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  • Gschwind, Jean-Paul (cvp/pdc, JU) NR/CN
  • Wettstein, Felix (gp/verts, SO) NR/CN

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Einen Tag nach dem Ständerat machte sich auch der Nationalrat an die Beratung des Voranschlags der Eidgenossenschaft 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025. Sarah Wyss (sp, BS) und Daniel Brélaz (gp, VD) präsentierten dem Rat das Budget aus Sicht der Mehrheit der FK-NR: Der Bundesrat habe ordentliche Ausgaben in der Höhe von 77.7 Mrd. und ausserordentliche Ausgaben von CHF 3.0 Mrd. vorgesehen. Bei ordentlichen Einnahmen von CHF 77.1 Mrd. und ausserordentlichen Einnahmen von CHF 1.5 Mrd. bleibe damit aufgrund der Schuldenbremse ein struktureller Überschuss und somit ein Handlungsspielraum von CHF 44 Mio. Die Kommissionsmehrheit plane «kleinere Adjustierungen» mit Mehrausgaben von CHF 273 Mio. Bei 12 Mehrheitsanträgen zur Schaffung von Differenzen zum Ständerat lagen der grossen Kammer in der Folge auch etwa 40 Minderheitsanträge vor, grösstenteils von der SVP- oder der SP- und der Grünen-Fraktion. Differenzen zum Erstrat schuf der Nationalrat dabei jedoch nur wenige, zeigte sich dabei aber mehrheitlich grosszügiger als der Erstrat.

In der Eintretensdebatte hoben die Fraktionssprecherinnen und -sprecher erneut die spezielle Situation aufgrund der noch immer nicht ganz überstandenen Corona-Pandemie hervor, beurteilten diese aber sehr unterschiedlich. So sprach etwa Lars Guggisberg (svp, BE) von einer «düsteren» Situation aufgrund des grossen Anstiegs der Nettoschulden, während FDP-Sprecher Alex Farinelli (fdp, TI) zwar das Defizit beklagte, aber auch den langfristigen Nutzen der entsprechenden Ausgaben hervorhob. Optimistischer zeigten sich die übrigen Kommissionssprechenden. Michel Matter (glp, GE) schätzte etwa die Situation der Schweiz als «solide» ein, Alois Gmür (mitte, SZ) zeigte sich erfreut über die insgesamt gute Situation der Schweizer Wirtschaft, verwies jedoch auch auf die noch immer stark leidenden Branchen. Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) und Felix Wettstein (gp, SO) strichen schliesslich die im Vergleich zum Ausland «gute Schuldensituation» (Schneider Schüttel) heraus. Finanzminister Maurer bat den Rat im Hinblick auf den härter werdenden «internationale[n] Konkurrenz- und Verdrängungskampf» um Zurückhaltung bei zusätzlichen Ausgaben.

Mit den mahnenden Worten des Finanzministers in den Ohren startete der Nationalrat in die Detailberatung von Block 1 zu Beziehungen zum Ausland und zur Migration. Hier schuf er zwei Differenzen zum Ständerat: So wollte die Kommissionsmehrheit den Kredit zuhanden des SECO für Darlehen und Beteiligungen an Entwicklungsländer gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um CHF 10 Mio. erhöhen und damit die Reduktion gegenüber dem Vorjahr rückgängig machen. Der Bundesrat habe bei der Sifem, der Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft des Bundes, bereits 2020 CHF 10 Mio. zusätzlich zur Milderung der Corona-Probleme eingeschossen – diese sollen nun kompensiert werden, erklärte Minderheitensprecher Egger (svp, SG), der den Kürzungsantrag vertrat, die Differenz zum Vorjahr. Da dieser Nachtragskredit damals aber vollständig kompensiert worden sei, erachtete die Kommissionsmehrheit diese Kürzung nicht als angebracht und setzte sich im Rat mit 107 zu 74 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) durch. Ohne Minderheitsantrag erhöhte der Nationalrat zudem auf Antrag seiner Kommission den Sollwert für die Mindestanzahl Freihandelsabkommen für die Finanzplanjahre 2024 und 2025. Der Bundesrat hatte hier für die Finanzplanjahre jeweils 34 Freihandelsabkommen vorgesehen, die Kommission erhöhte diese Zahl auf 35 (2024) respektive 36 (2025).
Im Vorfeld der Budgetdebatte hatte der Vorschlag der APK-NR, dass die Schweiz eine dritte Kohäsionsmilliarde sprechen und sich damit quasi eine Beteiligung an verschiedenen Projekten, unter anderem an Horizon, erkaufen könne, für mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Auf Antrag der APK-NR beantragte die Mehrheit der FK-NR nun dem Nationalrat, eine dritte Beteiligung der Schweiz an der Erweiterung der EU 2019-2024 in der Höhe von CHF 953.1 Mio. freizugeben, diese aber von einer bis Ende Juni 2022 unterzeichneten Assoziierungsvereinbarungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union zur Teilnahme an verschiedenen laufenden EU-Programmen abhängig zu machen. Eine Minderheit Guggisberg beantragte in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Streichung dieses zusätzlichen Kreditpostens. Finanzminister Maurer bat den Rat eindringlich darum, darauf zu verzichten, da man sich «mit einer solchen Aufstockung in Brüssel eher blamieren würde […]. Die Erwartungen in Brüssel sind völlig anderer Natur; sie bestehen nicht darin, dass wir hier einfach etwas bezahlen, und dann läuft alles.» Mit 93 zu 84 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) folgte der Nationalrat der Minderheit. Die (fast) geschlossen stimmenden Fraktionen der SVP und der FDP.Liberalen sowie die Mehrheit der Mitte-Fraktion setzten sich in dieser Frage durch.
Ansonsten lagen in diesem Block verschiedene Minderheitenanträge von linker und rechter Ratsseite für Aufstockungen und Kürzungen vor, die jedoch allesamt erfolglos blieben, etwa eine Aufstockung des Budgets des EDA für humanitäre Aktionen zugunsten des Engagements in Afghanistan und den umliegenden Ländern (Minderheit Friedl: sp, SG), eine Erhöhung des Kredits für zivile Konfliktbearbeitung und Menschenrechte (Minderheit Badertscher: gp, BE) und einen erneuten Beitrag von CHF 300'000 an den Access to Tools Accelerator (Minderheit Friedl) sowie auf der anderen Seite eine Reduktion der Beiträge an multilaterale Organisationen, an die Entwicklungszusammenarbeit und an die Länder des Ostens (Minderheiten Grin: svp, VD).

