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Akteure

  • Flach, Beat (glp/pvl, AG) NR/CN
  • Reimann, Lukas (svp/udc, SG) NR/CN
  • Bellaiche, Judith (glp/pvl, ZH) NR/CN

Prozesse

213 Resultate
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In ihrem Bericht begründete die RK-SR, weshalb sie mit 8 zu 0 Stimmen (3 Enthaltungen) die vom Nationalrat noch teilweise gutgeheissene Motion von Lukas Reimann (svp, SG) für eine Justizreform, mit der Gerichtskosten reduziert und die durchschnittliche Verfahrensdauer verkürzt werden, vollständig zur Ablehnung empfehle. Es gehe dabei lediglich um Buchstabe b der Motion, also um die Frage der Verkürzung der Verfahren, da Buchstabe a (die Reduktion der Gerichtskosten), vom Nationalrat bereits abgelehnt worden sei. Mit der Anfang 2023 beschlossenen Änderung der Zivilprozessordnung sei die Verkürzung der Gerichtsverfahren bereits geregelt worden. Es sei verfrüht, mit einer Motion bereits wieder eine neue Revision anzustossen.
Nachdem Céline Vara (gp, NE) in der Wintersession 2023 die ablehnende Haltung der Kommission und Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider jene des Bundesrats erörtert hatten, lehnte der Ständerat das Begehren stillschweigend ab.

Eingeschränkter Zugang zur Justiz. Recht und Gerechtigkeit für alle sicherstellen! (Mo. 21.3388)

In der Wintersession 2023 verlängerte der Ständerat die Behandlungsfrist der parlamentarischen Initiative Hêche (sp, JU) für eine Optimierung und bessere Koordinierung des Entschuldungsverfahrens für Privatpersonen auf Antrag der RK-SR erneut um zwei Jahre bis zur Wintersession 2025. Die Kommission liess sich von der Verwaltung zum Stand der Umsetzung von den – dem Vorstoss inhaltlich nahekommenden – Motionen Hêche (Mo. 18.3510) und Flach (glp, AG; Mo. 18.3683) informieren und erwartete, dass in der zweiten Jahreshälfte 2024 mit einer Botschaft des Bundesrates gerechnet werden dürfe. Sie beabsichtigte deshalb, die Vorlage des Bundesrates abzuwarten und von eigenen Umsetzungsarbeiten vorerst abzusehen.

Das Entschuldungsverfahren für Privatpersonen optimieren und besser koordinieren (Pa.Iv. 18.430)

Le rapport faisant suite au postulat Bellaïche (pvl, ZH) a été publié par le Conseil fédéral. Dans ce rapport, le contexte relatif au piratage éthique a été rappelé. «La numérisation a rendu l’économie, l’Etat et la population complètement dépendants du fonctionnement et de la sécurité des technologies de l’information et de la communication.» Les codes à l'origine de ces systèmes informatiques sont longs et complexes, laissant place à de possibles vulnérabilités par lesquelles les cyberattaquant.e.s peuvent accéder aux systèmes sans y avoir été invités, pouvant mener à des cyberattaques. Le présent postulat demandait d'analyser la situation du piratage éthique en Suisse. Ce dernier consiste à ce que les cyberattaquant.e.s, au lieu de lancer une cyberattaque contre le système, préviennent l'institution de la vulnérabilité afin que le système soit amélioré et la cybersécurité renforcée.
Dans son rapport, le Conseil fédéral soutient que les chances sont grandes que le recours au piratage éthique gagne encore en importance à l'avenir. En Suisse, les mesures actuelles montrent encore un large potentiel et aucune mesure légale supplémentaire n'est actuellement nécessaire. Au cours des dernières années, le piratage éthique a «grandement progressé en Suisse» et le rapport pointe plusieurs aspects l'expliquant. Premièrement, lors de l'instauration de l'obligation de signalement des vulnérabilités des institutions critiques (22.073), la base légale pour le piratage éthique a été définie par l'Administration. Deuxièmement, l'économie privée a elle aussi promu le piratage éthique en lançant des programmes de primes aux bogues. Le rapport met en lumière que le succès de ces programmes orientera de nouvelles entreprises vers le piratage éthique. Finalement, la Confédération encourage le piratage éthique, ce dernier étant un élément clé de la cyberstratégie nationale.
Ainsi, le NCSC, qui est devenu l'Office fédéral de la cybersécurité le premier janvier 2024, continuera de coordonner et divulguer les vulnérabilités. L'Administration fédérale perpétuera l'élargissement des mesures visant à promouvoir le piratage éthique et la Confédération encouragera le secteur économique à suivre la voie du piratage éthique en mettant en lumière les bienfaits de ce dernier. Le rapport souligne cependant que si après signalement, les vulnérabilités ne sont pas supprimées par les utilisateurs des programmes, même après mise à disposition d'une mise à jour de la part du détenteur du programme, déceler la vulnérabilité ne fait que peu de sens. C'est pourquoi le rapport affirme qu'une collaboration est essentielle. Pour le Conseil fédéral, en promouvant le piratage étique, l'échange sur les vulnérabilités sera renforcé. Et ceci, sans obliger les signalements de vulnérabilités. De plus, «les conditions sont réunies pour que le potentiel important du piratage éthique soit mieux exploité à l’avenir. Si cet objectif est atteint, il est probable que la prévention contre les cyberattaques soit nettement améliorée et que les pouvoirs publics ainsi que les entreprises puissent nettement mieux se protéger qu’aujourd’hui.»

Institutionnaliser le piratage éthique et améliorer la cybersécurité (Po 20.4594)
Dossier: Cyber Defence

Mitte Oktober 2023 gab die Bundeskanzlei bekannt, dass der Unterschriftenbogen für die Volksinitiative «Für den wirksamen Schutz der verfassungsmässigen Rechte» (Souveränitätsinitiative) gültig ist und somit mit der Unterschriftensammlung begonnen werden kann. Diese Initiative, eingereicht von einem Komitee rund um den Präsidenten von Mass-voll, Nicolas Rimoldi, und den Co-Präsdidenten der «Freunde der Verfassung», Roland Bühlmann, verlangte, dass die Schweiz keine völkerrechtlichen Verträge abschliessen darf, welche die Grundrechte tangieren. Ebenfalls verboten wären Staatsverträge, bei denen sich die Schweiz an die Rechtsprechung anderer Staaten oder supranationaler Organe halten müsste – mit Ausnahme des Internationalen Gerichtshofs und des Internationalen Strafgerichtshofs. Bereits bestehende rechtliche Verpflichtungen sollen zudem darauf überprüft werden, ob die genannten Erfordernisse eingehalten werden. Im Initiativkomitee nahmen auch Mitglieder der SVP-Nationalratsfraktion Einsitz, so etwa Lukas Reimann (svp, SG) oder Andreas Glarner (svp, AG). Die Sammelfrist für die 100'000 Unterschriften dauert bis April 2025.

Für den wirksamen Schutz der verfassungsmässigen Rechte (Souveränitätsinitiative)

In der Herbstsession 2023 setzte sich der Nationalrat als Erstrat mit der Anpassung des Verzugszinssatzes des Bundes an die Marktzinsen auseinander. Raphaël Mahaim (gp, VD) und Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) erläuterten die zwei diskutierten Optionen mit einem variablen und einem festen, aber reduzierten Zinssatz. Die RK-NR habe sich mehrheitlich für einen variablen Zinssatz ausgesprochen, der jeweils jährlich festgelegt wird, 2 Prozentpunkte über dem SARON liegt, aber minimal 2 Prozent beträgt. Damit wolle man einen zusätzlichen Schaden für die Schuldnerinnen und Schuldner umgehen und gleichzeitig die Gläubigerinnen und Gläubiger daran hindern, bei günstigen Zinsen von Verzögerungen zu profitieren. In zwei Anträgen verlangten jedoch eine Minderheit Flach (glp, AG) und der Bundesrat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Minderheitensprecher Flach argumentierte, die Initiative stamme aus der Tiefzins- oder gar Negativzinsphase und damit aus einer «verrückten» Zinssituation, die sich nun aber normalisiert habe. Nun solle man wieder dafür sorgen, dass die Schulden auch bezahlt würden. Er wehrte sich auch gegen die Darstellung der Kommission, wonach Verzugszinsen den Schuldnerinnen und Schuldnern keinen wirtschaftlichen Nachteil bringen sollten – eine Nichtbezahlung der Schulden solle durchaus auch eine Strafe für die Schuldnerinnen und Schuldner darstellen, argumentierte er. Schliesslich sei die neue Berechnungsart der Schuldzinsen zu kompliziert und liesse mehrere Fragen offen. Den Druck auf die Schuldnerinnen und Schuldner, ihre Schulden schnellstmöglich zu bezahlen, hob auch Justizministerin Baume-Schneider als Argument hervor und betonte, in Europa liege der Verzugszins durchschnittlich bei 10 Prozent. Folglich bevorzuge der Bundesrat – wenn überhaupt zu einem variablen Zinssatz gewechselt werden soll – einen Zuschlag von 3 Prozentpunkten. Mit 107 zu 56 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat für Eintreten aus. Gegen Eintreten votierten die GLP-, die Mehrheit der SVP- und ein Mitglied der FDP-Fraktion. Fast identisch war in der Folge auch das Abstimmungsergebnis zur Gesamtabstimmung, in welcher der Nationalrat den Entwurf annahm.

Verzugszinssatz des Bundes. Anpassung an Marktzinsen (Pa.Iv. 16.470)

In der Herbstsession 2023 beugte sich der Nationalrat über einen Entwurf seiner UREK zur Änderung des Zweitwohnungsgesetzes basierend auf einer parlamentarischen Initiative Candinas (mitte, GR). Erstens sollen auf Antrag der UREK-NR altrechtlich erbaute Zweitwohnungen um bis zu 30 Prozent erweitert und gleichzeitig auch auf dieser Fläche in weitere Wohnungen unterteilt werden können. Nach geltendem Recht existieren bereits ebendiese Optionen, allerdings können sie nicht simultan angewendet werden. Zweitens soll auch bei einem Wiederaufbau eine Erweiterung von 30 Prozent geltend gemacht werden können. Drittens soll dieser Wiederaufbau – bei Einhaltung der baugesetzlichen Vorschriften – fortan auf der gesamten Parzelle erlaubt sein.

