jahr 2018 auch die Politik ausführlich mit dem Thema der Franchisen. So wurden 2018 neun Geschäfte zu diesem Thema beraten. Der Nationalrat stimmte drei Motionen der FDP.Liberalen-Fraktion zu, gemäss denen die Franchisen zukünftig regelmässig angepasst werden (Mo. 16.3110) und die Maximal- (Mo. 16.3111) und Minimalfranchise (Mo. 16.3112) erhöht werden sollen. Gehör im Nationalrat fanden auch eine Motion Landolt (bdp, GL; Mo. 16.3084) zur Anpassung der ordentlichen Franchise der OKP von CHF 300 auf mindestens CHF 400 sowie eine parlamentarische Initiative Borer (svp, SO; Pa.Iv. 15.468) für eine Verlängerung der Vertragsdauer bei besonderen Versicherungsformen wie Wahlfranchisen von einem auf drei Jahre. Einer Forderung der SGK-SR zur Beibehaltung der Maximalrabatte bei allen Wahlfranchisen (Mo. 17.3637) stimmte der Ständerat zu. Damit wollte er verhindern, dass der Bundesrat die Maximalrabatte der mittleren Franchisen anpasst, wie ein Bericht zuvor gefordert hatte. Einer ähnlichen Forderung bezüglich der Anzahl Franchisenstufen (Motion Weibel (glp, ZH; Mo. 15.4222)) stimmte die kleine Kammer ebenfalls zu. Lediglich eine Motion Stöckli (sp, BE; Mo. 17.3771) mit der gegensätzlichen Forderung, wonach der Maximalrabatt der Wahlfranchise über CHF 500 von 70 auf 80 Prozent hätte erhöht werden sollen, lehnte er ab. Die Botschaft für eine regelmässige Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung (BRG 18.036) legte der Bundesrat ebenfalls 2018 vor: Damit soll das Verhältnis zwischen Franchisen und Bruttokosten für die OKP bei 1:12 fixiert werden; steigen die Kosten auf das Dreizehnfache der Franchise, müsste diese erhöht werden.

Mediale und politische Debatte zum Thema Franchisen im Jahr 2018
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Im April 2017 beriet die SGK-NR einen Vorentwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Borer (svp, SO) (übernommen von Brand (svp, GR)) zur Stärkung der Selbstverantwortung im KVG, gemäss welchem eine Wahlfranchise während dreier Jahre nicht gewechselt werden kann. Dadurch sollen kurzfristige Wechsel zur Grundfranchise bei bekannten anstehenden medizinischen Eingriffen verhindert und die Administrationskosten gesenkt werden. Ein Krankenkassenwechsel der Versicherer wäre unter Beibehaltung der Franchise weiterhin möglich. Die Kommission stimmte dem Vorentwurf mit 17 zu 6 Stimmen zu, eine Minderheit lehnte ihn ab, da dadurch Personen mit chronischen Erkrankungen schlechtergestellt würden. Zudem könnten den Versicherten so durch gesundheitliche oder finanzielle Schwierigkeiten grosse Probleme entstehen.
Im September 2017 schickte die SGK-NR den Vorentwurf in die Vernehmlassung. Dort stiess er bei der SVP, BDP und CVP, sechs Kantonen (AI, BL, NW, SG, UR, ZG), dem Gewerbeverband sowie einzelnen Leistungserbringern und Versicherern auf Zustimmung. Die FDP und GLP sowie vier Kantone (AG, GR, JU, ZH) stimmten zwar mehrheitlich zu, brachten aber auch Vorbehalte an. Die Befürworter lobten, dass die Vorlage die Eigenverantwortung der Versicherten sowie die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken stärke und zur Kostensenkung beitrage. Sie brachten jedoch verschiedene Verbesserungsvorschläge ein: die Beibehaltung von einjährigen Wahlfranchisen mit Option auf mehrjährige Verträge; eine zwei- anstatt dreijährige Mindestdauer der Franchisen; eine jährliche Möglichkeit, in höhere Franchisen zu wechseln sowie eine vorgängige Analyse der Auswirkungen eines solchen Systemwechsels. Trotz ihrer Zustimmung äusserten sie Zweifel, ob durch diese Änderung wirklich ein Effekt der Kostendämpfung beobachtet werden könne. Womöglich würden dadurch mehr Personen die Grundfranchise wählen und sich in der Folge weniger kostenbewusst verhalten. Allenfalls würden die Versicherten dadurch auch mehr Sozialhilfe oder Prämienverbilligungen benötigen, wodurch die Kosten für die Kantone stiegen.
Elf Kantone (AR, BE, FR, GE, GL, NE, OW, SO, TG, TI, VD), die SP, die Grünen sowie zahlreiche Wirtschaftsverbände, Leistungserbringer, Versicherer, Konsumentenvertreter und andere Interessierte lehnten den Entwurf ab. Entweder bezweifelten sie die positive Wirkung der Vorlage auf die Selbstverantwortung der Versicherten, auf die Kosten oder auf den Aufwand für die Versicherer oder sie kritisierten die Einschränkungen der Wahlfreiheit der Versicherten und deren bereits sehr hohe Selbstbeteiligung.
Im April 2018 entschied die SGK-NR mit 11 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Vorlage mit einer kleinen Änderung zu überweisen.

Pa. Iv. für eine dreijährige Vertragsdauer für alle besonderen Versicherungsformen (Franchisen, eingeschränkte Wahl usw.; Pa.Iv. 15.468)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

"La Suisse doit reconnaître ses enfants et cesser d'appeler "étranger" ou "étrangère" ceux qui ne le sont pas". C'est en ces termes que la députée Ada Marra (ps, VD) a lancé en 2008 son initiative parlementaire visant à faciliter la naturalisation pour les ressortissants étrangers de troisième génération. La socialiste argue que ce sont en général des personnes n'ayant plus que des liens touristiques avec leur pays d'origine et que souvent même leurs connaissances linguistiques sont meilleures dans une langue nationale suisse que dans celle de leurs grands-parents qui ont émigré les premiers. L'initiative est d'abord passée en CIP des deux chambres, qui ont décidé d'entrer en matière. Puis, le Conseil national a décidé par deux fois de repousser le délai des négociations, jusqu'à la session d'été 2015. La naturalisation facilitée comporte trois conditions cumulatives: il faut que les grands-parents du candidat aient bénéficié d'une autorisation de séjour, que ses parents soient nés en Suisse ou aient tout du moins bénéficié d'une autorisation de séjour avant leurs 12 ans révolus et que le candidat ou la candidate soit né en Suisse et au bénéficié d'une autorisation d'établissement. D'après les estimations de la commission il s'agirait de 5000 à 6000 requérants potentiels par année qui seraient concernés. Au Conseil national, une minorité Fehr (udc, ZH) s'oppose à l’initiative, arguant qu'un tel automatisme pour la troisième génération mettrait en péril la démocratie, notamment en faisant disparaître certains étrangers des statistiques officielles, ce que le député voit comme une occasion pour la gauche de réclamer un plus grand accueil des immigrants par la suite. Or, comme l'a précisé la députée Isabelle Moret (plr, VD) lors du débat au Conseil national, le projet d'Ada Marra ne comporte pas d'automatisme, mais une présomption d'intégration, que les autorités compétentes en matière de naturalisation pourront toujours juger au cas par cas. L'inititative parlementaire Marra s'est vue concrétisée par l'acceptation par les chambres fédérales de deux projets: un arrêté fédéral concernant la naturalisation facilitée pour les étrangers de troisième génération ainsi que la modification de la loi sur la naturalisation. Ils ont été acceptés à la chambre basse par 123 voix contre 58 avec 4 abstentions pour l'arrêté et 122 voix et le même nombre d'oppositions et d'abstentions pour la modification de la loi. La chambre haute avait accepté in extremis d'entrer en matière sur le sujet et de renvoyer le texte à la commission compétente. Il y avait en effet 21 voix pour et 21 contre. La voix du président du Conseil, Claude Hêche (ps, JU), étant prépondérante en cas d'égalité, a fait pencher la balance en faveur du projet. De retour de commission, et après avoir passé au Conseil national pour en régler les divergences, les deux projets ont été acceptés à 25 voix contre 19, sans abstentions. La loi sur la nationalité suisse (LN) sera soumise au référendum en février 2017.

La Suisse doit reconnaître ses enfants (Iv.Pa. 08.432) / Erleichterte Einbürgerung der dritten Generation

Die Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit der beiden Räte behandelten im Jahr 2016 eine parlamentarische Initiative Borer (svp, SO) zur Stärkung der Selbstverantwortung im KVG, die von Nationalrat Brand (svp, GR) übernommen worden war. Der Vorstoss verlangte, die minimale Vertragsdauer für besondere Versicherungsmodelle in der Krankenversicherung, wie solche mit Wahlfranchise oder einer Einschränkung der Arztwahl, von einem auf drei Jahre zu erhöhen. Entsprechende Modelle werden von den Versicherten gewählt, da sie mit tieferen Prämien einher gehen. Allzu oft komme es jedoch vor, so war in der Begründung des Vorstosses zu lesen, dass Versicherte im Vorfeld geplanter medizinischer Eingriffe oder nach einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes aus den entsprechenden Modellen in das Grundmodell mit der ordentlichen Franchise von CHF 300 wechseln, wo die eigene Beteiligung an den Kosten tiefer ist. Dieses opportunistische Verhalten solle unterbunden werden. Als positiver Nebeneffekt ergebe sich eine administrative Vereinfachung, und die Wahlfreiheit der Versicherten bleibe erhalten. Im Grundmodell sollen weiterhin Verträge von einem halben oder einem Jahr Laufzeit möglich sein. Im Juni 2016 gab die nationalrätliche Kommission für Gesundheit und Soziales dem Anliegen mit 17 zu 7 Stimmen Folge. Im August entschied die ständerätliche Schwesterkommission mit 8 zu 4 Stimmen ebenfalls für Folge geben. Damit ging der Auftrag an die SGK-NR, einen Erlassentwurf auszuarbeiten.

Pa. Iv. für eine dreijährige Vertragsdauer für alle besonderen Versicherungsformen (Franchisen, eingeschränkte Wahl usw.; Pa.Iv. 15.468)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Die Motion von Roland Borer (svp, SO), die Regelungen gefordert hätte, mit denen die Unvereinbarkeit des Amtes als Bundespräsident mit einem Vorsitz in einer internationalen Organisation festgelegt worden wären, wurde Ende 2015 abgeschrieben. Der Motionär war bei den Nationalratswahlen im Herbst nach 24 Jahren in der grossen Kammer nicht wiedergewählt worden. Borers Forderung war eine Kritik an Bundesrat Burkhalter, der 2014 als Bundespräsident gleichzeitig der OSZE vorsass.

Unvereinbarkeit des Amtes als Bundespräsident

Im Kanton Zürich kandidierten für die Nationalratswahlen 2015 insgesamt 873 Personen auf 35 Listen, was einen neuen Rekord hinsichtlich Listen, aber nicht hinsichtlich Bewerberinnen und Bewerbern bedeutete – 2003 hatten sich gar 964 Personen für einen Nationalratssitz beworben. Vor 12 Jahren wurde im Kanton auch der bisher höchste Frauenanteil unter den Kandidierenden gemessen (38.4%). Bei den eidgenössischen Wahlen 2015 betrug dieser Anteil im Kanton Zürich noch 34.8%. Der Altersschnitt aller Kandidierenden lag bei 41.6 Jahren. Die hohe Zahl an unterschiedlichen Listen war auch dem zu erwartenden stärkeren Wettbewerb geschuldet, war dem Kanton Zürich doch aufgrund des Bevölkerungswachstums ein zusätzlicher Nationalratssitz (neu: 35 Sitze) zugesprochen worden.
Die Linke verband ihre sieben Listen – neben der SP, der Juso, der GP und den jungen Grünen schlossen sich die Alternative Linke (Alternative Liste inkl. PdA und kommunistische Jugend), die Zentrumspartei und die von Kunstschaffenden für die Wahlen geschaffene Liste Kunst und Politik zusammen. Damit war es – anders als 2011 – wieder zu einem grossen linken Zusammenschluss gekommen. Rechts verband sich die SVP zusammen mit ihrer Jungpartei mit den vier Listen der EDU und mit der Autofahrerliste. Kein Platz wurde den SD gewährt. Auch die Mitte verband sich. Zu reden gab dabei, dass sich die GLP nicht nur mit CVP, BDP und EVP verband, sondern dass sich in dem Zusammenschluss neben den Piraten und der Tierpartei auch die Bewegung Ecopop befand, die noch im November 2014 mit der gleichnamigen Initiative eine extreme Zuwanderungsbeschränkung gefordert hatte. Keine Verbindungen ging die FDP ein.
Mit Max Binder (svp, ZH), Toni Bortoluzzi (svp, ZH) und Andreas Gross (sp, ZH) traten drei langjährige Zürcher Volksvertreter nicht mehr an. Die drei hatten seit 1991 im Nationalrat gesessen. Ebenfalls vakant wurde der Sitz von Jacqueline Fehr (sp, ZH), die im Frühjahr in die Zürcher Regierung gewählt worden war. Die Grünen mussten den Sitz des zurückgetretenen Daniel Vischer (gp, ZH) verteidigen. Aufgrund der kantonalen Wahlen versprachen sich die FDP, aber auch die SP, Chancen auf einen Sitzgewinn. Die SVP wollte unbedingt ihren vor vier Jahren verlorenen zwölften Sitz zurückerobern. Aber auch die EDU und die Alternative Liste hofften auf einen Überraschungserfolg.