Im zweiten Block zu den Themen «Kultur, Bildung, Forschung und Sport» schuf der Nationalrat keine Differenzen zum Erstrat. Er folgte dem Ständerat bei seiner Aufstockung des Kredits für Sportverbände und andere Organisationen um CHF 660'000, mit der – wie in den Planungsgrössen vermerkt wurde – eine unabhängige nationale Anlauf- und Meldestelle für Misshandlungen im Schweizer Sport geschaffen werden sollte. Eine Minderheit Sollberger (svp, BL) unterlag mit ihrem Antrag auf Streichung der Aufstockung mit 112 zu 69 Stimmen (bei 4 Enthaltungen). Auch die vom Ständerat vorgenommenen Aufstockungen beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie hiess der Nationalrat entgegen zweier Minderheitsanträge Egger deutlich gut (129 zu 55 Stimmen bei 1 Enthaltung respektive 129 zu 56 Stimmen). Abgelehnt wurden in der Folge auch verschiedene Streichungsanträge Nicolet (svp, VD), Schilliger (fdp, LU) und Sollberger bei den Covid-19-Leistungsvereinbarungen zur Kultur, bei der Covid-19-Soforthilfe für Kulturschaffende und Kulturvereine im Laienbereich sowie bei den Covid-19-Finanzhilfen.

Verschiedene Differenzen zum Erstrat entstanden hingegen im dritten Block zur sozialen Wohlfahrt und Gesundheit. So erhöhte der Nationalrat auf Antrag der Kommissionsmehrheit die Gelder für die Familienorganisationen bei den Krediten des BSV, die Finanzhilfen unter anderem zur Elternbildung oder zur familienergänzenden Kinderbetreuung beinhalten, im Voranschlags- und den Finanzplanjahren um CHF 1 Mio. Der Bundesrat und eine Minderheit Guggisberg hatten die Ablehnung der Aufstockung beantragt, zumal für eine solche Unterstützung auch institutionelle Voraussetzungen geschaffen werden müssten. Auch den Kredit für den Kinderschutz und die Kinderrechte erhöhte die grosse Kammer um CHF 390'000, um damit die privatrechtliche Stiftung «Ombudsstelle Kinderrechte Schweiz» zu finanzieren, deren Schaffung eine angenommene Motion Noser (fdp, ZH; Mo. 19.3633) verlangt hatte. Der Bundesrat hatte sich gegen diese Aufstockung gestellt, zumal die rechtliche Grundlage für diesen Kredit noch nicht bestehe. «Wir können ja nicht Gelder einsetzen, wenn wir dafür keine legale Grundlage haben», betonte Finanzminister Maurer. Kommissionssprecher Brélaz argumentierte hingegen, man können nicht «tout contrôler pendant deux-trois ans», bevor man damit beginnt, die Gelder einzusetzen.
Abgelehnt wurden in diesem Block Anträge auf Kreditkürzungen bei der Gleichstellung von Frau und Mann, die eine Minderheit Sollberger beantragt hatte. Eine Plafonierung gegenüber dem Vorjahr hätte gemäss Sollberger «keinen Einfluss auf weniger oder mehr Gleichstellung». Ebenfalls erfolglos blieb ein Antrag Glarner (svp, AG) auf Streichung des Beitrags an ein spezifisches Projekt des Vereins Netzcourage sowie ein Minderheitsantrag Nicolet zur Änderung der Planungsgrössen zur Bundesfinanzierung der Covid-19-Tests: Diese sollte nur solange gewährt werden, wie die Covid-19-Zertifikatspflicht gilt. Auch ein Minderheitsantrag Schilliger, der die Leistungen des Erwerbsersatzes mit Verweis auf die vierte Revision des Covid-19-Gesetzes nur bis Ende Juni 2022 gewähren und die Covid-19-Situation anschliessend neu beurteilt wissen wollte, fand keine Mehrheit.

Auch im vierten Block zu Landwirtschaft, Tourismus und Steuern wich der Nationalrat in einem Punkt von den Entscheiden des Ständerates ab: Bei der Nachmeldung für ein Tourismus-Recovery-Programm von CHF 17 Mio. wollte die Kommission die Gelder zu je 50 Prozent für Marketingkampagnen von Schweiz Tourismus und für Entlastungszahlungen an touristische Partnerorganisationen verwenden. Der Bundesrat und der Ständerat hatten keine entsprechenden Einschränkungen vorgenommen, weshalb gemäss den beiden Kommissionssprechenden wie üblich zwei Drittel in die gesamtschweizerischen Marketingkampagnen fliessen würden. Jedoch sei eine Werbekampagne in Südafrika momentan – auch aus ökologischer Sicht – nicht «unbedingt gerade unser Hauptziel», betonte Kommissionssprecherin Wyss. Stillschweigend stimmte der Nationalrat diesem Antrag seiner Kommission zu.
Hingegen folgte der Nationalrat dem Ständerat in diesem Block bei der Erhöhung der Zulagen für die Milchwirtschaft und den Beihilfen für den Pflanzenbau. Eine Minderheit Munz (sp, SH) hatte beantragt, auf erstere Erhöhung zu verzichten und dem Bundesrat zu folgen. Der Bundesrat wolle die Verkehrsmilchzulage erhöhen, aber die Verkäsungszulage senken, da Letztere aufgrund von Fehlanreizen zu einer zu grossen Menge Käse von geringer Qualität führe. Die von der Kommission beantragte Erhöhung zugunsten der Verkäsungszulage würde folglich die bisherige Marktverzerrung noch zementieren. Finanzminister Maurer wies überdies darauf hin, dass man entsprechende Erhöhungen – falls nötig – lieber erst mit den Nachtragskrediten vorlegen würde, wenn man die dazugehörigen Zahlen kenne. Mit 105 zu 61 Stimmen (bei 20 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat jedoch für die Erhöhung aus. Die ablehnenden Stimmen stammten grösstenteils von der SP-, einer Mehrheit der GLP- und einer Minderheit der FDP.Liberalen-Fraktion, die Enthaltungen grösstenteils von der Grünen-Fraktion.
Auch in diesem Block blieben zwei Minderheitsanträge erfolglos: Eine Minderheit I Fischer (glp, LU) und eine Minderheit II Gysi (sp, SG) unterlagen mit Anträgen auf Erhöhungen bei der direkten Bundessteuer respektive bei der Mehrwertsteuer, beim Globalbudget der ESTV sowie in den Finanzplanjahren. Die zusätzlichen Mittel sollten zur Schaffung von je fünf zusätzlichen Steuerkontrollstellen und somit zur Erhöhung des Steuerertrags eingesetzt werden und sich so mittelfristig quasi selbst finanzieren.