Eintreten auf die Vorlage wurde in der grossen Kammer ausgiebig diskutiert. Eine Minderheit Suter (sp, AG) beantragte dem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Sie verletze verfassungsmässige Vorgaben, welche im Zuge der Annahme der Zweitwohnungsinitiative entstanden seien. Insbesondere sei in der Verfassung verankert, dass der neue Bau und die Erweiterung von Zweitwohnungen zu unterlassen sei, was aber bereits durch das geltende Recht verletzt werde. Die Vorlage der UREK-NR würde den Verfassungsartikel noch weiter abschwächen was nach Ansicht von Rechtsexperten und Rechtsexpertinnen eine «hochproblematische» Entwicklung sei. Unterstützung erhielt der Minderheitsantrag Suter seitens der Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen. Unter anderem würde mit einer entsprechenden Änderung des Gesetzes die einheimische Bevölkerung aus touristisch hochattraktiven Ortschaften gedrängt werden. Weiter würde die Gesetzesvorlage Anreize zum Abbruch von Liegenschaften schaffen, womit viel nicht rezyklierbarer Abfall einhergehe, bemängelte Grünen-Fraktionssprecher Kurt Egger (gp, TG). Die Mitte-Fraktion unterstützte dagegen den Entwurf der UREK-NR, da auf diese Weise das Bauen in der Bauzone effizient genutzt werden könnte. Auch die FDP-Fraktion sah in der Vorlage ein Mittel, eine höhere Verdichtung im Sinne der ersten Etappe der RPG-Revision zu erreichen. Eine Mehrheit der Fraktion beabsichtige folglich, auf die Vorlage einzutreten und in der Detailberatung den Anträgen der Mehrheit zu folgen, so Fraktionssprecherin Christine Bulliard-Marbach (mitte, FR). Die gleichen Absichten hegte auch die SVP-Fraktion, die sich laut Fraktionssprecher Michael Graber (svp, VS) für Eintreten ausspreche. Schliesslich konnten sich die geschlossen stimmenden Fraktionen der SVP, FDP und Mitte gegen eine links-grüne Minderheit behaupten und die grosse Kammer beschloss mit 109 zu 78 Stimmen (bei 6 Enthaltungen), auf die Vorlage einzutreten.

In der Detailberatung fanden sich drei Minderheitenanträge sowie ein Einzelantrag, welche jedoch in der grossen Kammer allesamt erfolglos blieben. Darunter fand sich eine Minderheit Beat Flach, die sich an der Fassung des Bundesrats orientieren wollte, dass lediglich für zusätzlich entstandene Wohnungen eine Nutzungsbeschränkung gelten solle. Wenn im Zuge von Sanierungen und Abbruch zusätzliche Wohnungen geschaffen würden, sollten diese zumindest im Rahmen der erweiterten Wohnfläche als Erstwohnung dienen. Einen ähnlichen Ansatz verfolgte Martina Munz (sp, SH), die mit ihrem Einzelantrag forderte, dass mindestens die Hälfte der zusätzlich entstandenen Wohnungen als Erstwohnungen genutzt werden müssten. Eine Minderheit Clivaz (gp, VS) wollte einerseits die parzelleninterne Standortverschiebung strenger reguliert haben, als dies im Entwurf der UREK-NR vorgesehen sei. Andererseits solle die Möglichkeit, im Zuge einer Sanierung oder Wiederaufbaus neue Wohnungen zu schaffen, nur in bestimmten Gemeinden zum Zuge kommen.

In der Gesamtabstimmung sprachen sich die geschlossenen Fraktionen der SVP und der Mitte sowie eine grosse Mehrheit der FDP-Fraktion für die Vorlage aus, womit der Entwurf mit 105 zu 80 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) angenommen wurde.

Unnötige und schädliche Beschränkungen des Zweitwohnungsgesetzes in Sachen Abbruch und Wiederaufbau von altrechtlichen Wohnungen aufheben (Pa.Iv 20.456)

In der Herbstsession beugte sich der Nationalrat als Erstrat über einen Entwurf seiner Rechtskommission, um unter anderem die Frist der Meldung von Baumängeln zu verlängern. Dieser Entwurf griff die Anliegen mehrerer parlamentarischer Vorstösse auf (u.a. Pa.Iv. 12.502; Pa.Iv. 14.453). Nach geltendem Recht müssen Baumängel unverzüglich durch die Käuferinnen und Käufer einer Immobilie gemeldet werden; ansonsten verlieren diese ihre Mangelrechte. Vor diesem Hintergrund arbeitete der Bundesrat drei massgebliche Änderungsmassnahmen des OR aus: Erstens sollen Baumängel zukünftig innert 60 Tagen durch die Erwerberinnen und Erwerber gemeldet werden können anstatt der heutigen Rügefrist, welche sich über wenige Tage erstreckt. Allerdings soll für die Vertragsparteien bei Werk- und Grundstückkaufverträgen die Möglichkeit bestehen, sich auf eine andere Frist zu einigen. Zweitens soll der Ausschluss des Nachbesserungsrechts für Baumängel im Falle von Bauten zum persönlichen oder familiären Zweck nicht mehr zulässig sein. Drittens soll die Position der Bauherrschaft im Bauhandwerkerpfandrecht gestärkt werden. So soll die Bauherrschaft alternativ zur Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts eine Ersatzsicherheit leisten können, die die Verzugszinsen für mindestens zehn Jahre decken soll. Dies erleichtere die Bereitstellung einer solchen Ersatzsicherheit für die Bauherrschaft, da diese nach geltendem Recht die Verzugszinsen auf unbestimmte Zeit decken sollten.

Die Mehrheit der RK-NR entschied, den Entwurf des Bundesrates noch zu erweitern und sprach sich für eine gänzliche Abschaffung der Verwirkungsfolge für verspätete Mangelrügen aus. Dabei sollen Baumängel innerhalb der gesamten Verjährungsfrist gemeldet werden können, wobei diese von fünf auf zehn Jahre angehoben werden soll. Um weiterhin Anreize zum sofortigen Mangelrügen zu setzen, soll die Bestellerin oder der Besteller die durch Mängel verursachten Kosten tragen, falls diese bei einer sofortigen Meldung nicht entstanden wären. Auch soll das Nachverbesserungsrecht individuell für alle Immobilien vereinbart werden können, wobei ein Ausschluss des Rechts auf Mängelbehebung in allen Fällen null und nichtig sei. Schliesslich entschied sich die Kommission, die Laufzeit der Ersatzsicherheit der Bauherrschaft von den vorgeschlagenen zehn auf fünf Jahre zu kürzen.

Eintreten auf die Vorlage war in der grossen Kammer unbestritten und erfolgte stillschweigend. Der Entwurf der RK-NR wurde jedoch von zwei Minderheiten hinterfragt. Einerseits war die Minderheit Beat Flach (glp, AG) der Ansicht, dass die geforderte Anhebung der Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre zu weit gehe, da dies für Unternehmen finanziell nur schwer tragbar sei. Weiter müsse sichergestellt werden, dass aufgrund nicht gemeldeter Baumängel Folgemängel ausgeschlossen werden könnten. Deshalb sei eine übungsgemässe Untersuchung zu implementieren, damit allfällige Mängel erkannt werden sollten. Insofern dies nicht der Fall sei, könnten Mängel innerhalb der Verjährungsfrist gemeldet werden. Andererseits wollte eine Minderheit Sidney Kamerzin (mitte, VS) dem weniger ausgebauten Entwurf des Bundesrats folgen.
Die Fraktionen der Grünen, der SP und FDP sprachen sich in allen Belangen für den Entwurf der Kommissionsmehrheit aus. Ausser bei der Verlängerung der Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre stimmte die SVP-Fraktion hingegen dem Entwurf des Bundesrats zu. Die Mitte-Fraktion unterstützte vollumfänglich die Fassung des Bundesrats und beabsichtigte, der Minderheit Kamerzin zu folgen.
Beide Minderheiten bleiben in der grossen Kammer erfolglos, wenn auch – im Falle der Minderheit Kamerzin – nicht vollkommen chancenlos. Immerhin 93 Nationalratsmitglieder vermochte die Minderheit um den Walliser Mitte-Nationalrat zu überzeugen, darunter die Mehrheit der FDP- und Mitte-Fraktionsmitglieder und die geschlossen stimmende SVP-Fraktion. Trotzdem konnte sich der Vorstoss gegenüber 94 Gegenstimmen (bei 2 Enthaltungen) knapp nicht behaupten. In der Gesamtabstimmung wurde die Fassung der RK-NR klar mit 185 zu 5 Stimmen angenommen, womit das Geschäft an den Ständerat ging.

Obligationenrecht (Baumängel). Änderung (BRG 22.066)

In der Sommersession 2023 gelangte die zweite Etappe der Teilrevision des RPG erneut in den Nationalrat. In der Wintersession 2019 hatte der Nationalrat als Erstrat entschieden, nicht auf die Vorlage einzutreten. In der ständerätlichen Detailberatung in der Sommersession 2022 waren Punkte, die der Nationalrat bei seiner Verweigerung, auf den Entwurf einzutreten, kritisiert hatte, gestrichen worden. Kommissionssprecher Mike Egger (svp, SG) bestätigte, dass die Stabilisierung der Zahl an Bauten im Nichtbaugebiet und die Bodenversiegelung auch für den Nationalrat im Fokus stünden und dass dies das grundlegende Ziel dieser neuen Etappe der RPG-Revision darstelle. Auch wolle man mit den Instrumenten arbeiten, die bereits die kleine Kammer vorgesehen hatte, so der Kommissionssprecher weiter. Diese beinhalteten ein Planungsinstrument, Anreize und Sanktionen. Ersteres beauftrage die Kantone, Richtpläne zu entwickeln, um das Stabilisierungsziel zu gewährleisten. Zweiteres beinhaltete eine Abbruchprämie, welche darauf abziele, bestehende Bauten ausserhalb der Bauzone zu reduzieren. Und nicht zuletzt sollen Sanktionen gegen Kantone ergriffen werden, falls sich diese weigern würden, ihre Richtpläne anzupassen. So solle der Bau von Gebäuden ausserhalb der Bauzone nur möglich sein, wenn diese auch entsprechend kompensiert werden würden.

Trotz dieser gemeinsamen Ziele beantragte die UREK-NR ihrem Rat, die Vorlage stark zu vereinfachen und mehr auf landwirtschaftliche Interessen anzupassen. Weiter beantragte eine mit Stichentscheid des Präsidenten gefällte und somit äusserst knappe Kommissionsmehrheit, dass nicht mehr genutzte, landwirtschaftliche Anbauten zu Wohnungen umfunktioniert werden dürfen. Zuletzt äusserte der Kommissionssprecher die Absicht der UREK-NR, die Vorlage auch dem Nationalrat als offiziellen indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative vorzuschlagen.

Bei der Eintrittsdebatte äusserten die unterschiedlichen Fraktionen ihre Voten: Kurt Egger (gp, TG) rühmte im Namen der Grünen-Fraktion die UREK-NR für die deutliche Verbesserung der Vorlage im Vergleich zum Entwurf des Ständerats. Die Fraktion würde jedoch dem Entwurf nur zustimmen, falls die Umfunktionierung landwirtschaftlicher Anbauten ausserhalb der Bauzone nicht angenommen werde. Der gleichen Ansicht waren auch die Fraktionen der SP und GLP. Ebenso unterstützte die Mitte-Fraktion die Stossrichtung und die Hauptelemente des Entwurfs der UREK-NR, wobei sie sich bei der Umfunktionierung landwirtschaftlicher Anbauten gespalten zeigte. Die FDP-Fraktionssprecherin Susanne Vincenz-Stauffacher (fdp, SG) begrüsste die Vorlage und insbesondere den Gebrauch von Anreizen und äusserte ihre Absicht, im Grossen und Ganzen der Mehrheit zu folgen – so auch in der Frage der Umfunktionierung landwirtschaftlicher Anbauten. Schliesslich sprach sich auch SVP-Fraktionssprecher Pierre-André Page (svp, FR) für die Vorlage im Sinne der Kommissionsmehrheit aus. In der Folge trat der Nationalrat stillschweigend auf die Vorlage ein.