Anders als in den meisten Kantonen konnte sich im Kanton Zürich die SP als Siegerin feiern lassen. Die Zürcher Genossen schafften mit Daniel Jositsch (sp, ZH) nicht nur erstmals seit 1983 wieder den Sprung in den Ständerat – und zwar überraschenderweise gleich im ersten Wahlgang – sondern sie konnten auch zwei zusätzliche Nationalratssitze gewinnen. Die neu neun Sitze wurden möglich, weil ein Wählerzuwachs von 1.6 Prozentpunkten (neu: 20.9%) verzeichnet werden konnte. Ein SP-Mandat wird von alt-Botschafter Tim Guldimann übernommen, der als Auslandschweizer am vierthäufigsten auf die SP-Liste gesetzt worden war. Allerdings ging einer der neuen SP-Sitze wohl auf Kosten der Zürcher Grünen, die nur noch zwei Vertreter nach Bern schicken und 2.1 Prozentpunkte an Wählerstärke einbüssten (6.3%). Über den stärksten Wählerzuwachs im Vergleich zu 2011 konnte sich die FDP freuen. Der Sprung von 11.6% auf 15% bedeutete auch den Gewinn eines zusätzlichen Sitzes (neu: 5 Sitze). Der SVP gelang die Rückeroberung ihres zwölften Sitzes dank eines leichten Wählerzuwachses von 0.5 Prozentpunkten. Viel zu reden gaben aber die starken Veränderungen innerhalb der Volkspartei selber. Mit Christoph Mörgeli (svp, ZH), Ernst Schibli (svp, ZH) und Hans Fehr (svp, ZH) wurden gleich drei arrivierte Parteigrössen abgewählt. Als fulminant wurde der Wahlerfolg von Roger Köppel (svp, NR) bezeichnet, der zürichweit am meisten Stimmen erhielt und vom 17. Listenplatz an die Spitze der Zürcher SVP-Vertreter gewählt wurde. Viele Stimmen erhielt auch der neu antretende Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der wohl auch von seiner Ständeratskandidatur profitierte. Zu den Verlieren gehörten neben den Grünen auch die GLP (neu: 3 Sitze; 7.2%) und die BDP (neu: 1 Sitz; 3.6%), die je einen Sitz abgeben mussten. Trotz leichten Wählerverlusten konnten die CVP (2 Sitze; 4%) und die EVP (1 Sitz; 2.8%) ihre Mandate halten. Die Alternative Liste (1.8%) und die EDU (1.6%) verfehlten ihr Ziel eines Sitzgewinnes hingegen recht deutlich. Allerdings dürften beide Parteien ihren jeweiligen Listenpartnern zu Sitzgewinnen verholfen haben. Mit insgesamt 14 Frauen (SVP: 2 von 12; SP: 5 von 9, FDP: 2 von 5; GLP: 1 von 3; CVP: 2 von 2; EVP: 1 von 1; BDP: 1 von 1) beträgt der Frauenanteil der Zürcher Delegation neu 40% (2011: 29.4%). Die Wahlbeteiligung lag mit 47.3% einen halben Prozentpunkt höher als noch 2011.

Kanton Zürich -Nationalratswahlen 2015
Dossier: Resultate Nationalratswahlen 2015 (nach Kantonen)

Für die Nationalratswahlen 2015 musste der Kanton Solothurn aufgrund der langsamer wachsenden Bevölkerung das Anrecht auf einen der sieben Nationalratssitze abgeben. Um die neu sechs Mandate kämpften nicht weniger als 147 Kandidierende auf 27 Listen. Dies bedeutete trotz Mandatsverlustes eine neue Rekordzahl sowohl von Anwärterinnen und Anwärtern als auch von Listen. Zählt man die jeweiligen Jungsektionen hinzu traten einige Parteien mit vier oder gar –wie die CVP und die SP – mit fünf verschiedenen Listen zu den Wahlen an. Ergänzt wurden die etablierten Parteien durch die Direktdemokratische Partei Schweiz (DPS) – eine kleine Rechtsaussenpartei – sowie eine Einzelliste mit dem klingenden Namen „el presidente“. Der Frauenanteil lag mit 31.3% etwa im bisherigen Durchschnitt, sank jedoch leicht im Vergleich zu 2011 (34%).

Die Reduktion von sieben auf sechs Sitze hing wie ein Damoklesschwert über den Solothurner Wahlen und den betroffenen Parteien. Brisant war, dass alle bisherigen Mandatsträgerinnen und -träger erneut antraten. Somit war klar, dass mindestens einer oder eine von ihnen über die Klinge springen musste. Umso begehrter waren in dieser Situation die Listenpartner. Die SP fand mit der Grünen Partei die allgemein erwartete Gemahlin. Angesichts der Ausgangslage war dieses Zusammengehen auch bitter nötig, stand der bei den letzten Wahlen knapp hinzugewonnene zweite SP-Sitz doch auf Messers Schneide. Einen noch grösseren Berg hatte die CVP zu erklimmen. Rechnerisch war offensichtlich, dass die Verteidigung ihrer beiden Sitze enorm schwierig werden würde. Um die Wiederwahl von Stefan Müller-Altermatt und Urs Schläfli zu sichern, waren die Kleinparteien in der Mitte als Königsmacherinnen begehrt. Insbesondere die GLP kostete diese Rolle voll aus, indem sie sich – nicht ohne dafür Kritik einzustecken – lange für ihre Entscheidung über eine Listenverbindung Zeit liess. Letztlich kam es zur von den Christdemokraten angestrebten breiten Mitte-Allianz, welche sich aus CVP,BDP, EVP und GLP zusammensetzte. Alleine in den Kampf um die Tickets nach Bern gingen die FDP und die SVP. Den Freisinnigen mit ihrem Nationalrat und Aushängeschild Kurt Fluri bereitete dies relativ wenig Kopfzerbrechen, da ihr Sitz als kaum gefährdet galt. Knapper war die Ausgangslage für die SVP, welche gleich zwei Sitze – jene von Roland Borer und Walter Wobmann – zu verteidigen hatte. Die Partei sorgte aber auch sonst für Brisanz im Wahlkampf. So prüfte laut der Solothurner Zeitung die SVP-Leitung ein Angebot seitens der Kleinpartei DPS für eine Listenverbindung. Brisanterweise war der einzige Kandidat der DPS ein ehemaliger SVP-Kreispräsident, welcher wegen rassistischer Äusserungen auf Facebook seinen Posten und seine Parteimitgliedschaft hatte abtreten müssen. Die SVP erteilte der fragwürdigen Listenverbindung jedoch eine Absage. Mehr zu reden gab die erneute Kandidatur von Roland Borer, der bereits stolze 24 Amtsjahre in der grossen Kammer vorwies. Ein SVP-nahes Komitee rief in Inseraten gar mit einer „Wahlanleitung“ zur Streichung Borers aus der Liste auf. Als dessen aussichtsreichster innerparteilicher Konkurrent galt der 33-jährige Christian Imark, welcher 2012 jüngster Kantonsratspräsident geworden war. Dem jungen Verkaufsingenieur hätte sich bei einer Wahl zudem die Ehre geboten, die 24-jährige Absenz des Schwarzbubenlands in der Solothurner Delegation zu beenden.

Der Wahlsonntag wurde zu einem regelrechten Wahlkrimi. Grund dafür war der sich im Laufe des Nachmittags abzeichnende Kampf zwischen der CVP und der SP um den „schwarzen Peter“ – will heissen den Sitzverlust. Den Kürzeren zog schliesslich die CVP, welche mit einem Verlust von 3.5 Prozentpunkten an Wähleranteil (neu: 12.4%) ihren Sitz von Urs Schläfli abgeben musste. Der gelernte Landwirt, welcher in den Medien immer wieder als „Hinterbänkler“ verschrien wurde, hätte seinen Sitz nur schon aufgrund des parteiinternen Resultates abgeben müssen. Die Listenpartner der CVP reihten sich allesamt ins Verliererlager ein. Die GLP kam nur noch auf 3.5% Wähleranteil (-1.5 Prozentpunkte), die BDP noch auf 2.7% (-1.7 Prozentpunkte) und die EVP auf 1.2% (-0.3 Prozentpunkte). Die SP (-0.7 Prozentpunkte, 16.8%) und die Grünen (-1.8 Prozentpunkte, 4.3%) konnten trotz beidseitiger Verluste die Sitze von Bea Heim und Philipp Hadorn (beide SP) retten. Die Wahlsieger hiessen ohne Zweifel FDP und SVP. Die Freisinnigen steigerten sich um 2.6 Prozentpunkte auf neu 20.4% und die SVP gar um ganze 3.6 Prozentpunkte auf neu 26.2%. Bei der SVP kam es zum internen Mandatswechsel, da die Stimmbürger eine siebte Legislatur Roland Borers tatsächlich nicht zu goutieren schienen. An seiner Stelle schaffte Christian Imark den Einzug in den Nationalrat. Walter Wobmann konnte sich als bestgewählter Nationalrat im Kanton problemlos behaupten, genauso wie FDP-Schwergewicht Kurt Fluri. Den nun einzigen CVP-Sitz verteidigte Nationalrat Stefan Müller-Altermatt ebenfalls ungefährdet. Die verkleinerte Solothurner Delegation setzt sich folgendermassen zusammen: 2 SVP, 1 FDP, 1 CVP, 2 SP. In Sachen Wahlbeteiligung wurde mit 50.2% zwar erneut die 50%-Marke geknackt, was jedoch einen Rückgang gegenüber 2011 bedeutete (51.7%). Der Frauenanteil stieg durch die Verkleinerung der Delegation von 14.3% auf nicht weniger magere 16.7% an.

Kanton Solothurn -Nationalratswahlen 2015
Dossier: Resultate Nationalratswahlen 2015 (nach Kantonen)

Der nationalrätlichen Plenumsdebatte zur Beschaffung von Transportflugzeugen ging eine Sitzung der SiK voraus. Die Kommission stand nicht einstimmig hinter den Vorstössen: Mit 16 zu fünf, respektive zu sechs Stimmen, beantragte sie zwar, die Motionen gutzuheissen, in der Kommissionsminderheit waren jedoch mit den SVP-Abgeordneten Bortoluzzi (svp, ZH), Fehr (svp, ZH) und Geissbühler (svp, BE) auch bürgerliche Politiker vertreten, die normalerweise für eine starke Armee eintreten. Deren ablehnende Haltung war indes nicht in der Sache begründet, sondern in der Art der Finanzierung. Eine allfällige Beschaffung sollte in ihren Augen über das EDA finanziert werden und nicht über reguläre Rüstungsprogramme, die letztlich das Armeebudget betreffen. Weiter, so die Annahme aus der Kommissionsminderheit, würden die meisten friedensfördernden Einsätze eben im Auftrag des Aussendepartements erfolgen und nicht des Verteidigungsdepartements. Diese Fragen prägten in der Folge auch die Diskussion im Rat. Nicht nur finanzielle Aspekte waren jedoch Inhalt der Debatte, auch die Rolle der Armee und insbesondere das Ausmass der Friedensförderung waren Streitobjekte. Es kristallisierte sich heraus, dass bürgerliche Exponenten grundsätzlich skeptisch gegenüber Auslandeinsätzen der Armee eingestellt waren, worunter auch Engagements im Bereich der Friedensförderung fallen. Die Schlussabstimmungen im Nationalrat brachten dann nicht für beide Motionen das gleiche Ergebnis. Während die Motion Savary (sp, VD) (14.4061), die im Titel explizit den Einsatz solcher Flugzeuge für Friedensförderung nannte, mit 117 zu 57 Stimmen deutlich abgelehnt wurde, obsiegte eine knappe Mehrheit von 89 zu 87 Stimmen (bei sechs Enthaltungen) zugunsten der Motion Bieri (cvp, ZG).
Damit war jedoch noch nicht Schluss: Nationalrat Freysinger (svp, VS) war der Meinung, das Resultat zur Motion Bieri sei ein zufälliges und dadurch des Parlamentes unwürdig. Sein Ordnungsantrag auf Rückkommen auf die Abstimmung war mit 116 zu 65 Stimmen erfolgreich. In der Wiederholung unterlag dann die Motion Bieri mit 98 zu 85 Stimmen bei zwei Enthaltungen und wurde damit, wie die Savary-Motion, zu Fall gebracht. Wesentlichen Beitrag dazu leisteten fünf SVP-Nationalräte, die der Motion zuerst zugestimmt hatten.

Beschaffung von Transportflugzeugen

Die im Nachhall der Debatte um den Fall „Carlos“ eingereichte und von 110 Nationalrätinnen und Nationalräten mitunterzeichnete Motion Fehr (svp, ZH) zur Verschärfung des Jugendstrafrechts wurde im Herbst 2015 von der grossen Kammer abgelehnt. Der Motionär forderte unter anderem die Möglichkeit, Jugendliche bei besonders schweren Taten nach Erwachsenenstrafrecht verurteilen zu können. Die verlangten Änderungen seien unnötig und „erst noch kontraproduktiv“, so Justizministerin Sommaruga.

Mo. Fehr (13.3725): Verschärfung des Jugendstrafrechts („Carlos“)

Das Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst wurde noch in der Herbstsession vom Nationalrat zum zweiten Mal beraten. Dort sah man sich mit zwei Änderungen aus dem Ständerat konfrontiert: die wiedereingeführte Möglichkeit, an Schulen Zivildienst zu leisten sowie die Ausweitung der Finanzhilfen auf die Kulturgütererhaltung. Letztere war unbestritten und die Debatte drehte sich um die Schulen. Eine Minderheit Fehr (svp, ZH) ersuchte den Nationalrat, an seinem früheren Entscheid festzuhalten und weiterhin Einsätze an Schulen auszuschliessen. Dabei ging es um Bedenken bezüglich der Rollenverteilung in den Klassenzimmern und explizit auch darum, den Zivildienst nicht "noch attraktiver" zu machen und so gegebenenfalls gegen die Armee zu arbeiten. Die darauf folgende Debatte gestaltete sich äusserst emotional. Für und Wider die "Zivis" in Schulen hielten sich einigermassen die Waage, wobei die Rechtsbürgerlichen gegen den Passus waren und Links-Grün für den Einsatz an Schulen und damit für die Bundesratsvorlage. In der Gesamtabstimmung obsiegte die Kommissionsmehrheit mit 97 zu 87 Stimmen bei 5 Enthaltungen relativ knapp und zur Unzufriedenheit der SVP wurde damit diese Differenz zum Ständerat ausgeräumt.
In der Schlussabstimmung wurde die Vorlage im Nationalrat mit 135 zu 57 Stimmen angenommen (4 Enthaltungen) und der Ständerat verabschiedete das Geschäft mit 39 zu 4 Stimmen.

Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst (BRG. 14.059)
Dossier: Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst

Die WEA, respektive das Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung, wurde vom Nationalrat Mitte 2015 weiter behandelt. Nachdem der Ständerat bereits einige Änderungen gegenüber dem Entwurf des Bundesrates eingebracht hatte, schien das Geschäft – nicht nur das Militärgesetz, sondern die gesamte Armeerevision – einen schweren Stand in der Volkskammer zu haben. Früh war bekannt, dass es einen Nichteintretensantrag Trede (gp, BE) zum gesamten WEA-Paket geben würde, weil ihrer Ansicht nach keine echte „Weiterentwicklung“ vorgelegt wurde und die Richtung hin zu einer kleinen, modernen Armee nicht eingeschlagen worden war. Die Eintretensdebatte nahm bereits sehr viel Zeit in Anspruch, wobei alles in Allem kaum überraschende Haltungen dargelegt wurden und sich auch die SP mit der eingeschlagenen Grundausrichtung einverstanden zeigte. Man hielt sich lange mit Grundsatzdiskussionen über Sinn und Unsinn der Armee, deren Zweck und Finanzierung und über mögliche oder unwahrscheinliche Bedrohungsszenarien auf.