Im fünften Block zu Verkehr, Umwelt, Energie und Raumplanung entschied sich der Nationalrat bezüglich zweier Punkte zum Bundesamt für Energie anders als der Ständerat. Letzterer hatte den Kredit für das Globalbudget des BFE sowie für das Programm EnergieSchweiz gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf erhöht. Die Mehrheit der FK-NR beantragte nun bei beiden Kreditposten eine zusätzliche Erhöhung um CHF 2.9 respektive CHF 8.3 Mio., wobei die zusätzlichen Gelder beim Globalbudget zur Finanzierung des durch die Erhöhung beim Programm EnergieSchweiz begründeten Aufwands eingesetzt werden sollten. Damit wollte die Kommission gemäss ihrem Sprecher Brélaz in den wenigen Bereichen, in denen die Finanzierung entsprechender Projekte über das Bundesbudget läuft, nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes erste Massnahmen zum Klimaschutz treffen. Eine Minderheit Egger sprach sich gegen die Erhöhung aus, zumal im Energiebereich zuerst die Problematik der Stromversorgungslücke gelöst werden müsse. Finanzminister Maurer wehrte sich vor allem dagegen, nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes einzelne Punkte «quasi durch die Hintertüre einfach wieder aufs Tapet» zu bringen. Mit 115 zu 67 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) hiess der Nationalrat die Erhöhung jedoch gut, abgelehnt wurde sie von einer Mehrheit der SVP-, der Hälfte der Mitte- und einer Minderheit der FDP.Liberalen-Fraktion.
Erhöht gegenüber dem bundesrätlichen Antrag wurde auch der Kredit für das Globalbudget des ARE. Hier hatte der Ständerat zuvor entschieden, CHF 100'000 mehr für das Projekt Swiss Triple Impact, ein Förderprogramm zur Erreichung von nachhaltigen Entwicklungszielen, einzusetzen, und der Nationalrat folgte ihm mit 115 zu 69 Stimmen (bei 1 Enthaltung). Der Finanzminister hatte die Erhöhung bei einem Sach- und Betriebsaufwand des ARE von CHF 9 Mio. als unnötig erachtet. Auch bei der Aufstockung der Einlage des BIF folgte der Nationalrat seinem Schwesterrat: Hier soll der Maximalbetrag und somit zusätzlich CHF 233 Mio. eingestellt werden, um sicherzustellen, dass auch zukünftig genügend Geld für den Bahnverkehr vorhanden ist, betonte Kommissionssprecherin Wyss. Dies erachteten der Bundesrat und eine Minderheit Schilliger als nicht notwendig, da der Fonds genügend stark geäufnet sei. Mit 125 zu 59 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte der Nationalrat jedoch der kleinen Kammer.
Abgelehnt wurden hingegen ein Kürzungsvorschlag einer Minderheit Egger bei den Umweltschutzmassnahmen des BAZL – Egger hatte argumentiert, die Erhöhung beruhe lediglich auf der Vermutung des BAZL, dass es zukünftig mehr Umweltschutzgesuche geben könne – sowie ein Einzelantrag Rüegger (svp, OW) zur Aufstockung des Kredits des BAFU um CHF 6 Mio., mit der nach der Ablehnung des revidierten Jagdgesetzes die durch Wölfe verursachten Schäden abgegolten und der zusätzliche Aufwand entschädigt werden sollten.

Im sechsten Block zum Themenbereichen Eigenaufwand und Schuldenbremse schlug eine Kommissionsmehrheit in Übereinstimmung mit dem Ständerat vor, verschiedene Kredite beim Bundesamt für Verkehr ausserordentlich zu verbuchen, um so die zuvor vorgenommene Erhöhung der BIF-Einlage finanzieren zu können. Anders als der Ständerat beabsichtigte die Mehrheit der FK-NR zudem, eine Nachmeldung des Bundesrates im Bereich Covid-19-Arzneimittel und -Impfleistungen in der Höhe von CHF 57 Mio. ausserordentlich zu verbuchen – da man noch zusätzliche Ausgaben beschlossen habe, könne nur so die Schuldenbremse eingehalten werden, begründete Kommissionssprecher Brélaz den Vorschlag. Eine Minderheit Schwander (svp, SZ) wehrte sich gegen diese Umbuchungen, da sie gegen die Schuldenbremse und das Finanzhaushaltsgesetz verstossen würden. Diese Meinung teilte auch der Finanzminister, ihm ging das Parlament «mit [seiner] Interpretation [des FHG] hier zu weit», auch wenn die Interpretation der Gesetze keine exakte Wissenschaft sei. Der Nationalrat stimmte den Umbuchungen jedoch mit 133 zu 50 Stimmen respektive 133 zu 49 Stimmen zu.
Eine weitere Differenz schuf der Nationalrat stillschweigend bezüglich der Planungsgrössen beim VBS: Dort soll eine neue Planungsgrösse dafür sorgen, dass die Bruttomietkosten ab 2025 um 2 Prozent gesenkt und damit gemäss Kommissionssprecherin Wyss CHF 400 Mio. jährlich «freigespielt» werden sollen.
Erfolglos blieben die Minderheitsanträge Sollberger und Strupler (svp, TG), welche die Kredite für das Bundespersonal gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um CHF 1.8 Mio. (2022, Minderheit Sollberger) respektive um CHF 10.9 Mio. (2023), CHF 117 Mio. (2024) und CHF 265 Mio. (2025, alle Minderheit Strupler) reduzieren wollten. Damit hätte auf zusätzliche Stellen für die Strategie Social Media/Digitalisierung verzichtet (Sollberger) respektive «das ungebremste Personalwachstum beim Bund» gebremst werden (Strupler) sollen. Zuvor hatte bereits der Ständerat die Ausgaben im Voranschlags- und den Finanzplanjahren um CHF 21 Mio. reduziert. Mit 131 zu 52 Stimmen respektive 133 zu 50 Stimmen lehnte der Nationalrat die beiden Anträge ab, folgte damit dem Bundesrat und schuf eine weitere Differenz zum Erstrat. Erfolglos blieb auch ein Kürzungsantrag Egger beim Ressourcenpool des Generalsekretariats UVEK.

Mit der Bereinigung des Entwurfs, bei welcher der Nationalrat seiner Kommission in fast allen Punkten gefolgt war, hatte der Nationalrat den Ausgabenüberschuss von CHF 2.08 Mrd. (Bundesrat) respektive CHF 2.32 Mrd. (Ständerat) auf CHF 2.36 Mrd. erhöht – durch die Umbuchung einzelner zusätzlicher Ausgaben auf das Amortisationskonto (ausserordentliche Ausgaben Bundesrat: CHF 3.03 Mrd., Ständerat: CHF 3.25 Mrd., Nationalrat: CHF 3.30 Mrd.) konnte die Schuldenbremse jedoch eingehalten werden. Mit 130 zu 44 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) nahm der Nationalrat den Voranschlag 2022 an. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion und von Stefania Prezioso (egsols, GE), die Enthaltungen ausschliesslich von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Letztere sprachen sich teilweise auch gegen die übrigen Bundesbeschlüsse aus, dennoch nahm der Nationalrat den Bundesbeschluss Ib über die Planungsgrössen im Voranschlag für das Jahr 2022, den Bundesbeschluss III über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2022 und den Bundesbeschluss IV über die Entnahmen aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2022 jeweils deutlich an.

