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Nachdem der Bundesrat die Rückkehr von der ausserordentlichen Lage in die besondere Lage auf den 19. Juni 2020 festlegte, übernahmen die Kantone – und damit auch die GDK – wieder grösstenteils die Verantwortung für die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie. Der Bundesrat, das BAG und die aus Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft bestehende Coronavirus-Task Force überwachten die Kantone jedoch laufend und gaben Empfehlungen ab. In den darauffolgenden Monaten wurde dieses föderalistische Corona-Regime immer wieder gefordert und kam teilweise auch an seine Grenzen, wie verschiedenste Medien berichteten.

Keine zwei Wochen nach der Aufhebung der ausserordentlichen Lage wurden erstmals seit Ende April wieder mehr als 100 Neuinfektionen an einem Tag gemeldet. Schon bald informierten einzelne Kantone, beispielsweise Zürich, dass sie beim Nachverfolgen der Infektionsketten (Contact Tracing) an ihre Grenzen stiessen. Die Kantone arbeiteten in der Folge daran, ihre Contact Tracing-Kapazitäten laufend auszubauen. Da aber auch die Fallzahlen über den Sommer stetig zunahmen, nahm der Druck auf das Contact Tracing nicht ab. Mitte August kritisierte Andy Fischer, der CEO des vom Bundesrat mit dem Betrieb der Infoline zur SwissCovid-App beauftragten Unternehmens Medgate, die Kantone und ihr Contact-Tracing scharf. Demnach würden sich die Kantone weigern, die SwissCovid-App mit einer wirksamen Rückverfolgung zu unterstützen – aus Angst vor einer Überbelastung des «klassischen» Contact Tracings. Die App sei damit praktisch nutzlos, monierte Fischer weiter. Verschiedene Kantonsärzte wehrten sich gegen diese Vorwürfe. Laut ihnen sei eine einzig auf Daten einer App beruhenden Quarantäneanordnung juristisch heikel, erklärten sie gegenüber den Medien.

Bei der Kontrolle der Einhaltung der Coronamassnahmen in Betrieben zeigte sich das BAG Ende Juli unzufrieden und forderte die Kantone auf, ihr Monitoring zu verstärken. Laut Auswertungen des SonntagsBlicks gebe es von Kanton zu Kanton riesige Unterschiede bei den Kontrollregimen und die Zahlen lägen sowohl bei der Anzahl Kontrollen als auch beim Anteil an Beanstandungen weit auseinander.

Für weitere Unstimmigkeiten zwischen den Kantonen und dem Bund sorgten die Daten zu Rückkehrern aus Risikoländern. Die Kantone waren auf die Passagierlisten von Einreisenden angewiesen, damit sie stichprobenartig die Einhaltung der Quarantänepflicht von aus Risikogebieten zurückgereisten Personen überprüfen konnten. Die GDK beschwerte sich beim Bund für dessen ungenügende Bereitstellung von Daten, womit eine seriöse Überprüfung kaum möglich sei. Die Zürcher Sicherheitsdirektion kündigte anfangs August an, Zürich werde sich die Flugpassagierdaten künftig selbst bei der Flughafenpolizei besorgen, und bot gleichzeitig anderen Kantonen an, die Daten an sie weiterzuleiten, wovon auch sechs Kantone Gebrauch machten (BE, AG, SH, TI, TG, GL). Der Bundesrat reagierte zuerst kritisch – als Grund gab er Datenschutzbedenken an –, schloss danach aber sogar eine Vereinbarung mit der Zürcher Regierung über eine Kooperation bei den Daten ab und wurde somit zum Leistungsbezüger.

Spätestens ab Ende Juli berichteten verschiedene Zeitungen, die Coronamassnahmen in den Kantonen ähnelten einem «Flickenteppich» – etwa bezüglich einer Maskenpflicht in Einkaufsläden und bei der Obergrenze an Personen oder einer Registrierungspflicht in Clubs und Bars. Das BAG forderte die Kantone deshalb auf, die Massnahmen zu vereinheitlichen und eine Maskenpflicht in allen öffentlichen Innenräumen einzuführen. Anders als bei der Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr, die der Bundesrat am 6. Juli schweizweit verfügt hatte, wollte die Regierung aber in diesen Bereichen vorerst keine nationalen Vorschriften beschliessen. Die GDK betonte entsprechend auch, dass die unterschiedlichen Massnahmen in den Kantonen bisher noch problemlos funktionierten. Auch rund drei Wochen später beschränkte sich die GDK auf eine Empfehlung an ihre Mitglieder, gewisse Mindestmassnahmen zu treffen, wie etwa die obligatorische Registrierung in Clubs und eine Maskenpflicht in Einkaufsläden. Doch mehrere Kantone, vor allem in der Ost- und Innerschweiz, ignorierten diese Empfehlung weitgehend.