Eintreten wurde mit 157 zu 23 Stimmen beschlossen, der Antrag Trede (gp, BE) blieb erfolglos. Damit konnte die Detailberatung in Angriff genommen werden, wie erwartet ein grösseres Stück Arbeit. Zahlreiche Minderheitsanträge galt es in der Folge zu besprechen, wovon einer von Roland Fischer (glp, LU) in der Debatte besonderes Gewicht erhielt. Der Luzerner stellte quasi ein neues Konzept vor, jenes einer Durchdienerarmee, wobei alle Dienstleistenden den gesamten Militärdienst an einem Stück absolvieren sollten. Er versprach sich daraus einerseits einen etwas verbesserten Ausbildungsstand gegenüber der RS sowie eine sehr kurze Frist für das Aufbieten von rund 11'000 Soldaten. Diese sollten sich vollständig ausgerüstet in einer Art Aktivreserve befinden und innert Stunden bereit stehen können. Es war jedoch eine Idee, die bereits nach der Präsentation stark unter Beschuss geriet. Die Fraktionen gaben hernach ihre Präferenzen zu Protokoll, wobei sich abzeichnete, dass die bürgerlichen Fraktionen der Kommissionsmehrheit folgen würden und die Ratslinke mehrere Minderheitsanträge unterstützen wollte. Bezüglich des angesprochenen Paradigmenwechsels aus dem Vorstoss von Roland Fischer gab auch der Verteidigungsminister zu Beginn seiner Rede ein deutliches ablehnendes Statement ab. Des Weiteren stellte er sich hinter die Mehrheitsanträge, die ja weitgehend dem bundesrätlichen Entwurf entsprachen. Insofern gab es zwar in der Detailberatung viele Einzelheiten zu erörtern, Überraschungen blieben jedoch aus und die Kommmissionsmehrheit konnte sich jeweils durchsetzen.
Im weiteren Verlauf der Debatte wurden auch im Nationalrat die gleichen Vorstösse, die bereits im Ständerat behandelt worden waren, vorgebracht. Eine Wertecharta, angeregt durch eine Minderheit Allemann (sp, BE), blieb jedoch auch im Nationalrat chancenlos (56 zu 124 Stimmen). Ebenso verzichtete der Nationalrat darauf, eine Ombudsstelle einzurichten. Mit 111 zu 71 Stimmen wurde der diesbezügliche Minderheitsantrag Fischer (glp, LU) abgelehnt, der dies, wie Bundesrat und Ständerat, im Sinne einer früheren Entscheidung im Gesetz belassen wollte. Zur Ausserdienststellung von Rüstungsgütern konnte sich hingegen eine Minderheit Müller (fdp, SG) durchsetzen. So sollte auch die Liquidierung „grosser Waffensysteme“ dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet werden (102 zu 81 Stimmen).

Verordnung der Bundesversammlung über die Organisation der Armee

Die Verordnung der Bundesversammlung über die Organisation der Armee (Armeeorganisation, AO), im Nationalrat ebenfalls in einer Debatte mit anderen Teilgeschäften der WEA behandelt, war auch in der grossen Kammer umstritten. Zu Beginn musste über einen Minderheitsantrag Fischer (glp, LU) abgestimmt werden, worin Nichteintreten auf diese einzelne Vorlage beantragt wurde. Er blieb jedoch erfolglos, so dass das Geschäft behandelt und gleich mit weiteren Minderheitsanträgen konfrontiert wurde. Die Bemessung des Soll-Bestands der Armee war Bestandteil dieser Anträge, der Armeebestand war denn auch der Hauptstreitpunkt der Debatte. Eine Minderheit I Fehr (svp, ZH) wollte einen Bestand von 140'000 AdA durchsetzen, während eine Minderheit II Trede (gp, BE) eine Reduktion vorschlug: Sie wollte auf eine frühere Einschätzung des Bundesrates zurückgreifen und den Bestand auf 80'000 AdA limitieren, einhergehend mit einem Kostendach von CHF 4,4 Mrd. jährlich. Zwischenzeitlich beabsichtigte auch Erich von Siebenthal (svp, BE), einen Antrag zu stellen und als Kompromiss eine Armee mit 120'000 AdA vorzuschlagen, zog sich aber zurück, so dass sich drei Varianten gegenüberstanden: Die vom Bundesrat skizzierte Armee mit 100'000 Männern und Frauen, wie sie auch der Ständerat favorisierte, ein Bestand von 140'000 AdA sowie die Minimalvariante Trede. Das Plenum liess sich aber nicht auf eine Differenz zum Erstrat ein und blieb bei dessen Entwurf (100'000 AdA), wobei die bürgerlichen Fraktionen die Oberhand in den Abstimmungen behielten.
Bereits im Ständerat war umstritten gewesen, ob zwei oder drei mechanisierte Brigaden dem Heer angegliedert sein sollen, und auch in der Volkskammer hielt man sich einige Zeit mit dieser Frage auf. Eine Minderheit Fehr (svp, ZH) wollte wie die Mehrheit der SiK deren drei vorsehen, jedoch sollten diese gemäss Fehr im Gegensatz zur Kommissionsmeinung „voll ausgerüstet sein“. Ein Vorstoss Gysi (sp, SG) wollte den Vorentwurf des Bundesrates mit zwei Brigaden aufrechterhalten. Das Ratsplenum folgte aber durchwegs seiner Kommissionsmehrheit und stützte so den ständerätlichen Beschluss. Nicht einig mit dem Ständerat wurde man sich in der Frage um die Führungsstruktur, wobei die Volksvertreterinnen und -vertreter weiterhin einen Chef der Armee an der Spitze wollten.

Relativ schnell konnte in dieser Sache zur Gesamtabstimmung geschritten werden, die jedoch für Verwirrung sorgen sollte. Zunächst wurde die Vorlage abgelehnt, weswegen sich SiK-Sprecher Hurter (svp, SH) veranlasst sah, einen Ordnungsantrag auf Wiederholung der Abstimmung zu stellen; die Situation sei nicht ganz klar gewesen, so seine Einschätzung. Nachdem dem Ordnungsantrag stattgegeben worden war, hiess man die Verordnung zur Armeeorganisation tatsächlich mit 94 zu 65 Stimmen gut. Dieser Teilbereich war also geklärt, wichtig war insbesondere auch die Position des Nationalrates, der sich somit ebenfalls hinter eine Armee mit 100'000 Militärs stellte.
Die erste – falsche – Abstimmung entpuppte sich aber als warnendes Vorzeichen für die Gesamtabstimmung zum Militärgesetz.

Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung

Im weiteren Verlauf der Debatte stand wieder das Militärgesetz im Zentrum und es ging darum zu klären, in welchem finanziellen Rahmen sich die Armee zu bewegen habe. Das war auch im Nationalrat umstritten. Der Ständerat war dem Bundesrat gefolgt, der die Finanzierung mittels vierjährigem Zahlungsrahmen vorsah. Die Mehrheit der nationalrätlichen SiK stellte sich grundsätzlich hinter diese Formulierung, wollte jedoch anfügen, dass dieser mindestens CHF 5 Mrd. pro Jahr betragen müsse. Hans Fehr (svp, ZH) und einige Mitstreitende wollten den Betrag auf CHF 5,4 Mrd. pro Jahr festlegen und eine Minderheit Fischer (glp, LU) beantragte, bei der Fassung des Ständerates zu bleiben. Die Mehrheit obsiegte recht deutlich mit 133 zu 53 Stimmen und konnte die CHF 5 Mrd. durchsetzen. Es galt überdies, eine Übergangsbestimmung betreffend die Finanzierung der Armee in den folgenden Jahre zu erlassen. Auch hier wurde, entgegen anders lautender Minderheitsanträge, zuerst der grosszügigere Mitteleinsatz gewählt. Der Nationalrat nahm aber sogleich eine Kurskorrektur vor, indem er in der letzten Ausmarchung einer Minderheit II Fischer (glp, LU) folgte und doch die ständerätliche Variante ohne finanzielle Verpflichtungen in den Gesetzestext schrieb. Dieser mit 121 zu 65 Stimmen gefasste Entscheid erklärte sich durch einen Haltungswechsel der FDP-Liberalen- und der CVP-Fraktion. Zwar war sich die bürgerliche Ratsseite einig darin, der Armee mehr Mittel zur Verfügung stellen zu wollen, konnte sich aber letztlich eben doch nicht darauf festlegen, einen fixen Betrag in das Gesetz zu schreiben.
Dies entpuppte sich als folgenschwerer Entscheid, denn in der Gesamtabstimmung zum MG folgte die Überraschung, als sich die SVP auf die Seite der SP und der Grünen schlug und die gesamte Vorlage ablehnte. Mit 86 zu 79 Stimmen und 21 Enthaltungen wurde das Militärgesetz im Nationalrat versenkt, wodurch die gesamte WEA in Schieflage geriet. Mit diesem Entscheid wurden auch alle in der Detailberatung gefassten Beschlüsse hinfällig.
Später liessen sich Exponenten der SVP zitieren, die bürgerlichen Partner seien zu unzuverlässig. Zankapfel war also weiterhin die Ausgestaltung der Finanzierung der Armee. Es war nun also am Ständerat, hierzu noch die Kohlen aus dem Feuer zu holen – ein Unterfangen, das dieser in der folgenden Herbstsession auf der Agenda hatte.

Verordnung der Bundesversammlung über die Verwaltung der Armee

Ebenso diskussionslos wie in der kleinen Kammer verabschiedete der Nationalrat die Verordnung der Bundesversammlung über die Verwaltung der Armee (VBVA) in der Sommersession 2015 mit 131 zu 46 Stimmen. Das Geschäft war damit für die Schlusskonsultation bereit.

Bundesgesetz über die militärischen Informationssysteme

Das Bundesgesetz über die militärischen Informationssysteme (MIG) wurde im Nationalrat mit 131 zu 32 Stimmen bei 24 Enthaltungen deutlich angenommen. Damit folgte der Nationalrat dem Ständerat, der den Entwurf des Bundesrates ohne Debatte angenommen hatte. Ein weiterer Baustein der WEA war damit unter Dach und Fach.

Weiterentwicklung der Armee
Dossier: Weiterentwicklung der Armee

Mitte 2014 legte der Bundesrat seine Botschaft zur Revision des Bundesgesetzes über den zivilen Ersatzdienst, kurz Zivildienstgesetz ZDG, vor und erfüllte damit einen Auftrag aus einer 2012 angenommenen Motion. Die grösste Neuerung bestand in der vorgesehenen Möglichkeit für Zivildiensteinsätze in Schulen. Weiter sollen Zivildienstleistende früher über die Zulassung zum Dienst und dessen Auswirkungen informiert werden. Zudem sollen die Anstrengungen in die Ausbildung der Dienstleistenden intensiviert werden. Darüber hinaus bietet die vorgeschlagene Anpassung des ZDG eine Annäherung an die Agrarpolitik 2014-2017. Die vorliegende dritte Revision des ZDG schafft auch eine Reihe von Optimierungen, die aufgrund der gesteigerten Vollzugsmengen nötig geworden sind: Der Zivildienst ist gewachsen, was sich auch am Total geleisteter Diensttage zeigt, das sich in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht hat, was unter anderem auf die Zunahme an Zulassungen nach der Einführung des Tatbeweises im Jahr 2009 zurückgeführt wird.
Im Herbst 2013 liess der Bundesrat den Vorentwurf mittels einer Vernehmlassung prüfen, wobei die Resonanz grösstenteils positiv ausfiel. Betreffend Einsätze in Schulen zeigten sich die FDP und SVP skeptisch, begrüsst wurde die Idee von der Linken, der CVP und den Kantonen.

Im Mai 2015 befasste sich der Nationalrat als Erstrat mit der Vorlage. Die SiK-NR war sich nicht einig. Die Mehrheit beantragte Eintreten auf die Vorlage, eine Minderheit Geissbühler (svp, BE), allesamt Angehörige der SVP Fraktion, beantragte Nichteintreten. SiK-Sprecher Walter Müller (fdp, SG), selbst Urheber der "Ausbildungs-Motion", führte die wichtigsten Änderungen aus. Seitens der Kommissionsminderheit brachte Nationalrätin Geissbühler (svp, BE) die Kritik vor, dass mit der vorgelegten Lösung der Zivildienst gegenüber dem Militärdienst noch attraktiver ausgestaltet würde, was der falsche Weg sei, weil er eine Schwächung des Milizprinzips bedeute. In der Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten in Schulen ortete Geissbühler "Verzweiflung": man wisse offenbar nicht, wo die vielen Zivildienstleistenden unterzubringen seien. Überdies solle ein sich in Erarbeitung befindlicher Expertenbericht zur Zukunft der Dienstpflicht abgewartet werden, bevor derartige Neuerungen an die Hand genommen werden. Die Eintretensdebatte gestaltete sich in der Folge äusserst emotional, wobei sich altbekannte Muster zeigten. Die Linke war für einen ausgebauten Zivildienst, die Rechte zeigte sich skeptisch und die Mitte eher pragmatisch mit einer Tendenz hin zur Unterstützung der Regierungsvorlage. Sogar die Abschaffung der Armee wurde prognostiziert, ehe in der Eintretensabstimmung doch eine komfortable Mehrheit von 137 gegen 48 Stimmen für Eintreten resultierte. Die 48 ablehnenden Stimmen stammten dabei von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion ab.

