Suche zurücksetzen

Inhalte

Akteure

  • Flach, Beat (glp/pvl, AG) NR/CN
  • Thorens Goumaz, Adèle (gp/verts, VD) NR/CN
  • Fässler, Daniel (mitte/centre, AI) SR/CE

Prozesse

193 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Die Motion Romano (mitte, TI) für ein Abkommen zwischen der Schweiz und Österreich zur erleichterten Rückübernahme im Migrationsbereich wurde in der Wintersession 2023 vom Ständerat behandelt. SPK-SR-Sprecher Daniel Fässler (mitte, AI) erläuterte, dass die Kommission mit 7 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt hatte, die Motion anzunehmen, da sie die Ansicht vertrete, dass das Parlament mit diesem Vorstoss dem Bundesrat den Rücken stärke. Die Minderheit Jositsch (sp, ZH) hingegen vertrat die Ansicht, dass die Motion nicht nötig sei. Auch der Bundesrat empfahl weiterhin die Ablehnung der Motion. Justizministerin Baume-Schneider führte aus, dass sie regelmässig mit ihrem Amtskollegen in Österreich in Kontakt sei, dieser habe jedoch immer wieder erläutert, dass Österreich derzeit kein neues Abkommen abschliessen könne. In der Abstimmung sprach sich die kleine Kammer mit 23 zu 13 Stimmen für die Motion aus und überwies diese damit an den Bundesrat.

Abkommen zwischen der Schweiz und Österreich zur erleichterten Rückübernahme im Migrationsbereich (Mo. 22.4186)

In der Wintersession 2023 verlängerte der Ständerat die Behandlungsfrist der parlamentarischen Initiative Hêche (sp, JU) für eine Optimierung und bessere Koordinierung des Entschuldungsverfahrens für Privatpersonen auf Antrag der RK-SR erneut um zwei Jahre bis zur Wintersession 2025. Die Kommission liess sich von der Verwaltung zum Stand der Umsetzung von den – dem Vorstoss inhaltlich nahekommenden – Motionen Hêche (Mo. 18.3510) und Flach (glp, AG; Mo. 18.3683) informieren und erwartete, dass in der zweiten Jahreshälfte 2024 mit einer Botschaft des Bundesrates gerechnet werden dürfe. Sie beabsichtigte deshalb, die Vorlage des Bundesrates abzuwarten und von eigenen Umsetzungsarbeiten vorerst abzusehen.

Das Entschuldungsverfahren für Privatpersonen optimieren und besser koordinieren (Pa.Iv. 18.430)

Als Zweitrat diskutierte der Ständerat in der Wintersession 2023 den Entwurf für einen zwingenden Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorlagen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen sowie für eine Änderung der Behandlung des Bundesbeschlusses über die Planungsgrössen des Voranschlags. Die Kommissionssprecherin Johanna Gapany (fdp, FR) empfahl dem Rat, im ersten Teilprojekt zu den Planungsgrössen den Änderungen des Nationalrats zu folgen, was der Ständerat auch stillschweigend tat. Im zweiten Teilprojekt zur Einbeziehung der Finanzkommission empfahl sie ebenfalls dem Nationalrat zu folgen und somit der Streichung der Kompetenzerweiterungen für die Finanzkommission zuzustimmen. Der Ständerat folgte der Empfehlung der Kommissionssprecherin auch hier stillschweigend. Uneinigkeit herrschte jedoch bezüglich des Verfahrens bei Erlassentwürfen von Kommissionen, wobei die FK-SR vorschlug, dem Nationalrat zu folgen, welcher vorsah, die Finanzkommission bei Erlassentwürfen der Kommissionen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen stärker einzubeziehen und zeitgleich mit dem Bundesrat zur Stellungnahme einzuladen. Ein Gegenantrag der SPK-SR beantragte hingegen, bei geltendem Recht zu bleiben und den stärkeren Einbezug der Finanzkommission nicht gesetzlich zu verankern. Daniel Fässler (mitte, AI) begründete den Antrag der SPK-SR damit, dass Finanzkommissionen bereits heute das Recht hätten, Mitberichte zu erlassen, und die finanzpolitische Bewertung nicht nur Aufgabe der Finanzkommissionen, sondern auch der Sachbereichskommissionen sei. Ausserdem seien im Ständerat alle Mitglieder der Finanzkommissionen ebenfalls in Sachbereichskommissionen vertreten, womit die finanzpolitische Kompetenz in den Sachbereichskommissionen bereits sichergestellt sei. Peter Hegglin (mitte, ZG) hingegen argumentierte für die Finanzkommission, dass es im Nationalrat selten bis nie vorkomme, dass ein Mitglied sowohl in einer Sachbereichskommission als auch in der Finanzkommission vertreten sei. Daher könne es passieren, dass Vorlagen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen, die in Sachbereichskommissionen vorbereitet werden, der Finanzkommission nicht zur Kenntnis gebracht würden. Der Antrag der SPK-SR wurde schliesslich mit 20 zu 17 Stimmen gegenüber dem Antrag der Finanzkommission, dem Nationalrat zu folgen, angenommen. In der Gesamtabstimmung sprach sich der Ständerat mit 36 zu 1 Stimmen deutlich für den veränderten Entwurf aus, womit das Geschäft zurück an den Nationalrat ging.

Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorstössen und Erlassentwürfen von Sachbereichskommissionen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen sicherstellen (Pa.Iv. 22.483)

In der Wintersession 2023 behandelte der Ständerat die umfassende Revision des Umweltschutzgesetzes als Erstrat. UREK-SR-Sprecher Daniel Fässler (mitte, AI) orientierte den Rat darüber, dass die Kommission einstimmig beantragt hatte, auf die Vorlage einzutreten. Entsprechend wurde Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen.
Die Vorlage gliederte sich sodann in zwei grosse Themenbereiche. Im ersten Block widmete sich der Ständerat den Lärmvorschriften bei Gebäuden. Daniel Fässler fasste das Ziel der USG-Revision dahingehend zusammen, dass die Lärmvorschriften besser mit den raumplanerischen Zielen, namentlich der Siedlungsentwicklung nach innen, in Einklang gebracht werden sollen. Die Kommissionsmehrheit hatte bei den entsprechende Artikeln jeweils beantragt, der Linie des Bundesrates zu folgen oder aber die Lärmvorschriften zu lockern. Gegen Letzteres regte sich links-grüner Widerstand; Mathilde Crevoisier Crelier (sp, JU) hatte zu den wichtigsten vorgeschlagenen Änderungen jeweils einen Minderheitsantrag eingereicht. Diese Anträge blieben jedoch allesamt chancenlos; die Mehrheit des Rates folgte in allen Punkten ihrer vorberatenden Kommission. So lehnte es der Ständerat etwa ab, einen neuen Grenzwert für morgendlichen Fluglärm in die Lärmschutzverordnung aufzunehmen. Ebenfalls keine Mehrheit fand das Ansinnen, den Gemeinden bei Bauzonen, in denen die Lärm-Grenzwerte nicht eingehalten werden können, mehr Spielraum bezüglich der Geschwindigkeitsbegrenzung auf den Strassen zu geben.
Im zweiten Block stand die Beschleunigung der Sanierung belasteter Standorte im Fokus. In Übereinstimmung mit dem Bundesrat beschloss der Ständerat eine obligatorische Sanierung belasteter öffentlicher Spielplätze und Grünflächen, auf denen regelmässig Kinder spielen. Die anfallenden Sanierungskosten sollen primär die Verursachenden der Belastungen tragen; der Bundesrat hatte hingegen vorgeschlagen, dass die Inhaberinnen und Inhaber des Standorts, also etwa die Gemeinden, die Kosten übernehmen. Die kleine Kammer lehnte es im Übrigen ab, die Sanierung privater Kinderspielplätze und privater Hausgärten finanziell zu unterstützen. Dies hatten der Bundesrat und eine weitere Minderheit Crevoisier Crelier gefordert.
Nach diesen beiden grossen Blöcken gab es nur noch wenige Diskussionen zu den übrigen Bestimmungen, bei denen die kleine Kammer jeweils dem Antrag des Bundesrates folgte. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 32 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SP und der Grünen.

Umweltschutzgesetz. Änderung (BRG 22.085)

In der Herbstsession 2023 beugte sich die kleine Kammer über einen von der RK-NR ausgearbeiteten Entwurf zur Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf. Wie auch im Nationalrat war Eintreten auf die Vorlage umstritten. Eine Minderheit Mazzone (gp, GE) beantragte Nichteintreten, da der vorliegende Entwurf die Mietsicherheit der Mieterinnen und Mieter stark einschränken würde. Bereits im geltenden Recht ende die Mehrheit der Schlichtungsverfahren in einer Einigung und einvernehmliche Lösungen könnten bereits jetzt zur Genüge gefunden werden, betonte die Genfer Ständerätin. Weiter sei unklar, was genau als «bedeutender und aktueller Eigenbedarf» gelte – wie bereits einige Kantone und die Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter und bemängelt hätten –, was zu Rechtsunsicherheit führe. Kommissionssprecher Bauer (fdp, NE) hob die Wichtigkeit einer Regeländerung hervor, so dass die Vermietenden zukünftig nicht drei bis vier Jahre warten müssten, bis sie ihr Objekt nutzen können. Daniel Fässler (mitte, AI) ergänzte, dass eine Mietverhältniskündigung durch Eigenbedarf heutzutage nur schwer durchzusetzen sei und auch die Auslegung der Dringlichkeit des Eigenbedarfs sehr willkürlich ausfallen könne, meist zum Nachteil der Eigentümerin oder des Eigentümers. Zudem bliebe den Mieterinnen und Mietern durch die Erstreckung des Mietverhältnisses, welches durch den Entwurf nicht angetastet werde, weiterhin ein mächtiges Instrument, um gegen missbräuchliche Kündigungen anzukämpfen. Der Ständerat entschied in der Folge, auf die Vorlage einzutreten, und nahm den Entwurf in der Gesamtabstimmung ohne Änderungen mit 29 zu 11 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an.

Ende der Herbstsession 2023 hiess der Nationalrat die entsprechende Änderung des OR in den Schlussabstimmungen mit 123 zu 72 Stimmen (bei 1 Enthaltung) zu, der Ständerat mit 33 zu 11 Stimmen. Erfolglos hatten sich die geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen sowie drei Mitglieder der GLP-Fraktion gegen die Vorlage ausgesprochen.

Verfahrensbeschleunigung bei Kündigung des Mietverhältnisses wegen dringendem Eigenbedarf (Pa.Iv. 18.475)

In der Herbstsession 2023 setzte sich der Nationalrat als Erstrat mit der Anpassung des Verzugszinssatzes des Bundes an die Marktzinsen auseinander. Raphaël Mahaim (gp, VD) und Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) erläuterten die zwei diskutierten Optionen mit einem variablen und einem festen, aber reduzierten Zinssatz. Die RK-NR habe sich mehrheitlich für einen variablen Zinssatz ausgesprochen, der jeweils jährlich festgelegt wird, 2 Prozentpunkte über dem SARON liegt, aber minimal 2 Prozent beträgt. Damit wolle man einen zusätzlichen Schaden für die Schuldnerinnen und Schuldner umgehen und gleichzeitig die Gläubigerinnen und Gläubiger daran hindern, bei günstigen Zinsen von Verzögerungen zu profitieren. In zwei Anträgen verlangten jedoch eine Minderheit Flach (glp, AG) und der Bundesrat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Minderheitensprecher Flach argumentierte, die Initiative stamme aus der Tiefzins- oder gar Negativzinsphase und damit aus einer «verrückten» Zinssituation, die sich nun aber normalisiert habe. Nun solle man wieder dafür sorgen, dass die Schulden auch bezahlt würden. Er wehrte sich auch gegen die Darstellung der Kommission, wonach Verzugszinsen den Schuldnerinnen und Schuldnern keinen wirtschaftlichen Nachteil bringen sollten – eine Nichtbezahlung der Schulden solle durchaus auch eine Strafe für die Schuldnerinnen und Schuldner darstellen, argumentierte er. Schliesslich sei die neue Berechnungsart der Schuldzinsen zu kompliziert und liesse mehrere Fragen offen. Den Druck auf die Schuldnerinnen und Schuldner, ihre Schulden schnellstmöglich zu bezahlen, hob auch Justizministerin Baume-Schneider als Argument hervor und betonte, in Europa liege der Verzugszins durchschnittlich bei 10 Prozent. Folglich bevorzuge der Bundesrat – wenn überhaupt zu einem variablen Zinssatz gewechselt werden soll – einen Zuschlag von 3 Prozentpunkten. Mit 107 zu 56 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat für Eintreten aus. Gegen Eintreten votierten die GLP-, die Mehrheit der SVP- und ein Mitglied der FDP-Fraktion. Fast identisch war in der Folge auch das Abstimmungsergebnis zur Gesamtabstimmung, in welcher der Nationalrat den Entwurf annahm.

