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Akteure

  • Flach, Beat (glp/pvl, AG) NR/CN
  • Fischer, Roland (glp/pvl, LU) NR/CN
  • Hadorn, Philipp (sp/ps, SO) NR/CN

Prozesse

93 Resultate
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Eine von Philipp Hadorn (sp, SO) eingereichte und von Roger Nordmann (sp, VD) übernommene Motion forderte vom Bundesrat Massnahmen zu einem einfacheren Datenaustausch zwischen den zuständigen Behörden für den Bau von Solar- und Fotovoltaikanlagen. Der Motionär fundierte seine Forderung mit dem Argument, dass bei verschiedenen Behörden und Formularen – darunter die Baubewilligung bei der Gemeinde, die Anträge für die Förderbeiträge bei Pronovo sowie die Anschlussbewilligung und der Sicherheitsnachweis beim eidgenössischen Starkstrominspektorat (Esti) und beim Verteilnetzbetreiber – teilweise gleiche Angaben gemacht werden müssen. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion, merkte aber an, Vorgaben für ein einfacheres Verfahren nur den Stellen machen zu können, für die er weisungsbefugt ist (Pronovo, Esti und Verteilnetzbetreiber). Für die Bereiche Baubewilligung sowie Raumplanung seien die Gemeinden und die Kantone zuständig und der Bund besitze dort nur Grundsatzgesetzgebungskompetenz. Stillschweigend und diskussionslos folgte die grosse Kammer am letzten Wintersessionstag 2019 dem Bundesrat und nahm die Motion an.

Sonnenenergie fördern / Sonnenenergie Förder-Trilogie: Schnittstellen zwischen den Behörden vereinfachen (Mo. 19.4258)

IV-Verfügungen mit leichter Sprache ergänzen, um sie für die betroffenen Menschen verständlich zu machen, wollte Beat Flach (glp, AG) mittels einer Motion. Der Motionär störte sich an den Kommunikationsproblemen zwischen Versicherten und IV-Stellen, die daraus entstünden, dass die Versicherten – und teilweise gar Personen mit einem juristischen Abschluss ohne Spezialisierung im Sozialversicherungsrecht – die Entscheidungen und Mitteilungen der IV nicht verstünden. Neben Misstrauen schaffe dies auch auf allen Seiten grossen Mehraufwand, kritisierte er. Deshalb solle der Bund seine Zielvereinbarungen mit den kantonalen IV-Stellen um das Ziel ergänzen, dass Entscheide so zu kommunizieren seien, dass die «Kernbotschaft des Entscheids von durchschnittlichen versicherten Personen verstanden» werde. Der diesbezügliche Zielerreichungsgrad sei überdies regelmässig zu überprüfen. Viel helfen würde es zudem bereits, wenn sich die IV-Stellen an das «Merkblatt Behördenbriefe» der Bundeskanzlei zu persönlichem, sachgerechtem und verständlichem Schreiben hielten, betonte Flach in der Begründung seines Vorstosses. Diskussionslos sprachen sich Bundesrat und Nationalrat für eine Annahme der Motion aus.

IV-Verfügungen mit leichter Sprache ergänzen

Philipp Hadorn (ps, SO) a pointé du doigt l'implication de plusieurs acteurs financiers helvétiques dans la corruption à l'étranger. Il a notamment cité les Panama et Paradise papers. Afin de palier à cette implication, il a demandé au Conseil fédéral de développer des bases légales pour prévenir la corruption à l'étranger.
Le Conseil fédéral s'est opposé à la motion. Pour appuyer sa position, il a rappelé les nombreuses mesures déjà prises.
Au final, la motion a été classée car le Conseil national ne l'a pas examinée dans le délai imparti.

Paradise Papers. Bases légales pour prévenir la corruption à l'étranger (Mo. 17.4009)
Dossier: Panama Papers
Dossier: Paradise Papers

Afin de prévenir les conflits d'intérêts, Philip Hadorn (ps, SO) a préconisé une séparation de la vérification des comptes et du conseil fiscal pour les organes de révision. Le Conseil fédéral a recommandé de rejeter la motion. Bien qu'elle ait été reprise par Flavia Wasserfallen (ps, BE), la motion a été classée car elle n'a pas été traitée dans le délai imparti.

Paradise Papers. Séparer la vérification des comptes et le conseil fiscal
Dossier: Paradise Papers

Als in den meisten Kantonen noch kaum jemand gross an die Ständeratswahlen 2019 dachte, war der Wahlkampf im Kanton Aargau bereits in vollem Gange. Dafür verantwortlich waren die früh angekündigten Rücktritte der beiden bisherigen Aargauer Ständeräte. Pascale Bruderer (sp), ehemalige Nationalratspräsidentin und zuletzt acht Jahre Ständerätin, kündigte im Januar 2018 an, sich nach dem Ende der laufenden Legislatur aus der Politik zurückziehen und in die Wirtschaft wechseln zu wollen. Auch Philipp Müller (fdp), ehemaliger Präsident der FDP Schweiz, verzichtete auf eine erneute Kandidatur. Der Abgang der beiden nationalen Politgrössen löste in ihren jeweiligen Parteien ein Gerangel um ihre Nachfolge aus. Den Delegierten der Sozialdemokraten standen an ihrer Nominationsveranstaltung der Nationalrat und frühere Juso-Präsident Cédric Wermuth und die Nationalrätin Yvonne Feri zur Auswahl. Wermuths Bewerbung für die Nomination seiner Partei löste unter den Genossen eine heftige Debatte über die Frauenförderung aus. So wurde Wermuth von verschiedener Seite vorgeworfen, er bremse im von der SP ausgerufenen «Jahr der Frau» die aussichtsreiche Kandidatur einer Frau aus. Wermuth konterte, dass die SP im Aargau stets sehr vorbildlich auf eine Ausgewogenheit der Geschlechter Acht gegeben habe und er ausserdem die im nationalen Parlament ebenfalls untervertretene jüngere Generation vertrete. Eine Mehrheit der SP-Delegierten sprach sich schliesslich für Wermuth aus (105 zu 47 Stimmen). Obwohl Pascale Bruderer 2015 mit einem Spitzenresultat bereits im ersten Wahlgang gewählt worden war, war sich Wermuth bewusst, dass es für ihn deutlich schwieriger werden würde, den Sitz in den Reihen der SP zu halten. Dass Bruderer bis weit über die Parteigrenzen hinaus Sympathien genoss sei eine «historische Ausnahme» gewesen, meinte Wermuth. Im Lager der Freisinnigen duellierten sich derweil die beiden Nationalräte Matthias Jauslin und Thierry Burkhart um die Nomination ihrer Partei. Nachdem Burkhart sich im Vorfeld des Nominationsparteitages bereits die Unterstützung der Jungfreisinnigen und der FDP Frauen gesichert hatte, konnte er schlussendlich auch eine deutliche Mehrheit der Delegierten für sich gewinnen. Mit 154 zu 38 Stimmen setzte er sich gegen seinen Kontrahenten Jauslin durch. Noch vor Ende 2018 stiegen die Kandidierenden aus den weiteren Parteien ins Rennen. Die SVP nominierte zum zweiten Mal in Folge ihren Nationalrat Hansjörg Knecht. Vor vier Jahren war er im zweiten Wahlgang Philipp Müller unterlegen. Für die Grünen kandidierte die Grossrätin Ruth Müri, während die GLP ihre Hoffnungen auf ihren einzigen Nationalrat Beat Flach setzten. Für die CVP warf die kantonale Parteipräsidentin Marianne Binder ihren Hut in den Ring. Im neuen Jahr gesellten sich dann noch Grossrätin Maya Bally (bdp) und Grossrat Roland Frauchiger (evp) zu den Kandidierenden. Das Kandidatenfeld komplettierten Jean-Pierre Leutwyler (Freie Wähler Aargau) und der «ewige Kandidat» Pius Lischer (parteilos), der im Kanton bereits für zahlreiche Wahlen kandidierte. Der langgezogene Wahlkampf wurde von den Kandidaten engagiert geführt. Besonders hervor tat sich Cédric Wermuth, der während seiner aufwändig geführten Kampagne unter anderem zwei Investigativjournalisten damit beauftragte, herauszufinden, wie viel Geld Banken und Versicherungen an Parlamentarier bezahlen.

Im ersten Wahlgang übertraf niemand das absolute Mehr von 88'828 Stimmen. In Führung lagen nach dem ersten Durchgang Thierry Burkart (82'515 Stimmen) und Hansjörg Knecht (72'574). Mit einem bereits stattlichen Rückstand landete Cédric Wermuth (55'274) nur auf dem dritten Platz. Auf ihn folgten Ruth Müri (40'560), Marianne Binder (36'700), Beat Flach (23'158), Maya Bally (21'706) und Roland Frauchiger (9'784). Nach Absprache zwischen den Grünen und den Sozialdemokraten zog Cédric Wermuth seine Kandidatur vor dem zweiten Wahlgang zugunsten von Ruth Müri zurück. Der Entscheid der beiden Parteien war eng mit der gleichzeitig stattfindenden Regierungsratsersatzwahl verknüpft, wo die Grünen im zweiten Wahlgang die Kandidatur der SP-Kandidatin Yvonne Feri unterstützten. Neben Müri verblieben auch Burkart, Knecht und Binder im Rennen. Für die beiden Frauen schien die Lage aufgrund des grossen Rückstands zwar fast schon hoffnungslos. Dennoch gaben sich beide selbstbewusst und zuversichtlich.
Thierry Burkart (99'372 Stimmen) erzielte auch im zweiten Durchgang das beste Ergebnis und schaffte ungefährdet den Einzug in den Ständerat. Mit ihm zog Hansjörg Knecht ins Stöckli ein. Zwar konnte Knecht (73'692) im Gegensatz zu seinen Konkurrentinnen Marianne Binder (61'657) und Ruth Müri (58'754) gegenüber dem ersten Wahlgang kaum zusätzliche Stimmen gewinnen. Trotzdem wurde er im zweiten Wahlgang mit einem komfortablen Vorsprung von über 12'000 Stimmen auf die drittplatzierte Binder gewählt. Der Kanton Aargau erhielt damit zum ersten Mal seit 2011 wieder eine rein bürgerliche Standesstimme. Die Wahlbeteiligung im zweiten Wahlgang betrug 37.4 Prozent und war damit 7 Prozentpunkte tiefer als im ersten Durchgang.