Der erste Block der Detailberatung beschäftigte sich mit den vorgeschlagenen Abbruchprämien, den Richtplänen der Kantone und dem Gebietsansatz. Die Abbruchprämien setzen einen finanziellen Anreiz, um zonenwidrige Bauten aus der Landschaft verschwinden zu lassen. Finanziert werden sollten diese durch die Mehrwertabgaben bei Um- und Aufzonungen. Der Nationalrat pflichtete der Mehrheit seiner UREK bei, welche dem ständerätlichen Entwurf hinzugefügt hatte, dass die Abbruchprämien ausschliesslich für rechtmässig erbaute Gebäude und Bauten gelten sollen. Erfolglos blieben diesbezüglich die Minderheiten Paganini (mitte, SG) und Graber (svp, VS), welche forderten, dass die Abbruchprämie lediglich für Bauten und Anlagen ohne landwirtschaftliche und touristische Nutzung zur Anwendung kommen (Paganini) und dass die Abbruchprämie nicht nur auf rechtmässig erbaute Bauten und Anlagen beschränkt werden solle (Graber). Eine Minderheit Bulliard (mitte, FR) forderte zudem, den unterschiedlichen finanziellen Voraussetzungen der Kantone bei den Beiträgen der Abbruchprämie Rechnung zu tragen. Der Ständerat hatte bereits im Vorfeld beschlossen, dass der Bund die Kantone bei ihren Aufwendungen finanziell unterstützen könne, nun wollte die Minderheit um die Freiburger Nationalrätin diese Bundesleistungen zusätzlich an die finanzielle Stärke der Kantone anpassen. Eine Nationalratsmehrheit zog schliesslich den Minderheitsantrag dem Antrag der Kommissionsmehrheit, welche die Verteilung der Bundesleistungen nicht weiter spezifiziert hatte, vor. Einen anderen Kurs schlug dagegen eine Minderheit Vincenz (fdp, SG) ein, welche sich dafür einsetzte, die Bestimmung gänzlich zu streichen. Dass der Bundesrat hier Bundesmittel in die Hand nehme, entspreche nicht dem föderalen Prinzip. Diese Minderheit blieb im Nationalrat jedoch ohne Mehrheit.

Die Mehrheit des Nationalrats teilte ferner die Meinung des Bundesrats und der Kommissionsmehrheit, dass die Grundlagen zur Erstellung der kantonalen Richtpläne weiter präzisiert werden sollten und stellte sich somit gegen eine Minderheit Rüegger (svp, OW), welche dem Beschluss des Ständerats zustimmen wollte, welcher sich ein Jahr zuvor gegen eine weitere Präzisierung gestellt hatte. Weiter sollte den speziellen Gegebenheiten der Bergregionen im Sinne des Gebietsansatzes Rechnung getragen werden, entschied der Nationalrat. Der Gebietsansatz sieht vor, dass durch Spezialzonen, in denen nicht-standortgebundene Bauten erlaubt sind, die regionalen und territorialen Eigenheiten der Kantone berücksichtigt werden könnten. Die Frage, ob denn solche Sonderzonen lediglich in Bergregionen zum Zuge kommen sollten, bildete schliesslich auch das von Michael Graber betitelte «Pièce de Résistance» des ersten Blocks. Der Ständerat hatte sich in der Sommersession 2022 gegen eine Beschränkung der Planungsfreiheit auf Bergkantone ausgesprochen, was auch eine Minderheit Jauslin (fdp, AG) unterstützte. Insbesondere sei der Begriff «Berggebiet» für die Minderheit nicht genügend klar definiert und zu arbiträr. Eine klare Nationalratsmehrheit folgte aber dem Antrag seiner UREK-NR und wollte Sonderzonen nicht in der gesamten Schweiz erlauben.

Im zweiten Block der Detailberatung beugte sich der Nationalrat unter anderem über die Bestimmung, welche die UREK-NR mit 12 zu 12 Stimmen (mit Stichentscheid des Präsidenten) vorgeschlagen hatte und bei welchem sich die Meinungen der Fraktionen schieden. Dieser medial breit diskutierte und von Nationalrätin Martina Munz (sp, SH) als «Schicksalsartikel» bezeichnete Artikel sah in der Version der knappen Kommissionsmehrheit vor, altrechtlich erbaute Bauernhäuser ausserhalb der Bauzone mitsamt angebauten Ökonomiebauten zur vollständigen Wohnnutzung zuzulassen. Eine Minderheit Flach (glp, AG) wollte den Artikel dagegen wieder streichen. Die Umnutzung landwirtschaftlicher Bauten ausserhalb der Bauzone zum Wohnzweck benötige ebenfalls eine entsprechende Infrastruktur. Somit führe diese Umfunktionierung zu zusätzlichen Eingriffen in die Nichtbauzone und verstosse somit gegen den Trennungsgrundsatz. Diesen Antrag abzuschwächen versuchte Nationalrat Graber mithilfe eines Einzelantrags, welcher die Transformation altrechtlicher Bauernhäuser lediglich in Berggebieten vorsah. Doch auch Grabers «süsses Gift» stelle eine signifikante Untermauerung der Grundziele der Vorlage dar, konterte Ratskollege Flach. Der GLP-Nationalrat konnte auf die Unterstützung aus dem links-grünen Lager zählen und der Artikel wurde schliesslich auf Antrag der Minderheit Flach gestrichen, wobei der Einzelantrag Graber erfolglos in der grossen Kammer blieb.

Bei den Landwirtschaftszonen nahm der Nationalrat trotz zahlreicher Minderheitsanträge keine substanziellen Änderungen am Beschluss des Ständerats vor. In Umsetzung einer von beiden Räten gutgeheissenen Kommissionsmotion, welche eine Verjährung des Anspruchs auf Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes nach 30 Jahren forderte, fügte der Nationalrat dem Entwurf jedoch eine Bestimmung hinzu. Zuletzt besiegelte der Nationalrat die Vorlage als offiziellen indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative und stimmte dem entsprechenden Antrag seiner Kommission zu.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat den Entwurf einstimmig an, womit das Geschäft zur Differenzbereinigung zurück an den Ständerat ging.

2. Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (BRG 18.077)
Dossier: 2. Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes und damit zu erfüllende Vorstösse
Dossier: Revision des Raumplanungsgesetzes RPG
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Die WAK-NR lancierte im Januar 2023 ein Kommissionsmotion in Reaktion auf die Veröffentlichung des Berichts des Bundesrates in Erfüllung des Postulates Beat Flach (glp, AG; Po. 19.3894) betreffend den «Wildwuchs und den Wirrwarr bei den Regeln der Baukunde». Im Bericht war der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass die Situation betreffend verschiedene technische Regeln in der Baubranche zunehmend unübersichtlich und komplex geworden sei. Insbesondere wachse die Zahl sogenannter Vollzugshilfen, sprich Richtlinien, Checklisten und Ausführungsbestimmungen, welche von privaten und öffentlichen Akteuren erarbeitet werden, um Fehler bei der Ausführung zu vermeiden. Es sei zunehmend schwierig geworden, den Überblick zu behalten und die Qualität und Richtigkeit dieser Vollzugshilfen abzuschätzen. Laut dem Bericht des Bundesrates wäre die beste Lösung für dieses Problem die Schaffung eines neuen Bundesgesetzes, das einen standardisierten Prozess für die Ausarbeitung von Vollzugshilfen festlegen und konforme Vollzugshilfen dementsprechend bezeichnen würde. In ihrer Kommissionsmotion forderte die WAK-NR nun den Bundesrat auf, einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Annahme und kündigte an, das Anliegen mittels Revision des BauPG umsetzen zu wollen. Dieses müsse in absehbarer Zukunft sowieso revidiert werden, da die EU gerade ihre Bauprodukteverordnung anpasse. Der Nationalrat nahm die Motion in der Sommersession 2023 stillschweigend an.

Kostensparende Entschlackung der Standards im Bauwesen (Mo. 23.3008)

La CEATE-CN veut protéger les droits immémoriaux et clarifier les conditions s'agissant des débits résiduels comme elle le demande dans une motion défendue en chambre par Pierre-André Page (udc, FR) et Nicolo Paganini (centre, SG). S'agissant du premier aspect, les rapporteurs ont rappelé que les droits immémoriaux — qui concernent l'octroi à des particuliers de droits sans limitation de temps sur des cours d'eau ou des anciennes concessions — étaient originellement protégés par la Constitution d'avant 1999. Selon divers avis de droit présentés par la majorité de la commission, ce droit, qui concerne les propriétaires de certaines centrales hydroélectriques, serait à considérer comme un droit constitutionnel non écrit. Ce n'est pas l'avis du Tribunal fédéral qui, dans un arrêt, l'a, au contraire, jugé anticonstitutionnel, au vu de la Constitution de 1999. Cette position est également partagée par le Conseil fédéral, pour qui «un droit d'eau perpétuel sans limitation temporelle contreviendrait au principe de la souveraineté de l'Etat sur les eaux publiques garanti par la Constitution». Il a donc proposé à la chambre basse de rejeter ce premier point. En cas d'acceptation, le conseiller fédéral Albert Rösti a toutefois promis qu'une solution serait trouvée et discutée avec la commission de la deuxième chambre pour respecter la Constitution.
Quant au deuxième aspect, la majorité de la commission de l'environnement de l'aménagement du territoire et de l'énergie souhaite que les détenteurs de droits immémoriaux respectent les prescriptions en matière d'assainissement et en matière de débit résiduel minimal, afin de les mettre sur un pied d'égalité avec les concessions de droit public. Ce point-là est soutenu par le Conseil fédéral.
S'opposant à l'entier du projet, Beat Flach (pvl, AG), au nom de la forte minorité (12 voix contre 13), a exposé son scepticisme quant à la préservation d'un droit provenant de l'ère industrielle. La plupart des cantons l'ont aboli pour faire place à un régime de concession qui fonctionne parfaitement. Le fait que ce droit ait disparu de la Constitution de 1999 permet, d'une part, de clarifier les choses – les cours d'eau appartiennent aux cantons – et, d'autre part, de faire marcher la concurrence lors de l'attribution des concessions.
A l'issu des votes, le premier point de la motion a été refusé par 97 voix contre 94, tandis que le deuxième a été accepté par 97 voix contre 95. Les voix de quelques élu.e.s des groupe du Centre et du PLR ont fait la différence.