Verzugszinssatz des Bundes. Anpassung an Marktzinsen (Pa.Iv. 16.470)

In der Herbstsession 2023 beugte sich der Nationalrat über einen Entwurf seiner UREK zur Änderung des Zweitwohnungsgesetzes basierend auf einer parlamentarischen Initiative Candinas (mitte, GR). Erstens sollen auf Antrag der UREK-NR altrechtlich erbaute Zweitwohnungen um bis zu 30 Prozent erweitert und gleichzeitig auch auf dieser Fläche in weitere Wohnungen unterteilt werden können. Nach geltendem Recht existieren bereits ebendiese Optionen, allerdings können sie nicht simultan angewendet werden. Zweitens soll auch bei einem Wiederaufbau eine Erweiterung von 30 Prozent geltend gemacht werden können. Drittens soll dieser Wiederaufbau – bei Einhaltung der baugesetzlichen Vorschriften – fortan auf der gesamten Parzelle erlaubt sein.

Eintreten auf die Vorlage wurde in der grossen Kammer ausgiebig diskutiert. Eine Minderheit Suter (sp, AG) beantragte dem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Sie verletze verfassungsmässige Vorgaben, welche im Zuge der Annahme der Zweitwohnungsinitiative entstanden seien. Insbesondere sei in der Verfassung verankert, dass der neue Bau und die Erweiterung von Zweitwohnungen zu unterlassen sei, was aber bereits durch das geltende Recht verletzt werde. Die Vorlage der UREK-NR würde den Verfassungsartikel noch weiter abschwächen was nach Ansicht von Rechtsexperten und Rechtsexpertinnen eine «hochproblematische» Entwicklung sei. Unterstützung erhielt der Minderheitsantrag Suter seitens der Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen. Unter anderem würde mit einer entsprechenden Änderung des Gesetzes die einheimische Bevölkerung aus touristisch hochattraktiven Ortschaften gedrängt werden. Weiter würde die Gesetzesvorlage Anreize zum Abbruch von Liegenschaften schaffen, womit viel nicht rezyklierbarer Abfall einhergehe, bemängelte Grünen-Fraktionssprecher Kurt Egger (gp, TG). Die Mitte-Fraktion unterstützte dagegen den Entwurf der UREK-NR, da auf diese Weise das Bauen in der Bauzone effizient genutzt werden könnte. Auch die FDP-Fraktion sah in der Vorlage ein Mittel, eine höhere Verdichtung im Sinne der ersten Etappe der RPG-Revision zu erreichen. Eine Mehrheit der Fraktion beabsichtige folglich, auf die Vorlage einzutreten und in der Detailberatung den Anträgen der Mehrheit zu folgen, so Fraktionssprecherin Christine Bulliard-Marbach (mitte, FR). Die gleichen Absichten hegte auch die SVP-Fraktion, die sich laut Fraktionssprecher Michael Graber (svp, VS) für Eintreten ausspreche. Schliesslich konnten sich die geschlossen stimmenden Fraktionen der SVP, FDP und Mitte gegen eine links-grüne Minderheit behaupten und die grosse Kammer beschloss mit 109 zu 78 Stimmen (bei 6 Enthaltungen), auf die Vorlage einzutreten.

In der Detailberatung fanden sich drei Minderheitenanträge sowie ein Einzelantrag, welche jedoch in der grossen Kammer allesamt erfolglos blieben. Darunter fand sich eine Minderheit Beat Flach, die sich an der Fassung des Bundesrats orientieren wollte, dass lediglich für zusätzlich entstandene Wohnungen eine Nutzungsbeschränkung gelten solle. Wenn im Zuge von Sanierungen und Abbruch zusätzliche Wohnungen geschaffen würden, sollten diese zumindest im Rahmen der erweiterten Wohnfläche als Erstwohnung dienen. Einen ähnlichen Ansatz verfolgte Martina Munz (sp, SH), die mit ihrem Einzelantrag forderte, dass mindestens die Hälfte der zusätzlich entstandenen Wohnungen als Erstwohnungen genutzt werden müssten. Eine Minderheit Clivaz (gp, VS) wollte einerseits die parzelleninterne Standortverschiebung strenger reguliert haben, als dies im Entwurf der UREK-NR vorgesehen sei. Andererseits solle die Möglichkeit, im Zuge einer Sanierung oder Wiederaufbaus neue Wohnungen zu schaffen, nur in bestimmten Gemeinden zum Zuge kommen.

In der Gesamtabstimmung sprachen sich die geschlossenen Fraktionen der SVP und der Mitte sowie eine grosse Mehrheit der FDP-Fraktion für die Vorlage aus, womit der Entwurf mit 105 zu 80 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) angenommen wurde.

Unnötige und schädliche Beschränkungen des Zweitwohnungsgesetzes in Sachen Abbruch und Wiederaufbau von altrechtlichen Wohnungen aufheben (Pa.Iv 20.456)

In der Herbstsession beugte sich der Nationalrat als Erstrat über einen Entwurf seiner Rechtskommission, um unter anderem die Frist der Meldung von Baumängeln zu verlängern. Dieser Entwurf griff die Anliegen mehrerer parlamentarischer Vorstösse auf (u.a. Pa.Iv. 12.502; Pa.Iv. 14.453). Nach geltendem Recht müssen Baumängel unverzüglich durch die Käuferinnen und Käufer einer Immobilie gemeldet werden; ansonsten verlieren diese ihre Mangelrechte. Vor diesem Hintergrund arbeitete der Bundesrat drei massgebliche Änderungsmassnahmen des OR aus: Erstens sollen Baumängel zukünftig innert 60 Tagen durch die Erwerberinnen und Erwerber gemeldet werden können anstatt der heutigen Rügefrist, welche sich über wenige Tage erstreckt. Allerdings soll für die Vertragsparteien bei Werk- und Grundstückkaufverträgen die Möglichkeit bestehen, sich auf eine andere Frist zu einigen. Zweitens soll der Ausschluss des Nachbesserungsrechts für Baumängel im Falle von Bauten zum persönlichen oder familiären Zweck nicht mehr zulässig sein. Drittens soll die Position der Bauherrschaft im Bauhandwerkerpfandrecht gestärkt werden. So soll die Bauherrschaft alternativ zur Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts eine Ersatzsicherheit leisten können, die die Verzugszinsen für mindestens zehn Jahre decken soll. Dies erleichtere die Bereitstellung einer solchen Ersatzsicherheit für die Bauherrschaft, da diese nach geltendem Recht die Verzugszinsen auf unbestimmte Zeit decken sollten.

Die Mehrheit der RK-NR entschied, den Entwurf des Bundesrates noch zu erweitern und sprach sich für eine gänzliche Abschaffung der Verwirkungsfolge für verspätete Mangelrügen aus. Dabei sollen Baumängel innerhalb der gesamten Verjährungsfrist gemeldet werden können, wobei diese von fünf auf zehn Jahre angehoben werden soll. Um weiterhin Anreize zum sofortigen Mangelrügen zu setzen, soll die Bestellerin oder der Besteller die durch Mängel verursachten Kosten tragen, falls diese bei einer sofortigen Meldung nicht entstanden wären. Auch soll das Nachverbesserungsrecht individuell für alle Immobilien vereinbart werden können, wobei ein Ausschluss des Rechts auf Mängelbehebung in allen Fällen null und nichtig sei. Schliesslich entschied sich die Kommission, die Laufzeit der Ersatzsicherheit der Bauherrschaft von den vorgeschlagenen zehn auf fünf Jahre zu kürzen.

Eintreten auf die Vorlage war in der grossen Kammer unbestritten und erfolgte stillschweigend. Der Entwurf der RK-NR wurde jedoch von zwei Minderheiten hinterfragt. Einerseits war die Minderheit Beat Flach (glp, AG) der Ansicht, dass die geforderte Anhebung der Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre zu weit gehe, da dies für Unternehmen finanziell nur schwer tragbar sei. Weiter müsse sichergestellt werden, dass aufgrund nicht gemeldeter Baumängel Folgemängel ausgeschlossen werden könnten. Deshalb sei eine übungsgemässe Untersuchung zu implementieren, damit allfällige Mängel erkannt werden sollten. Insofern dies nicht der Fall sei, könnten Mängel innerhalb der Verjährungsfrist gemeldet werden. Andererseits wollte eine Minderheit Sidney Kamerzin (mitte, VS) dem weniger ausgebauten Entwurf des Bundesrats folgen.
Die Fraktionen der Grünen, der SP und FDP sprachen sich in allen Belangen für den Entwurf der Kommissionsmehrheit aus. Ausser bei der Verlängerung der Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre stimmte die SVP-Fraktion hingegen dem Entwurf des Bundesrats zu. Die Mitte-Fraktion unterstützte vollumfänglich die Fassung des Bundesrats und beabsichtigte, der Minderheit Kamerzin zu folgen.
Beide Minderheiten bleiben in der grossen Kammer erfolglos, wenn auch – im Falle der Minderheit Kamerzin – nicht vollkommen chancenlos. Immerhin 93 Nationalratsmitglieder vermochte die Minderheit um den Walliser Mitte-Nationalrat zu überzeugen, darunter die Mehrheit der FDP- und Mitte-Fraktionsmitglieder und die geschlossen stimmende SVP-Fraktion. Trotzdem konnte sich der Vorstoss gegenüber 94 Gegenstimmen (bei 2 Enthaltungen) knapp nicht behaupten. In der Gesamtabstimmung wurde die Fassung der RK-NR klar mit 185 zu 5 Stimmen angenommen, womit das Geschäft an den Ständerat ging.

Obligationenrecht (Baumängel). Änderung (BRG 22.066)

In der Sommersession 2023 gelangte die zweite Etappe der Teilrevision des RPG erneut in den Nationalrat. In der Wintersession 2019 hatte der Nationalrat als Erstrat entschieden, nicht auf die Vorlage einzutreten. In der ständerätlichen Detailberatung in der Sommersession 2022 waren Punkte, die der Nationalrat bei seiner Verweigerung, auf den Entwurf einzutreten, kritisiert hatte, gestrichen worden. Kommissionssprecher Mike Egger (svp, SG) bestätigte, dass die Stabilisierung der Zahl an Bauten im Nichtbaugebiet und die Bodenversiegelung auch für den Nationalrat im Fokus stünden und dass dies das grundlegende Ziel dieser neuen Etappe der RPG-Revision darstelle. Auch wolle man mit den Instrumenten arbeiten, die bereits die kleine Kammer vorgesehen hatte, so der Kommissionssprecher weiter. Diese beinhalteten ein Planungsinstrument, Anreize und Sanktionen. Ersteres beauftrage die Kantone, Richtpläne zu entwickeln, um das Stabilisierungsziel zu gewährleisten. Zweiteres beinhaltete eine Abbruchprämie, welche darauf abziele, bestehende Bauten ausserhalb der Bauzone zu reduzieren. Und nicht zuletzt sollen Sanktionen gegen Kantone ergriffen werden, falls sich diese weigern würden, ihre Richtpläne anzupassen. So solle der Bau von Gebäuden ausserhalb der Bauzone nur möglich sein, wenn diese auch entsprechend kompensiert werden würden.