Voranschlag 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025 (BRG 21.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2022: Voranschlag und Staatsrechnung

Felix Wettstein (gp, SO) reichte im Sommer 2020 eine Motion betreffend die Veröffentlichung von Luftschadstoffemissionen stationärer Anlagen ein. Er verlangte, dass die Kantone die Luftschadstoffemissionen derjenigen Anlagen, welche die Grenzwerte im Tagesmittel überschreiten – allen voran Zementwerke und Kehrichtverbrennungsanlagen – veröffentlichen müssen. Wettstein erläuterte, dass zahlreiche Anlagen bis heute zu viele krebserregende Stoffe ausstiessen und die umliegende Bevölkerung darüber im Dunkeln gelassen werde. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion.
Nachdem die Motion in der Herbstsession 2020 von Monika Rüegger (svp, OW) bekämpft worden war, kam sie in der Sommersession 2021 in die grosse Kammer. Bei dieser Gelegenheit erläuterte Rüegger, dass die Umsetzung der geforderten Änderung der LRV zu Verwirrung in der Bevölkerung führen werde, da diese die veröffentlichten Daten eventuell nicht richtig interpretieren könnte. Ausserdem wäre der Vollzug «aufwendig und einfach nur kompliziert». Den kantonalen Behörden stehe es schon heute frei, die Daten zu veröffentlichen. Sie seien die kompetenten Behörden und kämen ihrer Aufsichtspflicht bereits genügend nach. Rüeggers Votum vermochte ausserhalb der Reihen der SVP kaum zu überzeugen und so nahm der Nationalrat die Motion mit 128 zu 61 Stimmen, bei einer Enthaltung, deutlich an.

Luftschadstoffemissionen stationärer Anlagen, welche die Tagesmittel-Grenzwerte überschreiten. Pflicht zur Veröffentlichung (Mo. 20.3507)

Einigkeit bestand bei der Behandlung der AHV 21-Reform durch den Nationalrat eigentlich nur in der Feststellung, dass dies ein sehr zentrales Projekt sei – «l'un des objets majeurs de la législature», nannte es beispielsweise Kommissionssprecher Nantermod (fdp, VS). Ansonsten unterschieden sich die Positionen der links-grünen und der bürgerlichen Ratsseite ziemlich stark. Bewusst waren sich die Befürwortenden sowie die Gegnerinnen und Gegner des vorliegenden Entwurfs aber auch, dass die Revision dieses Mal auch vor dem Stimmvolk unbedingt bestehen müsse, zumal die letzte erfolgreiche AHV-Revision fast 30 Jahre zurück lag. Darüber, ob und wie das aktuelle Projekt vor den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern mehrheitsfähig wird, schieden sich jedoch die Geister. Umstritten waren nicht nur die Frage der Rentenaltererhöhung der Frauen – die der Ständerat zuvor deutlich angenommen hatte –, sondern auch die Höhe der Ausgleichsmassnahmen für die älteren Frauenjahrgänge sowie die Zusatzfinanzierung für die AHV. Kommissionssprecher Nantermod wehrte sich gegen die Formulierung, wonach die AHV 21-Reform eine Abbauvorlage sei. So würde die Erhöhung des Frauenrentenalters, welche die Ausgaben der AHV um CHF 1.2 Mrd. verringert, durch zusätzliche Leistungen in der Höhe von CHF 812 Mio. gemildert. Somit würden die Leistungskürzungen insgesamt nur etwa CHF 400 Mio. einbringen. Dabei zählte Nantermod jedoch nicht nur die Ausgleichszahlungen für die Übergangsgenerationen zu den zusätzlichen Leistungen, sondern auch die Flexibilisierung des Rentenalters und die Änderung des Selbstbehalts, die Frauen und Männern zugute kommt. Hingegen würde die Finanzierung um CHF 1.58 Mrd. erhöht (CHF 1.36 Mrd. aus der Mehrwertsteuer und CHF 222 Mio. aus den zusätzlichen Beiträgen). Somit bestehe die Reform zu 80 Prozent aus Mehreinnahmen und zu 20 Prozent aus Leistungskürzungen und sei folglich sozial ausgestaltet. Gleichzeitig sei man sich bewusst, dass der Entwurf die Problematik der AHV-Finanzierung nicht vollständig lösen könne, voraussichtlich käme der Deckungsgrad des AHV-Fonds damit im Jahr 2030 bei 88 Prozent zu liegen. Folglich habe man die Motion 21.3462 eingereicht, gemäss welcher der Bundesrat bis Ende 2026 eine neue AHV-Reform für die Jahre 2030 bis 2040 vorlegen soll.

Ihre Kritikpunkte an dieser Vorlage fassten die Frauen der links-grünen Ratsseite in verschiedene Rückweisungsanträge an den Bundesrat oder an die SGK-NR. Eine Minderheit Porchet (gp, VD) erachtete den Leistungsabbau als unnötig und schlug stattdessen vor, die Finanzierungsprobleme der AHV durch Zuweisung der SNB-Gewinne an die AHV zu lösen. Statt an Bund und Kantone, die bereits stark von den Negativzinsen profitierten, solle das Geld der SNB aus den zusätzlichen Ausschüttungen der AHV und somit den Verliererinnen und Verlierern der Negativzinsen zugutekommen. Eine alternative Finanzierungsmöglichkeit für die AHV sah auch eine Minderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) vor, die das AHV-Defizit über eine Erhöhung des Bundesbeitrags decken wollte. Das AHV-Gesetz erlaube es, den Bundesbeitrag auf 50 Prozent der jährlichen Ausgaben zu erhöhen, folglich solle dieser stärker als nur auf die vom Bundesrat vorgesehenen 20.2 Prozent angehoben werden. Ebenfalls als alternative Finanzierungsquelle stellte Manuela Weichelt-Picard (al, ZG) ihren Minderheitsantrag dar, mit dem sie die Erfüllung des Gleichstellungsartikels, des Gleichstellungsgesetzes und des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) sowie eine Koppelung der AHV 21-Vorlage an «gleiche[n] Lohn bei gleichwertiger Arbeit» forderte. So führten die noch immer bestehenden Lohnunterschiede von 18.3 Prozent – 7.7 Prozent davon unerklärt – zwischen den Geschlechtern zu tieferen Lohnbeiträgen für die Frauen. Mit fairen Löhnen für die Frauen würden die AHV-Beiträge gemäss Travailsuisse um CHF 825 Mio. pro Jahr steigen. Statt an die Lohngleichheit wollte eine Minderheit um Mattea Meyer (sp, ZH) den Entwurf an die aktuelle Revision des BVG (BVG 21) koppeln. So liege das Hauptproblem in den Rentenunterschieden zwischen Frauen und Männern nicht bei der AHV, sondern bei den Pensionskassen. Die mittlere Pensionskassenrente für Frauen betrage beispielsweise CHF 1160 und diejenige der Männer CHF 2144; fast ein Drittel der Neurentnerinnen habe überdies gar keine Pensionskassenrente. Folglich müsse das BVG 21 zuerst revidiert werden, bevor die AHV 21 angegangen werden könne. Eine zweite Minderheit Prelicz-Huber verlangte schliesslich, dass die AHV so auszugestalten sei, dass sie den Verfassungsauftrag, wonach AHV-Renten den Existenzbedarf angemessen decken müssen, erfüllt. Dies sei heute nicht der Fall, dafür sei die AHV-Rente zu tief – insbesondere für diejenigen 13 Prozent der Männer und über ein Drittel der Frauen, die keine zweite oder dritte Säule hätten. Über 330'000 Menschen lebten deshalb unter dem Existenzminimum und müssten Ergänzungsleistungen beziehen, betonte Prelicz-Huber.