Obwohl hauptsächlich die Lockerung der Massnahmen auf Bundesebene zu diesem Flickenteppich geführt hatte, preschte der Bundesrat Mitte August vor und beschloss auf Anfang Oktober die Aufhebung der Obergrenze von 1000 Personen bei Grossveranstaltungen. Dies, obschon sich die GDK im Vorfeld gegen die Aufhebung gewehrt hatte, weil sie den Zeitpunkt für verfrüht hielt. Die Kantone konnten sich in der Folge denn auch nicht auf einheitliche Kriterien und Verfahren bei der Bewilligung von Grossanlässen einigen.

Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen während der Covid-19-Krise
Dossier: Institutionelle Krisenresistenz des Bundesrats

Anlässlich der Freischaltung der SwissCovid-App um Mitternacht des 25. Juni 2020 brachten die Medien der Bevölkerung die genaue Funktionsweise sowie die Vor- und Nachteile der SwissCovid-App näher. Am ersten Tag wurde die App gemäss Presseberichten bereits eine halbe Million Mal aktiviert. Eine gute Woche später war diese Zahl auf rund eine Million gestiegen. Damit sei das Interesse an der App aber deutlich geringer als erwartet beziehungsweise sei die anfängliche Euphorie allzu schnell verflogen, so das allgemeine Urteil. Verschiedene Experten stellten übereinstimmend fest, dass das Vertrauen in die App und die Bereitschaft zur Installation wohl doch geringer seien als gedacht. Es sei nun an den Behörden, besser zu kommunizieren, um diesen Widerstand in der Bevölkerung doch noch zu überwinden.
Drei Wochen nach dem Start fiel die Bilanz der SwissCovid-App eher nüchtern aus und die NZZ fragte rhetorisch: «Geht der SwissCovid-App die Luft aus?» Sie verwies auf die bereits wieder rückläufige Anzahl aktiver Apps, die ihrerseits jedoch nach wie vor steigenden und inzwischen rund 1.8 Mio. zählenden Downloads gegenüberstanden. Das BAG führte diese Diskrepanz auf Probleme bei der Messung der aktiven Apps zurück und versprach künftig genauere Zahlen. Ausserdem kündigte das Bundesamt eine weitere, gross angelegte Werbekampagne für die App an.
Der Nutzen der App wurde in der öffentlichen Debatte folglich aber nicht nur durch die geringen Nutzerzahlen, sondern auch durch die mangelhafte Arbeit der involvierten Behördenstellen relativiert. Wie die NZZ berichtete, erhielten positiv getestete Personen den Covidcode zum Teil erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung, sodass die Kontaktpersonen viel zu spät gewarnt würden. Ausserdem funktioniere die Zusammenarbeit zwischen der Hotline des Bundes, an die sich App-Nutzer im Falle einer Benachrichtigung über eine mögliche Ansteckung wenden sollten, und den Contact-Tracing-Stellen der Kantone beziehungsweise den kantonsärztlichen Diensten alles andere als reibungslos. Dadurch erhielten die von der App gewarnten Personen keine offizielle Quarantäneanordnung und damit keinen Erwerbsersatzanspruch, wie es der Bundesrat im Erläuterungsbericht zur Proximity-Tracing-System-Verordnung vorgesehen hatte. Gerade deshalb blieben viele der potenziell Infizierten nicht zu Hause und gefährdeten so Andere, kritisierte der Geschäftsführer der BAG-Hotline-Betreiberin Andy Fischer.
Unterdessen lancierte ein Bürgerkomitee in der Westschweiz ein Referendum gegen die vom Parlament beschlossene dringliche Änderung des Epidemiengesetzes, die als gesetzliche Grundlage für die SwissCovid-App dient. Das Komitee bemängelte, dass keine richtige demokratische Debatte über die Risiken der Tracing-Technologie geführt worden sei, und befürchtete deren Missbrauch zur staatlichen Kontrolle sowie sozialen Druck zu deren Nutzung. Die Konzerne Apple und Google, die die entscheidende Bluetooth-Schnittstelle zur Verfügung stellten, seien nicht gerade für ihren Datenschutz berühmt und die Bluetooth-Technologie sei zu ungenau, sodass viele unnötige Quarantänen verfügt würden, was der Wirtschaft schade, zitierte die Presse aus der Argumentation. Aus dem Kreis der eidgenössischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier gehörte dem Komitee der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor an. Bis am 8. Oktober hat das Komitee Zeit, die notwendigen 50'000 Unterschriften zu sammeln. Das dringliche Gesetz würde bei einem zustande gekommenen Referendum jedoch erst nach der Ablehnung in der Volksabstimmung oder ein Jahr nach Inkrafttreten, falls die Abstimmung nicht vorher stattfindet, ausser Kraft gesetzt.

Einführung der SwissCovid-App