Trotz dieser gemeinsamen Ziele beantragte die UREK-NR ihrem Rat, die Vorlage stark zu vereinfachen und mehr auf landwirtschaftliche Interessen anzupassen. Weiter beantragte eine mit Stichentscheid des Präsidenten gefällte und somit äusserst knappe Kommissionsmehrheit, dass nicht mehr genutzte, landwirtschaftliche Anbauten zu Wohnungen umfunktioniert werden dürfen. Zuletzt äusserte der Kommissionssprecher die Absicht der UREK-NR, die Vorlage auch dem Nationalrat als offiziellen indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative vorzuschlagen.

Bei der Eintrittsdebatte äusserten die unterschiedlichen Fraktionen ihre Voten: Kurt Egger (gp, TG) rühmte im Namen der Grünen-Fraktion die UREK-NR für die deutliche Verbesserung der Vorlage im Vergleich zum Entwurf des Ständerats. Die Fraktion würde jedoch dem Entwurf nur zustimmen, falls die Umfunktionierung landwirtschaftlicher Anbauten ausserhalb der Bauzone nicht angenommen werde. Der gleichen Ansicht waren auch die Fraktionen der SP und GLP. Ebenso unterstützte die Mitte-Fraktion die Stossrichtung und die Hauptelemente des Entwurfs der UREK-NR, wobei sie sich bei der Umfunktionierung landwirtschaftlicher Anbauten gespalten zeigte. Die FDP-Fraktionssprecherin Susanne Vincenz-Stauffacher (fdp, SG) begrüsste die Vorlage und insbesondere den Gebrauch von Anreizen und äusserte ihre Absicht, im Grossen und Ganzen der Mehrheit zu folgen – so auch in der Frage der Umfunktionierung landwirtschaftlicher Anbauten. Schliesslich sprach sich auch SVP-Fraktionssprecher Pierre-André Page (svp, FR) für die Vorlage im Sinne der Kommissionsmehrheit aus. In der Folge trat der Nationalrat stillschweigend auf die Vorlage ein.

Der erste Block der Detailberatung beschäftigte sich mit den vorgeschlagenen Abbruchprämien, den Richtplänen der Kantone und dem Gebietsansatz. Die Abbruchprämien setzen einen finanziellen Anreiz, um zonenwidrige Bauten aus der Landschaft verschwinden zu lassen. Finanziert werden sollten diese durch die Mehrwertabgaben bei Um- und Aufzonungen. Der Nationalrat pflichtete der Mehrheit seiner UREK bei, welche dem ständerätlichen Entwurf hinzugefügt hatte, dass die Abbruchprämien ausschliesslich für rechtmässig erbaute Gebäude und Bauten gelten sollen. Erfolglos blieben diesbezüglich die Minderheiten Paganini (mitte, SG) und Graber (svp, VS), welche forderten, dass die Abbruchprämie lediglich für Bauten und Anlagen ohne landwirtschaftliche und touristische Nutzung zur Anwendung kommen (Paganini) und dass die Abbruchprämie nicht nur auf rechtmässig erbaute Bauten und Anlagen beschränkt werden solle (Graber). Eine Minderheit Bulliard (mitte, FR) forderte zudem, den unterschiedlichen finanziellen Voraussetzungen der Kantone bei den Beiträgen der Abbruchprämie Rechnung zu tragen. Der Ständerat hatte bereits im Vorfeld beschlossen, dass der Bund die Kantone bei ihren Aufwendungen finanziell unterstützen könne, nun wollte die Minderheit um die Freiburger Nationalrätin diese Bundesleistungen zusätzlich an die finanzielle Stärke der Kantone anpassen. Eine Nationalratsmehrheit zog schliesslich den Minderheitsantrag dem Antrag der Kommissionsmehrheit, welche die Verteilung der Bundesleistungen nicht weiter spezifiziert hatte, vor. Einen anderen Kurs schlug dagegen eine Minderheit Vincenz (fdp, SG) ein, welche sich dafür einsetzte, die Bestimmung gänzlich zu streichen. Dass der Bundesrat hier Bundesmittel in die Hand nehme, entspreche nicht dem föderalen Prinzip. Diese Minderheit blieb im Nationalrat jedoch ohne Mehrheit.

Die Mehrheit des Nationalrats teilte ferner die Meinung des Bundesrats und der Kommissionsmehrheit, dass die Grundlagen zur Erstellung der kantonalen Richtpläne weiter präzisiert werden sollten und stellte sich somit gegen eine Minderheit Rüegger (svp, OW), welche dem Beschluss des Ständerats zustimmen wollte, welcher sich ein Jahr zuvor gegen eine weitere Präzisierung gestellt hatte. Weiter sollte den speziellen Gegebenheiten der Bergregionen im Sinne des Gebietsansatzes Rechnung getragen werden, entschied der Nationalrat. Der Gebietsansatz sieht vor, dass durch Spezialzonen, in denen nicht-standortgebundene Bauten erlaubt sind, die regionalen und territorialen Eigenheiten der Kantone berücksichtigt werden könnten. Die Frage, ob denn solche Sonderzonen lediglich in Bergregionen zum Zuge kommen sollten, bildete schliesslich auch das von Michael Graber betitelte «Pièce de Résistance» des ersten Blocks. Der Ständerat hatte sich in der Sommersession 2022 gegen eine Beschränkung der Planungsfreiheit auf Bergkantone ausgesprochen, was auch eine Minderheit Jauslin (fdp, AG) unterstützte. Insbesondere sei der Begriff «Berggebiet» für die Minderheit nicht genügend klar definiert und zu arbiträr. Eine klare Nationalratsmehrheit folgte aber dem Antrag seiner UREK-NR und wollte Sonderzonen nicht in der gesamten Schweiz erlauben.

Im zweiten Block der Detailberatung beugte sich der Nationalrat unter anderem über die Bestimmung, welche die UREK-NR mit 12 zu 12 Stimmen (mit Stichentscheid des Präsidenten) vorgeschlagen hatte und bei welchem sich die Meinungen der Fraktionen schieden. Dieser medial breit diskutierte und von Nationalrätin Martina Munz (sp, SH) als «Schicksalsartikel» bezeichnete Artikel sah in der Version der knappen Kommissionsmehrheit vor, altrechtlich erbaute Bauernhäuser ausserhalb der Bauzone mitsamt angebauten Ökonomiebauten zur vollständigen Wohnnutzung zuzulassen. Eine Minderheit Flach (glp, AG) wollte den Artikel dagegen wieder streichen. Die Umnutzung landwirtschaftlicher Bauten ausserhalb der Bauzone zum Wohnzweck benötige ebenfalls eine entsprechende Infrastruktur. Somit führe diese Umfunktionierung zu zusätzlichen Eingriffen in die Nichtbauzone und verstosse somit gegen den Trennungsgrundsatz. Diesen Antrag abzuschwächen versuchte Nationalrat Graber mithilfe eines Einzelantrags, welcher die Transformation altrechtlicher Bauernhäuser lediglich in Berggebieten vorsah. Doch auch Grabers «süsses Gift» stelle eine signifikante Untermauerung der Grundziele der Vorlage dar, konterte Ratskollege Flach. Der GLP-Nationalrat konnte auf die Unterstützung aus dem links-grünen Lager zählen und der Artikel wurde schliesslich auf Antrag der Minderheit Flach gestrichen, wobei der Einzelantrag Graber erfolglos in der grossen Kammer blieb.

Bei den Landwirtschaftszonen nahm der Nationalrat trotz zahlreicher Minderheitsanträge keine substanziellen Änderungen am Beschluss des Ständerats vor. In Umsetzung einer von beiden Räten gutgeheissenen Kommissionsmotion, welche eine Verjährung des Anspruchs auf Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes nach 30 Jahren forderte, fügte der Nationalrat dem Entwurf jedoch eine Bestimmung hinzu. Zuletzt besiegelte der Nationalrat die Vorlage als offiziellen indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative und stimmte dem entsprechenden Antrag seiner Kommission zu.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat den Entwurf einstimmig an, womit das Geschäft zur Differenzbereinigung zurück an den Ständerat ging.

2. Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (BRG 18.077)
Dossier: 2. Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes und damit zu erfüllende Vorstösse
Dossier: Revision des Raumplanungsgesetzes RPG
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Ab Oktober 2022 beschäftigte sich die RK-SR in vier Sitzungen mit dem Entwurf zur Änderung des Zivilgesetzbuchs betreffend die Unternehmensnachfolge. Nachdem sie auf die Vorlage eingetreten war, liess sie von der Verwaltung verschiedene Fragen abklären. Nach Kenntnisnahme der Ergebnisse war die Kommission allerdings nicht überzeugt, dass die Gesetzesänderung notwendig und zielführend sei, weshalb sie das Geschäft in der Gesamtabstimmung mit 7 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen ablehnte. In der Sommersession 2023 beantragte sie dem Ständerat folglich Nichteintreten.
Gemäss Kommissionssprecher Thomas Hefti (fdp, GL) erachtete es die Kommission als fraglich, ob der Schutz von Unternehmen und die Erhaltung von Arbeitsplätzen – obendrein zulasten der Gleichstellung unter den Erbinnen und Erben – wirklich Zweck des Erbrechts sein sollten. Auch wenn die vorgeschlagenen Regeln in manchen verfahrenen Situationen weiterhelfen könnten, habe die Kommission Bedenken. Wenn etwa die Erbin oder der Erbe, der oder dem das Unternehmen integral zugewiesen wird, schlecht wirtschafte, gingen seine Miterbinnen und -erben mitunter leer aus – dann nämlich, wenn ihr oder ihm ein Zahlungsaufschub gewährt und keine Sicherheiten verfügt wurden. Zudem blieben zentrale Fragen ungeklärt, unter anderem: Was gilt überhaupt als Unternehmen? Welche Teile eines Unternehmens sind betriebsnotwendig oder nicht, und in welchem Umfang, zum Beispiel bei allfälligem Reserveland? Zudem werde die Unternehmensnachfolge bereits durch die in Kraft getretene Reduktion der Pflichtteile erleichtert, weshalb zuerst der Effekt dieser Neuerung abgewartet werden solle. Kommissionskollege Daniel Fässler (mitte, AI) fasste die Räson der Kommission in drei Punkten zusammen: Erstens tauge die Vorlage nicht, zweitens biete das geltende Recht genug Möglichkeiten, um geeignete Lösungen in der Familie zu finden, und drittens sehe die Kommission keine Alternativen – sie wüsste bei einer Rückweisung schlicht nicht, was man anders machen könnte.
Demgegenüber beantragte der Bundesrat Eintreten. Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider verwies auf die breite Zustimmung, die die Vorlage in der Vernehmlassung erfahren hatte, und betonte, dass das Projekt sowohl in der juristischen Lehre als auch in der Praxis grosse Hoffnungen geweckt habe. Beim grossen Teil der Ständekammer verhallte ihr Aufruf jedoch ungehört. Mit 27 zu 12 Stimmen bei 4 Enthaltungen trat der Erstrat nicht auf den Entwurf ein.