Vor der Detailberatung und nach dem unbestrittenen Eintretensentscheid musste sich der Nationalrat mit den Rückweisungsanträgen auseinandersetzen. «Die Mehrheit der Kommission will die Vorlage zügig vorantreiben», hatte Kommissionssprecher de Courten (svp, BL) zuvor betont und daran hielt sich der Nationalrat: Er lehnte sämtliche Rückweisungsanträge ab, diese fanden über die SP- und die Grüne-Fraktion hinaus einzig bei Lorenzo Quadri (lega, TI) Unterstützung.

Die Detailberatung nahm die grosse Kammer in vier Blöcken vor, wobei sie in den zentralen Punkten Differenzen zum Ständerat schuf.
Gleich zu Beginn beschäftigte sich der Nationalrat mit der Hauptthematik der Revision: Im ersten Block debattierte der Nationalrat über die Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre – das in der Zwischenzeit in «Referenzalter» umbenannt worden war. Dazu gab es noch einmal eine ausführliche und teilweise ziemlich gereizte Debatte mit zahlreichen Nachfragen, bei der verschiedene Frauen erneut die noch immer bestehende Benachteiligung der Frauen in zahlreichen Bereichen, insbesondere beim Lohn und bei der unbezahlten Arbeit, hervorhoben. Bürgerliche Sprechende verwiesen hingegen unter anderem ebenfalls auf den Gleichstellungsartikel in der Verfassung, den es nun durch eine Angleichung des Rentenalters zu erfüllen gelte. Mit 124 zu 69 Stimmen sprach sich nach dem Ständerat auch der Nationalrat für eine Erhöhung des Rentenalters der Frauen aus. Abgelehnt wurde diese von der SP- und der Grünen-Fraktion sowie von Lorenzo Quadri und zwei Mitgliedern der Mitte-Fraktion (Christine Bulliard (mitte, FR) und Jean-Paul Gschwind (mitte, JU)). Nicht nur bei den Männern waren die Fronten somit deutlich nach politischen Lagern gespalten: Einzig Christine Bulliard sprach sich als bürgerliche Frau gegen die Rentenaltererhöhung für Frauen aus. Insgesamt lehnten die Frauen im Nationalrat die Erhöhung jedoch mit 38 zu 29 Stimmen ab, zumal dem links-grünen Lager deutlich mehr Frauen angehören als dem bürgerlichen Lager.
Gleich im Anschluss behandelte der Nationalrat die zweite grosse Frage der Revision: die Kompensationsmassnahmen für Frauen, die in Kürze pensioniert würden und nun ein Jahr länger arbeiten müssten als geplant. Wie bereits im Ständerat standen diesbezüglich zahlreiche verschiedene Modelle zur Debatte. Die Kommissionsmehrheit hatte sich gegen das vom Ständerat geschaffene Trapezmodell ausgesprochen und nahm stattdessen das Modell, das Damian Müller (fdp, LU) im Ständerat vertreten hatte, in modifizierter Form auf: So sollte der Zuschlag für die Frauen nach deren bisherigem Einkommen abgestuft werden, wobei die SGK-NR im Gegensatz zu Müller drei Stufen vorsah: Je nach Höhe des bisherigen Einkommens sollten die Frauen zwischen CHF 50 und CHF 150 pro Monat zusätzlich erhalten. Davon sollten sechs Jahrgänge profitieren, maximal sollte dies CHF 551 Mio. kosten. Eine Minderheit II Prelicz-Huber befürwortete hingegen die Änderung der Rentenformel, wie sie der Bundesrat vorgeschlagen hatte (Modell Bundesrat), wollte diese aber grosszügiger ausgestalten (bei Kosten von CHF 1.08 Mrd.) und 14 Jahrgänge daran teilhaben lassen. Die restlichen drei Minderheiten befürworteten das Trapezmodell, das die Rentenzuschläge nach Jahrgängen zuerst zunehmend, später absteigend abstufen wollte. Damit sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass das Rentenalter schrittweise erhöht wird und somit die ersten Jahrgänge keinen vollständigen Rentenzuschlag zugute haben. Eine Minderheit II de Courten wollte dabei dem Ständerat folgen (Kosten: CHF 409 Mrd.), die Minderheiten IV Meyer und V Prelicz-Huber forderten hingegen verglichen mit dem Ständerat deutlich höhere Grundzuschläge (SR: CHF 150, Meyer: CHF 430, Prelicz-Huber: 515), zudem sollten bei der Minderheit Prelicz-Huber deutlich mehr Jahrgänge unterstützt werden (SR und Meyer: 9 Jahrgänge, Prelicz-Huber: 14 Jahrgänge), bei Kosten von CHF 1.35 Mrd. respektive CHF 1.72 Mrd. Ein Einzelantrag Bäumle wollte schliesslich dem Modell der Kommission folgen, aber die Übergangsmassnahmen acht Jahrgängen zugutekommen lassen (SGK-NR: 6 Jahrgänge), was Kosten von CHF 900 Mio. mit sich bringen sollte.
Wie das Modell des Bundesrates vorgesehen hatte, waren bei den Ausgleichsmassnahmen jedoch nicht nur Rentenzuschläge angedacht, sondern alternativ auch ein privilegierter Rentenvorbezug: Die Frauen der Übergangsgeneration sollten gemäss der Mehrheit der SGK-NR – ebenfalls abgestuft nach Einkommen – ihre Rente mit einem Kürzungssatz von 0 bis 2 Prozent (tiefere Einkommen), 1 bis 4 Prozent (mittlere Einkommen) und 2 bis 6 Prozent (höhere Einkommen) vorbeziehen können. Die Minderheit II Prelicz-Huber wollte hier auf den höchsten Kürzungssatz verzichten. Das Trapezmodell und somit auch die Modelle des Ständerats sowie der übrigen Minderheiten sahen keine Möglichkeit für einen privilegierten Vorbezug vor.
Gesundheitsminister Berset sprach sich mit deutlichen Worten gegen den Antrag der Kommissionsmehrheit aus. So sei die Anzahl Jahrgänge, die von den Ausgleichsmassnahmen profitieren sollen, deutlich zu gering, insbesondere wenn die ersten Übergangsjahrgänge nur reduzierte Zuschläge erhalten sollten. Die Kompensationen seien demnach deutlich weniger grosszügig als bei der erfolgreichen 10. AHV-Reform, weshalb sich der Nationalrat für das grosszügigere Modell des Bundesrates entscheiden solle. Kommissionssprecher de Courten verwies hingegen darauf, dass die Kommissionsmehrheit zwar eine geringere Anzahl Jahrgänge berücksichtige als der Bundesrat und der Ständerat, diese aber grosszügiger behandeln wolle.
Deutlich setzte sich der Vorschlag der Kommissionsmehrheit in der Ausmehrung gegen sämtliche anderen Modelle durch. Knapp wurde es einzig gegen die Minderheit II de Courten, die dem Ständerat folgen wollte (79 zu 74 Stimmen bei 40 Enthaltungen). Dabei stimmte fast die gesamte Grünen-Fraktion mit der SVP-Fraktion für die Minderheit de Courten, während sich die SP-Fraktion ihrer Stimme enthielt.