Ständeratswahlen 2019 – Aargau
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2019 (nach Kantonen)
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Nicht nur der Gewerbeverband (SGV), auch die Gewerkschaften verloren bei den Eidgenössischen Wahlen im Herbst 2019 Sitze im Parlament. Wie der Tages-Anzeiger nach den Wahlen berichtete, wurden Corrado Pardini (sp, BE) und Nicolas Rochat Fernandez (sp, VD) von der Unia, Philipp Hadorn (sp, SO) von der SEV, Thomas Ammann (cvp, SG) von Transfair sowie Adrian Wüthrich (sp, BE) von Travailsuisse nicht wiedergewählt. Der Travailsuisse-Vizepräsident, Jacques-André Maire (sp, NE) hatte zudem bereits im Vorfeld angekündigt, dass er sich aus der Politik zurückziehen werde.
Es gab aber auch Zuwachs und Konstanten: Neu in das Parlament gewählt wurden SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard (sp, VD), VPOD-Präsidentin Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH), Greta Gysin (gp, TI), Geschäftsleitungsmitglied von Transfair, sowie die Unia-Gewerkschaftssekretärin Tamara Funiciello (sp, BE). Wiedergewählt wurden die Präsidentin des PVB Barbara Gysi (sp, SG), Transfair-Präsident Stefan Müller-Altermatt (cvp, SO), Irène Kälin (gp, AG), Präsidentin der Gewerkschaft Arbeit Aargau, Samira Marti (sp, BL), Präsidentin des VPOD Region Basel sowie Edith Graf-Litscher (sp, TG) und Mathias Reynard (sp, VS) von den Gewerkschaftsbünden Thurgau und Wallis.

Der Tages-Anzeiger konstatierte, die Gewerkschaften seien mit diesen Wahlresultaten «weit entfernt von der Stärke ihrer besten Tage», etwa als nach den Wahlen 2003 «je nach Zählung» bis zu zwei Dutzend Ratsmitglieder der «gewerkschaftlichen Achse angehörten». SGB-Präsident Maillard hingegen hatte keine Mühe mit dem Resultat – neben dem Klima sei insbesondere auch die Frauenfrage bei diesen Wahlen einfach wichtiger gewesen. Ferner fühle sich ja nach wie vor ein grosser Teil der SP mit den Gewerkschaften verbunden, ohne dabei selbst Mitglied einer Gewerkschaft zu sein, äusserte sich auch der nicht wiedergewählte Hadorn zur Lage. Möglich sei auch, dass die Gewerkschaften längerfristig Opfer ihres eigenen Erfolges würden, liess er zudem verlauten, da offenbar viele Menschen in der Schweiz unterdessen einen gewissen Wohlstand geniessen könnten und dadurch gewerkschaftliche Themen in den Hintergrund rückten.

Wahlen 2019 Gewerkschaften

Bei den Nationalratswahlen 2019 im Kanton Solothurn strebten 166 Kandidierende auf 29 Listen einen von sechs zu vergebenden Sitzen an. Der Frauenanteil auf den Listen betrug 37.3% und war damit sechs Prozentpunkte höher als vor vier Jahren. Alle grösseren Parteien traten mit mindestens drei Listen an.

Bei den Wahlen 2015 hatten SVP und SP je zwei, die FDP und die CVP je einen Sitz gewonnen. Damals musste der Kanton Solothurn aufgrund des geringeren Bevölkerungswachstums den Verlust eines Nationalratssitzes hinnehmen. Dieser Sitzverlust wurde vom Stimmvolk auf die CVP abgewälzt, die deshalb für die letzten vier Jahre nur noch einen Solothurner Nationalratssitz besetzte. Trotzdem liess die CVP verlauten, dass die Rückgewinnung eines zweiten Sitzes erst 2023 ein Ziel sein werde. 2019 wolle man primär den Sitz von Stefan Müller-Altermatt verteidigen. Gelingen sollte dies mit Hilfe einer breiten Mitte-Listenverbindung mit GLP, EVP und BDP. Von den bisherigen Nationalräten trat einzig Bea Heim von der SP nicht mehr an. Da damit die einzige Solothurner Frau im Parlament zurücktrat, bestand die Möglichkeit, dass nach den Wahlen 2019 die Solothurner Delegation im Bundeshaus rein männlich sein würde. Als Frau mit den besten Aussichten auf einen Nationalratssitz galt die kantonale SP-Parteipräsidentin Franziska Roth. Sie hatte 2015 im parteiinternen Duell mit Philipp Hadorn einen Sitz lediglich um 122 Stimmen verpasst. Es zeichnete sich auch dieses Jahr wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden ab. Ebenfalls Chancen auf einen der beiden linken Sitze ausrechnen konnten sich Peter Gomm (sp) und Felix Wettstein von den Grünen, mit denen die SP wie üblich eine Listenverbindung eingegangen war. Ohne Listenverbindungen mit anderen grösseren Parteien ins Rennen stiegen die FDP und die SVP. Trotzdem waren beide Parteien zuversichtlich, dass ihre bisherigen Nationalräte wiedergewählt werden würden. Die FDP ist auf kantonaler Ebene die stärkste Partei und konnte mit Kurt Fluri, seit 2003 Nationalrat und seit 1993 Stadtpräsident von Solothurn, auf einen erfahrenen Politiker setzen. Bei der SVP kann der noch junge Christian Imark bereits auf eine steile Politkarriere zurückblicken und er vermochte seinen Bekanntheitsgrad im Kanton durch seine diesjährige Ständeratskandidatur noch zusätzlich zu steigern. Der andere Bisherige bei der SVP, der national bekannte Walter Wobmann, generierte kurz vor den Wahlen noch ordentlich Schlagzeilen, als er in der Herbstsession 2019 eine Motion einreichte, welche den Bundesrat beauftragte die gesetzlichen Grundlagen für eine Bekämpfung der Ausbreitung eines radikalen Islams in der Schweiz zu schaffen. Nachdem eine Mehrheit der FDP im Nationalrat gegen die Motion stimmte, veröffentlichte das von Wobmann präsidierte «Egerkinger Komitee» mehrere Plakate, welche FDP-Exponenten für ihre Haltung kritisierte. Eine Klage der FDP gegen die Plakate wurde schliesslich gutgeheissen.

Am Wahltag gab es im rechten Lager keine Überraschungen. Die drei Bisherigen wurden wiedergewählt, obwohl sowohl die SVP (-2.9 Prozentpunkte; neu 28.8%) als auch die FDP (-2.7 Prozentpunkte; neu 18.5%) im Vergleich zu 2015 Wähleranteile einbüssten. Christian Imark erzielte dabei das beste Ergebnis aller Kandidierenden. Sesselrücken war hingegen bei den Linken angesagt. Die Grünen konnten kräftig zulegen und ihren Wähleranteil mehr als verdoppeln (+5.8 Prozentpunkte auf neu 11.4%). Dies genügte, um der SP einen der beiden Sitze abzuluchsen, die damit den Sitz von Bea Heim nicht zu verteidigen vermochte. Stattdessen wurde Felix Wettstein, der ehemalige kantonale Parteipräsident der Grünen, gewählt. Im Duell um den anderen SP-Sitz hatte schlussendlich Franziska Roth die Nase vorne. Philipp Hadorn verpasste somit als einziger bisheriger Kandidat die Wiederwahl. Beide linken Sitze wurden neu besetzt und weiterhin bleibt wenigstens eine Frau Teil der Solothurner Bundeshausdelegation. Ebenfalls von der grünen Welle profitieren konnte die GLP (+3.3 Prozentpunkte; neu 6.8%). Da die CVP ihre Verluste allerdings in Grenzen halten konnte (-0.6 Prozentpunkte; neu 14.2%), reichte es deutlich nicht für einen Sitz für die GLP und so holte die CVP mit dem bisherigen Stefan Müller-Altermatt den Sitz den die Listenverbindung der Mitteparteien gewinnen konnte. Die Zusammensetzung der Solothurner Volksvertretung lautete somit neu: 2 SVP, 1 FDP, 1 CVP, 1 SP, 1 GP. Die Stimmbeteiligung fiel gegenüber 2015 deutlich (-5.4 Prozentpunkte) und lag mit 44.8% knapp unter dem nationalen Durchschnitt.

Nationalratswahlen 2019 – Solothurn
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Bei den Nationalratswahlen 2019 im Kanton Luzern waren neu nur noch neun Sitze zu vergeben. Aufgrund seines geringeren Bevölkerungswachstums verlor der Kanton im Vergleich zur vergangenen Legislatur einen Sitz. Trotzdem bewarben sich 252 Kandidaten auf 33 Listen für einen der verbliebenen Sitze, beides Rekordwerte. Die CVP (8) und die SVP (7) traten mit besonders vielen Listen an. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden betrug 42.9 Prozent.

Bei den eidgenössischen Wahlen 2015 war die SVP als klare Siegerin hervorgegangen. Sie hatte ihren Wähleranteil gesteigert, die CVP überholt und ihren dritten Sitz zurückerobert. Auch die CVP hatte drei Sitze geholt, die FDP zwei, die SP und die Grünen je einen.
Aufgrund des verlorenen Mandates vor den Wahlen 2019 beschränkten sich die meisten Parteien auf das Verteidigen ihrer Sitze. Für Spannung sorgte der Umstand, dass alle Bisherigen erneut kandidierten. Es war deshalb schon vor dem Abstimmungssonntag klar, dass mindestens jemand aus der aktuellen Luzerner Nationalratsdelegation für die kommende Legislatur nicht mehr in der Grossen Kammer sitzen würde. Aufgrund ihrer Verluste bei den kantonalen Wahlen im März 2019 besonders gefährdet schienen die SVP und die CVP. Die SVP hätte sich eine Listenverbindung mit der CVP oder der FDP «vorstellen können». Doch eine derartige Verbindung kam nicht zustande. So musste die SVP auf die Bekanntheit ihrer drei bisherigen Nationalräte, Yvette Estermann, Felix Müri und Franz Grüter (gleichzeitig Ständeratskandidat) setzen – und auf die Unterstützung ihrer sechs Unterlisten. Statt mit der SVP gingen die ehemaligen Erzrivalen CVP und FDP zum zweiten Mal nach 2015 gemeinsam eine Listenverbindung ein und spannten auch vielerorts im Wahlkampf zusammen. Dieses Bündnis wurde jedoch arg strapaziert, als die CVP in einer umstrittenen CVP-Online Kampagne auch verschiedene Luzerner FDP-Kandidaten kritisierte. Nachdem sich die kantonale FDP bei der CVP beschwerte, wurden alle Einträge über die Luzerner FDP-Kandidaten entfernt. Die betroffenen Kandidaten sahen von einer Klage ab und die Parteien nahmen den gemeinsamen Wahlkampf wieder auf. Die GLP setzte sich die Rückgewinnung des 2015 an die SVP verlorenen Sitzes von Roland Fischer zum Ziel. Dafür ging sie wie schon vor vier Jahren eine im nationalen Vergleich eher ungewöhnliche Listenverbindung mit den Grünen und der SP ein. Die SP, rund um den kantonalen Parteipräsident David Roth, hegte derweil leise Ambitionen auf einen zweiten Sitz. Die BDP trat dieses Jahr in Luzern nicht zu den Nationalratswahlen an. Die Partei begründete den Verzicht mit den geringen Chancen auf einen Sitzgewinn und ihren Fokus auf die Kommunalwahlen im März 2020.