Erbrechts-Revision – Unternehmensnachfolge (BRG 22.049)
Dossier: Revision des Erbrechts (2016– )

Die WAK-NR lancierte im Januar 2023 ein Kommissionsmotion in Reaktion auf die Veröffentlichung des Berichts des Bundesrates in Erfüllung des Postulates Beat Flach (glp, AG; Po. 19.3894) betreffend den «Wildwuchs und den Wirrwarr bei den Regeln der Baukunde». Im Bericht war der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass die Situation betreffend verschiedene technische Regeln in der Baubranche zunehmend unübersichtlich und komplex geworden sei. Insbesondere wachse die Zahl sogenannter Vollzugshilfen, sprich Richtlinien, Checklisten und Ausführungsbestimmungen, welche von privaten und öffentlichen Akteuren erarbeitet werden, um Fehler bei der Ausführung zu vermeiden. Es sei zunehmend schwierig geworden, den Überblick zu behalten und die Qualität und Richtigkeit dieser Vollzugshilfen abzuschätzen. Laut dem Bericht des Bundesrates wäre die beste Lösung für dieses Problem die Schaffung eines neuen Bundesgesetzes, das einen standardisierten Prozess für die Ausarbeitung von Vollzugshilfen festlegen und konforme Vollzugshilfen dementsprechend bezeichnen würde. In ihrer Kommissionsmotion forderte die WAK-NR nun den Bundesrat auf, einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Annahme und kündigte an, das Anliegen mittels Revision des BauPG umsetzen zu wollen. Dieses müsse in absehbarer Zukunft sowieso revidiert werden, da die EU gerade ihre Bauprodukteverordnung anpasse. Der Nationalrat nahm die Motion in der Sommersession 2023 stillschweigend an.

Kostensparende Entschlackung der Standards im Bauwesen (Mo. 23.3008)

Die Standesinitiative aus dem Kanton Zürich für die Einführung einer wirksamen Kerosinsteuer erfuhr im Ständerat im Sommer 2023 eine Absage. Mit 20 zu 10 Stimmen bei 6 Enthaltungen sprach sich die kleine Kammer dagegen aus, dass sich der Bundesrat auf EU-Ebene für eine Kerosinsteuer einsetzt. Kommissionssprecher Daniel Fässler (mitte, AI) erklärte, dass die Initiative etwas verlange, was die Schweiz nicht umsetzen könne, da sie nicht Teil der EU ist und seit 1944 ein internationales Abkommen bestehe, wonach Steuern auf internationalen Flügen untersagt seien. Über Regulierungen des Flugverkehrs im Sinne der Klimapolitik könne stattdessen im Rahmen der Revision des CO2-Gesetzes diskutiert werden. Minderheitssprecherin Lisa Mazzone (gp, GE) argumentierte vergebens zugunsten der Initiative. Sie kritisierte, dass sämtliche fossilen Energieträger mit Ausnahme des Kerosins einer Besteuerung unterlägen, was einer indirekten Subventionierung der Flugbranche durch die Allgemeinheit gleichkomme. Die Initiative könne einen besseren Rahmen für eine effektive Klimapolitik schaffen. Zudem habe es die Schweiz in anderen Bereichen auch geschafft, ihre Interessen ohne Mitgliedschaft in der EU einzubringen, argumentierte die Genferin.

Einführung einer wirksamen Kerosinsteuer (St. Iv. ZH. 22.306)

La CEATE-CN veut protéger les droits immémoriaux et clarifier les conditions s'agissant des débits résiduels comme elle le demande dans une motion défendue en chambre par Pierre-André Page (udc, FR) et Nicolo Paganini (centre, SG). S'agissant du premier aspect, les rapporteurs ont rappelé que les droits immémoriaux — qui concernent l'octroi à des particuliers de droits sans limitation de temps sur des cours d'eau ou des anciennes concessions — étaient originellement protégés par la Constitution d'avant 1999. Selon divers avis de droit présentés par la majorité de la commission, ce droit, qui concerne les propriétaires de certaines centrales hydroélectriques, serait à considérer comme un droit constitutionnel non écrit. Ce n'est pas l'avis du Tribunal fédéral qui, dans un arrêt, l'a, au contraire, jugé anticonstitutionnel, au vu de la Constitution de 1999. Cette position est également partagée par le Conseil fédéral, pour qui «un droit d'eau perpétuel sans limitation temporelle contreviendrait au principe de la souveraineté de l'Etat sur les eaux publiques garanti par la Constitution». Il a donc proposé à la chambre basse de rejeter ce premier point. En cas d'acceptation, le conseiller fédéral Albert Rösti a toutefois promis qu'une solution serait trouvée et discutée avec la commission de la deuxième chambre pour respecter la Constitution.
Quant au deuxième aspect, la majorité de la commission de l'environnement de l'aménagement du territoire et de l'énergie souhaite que les détenteurs de droits immémoriaux respectent les prescriptions en matière d'assainissement et en matière de débit résiduel minimal, afin de les mettre sur un pied d'égalité avec les concessions de droit public. Ce point-là est soutenu par le Conseil fédéral.
S'opposant à l'entier du projet, Beat Flach (pvl, AG), au nom de la forte minorité (12 voix contre 13), a exposé son scepticisme quant à la préservation d'un droit provenant de l'ère industrielle. La plupart des cantons l'ont aboli pour faire place à un régime de concession qui fonctionne parfaitement. Le fait que ce droit ait disparu de la Constitution de 1999 permet, d'une part, de clarifier les choses – les cours d'eau appartiennent aux cantons – et, d'autre part, de faire marcher la concurrence lors de l'attribution des concessions.
A l'issu des votes, le premier point de la motion a été refusé par 97 voix contre 94, tandis que le deuxième a été accepté par 97 voix contre 95. Les voix de quelques élu.e.s des groupe du Centre et du PLR ont fait la différence.

La CEATE-CN veut protéger les droits immémoriaux et clarifier les conditions s'agissant des débits résiduels

Mit 8 zu 4 Stimmen beantragte die SPK-SR, die Motion von Gerhard Andrey abzulehnen, die eine Freigabe von Bildern des Bundes via Open Government verlangt hätte. Dass die ständerätliche Kommission ein Nein beantragte, obwohl sich die Mehrheit des Nationalrats und auch der Bundesrat für eine Annahme der Motion ausgesprochen hatten, war einer Information geschuldet, die sie in der Zwischenzeit eingeholt hatte: Konkret hatte die SPK-SR die Zahl der in Frage kommenden Bilder sowie die technisch, finanziell und personell notwendigen Ressourcen für Digitalisierung und Katalogisierung nachgefragt. Es habe sich dabei einerseits gezeigt, dass die rund 250'000 Bilder erhebliche Kosten verursachen würden. Andererseits seien mit dem Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben in der Frühlingssession 2023 (EMBAG) die gesetzlichen Grundlagen geschaffen worden, die die Verwaltung sowieso verpflichten, alle Daten unentgeltlich und online zur Verfügung zu stellen. Die von der Motion verlangte gesetzliche Grundlage gebe es also bereits, so die Begründung der Kommission für ihre Empfehlung, die Motion abzulehnen.
In der ständerätlichen Debatte wurden die Argumente der Kommissionsmehrheit von Daniel Fässler (mitte, AI) ausgeführt. Er wiederholte die Kommissionsargumente und rechnete vor, dass die Digitalisierung und Veröffentlichung aller Bilder, die sich im Besitz des Bundes befinden, «rund 60 Mann- oder Fraujahre» in Anspruch nehmen würde. Auch die Finanzministerin Karin Keller-Sutter betonte, die Kostenfolgen für die Verwaltung seien «nicht zu unterschätzen», auch wenn der Bundesrat die Motion grundsätzlich für umsetzbar halte. Der Ständerat folgte mit 23 zu 9 Stimmen (2 Enthaltungen) der Kommissionsmehrheit und lehnte die Motion ab.

Freigabe von Bildern des Bundes (Mo. 21.4195)

In der Sommersession 2023 befasste sich der Nationalrat mit der Volksinitiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit». Die beiden Sprechenden der RK-NR, Patricia von Falkenstein (ldp, BS) und Baptiste Hurni (sp, NE), führten dabei aus, wieso sich die Kommissionsmehrheit für die Zustimmung zum bundesrätlichen Entwurf – sprich für die Ablehnung der Initiative – aussprach. So sei die körperliche und geistige Unversehrtheit insbesondere bereits im geltenden Grundrecht verankert, während die Volksinitiative respektive deren Umsetzung mit einer grossen Rechtsunsicherheit einhergehe, da das Volksbegehren über «erhebliche materielle und rechtliche Mängel» verfüge. Zudem würde die Initiative generell das Gewaltmonopol des Staates aushöhlen, etwa in den Bereichen Polizei und Asylwesen, wo es oft zu Einwirkungen auf den menschlichen Körper komme. Eine Reihe von Sprechenden aus der SVP-Fraktion widersprach dieser Einschätzung. Pirmin Schwander (svp, SZ) etwa war der Ansicht, dass während der Covid-19-Pandemie ersichtlich geworden sei, dass die bestehende Gesetzeslage nicht ausreiche, um die körperliche und geistige Unversehrtheit zu schützen. Der mangelhaften Formulierung der Initiative wollte Schwander mittels zweier Minderheitsanträge auf Rückweisung an die Kommission zur Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags (Minderheit I) respektive eines direkten Gegenentwurfs (Minderheit II), welche konkret Impfungen und biomedizinische Verfahren zum Inhalt hätten, begegnen. Eine Minderheit Addor (svp, VS) beabsichtigte, die Selbstbestimmung betreffend Impfungen und anderen medizinischen Biotechnologien durch einen bereits von der Minderheit verfassten direkten Gegenentwurf zu gewährleisten, wobei soziale, berufliche und auch andere Diskriminierung verboten werden sollte. Lukas Reimann (svp, SG) schliesslich beantragte in einem weiteren Minderheitsantrag, die Initiative zur Annahme zu empfehlen, falls ein Gegenentwurf abgelehnt würde. Er persönlich halte zwar eine Impfung für vernünftig, es könne aber nicht sein, dass der Staat vorgebe, «was vernünftig ist und was nicht vernünftig ist».
Mit dieser Meinung blieben die Mitglieder der SVP-Fraktion allerdings alleine. Vertreterinnen und Vertreter der anderen Parteien konnten weder der Initiative noch den Minderheitsanträgen viel abgewinnen. Die Sprechenden der anderen Fraktionen verwiesen unter anderem ebenfalls auf die Probleme mit dem Gewaltmonopol – gemäss Nicolas Walder (gp, GE) könnten nach Annahme der Volksinitiative etwa Serienmörder nicht mehr festgenommen werden und Beat Flach (glp, AG) hob hervor, dass durch die Initiative das individuelle Interesse in jedem Fall stärker gewichtet würde als das Interesse der Gesamtgesellschaft, zu der auch schwache und vulnerable Personen zählten. Philipp Bregy (mitte, VS), der sich gegen den Gegenvorschlag von Addor aussprach, argumentierte, dass es keiner besseren Formulierung bedürfe, weil die vom Volksbegehren geforderte Regelung nicht benötigt werde.
Was sich bereits während der offenen Debatte abzeichnete, bestätigte sich nach dem obligatorischen Eintreten in den Abstimmungen: Mit 137 zu 39 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) wurde die erste Minderheit Schwander, die sich zuvor gegen die zweite Minderheit Schwander durchgesetzt hatte, verworfen. Auch der von Addor eingebrachte bereits formulierte Gegenentwurf war chancenlos (40 zu 138 Stimmen bei 5 Enthaltungen). Zum Schluss sprach sich die grosse Kammer mit 140 zu 35 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) deutlich gegen die Volksinitiative aus. Dabei stammten sämtliche Stimmen, welche das Volksbegehren unterstützten, sowie alle Enthaltungen aus den Reihen der SVP-Fraktion. Abgesehen von einer Enthaltung aus der FDP-Fraktion bei der Abstimmung zur ersten Minderheit Schwander entspricht dieses Abstimmungsverhalten auch denjenigen bei den anderen beiden Abstimmungen.

Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» (BRG 22.075)

Le Conseil national s'est penché sur le projet de révision de loi préparé par sa commission visant à promouvoir l'économie circulaire. Cette révision comporte de nombreuses propositions, le débat a donc été pour le moins fourni. Représentant la commission de l'environnement, de l'aménagement du territoire et de l'énergie du Conseil national, Christophe Clivaz (vert-e-s, VS) et Matthias Jauslin (plr, AG) sont, tout d'abord, revenus sur la genèse de ce projet de révision, alors qu'une sous-commission a été instaurée – suite à l'acceptation de l'initiative parlementaire 20.433 – pour élaborer un avant-projet. Suite à la procédure de consultation et les retours positifs du Conseil fédéral, la CEATE-CN a décidé de ne changer que quelques aspects du projet, proposé ici à la chambre basse. Il s'agit, avec cette ébauche, «de développer l'économie circulaire, de rendre l'économie suisse plus performante, de réduire son impact sur l'environnement et d'augmenter la sécurité de son approvisionnement», comme rappelé par le député valaisan Christophe Clivaz.
L'entrée en matière n'a pas été contestée par les différentes fractions. Pour le PS, tant l'économie que l'écologie ont à gagner de cette proposition. Le Centre estime que l'économie circulaire est un «Business case» pour l'avenir, et non pas seulement un sujet d'actualité. Les Vert-e-s saluent le changement de paradigme que propose l'économie circulaire: «on reproduit, on consomme, mais on recycle», qui vient remplacer le «on produit, on consomme, on jette et on recommence». Le groupe PLR s'est montré satisfait du déroulé des événements, alors que cette initiative parlementaire a été initiée par la fraction libérale-radicale au sein de la commission, afin de condenser plusieurs propositions touchant à l'économie circulaire. Susanne Vincenz-Stauffacher (plr, SG) s'est réjouie d'un projet qui s'attache à travailler de manière étroite avec l'économie et de la possibilité de mettre en place des mesures sur une base volontaire. Les Vert'libéraux ont insisté sur les nombreux avantages de l'économie circulaire, dans un pays pauvre en ressources naturelles et qui aurait donc tout à profiter de valoriser les déchets avant de les brûler. La fraction UDC s'est également positionnée pour une entrée en matière, émettant toutefois des critiques acerbes contre un projet qui coûterait trop cher et serait trop bureaucratique. Mike Egger (udc, SG) a ainsi fait le constat qu'il serait bien plus effectif d'agir sur la croissance de la population et la bétonisation du territoire pour protéger l'environnement. De son côté, le Conseil fédéral, représenté par le ministre de l'environnement, Albert Rösti, soutient un projet vu comme important, particulièrement en temps de pénuries et d'incertitudes. Promouvoir l'économie circulaire, c'est renforcer l'indépendance du pays selon les mots du conseiller fédéral UDC.

Alors que l'entrée en matière était acquise, la discussion par article – plus ardue – s'est déroulée en deux blocs. Le premier bloc, intitulé «Promotion de l'économie circulaire et préservation des ressources, hiérarchie en matière de valorisation des déchets, gestion des déchets urbains», comptait douze minorités. Seule une, défendue par le vert'libéral Beat Flach (pvl, AG), a réussi à convaincre une majorité de député.e.s, à une voix près (97 contre 96 voix). Le Conseil fédéral aura la possibilité d'édicter des règles pour obliger les détaillants à déballer les denrées alimentaires jetées pour éviter que du plastique ne se retrouve dans les centres de compostage ou que ces denrées soient incinérées, à cause de ce plastique.

Dans le deuxième bloc – «Construction respectueuse des ressources, projets pilotes» –, 10 propositions de minorité ont été défendues. A l'article 35i, deux propositions de minorité provenant de la gauche ont été acceptées par les parlementaires. Il s'agit de donner la possibilité au Conseil fédéral d'améliorer l'information et l'étiquetage des produits et des emballages et d'exiger l'introduction d'un indice de réparabilité. Ces deux minorités ont été remportées par 96 voix contre 90 (2 abstentions), regroupant les fractions socialiste, vert-e-s, vert'libérale, une partie des élu.e.s du groupe du Centre et la voix de la libérale-radicale vaudoise Jacqueline de Quattro. A l'article 35j, une autre minorité a trouvé les faveurs de la chambre basse (101 voix contre 86 et une abstention). La minorité ne souhaitait pas donner la possibilité au Conseil fédéral «d'édicter des prescriptions sur la forme et le contenu d’un certificat concernant la consommation de ressources des ouvrages». C'est le centre-droit qui a su ici s'imposer. Toutes les autres propositions de minorité ont été rejetées. L'objet passe donc dans les mains de la Commission de l'environnement de l'aménagement du territoire et de l'énergie du Conseil des Etats (CEATE-CE).
Au vote sur l'ensemble, seul.e.s les membres de l'UDC ont voté contre ou se sont abstenu.e.s (ainsi que deux députés du PLR). Le projet a ainsi récolté 133 voix en sa faveur, contre 42 et 13 abstentions.

Ce que les médias ont retenu de ce débat concerne, avant tout, l'introduction d'un article pour amender le littering à hauteur de CHF 300 au maximum au niveau fédéral, alors que les cantons ont des règles différentes. Au même moment, les milieux paysans se plaignaient des déchets sauvages, et plus particulièrement des canettes jetées au bord des routes qui peuvent mener à la mort des bovins – la canette en aluminium est déchiquetée par les machines et finit dans le foin donné aux vaches qui les ingèrent. L'USP a donc lancé une campagne d'information, alors que le Conseil des Etats doit encore se prononcer sur une motion Grin (udc, VD) visant à élaborer, en collaboration avec les cantons, une campagne nationale à ce sujet. Sur l'article de loi touchant au littering, seule la fraction UDC s'était opposée à fixer des amendes au niveau fédéral, à l'exception de 12 membres du parti agrarien qui l'ont soutenu, comme l'a fait remarquer la NZZ. Parmi ces parlementaires, beaucoup sont agriculteurs ou proches des milieux paysans.
Dans un autre registre, cette révision est un soulagement pour le secteur du recyclage qui attend ce changement depuis longtemps, notamment s'agissant de la libéralisation partielle des filières de recyclage. Pour l'organe faîtier Swiss Recycling, cela permettra à l'industrie de prendre plus de risques et de développer des solutions innovantes.

Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken (Pa. Iv. 20.433)
Dossier: Vorstösse zur Kreislaufwirtschaft seit Ablehnung der Volksinitiative «Grüne Wirtschaft»

Die WAK-SR entschied im April 2023, die mittlerweile von Bastian Girod (gp, ZH) übernommene Motion von Adèle Thorens Goumaz (gp, VD) für eine explizite Aufnahme der Klimarisiken in die treuhänderische Pflicht bis auf Weiteres zu sistieren. Wie sie in der entsprechenden Medienmitteilung ausführte, wollte sie die Arbeiten des Bundesrats und der Verwaltung in diesem Bereich abwarten.

Finance et climat. Intégrer explicitement les risques climatiques au devoir fiduciaire (Mo. 19.3766)
Dossier: Sustainable Finance

Die Revision der Zivilprozessordnung stand in der Frühjahrssession 2023 erneut auf der Agenda der eidgenössischen Räte. Zunächst befasste sich der Ständerat mit den rund zwanzig noch bestehenden Differenzen. Die RK-SR beantragte ihrem Rat in den meisten Fällen, an seiner Position festzuhalten, was dieser dann auch stillschweigend tat. Dies betraf etwa Fragen zu den Auswirkungen falscher Rechtsmittelbelehrungen, zu Streitgenossenschaften, zur Bezifferung der Forderungen und der Berechnung der Gerichtskosten, zur Definition von internationalen Handelsstreitigkeiten – in denen gemäss bereits gefasstem Entschluss künftig Englisch als Verfahrenssprache genutzt werden kann, wenn die Kantone dies erlauben –, zum Schlichtungsverfahren, zum summarischen Verfahren und zu diversen Fristen.
Diskussionsbedarf gab es in der kleinen Kammer nur bei zwei Punkten: Einerseits war umstritten, ob Richterinnen und Richter in einem Gerichtsverfahren in den Ausstand treten müssen, wenn sie zuvor in einer Schlichtungsverhandlung versucht haben, eine gütliche Einigung zu erzielen. Die Kommissionsmehrheit bejahte diese Frage, da sie der Ansicht war, Richterinnen und Richter könnten im Gerichtsverfahren nicht mehr unabhängig sein, wenn sie sich zuvor schon mit dem Thema befasst hätten. Sie wollte deshalb dem Nationalrat folgen, der dies so entschieden hatte. Eine Minderheit in der Kommission lehnte diese Regelung aus prozessökonomischen Gründen hingegen ab. Die Verfahren würden verlängert, wenn nach jedem Schlichtungsversuch der Spruchkörper ausgetauscht werden müsste, argumentierte Minderheitsvertreter Fässler (mitte, AI). Die neuen Richterinnen und Richter müssten die Akten neu studieren und damit ginge nicht nur Zeit, sondern auch Wissen verloren. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider ergänzte, dass das geltende Recht keine Probleme mache; bei Befangenheit müsse eine Richterin oder ein Richter ohnehin in den Ausstand treten, aber durch einen Schlichtungsversuch allein sei eine Richterin oder ein Richter noch nicht befangen. Die Kantone hätten überdies die Möglichkeit, eine solche Regelung vorzusehen. Der Ständerat folgte mit 27 zu 14 Stimmen der Minderheit Fässler, die beim geltenden Recht bleiben wollte, und erhielt somit auch diese Differenz zum Nationalrat aufrecht.
Der zweite Diskussionspunkt betraf die Berufungsfrist im summarischen Verfahren. Die Kommissionsmehrheit wollte sie, wie vom Bundesrat vorgesehen, bei 10 Tagen festsetzen, während eine Minderheit Sommaruga (sp, GE) dem Nationalrat folgen und die Frist bei familienrechtlichen Streitigkeiten auf 30 Tage ausdehnen wollte. Bei solch sensiblen und komplizierten Fällen, wie sie im Familienrecht vorkommen könnten, seien 10 Tage zu kurz, argumentierte der Minderheitssprecher. Justizministerin Baume-Schneider wandte ein, dass der Bundesrat diesen Vorschlag im Vorentwurf gemacht, ihn dann aber verworfen habe, weil er in der Vernehmlassung überwiegend kritisch beurteilt worden sei. Die Ständekammer entschied daraufhin mit 26 zu 15 Stimmen, an der 10-tägigen Frist festzuhalten.

In der Frage, ob eine Richterin oder ein Richter auch im Hauptverfahren urteilen darf, wenn er oder sie vorher an der gescheiterten Schlichtungsverhandlung beteiligt war, schloss sich der Nationalrat in der Folge mit 95 zu 93 Stimmen bei 3 Enthaltungen knapp dem Ständerat an. Damit bleibt es beim geltenden Recht, wonach ein gescheitertes Schlichtungsverfahren an sich nicht als Ausstandsgrund gilt. Deutlicher, mit 136 zu 42 Stimmen bei 14 Enthaltungen räumte die Volkskammer auch die Differenz betreffend die Konsequenzen falscher Rechtsmittelbelehrungen aus, indem sie die Version des Ständerats akzeptierte. Bei weiteren Punkten fanden die Räte jedoch keinen gemeinsamen Standpunkt, so etwa bei der Berufungsfrist im summarischen Verfahren, bei den Parteientschädigungen, bei den Konsequenzen des Nichterscheinens und der Streitwertgrenze im Schlichtungsverfahren sowie bei der Frage, bis wann im Zivilprozess neue Beweismittel eingebracht werden können.