Im zweiten Block behandelte der Nationalrat die Flexibilisierung des Rentenbezugs, dessen erste Frage des privilegierten Vorbezugs der Übergangsgeneration ja bereits bei der Wahl des Kompensationsmodells geklärt worden war. Umstritten war hier – wie bereits im Ständerat – die Frage, ob der Vorbezug ab 62 oder 63 Jahren möglich sein soll. Die Kommissionsmehrheit wollte der Version des Ständerates folgen (63 Jahre). Yvonne Feri (sp, AG) argumentierte hingegen, dass Frauen neben dem Rentenalter nicht auch noch beim Zeitpunkt des Vorbezugs eine Verschlechterung erfahren sollten, und beantragte folglich Zustimmung zur bundesrätlichen Version für einen Vorbezug ab 62 Jahren. Deutlich setzte sich die Kommissionsmehrheit aber auch hier durch.
Auch bei der Frage des Freibetrags für Personen, die nach Erreichen des AHV-Alters weiterhin erwerbstätig sind, war die Kommissionsmehrheit erfolgreich. Der Ständerat hatte sich hier statt eines Betrags in der Höhe des anderthalbfachen Mindestbetrags der AHV-Rente (aktuell CHF 16’800) für einen fixen Betrag von CHF 24'000 entschieden, der jedoch an die Teuerung angepasst werden soll. Damit sollten die Bürgerinnen und Bürger motiviert werden, über das Referenzalter hinaus erwerbstätig zu bleiben. Die Kommissionsmehrheit wollte stattdessen dem Bundesrat folgen, den Freibetrag jedoch für freiwillig erklären. Erfolglos blieben diesbezüglich eine Minderheit I de Courten, die dem Ständerat folgen, aber den Zusatz der Kommission zur Freiwilligkeit des Freibetrags aufnehmen wollte, sowie eine Minderheit II Gysi (sp, SG) für die bundesrätliche Position.

In einem dritten Block fasste der Nationalrat die übrigen Themenbereiche zusammen. So hatte zum Beispiel eine Minderheit Feri im Lichte des Urteils des EGMR gegen die Schweiz vorgeschlagen, die Witwerrente der Witwenrente anzupassen und somit grosszügiger auszugestalten als bisher. Denn während Witwer nach geltendem Recht nur solange Witwerrente erhalten, wie sie minderjährige Kinder zu betreuen haben, haben Witwen bis zu ihrer Pensionierung Anrecht auf Witwenrente. Es sei höchste Zeit, die biologisch und funktional ungerechtfertigten rechtlichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu beheben, argumentierte Feri. Die beiden Kommissionssprecher verwiesen jedoch auf die Kosten dieser Regelung von CHF 105 Mio. pro Jahr und wollten stattdessen einen entsprechenden Vorschlag des Bundesrates abwarten. Verschiedene Sprechende hofften darauf, die Problematik nicht durch eine grosszügigere Witwerrente, sondern durch eine Einschränkung der Witwenrente zu lösen. Der Nationalrat teilte diese Einschätzung und lehnte den Antrag der Minderheit Feri ab.

Im vierten Block debattierte der Nationalrat über die dritte grosse Frage, die Zusatzfinanzierung für die AHV. Dabei lagen auch bezüglich der Mehrwertsteuererhöhung unterschiedliche Konzepte vor. Die Kommissionsmehrheit schlug mit einer Erhöhung von 0.4 Prozentpunkten des Normalsatzes (sowie Erhöhungen um je 0.1 Prozentpunkte des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen und des reduzierten Satzes) eine etwas grössere Erhöhung vor als der Ständerat (0.3 und je 0.1 Prozentpunkte), blieb jedoch deutlich unter dem Vorschlag des Bundesrates (0.7 respektive 0.2 und 0.3 Prozentpunkte). Eine Minderheit II de Courten bevorzugte die ständerätliche Version, während eine weitere Minderheit IV de Courten die Mehrwertsteuer nur zeitlich begrenzt bis Ende 2030 in demselben Ausmass erhöhen wollte wie die Kommissionsmehrheit. Eine Minderheit I Maillard (sp, VD) sprach sich zwar für die von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Mehrwertsteuererhöhung aus, wollte jedoch auf die von der Kommission sowie von mehreren Minderheiten ebenfalls vorgesehene Verknüpfung der Mehrwertsteuererhöhung mit der Erhöhung des Rentenalters verzichten. Eine Minderheit III Gysi beantragte schliesslich, dem Bundesrat zu folgen. Gesundheitsminister Berset verwies darauf, dass die Situation für zukünftige Revisionen noch viel schwieriger werde, wenn man bereits jetzt mit einer 88-prozentigen Deckung des Fonds für das Jahr 2030 rechne – so hoch sollte der Deckungsgrad mit dem Modell der Kommissionsmehrheit sein. Folglich empfahl er dem Nationalrat die stärkere vom Bundesrat vorgesehene Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.7 Prozentpunkte. Davon liess sich dieser jedoch nicht überzeugen, auch in dieser Frage setzte sich die Kommissionsmehrheit gegen sämtliche Minderheitsanträge durch.
Ein weiterer Diskussionspunkt betraf die Frage, ob der Bundesbeschluss zur Mehrwertsteuererhöhung an die AHV 21-Reform geknüpft werden soll oder nicht. Der Ständerat hatte eine solche Verknüpfung geschaffen, die Mehrheit der SGK-NR wollte ihr zustimmen, während sie eine Minderheit Maillard ablehnte. Bundesrat Berset verwies diesbezüglich auf die Altersvorsorge 2020, bei der die Verknüpfung der beiden Vorlagen für die Ablehnenden ein wichtiges Argument dargestellt habe. Dabei forderte er den Nationalrat auf, denselben Fehler nicht erneut zu begehen. Davon liess sich dieser jedoch nicht überzeugen und nahm den Mehrheitsantrag mit 124 zu 67 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an.
In der Folge schlug Felix Wettstein (gp, SO) ein alternatives Finanzierungskonzept in Anlehnung etwa an die Mikrosteuer-Initiative vor, gemäss dem auf jeder Finanztransaktion an der Schweizer Börse eine Steuer von 1 Promille erhoben werden sollte. Damit könne neben den Einkommen eine weitere Finanzierungsquelle für die AHV erschlossen werden, begründete Wettstein seinen Antrag. Dieser wurde jedoch mit 120 zu 70 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) abgelehnt. Zustimmung fand der Vorschlag bei der SP- und der Grünen-Fraktion sowie bei einer Minderheit der Mitte-Fraktion.
Stattdessen schuf die Mehrheit der SVP-Fraktion unterstützt von der SP- und der Grünen Fraktion eine andere, zusätzliche Einnahmequelle für die AHV. So schlug die SVP-Fraktion in einem Einzelantrag vor, sämtliche Bruttoerträge der Schweizerischen Nationalbank aus den Negativzinsen auf den von ihr geführten Girokonten dem AHV-Ausgleichsfonds zukommen zu lassen. Zudem sollten die Bruttoerträge aus den Negativzinsen auf den von ihr geführten Girokonten, die zwischen 2015 und dem Inkrafttreten der AHV 21-Revision anfallen würden, in einer einmaligen Zahlung der AHV zugeschrieben werden. Eine Minderheit Maillard hatte zuvor einen ähnlichen Antrag gestellt, diesen aber zugusten des SVP-Antrags zurückgezogen. Pierre-Yves Maillard verwies auf die riesigen Gewinne, welche die SNB mit den Negativzinsen mache: In den ersten 60 Tagen dieses Jahres habe diese bereits die Gewinne angehäuft, welche gemäss dem Antrag der SVP der AHV zukommen würden. Alfred Heer (svp, ZH), der bereits 2018 eine entsprechende Motion (Mo. 18.4327) eingereicht hatte, verwies für die SVP-Fraktion darauf, dass die Negativzinsen zwar zur Schwächung des Frankens und als Subvention für die Exportindustrie gedacht seien, in erster Linie aber vor allem eine «Strafe für die Sparerinnen und Sparer in der Schweiz» darstellten. Folglich müssten deren Gewinne wieder an die Bevölkerung zurück verteilt werden. Kommissionssprecher Nantermod empfand es hingegen als unklug «de lier le destin de l'AVS à […] celui des intérêts négatifs». Die AHV-Finanzierung solle nicht von der SNB abhängig werden, da damit auch die Unabhängigkeit der SNB gefährdet sei. Schliesslich gehöre die SNB den Kantonen, weshalb der Bund nicht über die Verwendung ihrer Gewinne bestimmen könne. Mit 108 zu 80 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) nahm der Nationalrat den SVP-Antrag jedoch an und verschob diese Zusatzfinanzierung in der Folge in eine neue Vorlage 3.
Erfolglos blieb hingegen ein Minderheitsantrag Prelicz-Huber für eine Erhöhung des Bundesbeitrags an die AHV von bisher 19.55 Prozent auf 25 Prozent. Stattdessen nahm die grosse Kammer die Erhöhung auf 20.2 Prozent, wie sie der Bundesrat vorgeschlagen hatte, an.