Am Wahlsonntag verbuchte die CVP einen unerwarteten Erfolg. Dank einer leichten Zunahme ihres Wähleranteils (+1.6 Prozentpunkte auf 25.5%) überholte sie die SVP und wurde neu wieder stärkste Kraft im Kanton. Entgegen der Prognosen konnte sie damit alle ihre drei Sitze halten. Gewählt wurden Ida Glanzmann-Hunkeler, Andrea Gmür und Leo Müller. Aufgrund der erfolgreichen Ständeratskandidatur von Andrea Gmür, verzichtete diese auf ihr Nationalratsmandat und Priska Wismer-Felder rutschte für sie nach. Einen etwas weniger überraschenden Erfolg feierten die Mitte-Links-Parteien. Ihre Listenverbindung gewann einen dritten Sitz, welchen die GLP für sich beanspruchen konnte. Damit zog Roland Fischer zum zweiten Mal nach 2011 in den Nationalrat ein. Die beiden Bisherigen Michael Töngi (Grüne) und Prisca Birrer-Heimo (sp) wurden beide wiedergewählt. Das grösste Wähleranteilwachstum verzeichneten die Grünen, die mit neu 12.2 Prozent (+5.1 Prozentpunkte) nur noch knapp hinter der SP lagen (13.5%). Grosse Enttäuschung verbreitete sich hingegen bei der FDP, denn die Listenpartnerin der CVP verlor überraschend ihren zweiten Sitz. Während Albert Vitali den erneuten Einzug in den Nationalrat schaffte, musste Peter Schilliger seine Abwahl verdauen. Auch die SVP verlor, neben ihrer Vorherrschaft im Kanton (-3.8 Prozentpunkte auf 24.7%), einen Sitz. Bei ihr traf es Felix Müri, während Franz Grüter – mit dem besten Ergebnis aller Kandidierenden – und Yvette Estermann die Wiederwahl schafften. Die Zusammensetzung der Luzerner Nationalratsdelegation lautete somit neu: 3 CVP, 2 SVP, 1 FDP, 1 SP, 1 GPS und 1 GLP. Die Stimmbeteiligung fiel zwar im Vergleich zu 2015 (-2.5 Prozentpunkte), lag mit 48.4 Prozent aber dennoch über dem nationalen Durchschnitt.

Nationalratswahlen 2019 – Luzern
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Im Kanton Aargau bewarben sich bei den Nationalratswahlen 2019 496 Personen auf 36 Listen für einen der 16 Aargauer Nationalratssitze. Der Andrang auf die begehrten Sitze war dieses Jahr noch einmal deutlich höher als 2015 (288 Kandidierende auf 23 Listen). Dieses Jahr schlug alleine schon die CVP mit neun Listen und 127 Kandidierenden zu Buche. Auch die Anzahl der Kandidatinnen war dieses Jahr so hoch wie nie zuvor (187, Frauenanteil 37.7%).

Bei den Nationalratswahlen vor vier Jahren hatten sich die SVP und die FDP im Aargau als Gewinner feiern lassen können. Sie hatten damals beide einen Sitzgewinn verzeichnet. Die 16 Nationalräte, die den Kanton während der letzten Legislatur in Bundesbern vertreten hatten, waren damit wie folgt auf die Parteien verteilt: 7 SVP, 3 FDP, 2 SP, 1 CVP, 1 GPS, 1 GLP, 1 BDP. Die beiden letztmaligen Gewinner mussten für die anstehenden Wahlen 2019 als einzige Parteien Rücktritte verkraften, wobei die SVP besonders betroffen war. Gleich vier ihrer sieben amtierenden Nationalräte fielen der parteiinternen Alters- und Amtszeitregelung zum Opfer. Sylvia Flückiger-Bäni und Ulrich Giezendanner zogen sich ganz aus der nationalen Politik zurück. Luzi Stamm und Maximilian Reimann beschlossen hingegen, auf eigenen Listen erneut zu den Wahlen anzutreten. Luzi Stamm, seit 28 Jahren im Nationalrat, stieg mit einer nach ihm benannten Liste und sieben Mitstreitern ins Rennen. Reimann, seinerseits bereits 32 Jahre lang Bundesparlamentarier, führte derweil die Seniorenliste «Team 65+» an. Für beide waren die Chancen ausserhalb der SVP-Liste ihre Wiederwahl zu schaffen sehr gering. Der SVP bereiteten zudem im Wahlkampf die Turbulenzen um die inzwischen zurückgetretene Regierungsrätin Franziska Roth (svp) Kopfzerbrechen. Immerhin gelang der Volkspartei mit der FDP, der EDU und Reimanns «Team 65+» bei den Listenverbindungen der Zusammenschluss zu einem breiten rechtsbürgerlichen Block. Die FDP erhoffte sich von der Verbindung, den freiwerdenden Sitz der zurückgetretenen Corina Eichenberger zu verteidigen. Der rechtsbürgerliche Schulterschluss geriet allerdings arg in Schieflage als die SVP im August ihr Wurmplakat veröffentlichte. Auf dem Plakat war unter anderem ein FDP-blauer Wurm abgebildet, der einen die Schweiz symbolisierenden Apfel durchbohrt. Die FDP prüfte sogar eine Auflösung der Listenverbindung, doch aufgrund der bereits abgelaufenen Frist für die Anmeldung der Listenverbindungen, hatten die Freisinnigen gar keine andere Wahl, als an die SVP gebunden in die Wahlen zu steigen. In der Mitte schloss sich die BDP mit der EVP zusammen. Damit sollte der Sitz von Bernhard Guhl (bdp) gerettet werden. Zwar garantierte die Listenverbindung den beiden Parteien praktisch einen Sitz, doch falls die EVP mehr Stimmen machen würde als die BDP, könnte Guhl sein Mandat trotzdem verlieren. Innerhalb der zweiten Mitteverbindung, zwischen der CVP und der GLP, kam es ebenfalls zu einem Zweikampf, denn beide Parteien hätten gerne jeweils einen zweiten Sitz erobert. Voraussetzung dafür war jedoch, dass beide Parteien in der Gunst der Wähler zulegen können. Der zusätzliche Sitz würde dann auf die Partei mit dem höheren Wähleranteil fallen. Auch bei den linken Parteien zeichnete sich im Wesentlichen ein Zweikampf ab. Die SP und die Grünen hatten sich beide einen Sitzgewinn zum Ziel gesetzt, doch es schien sehr unwahrscheinlich, dass dies gleich beiden Parteien gelingen würde. Zwar gesellte sich zur Listenverbindung der SP und den Grünen auch noch die Piratenpartei, doch keiner erwartete, dass die Piraten in die Nähe eines Sitzgewinnes kommen würden.

Wie in den meisten Kantonen konnten die Grünen und Grünliberalen auch im Kanton Aargau am Wahlsonntag ihre Wähleranteile kräftig ausbauen. Die Grünen legten gegenüber 2015 um 4.3 Prozentpunkte zu (neu 9.8%), die GLP um 3.3 Prozentpunkte (neu 8.5%). Es reichte jedoch keiner der beiden Parteien für einen Sitzgewinn, womit weiterhin lediglich Irène Kälin (gp) und Beat Flach (glp) im Parlament vertreten sein werden. Sitzgewinne verzeichnen konnten dafür die jeweiligen Listenpartnerinnen – trotz vergleichsweise geringerem Wählendenzuwachs. Für die SP (+0.4 Prozentpunkte, neu 16.5%) schaffte neben den Bisherigen Yvonne Feri und Cédric Wermuth auch Gabriela Suter den Einzug in den Nationalrat. Die CVP (+1.3 Prozentpunkte, neu 9.9%) freute sich darüber, dass sie endlich wieder einmal ihren Stimmenanteil ausbauen konnte, nachdem sie bei den letzten vier Nationalratswahlen jeweils Verluste hatte einstecken müssen. Neben der bestätigten Ruth Humbel wird für die CVP in der nächsten Legislatur auch die kantonale Parteipräsidentin Marianne Binder-Keller in der Grossen Kammer vertreten sein. Die Sitzgewinne von SP und CVP gingen auf Kosten der FDP und der SVP. Die FDP konnte den Sitz von Corina Eichenberger nicht verteidigen. Die beiden Bisherigen Thierry Burkhart und Matthias Samuel Jauslin schafften hingegen die Wiederwahl. Aufgrund der vielen Rücktritte in ihren Reihen, schafften bei der SVP trotz Sitzverlust gleich drei Neue den Einzug ins nationale Parlament: Martina Bircher, Jean-Pierre Gallati und Benjamin Giezendanner. Benjamin Giezendanner folgte damit direkt auf seinen zurückgetretenen Vater Ulrich Giezendanner. Problemlos wiedergewählt wurden die drei bisherigen SVP-Nationalräte Thomas Burgherr, Andreas Glarner und Hansjörg Knecht. Nicht wiedergewählt wurden hingegen wie erwartet Luzi Stamm und Maximilian Reimann. In der Mitte tauschten die BDP und die EVP einen Sitz, da die BDP 2.0 Prozentpunkte verlor (neu 3.1%) und von der EVP (+0.3 Prozentpunkte, neu 3.6%) überholt wurde. Bernhard Guhl verpasste also die Wiederwahl und musste Lilian Studer (evp) den Sitz überlassen. Die Zusammensetzung der Aargauer Volksvertretung für die Legislatur 2019-2023 lautet somit: 6 SVP, 3 SP, 2 FDP, 2 CVP, 1 GP, 1 GLP und 1 EVP. Die Wahlen lockten 44.7 Prozent der Stimmberechtigten an die Urne – 3.6 Prozentpunkte weniger als vor vier Jahren.