Auch die Detailberatung erwies sich in der Folge als langwierig, wobei die SVP weiterhin darum bemüht war, jede mögliche Attraktivitätssteigerung des Zivildienstes zu verhindern. Es waren jedoch nicht nur Minderheitsanträge, die für Diskussionen sorgten. Zunächst wurde über den Vorschlag der Regierung debattiert, Zivildienstleistende in Schulen einzusetzen. Dies zuzulassen schien der Kommissionsmehrheit unnötig, da das Schulsystem auch ohne "Assistenten" auskomme. Es sei überdies auch nicht möglich, einen geregelten Tagesverlauf zu garantieren und das Tätigkeitsfeld für "Zivis" sei zu wenig deutlich abgesteckt. Eine Minderheit van Singer (gp, VD) wollte mit Unterstützung der Fraktionen der SP und der GLP am bundesrätlichen Vorschlag festhalten. Mit 94 zu 82 Stimmen fiel die Abstimmung knapp zugunsten der Kommissionsmehrheit aus, womit die Einsatzmöglichkeit in Schulen aus der Vorlage gestrichen wurde. Weiter gaben die Auslandeinsätze Anlass zu Diskussionen, wobei zwei Aspekte zur Debatte standen. Eine Minderheit II Geissbühler (svp, BE) wollte Auslandeinsätze generell aus der Bestimmung streichen, eine Minderheit I Schläfli (cvp, SO) wollte die Modalitäten um die Freiwilligkeit solcher Einsätze anpassen, sie jedoch generell weiterhin zulassen. Dabei ging es um die Einwilligung der Dienstleistenden, die zwar für Auslandeinsätze abgegeben werden muss, nicht jedoch für Einsätze im grenznahen Ausland. Der Gesetzesentwurf sollte dahingehend angepasst werden, dass Dienstleistende auch für Einsätze im Grenzgebiet ihre Einwilligung geben müssen und nicht dazu verpflichtet werden können. Beide Anträge blieben erfolglos. Damit bleiben Auslandeinsätze möglich und eine Einwilligung der Zivis ist nicht einzuholen, sofern es sich um Einsätze im grenznahen Ausland handelt. Ein weiterer Minderheitsantrag Fehr (svp, ZH) wollte den Zeitpunkt des Wechsels vom Militär- in den Zivildienst restriktiver regeln. Gemäss Entwurf können Militärdienstpflichtige jederzeit ein Gesuch um Umteilung stellen, die SVP wollte hingegen durchsetzen, dass nur innerhalb der ersten sechs Wochen vor Beginn, oder aber nach Abschluss der Rekrutenschule Wechsel möglich sein sollen. Hans Fehr ortete in der skizzierten Regelung ein "Jekami" und hielt fest, die zwei vorgeschlagenen Zeitpunkte öffneten genügend Spielraum, um sich - auch nach vollendeter RS - noch für einen Zivildienst zu entscheiden. Das Ratsplenum fügte sich jedoch der Meinung der Kommissionsmehrheit und folgte so dem Bundesratsentwurf. Weitere, weniger bedeutende Minderheitenanträge blieben ebenfalls erfolglos, womit der Gesetzesentwurf mit den erwähnten Änderungen mit 122 zu 45 Stimmen zur Weiterbehandlung dem Zweitrat überwiesen wurde. Auch in der Gesamtabstimmung stimmte die SVP Fraktion geschlossen gegen den Gesetzesentwurf.

Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst (BRG. 14.059)
Dossier: Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst

Das Heilmittelgesetz sollte die eidgenössischen Räte noch länger beschäftigen, denn auch während drei Sessionen im Jahr 2015 konnte noch keine Einigung erzielt werden. Im Mai war es – wieder in einer Sondersession – der Nationalrat, der das Geschäft voranzubringen versuchte. Ein Blick auf die Vorarbeit der SGK-NR gab jedoch Anlass zu Zweifeln, dass es zu einer speditiven Entscheidfindung kommen würde. Zahlreiche Kommissionsanträge auf Änderungen gegenüber der vom Ständerat verabschiedeten Version, auf Festhalten an der eigenen Fassung, Minderheitsanträge, aber auch Anträge auf Einlenken lagen vor.
Kommissionssprecher de Courten (svp, BL) fasste eingangs Debatte die Ausgangslage zusammen: Der Ständerat habe sich eher in Richtung des bundesrätlichen Entwurfs zurückbewegt, während die SGK-NR tendenziell dem eigenen Text treu bleiben wolle. So sei – und dies war der Antrag der Kommissionsmehrheit – bei den Punkten der Zulassung, der Forschungsanreize und der transparenten Marktregulierung wieder die eigene Fassung zu beschliessen. Bezüglich der Forschungsanreize zeigten Erfahrungen anderer Länder positive Effekte: Mit einer Gewährung von Marktexklusivität sollten Pharmafirmen motiviert werden, zu forschen und neue Arzneimittel auf den Markt zu bringen. Ebenso wollte der Nationalrat in seiner Erstfassung die in der EU bereits zugelassenen Medikamente vereinfacht auf den Schweizer Markt bringen können; einstimmig beantragte hierzu die Kommission ein Umstossen des ständerätlichen Beschlusses. Weitere Differenzen schuf die Kommission bezüglich der grundsätzlichen Abgabe von Arzneimittelrezepten durch Ärztinnen und Ärzte: Die Patientinnen und Patienten sollten selbst bestimmen können, wo sie die Medikamente beziehen wollen, weshalb Rezepte nicht direkt an die Verkaufsstellen geschickt werden sollten. Ebenso sollten Rezepte grundsätzlich auch bei Bestellungen von Versandapotheken vorhanden sein. Die Kommission wollte auch daran festhalten, dass sich eine Stiftung um die Publikation von Arzneimittelinformationen kümmern soll. Dem Ständerat hingegen folgen wollte man bezüglich der Einführung einer Antibiotikadatenbank in der Veterinärmedizin sowie bezüglich eines Verbots für die Ausfuhr von Medikamenten, die für Hinrichtungen verwendet werden können.
Die Debatte im Plenum entfachte sich als Erstes an der Marktexklusivität, wobei es um die Inumlaufbringung neuer Arzneimittel ging. Die Kommission wollte mehrheitlich erneut den Unterlagenschutz für Arzneimittel für seltene Krankheiten streichen und stattdessen auf Marktexklusivität setzen, während der Ständerat sich für den Unterlagenschutz ausgesprochen und dessen Frist gar verlängert hatte. Thomas Weibel (glp, ZH) erklärte den Unterschied aus Sicht der Minderheit: Bei Marktexklusivität dürften nur Medikamente auf den Markt gebracht werden, die «sicherer und wirksamer [sind] als das bereits zugelassene Präparat». Dadurch gebe es kaum Forschungsanreize in Bereichen, in denen es bereits Medikamente gebe. Eine Minderheit Carobbio (sp, TI) wollte darum der kleinen Kammer mit dem Argument folgen, dass dadurch eine Monopolisierung der Herstellung verhindert würde. Unterstützt wurde sie von der grünliberalen und der sozialdemokratischen Fraktion sowie von Gesundheitsminister Berset. Jedoch entschied sich das Ratsplenum gegen den Unterlagenschutz und schuf damit die erste Differenz zum Ständerat – mit 108 zu 80 Stimmen obsiegte der Kommissionsantrag. Ebenso beharrten die Nationalrätinnen und Nationalräte darauf, dass in der EU bereits seit einigen Jahren zugelassene Arzneimittel auch in der Schweiz vereinfacht in Umlauf gebracht werden können. Damit hielt man an der eigenen Fassung fest, wenn auch mit einem leicht abgeänderten Text. Ein Ausfuhrverbot von Medikamenten, die für illegale Zwecke verwendet werden oder als Zusatzstoff für Hinrichtungen eingesetzt werden können, wurde von einer Minderheit Borer (svp, SO) bekämpft. Es gehe hierbei jedoch nicht um Hinrichtungen – die Minderheit befürworte diese keineswegs. Vielmehr beträfe die Bestimmung Medikamente, die in vielen Bereichen der Human- und Veterinärmedizin verwendet würden. Das Plenum folgte in dieser Frage jedoch der Kommissionsmehrheit und dem Ständerat: Mit 108 zu 78 Stimmen sprach sich der Nationalrat gegen den Willen der SVP- und der FDP-Liberalen-Fraktion für das Exportverbot aus. Bezüglich Verschreibungspflicht und Rezept-Ausstellung hielt der Nationalrat an seinen Bestimmungen fest.
Lange diskutierte der Nationalrat in der Folge über die Marktaufsicht und die Frage der Integrität der Heilmittel abgebenden Personen, aber auch über das Ziel, Korruption im Bereich des Arznei- und Heilmittelmarktes zu verhindern. Ignazio Cassis (fdp, TI) führte in seinem Beitrag aus, dass es darum gehe, zu bestimmen, über welche Preismechanismen das BAG respektive die Regierung eine Kontrolle ausüben solle: nur über Arzneimittel oder über alle Heilmittel, die eben auch weitere medizinische Produkte wie Spitalbetten, Spritzen, Pflaster und anderes medizinisches Material umfassten. Aus Sicht des Ständerates, des Bundesrates sowie von Minderheiten Cassis, Gilli (gp, SG) und in leicht abweichender Formulierung von einer Minderheit de Courten (svp, BL) solle der Markt für Letzteres die Preise definieren, während das Heilmittelinstitut Swissmedic eine Aufsichtsrolle über die Arzneimittelpreise wahrnehmen solle. Die Anträge wurden gegeneinander ausgemehrt und letztlich blieb derjenige Gillis stehen. Demnach dürfen Arzneimittel, welche mit Rabatten gehandelt oder verkauft werden, keinen Einfluss auf die Wahl der Therapie haben. Zudem müssen Rabatte ganz oder teilweise an den Kostenträger weitergegeben und zur Verbesserung der Behandlung eingesetzt werden.
In weiteren Anpassungen betreffend andere Gesetze und Übergangsbestimmungen folgte der Nationalrat mehrheitlich dem Ständerat oder modifizierte dessen Beschlüsse leicht.

Heilmittelgesetz

Institué à Malte le 19 juin 2011, le Bureau européen d’appui en matière d’asile (EASO) se donne pour tâche de faciliter la coopération entre les états membres de l'UE et, lorsque cela s'avère nécessaire, de seconder ces derniers dans le domaine de l'asile. La Suisse, exempte de l'UE mais associée aux accords Dublin, a négocié les conditions de sa collaboration avec l'EASO de manière concomitante à la Norvège, au Liechtenstein et à l'Islande. Ainsi, les termes de l'accord permettent notamment à la Suisse de prendre part à l'ensemble des activités du Bureau ou de participer, en tant qu'observatrice, aux séances du conseil d'administration. Elle ne peut en revanche contribuer aux décisions relatives aux engagements opérationnels.
Au Parlement, la Chambre basse s'est, dans un premier temps, déclarée favorable au projet du Conseil fédéral, écartant ainsi la proposition de ne pas entrer en matière avancée par la minorité Fehr, composée au total de sept élus de la CIP-CN, tous membres de l'UDC. L'entrée en matière a également été approuvée par la majorité du second conseil, au dépens cette fois-ci de la minorité Föhn et Minder. Le 20 mars 2015, date du vote final, le Conseil national (par 140 voix contre 57) et le Conseil des Etats (par 38 voix contre 6) se sont définitivement prononcés en faveur de l'arrêté fédéral établissant les modalités de participation de la Suisse au Bureau européen d’appui en matière d’asile.

Bureau européen d’appui en matière d’asile. Accord avec l’UE

Das Nachrichtendienstgesetz (NDG) war neben dem BÜPF die zweite Vorlage im Jahr 2015, bei der die eidgenössischen Räte eine Güterabwägung zwischen der Sicherheit der Bevölkerung und des Staates einerseits und dem Daten- und Persönlichkeitsschutz andererseits vornehmen mussten. Während das BÜPF jedoch die Verfolgung konkreter Straftatbestände durch die Behörden regelt, betrifft das NDG die präventive Überwachung durch den Nachrichtendienst (NDB). Die Gefahr einer erneuten Fichierung der Bevölkerung, welche von den Gegnern ins Feld geführt wurde, sah die grosse Mehrheit der vorberatenden SiK-NR nicht gegeben. Ziel des Gesetzes sei die präventive, gezielte Gewinnung von Schlüsselinformationen und der NDB erhalte dazu Instrumente für gezielte Eingriffe bei besonderen Bedrohungen, aber keine Generalvollmacht.

Als Erstrat hatte der Nationalrat dennoch zuerst über einen Nichteintretensantrag zu entscheiden. «Dieses Gesetz ist schlecht, lückenhaft und geht im entscheidenden Moment zu weit», begründete Daniel Vischer (gp, ZH) den Antrag. Das Gesetz stelle «unser kostbarstes Gut, die persönliche Freiheit» aufs Spiel und erlaube dem Staat einen «Lauschangriff». Die Befürworter des NDG hielten dagegen, dass sich die Bedrohungen in jüngster Zeit verändert hätten und man darum die Mittel anpassen müsse, um diesen Bedrohungen entgegenzutreten. Die Schweiz dürfe nicht aufgrund fehlender Kompetenzen des NDB zu einem Tummelplatz für Kriminelle und Terroristen, die hier unbehelligt ihre Taten vorbereiten können, sowie für ausländische Geheimdienste, welche die Überwachung des NDB als unzureichend empfinden, werden. Nach der hitzigen und langen Debatte votierte die klare Mehrheit der grossen Kammer mit 154 zu 33 Stimmen schliesslich für Eintreten. Dagegen stimmten die geschlossene grüne Fraktion, eine Minderheit der SP-Fraktion sowie einzelne Vertreter anderer Parteien.

Die Detailberatung erfolgte in vier thematischen Blöcken. Im ersten Block beschäftigte sich der Nationalrat mit den allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes, den Aufgaben und der Zusammenarbeit des NDB sowie den genehmigungsfreien Beschaffungsmassnahmen. In diesem Themenbereich folgte die Volkskammer in allen Punkten ihrer Kommissionsmehrheit und brachte nur geringfügige Änderungen am Entwurf des Bundesrates an.

Die Bestimmungen des zweiten Blocks, zu denen die genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen, der Quellenschutz, die Beschaffung von Informationen über Vorgänge im Ausland, die Kabelaufklärung und die Koordination mit der BÜPF-Revision gehören, sorgten für weitaus mehr Zündstoff in der Debatte, stellen sie doch den eigentlichen Kernbereich der Vorlage dar. Bei den genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen war weniger die konkrete Ausgestaltung umstritten als die Frage, ob es sie überhaupt geben soll. Es handelt sich dabei um Massnahmen zur Überwachung ausserhalb des öffentlichen Raumes, d.h. Eingriffe in die Privatsphäre. Eine Minderheit um Daniel Vischer beantragte, den gesamten Abschnitt betreffend die genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen aus dem Gesetz zu streichen, da diese nicht verhältnismässig angewendet werden könnten und «rechtsstaatlich unzulässig» seien. Das Ansinnen fand im links-grünen Lager grosse Unterstützung, hatte gegen die bürgerliche Mehrheit aber keine Chance. Die Befürworter argumentierten einmal mehr, dass diese Kompetenzen für den NDB unerlässlich seien, um die Sicherheit der Schweiz und ihrer Bevölkerung sicherzustellen. Missbrauch soll durch ein dreistufiges Bewilligungsverfahren, bei dem eine solche Massnahme zuerst vom Bundesverwaltungsgericht bewilligt und anschliessend nach einer Konsultation des EDA und des EJPD vom Chef oder der Chefin des VBS freigegeben werden muss, ausgeschlossen werden. Das gleiche Spiel wiederholte sich mit den Bestimmungen zur Kabelaufklärung. Sie geben dem NDB die Befugnis zur Suche nach bestimmten Schlagworten im Internet. Auch hier war nicht die konkrete Umsetzung umstritten, sondern die Existenz solcher Massnahmen an sich. Balthasar Glättli (gp, ZH) wollte mit einem Einzelantrag den gesamten Abschnitt betreffend die Kabelaufklärung aus dem Gesetz streichen. Die Meinungen und Argumente waren die gleichen wie in der Frage der genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen und wiederum unterlag das links-grüne Lager der bürgerlichen Mehrheit im Rat. Die übrigen Bestimmungen in diesem Beratungsblock waren wenig umstritten und wurden alle gemäss Antrag der Kommissionsmehrheit angenommen.