In der Gesamtabstimmung stimmte die grosse Kammer dem Revisionsentwurf für das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung mit 126 zu 67 Stimmen zu, abgelehnt wurde er von den geschlossen stimmenden SP- und Grünen-Fraktionen sowie von Lorenzo Quadri. Der Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wurde nur von Stefania Prezioso (egsols, GE) abgelehnt, die SP-Fraktion enthielt sich jedoch ihrer Stimme. Dem vom Nationalrat auf Initiative der SVP-Fraktion neu geschaffenen Bundesbeschluss über die Zuweisung des Gewinns aus den Negativzinsen der SNB an den AHV-Ausgleichsfonds stimmte der Nationalrat mit 132 zu 60 Stimmen (bei 1 Enthaltung) zu. Zu den SP-, Grünen- und SVP-Fraktionen, die dieses Projekt bereits zuvor unterstützt hatten, gesellte sich auch eine Mehrheit der Mitte-Fraktion. Nachdem diese Abstimmung wegen unklarer Abstimmungsfrage wiederholt worden war, betrug die Unterstützung durch die Mitte-Fraktion jedoch nur noch drei Stimmen. Dennoch reichte es mit 114 zu 75 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) zur Annahme des neu geschaffenen Bundesbeschlusses.

Reform «Stabilisierung der AHV (AHV 21)» (BRG 19.050)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter
Dossier: Erhöhung des Rentenalters

In der Sommersession 2021 behandelte das Parlament die Staatsrechnung 2020. Im erstberatenden Ständerat präsentierte Kommissionssprecher Hegglin (mitte, ZG) die Zahlen zu diesem ausserordentlichen Rechnungsjahr und verwies dabei insbesondere auf die CHF 16.1 Mrd., welche der Bund Corona-bedingt schlechter abschloss, als veranschlagt worden war. Daneben stellte er auch die grossen Einnahmerückgänge – insgesamt sanken die Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 3.4 Prozent – in den Mittelpunkt: Die Einnahmen der Mehrwertsteuer (-1.8%), der Verrechnungssteuer (-37.5%) oder der Mineralölsteuer (-6%) nahmen allesamt deutlich ab. Nach einer kurzen Debatte darüber, was nun mit den Schulden auf dem Amortisationskonto geschehen soll, hiess der Ständerat die Staatsrechnung 2020, die Rechnung des Bahninfrastrukturfonds 2020 sowie die Rechnung des NAF 2020 einstimmig (mit jeweils 44 zu 0 Stimmen) gut.

Etwas mehr zu reden gab die Staatsrechnung einige Tage später in der grossen Kammer. «[...] La période des vaches grasses est révolue», fasste Kommissionssprecher Gschwind (mitte, JU) die aktuelle Finanzsituation mit einem Defizit von CHF 15.8 Mrd. zusammen. Dennoch hätten die Vorgaben der Schuldenbremse mit einem strukturellen Überschuss von CHF 1.7 Mrd. erfüllt werden können, allerdings nur aufgrund der in der Schuldenbremse vorgesehenen Möglichkeit, Ausgaben ausserordentlich zu verbuchen – im Jahr 2020 wurden CHF 14.7 Mrd. ausserordentlich auf das Amortisationskonto gebucht. Die Bruttoschulden des Bundes stiegen Corona-bedingt um CHF 6.6. Mrd. an, die Schuldenquote liegt neu bei 14.7 Prozent des BIP, wie der zweite Kommissionssprecher Egger (svp, SG) ergänzte. In der Folge schwankte die Beurteilung der Situation zwischen «schwindelerregende Zahlen» respektive einem «Horrorfilm» (Guggisberg, svp, BE), und «in vielerlei Hinsicht ein erstaunlich normales Jahr» (Wettstein, gp, SO) respektive «von der Spannung beim Lesen [...] schon eher mit einem Telefonbuch vergleichbar» (Siegenthaler, mitte, BE). Gemeinsam hatten die Sprechenden, dass sie mit Spannung den Vorschlag des Bundesrates zum Abbau dieser Schulden auf dem Amortisationskonto im Herbst 2021 erwarteten. Finanzminister Maurer kündigte diesebezüglich eine Vernehmlassung zur Änderung des Finanzhaushaltsgesetzes an. Trotz dieser unterschiedlichen Beurteilungen der Situation war die Annahme der Staatsrechnung nicht umstritten: Mit 181 Stimmen nahm der Nationalrat die Staatsrechnung 2020 ohne Gegenstimmen, aber mit Enthaltung von Stefania Prezioso (egsols, GE) an. Einzelne Gegenstimmen gab es hingegen bei der Rechnung des Bahninfrastrukturfonds 2020 (180 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung) sowie bei der Rechnung des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds 2020 (180 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen).