La CEATE-CN veut protéger les droits immémoriaux et clarifier les conditions s'agissant des débits résiduels

In der Sommersession 2023 befasste sich der Nationalrat mit der Volksinitiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit». Die beiden Sprechenden der RK-NR, Patricia von Falkenstein (ldp, BS) und Baptiste Hurni (sp, NE), führten dabei aus, wieso sich die Kommissionsmehrheit für die Zustimmung zum bundesrätlichen Entwurf – sprich für die Ablehnung der Initiative – aussprach. So sei die körperliche und geistige Unversehrtheit insbesondere bereits im geltenden Grundrecht verankert, während die Volksinitiative respektive deren Umsetzung mit einer grossen Rechtsunsicherheit einhergehe, da das Volksbegehren über «erhebliche materielle und rechtliche Mängel» verfüge. Zudem würde die Initiative generell das Gewaltmonopol des Staates aushöhlen, etwa in den Bereichen Polizei und Asylwesen, wo es oft zu Einwirkungen auf den menschlichen Körper komme. Eine Reihe von Sprechenden aus der SVP-Fraktion widersprach dieser Einschätzung. Pirmin Schwander (svp, SZ) etwa war der Ansicht, dass während der Covid-19-Pandemie ersichtlich geworden sei, dass die bestehende Gesetzeslage nicht ausreiche, um die körperliche und geistige Unversehrtheit zu schützen. Der mangelhaften Formulierung der Initiative wollte Schwander mittels zweier Minderheitsanträge auf Rückweisung an die Kommission zur Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags (Minderheit I) respektive eines direkten Gegenentwurfs (Minderheit II), welche konkret Impfungen und biomedizinische Verfahren zum Inhalt hätten, begegnen. Eine Minderheit Addor (svp, VS) beabsichtigte, die Selbstbestimmung betreffend Impfungen und anderen medizinischen Biotechnologien durch einen bereits von der Minderheit verfassten direkten Gegenentwurf zu gewährleisten, wobei soziale, berufliche und auch andere Diskriminierung verboten werden sollte. Lukas Reimann (svp, SG) schliesslich beantragte in einem weiteren Minderheitsantrag, die Initiative zur Annahme zu empfehlen, falls ein Gegenentwurf abgelehnt würde. Er persönlich halte zwar eine Impfung für vernünftig, es könne aber nicht sein, dass der Staat vorgebe, «was vernünftig ist und was nicht vernünftig ist».
Mit dieser Meinung blieben die Mitglieder der SVP-Fraktion allerdings alleine. Vertreterinnen und Vertreter der anderen Parteien konnten weder der Initiative noch den Minderheitsanträgen viel abgewinnen. Die Sprechenden der anderen Fraktionen verwiesen unter anderem ebenfalls auf die Probleme mit dem Gewaltmonopol – gemäss Nicolas Walder (gp, GE) könnten nach Annahme der Volksinitiative etwa Serienmörder nicht mehr festgenommen werden und Beat Flach (glp, AG) hob hervor, dass durch die Initiative das individuelle Interesse in jedem Fall stärker gewichtet würde als das Interesse der Gesamtgesellschaft, zu der auch schwache und vulnerable Personen zählten. Philipp Bregy (mitte, VS), der sich gegen den Gegenvorschlag von Addor aussprach, argumentierte, dass es keiner besseren Formulierung bedürfe, weil die vom Volksbegehren geforderte Regelung nicht benötigt werde.
Was sich bereits während der offenen Debatte abzeichnete, bestätigte sich nach dem obligatorischen Eintreten in den Abstimmungen: Mit 137 zu 39 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) wurde die erste Minderheit Schwander, die sich zuvor gegen die zweite Minderheit Schwander durchgesetzt hatte, verworfen. Auch der von Addor eingebrachte bereits formulierte Gegenentwurf war chancenlos (40 zu 138 Stimmen bei 5 Enthaltungen). Zum Schluss sprach sich die grosse Kammer mit 140 zu 35 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) deutlich gegen die Volksinitiative aus. Dabei stammten sämtliche Stimmen, welche das Volksbegehren unterstützten, sowie alle Enthaltungen aus den Reihen der SVP-Fraktion. Abgesehen von einer Enthaltung aus der FDP-Fraktion bei der Abstimmung zur ersten Minderheit Schwander entspricht dieses Abstimmungsverhalten auch denjenigen bei den anderen beiden Abstimmungen.

Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» (BRG 22.075)

Le Conseil national s'est penché sur le projet de révision de loi préparé par sa commission visant à promouvoir l'économie circulaire. Cette révision comporte de nombreuses propositions, le débat a donc été pour le moins fourni. Représentant la commission de l'environnement, de l'aménagement du territoire et de l'énergie du Conseil national, Christophe Clivaz (vert-e-s, VS) et Matthias Jauslin (plr, AG) sont, tout d'abord, revenus sur la genèse de ce projet de révision, alors qu'une sous-commission a été instaurée – suite à l'acceptation de l'initiative parlementaire 20.433 – pour élaborer un avant-projet. Suite à la procédure de consultation et les retours positifs du Conseil fédéral, la CEATE-CN a décidé de ne changer que quelques aspects du projet, proposé ici à la chambre basse. Il s'agit, avec cette ébauche, «de développer l'économie circulaire, de rendre l'économie suisse plus performante, de réduire son impact sur l'environnement et d'augmenter la sécurité de son approvisionnement», comme rappelé par le député valaisan Christophe Clivaz.
L'entrée en matière n'a pas été contestée par les différentes fractions. Pour le PS, tant l'économie que l'écologie ont à gagner de cette proposition. Le Centre estime que l'économie circulaire est un «Business case» pour l'avenir, et non pas seulement un sujet d'actualité. Les Vert-e-s saluent le changement de paradigme que propose l'économie circulaire: «on reproduit, on consomme, mais on recycle», qui vient remplacer le «on produit, on consomme, on jette et on recommence». Le groupe PLR s'est montré satisfait du déroulé des événements, alors que cette initiative parlementaire a été initiée par la fraction libérale-radicale au sein de la commission, afin de condenser plusieurs propositions touchant à l'économie circulaire. Susanne Vincenz-Stauffacher (plr, SG) s'est réjouie d'un projet qui s'attache à travailler de manière étroite avec l'économie et de la possibilité de mettre en place des mesures sur une base volontaire. Les Vert'libéraux ont insisté sur les nombreux avantages de l'économie circulaire, dans un pays pauvre en ressources naturelles et qui aurait donc tout à profiter de valoriser les déchets avant de les brûler. La fraction UDC s'est également positionnée pour une entrée en matière, émettant toutefois des critiques acerbes contre un projet qui coûterait trop cher et serait trop bureaucratique. Mike Egger (udc, SG) a ainsi fait le constat qu'il serait bien plus effectif d'agir sur la croissance de la population et la bétonisation du territoire pour protéger l'environnement. De son côté, le Conseil fédéral, représenté par le ministre de l'environnement, Albert Rösti, soutient un projet vu comme important, particulièrement en temps de pénuries et d'incertitudes. Promouvoir l'économie circulaire, c'est renforcer l'indépendance du pays selon les mots du conseiller fédéral UDC.

Alors que l'entrée en matière était acquise, la discussion par article – plus ardue – s'est déroulée en deux blocs. Le premier bloc, intitulé «Promotion de l'économie circulaire et préservation des ressources, hiérarchie en matière de valorisation des déchets, gestion des déchets urbains», comptait douze minorités. Seule une, défendue par le vert'libéral Beat Flach (pvl, AG), a réussi à convaincre une majorité de député.e.s, à une voix près (97 contre 96 voix). Le Conseil fédéral aura la possibilité d'édicter des règles pour obliger les détaillants à déballer les denrées alimentaires jetées pour éviter que du plastique ne se retrouve dans les centres de compostage ou que ces denrées soient incinérées, à cause de ce plastique.

Dans le deuxième bloc – «Construction respectueuse des ressources, projets pilotes» –, 10 propositions de minorité ont été défendues. A l'article 35i, deux propositions de minorité provenant de la gauche ont été acceptées par les parlementaires. Il s'agit de donner la possibilité au Conseil fédéral d'améliorer l'information et l'étiquetage des produits et des emballages et d'exiger l'introduction d'un indice de réparabilité. Ces deux minorités ont été remportées par 96 voix contre 90 (2 abstentions), regroupant les fractions socialiste, vert-e-s, vert'libérale, une partie des élu.e.s du groupe du Centre et la voix de la libérale-radicale vaudoise Jacqueline de Quattro. A l'article 35j, une autre minorité a trouvé les faveurs de la chambre basse (101 voix contre 86 et une abstention). La minorité ne souhaitait pas donner la possibilité au Conseil fédéral «d'édicter des prescriptions sur la forme et le contenu d’un certificat concernant la consommation de ressources des ouvrages». C'est le centre-droit qui a su ici s'imposer. Toutes les autres propositions de minorité ont été rejetées. L'objet passe donc dans les mains de la Commission de l'environnement de l'aménagement du territoire et de l'énergie du Conseil des Etats (CEATE-CE).
Au vote sur l'ensemble, seul.e.s les membres de l'UDC ont voté contre ou se sont abstenu.e.s (ainsi que deux députés du PLR). Le projet a ainsi récolté 133 voix en sa faveur, contre 42 et 13 abstentions.

Ce que les médias ont retenu de ce débat concerne, avant tout, l'introduction d'un article pour amender le littering à hauteur de CHF 300 au maximum au niveau fédéral, alors que les cantons ont des règles différentes. Au même moment, les milieux paysans se plaignaient des déchets sauvages, et plus particulièrement des canettes jetées au bord des routes qui peuvent mener à la mort des bovins – la canette en aluminium est déchiquetée par les machines et finit dans le foin donné aux vaches qui les ingèrent. L'USP a donc lancé une campagne d'information, alors que le Conseil des Etats doit encore se prononcer sur une motion Grin (udc, VD) visant à élaborer, en collaboration avec les cantons, une campagne nationale à ce sujet. Sur l'article de loi touchant au littering, seule la fraction UDC s'était opposée à fixer des amendes au niveau fédéral, à l'exception de 12 membres du parti agrarien qui l'ont soutenu, comme l'a fait remarquer la NZZ. Parmi ces parlementaires, beaucoup sont agriculteurs ou proches des milieux paysans.
Dans un autre registre, cette révision est un soulagement pour le secteur du recyclage qui attend ce changement depuis longtemps, notamment s'agissant de la libéralisation partielle des filières de recyclage. Pour l'organe faîtier Swiss Recycling, cela permettra à l'industrie de prendre plus de risques et de développer des solutions innovantes.

Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken (Pa. Iv. 20.433)
Dossier: Vorstösse zur Kreislaufwirtschaft seit Ablehnung der Volksinitiative «Grüne Wirtschaft»

Gemeinnützige Organisationen sollen zukünftig den Rechnungslegungsstandard «Swiss GAAP FER» einhalten müssen, wenn ihnen staatliche Beiträge oder Steuerbefreiungen gewährt werden sollen, forderte Lukas Reimann (svp, SG) in einer im Mai 2021 eingereichten Motion. Diese Rechnungslegungsstandards beinhalteten gemäss dem Motionär spezifische Branchenregelungen unter anderem für Nonprofit-Organisationen. Relevant seien insbesondere die individuellen Entschädigungen der Mitglieder der oberen Leitungsorgane und der Führungskräfte dieser spendenfinanzierten Organisationen.
In seiner Stellungnahme vom Juni 2021 beantragte der Bundesrat, die Motion abzulehnen. Auch mittlere und kleine gemeinnützige Organisationen zur Einhaltung dieses Rechnungslegungsstandards zu verpflichten, sei unverhältnismässig, da dies mit hohem Aufwand verbunden wäre. Zudem sei eine Steuerbefreiung bereits heute nur möglich, wenn Führungskräfte «grundsätzlich ehrenamtlich» tätig seien.
In der Sondersession vom Mai 2023 lehnte der Nationalrat den Vorstoss mit 116 zu 72 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) ab. Nur die Mitglieder der SVP- und die Mehrheit der Mitte-Fraktion unterstützten das Anliegen.

Motion "Angemessene Cheflöhne und Transparenz für gemeinnützige Organisationen" (Mo. 21.3587)

Im Juni 2021 reichte Nationalrätin Judith Bellaiche (glp, ZH) eine Motion ein, mit der sie dem Bundesrat einen Auftrag für die Mitwirkung an der Europäischen Regulierung der Digitalisierung erteilen wollte. Der Bundesrat solle eine Position erarbeiten, klare Zuständigkeiten definieren und sich als Handelspartner der EU aktiv einbringen, um die Interessen der Schweiz zu vertreten, forderte die Motionärin. Sie begründete den Vorstoss damit, dass die Schweiz im Bereich der Digitalisierung von ausländischen Akteuren abhängig sei und der effektive Souveränitätsverlust in diesem Bereich daher sehr gross sei. Gleichzeitig nehme der Regulierungsdruck aus der EU durch neue Gesetzesentwürfe wie den Digital Markets Act oder den Digital Services Act zu. Die Schweiz müsse sich aktiv in die Erarbeitung solcher Vorlagen einbringen, weil sie sonst ohne Mitgestaltung zum Gesetzesnachvollzug gezwungen sei.
Der Bundesrat erklärte in seiner Stellungnahme, er habe es sich bereits 2020 in seiner Strategie «Digitale Schweiz» zum Ziel gesetzt, die Entwicklungen der EU-Digitalstrategie und deren Auswirkungen auf die Schweiz weiterhin zu analysieren und entsprechende Aktivitäten der Schweiz zu koordinieren. Die zuständige verwaltungsinterne Koordinationsgruppe unter Leitung des BAKOM habe bereits klare Zuständigkeiten innerhalb der Bundesverwaltung verteilt. Die erwähnten Gesetzgebungsbemühungen der EU beträfen auch die Schweiz, jedoch sei noch kaum abzuschätzen, in welchem Ausmass, weil sich die Massnahmen in einem frühen Stadium befänden. Daher bestehe noch kein unmittelbarer Handlungsbedarf, wobei die Koordinationsgruppe die relevanten Entwicklungen in der EU weiterhin eng verfolgen werde. Der Bundesrat versprach, dass er sich im Rahmen der operativen Umsetzung der Europäischen Digitalstrategie dafür einsetzen werde, dass die Schweiz die Chancen eines europäischen Datenraums und eines digitalen Binnenmarktes optimal nutzen könne. Aus diesen Gründen erachtete er das Motionsanliegen als erfüllt und beantragte die Ablehnung der Motion.

Der Nationalrat befand in der Sondersession 2023 über das Anliegen von Nationalrätin Bellaiche. Diese betonte im Rat, dass die EU die derzeit 35 Regulierungsvorlagen zur Digitalisierung mit grossem Tempo vorantreibe, und kritisierte den Bundesrat dafür, bei Themen wie der Digitalisierung und Europa «kä Luscht» zu haben. Da Digitalisierung aber grenzüberschreitend sei, wirke sich die Digitalregulierung der EU direkt auf die Schweiz aus. Nur durch Mitsprache könne die Schweiz ihre Position als eines der wettbewerbsfähigsten und innovativsten Länder Europas halten, weibelte die Motionärin für ihr Anliegen. Bundesrat Guy Parmelin erinnerte die grosse Kammer daran, dass sich die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied nicht direkt am Gesetzgebungsprozess der EU beteiligen könne. Der Bundesrat setze sich zwar mit seinem Aussennetz dafür ein, die Interessen der Schweiz auch in dieser Hinsicht zu wahren, jedoch sei die Schweiz erst kürzlich von einigen europäischen Programmen im Bereich der digitalen Regulierung ausgeschlossen worden, was die Ausgangslage nicht einfacher mache. Der Bundesrat erklärte, dass die letzte Analyse der BAKOM-Koordinationsgruppe keine bedeutenden neuen Marktzugangshürden oder diskriminierenden Massnahmen ergeben habe, weshalb weiterhin kein unmittelbarer Handlungsbedarf bestehe. Eine Mehrheit des Nationalrates unterstützte jedoch das Anliegen der Motionärin und nahm den Vorstoss mit 110 zu 79 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) an. Nur die Fraktion der SVP und jene der FDP-Liberalen stimmten dagegen.

Auftrag für die Mitwirkung an der Europäischen Regulierung der Digitalisierung (Mo. 21.3676)

In Form einer Motion verlangte Lukas Reimann (svp, SG) in der Sommersession 2022, dass in Parlamentsdebatten neu auch Schweizerdeutsch gesprochen werden kann. Für ihn sei Schweizerdeutsch nicht nur die Muttersprache der Deutschschweizer Bevölkerung, sondern auch ein Teil der Schweizer Identität. Deswegen würde sein Anliegen eine den Bürgerinnen und Bürgern nähere Politik ermöglichen. Zudem gäbe es bereits kantonale Parlamente, welche dies erlauben würden, argumentierte der St. Galler. In der Folge löcherten verschiedene lateinischsprachige Ratsmitglieder Reimann mit Fragen, was im Saal für einige Heiterkeit sorgte: So wollte etwa Ada Marra (sp, VD) wissen, weshalb die Romands Schweizerdeutsch lernen sollten, die Deutschschweizer aber nicht Französisch. Kommissionssprecher Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) verdeutlichte mit dem Walliserdeutschen Gedicht «Abusitz», das es sogar für Deutschschweizer Personen, die nicht mit dem Walliser Dialekt vertraut sind, schwierig wäre, Voten in Dialektsprache zu verstehen. So werde beispielsweise eben auch im Walliser Kantonsparlament Französisch und Hochdeutsch gesprochen. Thomas Aeschi (svp, ZG) begründete seinen Minderheitsantrag zur Annahme der Motion damit, dass neue Spracherkennungssoftware mittlerweile sehr gut Schweizerdeutsch erkenne und ins Hochdeutsche übersetzen könne, womit das Anliegen durchaus umsetzbar wäre. Mit 164 zu 20 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) lehnte der Nationalrat den Vorstoss ab, die 20 Stimmen für die Vorlage stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Sprachenvielfalt der Schweiz stärken - auch im Nationalrat (Mo. 22.4464)

In der Frühjahrssession 2023 zitierte Lukas Reimann (svp, SG) eines von «hunderten Beispielen aus der Praxis», die zeigten, dass sich viele Menschen den Gang vor Gericht nicht leisten könnten: Ein Kranführer, der abklären wollte, wer für einen Unfall haftet, in den er verwickelt war, hätte CHF 18'000 Vorschuss leisten müssen; hätte er seinen Fall bis vor Bundesgericht bringen wollen, hätte er im schlimmsten Fall Prozesskosten von rund CHF 342'000 zahlen müssen. «Das kann sich kein normaler Mensch leisten», kritisierte Reimann. In einer Motion verlangte er deshalb eine Justizreform, mit der Gerichtskosten reduziert und die durchschnittliche Verfahrensdauer verkürzt werden. Der Zugang zu den Gerichten sei in der Tat ein Grundrecht, begann Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider ihr Votum. Die von der Motion aufgebrachte Problematik sei aber bereits Gegenstand in der momentan in Beratung stehenden Vorlage zur Revision der Zivilprozessordnung. Zudem seien Tarife und Verfahrensregeln auf subnationaler Ebene vor allem Sache der Kantone, weshalb der Bund hier nicht eingreifen könne. In der Folge wurde über die beiden Teile der Motion getrennt abgestimmt. Die Kostenfrage (Buchstabe a) wurde mit 71 zu 114 Stimmen (2 Enthaltungen) verworfen, die Forderung, laut der sich der Bundesrat für eine Verkürzung der Verfahrensdauer einsetzen muss (Buchstabe b) wurde jedoch mit 121 zu 56 Stimmen (11 Enthaltungen) an den Ständerat überwiesen. Die SP- und die GP-Fraktion stimmten für Annahme beider Buchstaben. Während Buchstabe a ansonsten nur noch von vier Mitgliedern der SVP-Fraktion unterstützt wurde, sprach sich die geschlossen stimmende SVP-Fraktion für Buchstabe b aus.

Eingeschränkter Zugang zur Justiz. Recht und Gerechtigkeit für alle sicherstellen! (Mo. 21.3388)

Le Conseil national a suivi le Conseil des Etats et a approuvé le crédit-cadre «Environnement mondial» pour les années 2023-2026 tel que prévu par le Conseil fédéral. Le crédit-cadre 2023-2026 se voit doter d'une augmentation de CHF 50 millions par rapport à la période précédente, dans une volonté «d'asseoir [la] crédibilité [de la Suisse] en tant que partenaire international digne de confiance» et de conserver son siège au sein du Fonds environnemental mondial (FEM) et ainsi garder son influence dans cet organe, comme expliqué par la rapporteuse et le rapporteur de la CEATE-CN, Ursula Schneider Schüttel (ps, FR) et Beat Flach (pvl, AG). Ce crédit-cadre est, en effet, destiné principalement au financement du FEM, bien que le Fonds pour l'ozone et deux autres fonds spécialisés pour le climat obtiennent également des contributions – plus modestes – par ce biais. La CEATE-CN s'est exprimée en faveur de l'augmentation, à l'instar de la CdF-CN également concernée par cet objet. Plusieurs propositions de minorité ont été déposées dans les deux commissions soit pour augmenter les montants alloués – la Suisse ayant une empreinte climatique conséquente –, soit pour conserver le statu quo – l'état des finances ne permettant pas de dépenses supplémentaires. Aucune des propositions minoritaires n'a finalement été acceptée, la première variante n'étant soutenue que par la gauche et le parti évangélique, tandis que la seconde ne l'a été que par des membres de l'UDC et du PLR. Au final, le projet tel que pensé par le Conseil fédéral a été approuvé par 138 voix contre 53 – provenant toutes du groupe de l'UDC – et 1 abstention.