Für die verbleibenden 13 Differenzen wurde eine Einigungskonferenz einberufen. Diese stellte sich mit 22 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen hinter die von ihr gezimmerte Kompromisslösung, die bei einigen Punkten dem Ständerat, bei einigen dem Nationalrat folgte und bei anderen einen Mittelweg suchte. So übernahm sie etwa die 10-Tages-Frist für Berufungen im summarischen Verfahren bei familienrechtlichen Streitigkeiten vom Ständerat und die strengeren Konsequenzen bei Nichterscheinen im Schlichtungsverfahren vom Nationalrat. Für das Einbringen neuer Beweismittel beschloss sie einen Kompromiss, der die Regeln gegenüber dem geltenden Recht etwas lockert. Beide Parlamentskammern nahmen den Antrag der Einigungskonferenz einstimmig an. Während es im Ständerat keine Enthaltungen gab, enthielten sich im Nationalrat 23 Mitglieder der SP- und der Grünen-Fraktion der Stimme.

In der Schlussabstimmung am Ende der Session stimmte die Ständekammer dem Entwurf ebenfalls einhellig zu. Der Nationalrat verabschiedete die revidierte ZPO schliesslich mit 139 zu 53 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Mit Ausnahme von Jean-Luc Addor (svp, VS) stellte sich hier die SVP-Fraktion geschlossen dagegen. Ein allfälliges Referendum vorbehalten, «zu dem es hoffentlich nicht kommen wird», könnten die «sehr wichtigen Verbesserungen» am Zivilprozess auf den 1. Januar 2025 in Kraft treten, stellte Bundesrätin Baume-Schneider in Aussicht.

Änderung der Zivilprozessordnung – Praxistauglichkeit und Rechtsdurchsetzung (BRG 20.026)
Dossier: Debatte über die Pressefreiheit in der Schweiz
Dossier: Revision der Zivilprozessordnung (2018–)

Nachdem der Nationalrat die Kommissionsmotion der UREK-NR zur Förderung der Baukultur von hoher Qualität angenommen hatte, beschäftigte sich in der Frühlingssession 2023 der Ständerat damit. Ziel der Motion war es, den Bundesrat zu verpflichten, die bisher im indirekten Gegenentwurf zur Biodiversitätsinitiative vorgeschlagene gesetzliche Grundlage für die Förderung der Baukultur neu in der Kulturbotschaft 2025-2028 zu präsentieren – im Bereich der Biodiversität hatte sie der Nationalrat als sachfremd empfunden. Die Mehrheit der UREK-SR empfahl die Motion gemäss Kommissionsbericht zur Ablehnung, da die hohe Baukultur in der Kompetenz der Kantone liege und man eine «Vermischung der Zuständigkeiten» verhindern wolle. Kommissionssprecher Daniel Fässler (mitte, AI) ergänzte, dass man damit auch den vom Bundesrat in den Kulturbotschaften 2016-2020 und 2021-2024 eingeschlagenen Weg weiterführen wolle. Eine Minderheit Mazzone (gp, GE) wollte die Motion gutheissen. Unter anderem betonte sie, dass die Motion nicht zu einer Kompetenzverschiebung zum Bund führen würde und verwies auf die Kostenneutralität der Forderung. Auch Bundesrat Alain Berset sprach sich für die Annahme der Motion aus, da eine gesetzliche Grundlage etwa bei der Koordination der Zusammenarbeit helfen könnte. Der Ständerat lehnte die Kommissionsmotion nichtsdestotrotz mit 23 zu 15 Stimmen ab. Dennoch könnte die entsprechende Regelung womöglich Aufnahme in die Kulturbotschaft 2025-2028 finden – hatte Bundesrat Berset aufgrund der grundsätzlich positiven Diskussion im Rat angetönt.

Förderung der Baukultur von hoher Qualität (Mo. 22.3892)

Aufgrund des Ukraine-Krieges, aber auch aufgrund der Folgen der Covid-19-Pandemie sei der Bundesrat stark gefordert gewesen, erklärte der Bundesrat in einer Medienmitteilung zu seinem Geschäftsbericht 2022. Die beiden Krisen seien Ursprung für nicht weniger als 160 Geschäfte, die im Rahmen der Aussenpolitik, der Sicherheitspolitik, der Migrationspolitik oder der Energiepolitik verabschiedet worden seien. Aus diesem Grund habe die Regierung 2022 nicht alle im Rahmen der Legislaturplanung 2019-2023 vorgesehenen Geschäfte vorantreiben können.

Die Räte nahmen in der Sommersession 2023 von diesem Bericht Kenntnis. Im Ständerat fassten wie gewohnt verschiedene Mitglieder der GPK-SR bzw. der entsprechenden Subkommissionen den Bericht zusammen. Die GPK beider Räte hätten sich für die Beratung des Geschäftsberichts Anfang Mai 2023 mit den Verantwortlichen aller Departemente getroffen und den Bericht anhand zweier Querschnittthemen diskutiert – der IT-Transformation und der geopolitische Lage –, eröffnete GPK-SR-Präsident Matthias Michel (fdp, ZG) den Berichts-Reigen. In allen Departementen sei besagte IT-Transformation im Aufbau; es sei gut, dass es hier Unterschiede hinsichtlich angedachter Methoden und geplanter Instrumente gebe, die GPK werde aber darauf schauen, dass in einem dafür einzuplanenden und notwendigen interdepartementalen Austausch nach der «best practice» gesucht werde. Noch komplexer sei das Problem der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. Die GPK habe die Frage gestellt, ob es für die Bewältigung der Auswirkungen der geopolitischen Krise eine übergeordnete Strategie gebe oder ob die Departemente jeweils individuell handelten. Dabei sei eher Letzteres der Fall, da aussenpolitische Kohärenz auch deshalb nicht einfach sei, weil es innenpolitisch und eben auch innerhalb der Departemente verschiedene Interessen gebe. In den verschiedenen Gesprächen sei zudem deutlich geworden, dass die Bewältigung von Krisen sehr viele Ressourcen binde. Dies habe sich 2022 etwa daran gezeigt, dass der Bundesrat aufgrund verschiedener Krisen 1'800 zusätzliche Geschäfte behandeln musste; dies seien rund zwei Drittel mehr Geschäfte «als in normalen Jahren», so Michel. Bei fast der Hälfte dieser zusätzlichen Geschäfte habe es sich um parlamentarische Vorstösse gehandelt. «Sie kennen das, auch wir werden angesichts dieser Krisen aktiv», schloss Michel seinen Überblick.
Für die Subkommission UVEK/EDI meldete sich Marco Chiesa (svp, TI) zu Wort. Er erinnerte daran, dass der Ukraine-Krieg vor allem auch eine «Energiekrise» bewirkt habe. Hier habe der Bund kurzfristige Massnahmen (z.B. Reservekraftwerk in Birr; Sensibilisierungskampagne) ergriffen, mit denen – zusammen mit dem milden Winter – ein Engpass in der Stromversorgung vermieden werden konnte. Wenn in Zukunft eine Versorgungskrise drohe, bestünden Bewirtschaftungsverordnungen und ein Lenkungsausschuss, mit denen Kontingentierungen beschlossen werden könnten. Bereits für kommenden Winter müsse wohl mit einer kritischeren Situation gerechnet werden. Vor allem beim Stromsparen bestehe noch einiges Potenzial, so Marco Chiesa. Das zentrale Thema im EDI sei das «sehr schweizerische System» eines elektronischen Patientendossiers – dezentralisiert, partizipativ, nicht-obligatorisch –, dessen Entwicklung nach wie vor langsamer vorankomme als geplant. Die Pandemie habe gezeigt, dass die Digitalisierung des Gesundheitsbereichs ganz generell im Hintertreffen sei. Der Bundesrat habe hier ein Förderprogramm beschlossen. Ebenfalls an die Hand genommen habe das EDI die Umsetzung der Pflegeinitiative.
Daniel Fässler (mitte, AI) fasste jene Teile des Berichts zusammen, die das EJPD und die BK betrafen. Ein Schwerpunktthema der neuen Justizministerin sei die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt. Diese funktioniere «ungefähr in der Hälfte der Fälle», Elisabeth Baume-Schneider habe sich in den Gesprächen aber optimistisch gezeigt, dass Verbesserungen möglich seien. Insbesondere liege die Beschäftigungsquote von Personen mit Schutzstatus S, der ja eigentlich eine unbürokratische Arbeitsbewilligung erlauben sollte, lediglich bei 15 Prozent. Bei den Gesprächen mit der Bundeskanzlei sei es vor allem um Digitalisierungsfragen gegangen. Man müsse sich bewusst sein, dass Digitalisierung nicht einfach kostengünstiger sei und ebenfalls ressourcenintensive Regulierung benötige. Eine offene Frage sei die Datensouveränität, vor allem bei der Nutzung von Clouds.
Für die GPK-Subkommission EFD/WBF sprach Othmar Reichmuth (mitte, SZ). Im Finanzdepartement würden Massnahmen getroffen (z.B. Inkraftsetzung des revidierten Geldwäschereigesetzes, Massnahmen für erhöhte Transparenz), um die Integrität des Finanzplatzes zu erhöhen. Auch im WBF sei die Strommangellage ein Thema: In kurzer Zeit seien ein Strom- und Gasverbrauchsmonitoring aufgebaut worden, die frühzeitige Interventionen erlaubten.
Die Berichtsteile, die über die bundesrätliche Geschäftsführung im EDA und im VBS informierten, wurden schliesslich von Charles Juillard (mitte, JU) zusammengefasst. Er hob als wichtigste Punkte die Reorganisation im EDA und die Cybersicherheit im VBS hervor. Im EDA seien mit dem Projekt «Rebalance» Stellen und Ressourcen ins konsularische Aussennetz verschoben worden, um etwa die Dienstleistungen in den Schweizer Botschaften verbessern zu können. Zudem sei die DEZA reorganisiert worden. Im VBS seien mit der Schaffung eines Bundesamtes und eines Staatssekretariats für Cybersicherheit Ressourcen konzentriert worden, damit Früherkennung und Prävention von zunehmenden digitalen Bedrohungen staatlicher und privater Unternehmen und Infrastrukturen bestmöglich erfolgen können.
Am Schluss der Präsentationen ergriff auch Bundespräsident Alain Berset das Wort und dankte den fünf Berichterstattern. Die Krux sei, dass die Legislatur 2019–2022 in einer Zeit geplant worden sei, die mit der heutigen kaum mehr vergleichbar sei. Mit der schlimmsten Gesundheitskrise seit 100 Jahren und einem Krieg, der eine Energiekrise auslöst, habe 2018 niemand rechnen können. Allerdings sei die Legislaturplanung eben auch sehr flexibel und die Exekutive habe die nötigen Instrumente, um sich auch Krisen anzupassen. Neben den von den Kommissionssprechern erwähnten Punkten, so der Bundespräsident weiter, gelte es vor allem auch die Bemühungen des Bundesrats für eine Stabilisierung des Bundeshaushalts hervorzuheben, die nach den ausserordentlichen Ausgaben während der Pandemie nicht einfach sei. Er wolle zudem daran erinnern, dass 2022 zum ersten Mal seit 30 Jahren wieder eine AHV-Reform an der Urne angenommen worden sei.
Der Ständerat nahm schliesslich vom Bericht Kenntnis und stimmte dem Bundesbeschluss über den Geschäftsbericht des Bundesrates für das Jahr 2022 diskussionslos zu.