Fünf Wochen nach den Nationalratswahlen fand im Aargau der zweite Wahlgang der Ständeratswahlen und der Regierungsratsersatzwahl statt. Neu ins Stöckli zogen Thierry Burkhard (fdp) und Hansjörg Knecht (svp) ein. Für sie rutschten Maja Riniker (fdp) und Stefanie Heimgartner (svp) in den Nationalrat nach. Bei der Regierungsratsersatzwahl setzte sich Jean-Pierre Gallati (svp) als Nachfolger der zurückgetretenen Franziska Roth durch. Gallati gab bekannt, noch die erste Session im Nationalrat zu besuchen. Danach wird ihn Bauernverbandspräsident Alois Huber (svp) als nächster auf der SVP-Liste ersetzen.

Nationalratswahlen 2019 – Aargau
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Erstmals mischte die Operation Libero 2019 bei den nationalen Wahlen mit. Im Zuge der sogenannten «Wandelwahl», so der Name der Aktion, wurden insgesamt 38 Kandidierende aus verschiedenen Parteien mit dem «Gütesiegel von Operation Libero» (NZZ) versehen und von der Organisation im Oktober zur Wahl empfohlen.
Zum Auftakt der Kampagne versammelten sich im Juni die ersten Nominierten, darunter auch der Mitbegründer der Operation Libero Nicola Forster (ZH, glp), welcher den Einzug in den Nationalrat letztlich knapp verpasste, zusammen mit den Co-Präsidentinnen Flavia Kleiner und Laura Zimmermann, die beide nicht zu den Wahlen antraten, in Bern auf dem Casinoplatz. Der Wahlauftakt unterschied sich nicht von anderen Wahlveranstaltungen, wie die NZZ damals festhielt; einziger Unterschied sei, dass die Organisatorin keine Partei sei. Das Ziel der «Wandelwahl» war, die progressiven Kräfte im Parlament zu stärken und den «jahrelangen Stillstand und die Blockade», in welcher sich die Schweizer Politik befinde, aufzubrechen, zitierte die Aargauer Zeitung die Absichten der Operation Libero. Den Kandidierenden wurde bei ihrer Wahlkampagne unter die Arme gegriffen, im Gegenzug mussten diese bei erfolgreicher Wahl die Libero-Ziele unterstützen, beispielsweise durch die Erarbeitung eines griffigen CO2-Gesetzes, der «Ehe für Alle» oder eine im Sinne der Operation Libero konstruktiven Europapolitik.
Aufgrund dieser Forderungen musste die Operation Libero Kritik einstecken: Die WOZ warf ihr Ende August vor, dass sie Kandidatinnen und Kandidaten kaufe und die Demokratie als Supermarkt betrachte. Zudem monierte der «Blick», dass CHF 400'000 der insgesamt CHF 600'000 des Wahlkampfbudgets – geplant waren eigentlich CHF 1.5 Mio. – von einem einzigen Spender eingegangen seien und die Organisation sich dadurch von diesem abhängig mache. Laura Zimmermann wies die Kritik der WOZ zurück: Das Empfehlen von Kandidatinnen und Kandidaten, die parteiübergreifend Politik machen, sei «urdemokratisch». Gegenüber dem «Blick» meinte sie, es sei «kein Rappen an die Kandidierenden geflossen» und man werde analysieren, weshalb von den geplanten CHF 1.5 Mio. nur CHF 600'000 zusammengekommen seien und weshalb das Crowdfunding für die Kampagne diesmal nicht wie gewünscht funktionierte.

Zehn der 38 empfohlenen Kandidierenden wurden schliesslich in den Nationalrat gewählt, wie die Operation Libero nach der Wahl in einer Medienmitteilung kommunizierte: Gerhard Andrey (gp, FR), Susanne Vincenz-Stauffacher (fdp, SG), Roland Fischer (glp, LU) und Marionna Schlatter (gp, ZH) zogen dabei neu in den Nationalrat ein. Wiedergewählt wurden Yvonne Feri (sp, AG), Beat Flach (glp, AG), Sibel Arslan (gp/basta, BS), Philipp Kutter (cvp, ZH), Eric Nussbaumer (sp, BL) und Kathrin Bertschy (glp, BE).

Operation Libero «Wandelwahl» 2019

Beat Flach (glp, AG) forderte mit seinem Postulat zum Wildwuchs und Wirrwarr bei den Regeln der Baukunde einen Bericht des Bundesrates, der Massnahmen für eine verbesserte Koordination der verschiedenen technischen Regelungen und der dahinterstehenden Akteure im Planungs- und Bauwesen aufzeigen soll. Laut einer in der Begründung zitierten Studie des SECO würde allein das Baubewilligungsverfahren Regulierungskosten von über CHF 600 Mio. pro Jahr verursachen. Nachdem auch der Bundesrat Annahme des Postulates beantragt hatte, überwies es der Nationalrat im September 2019 stillschweigend.

Wildwuchs und Wirrwarr bei den Regeln der Baukunde (Po. 19.3894)

In der Herbstsession 2019 ging das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste (E-ID-Gesetz) in die Differenzbereinigung. In der ersten Runde konnte sich die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat bei allen Streitpunkten durchsetzen, womit die Volkskammer an ihren ursprünglichen Positionen festhielt und keine grosse Kompromissbereitschaft an den Tag legte. Obwohl sich die Frage um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die E-ID wie ein roter Faden durch die Debatte zog, schienen die diesbezüglichen Überlegungen die Entscheidungen des Rats nur wenig zu beeinflussen. So lehnte der Nationalrat sowohl den von einer Minderheit Arslan (basta, BS) geforderten Zwang als auch die vom Ständerat eingeführte, vorbedingungslose Möglichkeit für den Staat zur Herausgabe einer E-ID ab und hielt an der rein subsidiären staatlichen Herausgabe fest, obwohl sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter für den ständerätlichen Kompromiss ausgesprochen hatte. Der Staat sollte sich auch nicht wie vom Ständerat vorgesehen an privaten E-ID-Anbietern (Identity Providern) beteiligen können. Des Weiteren hielt die grosse Kammer an der Nennung der Sorgfaltspflichten im E-ID-Gesetz fest und strich lediglich die Delegationsnorm, welche die Konkretisierung der Sorgfaltspflichten durch den Bundesrat vorgesehen hätte. Eine Minderheit Flach (glp, AG) blieb mit dem Vorschlag eines Mittelwegs erfolglos, der das explizite Verbot der Weitergabe der E-ID streichen, die abstrakte Beschreibung der Sorgfaltspflichten aber beibehalten wollte. Ebenfalls erfolglos blieb die durch Beat Flach eingebrachte Forderung des Konsumentenschutzes, dass Dienstleistungen, für die eine E-ID der Sicherheitsstufe «niedrig» ausreicht, auch ohne E-ID genutzt werden können müssen. Da die Angst, im Internet eine Datenspur zu hinterlassen, nachvollziehbar sei, hatte sich Bundesrätin Keller-Sutter auch hierfür vergebens stark gemacht. Die vom Ständerat neu eingeführte E-ID-Kommission (Eidcom) als unabhängige Stelle zur Anerkennung und Kontrolle der Identity Provider blieb im Nationalrat vorerst ebenso chancenlos wie die von der Schwesterkammer verschärften Datenschutzbestimmungen.
Im Ständerat erklärte es Kommissionssprecher Beat Vonlanthen (cvp, FR) zum Ziel dieses Gesetzgebungsprozesses, dass das Gesetz bzw. die E-ID «vertrauenswürdig sein und in einer allfälligen Volksabstimmung bestehen können» müssten. In diesem Lichte hielt die Kantonskammer an ihren Positionen zur Möglichkeit für eine staatliche Herausgabe der E-ID und für eine staatliche Beteiligung an Identity Providern sowie zur Einführung der Eidcom, die sie allesamt als zentral für die Vertrauensbildung in der Bevölkerung erachtete, stillschweigend fest. Einen Schritt auf ihre Schwesterkammer zu machte sie bei den Sorgfaltspflichten, wo sie sich für den zuvor im Nationalrat diskutierten, aber dort noch abgelehnten Mittelweg Flach entschied. Mit der im Nationalrat abgelehnten, zwingenden Alternative zur E-ID bei Dienstleistungen, die nur Sicherheitsstufe «niedrig» verlangen, fand das Anliegen des Konsumentenschutzes im Ständerat Gehör und wurde ins Gesetz aufgenommen. Zugeständnisse an den Nationalrat machte die kleine Kammer auch beim Datenschutz, indem sie einen Kompromiss einführte, wonach die Zweckbindung der Datenverarbeitung erhalten bleiben, eine Bearbeitung durch Dritte im Rahmen des Datenschutzgesetzes aber erlaubt sein soll, um die konzerninterne Arbeitsteilung und das Outsourcing der Datenbearbeitung nicht zu verunmöglichen.
Während sich der Nationalrat bei den Sorgfaltspflichten schliesslich auf den Mittelweg Flach einliess und diese Differenz damit ausräumte, brachte die RK-NR einen neuen Vorschlag betreffend die Rolle des Staates vor. Demnach soll der Staat nur dann selber ein E-ID-System betreiben dürfen, wenn die Zwecke der E-ID gemäss Art. 1 BGEID nicht erfüllt werden. Der Bundesrat unterstützte diese Subsidiaritätsregel nun, da sie die Voraussetzungen für das Tätigwerden des Staates klar formuliere und der Bund auch ohne diese Einschränkung ohnehin nur mit gebührender Zurückhaltung agiert hätte. Entgegen einer Minderheit Min Li Marti (sp, ZH), die von der SP-, der Grünen- sowie einzelnen Mitgliedern der FDP-Fraktion getragen wurde und an der ständerätlichen Version festhalten wollte, entschied sich die grosse Kammer für diesen neuen Kompromiss. Bezüglich der Eidcom hatte sich die Mehrheit der RK-NR seit der letzten Beratung umstimmen lassen; sie setzte sich nun gemeinsam mit dem Bundesrat für deren Einführung als unabhängige Aufsicht ein, da der Staat, würde er subsidiär tätig, sich im Falle der Aufsicht durch das Informatiksteuerungsorgan des Bundes letztlich selber beaufsichtigen würde. Die Mehrheit des Nationalratsplenums liess sich davon überzeugen und schloss sich mit 113 zu 69 Stimmen dem Ständerat an, während die SVP- und die BDP-Fraktionen sowie einige FDP-Vertreterinnen und -vertreter dagegen votierten. Dem ständerätlichen Kompromiss beim Datenschutz stimmte die grosse Kammer stillschweigend ebenfalls zu.
In der einen verbleibenden Differenz zum subsidiären E-ID-System des Bundes schloss sich der Ständerat schliesslich stillschweigend dem neuen nationalrätlichen Vorschlag an. Die so bereinigte Vorlage passierte die Schlussabstimmung im Nationalrat mit 144 zu 51 Stimmen bei 2 Enthaltungen und jene im Ständerat mit 35 zu 2 Stimmen bei 8 Enthaltungen. Wie bereits seit längerem angekündigt, zeigten sich die SP und die Grünen nicht zufrieden mit dem Gesetz, weil sie sich die Herausgabe der E-ID durch den Staat gewünscht hätten. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit dürfte wohl das Volk haben, mutmasste die Presse.