Rahmenkredit Globale Umwelt 2023-2026 (BRG 22.060)
Dossier: Rahmenkredit Globale Umwelt

In der Frühjahressession 2023 nahm sich der Nationalrat den von seiner RK ausgearbeiteten Entwurf betreffende eine Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf vor. Bereits das Eintreten auf die Vorlage wurde kontrovers diskutiert. Eine Minderheit der RK, bestehend aus Politikerinnen und Politikern von SP und Grünen, beantragte dem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Christian Dandrès (sp, GE) und Baptiste Hurni (sp, NE) beklagten beide in ihren Voten, dass der vorliegende Entwurf Teil einer Salamitaktik sei, bei der es darum ginge, das Mietrecht schrittweise auszuhöhlen. Florence Brenzikofer (gp, BL) befürchtete, dass durch die Vorlage das Machtgefälle zwischen Vermietenden und Mietenden weiter vergrössert werde. Ausserdem sei die Vorlage unnötig, da Vermieterinnen und Vermieter bereits heute das Recht hätten, bei dringendem Eigenbedarf ihrer vermietenden Partei zu kündigen. Der Schutz der Mietenden solle nicht weiter geschwächt werden, da schon jetzt Eigenbedarf sehr oft nur vorgeschoben werde, um den Mieter oder die Mieterin loszuwerden und die Wohnung zu einem höheren Preis weiterzuvermieten. Mitglieder der Fraktionen von SVP, FDP und Mitte hielten dagegen. Vincent Maître (mitte, GE) war der Ansicht, dass es bei dieser Vorlage nur darum gehe, dass Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer wieder das Recht erhalten sollen, die von ihnen gekaufte Immobilie bewohnen zu können. Mit der bestehenden Regelung, dass für die Kündigung bei Eigenbedarf ein «dringender Eigenbedarf» geltend gemacht werden muss, sei dies oft unmöglich, da es schwierig sei, die Dringlichkeit zu beweisen und dies ein langes juristisches Verfahren nach sich ziehen könnte. Ähnlich äusserte sich Christa Markwalder (fdp, BE), die darüber hinaus ausführte, dass stattdessen neu eine Kündigung bereits bei einem «bei objektiver Beurteilung bedeutenden und aktuellen Eigenbedarf» möglich sein soll. Dies sei eine ausgewogene und moderate Lösung, mit der der Schutz der Interessen der Mieterinnen und Mieter weiterhin gewährleistet sei. Pirmin Schwander (svp, SZ) plädierte im Namen der SVP-Fraktion ebenfalls für Eintreten. Er sehe in dieser Frage eher ein Machtgefälle zugunsten der Mietenden und deshalb müsse der Eigenbedarf schneller und einfacher geltend gemacht werden können. Gespalten zeigte sich die GLP-Fraktion. Beat Flach (glp, AG) war zwar prinzipiell mit dem Anliegen des Vorstosses einverstanden. Er liess jedoch durchblicken, dass innerhalb der GLP-Fraktion auch einige der Meinung seien, dass generell die Balance zwischen den beiden Lagern im Moment zulasten der Mietenden gestört sei. Da es sich zudem nur um wenige Fälle handle, in denen es zu langen Verfahren gekommen sei, sei es fraglich, ob man nun in diese Richtung legiferieren solle. Als letztes äusserte sich noch Bundesrat Guy Parmelin. Dieser beantragte dem Nationalrat im Namen des Bundesrates, nicht auf die Vorlage einzutreten. Parmelin vertrat die Meinung, dass die aktuelle Regelung ausreichend sei, um die Interessen beider Parteien zu schützen. Ausserdem komme es in der Praxis nicht zu so vielen störenden Fällen, als dass sich eine legislative Intervention rechtfertigen liesse. Entgegen diesem Antrag stimmte schliesslich eine Mehrheit des Nationalrates für Eintreten auf die Vorlage (mit 108 zu 80 Stimmen, bei 1 Enthaltung). Zu den geschlossen stimmenden Fraktionen von SP und Grünen gesellten sich auch acht Mitglieder der GLP und drei Mitglieder der Mitte-Fraktion. In der Detailberatung galt es anschliessend noch, über verschiedene Anträge der Minderheit auf Verschärfung der Regelung zur Kündigung bei Eigenbedarf zu entscheiden. Diese wurden jedoch allesamt abgelehnt. Schliesslich nahm der Nationalrat das Geschäft in der Gesamtabstimmung mit 114 zu 79 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an.

Verfahrensbeschleunigung bei Kündigung des Mietverhältnisses wegen dringendem Eigenbedarf (Pa.Iv. 18.475)

Anfang März 2023 beriet der Nationalrat eine Vorlage, welche seine RK-NR aus einer parlamentarischen Initiative Hans Egloff (svp, ZH) betreffend die «Vermeidung missbräuchlicher Untermiete» ausgearbeitet hatte. Der Entwurf sah vor, dass für ein neues Untermietverhältnis künftig die schriftliche Zustimmung der Vermieterin oder des Verpächters erforderlich sein soll. Wenn dabei die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, soll der Vermieterin oder dem Verpächter ein ausserordentliches Kündigungsrecht zustehen. Ausserdem soll die Vermieterschaft neu ein Untermietverhältnis ablehnen können dürfen, wenn dieses für eine Dauer von mehr als zwei Jahren vorgesehen ist. Die Vorlage wurde insbesondere von Mitgliedern der Fraktionen der SP und der Grünen bekämpft. Es gäbe keinen gesetzlichen Handlungsbedarf in dem Bereich, so etwa Florence Brenzikofer (gp, BL). Sie sah in der Vorlage einen Versuch, den «ohnehin schwachen Kündigungsschutz in der Schweiz weiter [abzubauen]». Insbesondere sei es unverhältnismässig, dass eine ausserordentliche Kündigungsfrist zur Anwendung kommen könnte, bei Untermietverhältnissen, die etwa wegen Formfehlern nicht den gesetzlichen Kriterien entsprechen. Baptiste Hurni (sp, NE) und Raphael Mahaim (gp, VD) äusserten sich ähnlich. Sie sahen aktuell nur ein Problem mit den Untermietverhältnissen in der Schweiz, nämlich im Zusammenhang mit Plattformen wie Airbnb. Doch dann sollten besser die Plattformen direkt reguliert werden, anstatt die Gesamtheit der Untermietverhältnisse zu attackieren, so Mahaim. Anders als bei der unmittelbar danach beratenen Vorlage betreffend die Kündigung bei Eigenbedarf äusserte sich bei dieser Vorlage auch die GLP klar kritisch. Beat Flach (glp, AG) bezeichnete den Entwurf als einen «bürokratischen Blockadeartikel, angereichert mit zusätzlichen Hürden und Folgen für die Mieterinnen und Mieter». Auch Flach sah keinen Handlungsbedarf. Die geltenden Regeln funktionierten und es sei deshalb unnötig und «unliberal», weitere Bürokratie aufzubauen. Für die Vorlage plädierten die Fraktionen der SVP, FDP und Mitte. Pirmin Schwander (svp, SZ) sagte, mit der Revision werde eine Unklarheit behoben, darüber wie lange eine vorübergehende Abwesenheit und ein Untermietverhältnis dauern kann. Das sei gerade auch in der aktuell herrschenden Wohnungsnot wichtig, da Wohnungen, welche durch Untermiete blockiert seien, damit frei würden. Christian Lüscher (fdp, GE) vertrat die Position der freisinnigen Fraktion, welche aus ähnlichen Gründen wie Schwander und die SVP die Vorlage unterstützte. Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) sprach sich für die Mitte-Fraktion ebenfalls für die Vorlage aus. Die Untervermietung würde mit der Änderung gestärkt und die Vermieterinnen und Vermieter geschützt. Es sei normal, dass es bei Verstössen gegen Regelungen auch Sanktionen geben sollte, konterte er die Kritik unter anderem von Florence Brenzikofer betreffend die ausserordentlichen Kündigungsfristen. Er liess auch das Argument betreffend mehr Bürokratie nicht gelten. Mietverträge seien grundsätzlich schriftlich, weshalb es kein zusätzlicher Aufwand sei, diese Frage in dem Rahmen ebenfalls noch zu regeln. Bundesrat Guy Parmelin zeigte sich damit nicht einverstanden. Im Namen des Bundesrates empfahl er dem Nationalrat, nicht auf die Vorlage einzutreten, da die aktuellen Regelungen ausreichten, um Vermieterinnen und Vermieter vor missbräuchlichen Untermietverhältnissen zu schützen. Auch er war der Meinung, dass die Vorlage zu einem grösseren Bürokratieaufwand und zu Rechtsunsicherheit führen würde. Letzteres weil der Entwurf eine nicht abschliessende Liste an Gründen aufführte, wegen welchen der Vermieter oder die Vermieterin ein Untermietverhältnis ablehnen kann. Schliesslich sei auch die Dauer von zwei Jahren, worüber hinaus es laut dem Entwurf der Vermieterschaft freistehen soll, die Untermiete abzulehnen, zu kurz – insbesondere im Kontext von Untermietverhältnissen von Geschäftsräumen. Entgegen dem Antrag des Bundesrates stimmte die Mehrheit des Nationalrates jedoch für Eintreten auf die Vorlage (110 zu 82 Stimmen, bei 1 Enthaltung). Alle Fraktionen stimmten geschlossen: diejenigen der Mitte, FDP und SVP für Eintreten, diejenigen der SP, Grünen und GLP dagegen. In der Detailberatung befand der Nationalrat anschliessend über mehrere Minderheitsanträge, welche aus linker Sicht zum Ziel hatten, die Regelungen und damit die negativen Folgen abzuschwächen. Sie wurden jedoch allesamt mit dem ungefähr gleichen Stimmenverhältnis abgelehnt. So schritt die grosse Kammer zur Gesamtabstimmung, wo die Vorlage mit 108 zu 83 Stimmen (1 Enthaltung) angenommen wurde.