Einen Tag später berichteten vier GPK-Sprechende im Nationalrat über die wichtigsten Themen des Berichts. Prisca Birrer-Heimo (sp, LU), Präsidentin der GPK-NR, erinnerte an den Zweck des jährlichen Berichtes, der mit einem Überblick über die Geschäftsführung der Regierung innerhalb eines Jahres Grundlage für die Aufsicht des Parlaments über die Exekutive darstelle und die Geschäftsprüfung wesentlich vereinfache. Der Erreichungsgrad der 18 Ziele des Legislaturberichts, die drei grossen Leitlinien zugeordnet seien, werde in den jährlichen Geschäftsberichten jeweils mittels Indikatoren ausgewiesen, was ein detailliertes Monitoring erlaube. Die Sprecherin hob ansonsten dieselben Punkte hervor wie der Präsident der GPK-SR. Zusätzlich betonte sie allerdings die Bedeutung der Dokumentation aller exekutiven Handlungen und Entscheidungen insbesondere und vor allem in Krisenzeiten. Die GPK habe den Bundesrat darauf hingewiesen, dass das «Risiko von Leaks [...] nicht der Grund sein [dürfe], darauf [auf die Dokumentation staatlichen Handelns in Krisenzeiten] zu verzichten».
Thomas de Courten (svp, BL) berichtete über das EDI und das UVEK. Auch er hob die Energieversorgung und das elektronische Patientendossier hervor. Beim EDI griff er zudem die geplante Revision des Epidemiengesetzes heraus. Die GPK werde darauf achten, dass die Erkenntnisse aus den zahlreichen Evaluationen zur Krisenbewältigung in der Pandemie in diese Revision einfliessen.
Alfred Heer (svp, ZH) berichtete aus dem EJPD und der BK. Auch er hob die Datensicherheit hervor, die immer mehr verloren gehe, weil immer häufiger auf Internet-Applikationen gearbeitet werde. Beim EJPD würden sich vor allem hinsichtlich Asylunterkünften Probleme zeigen.
Yvonne Feri (sp, AG) schliesslich beleuchtete die Bereiche EFD und WBF. Man habe hier auch damit begonnen, sich «mit dem CS-Debakel» zu befassen. Mit dem EFD habe man über die «Finanzierung zukunftsgerichteter Infrastruktur» im Rahmen fortschreitender Digitalisierung gesprochen. Vor allem müsse abgeklärt werden, ob es noch immer zielführend sei, dass nur die Basisinfrastruktur zur Verfügung gestellt werde, während Fachanwendungen von den Ämtern selber geplant und finanziert würden. Die neuen Möglichkeiten gemeinsamer Nutzung von Infrastruktur und Software mache ein Überdenken dieses Vorgehens nötig. Beim WBF habe man sich insbesondere über den Stand der Reform der wirtschaftlichen Landesversorgung und der Folgen für das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) informieren lassen. Die GPK seien besorgt über die dortige Situation.
Auch im Nationalrat ergriff Bundespräsident Alain Berset das Wort und bedankte sich bei den Berichterstattenden und für die gute Zusammenarbeit mit den GPK. Ausserordentliche Bundesratssitzungen seien früher sehr seltene Ereignisse gewesen, 2022 habe sich der Bundesrat aber nicht weniger als elf Mal ausserplanmässig getroffen. Dies zeige, wie sehr sich die Schweiz nach wie vor im Krisenmodus befinde. Auch 2023 habe es aufgrund der Übernahme der CS durch die UBS bereits wieder ausserordentliche Sitzungen gegeben.
Auch im Nationalrat wurde vom Bericht Kenntnis genommen und der Bundesbeschluss stillschweigend angenommen.

Geschäftsbericht des Bundesrates 2022
Dossier: Geschäftsberichte des Bundesrats

Le Conseil national a suivi le Conseil des Etats et a approuvé le crédit-cadre «Environnement mondial» pour les années 2023-2026 tel que prévu par le Conseil fédéral. Le crédit-cadre 2023-2026 se voit doter d'une augmentation de CHF 50 millions par rapport à la période précédente, dans une volonté «d'asseoir [la] crédibilité [de la Suisse] en tant que partenaire international digne de confiance» et de conserver son siège au sein du Fonds environnemental mondial (FEM) et ainsi garder son influence dans cet organe, comme expliqué par la rapporteuse et le rapporteur de la CEATE-CN, Ursula Schneider Schüttel (ps, FR) et Beat Flach (pvl, AG). Ce crédit-cadre est, en effet, destiné principalement au financement du FEM, bien que le Fonds pour l'ozone et deux autres fonds spécialisés pour le climat obtiennent également des contributions – plus modestes – par ce biais. La CEATE-CN s'est exprimée en faveur de l'augmentation, à l'instar de la CdF-CN également concernée par cet objet. Plusieurs propositions de minorité ont été déposées dans les deux commissions soit pour augmenter les montants alloués – la Suisse ayant une empreinte climatique conséquente –, soit pour conserver le statu quo – l'état des finances ne permettant pas de dépenses supplémentaires. Aucune des propositions minoritaires n'a finalement été acceptée, la première variante n'étant soutenue que par la gauche et le parti évangélique, tandis que la seconde ne l'a été que par des membres de l'UDC et du PLR. Au final, le projet tel que pensé par le Conseil fédéral a été approuvé par 138 voix contre 53 – provenant toutes du groupe de l'UDC – et 1 abstention.

Rahmenkredit Globale Umwelt 2023-2026 (BRG 22.060)
Dossier: Rahmenkredit Globale Umwelt

In der Frühjahressession 2023 nahm sich der Nationalrat den von seiner RK ausgearbeiteten Entwurf betreffende eine Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf vor. Bereits das Eintreten auf die Vorlage wurde kontrovers diskutiert. Eine Minderheit der RK, bestehend aus Politikerinnen und Politikern von SP und Grünen, beantragte dem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Christian Dandrès (sp, GE) und Baptiste Hurni (sp, NE) beklagten beide in ihren Voten, dass der vorliegende Entwurf Teil einer Salamitaktik sei, bei der es darum ginge, das Mietrecht schrittweise auszuhöhlen. Florence Brenzikofer (gp, BL) befürchtete, dass durch die Vorlage das Machtgefälle zwischen Vermietenden und Mietenden weiter vergrössert werde. Ausserdem sei die Vorlage unnötig, da Vermieterinnen und Vermieter bereits heute das Recht hätten, bei dringendem Eigenbedarf ihrer vermietenden Partei zu kündigen. Der Schutz der Mietenden solle nicht weiter geschwächt werden, da schon jetzt Eigenbedarf sehr oft nur vorgeschoben werde, um den Mieter oder die Mieterin loszuwerden und die Wohnung zu einem höheren Preis weiterzuvermieten. Mitglieder der Fraktionen von SVP, FDP und Mitte hielten dagegen. Vincent Maître (mitte, GE) war der Ansicht, dass es bei dieser Vorlage nur darum gehe, dass Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer wieder das Recht erhalten sollen, die von ihnen gekaufte Immobilie bewohnen zu können. Mit der bestehenden Regelung, dass für die Kündigung bei Eigenbedarf ein «dringender Eigenbedarf» geltend gemacht werden muss, sei dies oft unmöglich, da es schwierig sei, die Dringlichkeit zu beweisen und dies ein langes juristisches Verfahren nach sich ziehen könnte. Ähnlich äusserte sich Christa Markwalder (fdp, BE), die darüber hinaus ausführte, dass stattdessen neu eine Kündigung bereits bei einem «bei objektiver Beurteilung bedeutenden und aktuellen Eigenbedarf» möglich sein soll. Dies sei eine ausgewogene und moderate Lösung, mit der der Schutz der Interessen der Mieterinnen und Mieter weiterhin gewährleistet sei. Pirmin Schwander (svp, SZ) plädierte im Namen der SVP-Fraktion ebenfalls für Eintreten. Er sehe in dieser Frage eher ein Machtgefälle zugunsten der Mietenden und deshalb müsse der Eigenbedarf schneller und einfacher geltend gemacht werden können. Gespalten zeigte sich die GLP-Fraktion. Beat Flach (glp, AG) war zwar prinzipiell mit dem Anliegen des Vorstosses einverstanden. Er liess jedoch durchblicken, dass innerhalb der GLP-Fraktion auch einige der Meinung seien, dass generell die Balance zwischen den beiden Lagern im Moment zulasten der Mietenden gestört sei. Da es sich zudem nur um wenige Fälle handle, in denen es zu langen Verfahren gekommen sei, sei es fraglich, ob man nun in diese Richtung legiferieren solle. Als letztes äusserte sich noch Bundesrat Guy Parmelin. Dieser beantragte dem Nationalrat im Namen des Bundesrates, nicht auf die Vorlage einzutreten. Parmelin vertrat die Meinung, dass die aktuelle Regelung ausreichend sei, um die Interessen beider Parteien zu schützen. Ausserdem komme es in der Praxis nicht zu so vielen störenden Fällen, als dass sich eine legislative Intervention rechtfertigen liesse. Entgegen diesem Antrag stimmte schliesslich eine Mehrheit des Nationalrates für Eintreten auf die Vorlage (mit 108 zu 80 Stimmen, bei 1 Enthaltung). Zu den geschlossen stimmenden Fraktionen von SP und Grünen gesellten sich auch acht Mitglieder der GLP und drei Mitglieder der Mitte-Fraktion. In der Detailberatung galt es anschliessend noch, über verschiedene Anträge der Minderheit auf Verschärfung der Regelung zur Kündigung bei Eigenbedarf zu entscheiden. Diese wurden jedoch allesamt abgelehnt. Schliesslich nahm der Nationalrat das Geschäft in der Gesamtabstimmung mit 114 zu 79 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an.

Verfahrensbeschleunigung bei Kündigung des Mietverhältnisses wegen dringendem Eigenbedarf (Pa.Iv. 18.475)

Anfang März 2023 beriet der Nationalrat eine Vorlage, welche seine RK-NR aus einer parlamentarischen Initiative Hans Egloff (svp, ZH) betreffend die «Vermeidung missbräuchlicher Untermiete» ausgearbeitet hatte. Der Entwurf sah vor, dass für ein neues Untermietverhältnis künftig die schriftliche Zustimmung der Vermieterin oder des Verpächters erforderlich sein soll. Wenn dabei die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, soll der Vermieterin oder dem Verpächter ein ausserordentliches Kündigungsrecht zustehen. Ausserdem soll die Vermieterschaft neu ein Untermietverhältnis ablehnen können dürfen, wenn dieses für eine Dauer von mehr als zwei Jahren vorgesehen ist. Die Vorlage wurde insbesondere von Mitgliedern der Fraktionen der SP und der Grünen bekämpft. Es gäbe keinen gesetzlichen Handlungsbedarf in dem Bereich, so etwa Florence Brenzikofer (gp, BL). Sie sah in der Vorlage einen Versuch, den «ohnehin schwachen Kündigungsschutz in der Schweiz weiter [abzubauen]». Insbesondere sei es unverhältnismässig, dass eine ausserordentliche Kündigungsfrist zur Anwendung kommen könnte, bei Untermietverhältnissen, die etwa wegen Formfehlern nicht den gesetzlichen Kriterien entsprechen. Baptiste Hurni (sp, NE) und Raphael Mahaim (gp, VD) äusserten sich ähnlich. Sie sahen aktuell nur ein Problem mit den Untermietverhältnissen in der Schweiz, nämlich im Zusammenhang mit Plattformen wie Airbnb. Doch dann sollten besser die Plattformen direkt reguliert werden, anstatt die Gesamtheit der Untermietverhältnisse zu attackieren, so Mahaim. Anders als bei der unmittelbar danach beratenen Vorlage betreffend die Kündigung bei Eigenbedarf äusserte sich bei dieser Vorlage auch die GLP klar kritisch. Beat Flach (glp, AG) bezeichnete den Entwurf als einen «bürokratischen Blockadeartikel, angereichert mit zusätzlichen Hürden und Folgen für die Mieterinnen und Mieter». Auch Flach sah keinen Handlungsbedarf. Die geltenden Regeln funktionierten und es sei deshalb unnötig und «unliberal», weitere Bürokratie aufzubauen. Für die Vorlage plädierten die Fraktionen der SVP, FDP und Mitte. Pirmin Schwander (svp, SZ) sagte, mit der Revision werde eine Unklarheit behoben, darüber wie lange eine vorübergehende Abwesenheit und ein Untermietverhältnis dauern kann. Das sei gerade auch in der aktuell herrschenden Wohnungsnot wichtig, da Wohnungen, welche durch Untermiete blockiert seien, damit frei würden. Christian Lüscher (fdp, GE) vertrat die Position der freisinnigen Fraktion, welche aus ähnlichen Gründen wie Schwander und die SVP die Vorlage unterstützte. Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) sprach sich für die Mitte-Fraktion ebenfalls für die Vorlage aus. Die Untervermietung würde mit der Änderung gestärkt und die Vermieterinnen und Vermieter geschützt. Es sei normal, dass es bei Verstössen gegen Regelungen auch Sanktionen geben sollte, konterte er die Kritik unter anderem von Florence Brenzikofer betreffend die ausserordentlichen Kündigungsfristen. Er liess auch das Argument betreffend mehr Bürokratie nicht gelten. Mietverträge seien grundsätzlich schriftlich, weshalb es kein zusätzlicher Aufwand sei, diese Frage in dem Rahmen ebenfalls noch zu regeln. Bundesrat Guy Parmelin zeigte sich damit nicht einverstanden. Im Namen des Bundesrates empfahl er dem Nationalrat, nicht auf die Vorlage einzutreten, da die aktuellen Regelungen ausreichten, um Vermieterinnen und Vermieter vor missbräuchlichen Untermietverhältnissen zu schützen. Auch er war der Meinung, dass die Vorlage zu einem grösseren Bürokratieaufwand und zu Rechtsunsicherheit führen würde. Letzteres weil der Entwurf eine nicht abschliessende Liste an Gründen aufführte, wegen welchen der Vermieter oder die Vermieterin ein Untermietverhältnis ablehnen kann. Schliesslich sei auch die Dauer von zwei Jahren, worüber hinaus es laut dem Entwurf der Vermieterschaft freistehen soll, die Untermiete abzulehnen, zu kurz – insbesondere im Kontext von Untermietverhältnissen von Geschäftsräumen. Entgegen dem Antrag des Bundesrates stimmte die Mehrheit des Nationalrates jedoch für Eintreten auf die Vorlage (110 zu 82 Stimmen, bei 1 Enthaltung). Alle Fraktionen stimmten geschlossen: diejenigen der Mitte, FDP und SVP für Eintreten, diejenigen der SP, Grünen und GLP dagegen. In der Detailberatung befand der Nationalrat anschliessend über mehrere Minderheitsanträge, welche aus linker Sicht zum Ziel hatten, die Regelungen und damit die negativen Folgen abzuschwächen. Sie wurden jedoch allesamt mit dem ungefähr gleichen Stimmenverhältnis abgelehnt. So schritt die grosse Kammer zur Gesamtabstimmung, wo die Vorlage mit 108 zu 83 Stimmen (1 Enthaltung) angenommen wurde.