E-ID-Gesetz
Dossier: Elektronische Identität

Die Schweiz soll sich am Verteilungsmechanismus der «Koalition der Willigen« beteiligen, forderten im September 2019 Beat Flach (glp, AG; Mo. 19.4319), Lisa Mazzone (gp, GE; Mo. 19.4034), Guillaume Barazzone (cvp, GE; Mo. 19.4033), Kurt Fluri (fdp, SO; Mo. 19.4037), Carlo Sommaruga (sp, GE; Mo. 19.4035) und Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; Mo. 19.4036) in ihren identischen Motionen. Die «Koalition der Willigen» oder eher «Aufnahmewilligen» bezeichnete in diesem Kontext eine Gruppe von EU-Staaten, die sich freiwillig zur Aufnahme geretteter Flüchtlinge bereit erklärten. Die Beteiligung der Schweiz könne gemäss Motionärinnen und Motionären entweder durch die Aufnahme eines Mindestanteils (von zwei Prozent) der Überlebenden an Bord jedes NGO-Schiffs oder durch die Unterstützung der Küstenstaaten durch die Aufnahme von Flüchtlingen aus deren Asylzentren erreicht werden. Die Schweiz beteilige sich via Frontex an der Finanzierung der libyschen Küstenwache, welche Schiffbrüchige nach Libyen zurückführe, ein Land in dem ein aktiver Konflikt schwele und in dessen «Gefangenenlagern» Menschenrechtsverletzungen weitverbreitet seien, kritisierten die Motionärinnen und Motionäre. Als Land mit einer langen humanitären Tradition müsse sich die Schweiz daher umso mehr bereit erklären, Überlebende aufzunehmen.
In seiner Stellungnahme machte der Bundesrat klar, dass die Seenotrettung eine völkerrechtliche Verpflichtung sei und man alle Beteiligten zur Einhaltung der EMRK, des internationalen Seerechts und der Genfer Flüchtlingskonvention aufrufe. Ad-hoc-Lösungen zur Verteilung von Flüchtlingen stehe die Schweiz jedoch zurückhaltend gegenüber, man setze sich eher für eine Reform des Dublin-Systems auf europäischer Ebene ein. Die Umverteilung von Personen ohne Chance auf Asyl sei ein Pull-Faktor, der falsche Anreize setze. Man werde aber weiterhin die Erstaufnahmestaaten auf bilateraler und multilateraler Ebene unterstützen, so wie das bereits durch die Beteiligung an den Plänen des EASO und dem Relocation-Programm der EU im Jahr 2015 geschehen sei. Im Rahmen des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte Mitgliedstaaten der Europäischen Union werde sich die Schweiz zudem für die Stärkung des Migrationsmanagements in besonders stark betroffenen europäischen Staaten einsetzen. Der Bundesrat beantragte aus diesen Gründen in allen Fällen die Ablehnung der Motion.

Die Schweiz soll sich am Verteilungsmechanismus der "Koalition der Willigen" beteiligen

Die parlamentarische Initiative Grin (svp, VD) «Strassenverkehrsgesetz. Zurück zu verhältnismässigen Sanktionen» verlangt, dass der auf bestimmte Zeit entzogene Lernfahr- oder Führerausweis auch nach einer leichten bis mittelschweren Widerhandlung wiedererteilt werden kann, wenn die fehlbare Person eine Nachschulung absolviert hat. Die KVF-NR hatte der Initiative im Oktober 2018 Folge gegeben, die KVF-SR hatte ihr im April 2019 jedoch keine Zustimmung erteilt.
Nach erneuter Prüfung entschied die nationalrätliche Kommission im August 2019 wiederum auf Folge geben; wie schon beim ersten Entscheid stand für die Kommissionsmehrheit das Verhindern von Härtefällen im Vordergrund. Im September debattierte der Nationalrat über die parlamentarische Initiative. Für die Kommissionsminderheit begründete Nationalrat Hadorn (sp, SO) deren Antrag, keine Folge zu geben: Noch immer gebe es zu viele Getötete oder Schwerverletzte im Strassenverkehr, es gebe daher keinen Anlass, die Massnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit kurz nach der Einführung der Via sicura bereits wieder auszuhöhlen. In der grossen Kammer setzte sich die Haltung der Kommissionsmehrheit jedoch durch: Der parlamentarischen Initiative wurde mit 100 gegen 73 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) Folge gegeben.

Strassenverkehrsgesetz. Zurück zu verhältnismässigen Sanktionen

Zwei Tage nach dem Ständerat verhandelte auch der Nationalrat erneut über die Verpflichtungskredite ab 2019 des Programms Agglomerationsverkehr. Nachdem der Ständerat an der Differenz festgehalten hatte, beantragte auch die Kommissionsmehrheit der KVF-NR Festhalten: Die umstrittene Umfahrung Oberburg war ursprünglich im Nationalrat auf Antrag der KVF-NR ins Programm aufgenommen worden und die Kommissionsmehrheit sah keinen Grund, von ihrer Haltung abzurücken. Ein Minderheitsantrag Hadorn (sp, SO) verlangte die Zustimmung zum Ständerat und damit das Fallenlassen der Umfahrung Oberburg. Gestritten wurde im Plenum hauptsächlich über den Baubeginn in Oberburg: Während Bundesrätin Sommaruga betonte, dass der Bau auch bei Aufnahme ins Programm nicht vor 2022/2023 beginne, vertrat Nationalrat Grunder (bdp, BE) die Ansicht, bei diesem Termin handle es sich um die sichtbaren Bauarbeiten, die Vorarbeiten inklusive dem Bau der Tunnelbohrmaschine würden sofort beginnen, weshalb eine Nicht-Aufnahme ins Agglomerationsprogramm eben doch zu Verzögerungen führen würde.
Obschon die Verkehrsministerin wie in bisher jeder Debatte zum Geschäft erneut die Wichtigkeit der Gleichbehandlung aller Regionen beschwor und bei der Umfahrung Oberburg eine Bevorzugung gegenüber Projekten in Schwyz, St. Gallen, Basel Stadt und Genf ausmachte, stimmte der Nationalrat mit 131 gegen 56 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) auch dieses Mal für Festhalten.

Agglomerationsverkehr. Verpflichtungskredite für die Beiträge ab 2019
Dossier: Programme Agglomerationsverkehr

Au mois de juin 2019, le Conseil national a suivi l'avis de la CAJ-CN et décidé à une courte majorité (99 voix pour, 92 contre et 0 abstention) de classer l'initiative intitulée «Lèse-majesté. Abroger l'article 296 CP». La proposition de la minorité Flach (pvl, AG), en faveur d'une prolongation du délai de traitement à la session d'été 2021, a ainsi été écartée.

Lèse-majesté. Abroger l'article 296 CP (Iv. pa. 16.430)

Wie zuvor schon der Nationalrat nahm auch der Ständerat die Motion Flach (glp, AG) zum Sanierungsverfahren für Privatpersonen diskussionslos an. Sowohl die RK-SR als auch der Bundesrat hatten die Annahme der Motion beantragt.

Sanierungsverfahren für Privatpersonen. Bessere Zukunftsperspektiven für Schuldner und Gläubiger (Mo. 18.3683)

Bevor der Nationalrat in der Sommersession über die Umsetzung der parlamentarischen Initiative Aeschi (svp, ZG) zur Einführung eines Verordnungsvetos debattierte, hatte sich der Bundesrat in die Diskussion eingebracht. In ihrer Stellungnahme beantragte die Regierung, nicht auf das Geschäft einzutreten. Sie machte dabei geltend, dass dem Parlament bereits wirksame Instrumente (Motion, parlamentarische Initiative, Konsultationsrechte) zur Verfügung stünden, um Einfluss auf die Verordungsgebung des Bundesrats zu nehmen. Ein Veto würde hingegen nicht nur zu Verzögerungen führen, sondern sei – weil es die Gewaltenteilung verletze – auch verfassungswidrig. Im Falle eines Eintretens verlangte der Bundesrat Ausnahmen etwa im Falle völkerrechtlicher Verpflichtungen, für Verordnungen rein technischen Inhalts oder für Verordnungen zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit. Zudem seien Verordnungen auszunehmen, die bei dringlichen Bundesgesetzen erlassen werden müssen. In seiner Stellungnahme äusserte sich der Bundesrat zudem zu den verschiedenen Anträgen der von der SPK-NR ausgearbeiteten Vorlage.