Die Diskussion im dritten Block über die Bestimmungen zur Datenbearbeitung und -archivierung verlief entlang der gefestigten Argumentationslinien und war ansonsten wenig kontrovers. Die Kommission habe sehr hohe Ansprüche an die Datenerfassung, die Überprüfung der Plausibilität von Daten und die Datenarchivierung gestellt und immer darauf geachtet, die Interessen der breiten Bevölkerung am Persönlichkeitsschutz zu respektieren, versicherte Kommissionssprecher Roland Borer (svp, SO). So folgte der Nationalrat überall den Anträgen seiner Kommissionsmehrheit und brachte keine substanziellen Änderungen am bundesrätlichen Entwurf an.

Im vierten und letzten Block beschäftigte sich die grosse Kammer mit der politischen Steuerung, der Kontrolle und Aufsicht über den NDB, dem Organisationsverbot und den Schlussbestimmungen. Die vom Bundesrat vorgesehene vierfache Kontrolle durch eine departementsinterne unabhängige Aufsicht, den Sicherheitsausschuss des Bundesrates, die GPDel sowie eine unabhängige Kontrollinstanz für die Funkaufklärung stiess im Rat auf ein überwiegend positives Echo. Als einzige grundlegende Änderung am Entwurf des Bundesrates fügte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission eine explizite gesetzliche Grundlage für das Verbot von Organisationen oder Gruppierungen ein, welche terroristische oder gewalttätig-extremistische Aktivitäten propagieren oder fördern und damit die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz bedrohen. Bisher konnte der Bundesrat solche Organisationsverbote nur auf Notrecht basierend erlassen, weshalb ihre Gültigkeit jeweils auf ein halbes Jahr beschränkt war. Allerdings wollte die grosse Kammer dem Bundesrat hier keine Blankovollmacht erteilen, so dass sie einen Einzelantrag Eichenberger (fdp, AG) einstimmig annahm, demzufolge sich ein Verbot auf einen entsprechenden Beschluss der UNO oder der OSZE stützen muss und nur nach Konsultation der zuständigen parlamentarischen Kommissionen erlassen werden kann. In allen anderen Punkten folgte sie der Kommissionsmehrheit.

In der Gesamtabstimmung wurde das NDG mit 119 zu 65 Stimmen bei 5 Enthaltungen klar angenommen. Mit den geschlossen stimmenden Fraktionen der CVP, BDP und FDP sowie der überwiegenden Mehrheit der SVP-Fraktion auf der Befürworterseite und der gesamten grünen Fraktion sowie den Fraktionen der SP und der GLP mit jeweils einer Ausnahme auf der Gegenseite zeigte sich auch in der Gesamtabstimmung der ideologische Graben zwischen dem bürgerlichen und dem links-grünen Lager deutlich.

Neues Nachrichtendienstgesetz (BRG 14.022)
Dossier: Staatliche Überwachung
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Mit einem Postulat «Verlässliche Entscheidungsgrundlagen für die Arzneimitteltherapie» wollte die SGK-NR den Bundesrat beauftragen, einen Bericht zur medizinischen Forschung vorzulegen, wobei der Fokus auf Medikamente gelegt werden soll, deren Patent abgelaufen ist. Die Kommission nahm Bedenken einer Fachzeitschrift auf, worin ein Artikel die mangelnden Entscheidungsgrundlagen für Therapieentscheide aufgegriffen hatte. Es geht im Wesentlichen um die Förderung von klinischen Studien über Arzneimittel, deren Patent abgelaufen ist. Die Pharmaindustrie beschränke sich in ihren eigenen Studien – verständlicherweise – auf Produkte im Entwicklungsstadium, oder solche, deren Zulassung bevorsteht, um die Wirksamkeit dieser neuen Arzneimittel zu belegen. Im besten Fall würden patentabgelaufene Medikamente noch mitberücksichtigt. Viel häufiger verschwinden jedoch ältere Medikamente aus klinischen Studien mit der Folge, dass deren Datenlage trotz jahrelanger klinischer Anwendung ungenügend bleibt. Diese Kritik nahm die Kommission auf und forderte unter anderem den Einsatz von mehr Mitteln zur Durchführung von klinischen Studien.
Das Postulat wurde im März 2015 im Nationalrat behandelt. Der Bundesrat hatte bereits in seiner Stellungnahme seine ablehnende Haltung kundgetan und verwies unter anderem auf das seit 2014 in Kraft stehende Humanforschungsgesetz. In dieser Norm sind vereinfachte regulatorische Anforderungen für Therapieoptimierungsstudien vorgesehen, worunter auch Studien mit Medikamenten, deren Patentschutz abgelaufen ist, fallen.
Im Ratsplenum wurde keine lange Debatte nötig. Zwar gab es aus der Kommission einen Minderheitsantrag Borer (svp, SO), der das Postulat nicht unterstützte, aber der Nationalrat folgte der Mehrheit seiner SGK und nahm das Postulat an. Als Sprecherin trug Yvonne Gilli (gp, SG) das Anliegen nochmals vor. Gilli war es auch, die bereits 2013 ein gleichlautendes Postulat eingereicht, dieses aber zugunsten des jetzt behandelten Kommissionsvorschlags wieder zurückgezogen hatte. Eindringlich wies sie auf die bestehenden Forschungslücken hin, die aufgrund mangelnden Interesses der Pharmaindustrie entstünden. Es gebe keinen Nutzen für die Arzneimittelproduzenten neue Medikamente mit Medikamenten zu vergleichen, deren Patentschutz abgelaufen ist. Deswegen müsse in diesem Bereich nachgebessert werden. Das Ratsplenum folgte diesem Appell und nahm das Postulat mit 97 zu 77 Stimmen bei einer Enthaltung, und also gegen den Willen des Bundesrats, an.

Verlässliche Entscheidungsgrundlagen für die Arzneimitteltherapie

Am 3. Dezember 2014 wurde die amtierende Vizepräsidentin des Bundesrates, Simonetta Sommaruga, mit 181 Stimmen zur neuen Bundespräsidentin gewählt. Die Stimmenzahl – von den 236 eingelangten Wahlzetteln waren 22 leer, vier ungültig und 29 mit anderen Namen versehen – wurde als solid bezeichnet. Es waren die meisten Stimmen, die eine Bundespräsidentin je erhalten hatte – Sommaruga war die fünfte Frau in diesem Amt. Die Stimmenzahl gilt jeweils als Gradmesser für die Zufriedenheit des Parlaments mit den jeweiligen Magistraten. Zu einer Strafaktion durch eine Fraktion, wie sie beispielsweise 2011 gegen Micheline Calmy-Rey geführt wurde, die damals lediglich 106 Stimmen erhielt, kam es 2014 nicht. Dies war auch bei der Wahl des Vizepräsidenten der Fall: Johann Schneider-Ammann erhielt zwar etwas weniger Stimmen als Sommaruga – von den 237 eingelangten Wahlzetteln waren 28 leer, 14 ungültig, 22 mit anderen Namen und 173 mit dem Namen Schneider-Ammann versehen – auch dieses Resultat gilt im langjährigen Schnitt aber als gut. Die leeren und ungültigen Stimmen dürften zu einem Teil aus der SP-Fraktion stammen, bei welcher der FDP-Bundesrat besonders in der Kritik stand. Zum ersten Mal in der Geschichte werden damit zwei Regierungsmitglieder aus dem gleichen Kanton (Bern) im Präsidium sitzen. Die Kantonsklausel, die dies untersagt hätte, war 1999 aus der Verfassung gestrichen worden.
Sommaruga, die aufgrund eines neuen Wahlprozederes vor der Bundesversammlung eine Rede halten durfte, betonte, dass das Jahr 2015 viele Reformen bringen werde, die sie auf der Basis funktionierenden Zusammenarbeitens angehen wolle. Zentral sei dabei die direkte Demokratie. In der Schweiz gebe es nicht nur ein Septett und ein 246-köpfiges Orchester, sondern auch einen Chor aus zweieinhalb Millionen Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern. Die direkte Demokratie sei ein einzigartiges und faszinierendes System, auf das sie in ihrem Präsidialjahr einen Akzent legen wolle. Dieses System sei mit grosser Verantwortung und einer spezifischen politischen Kultur verbunden, die auf eine Abstimmung aller drei Teile aufeinander beruhe. Die Bereitschaft zum Kompromiss sei hier ein Ausdruck von Stärke und nicht von Schwäche. Mit der Wahl Sommarugas zur Bundesratspräsidentin standen drei SP-Mitglieder an der Spitze der Schweiz – auch Nationalratspräsident Stéphane Rossini (sp, VS) und Ständeratspräsident Claude Hêche (sp, JU) sind Genossen.
Sommaruga löste den scheidenden Bundespräsidenten Didier Burkhalter ab. Dessen Präsidialjahr war unter dem Motto „Jugend, Arbeit und Öffnung“ gestanden, was schon im Januar auf dem traditionellen Bundesratsfoto durch eine offene Türe im Bundesratszimmer symbolisiert worden war. Häufiges mediales Diskussionsthema im Jahr 2014 war die Doppelrolle Burkhalters, der neben dem Bundesrat auch der OSZE vorstand. Dies brachte ihm harsche Kritik von seinem Bundesratskollegen Ueli Maurer ein, der Burkhalter in einem Weltwoche-Interview Mitte März vorwarf, mit seinem Amt die Schweizer Neutralität zu verwedeln. Tags darauf krebste Maurer zwar wieder zurück und entschuldigte sich via VBS-Webseite, das Thema der Vereinbarkeit der beiden Ämter blieb jedoch eine Weile auf der Traktandenliste. Durch seine bescheidene und geschickte Art gelang es Burkhalter, in seinem Amt zu wachsen. Zupass kam ihm dabei die schwierige, aber im weltpolitischen Schaufenster beleuchtete Aufgabe als Vermittler in der Ukrainekrise. Der Parteipräsident gewann nicht nur im In-, sondern auch im Ausland an Beliebtheit und Grösse. Die Stimmen, die seine doppelte Präsidentschaft kritisierten, verstummten allerdings nicht. Eine in den Räten noch nicht behandelte Motion von Roland Borer (svp, SZ) fordert Vorkehrungen, damit ein amtierender Bundespräsident nicht gleichzeitig den Vorsitz einer internationalen Organisation („z.B. OSZE“) innehaben könne. Anfang November wurde Burkhalter von der Universität Neuenburg mit dem Ehrendoktortitel gewürdigt. Als OSZE-Vorsitzender war Burkhalter gefragter Gesprächspartner. Zusammen mit seinem Engagement als Aussenminister absolvierte Burkhalter so viele Auslandreisen wie kein Regierungspräsident vor ihm. Burkhalter selber zog ein gemischtes Fazit zu seinem Präsidialjahr. Die Sicherheitslage in Europa sei schlechter geworden, die Schweiz habe aber international an Goodwill gewonnen. Die Beziehungen der Schweiz zur EU hätten allerdings gelitten und müssten jetzt wieder gestärkt werden.

2015 - Simonetta Sommaruga
Dossier: Wahlen des Bundespräsidiums

Dans le cadre des développements de l'acquis de Schengen, le Conseil fédéral a demandé, début avril, au parlement d'approuver un arrêté fédéral sur l’échange de notes entre la Suisse et l’UE concernant la reprise du règlement (UE) n° 1053/2013. Ce règlement vise à créer un mécanisme d'évaluation et de contrôle de l'acquis Schengen afin de garantir une intervention plus efficace en cas de problèmes liés à la législation Schengen.
Lors de la session d'été, le Conseil des États s'est prononcé sans discuter à l'unanimité en faveur de cet arrêté fédéral. En revanche, il y a eu matière à discussion au sein du Conseil national. En effet, une minorité UDC (Golay (mcg, GE), Borer (udc, SO), Bortoluzzi (udc, ZH), Fehr (udc, ZH), Geissbühler (udc, BE), von Siebenthal (udc, BE)) s'est opposée à l'entrée en matière. Le Conseiller national Golay (udc, GE) a exprimé ses doutes concernant l'efficacité de ce mécanisme d'évaluation. Il a également souligné que le groupe UDC n'avait pas l'intention de servir de marionnette à l'UE. Car bien que la Suisse ait le droit de participer à cet échange, elle n'a aucun droit de vote contrairement aux autres États Schengen. Le Conseil national n'a pas partagé l'opinion de la minorité et s'est prononcé en faveur de l'arrêté fédéral par 125 voix contre 55 et 13 abstentions.
Lors du vote final le 26 septembre, les deux Chambres ont donné leur feu vert. Le Conseil des États par 41 voix contre 2 et 2 abstentions, le Conseil national par 124 voix contre 63 et 10 abstentions.

mécanisme d'évaluation et de contrôle de l'acquis Schengen

In der Wintersession 2013 wurde die Motion «Für eine von Massenvernichtungswaffen freie Zone im Nahen und Mittleren Osten» im Nationalrat von Roland Borer (svp, SO) bekämpft, weshalb sie erst in der Herbstsession 2014 diskutiert werden konnte.
Claudia Friedl (sp, SG) äusserte in ebendieser Herbstsession ihr Unverständnis hinsichtlich der Bekämpfung durch Nationalrat Borer. Laut Friedl wären die Umstände zum Zeitpunkt der Eingabe sehr günstig gewesen, um die Abrüstung im Nahen Osten durch einen multilateralen Prozess in Gang zu setzen. Roland Borer begründete seine Bekämpfung damit, dass es seiner Meinung nach keinen Sinn mache diese Forderung permanent zu wiederholen, obwohl das Parlament dem Anliegen in vorhergehenden Vorlagen bereits zugestimmt habe. Borer betonte, dass es an anderen Instanzen sei, «endlich Remedur zu schaffen». Laut Bundesrat Burkhalter beteiligte sich die Schweiz bereits an den Bemühungen zur Gewährleistung der internationalen Sicherheit in der Region. So unterstütze man logistisch einen finnischen Vermittler vor Ort, der eine Konferenz zur Einrichtung einer massenvernichtsungswaffenfreien Zone vorbereite. Der Nationalrat nahm die Motion mit 128 zu 60 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) an. Die Gegenstimmen stammten überwiegend vonseiten der SVP-Fraktion.