Missbräuchliche Untermiete vermeiden (Pa.Iv. 15.455)
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Im Nationalrat verlief die Beratung des Bundesgesetzes über die Digitalisierung im Notariat nicht annähernd so harmonisch wie zuvor in der Ständekammer. So hatte sich der Zweitrat in der Frühjahrssession 2023 zunächst mit einem Nichteintretensantrag einer Minderheit Addor (svp, VS) zu befassen. Wie der Minderheitssprecher ausführte, bestehe keine nachgewiesene praktische Notwendigkeit für ein solches Gesetz. Die Abwesenheit eines Bundesregisters für Urkunden schaffe aktuell keinerlei Schwierigkeiten und es bestehe kein Bedarf, ein solches zu schaffen. Zudem sei der Entwurf zu detailliert und gehe zu weit über die Frage der Digitalisierung hinaus, sodass er zu stark ins kantonale Notariatswesen eingreife. Nicht zuletzt bringe ein zentralisiertes Urkundenregister auch neue Datenschutzprobleme mit sich, gerade wenn der Zugang zu diesem Register wie im vorliegenden Entwurf unzureichend geregelt sei. Demgegenüber beantragte die Mehrheit der vorberatenden RK-NR Eintreten. Der digitale Geschäfts- und Amtsverkehr könne nur dann sinnvoll genutzt werden, wenn auch die entsprechenden Belege, bei denen es sich in vielen Fällen um öffentliche Urkunden handle, in elektronischer Form eingereicht werden können, hob Kommissionssprecher Beat Flach (glp, AG) den Zweck des Gesetzes hervor. Der Bund stelle nur das Urkundenregister zur Verfügung und greife ansonsten nicht in den notariellen Prozess ein. Die Kantone könnten das zentrale Register dann als Modul in ihre eigenen Softwarelösungen integrieren. Es sei aber «zentral, dass die Sicherheit und Langlebigkeit der Urkunden im ganzen Land einheitlich geregelt wird», erklärte der Berichterstatter. Im Gesetz seien nur die Grundsätze zu elektronischen öffentlichen Urkunden festgelegt, damit die detaillierten Ausführungsbestimmungen, die auf Verordnungsstufe geregelt werden sollen, einfacher den technischen Veränderungen angepasst werden können, so Flach weiter. Der Sensibilität der betreffenden Daten sei sich die Kommission durchaus bewusst, weshalb sie in diesem Bereich noch an der Vorlage nachgebessert habe. Nach ausführlicher Debatte trat der Nationalrat mit 134 zu 54 Stimmen bei einer Enthaltung auf den Entwurf ein. Für Nichteintreten votierten die geschlossene SVP-Fraktion sowie der Tessiner Mitte-Vertreter Marco Romano.
Die bereits erwähnten Präzisierungen zum Datenschutz, die die Kommissionsmehrheit vorschlug, wurden von einer Minderheit als unnötig erachtet, weil diese Fragen bereits im Datenschutzgesetz geregelt seien, so die Minderheitssprecherin Christa Markwalder (fdp, BE). Die Kommissionsmehrheit wollte im Gesetz explizit festschreiben, dass das Bundesamt für Justiz das zentrale Urkundenregister aufbaut und führt sowie dessen Betrieb, Weiterentwicklung und Sicherheit gewährleistet. Sowohl das BJ als auch die Stellen, die das System nutzen, sollen zudem ausdrücklich für die Gewährleistung des Datenschutzes und der Datensicherheit verantwortlich gemacht werden. Die Volkskammer hiess die vorgeschlagenen Ergänzungen mit 157 zu 38 Stimmen gegen den Widerstand aus den Fraktionen der GLP und der FDP gut. Eine Minderheit Kamerzin (mitte, VS), die noch weiter gehen wollte als die Kommissionsmehrheit und im Gesetz zusätzlich festschreiben wollte, dass sämtliche Zugriffe auf das Urkundenregister mit Angabe der Uhrzeit und der Identität der zugreifenden Person protokolliert werden müssen, scheiterte im Rat jedoch mit 113 zu 82 Stimmen. Sie wurde nur von den Fraktionen der SVP und der Mitte unterstützt. Kommissionssprecher Flach versicherte, die Zugriffsrechte würden auf dem Verordnungsweg geregelt und die Kommission werde «dann gewiss auch das Recht beanspruchen, diese Verordnungen anzuschauen». Alle übrigen Bestimmungen nahm der Nationalrat stillschweigend gemäss Antrag seiner Rechtskommission an. In der Gesamtabstimmung hiess er den Entwurf mit 142 zu 53 Stimmen gut. Abgelehnt wurde er von der geschlossenen SVP-Fraktion, die zu Beginn schon nicht darauf hatte eintreten wollen.

Notariatsdigitalisierungsgesetz (BRG 21.083)

Nach dem Ständerat befasste sich in der Frühlingssession 2023 auch der Nationalrat mit einer Standesinitiative des Kantons Genf, mittels welcher der Genfer Grosse Rat gefordert hatte, dass Mieterinnen oder Mietern, die wegen behördlich angeordneten Massnahmen gegen die Covid-19-Pandemie in Zahlungsrückständen geraten sind, eine Fristverlängerung gewährt werden soll. Konkret sollte den betroffenen Mieterinnen und Mietern eine Frist von mindestens 90 Tage gewährt werden. Die RK-NR beantragte – ebenso wie ihre Schwesterkommission –, die Initiative abzulehnen. Sprecher Beat Flach (glp, AG) erläuterte die Erwägungen der Kommission. So habe das Parlament sich bereits im Rahmen der Beratungen der Motion 20.3158 gegen eine Verlängerung der Covid-19-Verordnung im Bereich Miete und Pacht ausgesprochen. Ausserdem habe der Genfer Grosse Rat die Standesinitiative auch mit einer vorherrschenden Wohnungskrise begründet, welche jedoch der Ansicht der Kommission nach ein strukturelles Problem des Kantons Genf sei, was nicht auf nationaler Ebene angegangen werden sollte. Nicht zuletzt sehe das OR bei Zahlungsrückständen von Mieterinnen und Mietern bereits zusätzliche Fristen vor, die über das normale Vertragsrecht hinausgehen.
Eine Mehrheit des Nationalrats folgte dem Antrag seiner RK und lehnte die Standesinitiative mit 124 zu 66 Stimmen ab. Einzig die Mitglieder der Fraktionen von SP und Grünen stimmten für die Initiative.

Für eine Verlängerung der Frist bei Zahlungsrückständen der Mieterin oder des Mieters (St.Iv 21.316)

Ursprünglich hatte die SPK-NR der parlamentarischen Initiative von Lukas Reimann (svp, SG), die die Sicherstellung einer beschlussfähigen Bundesversammlung verlangte, Mitte 2021 noch einstimmig zugestimmt. Weil aber die SPK-SR im April 2022 dem Anliegen keine Folge gegeben hatte und vor allem weil das Anliegen mittlerweile auch in eine grössere Vorlage zur Steigerung der Handlungsfähigkeit des Parlaments in Krisenzeiten aufgenommen worden war, änderte die nationalrätliche Kommission ihre Meinung. In dieser neuen Vorlage war unter anderem vorgesehen, dass in Krisenfällen andere Tagungsorte für Sessionen beschlossen werden können und dass in Ausnahmesituationen auch virtuelle Teilnahmen an Session möglich sein sollen. Nachdem diese Forderungen der Initiative Reimann also umgesetzt waren, empfahl die Kommission Mitte Januar 2023 einstimmig, der Initiative keine Folge zu geben. Der Initiant zog sie wenige Tage nach dieser Entscheidung zurück.

Beschlussfähige Bundesversammlung sicherstellen (Pa. Iv. 20.479)
Dossier: Parlament in Krisensituationen

Mittels einer im Dezember 2021 eingereichten parlamentarischen Initiative forderte Judith Bellaïche (glp, ZH) den Anwendungsbereich des Postgesetzes zu präzisieren. Die GLP-Nationalrätin störte sich daran, dass Lieferdienste für schnell verderbliche Produkte nicht explizit vom Postgesetz ausgeschlossen sind, obwohl sie Leistungen ausserhalb der Grundversorgung erbrächten und somit in keiner Konkurrenz zur Post stünden. Entsprechend sollten solche Lieferdienste auch nicht der Meldepflicht gemäss Postgesetz unterstehen, so Bellaïche. Unternehmen, die dieser Meldepflicht unterstehen, sind unter anderem dazu verpflichtet, die Einhaltung der branchenüblichen Arbeitsbedingungen zu gewährleisten, und sie müssen mit den Personalverbänden Verhandlungen über einen GAV führen.
Die KVF-NR befasste sich im Januar 2023 mit der Initiative und gab ihr mit 16 zu 9 Stimmen Folge. Sie vertrat mehrheitlich die Ansicht, dass Klärungsbedarf bestehe, welche Anbieter unter die Meldepflicht gemäss Postgesetz fallen und welche nicht. Zudem stimmte die Kommission der Initiantin zu, dass die derzeit bestehende Auslegung des Gesetzes die Lieferdienste, welche Expresssendungen anbieten, wirtschaftlich einschränke, obwohl sie nicht im Bereich der postalischen Grundversorgung operierten.

Anwendungsbereich des Postgesetzes. Präzisierung (Pa. Iv. 21.505)

Im Dezember 2022 präsentierte der Bundesrat die Botschaft für die Revision des Umweltschutzgesetzes. Die Revision bezweckt Veränderungen in den Bereichen Lärm, Altlasten, Lenkungsabgaben, Finanzierung von Aus- und Weiterbildungskursen zum Umgang mit Pflanzenschutzmitteln, beim E-Government sowie beim Strafrecht.
Beim Lärmschutz will der Bundesrat die raumplanerischen Ziele (verdichtetes Bauen / Siedlungsentwicklung nach innen) besser mit dem Schutz der Bevölkerung vor Lärmemissionen in Einklang bringen. Mit den vorgesehenen Änderungen im USG sollen die Rechts- und Planungssicherheit erhöht werden, indem die lärmrechtlichen Kriterien für Baubewilligungen präzisiert werden. Die Änderungen stünden in Einklang mit dem «Nationalen Massnahmenplan zur Verringerung der Lärmbelastung» und setze die Motion 16.3529 Flach (glp, AG) um, so der Bundesrat.
Im Bereich der Altlasten beabsichtigt der Bundesrat, die Sanierung von öffentlichen und privaten Böden voranzutreiben. Die Untersuchung und Sanierung öffentlicher Kinderspielplätze und Grünflächen sollen verbindlich geregelt werden, wobei die Kosten der Sanierung zu 60 Prozent durch den VASA-Fonds übernommen würden. Die weiterhin freiwillige Untersuchung und Sanierung privater Kinderspielplätze und Hausgärten würde durch eine 40-prozentige Beteiligung des VASA-Fonds unterstützt. Weiter sollen durch ehemalige Deponien oder industrielle Aktivitäten belastete Standorte generell rascher analysiert und saniert werden. Bei den 300-Meter-Schiessanlagen schlug der Bundesrat vor, in Zukunft nicht mehr eine Pauschale pro Scheibe zu sprechen, sondern dass der Bund die Sanierungskosten generell zu 40 Prozent übernimmt. Mit diesen Änderungen werde die Motion 18.3018 Salzmann (svp, BE) erfüllt und das Anliegen einer abgelehnten Motion 20.4546 Fivaz (gp, NE) aufgenommen, so die Botschaft.
Bei den Lenkungsabgaben sollen diejenigen Artikel im USG, die den Schwefelgehalt von einigen Treibstoffen betreffen, gestrichen werden, da sie aufgrund strengerer Vorschriften in der LRV keine Anwendung mehr finden.
Eine weitere Neuerung im USG soll es dem Bund erlauben, private Institutionen finanziell zu unterstützen, die an sie übertragene Aufgaben im Bereich der Aus- und Weiterbildung zum Umgang mit Pflanzenschutzmitteln wahrnehmen. Diese Änderung werde insbesondere die Umsetzung von Massnahmen des Aktionsplans zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln vereinfachen.
Die vorliegende Revision schaffe auch die gesetzliche Grundlage, um das E-Government-Programm des UVEK im Umweltschutzbereich zu verankern, so der Bundesrat.
Schliesslich bezweckt der Bundesrat einige der Strafbestimmungen im USG anzupassen und das Strafmass für schwere Delikte anzuheben. Zudem solle die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Strafverfolgungs- und Umweltschutzbehörden gestärkt werden.