Der Entwurf der SPK-NR sieht vor, dass ein Drittel der Mitglieder eines Rates innerhalb von 15 Tagen nach deren Veröffentlichung gegen Verordnungen des Bundesrats ein Veto einlegen kann. Nach höchsten 60 Tagen muss die verantwortliche Kommission über den Antrag befinden. Lehnt sie diesen ab, ist er erledigt; stimmt sie ihm zu, wird er von den Räten in der nachfolgenden ordentlichen Session behandelt. Diese entscheiden dann, ob eine Verordnung der Ansicht des Gesetzgebers widerspricht und folglich neu verfasst werden muss oder nicht. Ziel sei es, dem Eindruck zu begegnen, dass die Umsetzung von vom Parlament beschlossenen Gesetzen durch die bundesrätlichen Verordnungen nicht immer dem Willen des Gesetzgebers entsprächen. Das Veto hätte so also auch präventive Wirkung, warb Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) in der Eintretensdebatte für die Vorlage.
Diese Eintretensdebatte wurde ziemlich ausführlich geführt und machte die Kontrahentinnen und Kontrahenten sichtbar, die sich insbesondere am zentralen Element der Gewaltenteilung rieben. Die vom Bundesrat unterstützte, gegen Eintreten optierende Minderheit, bestehend aus den geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der GP sowie aus Minderheiten der CVP- und der FDP-Fraktion, erachtete das Veto gegen Verordnungen als Instrument, mit dem die Teilung der Gewalten je nach Lesart «geritzt» oder gar «verletzt» werde. Die gesetzgebende Gewalt dürfe sich nicht in die technische Arbeit der vollziehenden Gewalt einmischen, wurde argumentiert. Angelo Barrile (sp, ZH) warnte mit Blick auf die Vernehmlassungsantworten, in denen sich die «Lobbys» für ein Verordnungsveto ausgesprochen hätten, dass der Einfluss von Interessenorganisationen mit dem neuen Instrument auch auf die Umsetzung von Gesetzen ausgedehnt würde. Die Minderheit verwies zudem auf das «Verzögerungs- und Blockadepotenzial» des Verordnungsvetos, so etwa Nadine Masshardt (sp, BE). Das Veto lade zudem dazu ein, politisch zu taktieren, und erteile keinen Auftrag, weil man mit ihm Verordnungen nur ablehnen oder gutheissen könne, monierte Marianne Streiff-Feller (evp, BE) für die Minderheit der CVP-Fraktion. Und Balthasar Glättli (gp, ZH) wies darauf hin, dass das Parlament mit der parlamentarischen Initiative ja ein viel stärkeres Instrument habe, selber Gesetze zu verfassen. Die Mehrheit beharrte hingegen darauf, dass der Bundesrat sich mit Verordnungen immer wieder dem Willen des Souveräns widersetze. Wirklich stossende Abweichungen der Gesetzgebung durch Verordnungen müssten darum sozusagen mittels «Notbremse» verhindert werden können, so Beat Flach (glp, AG) für die GLP-Fraktion. Es handle sich um ein staatsrechtliches Experiment, auf das man sich einlassen und das man diskutieren solle. Es gehe nicht um die Frage, ob dieser Vorstoss verfassungskonform sei oder nicht – nahm Gregor Rutz (svp, ZH) für die SVP-Fraktion Stellung –, sondern um den Schutz der Verfassung selber. Man habe zwar kein Verfassungsgericht, aber die Kontrolle gegen ein Gesetz könne mittels Referendum wahrgenommen werden. Dies sei nun aber bei Verordnungen eben nicht möglich. Heute stamme ein Drittel aller Regelungen aus Verordnungen und lediglich 12 Prozent aus Gesetzen. Deshalb sei ein Korrekturinstrument dringend. Für die FDP-Fraktion ergriff schliesslich Kurt Fluri (fdp, SO) das Wort: Es sei wichtig, zu sehen, dass das Veto kassatorisch sei. Es gehe eben gerade nicht darum, neue Regelungen zu diskutieren oder anzustossen – was mit den parlamentarischen Anstossinstrumenten mitunter Jahre dauere –, sondern einzig darum, den Bundesrat aufzufordern, Gesetze im Sinne des Parlaments und nicht «seinen eigenen Willen» umzusetzen. Fluri ging zudem auf die Erfahrungen in seinem Kanton Solothurn ein, der ein Verordnungsveto kennt. In den 30 Jahren zwischen 1988 und 2018 sei lediglich gegen 77 von 1115 Verordnungen ein Veto eingelegt worden, acht dieser beanstandeten Verordnungen seien von der Regierung zurückgezogen und etwa jede fünfte korrigiert worden. Es könne – zumindest im Kanton Solothurn – nicht von systematischer Blockade gesprochen werden. Bundeskanzler Walter Thurnherr äusserte sich am Schluss der Eintretensdebatte im Namen des Bundesrats und warnte vor der Vermischung der Gewalten und einem unverhältnismässigen Aufwand. Zudem fehle aus Sicht der Regierung die verfassungsmässige Grundlage für das neue Instrument. Mit 115 zu 64 Stimmen wurde dann – aufgrund der Positionen der einzelnen Fraktionen eher wenig überraschend – Eintreten beschlossen.
Bei der Detailberatung wurden alle Vorschläge des Bundesrates für zusätzliche Ausnahmen abgelehnt.Auch ein Minderheitsantrag der SVP, wonach nicht die Kommissionsmehrheit das letzte Wort haben soll, sondern ein Minderheitsantrag auch im Rat diskutiert werden sollte, fand keine Mehrheit. Es soll also die Kommission beziehungsweise deren Mehrheit sein, die entscheidet, ob über einen Antrag auf ein Veto abgestimmt wird oder nicht. Das gleiche Schicksal der Ablehnung ereilte ein Minderheitsantrag der SP, mit dem die Erläuterungen zu den Verordnungen im Bundesblatt hätten veröffentlicht werden sollen. Alle weiteren Minderheitsanträge, mit denen Ausnahmen geschaffen werden sollten, lehnte die Ratsmehrheit ab. Mit ein Grund dafür war wohl das von Kommissionssprecher Jauslin vorgebrachte Argument, dass hier ein neues Instrument geschaffen werde und man zuerst Erfahrungen sammeln müsse, um dann vielleicht später in einzelnen Bereichen Ausnahmen zu schaffen. In der Gesamtabstimmung erhielt die unveränderte Vorlage der SPK-NR 113 Stimmen. Die 67 Gegenstimmen stammten von allen anwesenden GP- (11) und SP-Mitgliedern (40) sowie von 10 Mitgliedern der FDP- und 6 der CVP-Fraktion. Sechs der acht Grünliberalen enthielten sich der Stimme. Damit ging die Vorlage an den Ständerat.

Veto gegen bundesrätliche Verordnungen (Pa. Iv. 14.422)
Dossier: Vorstösse für ein Veto des Parlamentes gegen Verordnungen des Bundesrates

In der Sommer- und Herbstsession nahmen Stände- und Nationalrat je eine Motion für Anpassungen am Stockwerkeigentum an.
Diskussionslos, stillschweigend und somit einstimmig nahm der Ständerat im Juni 2019 eine Motion Caroni (fdp, AR; Mo. 19.3140) an. Diese forderte, aufbauend auf dem Bericht des Bundesrates vom März 2019 und einem früheren Postulat Caroni (fdp, AR; Po. 14.3832), entsprechende gesetzliche Anpassungen am Stockwerkeigentum. Damit sollten diverse Lücken geschlossen und Anwendungsprobleme gelöst werden. Namentlich erwähnt wurde vom Motionär der mangelnde Rechtsschutz von Stockwerkeigentümerinnen und Stockwerkeigentümern, die «ab Plan» erwerben, also noch vor der Fertigstellung eines Gebäudes.
Im Nationalrat wurde die gleichentags eingereichte und ähnlich lautende Motion von Beat Flach (glp, AG; Mo. 19.3347) zwar ebenfalls vom Bundesrat zur Annahme empfohlen, aber wegen Bekämpfung durch Hans Egloff (svp, ZH) erst im September 2019 behandelt. Egloffs zwei Hauptargumente für Ablehnung der Motion waren einerseits die grundsätzlich ausreichenden rechtlichen Regelungen zum Stockwerkeigentum und andererseits die Behebung einzelner Probleme durch bereits aufgegleiste Reformen im Werk- bzw. Kaufvertragsrecht. Da sich einzig die SVP – geschlossen – und vier Liberale gegen die Motion stellten, wurde diese mit 108 zu 63 Stimmen bei einer Enthaltung klar überwiesen.

Gesetzliche Anpassungen am Stockwerkeigentumsrecht (Mo. 19.3347)
Dossier: Stockwerkeigentum

Eine Mehrheit des Nationalrates votierte in der Sondersession im Mai 2019 mit 119 zu 63 Stimmen gegen eine parlamentarische Initiative Flach (glp, AG), die forderte, AKWs nach zwei Jahren Stillstand die Betriebsbewilligung automatisch zu entziehen. Während Initiant Beat Flach und Kommissionsminderheitsvertreter Martin Bäumle (glp, ZH) vergebens auf die Sicherheitsfrage und auf ihr Vorbild Frankreich verwiesen, wo genau diese Praxis angewandt werde, führte Kommissionssprecherin Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS) die bestehenden und ihrer Meinung nach ausreichenden rechtlichen Regelungen an.

Klarheit und mehr Sicherheit für stillstehende AKWs (Pa.Iv. 17.487)

Der Bundesrat untersuchte die Forderung des Postulats Fischer (glp, LU), das gültige Mindestziel der Ressourcenausstattung (85%) durch eine Mindestzielbandbreite (83-87%) zu ersetzen im Rahmen des dritten Wirksamkeitsberichts zum Finanzausgleich. Da der ressourcenschwächste Kanton mit einer Mindestzielbandbreite den Maximalbetrag dieser Bandbreite – vorgeschlagen worden waren hierfür 87 Prozent – nicht übersteigen könnte, hätte eine solche Regelung das Wachstum der Überdotation seit 2016 gebremst: Mit der aktuellen Regelung erzielte der ressourcenschwächste Kanton seither hingegen immer mehr als 87 Indexpunkte. Der Bundesrat befand, dass die Mindestzielbandbreite eine ähnliche Wirkung habe, wie das Massnahmenpaket der KdK, dass er aber die Vorschläge des Massnahmenpakets bevorzuge.
Stillschweigend schrieb der Nationalrat das Postulat in der Sondersession 2019 ab.

Planungssicherheit beim Finanzausgleich (Po. 15.4024)
Dossier: Revision des Finanz- und Lastenausgleichs (seit 2015)

Eine Woche, nachdem die Debatte zu den Nationalstrassen 2020-2023 unterbrochen worden war, nahm der Nationalrat das Geschäft wieder auf. Die grosse Kammer hatte den Bundesbeschluss zum Ausbauschritt 2019 in ihrer ersten Sitzung um drei Projekte ergänzt (Bodensee-Thurtal-Strasse, Zürcher-Oberland-Autobahn und Muggenbergtunnel), konnte jedoch den Betrag für den Verpflichtungskredit nicht festlegen, da die Kosten dieser Projekte noch nicht bekannt waren. Die Behandlung des Bundesbeschlusses zum Verpflichtungskredit wurde deshalb ausgesetzt, das Geschäft ging zurück an die Kommission. Die KVF-NR schlug vor, einen Verpflichtungskredit von CHF 5,651 Mrd. zu beschliessen – der Bundesrat hatte eine Milliarde weniger vorgesehen – und zudem einen Passus aufzunehmen, wonach dem Parlament ein weiterer Verpflichtungskredit vorgelegt werde, sobald die Kosten der zusätzlich aufgenommenen Projekte beziffert werden können.
Bei der Fortsetzung der Debatte in der grossen Kammer wurde der Kommissionsvorschlag unterschiedlich aufgenommen. Mitglieder der Grünen, der SP und der GLP kritisierten in erster Linie den Umstand, dass drei Projekte in den Ausbauschritt 2019 aufgenommen worden waren, deren Vorprüfung durch das ASTRA noch nicht erfolgt war und die damit quasi auf einer «Überholspur unseriöser Art» (Jürg Grossen) an anderen, von den Kantonen auf dem regulären Weg vorgebrachten Projekten vorbeigeschleust würden. Jürg Grossen (glp, BE) zeigte sich «fassungslos», Michael Töngi (gp, LU) sprach von einem «Schlamassel», Philipp Hadorn (sp, SO) von einem «Chaos» und von fehlendem finanzpolitischem Verantwortungsbewusstsein. Voten zur Verteidigung der aufgenommen Projekte gab es keine, dafür wurde Nationalrat Grossen mit kritischen Fragen zu seinem persönlichen Mobilitätsverhalten bedacht. Bundesrätin Sommaruga drückte ihre Hoffnung aus, dass der Ständerat den Ausbauschritt 2019 korrigieren werde, sie sei «zuversichtlich, dass wir zu unseren bewährten Prozessen zurückkehren können».
Eine Mehrheit folgte der Kommission und nahm den Verpflichtungskredit in der Höhe von CHF 5.651 Mrd. mit 131 gegen 48 Stimmen (10 Enthaltungen) an. Für den Passus eines weiteren Verpflichtungskredits betreffend die zusätzlichen Projekte stimmten 130, dagegen 55 Ratsmitglieder (4 Enthaltungen). In der Gesamtabstimmung wurde das Geschäft mit 131 gegen 57 Stimmen (1 Enthaltung) angenommen und an den Ständerat geschickt.