Für eine von Massenvernichtungswaffen freie Zone im Nahen und Mittleren Osten

Die Räte behandelten eine Motion Schneider-Schneiter zur Befreiung von Babysitting und Hausdienstarbeit von AHV-Beiträgen. Bei kleinen Dienstleistungen unter Verwandten und Nachbarn, wie gelegentlichem Babysitting oder kleinen Gartenarbeiten, die mit geringen Geldbeträgen oder Naturalien entschädigt werden, sei den Beteiligten oft nicht klar, dass ein Arbeitsverhältnis vorliege und damit AHV abgerechnet werden müsse; sie befänden sich somit unwissentlich in der Illegalität. Zwar liege gerade bei Hausdienstarbeiten unbestreitbar eine Missbrauchsgefahr vor, so die Motionärin. Jedoch führe auch das Festhalten an einer Rechtsnorm, welche den Betroffenen unverständlich erscheine und konkret nicht durchsetzbar sei, zu einem geminderten Respekt vor dieser Norm und damit zu Missbrauchsgefahr. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion, stellte jedoch bereits in Aussicht, die Befreiung auf Arbeitnehmende unter 25 Jahren und einen Jahresverdienst von maximal CHF 750 beschränken zu wollen. Der Nationalrat nahm den Vorstoss in der Sommersession stillschweigend an. Im Gegensatz dazu entfaltete sich im Ständerat in der Herbstsession eine Debatte, angestossen durch die SGK-SR, welche gegen eine Minderheit Seydoux (cvp, JU) die Ablehnung der Motion beantragte. Die Mehrheitssprecherin äusserte den Verdacht, die Motion sei nicht aufgrund eines Bündels negativer Erfahrungen mit den betreffenden Bestimmungen, sondern vielmehr aufgrund eines Einzelfalles – gemeint war jener von Nationalrat Hans Fehr (svp, ZH) – lanciert worden. Die Notwendigkeit einer neuen Regelung sei nicht gegeben und bei Hausangestellten mit vielen Arbeitgebenden, welche je nur Löhne von einigen hundert Franken jährlich bezahlten, sei die Gefahr von Missbrauch und folglich von Beitragslücken gross. Eine entsprechende Regelung würde zudem eine Ausnahme zur Ausnahme bilden – Jahreslöhne unter CHF 2‘300 pro Arbeitgeber sind nicht AHV-pflichtig, ausser die Tätigkeit wird in einem Privathaushalt ausgeführt – und damit das System weiter verkomplizieren. Die Minderheitssprecherin hielt dagegen, negative Erfahrungen lägen nur darum nicht vor, weil die Regel allgemein unbekannt sei. Auch der Bundesrat spreche von einer Disproportionalität zwischen dem Aufwand für die AHV-Abrechnung und den tatsächlichen Beiträgen, und die von ihm vorgeschlagene Lösung sei nicht übertrieben kompliziert, bringe jedoch Rechtssicherheit für die Privathaushalte. Ein Ordnungsantrag Niederberger (cvp, NW), der die Motion aufgrund der Nichtübereinstimmung des Motionstexts mit der vorgeschlagenen Umsetzung des Bundesrates zur Prüfung an die Kommission zurückweisen wollte, wurde deutlich abgelehnt. Der Rat überwies die Motion mit 22 zu 14 Stimmen bei 5 Enthaltungen.

Befreiung von Babysitting und Hausdienstarbeit von AHV-Beiträgen

L'Assemblée fédérale a approuvé la ratification de la Convention n° 189 de l'Organisation internationale du Travail concernant la protection des travailleurs domestiques, souvent des femmes et des migrants. Dans son message du 28 août 2013, le Conseil fédéral s'était prononcé en faveur de cette nouvelle convention internationale du travail datant de l'année 2011, notant qu'il s'agissait là du respect des droits fondamentaux et d'une protection sociale minmale. Cette convention contient des dispositions relatives aux conditions de vie et de travail, à la rémunération ainsi qu'à la sécurité et la santé au travail et a pour but de garantir les droits fondamentaux des travailleuses et des travailleurs domestiques ainsi que la protection sociale minimale. Le Conseil fédéral avait noté que cette nouvelle norme marquait une étape importante pour combattre la vulnérabilité des travailleurs domestiques sur les plans sociaux et économiques.
En janvier 2014, la Commission de la sécurité sociale et de la santé publique du Conseil des Etats (CSSS-CE) a voté en faveur de la convention par 9 voix contre 0 (2 abstentions). À l’instar de la CSSS-CE, la Commission de la sécurité sociale et de la santé publique du Conseil national (CSSS-CN) s'est également prononcé en faveur de la ratification de la convention par 13 voix contre 11.
Le 20 mars, le Conseil des Etats a adopté la norme à l'unanimité, suivi du Conseil national le 12 juin (114 voix contre 73). Il a été souligné que le droit suisse n'aurait pas à être modifié pour la ratification, puisque déjà conforme à la convention n° 189 de l'OIT, mais qu'il s'agissait d'un geste important de solidarité envers les 50 millions de travailleurs domestiques dans le monde (chiffre de l'OIT). Lors du vote final pendant la session d'été, les deux chambres ont adopté l'arrêté. Le Conseil des Etats encore une fois à l'unanimité, le Conseil national par 114 voix contre 83. Lors des délibérations au National, une importante minorité (Borer (udc, SO), Bortoluzzi (udc, ZH), Cassis (plr, TI), Clottu (udc, NE), de Courten (udc, BL), Frehner (udc, BS), Moret (plr, VD), Parmelin (udc, VD), Pezzatti (plr, ZG), Stahl (udc, ZH) et Stolz (plr, BS) a contesté la nécessité de la convention en déclarant que toute législation supplémentaire était superflue puisque la catégorie de travailleurs visés benéficiait déjà d'une protection suffisante et que les employeurs étaient contre. Le conseiller fédéral Johann Schneider-Ammann a alors rappelé que cette ratification allait dans le sens de la politique générale de la Suisse et que Berne ratifiait les traités de l'OIT lorsque le droit suisse est déjà conforme.

Convention n° 189 de l'Organisation internationale du Travail

Der Abstimmungssonntag am 18. Mai 2014, wurde nicht nur Höhe-, sondern auch Schlusspunkt eines langwierigen Seilziehens um die Gripen-Beschaffung bzw. den Tiger-Teilersatz. Dieses grosse Rüstungsvorhaben hatte zahlreiche Hürden zu nehmen. Die letzte davon - der Urnengang - wurde 2013 durch den Bundesrat selbst ermöglicht, indem als Finanzierungsgrundlage ein Fondsgesetz vorgeschlagen wurde. Erst dieser Kniff ermöglichte es, die Finanzierung und damit sehr unmittelbar auch die Beschaffung selbst, dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Mit der Ablehnung des Gripen-Fondsgesetzes an der Urne wurde die aufsehenerregende Kampfflugzeugbeschaffung erfolglos abgeschlossen.

Dass das Referendum ergriffen würde, war schon früh klar. Noch vor den parlamentarischen Debatten Ende 2013 kündigte die Grüne Partei an, sie werde dieses Geschäft zu verhindern suchen. Zwei Referendumskomitees hatten sich dann bereits vor der letzten Beratung im Ständerat konstituiert, so dass einer Unterschriftensammlung nichts mehr im Wege stand. Links-grün und die Grünliberale Partei stellten sich je individuell an, die nötige Anzahl Unterschriften zu sammeln. Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten. Innert zwei Monaten und damit noch 2013, hatte das Komitee um SP und GPS rund 80‘000 Unterschriften beisammen. Damit zeichnete sich rasch ab, dass die Referendumsabstimmung bereits im Frühjahr 2014 abgehalten werden konnte. Entsprechend früh erkannte auch der Verteidigungsminister den Ernst der Lage und noch Ende 2013 stieg er in den Abstimmungskampf. Fortan standen sich bürgerliche Gripen-Befürworter und Gripen-Gegner aus links-grünen Kreisen gegenüber. Neu standen aber erstmals auch bürgerliche Politiker einer Armeevorlage kritisch gegenüber: die GLP hatte sich nicht nur an der Unterschriftensammlung beteiligt, sondern sie stellte sich fortan auch in einem Gegnerkomitee gegen die Beschaffung der Gripen-Jets.

Erster Meilenstein war Mitte Januar 2014 die Einreichung der Unterschriften. Das links-grüne Bündnis um SP, GPS und andere Organisationen konnte rund 100'000 Unterschriften für das Referendum zusammentragen, nur etwa 5'000 davon waren vom grünliberalen Anti-Gripenkomitee beigesteuert worden. Da schon Mitte Mai abgestimmt werden sollte, war die Einreichung der Unterschriften gleichzeitig der Startschuss für den Abstimmungskampf. Sogleich wurde dieser befeuert, als es nicht nur darum ging, ob sich die Herstellerfirma Saab an der Finanzierung der Ja-Kampagne beteiligen soll, sondern ob dies überhaupt zulässig sei. Das Gegnerkomitee meldete sehr rasch seine Ablehnung an. Aber auch Gripen-Befürworter standen einer finanziellen Beteiligung aus Schweden kritisch gegenüber. Thomas Hurter (svp, SH) forderte, dass sich Saab gänzlich aus der Abstimmungskampagne raushalte.

Unangenehme Tage musste der Verteidigungsminister auch im Februar erleben: Nachdem bereits der Prozess zum Typenentscheid durch verschiedene Nebenereignisse und Indiskretionen für negative Schlagzeilen gesorgt hatte, wurden auch im neuen Jahr geheime (und brisante) Informationen publik. So hatte sich Verteidigungsminister Ueli Maurer in mehreren Treffen mit dem Schwedischen Botschafter Per Thöresson ausgetauscht. Dabei soll es nicht nur um gute Kontakte gegangen sein, sondern ganz konkret um ein Engagement Schwedens im Abstimmungskampf. Diese Informationen hatte ein Schwedischer Radiosender veröffentlicht, der drei Berichte des Botschafters an das Aussen- und Verteidigungsministerium Schwedens vorliegen hatte. Der Inhalt war insofern brisant, als dass angeblich Bundesrat Maurer selbst um Unterstützung aus Schweden gebeten haben soll. Zwar solle sich Schweden nicht direkt in den Abstimmungskampf einmischen, jedoch durch verschiedene Anlässe in Schweden und der Schweiz eine positive Stimmung erzeugen. Ein Beispiel wären Journalisten-Besuche in den Saabwerken zu Informationszwecken. Maurer musste sich in der Folge erklären und versuchte den Ball flach zu halten. Dass Gespräche geführt wurden konnte er nicht in Abrede stellen, er wollte jedoch darin keine gemeinsame Kampagnenplanung sehen. Dass er sich als Vorsteher des VBS an vorderster Front für den Gripen stark mache, sei nicht mehr als opportun. Die Ungereimtheiten spielten den Gegnern dennoch in die Hände und den Befürwortern wie auch dem Verteidigungsminister selbst blieb nichts anderes übrig, als gebetsmühlenartig festzuhalten, dass der Gripen die richtige Lösung für die Schweiz sei. Fast täglich wurde in den Zeitungen über den Gripen berichtet.

Die Kampagnenleitung der Befürworter sollte von der CVP übernommen werden, allerdings stellte sie sich nur zögerlich dafür zur Verfügung, denn scheinbar sah sich Parteipräsident Darbellay mit zu wenig finanziellen Mitteln ausgestattet. Dass bis zu CHF 5 Mio. für die Befürworterkampagne aufgewendet werden sollten, liess man seitens des Vereins für eine sichere Schweiz VSS, dem CVP-Nationalrat Jakob Büchler (SG) vorsteht, unkommentiert. Auch diese Informationen stammten aus geheimen Berichten aus Schweden. Beim VSS versuchte man derweil, sich von Schweden zu distanzieren. Das Durchsickern dieser Informationen führte indes dazu, dass sich die CVP zurückzog und nicht mehr als Kampagnenleiterin fungieren wollte. Ausschlaggebend waren unter anderem auch verunglimpfende, persönliche Kommentare des Schwedischen Botschafters gegen CVP-Exponenten. Im Engagement der CVP hätte man sich auf Befürworterseite erhofft, dass Gripen-kritische Wähler in der politischen Mitte abgeholt werden könnten. Daraus wurde nun vorerst nichts. Dass zudem die Sektion der CVP-Frauen im Gegensatz zur Mutterpartei die Nein-Parole fasste, schien für die CVP ebenfalls eine Hypothek darzustellen. Wer die Kampagnenleitung übernehmen sollte, war in der Folge offen. Die CVP wollte die Volkspartei vorschicken, da es schliesslich ein Dossier ihres Magistraten sei. Bei der SVP zeigte man sich jedoch bedeckt und Parteipräsident Brunner (SG) stellte eine Einigung „in einigen Wochen“ in Aussicht, rund drei Monate vor dem Abstimmungstermin, notabene.
Während auf politischer Ebene weiter gestritten wurde, führte Saab eine regelrechte Promotionstour durch die Schweiz durch. Mitte Februar wurde an einem Anlass mit Wirtschaftsvertretern über Kompensationsgeschäfte informiert, daneben sollte der Gripen zu verschiedenen Gelegenheiten vorgeführt, beziehungsweise ausgestellt werden, etwa an Ski-Weltcuprennen oder an der Mustermesse in Basel. Dies wurde den Gripengegnern zu viel und Nationalrätin Chantal Galladé (sp, ZH) tat ihren Unmut öffentlich kund. Dass mitunter Geld fliesse, sei in Abstimmungskämpfen normal, jedoch sei die Omnipräsenz des Gripen-Herstellers Saab störend und eine „Einmischung aus dem Ausland in diesem Masse bedenklich.“ Derweil und schneller als erwartet stellte sich Ende Februar tatsächlich die SVP als neue Koordinatorin der Ja-Kampagne vor. Angesichts des nahenden Abstimmungstermins sah sie sich in der Verantwortung. Man habe keine Zeit mehr zu verlieren und wolle diese Abstimmung gewinnen, so SVP-Präsident Brunner.