Missbräuchliche Untermiete vermeiden (Pa.Iv. 15.455)
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Als vorberatende Kommission des Erstrates befasste sich im Februar 2023 die SPK-SR mit dem Bundesgesetz über das Verbot der Verhüllung des Gesichts (BVVG). Sie trat zunächst mit 6 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen auf das Geschäft ein und beriet es im Detail. In der Gesamtabstimmung lehnte sie die Vorlage dann jedoch mit Stichentscheid des Präsidenten Mathias Zopfi (gp, GL) bei 5 zu 5 Stimmen und 3 Enthaltungen ab. Die Kommissionsmehrheit war der Ansicht, dass die Umsetzung des in der Bundesverfassung verankerten Gesichtsverhüllungsverbots in die Zuständigkeit der Kantone falle, da es sich um eine Frage der öffentlichen Sicherheit und Ordnung handle. Dass sich der Bundesrat hier auf seine Strafrechtskompetenz stütze, sei nicht angebracht, weil nicht die Bestrafung im Vordergrund stehe.
Für den Ständerat war der Ablehnungsentscheid seiner Kommission in der Gesamtabstimmung mit einem Antrag auf Nichteintreten gleichzusetzen. Dem gegenüber stand ein Einzelantrag Chiesa (svp, TI) auf Eintreten. Die kleine Kammer führte in der Frühjahrssession 2023 also die Eintretensdebatte zum Geschäft. Kommissionspräsident Mathias Zopfi stellte klar, es sei nicht der Wille der Kommission, das Verhüllungsverbot nicht umzusetzen. Alleine aus der Tatsache, dass es ich um eine Bestimmung der Bundesverfassung handle, lasse sich aber keine Bundeskompetenz begründen, legte er die Position der knappen Kommissionsmehrheit dar. Das Gesichtsverhüllungsverbot sei eine «Bestimmung über das Auftreten im öffentlichen Raum und die Sicherheit» und damit «Sache der Kantone», so Zopfi. Die Zuständigkeit des Bundes auf Basis der Strafrechtskompetenz sei ein «Gewürge», pflichtete Kommissionskollege Andrea Caroni (fdp, AR) bei. Weiter erinnerte Kommissionspräsident Zopfi daran, dass der Bundesrat selbst vor der Volksabstimmung stets betont habe, für die Umsetzung der Verfassungsbestimmung seien dereinst die Kantone zuständig. «Der Föderalismus sollte in der Kammer der Kantone schon so fundiert verankert sein, dass er nicht beim kleinsten oder einem mittelgrossen politischen Gegenwind einknickt», redete er seinen Ratskolleginnen und -kollegen ins Gewissen.
Auf der anderen Seite argumentierte Antragsteller Marco Chiesa, es sei «von kapitaler Wichtigkeit», dass es eine schweizweit einheitliche Regelung gebe. Das sei, was die Initiantinnen und Initianten erwartet hätten und was von der Mehrheit der Schweizer Stimmbevölkerung beschlossen worden sei. Mit einem «komplexen Flickenteppich von kantonalen Normen» sei niemandem gedient, stiess Fraktionskollege Werner Salzmann (svp, BE) ins selbe Horn. Kommissionsmitglied Daniel Fässler (mitte, AI), der sich ebenfalls für Eintreten aussprach, merkte an, dass der Spielraum für kantonal unterschiedliche Regelungen im Hinblick auf die streng definierten Ausnahmen ohnehin klein sei, weshalb eine kantonale Umsetzung keinen Sinn mache. Der Parteilose Thomas Minder (SH), der für die SVP-Fraktion in der SPK-SR sitzt, warf der Kommissionsmehrheit vor, ein «Schwarzpeterspiel» zu spielen und die «heisse Kartoffel» an die Kantone abschieben zu wollen. Er fühlte sich an die «materielle Nichtumsetzung» der Masseneinwanderungsinitiative erinnert und warnte, der Burka-Initiative drohe bei einem Nichteintreten nun eine «formelle Nichtumsetzung». Abschliessend plädierte auch Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider für Eintreten. Sie rief dem Rat in Erinnerung, dass sich in der Vernehmlassung nur ein Kanton gegen den Gesetzesvorschlag ausgesprochen hatte. Das Gesetz garantiere eine einheitliche Umsetzung der Verfassungsbestimmung im ganzen Land und bringe das Gesichtsverhüllungsverbot ins Gleichgewicht mit den verfassungs- und menschenrechtlichen Anforderungen an die Einschränkung von Grundrechten. Die Ständekammer stimmte schliesslich mit 27 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung für Eintreten, wobei sich die Ratslinke sowie einige vereinzelte Stimmen aus FDP und Mitte dagegen stellten. Damit geht das Geschäft noch einmal an die Kommission zur Detailberatung.

Bundesgesetz über das Gesichtsverhüllungsverbot (BRG 22.065)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Überraschend und entgegen der Meinung des Nationalrats und seiner vorberatenden Kommission machte der Ständerat in der Frühlingssession 2023 eine Kehrtwende und wollte nunmehr keine sogenannte Titeläquivalenz für die höhere Berufsbildung vorschreiben. «Bachelor für Berufsleute abgeschmettert», titelte daraufhin etwa der Tages-Anzeiger. Mit 19 zu 16 Stimmen bei 6 Enthaltungen lehnte die kleine Parlamentskammer eine entsprechende Motion Aebischer (sp, BE) ab und folgte damit dem ablehnenden Votum des Bundesrates. Die vorberatende WBK-SR war im Januar 2023 mit 12 Stimmen bei 1 Enthaltung noch klar für eine Annahme gewesen, hatte also eine Stärkung der Profile der Höheren Fachschulen durch die Titelbezeichnungen «Professional Bachelor» und «Professional Master» unterstützt. Während sich im Vorfeld eine Mehrheit der Verbundpartner der Berufsbildung (Höhere Fachschulen) für eine solche Anpassung ausgesprochen hatten, hatten Medienberichten zufolge Universitäten und Fachhochschulen den Entwurf torpediert.

Im Ständerat zeigte sich ein besonderes Bild: Mehrere Nicht-Kommissionsmitglieder äusserten sich ablehnend zur Motion, so etwa Olivier Français (fdp, VD), Mitglied der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften, der eine Gefahr der Verwechslung mit Abschlüssen der Universitäten und der Fachhochschulen befürchtete und einen Einzelantrag auf Ablehnung stellte. Diesem Votum schlossen sich auch Daniel Fässler (mitte, AI) und Carlo Sommaruga (sp, GE) an. Auch Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU), die zwar Kommissionsmitglied war, jedoch nicht an der entsprechenden Sitzung hatte teilnehmen können, befürchtete eine Vermischung der verschiedenen Titel und hätte es bevorzugt, das Anliegen in Form eines Postulats im Sinne eines Prüfberichts zu behandeln. Die negativen Stellungnahmen der Nicht-Kommissionsmitglieder wechselten sich dabei wiederholt ab mit den Stellungnahmen verschiedener positiv gestimmter Kommissionsmitglieder. So argumentierte etwa Johanna Gapany (fdp, FR) für eine Annahme, da die Titelbezeichnungen die Qualität der Schweizer Berufsbildung auf nationalem und internationalem Parkett verdeutlichen könne. Auch Hannes Germann (svp, SH) wollte den «Sonntagsreden über den Wert unserer dualen Berufsbildung» Taten folgen lassen und den Jungen eine Perspektive geben, indem ihre Ausbildung eine entsprechende Bezeichnung erhalte. Uneinig war sich der Rat schliesslich auch in der Frage, ob die Motion überhaupt vorschreibe, dass eine Aufwertung durch die Titel «Professional Bachelor» und «Professional Master» zu erfolgen habe, da diese im Motionstext nur in Klammern genannt wurden. Matthias Michel (fdp, ZG) meinte schliesslich, dass sich die «Dissonanz» nur auf die Titelfrage beschränke, nicht jedoch auf den Grundsatz, dass die höhere Berufsbildung gestärkt werden sollte. Nach der «achterbahnmässigen» Debatte im Ständerat, wie Eva Herzog (sp, BS) das Geschehen im Rat pointiert zu resümieren wusste, zogen sich die Gräben bei der Abstimmung zwischen den knapp unterliegenden Befürwortenden und den siegreichen Gegnerinnen und Gegnern quer durch die Fraktionen hindurch. Bundesrat Guy Parmelin beruhigte die Gemüter zum Schluss mit der Information, dass der Bundesrat dem Parlament demnächst eine Botschaft für eine Gesetzesrevision betreffend die Titelbezeichnungen unterbreiten wolle, womit sich die Räte schon bald erneut zu dieser Frage würden äussern können.

Der Tages-Anzeiger erkannte hinter dem Nein aus dem Stöckli einen erfolgreichen Widerstand der Universitäten und der Fachhochschulen. In ebendieser Zeitung liess alt-Nationalrat und Bildungsexperte Rudolf Strahm kein gutes Wort an diesem Entscheid. Der Verzicht auf die Bezeichnungen werte die Berufe ab und verstärke den Fachkräftemangel. Auch der Gewerbeverbandsdirektor Ulrich Bigler bedauerte den Entscheid und erkannte darin eine verpasste Chance.

Titeläquivalenz für die höhere Berufsbildung (Mo. 20.3050)
Dossier: Höhere Fachschulen