Umweltschutzgesetz. Änderung (BRG 22.085)

Der Nationalrat beugte sich in der Wintersession 2022 als Zweitrat über die Revision des Sexualstrafrechts. Wie bereits in der Ständekammer wurde das Ziel des Revisionsprojekts, das in die Jahre gekommene Sexualstrafrecht an die veränderten gesellschaftlichen Wertvorstellungen anzupassen, auch im Nationalrat allseits begrüsst. Eintreten war somit unbestritten.

Die Debatte um den umstrittensten Punkt der Vorlage, die Modellwahl zwischen «Nur Ja heisst Ja» und «Nein heisst Nein», fand in der grossen Kammer im Vergleich zum Ständerat unter umgekehrten Vorzeichen statt: Während sich in der Kantonskammer eine Minderheit der Kommission erfolglos für die Zustimmungslösung ausgesprochen hatte, beantragte im Nationalrat die Mehrheit der vorberatenden Rechtskommission die Verankerung des «Nur-Ja-heisst-Ja»-Prinzips im Strafgesetzbuch. Gemäss Kommissionssprecherin Patricia von Falkenstein (ldp, BS) wolle man damit klar zum Ausdruck bringen, «dass einvernehmliche sexuelle Handlungen im Grundsatz immer auf der Einwilligung der daran beteiligten Personen beruhen sollen» und «dass Geschlechtsverkehr ohne Einwilligung als Vergewaltigung betrachtet wird». Mit der Zustimmungslösung solle bei der Aufklärung von Sexualdelikten zudem mehr das Verhalten des Täters oder der Täterin in den Fokus rücken, und nicht die Frage, ob und wie sich das Opfer gewehrt habe. Letzteres solle sich nicht schuldig fühlen, wenn es nicht in ausreichendem Mass Widerstand geleistet habe. Demgegenüber fordere die «Nein heisst Nein»-Lösung vom Opfer weiterhin einen zumutbaren Widerstand. Bundesrätin Karin Keller-Sutter argumentierte hingegen, dass das Widerspruchsprinzip klarer sei. Jemand könne auch aus Angst oder Unsicherheit Ja sagen, ohne dies tatsächlich zu wollen, wohingegen ein explizites oder stillschweigendes Nein – etwa eine ablehnende Geste oder Weinen – nicht als Zustimmung missverstanden werden könne. Über ein geäussertes Nein könne das Opfer im Strafverfahren allenfalls aussagen, über ein fehlendes Ja jedoch nicht, denn einen Negativbeweis gebe es nicht, ergänzte Philipp Matthias Bregy (mitte, VS), der mit seiner Minderheit ebenfalls für «Nein heisst Nein» eintrat. Wie schon im Ständerat herrschte derweil auch im Nationalrat weitgehende Einigkeit, dass der Unterschied zwischen den beiden Varianten juristisch gesehen «verschwindend klein» sei, wie es Tamara Funiciello (sp, BE) ausdrückte, und es vor allem um Signale gehe. Während die Advokatinnen und Advokaten der Zustimmungslösung darin eine gesellschaftliche Haltung sahen, die die sexuelle Selbstbestimmung betone, erachteten die Befürworterinnen und Befürworter der Widerspruchslösung das Strafrecht nicht als den richtigen Ort für Symbolik – so fasste Christa Markwalder (fdp, BE) die Positionen in ihrer gespaltenen Fraktion zusammen. Als eine Art Mittelweg bewarb eine Minderheit Nidegger (svp, GE) unterdessen die im Ständerat gescheiterte Umformulierung des Widerspruchsprinzips. Diese wollte durch die explizite Nennung von verbaler und nonverbaler Ablehnung die Fälle von sogenanntem Freezing – wenn das Opfer in einen Schockzustand gerät und dadurch widerstandsunfähig ist – besser abdecken. Bundesrätin Karin Keller-Sutter betonte indes, auch mit der Widerspruchslösung seien Freezing-Fälle abgedeckt und die Minderheit Nidegger bringe somit keinen Mehrwert. Die Minderheit Nidegger unterlag der «Nein-heisst-Nein»-Lösung wie vom Bundesrat vorgeschlagen denn auch deutlich mit 118 zu 64 Stimmen bei 8 Enthaltungen. Ebenso chancenlos blieb die Minderheit Reimann (svp, SG), die statt dem vorgesehenen Kaskadenprinzip in Art. 189 und 190 StGB – einer Definition des Grundtatbestands ohne Nötigung (Abs. 1), wobei Nötigung sowie Grausamkeit als zusätzliche Erschwernisse in den Absätzen 2 und 3 aufgeführt werden – einen eigenen Tatbestand für Verletzungen der sexuellen Integrität ohne Nötigung schaffen wollte, sodass das Nötigungselement in den Tatbeständen der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung erhalten bliebe. Dieses Konzept war allerdings bereits in der Vernehmlassung harsch kritisiert worden. «Nur Ja heisst Ja» setzte sich schliesslich mit 99 zu 88 Stimmen bei 3 Enthaltungen gegen «Nein heisst Nein» durch. Zum Durchbruch verhalfen der Zustimmungslösung neben den geschlossen dafür stimmenden Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP Minderheiten aus der FDP- und der Mitte-Fraktion sowie SVP-Nationalrätin Céline Amaudruz (svp, GE).

Neben der Modellwahl diskutierte die grosse Kammer auch die Strafrahmen ausführlich. Hier hielt sie sich mit einer Ausnahme überall an die Vorschläge ihrer Kommissionsmehrheit und lehnte zahlreiche Minderheitsanträge aus den Reihen der SVP- und der Mitte-Fraktion ab, die schärfere Strafen forderten. Härtere Sanktionen seien ursprünglich das Ziel der Strafrahmenharmonisierung gewesen, wovon auch die vorliegende Revision Teil sei, argumentierte Barbara Steinemann (svp, ZH). Solange «Belästiger mit symbolischen Strafen aus dem Gerichtssaal davonlaufen» könnten, sei auch die Zustimmungslösung nur ein «Ablenkungsmanöver», warf sie der Ratsmehrheit vor. Letztere wollte allerdings den Ermessensspielraum der Gerichte nicht einschränken. Es wurde befürchtet, dass die Gerichte sonst höhere Massstäbe an die Beweiswürdigung setzen könnten und es damit zu weniger Verurteilungen kommen könnte. Eine Mindeststrafe müsse immer «auch den denkbar leichtesten Fall abdecken», mahnte Justizministerin Keller-Sutter. Einzig bei der Vergewaltigung mit Nötigung – dem neuen Art. 190 Abs. 2, der im Grundsatz dem heutigen Vergewaltigungstatbestand entspricht – folgte der Nationalrat mit 95 zu 90 Stimmen bei 5 Enthaltungen der Minderheit Steinemann und übernahm die bereits vom Ständerat vorgenommene Verschärfung. Damit beträgt die Mindeststrafe für diesen Tatbestand neu zwei Jahre Freiheitsstrafe, Geldstrafen sowie bedingte Strafen sind demnach ausgeschlossen. Vergewaltigerinnen und Vergewaltiger müssen damit künftig zwingend ins Gefängnis. Bisher betrug die Mindeststrafe für Vergewaltigung ein Jahr Freiheitsstrafe, wobei diese auch (teil-)bedingt ausgesprochen werden konnte.

In einem zweiten Block beriet die Volkskammer noch diverse weitere Anliegen im Bereich des Sexualstrafrechts. Die Forderung einer Minderheit Funiciello, dass verurteilte Sexualstraftäterinnen und -täter obligatorisch ein Lernprogramm absolvieren müssen, wie dies bei häuslicher Gewalt oder Pädokriminalität bereits der Fall ist, wurde mit 104 zu 85 Stimmen abgelehnt. Da die Art des Delikts nicht berücksichtigt würde, handle es sich um eine «undifferenzierte Massnahme», so Kommissionssprecherin von Falkenstein. Mit 98 zu 84 Stimmen bei 7 Enthaltungen sprach sich der Nationalrat indessen dafür aus, die Altersgrenze für die Unverjährbarkeit von Sexualverbrechen auf 16 Jahre anzuheben. Bislang lag diese bei 12 Jahren, wie es bei der Umsetzung der Unverjährbarkeitsinitiative festgelegt worden war. Die Mehrheit argumentierte, so falle die Grenze für die Unverjährbarkeit mit dem Alter der sexuellen Mündigkeit zusammen. Den neuen Tatbestand der Rachepornografie hiess die grosse Kammer stillschweigend gut, verfrachtete ihn aber in einen anderen Artikel innerhalb des StGB. Anders als der Ständerat nahm der Nationalrat stillschweigend auch einen Tatbestand für Grooming ins Gesetz auf. In der Vernehmlassung sei dieser Vorschlag sehr positiv aufgenommen worden, erklärte die Kommissionssprecherin. Das Anliegen einer Minderheit von Falkenstein, sexuelle Belästigung nicht nur in Form von Wort, Schrift und Bild zu bestrafen, sondern auch andere sexuell konnotierte Verhaltensweisen – beispielsweise Gesten oder Pfiffe – unter Strafe zu stellen, scheiterte mit 96 zu 93 Stimmen knapp. Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnte vor einer «uferlosen Strafbarkeit», da mit der geforderten Ergänzung die Grenze zwischen strafbarem und straflosem Verhalten unklar wäre. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Einzelantrag von Léonore Porchet (gp, VD), die ein Offizialdelikt für sexuelle Belästigungen im öffentlichen Raum einführen wollte. Die betroffene Person solle selbst entscheiden können, ob sie eine Strafverfolgung wünsche oder an ihrer Privatsphäre festhalten möchte, argumentierte Justizministerin Keller-Sutter dagegen.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat den Entwurf mit 127 zu 58 Stimmen bei 5 Enthaltungen an. Mit der Ausnahme von Céline Amaudruz stellte sich die SVP-Fraktion geschlossen dagegen. Sie wurde von einigen Stimmen aus der Mitte-Fraktion unterstützt, aus der auch die Enthaltungen stammten. Das Ergebnis war Ausdruck der Enttäuschung des rechtsbürgerlichen Lagers über die ablehnende Haltung des Rats gegenüber Strafverschärfungen. SVP-Vertreterin Steinemann hatte schon in der Eintretensdebatte angekündigt, dass ihre Fraktion die Vorlage ablehnen werde, «sofern nicht deutlich schärfere Sanktionen resultieren».

Harmonisierung der Strafrahmen (BRG 18.043)
Dossier: Revision des Strafgesetzbuches (2008– )
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)