Etwas Aufwind erhielt der Gripen durch eine Flugzeugentführung im Raum Genf, als der Schweiz vor Augen geführt wurde, weshalb eine intakte Luftabwehr nötig sein kann. Der Co-Pilot einer Maschine der Ethiopian Airline hatte das eigene Flugzeug nach Genf entführt, um in der Schweiz einen Asylantrag zu stellen – was jedoch erst nach dem Vorfall bekannt wurde. Zuvor irrte die vollbesetzte Passagiermaschine, von zwei Eurofighter-Jets der Italienischen Luftwaffe begleitet, über Italien, ehe sie über dem Montblanc-Massiv von der Französischen Luftwaffe weiterbegleitet wurde und schliesslich in Genf zur Landung gezwungen werden konnte. Dass die Schweizerische Luftwaffe nur zu Bürozeiten operativ ist und nicht eingreifen konnte, sorgte im Ausland für Erstaunen und in der Schweiz einerseits zur Forderung nach einem ausgebauten Luftschirm, andererseits aber auch zu Spott und Häme. Später wurde auch die Krim-Krise in der Ukraine als Argument für eine funktionierende Luftwaffe herangezogen.
Am 25. Februar präsentierte das Ja-Komitee seine Argumente für den Abstimmungskampf. „Sicherheit zuerst!“ sollte als Leitmotiv die Stimmbürgerschaft mobilisieren. Sicherheit sei die Garantie für Frieden, Freiheit und Wohlstand, so Jakob Büchler (cvp, SG). Ab März und damit rund zwei Monate vor dem Urnengang sorgte ein allfälliger „Plan B“ für Irritation. Aus verschiedenen Kreisen wurde kolportiert, Bundesrat Maurer arbeite für den Fall eines Volks-Neins an einer alternativen Gripen-Beschaffung: er wolle Gripen-Jets mieten, leasen oder über das ordentliche Armeebudget – und damit ohne Mitsprache der Stimmbevölkerung – beschaffen. Trotz Dementi Maurers selbst, seines Sekretariats und auch der armasuisse, hielt sich das Gerücht über einen allfälligen „Plan B“ hartnäckig in den Medien.
Ebenfalls Mitte März lancierte das Gegnerkomitee seinen Abstimmungskampf und setzte vor allem auf die Kostenfrage. Man wollte die Gripen-Beschaffung nicht zu einer Armee-Grundsatzfrage machen und auch nicht sicherheitspolitische Argumente ins Feld führen, da man sich daraus eher weniger Chancen versprach. Vielmehr erhoffte man sich mit dem Slogan „Kampfjetmilliarden gegen Bildung, Verkehr oder AHV“ einen Erfolg an der Urne. In der Zwischenzeit wurde der Tonfall im Abstimmungskampf gehässiger. SVP-Patron Christoph Blocher hinterfragte die Finanzierung der Gegnerkampagne, indem er den Verdacht äusserte, dass möglicherweise die beim Typenentscheid unterlegenen Rüstungskonzerne (EADS und Dassault) Geld gegen den Gripen einschiessen würden – dies, um bei einer Neu-Evaluation zum Zug kommen zu können. Aus dem bürgerlichen Nein-Komitee wurde jedoch postwendend klargestellt, man habe weder Kontakt mit anderen Rüstungsgesellschaften, noch Geld erhalten, so etwa Beat Flach (glp, AG). Gar als absurd betitelte Chantal Galladé (sp, ZH) die Vorwürfe.
Kurz darauf bemühte sich der Sonntags Blick um einen ersten Trend in der Gripen-Frage und stellte eine Ablehnung von über 60 Prozent fest. Trotz dieser erstmaligen Stimmungsaufnahme zeigte sich der Verteidigungsminister gegenüber der Presse betont gelassen und zuversichtlich. Dennoch legte er einen regelrechten Redemarathon hin und trat von April bis zur Abstimmung im Mai an über 20 Veranstaltungen für den Gripen auf.

Das bürgerliche Nein-Komitee wurde ab Anfang April aktiv. Man stehe für eine starke Armee ein, sei jedoch gegen den Gripen, weil Geld und ein Konzept fehle - Argumente, die bereits in den Parlamentsdebatten von Roland Fischer (glp, LU) vorgebracht worden waren. In diesem Nein-Komitee waren auch die CVP-Frauen vertreten.
Über Alternativen zur Gripen-Beschaffung, also wiederum über einen „Plan B“, wurde weiter berichtet, als sich im April auch der ehemalige Jetpilot und Nationalrat Thomas Hurter (svp, SH), seines Zeichens Präsident der SiK-NR, über solche Pläne äusserte. Es brauche einen „Plan B“ für den Fall, dass der Gripen an der Urne scheitern sollte. Seine Vorstellung war die Beschaffung von zwölf Fliegern alle 15 Jahre. Eine Forderung, die sogar von Parteikollegen kritisiert wurde. Hans Fehr (svp, ZH) gab etwa zu bedenken, dass es ungeschickt sei, bereits vor der Abstimmung laut über Alternativen nachzudenken. Alex Kuprecht (svp, SZ) bezeichnete die Aussage gar als „absoluten Blödsinn“. Hurter rechtfertigte seine Idee mit dem Umstand, dass beim Urnengang nicht für oder gegen neue Flieger, sondern nur für oder gegen die Art der Finanzierung abgestimmt werde. Mit einer Alternativbeschaffung würde der Volkswillen – von der SVP gemeinhin hochgehalten – also nicht umgangen. Ein erneuter Evaluationsprozess für einen neuen Flugzeugtyp würde zudem viel zu lange dauern. Deswegen müsse man sich für den Ersatz der Tiger-Flotte bereits zu diesem Zeitpunkt und auch unter Berücksichtigung eines möglichen Volks-Neins Gedanken machen.
Auch über weitere Alternativen zur Luftraumüberwachung wurde diskutiert, etwa über den Kauf gebrauchter F/A 18 Jets der neueren Generation, die Beschaffung von Kampf-Helikoptern, einen Ausbau der Boden-Luft-Fliegerabwehr (die ohnehin konkretisiert werden sollte) oder über die Aufrüstung der alten Tiger Flotte. Anfang Juni wurde bekannt, dass das VBS beabsichtige, israelische Drohnen beschaffen zu wollen. Immer mehr wurde auch die Frage debattiert, wie die budgetierten Mittel verwendet werden sollen, falls der Gripen an der Urne abgelehnt würde. Für Sicherheitspolitiker war klar, dass dieses Geld der Armee gehöre, weil es über das ordentliche Armeebudget hätte aufgebracht werden müssen. Linke Politiker hingegen sahen eine Chance, neu über die Verteilung der ca. CHF 3 Mia. zu beraten. Ihrer Vorstellung nach sollte das Geld zu Gunsten der Bildung, zur Sicherung der sozialen Sicherheit, des öffentlichen Verkehrs, oder auch zu Gunsten der Entwicklungshilfe, die richtig eingesetzt friedensfördernd wirke, eingesetzt werden. Dieser Punkt blieb freilich vorerst offen.
Als sehr unsicher musste der Erfolg der Gripen-Beschaffung ab Mitte April betrachtet werden: Nachdem die oben genannte Sonntags Blick-Umfrage noch nicht zu Unruhe bewogen hatte, tat dies die erste SRG-Trendumfrage des gfs.bern. Nur 42 Prozent der Befragten sprachen sich darin für den Gripenkauf aus, ein Ergebnis, das sich fast mit der ersten Umfrage deckte. Freilich gaben die Demografen zu bedenken, dass die Unterschiede zwischen den Ja- und Nein-Anteilen zu gering seien, um sich bereits festlegen zu können. Noch am selben Tag liess sich Bundesrat Maurer zitieren, er glaube, dass sich die Stimmbevölkerung der sicherheitspolitischen Tragweite der Gripen-Vorlage bewusst sei. Weiterhin gab sich der Verteidigungsminister kämpferisch. Sein Engagement für den Gripen gipfelte jedoch zwischenzeitlich in einem Fiasko, als Maurer in der Sendung „Rundschau“ des SRF zu einem Rundumschlag ausholte und kurz sogar die Contenance verlor. Er enervierte sich derart über die Berichterstattung zum Gripen-Kauf, dass er sich mit dem Moderator einen verbalen Schlagabtausch lieferte. Die als einseitig kritisierte Sendung löste eine Rekordzahl an Beschwerden bei der Ombudsstelle der SRG aus, die allerdings Ende Mai sämtlich abgewiesen wurden, da das Sachgerechtigkeitsgebot nicht verletzt worden sei und das Publikum durchaus in der Lage gewesen sei, sich eine eigene Meinung zum fraglichen Rundschau-Beitrag zu bilden. Dennoch wurde auch die Sendung selbst kritisiert. So habe der ausgestrahlte Bericht „die hohen Anforderungen an die Ausgewogenheit, welche im Vorfeld einer Volksabstimmung verlangt werden, nicht erfüllt.“ Zudem wurde festgehalten, dass einige der gestellten Fragen „manchmal unnötig provokativ waren“.
Später und mit zunehmender Nähe zum Abstimmungstermin setzte der Verteidigungsminister im Lichte des ungewissen Abstimmungsausgangs auf warnende Worte und beschwor die Angst vor einem ungeschützten Luftraum, ja er bediente sich gar erpresserischer Formulierungen. „Wenn man jetzt nicht Flieger bestellt, steht man zehn Jahre später ohne Luftwaffe da“, mahnte Maurer. Dass die „F/A 18 im Krisenfall nicht genügen“, doppelte auch Divisionär Bernhard Müller, stellvertretender Kommandant der Luftwaffe, nach. Doch die Stimmbevölkerung zeigte sich in der zweiten Welle der SRG Trendumfrage unbeeindruckt. Knapp zehn Tage vor der Abstimmung schien der Gripen noch immer nicht abzuheben: mit 44 Prozent Zustimmung war nach wie vor nur eine Minderheit der Befragten für die Kampfjetbeschaffung. Zudem zeichnete sich ab, dass tatsächlich die Kostenfrage entscheidendes Argument werden dürfte. Trotz der gemäss gfs.bern bereits weit fortgeschrittenen Meinungsbildung machten sich beide Lager zu einer Schlussoffensive auf. Die vier Parteipräsidenten Martin Landolt (bdp, GL), Christophe Darbellay (cvp, VS), Philipp Müller (fdp, AG) und Toni Brunner (svp, SG) – diese Parteien hatten die Ja-Parole ausgegeben – versammelten sich in der Folge in Bern zu einer Medienorientierung, um nochmals ihre besten Argumente vorzutragen. Der hochkarätig besetzte Anlass wurde kurzfristig anberaumt und zeigte die Nervosität der Parteispitzen offensichtlich. Vor dem Bundeshaus gingen sie gemeinsam symbolisch auf einer Hebebühne „in die Luft“. Ein unglücklicher Entscheid, wie sich später herausstellen sollte. Ihre von den Stadtberner Behörden nicht bewilligte Aktion führte nämlich zu einer Anzeige.

Einziger Lichtblick für die Befürworter war die Erfahrung, dass das Stimmvolk kaum je eine Armeevorlage versenkt hatte. Doch auch dieser wurde am Abstimmungstag zerschlagen. 53,4 Prozent der Stimmenden (Stimmbeteiligung: 55,5 Prozent) lehnten das Gripen-Fondsgesetz an der Urne ab, ein Erfolg für die linken Parteien, die zusammen mit der GLP die Nein-Parole beschlossen hatten und eine herbe Niederlage für Verteidigungsminister Maurer, der sich über Jahre für neue Kampfjets eingesetzt hatte. Er hielt fest, dass es ein Votum gegen den Gripen sei, nicht gegen die Armee und wiederholte, dass nun kein „Plan B“ aus der Schublade gezogen werde. Zunächst sei das Resultat zu analysieren, erst dann wollte der Verteidigungsminister über neue Varianten sprechen. Er gab jedoch auch zu bedenken, dass die Diskussion über neue Kampfflieger bald wieder beginnen müsse, zumal auch die F/A 18 Flieger irgendwann ersetzt werden müssten. Die Linken sahen sich dagegen in ihren Bemühungen gegen das teure Rüstungsgeschäft bestätigt und auch aus dem bürgerlichen Gegnerlager hörte man erleichterte Stimmen. Das Resultat zeige, dass auch viele liberale und bürgerliche Wählerinnen und Wähler den Gripen-Kauf ablehnten, so Roland Fischer (glp, LU). In seinen Augen hätten sich die zwei Gegnerkomitees gelohnt. Aus der SVP wurde hingegen konsterniert verkündet, dass man „jetzt erst recht in die Landesverteidigung investieren müsse“.
Im Nachgang an die Volksabstimmung beherrschten die Fragen um die Zukunft der Armee und der Luftwaffe den politischen Diskurs, jedoch auch und wiederholt die Frage, was mit den frei gewordenen „Gripen Milliarden“ nun geschehen soll. Ernüchtert musste auch der Wirtschaftsstandort Schweiz den Volksentscheid hinnehmen. Rund 500 Verträge mit 125 Unternehmen und einem Volumen von rund CHF 400 Mio. hatte Saab im Vorfeld der Abstimmung mit Schweizer Unternehmen unterzeichnet – Anlagen, die nun ungewiss waren. Der Rüstungskonzern Ruag befürchtete, rund 200 Stellen streichen zu müssen, unter anderem von Mitarbeitern, die bereits seit langem auch an Gripen-Konfigurationen arbeiteten.


Abstimmung vom 18. Mai 2014

Beteiligung: 56,33%
Ja: 1 345 726 (46,6%)
Nein: 1 542 761 (53,4%)

Parolen:
– Ja: SVP, CVP(3*), FDP, BDP, GLP; Economiesuisse, SGV, SOG, AUNS, Swissmem.
– Nein: SP, GPS, GLP (1*); SGB, VPOD, GSoA.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Das Gripen-Nein veranlasste Bundesrat Maurer schliesslich auch dazu, die Weiterentwicklung der Armee (WEA) zu vertagen und die Botschaft erst im Herbst zu verabschieden. Das Reformprojekt wurde dadurch um mindestens drei Monate verzögert. Mit der dadurch gewonnenen Zeit sollen, unter anderem, finanzielle Fragen neu abgesteckt werden, die durch die abgelehnte Jet-Beschaffung aufkamen. Entscheidend war dabei, ob das Armeebudget revidiert werden musste – ein zentrales Element der WEA.
Die allfällige Geld-Neuverteilung selbst wurde vom Verteidigungsminister ausgeschlagen; er wollte die für den Jet-Kauf eingeplanten Mittel für andere Rüstungsgeschäfte einsetzen und mit CHF 790 Mio. weniger als die Hälfte der Bundeskasse zurückgeben. Dies führte zu Unstimmigkeiten innerhalb der Landesregierung, da Finanzministerin Widmer-Schlumpf in einem Mitbericht bereits Widerstand gegen dieses Ansinnen angekündigt hatte. Seitens der SP wurde eine ganz neue Ausrichtung der Armee gefordert und die Gripen-Ablehnung als Chance dafür betrachtet. Die Rückgabe der CHF 790 Mio. wurde indes von bürgerlichen Politikern nicht goutiert. Ihrer Meinung nach „gehörte“ das Geld der Armee, gleich wie es eingesetzt werden sollte. Es gebe „unzählige Möglichkeiten, dieses Geld zu verwenden“, so Jakob Büchler (cvp, SG), der das Thema in der SiK-NR nochmals durchdiskutiert wissen wollte. Im selben Zeitraum gab der Rüstungschef Ulrich Appenzeller seinen Rücktritt bekannt, womit Ueli Maurer noch ein personelles Problem zu lösen hatte. Appenzeller gab seinen Posten wegen „unterschiedlicher Auffassungen über die Ausrichtung der Armasuisse und die Rolle des Rüstungschefs“ auf.