Ausbauschritt 2019 STEP Nationalstrassen

Wie schon in der Vernehmlassung stellte sich auch im Nationalrat die Frage der Aufgabenteilung zwischen Staat und Privatwirtschaft als der zentrale Knackpunkt des Bundesgesetzes über elektronische Identifizierungsdienste (E-ID-Gesetz) heraus. Während Eintreten in der Frühjahrssession 2018 unbestritten war, wurde lange und ausführlich über einen Rückweisungsantrag der links-grünen Kommissionsminderheit diskutiert, mit dem der Bundesrat beauftragt werden sollte, eine Vorlage auszuarbeiten, die die Ausstellung der E-ID als öffentliche Aufgabe definiert, die der Bund allenfalls mittels Leistungsauftrag an Private übertragen könnte. Die SP- und die Grüne Fraktion unterstützten die Rückweisung mit dem Argument, analoge Ausweise wie der Pass und die Identitätskarte würden auch vom Staat ausgegeben. Alle übrigen Fraktionen sprachen sich jedoch für die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung aus, wonach die Prüfung und Bestätigung der Identität einer Person dem Staat zufallen, die technologische Umsetzung der E-ID hingegen von der Privatwirtschaft übernommen werden soll. Sie betonten, privatwirtschaftliche Anbieter könnten besser auf die technologischen Entwicklungen und die Bedürfnisse der Anwenderinnen und Anwender reagieren, was die E-ID sicherer und nutzerfreundlicher mache; die Innovation werde durch den Wettbewerb gefördert. Mit 131 zu 53 Stimmen bei 2 Enthaltungen wurde das links-grüne Lager überstimmt und der Rückweisungsantrag abgelehnt.
Auch in der Detailberatung stand das links-grüne Lager mehr oder weniger isoliert; alle dessen Minderheitsanträge wurden mit grosser Mehrheit abgelehnt. Die Streichung der Sorgfaltspflichten für E-ID-Inhaberinnen und -Inhaber aus dem Gesetz, wie erstens von einer Minderheit Arslan (basta, BS) gefordert, ändere nichts an der Rechtslage, so die Ansicht der ablehnenden Ratsmehrheit, da die Verschuldenshaftung des OR ohnehin zum Tragen komme – d.h. haftbar ist grundsätzlich, wer in Verletzung von Sorgfaltspflichten einen Schaden verursacht. Um die E-ID nutzen zu können, müssen die Antragstellerinnen und Antragsteller zweitens einwilligen, dass ihre persönlichen Daten ans Fedpol übermittelt werden, damit dieses die Identität bestätigen kann. Ebenfalls eine Minderheit Arslan beantragte, diese Einwilligung durch eine Kenntnisnahme der Übermittlung zu ersetzen, da man sie nicht verweigern könne, sofern man die E-ID nutzen möchte, und unterlag damit der Mehrheit, die fand, die Formulierung mache hier letztendlich keinen Unterschied, wobei die Einwilligung einfacher verständlich sei. Drittens wollte eine Minderheit Marti (sp, ZH) dem Bund die Möglichkeit einräumen, ein eigenes E-ID-System zu betreiben bzw. sich an einem bestehenden System zu beteiligen, und zwar nicht nur wie im Entwurf vorgesehen, wenn der Markt kein Angebot mit den für behördliche Applikationen geforderten Sicherheitsniveaus «substanziell» und «hoch» bereitstellt. Damit sollte verhindert werden, dass bei Nichtfunktionieren der Marktlösung, z.B. infolge Vertrauensverlust nach Hackerangriffen oder Ausstieg der Anbieter aufgrund zu geringer Rentabilität, gar keine E-ID mehr angeboten wird. Der Ratsmehrheit zufolge sei jedoch ein Staatseingriff nur subsidiär zum Markt akzeptabel und eine Mehrheitsbeteiligung von Bundesunternehmen an E-ID-Anbietern nicht wünschenswert, weshalb es keine solche Bestimmung brauche; mit Minderheitsanteilen seien die SBB, die Post und die Swisscom auch ohne explizite gesetzliche Grundlage bereits am SwissSign-Konsortium beteiligt. Viertens solle die Beantragung einer E-ID nicht nur wie vom Bundesrat vorgesehen online direkt beim Anbieter, sondern auch analog auf der Gemeindekanzlei oder beim Passbüro eingeleitet werden können, um Nicht-Digital-Natives den Zugang zu erleichtern, so ein Minderheitsantrag Flach (glp, AG). Die ablehnende Mehrheit argumentierte jedoch, man wolle den Gemeinden und Kantonen keine Zusatzaufgaben aufbürden und ohnehin würden Personen, die nicht mit dem Internet vertraut sind, keine E-ID benutzen. Weitere Minderheiten forderten vergebens die sofortige Vernichtung der Daten durch die Identity Provider, statt wie vorgesehen die Löschung nach sechs Monaten, ein explizites Verbot der kommerziellen Nutzung dieser Daten (beide Arlsan), die Anbindung der Preise an die tatsächlich anfallenden Kosten (Marti) und ausdrückliche Garantien, dass staatliche Dienstleistungen auch weiterhin ohne E-ID zugänglich und eine E-ID auch ohne Kundenbeziehung zum Anbieter erhältlich sein müssen (beide Mazzone, gp, GE).
Als Einzige mit ihrem Minderheitsantrag erfolgreich war Andrea Gmür-Schönenberger (cvp, LU), die Bundesrätin Karin Keller-Sutter sowie eine knappe Ratsmehrheit von der Notwendigkeit überzeugen konnte, den barrierefreien Zugang zur E-ID im Gesetz zu verankern, sodass Menschen mit Behinderung bei der Beantragung einer E-ID nicht benachteiligt werden. Als zweite substanzielle Änderung am bundesrätlichen Entwurf ergänzte der Nationalrat das Gesetz auf Antrag seiner Kommission dahingehend, dass die Identity Provider allen Personen, die einen Antrag stellen und die Voraussetzungen erfüllen, eine E-ID ausstellen müssen. Der Bundesrat plädierte vergeblich für die Wirtschaftsfreiheit der privaten Anbieter. Mit 181 zu 1 Stimme war die grosse Kammer der Ansicht, dass niemand von der E-ID ausgeschlossen werden soll. Das viel und heftig diskutierte, am Ende gegenüber dem Entwurf des Bundesrates aber nur leicht angepasste Gesetz passierte die Gesamtabstimmung im Nationalrat schliesslich mit 128 zu 48 Stimmen bei 4 Enthaltungen; dagegen votierten die Fraktionen der Grünen und der SP – letztere mit einer Ausnahme – geschlossen.

E-ID-Gesetz
Dossier: Elektronische Identität

Die Entlastung des Bundesgerichtes von Bagatellfällen war in den letzten Jahren Gegenstand verschiedener Vorstösse (Po. 13.3694; Mo. 14.3667; Mo. 17.3353 und 17.3354 sowie Mo. 17.3357) gewesen, welche der Bundesrat nun in seinen Vorschlag für eine Revision des Bundesgerichtsgesetzes aufnahm. Dabei ging es darum, die bei einer Evaluation des Bundesgerichtsgesetzes gefundenen Unzulänglichkeiten auszumerzen. Revidiert werden sollten dabei erstens die Ausnahmefälle, bei denen es bisher nicht möglich war, das Bundesgericht als Letztinstanz anzurufen. Neu soll dies nur noch für den Asylbereich gelten, für wichtige Fälle in allen anderen Bereichen soll das Bundesgericht eine Restkompetenz erhalten. Um das oberste Gericht jedoch gegen Überlastung zu schützen, sollen Beschränkungen eingebaut werden: So sollen etwa Bussen bis CHF 5'000 beim Bundesgericht nicht mehr anfechtbar sein, zudem sollen Geschädigte, die nicht unter das Opferhilfegesetz fallen, gegen Urteile von zweitinstanzlichen Gerichten beim Bundesgericht nicht mehr Beschwerde führen dürfen. Zweitens stand die subsidiäre Verfassungsbeschwerde, also die Beschwerde gegen Entscheide der letzten kantonalen Instanzen, zur Diskussion.
Der bundesrätliche Vorschlag wurde im Nationalrat in der Frühjahrssession debattiert. Das Geschäft war einigermassen umstritten, was daran lag, dass man gleichzeitig den Rechtsschutz ausbauen, die Verfahren vereinfachen und das Bundesgericht entlasten wollte, was potenziell zielinkongruent ist. Dass die Prioritäten zwischen den Parteien verschieden verteilt waren, zeigte sich bereits in der Eintretensdebatte, in der die Fraktionssprecherinnen und -sprecher darlegten, dass sie entweder vordringlich das Bundesgericht entlasten oder aber eben den Rechtsschutz ausbauen wollten. Die Ratslinke anerkannte zwar, dass das oberste Gericht eine hohe Geschäftslast zu tragen habe, dies dürfe aber nicht durch Abstriche beim Zugang zu den Gerichten wettgemacht werden. Stattdessen müsse dieser Problematik durch eine Aufstockung der Ressourcen begegnet werden. Die Ratsrechte machte sich dafür stark, dass Bagatellfälle vom obersten Gericht möglichst ferngehalten werden müssten, wobei naturgemäss umstritten war, ab welcher Schadenssumme ein Bagatellfall vorliegt. Die neue Justizministerin Karin Keller-Sutter wies darauf hin, dass es nicht so sehr nur um die Zahl der Bagatellfälle gehe, sondern vor allem auch um die Zahl der Fälle, die mit einer Beschwerde auch vor Bundesgericht kaum eine Chance hätten. Hier generiere das oberste Gericht aus juristischer Perspektive keinen Mehrwert, verbrauche aber viele Ressourcen. Eintreten wurde in der Folge mit 108 zu 76 Stimmen beschlossen. Die geschlossene SVP- und die grüne Fraktion hätten das Gesetz nicht behandeln wollen. Die Grünen bemängelten, dass vor allem im Ausländer-, Asyl- und Einbürgerungsrecht der Zugang zu stark eingeschränkt würde. Der SVP hingegen gingen die Einschränkungen zu wenig weit. Eine Entlastung des Bundesgerichts werde so nicht erreicht, argumentierten ihre Mitglieder.
In der Detailberatung ging es zum einen um die Höhe der Bussenhürde, die noch zu einer Beschwerde beim Bundesgericht berechtigen soll. Die Mehrheit der RK-NR schlug in Abweichung zum bundesrätlichen Vorschlag eine minimale Bussenhöhe von CHF 500 vor. Eine Minderheit Flach (glp, AG) wollte den bundesrätlichen Vorschlag von CHF 5'000 übernehmen und eine Minderheit Nidegger (svp, GE) beantragte, bei der bestehenden Regel zu bleiben und gar keine Hürde festzulegen. Beide Minderheitsanträge unterlagen dem Antrag der Kommissionsmehrheit. Erfolg hatte ein Antrag Wasserfallen (sp, BE), der in Zivilsachen eine Senkung der Streitwertgrenze anstrebte. In Zivilsachen kann bisher nur in Anliegen mit einem Streitwert über CHF 30'000 (bei arbeits- und mietrechtlichen Fällen bei CHF 15'000) Beschwerde geführt werden. Der Antrag der Berner Genossin, diesen Wert auf CHF 3'000 zu senken, fand gegen die Empfehlung der Kommission und der Justizministerin Anklang bei einer Ratsmehrheit von 116 gegen 71 Stimmen. Schliesslich ging es in der Detailberatung auch um den Ausnahmekatalog, mit dem geregelt werden soll, wann eine Beschwerde ans Bundesgericht nicht zulässig sein soll. Dass sich diese Einschränkungen insbesondere auf das Ausländer-, Asyl- und Einbürgerungsrecht bezogen, stiess bei der Ratslinken auf Widerstand. Mit den Minderheitsanträgen, mit denen diese Ausnahmen rückgängig gemacht werden sollten, biss Links-Grün bei der bürgerlichen Mehrheit jedoch durchgängig auf Granit.
Die «piece de résistence», wie sich Christa Markwalder (fdp, BE) ausdrückte, stellte schliesslich der von der Berner Freisinnigen angeführte Minderheitsantrag dar, die subsidiäre Verfassungsbeschwerde aufzuheben. Dieses Instrument habe sich nicht bewährt, da von 429 Beschwerden gerade mal acht gutgeheissen worden seien. Dies sei nun in der Tat eine unnötige Belastung des Bundesgerichts. Die Streichung des Instruments würde freilich den Rechtsschutz nicht abbauen, sondern er würde lediglich anders ausgestaltet. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde werde nämlich durch den neuen Art. 89 ersetzt, der Beschwerden zulasse, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stelle oder ein besonders bedeutender Fall vorliege – von Beat Flach als «Populärbeschwerde» bezeichnet. Die Kommissionsmehrheit und die Ratslinke waren hier anderer Ansicht: Der Schutz verfassungsmässiger Rechte, folglich der Schutz des Einzelnen vor staatlicher Willkür, müsse in einem Rechtsstaat gewährleistet bleiben und dazu bedürfe es eben der subsidiären Verfassungsbeschwerde. Die acht gutgeheissenen Fälle zeigten ja offensichtlich, dass es vorkomme, dass der Staat willkürlich handle, hob etwa Matthias Aebischer (sp, BE) hervor. Karl Vogler (csp, OW) wies hingegen darauf hin, dass der Bundesrat ursprünglich die Streichung vorgesehen habe, dies nach der Kritik in der Vernehmlassung aber wieder rückgängig gemacht habe. Das Ziel der Revision müsse es aber doch sein, das Bundesgericht zu entlasten. Karin Keller-Sutter zeigte sich zwar für beide Möglichkeiten offen – beide Seiten hätten gute juristische Argumente vorgebracht, erklärte sie. Der Bundesrat habe sich aber letztlich aufgrund der politischen Rückmeldungen für ein Beibehalten der Verfassungsbeschwerde ausgesprochen. Mit 132 zu 46 Stimmen bei 6 Enthaltungen folgte der Nationalrat in diesem Punkt schliesslich der Kommissionsmehrheit. Die Nein-Stimmen stammten aus der geschlossenen CVP-Fraktion und einer Mehrheit der BDP- und der FDP-Fraktion. Nicht das Bundesgericht solle entscheiden, wann ein Fall wichtig sei und wann nicht; stattdessen solle die Chance für eine Beschwerde allen offen gelassen werde, fasste Matthias Aebischer die Mehrheitsstimmung im Ratssaal zusammen. Mit 108 zu 76 Stimmen (1 Enthaltung) wurde der Entwurf an den Ständerat weitergereicht. Die Grünen und die SVP sprachen sich auch nach den Änderungen in der Detailberatung gegen den Entwurf aus.
Der oberste Bundesrichter Ulrich Meyer zeigte sich in der Presse enttäuscht über den Entscheid der Volkskammer. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde generiere Leerläufe, weil damit Hunderte von aussichtslosen Beschwerden eingereicht würden. Die meisten Beschwerden würden sich nämlich darauf beziehen, dass ein Gericht den Sachverhalt nicht richtig festgestellt habe. Das Bundesgericht könne aber lediglich die Korrektheit eines Verfahrens prüfen. Meyer appellierte an den Ständerat, die Institution Bundesgericht zu retten.

Revision des Bundesgerichtsgesetzes (BRG 18.051)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Mit seiner Botschaft zum Ausbauschritt 2019 STEP Nationalstrassen unterbreitete der Bundesrat im September 2018 dem Parlament drei Bundesbeschlüsse: Den Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen Nationalstrassen 2020–2023 für Betrieb, Unterhalt und Ausbau im Sinne von Anpassungen, den Bundesbeschluss über den Ausbauschritt 2019 für die Nationalstrassen sowie den Bundesbeschluss über den Verpflichtungskredit für grössere Vorhaben im Nationalstrassennetz, für den Ausbauschritt 2019 und für die Planung von noch nicht beschlossenen Projekten.
Der Zahlungsrahmen für Betrieb und Unterhalt der Nationalstrassen für 2020-2023 beläuft sich in der Fassung des Bundesrates auf CHF 8.156 Mrd. Mit dem Ziel der Kapazitätserweiterung beantragte der Bundesrat dem Parlament den Beschluss des Ausbauschrittes 2019 aus dem Strategischen Entwicklungsprogramm (STEP) Nationalstrassen. Für grössere Vorhaben (insbesondere für den Bau der zweiten Röhre im Zuge der Sanierung des Gotthard-Strassentunnels), für die Finanzierung des Ausbauschrittes 2019 sowie für die Planung noch nicht beschlossener Projekte beantragt der Bundesrat einen Verpflichtungskredit von CHF 4.651 Mrd. Für den Ausbauschritt 2019 sah der Bundesrat die Projekte Kapazitätserweiterung Crissier, Bypass Luzern inkl. Ergänzung Süd (Kriens–Hergiswil) und Ausbau Nord (Kapazitätserweiterung Rotsee–Buchrain), sowie die Umfahrung Le Locle vor.
Die KVF-NR stimmte den vorgesehenen Projekten zu, beschloss aber, weitere Vorhaben in den Ausbauschritt 2019 aufzunehmen: Die Umfahrung La Chaux-de-Fonds und die Umfahrung Näfels seien baureife Projekte, die bereits mit der Annahme des NAF beschlossen worden seien und aus der Übernahme des sogenannten neuen Netzbeschlusses resultierten. Eine Minderheit Töngi (gp, LU) und eine Minderheit Grossen Jürg (glp, BE) wandten sich gegen die Projekte Crissier und den Bypass Luzern, fanden jedoch auch im Rat keine Mehrheit. Kritik erwuchs dem Geschäft in der Debatte im Nationalrat im März 2019 von linker und grüner Seite: «Ce dossier, c'est un peu l'heure de vérité» befand etwa Lisa Mazzone (gp, GE) und meinte damit, was auch ihr Vorredner Philipp Hadorn (sp, SO) schon ausgedrückt hatte – dass es angesichts des Klimawandels nicht die richtige Lösung sei, Milliarden in den Ausbau des Nationalstrassennetzes zu stecken. Mehrheiten der Fraktionen von SP, Grünen und Grünliberalen stimmten dem Rückweisungsantrag Töngi zu, welcher jedoch mit 133 zu 53 Stimmen (bei einer Enthaltung) abgelehnt wurde.
Bei der Debatte des Ausbauschrittes 2019 wurden weitere Anträge beraten, etwa der Antrag Ammann (cvp, SG) zur Aufnahme der Bodensee-Thurtal-Strasse in den Ausbauschritt 2019, der Antrag Walliser (svp, ZH) für die Lückenschliessung in der Zürcher-Oberland-Autobahn oder der Antrag Imark (svp, SO) für den Muggenbergtunnel. Obschon alle drei Projekte noch keine Vorprüfung durchlaufen haben, wie Bundesrätin Sommaruga betonte, nahm der Rat diese Anträge an und die Projekte in den Ausbauschritt 2019 auf. Die Tatsache, dass die Kosten der Lückenschliessung der Zürcher-Oberland-Autobahn (Antrag Walliser) noch unbestimmt waren, führten bei der Abstimmung zur Lösung der Kostenbremse zu Verwirrung und Heiterkeit: Es war nicht klar, wie hoch der Betrag nun eigentlich sein sollte, für den die Kostenbremse gelockert würde. Auf Ordnungsantrag Glättli (gp, ZH) wurde die Abstimmung zur Lockerung der Kostenbremse verschoben.

Ausbauschritt 2019 STEP Nationalstrassen