In der Analyse der Abstimmung (Vox) wurden die ausschlaggebenden Argumente für die Ablehnung des Gripen ermittelt. Vor allem die Gruppe der jüngeren Stimmenden und Frauen sowie zahlreiche Mitte-Wählende und FDP-Anhänger waren gegen den Flugzeug-Kauf. Ein Drittel der Befragten kritisierte die hohen Kosten dieses Rüstungsgeschäfts und rund zehn Prozent gaben an, der Gripen sei nicht das richtige Flugzeug für die Schweiz. Nochmals zehn Prozent sprachen sich dafür aus, dass erst die Rolle der Ausgestaltung der Armee geklärt werden müsse, bevor ein solches Rüstungsvorhaben umgesetzt werden könne. Ebenfalls knapp zehn Prozent lehnten den Gripen wegen einer grundsätzlich ablehnenden Haltung zur Armee ab. Im unterlegenen Ja-Lager wurden überwiegend sicherheitspolitische Argumente für den Stimmentscheid vorgebracht. Die Politologen der Universität Zürich hielten zudem fest, dass im Vergleich zu anderen Abstimmungen auffällig häufig die Kampagne und die Informationspolitik der Gripen-Befürworter als Grund für ein Nein genannt wurden. So seien auch das langwierige Auswahlverfahren, wie auch die zahlreichen Ungereimtheiten und Indiskretionen über die gesamte Dauer aller Verfahren hinweg ausschlaggebend für das Nein gewesen.

Beschaffung des Kampfflugzeuges Gripen (BRG 12.085)
Dossier: Armee-Rüstungsprogramme
Dossier: Gripen-Beschaffung
Dossier: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge
Dossier: Teilersatz der Tiger F-5 Kampfflugzeuge und Beschaffung des Gripen

Für die Gesamterneuerungswahlen für den Zürcher Gemeinderat balgten sich im Schnitt fast neun Kandidierende pro Sitz: Total 1'119 Personen bewarben sich um eines der 125 Mandate im Stadtzürcher Parlament. Auch weil während der letzten Legislatur nicht weniger als 50 Rücktritte stattgefunden hatten, traten auf die Wahlen hin lediglich 13 Bisherige nicht mehr an. Zwar dominierten im Wahlkampf die Exekutivwahlen (vgl. nachfolgend), die Resultate der Legislativwahlen waren aber wichtig: Weil vor den Wahlen weder die Linke mit 39 SP-, 14 GP- und fünf AL-Sitzen noch die Bürgerlichen, mit 24 SVP-, 18 FDP-, sieben CVP- und zwei SD-Sitzen eine Mehrheit hatten, konnte man auch gespannt sein auf das Abschneiden der „neuen Mitte“. Die GLP schien mit 12 Mandaten ihr Potenzial noch nicht ausgeschöpft zu haben. Die EVP, die bisher über vier Gemeinderatssitze verfügte, hatte die 5-Prozent-Hürde vor vier Jahren nur sehr knapp übersprungen und musste um den Verbleib im Stadtzürcher Parlament zittern. Neben den im Gemeinderat bereits vertretenen Parteien gingen auch erstmals die BDP, sowie die Piratenpartei und die Aktion für humanen Städtebau (AHS) auf Stimmenfang. Die EDU komplettierte das Parteienkarussell. Allerdings wurden diesen Parteien kaum Chancen auf das Überspringen der Wahlhürde eingerechnet.
Am gleichzeitig mit der eidgenössischen Abstimmung zur Masseneinwanderungsinitiative durchgeführten Wahltag, an dem 43% der Berechtigten an die Urne gingen (2010: 39,1%), wurde ein „Filippo-Effekt“ registriert – Filippo Leutenegger war als Wahllokomotive für die FDP in den Stadtrat gewählt worden (vgl. nachfolgend) und der Freisinn konnte im Gemeinderat nicht nur um drei Sitze zulegen (neu 21) sondern rückte mit 16,0% (+2 Prozentpunkte) auch der stärksten bürgerlichen Kraft, der SVP, auf die Pelle. Die Volkspartei, die ihrerseits einen Sitz verlor (neu: 23 Sitze) und noch 17,3% der Stadtzürcher Wählerschaft hinter sich weiss (2010: 18,6%) konnte sich allerdings noch als insgesamt zweitstärkste Partei im Gemeinderat vor den Freisinnigen halten. Auch die CVP musste ein Mandat abgeben. Mit 4,6% Wählerstärke und neu sechs Sitzen blieb man Juniorpartner im bürgerlichen Lager. Zulegen konnte Links-Grün. Zwar wahrten die SP als stärkste Partei (39 Sitze; 29,2%; -1,1 Prozentpunkte) wie auch die GP (14 Sitze; 10,6%; -0,8 Prozentpunkte) trotz leichten Wählerverlusten lediglich ihren Besitzstand, die AL legte aber um vier zusätzliche Sitze zu und konnte sich als eigentliche Wahlsiegerin feiern lassen. Sie hatte nicht nur ihren Regierungssitz mit Richard Wolff (al) verteidigt (siehe unten), sondern war mit neun Sitzen und einer Zunahme der Parteienstärke um 2,3 Prozentpunkte (neu: 6,5%) eine ernst zu nehmende Kraft geworden. Um einen Sitz zulegen konnte auch die GLP, die mit 13 Sitzen und 10,2% Wählerstärke (2010: 9,8%) nach wie vor das Zünglein an der Waage zwischen den beiden Blöcken spielen wird. Sowohl die EVP als auch die SD schafften die 5-Prozent-Hürde in keinem der zwölf Wahlkreise mehr. Mit gesamtstädtischen 2,5% für die EVP und 0,9% für die SD mussten beide Parteien ihre Sitze im Gemeinderat räumen. Brutal war dies insbesondere für die EVP, für die am Wahlsonntag im Kreis 9 noch eine Wählerstärke von 5,00% ausgewiesen wurde – nur gerade eine einzige Stimme hätte den Ausschlag für die EVP gegeben. Allerdings entschied sich das Wahlbüro zusammen mit dem Stadtrat für eine Nachzählung, die aufzeigte, dass die EVP 31 Stimmen zu wenig hatte, um die Wahlhürde zu überspringen. Ebenfalls keine Chancen hatten erwartungsgemäss die BDP (0,9%), die AHS (0,1%), die Piraten (0,7%) und die EDU (0,5%). Gegen die 5-Prozent-Klausel, die seit der Einführung des doppelten Pukelsheim im Jahr 2006 gilt, sammelte die EVP zusammen mit anderen kleinen Parteien Unterschriften. Die Piratenpartei reichte eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein, die allerdings abgelehnt wurde. Weil sich das Verwaltungsgericht in seinem Urteil allerdings recht stark auf die bundesgerichtliche Beurteilung stützte und gleichzeitig durchblicken liess, dass es diese Beurteilung für umstritten hält, zogen die Piraten die Sache ans Bundesgericht weiter, um einen Grundsatzentscheid zu erwirken. Dieser wurde dann Ende Jahr vom Bundesgericht gefällt. Dieses begründete den erneut abschlägigen Entscheid mit dem Argument, dass gerade in Gemeindeparlamenten einer Zersplitterung der Kräfte vorgebeugt werden sollte, was mit der Hürde der Fall sei. Die Initiative der Kleinparteien war Ende 2014 noch im Sammelstadium.

Nachdem im April 2013 bei Ersatzwahlen für den zurückgetretenen Martin Vollenwyder (fdp) dem Freisinn ein Sitz weggeschnappt und mit Richard Wolff von der Alternativen Liste (al) ein siebter der neun Stadtratssitze von der Linken erobert wurde, reagierten die Bürgerlichen früh mit Kandidierenden für die regulären Gesamterneuerungswahlen vom Frühjahr 2014. Als erste meldete sich die amtierende Nationalrätin Doris Fiala zu Wort. Ihr blute das Herz bei dieser einseitigen linken Dominanz und sie schliesse nicht aus, mit einer Kandidatur dagegen anzukämpfen. Allerdings kandidierte nicht Fiala, sondern Nationalrat Filippo Leutenegger (fdp), der sein Interesse ebenfalls früh anmeldete; zudem wollte er gleich auch das Stadtpräsidium erobern, das seit 2009 von Corine Mauch (sp) geführt wurde. Erklärtes Ziel der Bürgerlichen, bei denen die amtierenden Gerold Lauber (cvp) und Andres Türler (fdp) wieder antraten, war eine bürgerliche Regierungsmehrheit, die unter dem Label „Top 5 – für ein liberales Zürich“ angestrebt wurde. Die CVP distanzierte sich freilich früh vom „utopischen“ Ziel einer bürgerlichen Mehrheit; man wolle lediglich den eigenen Sitz verteidigen. Dies galt nicht für die SVP, die seit 20 Jahren und trotz einem Wähleranteil von 18,6% nicht mehr in der Stadtregierung vertreten war. Die Volkspartei trat deshalb ebenfalls mit einem Zweierticket an. Nummer vier und fünf der Top 5 waren Roland Scheck und Nina Fehr Düsel, die Tochter von Nationalrat Hans Fehr. Weil mit Martin Waser (sp) und Ruth Genner (gp), zwei der neun Amtierenden nicht wieder antraten, schickten auch die Grünen und die SP neue Kandidierende ins Rennen. Neben dem amtierenden Daniel Leupi (gp) trat Markus Knauss für die Grünen an. Knauss ist Co-Geschäftsleiter des VCS. Für die SP kandidierten die bisherigen Corine Mauch (sp), André Odermatt (sp) und Claudia Nielsen (sp). Raphael Golta trat für die Genossen an, um den Sitz von Martin Waser zu verteidigen. Auch der erst 2013 frisch gewählte Richard Wolff kandidierte erneut. Auch die GLP wollte in den Stadtrat einziehen und stellte den Gemeinderat Samuel Dubno (glp) auf. Für die SD kandidierte Walter Wobmann, der bereits 2010 angetreten und damals abgeschlagen auf dem letzten Platz gelandet war. Den 15. Kandidaten stellten die Piraten, die mit Peter Keel in See stachen. Allgemein wurde erwartet, dass die Linke ihre sieben Sitze, auch in Anbetracht des Wähleranteils von rund 46%, nicht würde halten können. Mit Leutenegger als Lokomotive sollten die Bürgerlichen an der links-grünen Mehrheit sägen können. Der amtierende freisinnige Nationalrat versuchte insbesondere mit Lösungsvorschlägen für die Sanierung der maroden Stadtfinanzen zu punkten. Als wacklig wurden nicht nur die beiden frei werdenden Sitze betrachtet, sondern auch der Sitz des neu gewählten Richard Wolff, der lediglich lose ins linke Lager eingebunden schien. Zudem leistete sich der Vorsteher des Polizeidepartements einen Lapsus, indem er den schwarzen Block als interessante Ergänzung bezeichnete. Auch der Sitz von Lauber (cvp) galt nicht als wirklich sicher. Allerdings zeigte die Geschichte der Regierungswahlen in der Stadt Zürich, dass eine Abwahl aus dem Stadtrat eher selten war. Als wenig spannend wurde der Kampf ums Stadtpräsidium betrachtet: Leutenegger dürfte gegen Mauch kaum eine Chance haben. Der Wahlkampf wurde – im Gegensatz zu vor vier Jahren, als die SVP mit provokativen Plakaten auftrat – als brav bezeichnet. Zurückzuführen sei dies auf die Wahlmüdigkeit, die durch die ausserordentlichen Rücktritte aus der Stadtregierung bzw. die nötigen Ersatzwahlen verursacht worden wäre, auf die Attraktivität der Stadt Zürich, die es der Opposition schwer mache, eine Angriffsfläche zu finden und auf die bewusst gemässigt auftretenden Bürgerlichen, die erstmals wieder einen Schulterschluss zustande brachten. Allerdings gelang es den fünf bürgerlichen Kandidierenden nur selten, als Einheit aufzutreten. Der Linken wurde vorgeworfen, dass sie die Diskussion um die zentralen Finanzfragen im Wahlkampf verweigere und unangenehmen Fragen ausweiche. Erfahrungsgemäss haben es nationale Politiker einfacher, in die Stadtzürcher Exekutive gewählt zu werden. Waren es früher Monika Weber (ldu), Monika Stocker (gp), Elmar Ledergerber (sp) und Ruth Genner (gp), die direkt vom nationalen Parlament in den Stadtrat wechselten, schaffte dies 2014 Filippo Leutenegger, der mit 42'193 Stimmen als achtplatzierter in den Stadtrat gewählt wurde und zwar auf Kosten der Grünen, die ihren zweiten Sitz nicht verteidigen konnten. Markus Knauss (gp) erhielt lediglich 35'330 Stimmen, kam damit auf den zehnten Platz und musste über die Klinge springen. Der dritte Platz für Daniel Leupi (52'744 Stimmen) war für die Grünen nur ein schwacher Trost. Ihren vakanten Sitz verteidigen konnte hingegen die SP. Raphael Golta erhielt 40'178 Stimmen und war damit als Neunter gewählt. Auch die drei Bisherigen SP-Stadträte wurden sicher wiedergewählt. Corine Mauch lag mit 55'646 Stimmen auf dem zweiten, André Odermatt mit 48'143 Stimmen auf dem fünften und Claudia Nielsen mit 44'258 Stimmen auf dem sechsten Platz. Noch vor Leutenegger auf Platz sieben liegend, schaffte auch Richard Wolff mit 42'249 Stimmen die Wiederwahl. Das Spitzenresultat machte Andres Türler (fdp) mit 56'907 Stimmen. Auch Gerold Laubers (cvp) Sitz war nie wirklich in Gefahr. Der viertplatzierte Lauber erhielt 52'157 Stimmen. Keine Chance hatten die Kandidierenden der SVP: Nina Fehr Düsel erhielt 27'696 Stimmen und Roland Scheck 23'585 Stimmen. Beide lagen damit zwar noch vor dem GLP-Kandidaten Samuel Dubno (21'896 Stimmen), aber weit hinter einem Stadtratssitz. Erwartungsgemäss keine Chancen hatten Walter Wobmann (sd; 5'139 Stimmen) und Peter Keel (piraten; 3'919 Stimmen). Chancenlos blieb auch Filippo Leutenegger im Kampf um das Stadtpräsidium. Mauch hatte mit 48'608 Stimmen einen stattlichen Vorsprung auf Leutenegger (32'276 Stimmen), der sich allerdings mit den rund 40% der Stimmen mehr als zufrieden zeigte. Damit war der Status Quo in der Zürcher Stadtregierung wieder hergestellt: drei Bürgerliche stehen sechs links-grünen Stadträten gegenüber. Noch spannender als die Wahlen dürften die anstehenden Debatten um die Finanzen werden.

Kommunale Wahlen Zürich 2014
Dossier: Kommunale Wahlen 2014