Staatsrechnung 2020 (BRG 21.003)
Dossier: Bundeshaushalt 2020: Voranschlag und Staatsrechnung
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits
Dossier: Staatsrechnungen (seit 1991)

In der Wintersession 2020 behandelte der Nationalrat als Erstrat das Bundesgesetz über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts. Jean-Paul Gschwind (cvp, JU) und Peter Schilliger (fdp, LU) erläuterten die Vorlage und betonten, dass diese den Bundeshaushalt zwar insgesamt entlasten werde, es jedoch unklar sei, wie stark – zudem falle die Entlastung vermutlich geringer aus, als viele gehofft hätten, erklärte Gschwind. Das Ziel seien denn auch nicht signifikante Einsparungen, sondern die Steigerung der Personaleffizienz um 2 Prozent pro Jahr. In der Folge zeigten sich die meisten Fraktionssprecherinnen und -sprecher in der Tat nicht begeistert vom Ausmass der Einsparungen, zeigten jedoch Verständnis für die Problematik und sagten der vorliegenden Revision ihre Unterstützung zu.
Die FK-NR hatte sich zuvor entschieden, die Einführung von Pauschalen bei der Berechnung der Kostenbeteiligung für die Post- und Fernmeldeüberwachung (ÜPF), der aber eben auch eine gesetzliche Grundlage für die Analyse der Überwachungsdaten im ÜPF-Verarbeitungssystem hinzugefügt worden war, in ein separates zweites Teilprojekt zu verschieben; dieses zweite Teilprojekt sollte wegen der Analyse der Überwachungsdaten zudem an die RK-NR zur Vorberatung zurückgewiesen werden. Die Aufteilung hiessen die Sprechenden gut, zumal die Massnahme selbst insbesondere auf der linken Ratsseite auf Kritik stiess: Eine solche Änderung wäre «definitiv nicht einfach ein administrativer Akt», kritisierte etwa Felix Wettstein (gp, SO) und Céline Widmer (sp, ZH) ergänzte, dass nicht gleichzeitig mit den übrigen eher technischen Massnahmen auch die Rechtsgrundlage für eine Analyse der ÜPF-Daten bezüglich Personennetzwerken sowie Kommunikations- und Bewegungsgewohnheiten von überwachten Personen geschaffen werden könne. Stillschweigend nahm der Rat den Rückweisungsantrag für das zweite Teilprojekt an.
Zum ersten Teilprojekt lagen zwei Minderheitsanträge Wettstein bezüglich des Eisenbahngesetzes und des Bahninfrastrukturfondsgesetzes vor, die darauf abzielten, das heutige Investitionsniveau im Bereich des öffentlichen Verkehrs zu halten; durch eine Umstellung des Berechnungsmasses vom Bahnbau-Teuerungsindex auf den LIK würde das Investitionsniveau um CHF 20 bis 30 Mio. reduziert, argumentierte Wettstein. Der Nationalrat sprach sich mit 157 zu 29 Stimmen und mit 156 zu 29 Stimmen gegen die Minderheitsanträge aus, diese fanden lediglich bei der geschlossen stimmenden Grünen-Fraktion und bei je einem Mitglied der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion Anklang. Alle übrigen Massnahmen hiess der Nationalrat stillschweigend gut und nahm den Entwurf in der Gesamtabstimmung einstimmig an.

Bundesgesetz über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts (BRG 20.067)

In der Wintersession 2020 befasste sich der Nationalrat mit der Motion von Nationalrätin Seiler Graf (sp, ZH), die den Stopp aller Kriegsmaterialexporte an die Jemen-Kriegsallianz gefordert hatte. Die Motionärin bekräftige in der grossen Kammer ihre Forderung nach einem Ausfuhrverbot und sparte dabei nicht an Kritik am Bundesrat. Einerseits schade diese Art der Aussenpolitik der Schweiz in ihrer Rolle als humanitärer Akteurin, andererseits seien die Ausreden, dass das gelieferte Kriegsmaterial nicht im Jemen eingesetzt würde, «unglaubwürdig». Sie beschuldigte den Gesamtbundesrat, dass dieser mit seinem «Kuscheln und Weiterliefern» den Auftrag des Verfassungsartikels 54, Abs. 2 – demzufolge die Schweiz mit ihrer Aussenpolitik zur Achtung der Menschenrechte und dem friedlichen Zusammenleben der Völker beitragen soll – nicht erfülle. Der anwesende Bundesrat Guy Parmelin wiederholte fast wortgleich die gedruckte Begründung des Bundesrats und forderte den Nationalrat dazu auf, die Motion abzulehnen. Diesem Aufruf folgte der Rat jedoch nicht; er nahm die Motion mit 97 zu 95 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) knapp an. Die SVP- und FDP.Liberale-Fraktionen stimmten dabei fast geschlossen dagegen. Kurz darauf stellte Andreas Glarner (svp, AG) jedoch einen Ordnungsantrag und beantragte die Wiederholung der Abstimmung mit der Begründung, dass die SVP «einen falschen Knopf gedrückt habe». Offenbar war Neo-Nationalrat Huber (svp, AG) versehentlich von der Parteilinie abgewichen. Dem Ordnungsantrag wurde mit 150 zu 28 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) stattgegeben, am Resultat änderte die Wiederholung jedoch wenig. Die Motion wurde im zweiten Versuch gar mit 98 zu 94 Stimmen (bei 1 Enthaltung) angenommen, was einerseits mit Abwesenheiten bei der ersten oder zweiten Abstimmung zu tun hatte, andererseits aber auch mit Änderungen des Abstimmungsverhaltens – Huber und Ritter (cvp, SG) wechselten ins Gegnerlager, Pfister (cvp, ZG) ins Befürworterlager und Gschwind (cvp, JU) enthielt sich neu der Stimme, während Weichelt-Picard (al, ZG) und Gysi (sp, SG) bei der ersten und Quadri (lega, TI) bei der zweiten Abstimmung abwesend waren.

Stopp aller Kriegsmaterialexporte an die Jemen-Kriegsallianz

Wie so vieles im Jahr 2020 stand auch der in der Wintersession 2020 zusammen mit der Staatsrechnung 2019 und dem ordentlichen zweiten Nachtrag zum Voranschlag 2020 behandelte Voranschlag 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022-2024 im Zeichen der Corona-Pandemie. Zum ersten Mal hatten sich National- und Ständerat vorgängig auf ein Notbudget geeinigt für den Fall, dass die Session Corona-bedingt abgebrochen werden müsste und der Voranschlag deshalb nicht zu Ende beraten werden könnte. Zudem hatte das Parlament neben unzähligen traditionellen erneut auch über zahlreiche im ursprünglichen Voranschlag oder in einer der drei vom Bundesrat eingereichten Nachmeldungen aufgeführten Corona-bedingten Budgetposten zu beraten, wobei es gleichzeitig entscheiden musste, welche davon als ausserordentliche Ausgaben verbucht und damit von der Schuldenbremse ausgenommen werden sollen. Die Kommissionssprecher Nicolet (svp, VD) und Fischer (glp, LU) erläuterten, dass das ursprüngliche Budget des Bundesrates ein Defizit von CHF 1.1 Mrd. aufgewiesen habe, dass dieses durch die Nachmeldungen aber auf über CHF 2 Mrd. CHF angestiegen sei; auf über CHF 4 Mrd. gar, wenn man die ausserordentlichen Ausgaben miteinbeziehe. Keine unwesentliche Rolle spielten dabei die Corona-bedingten Mehrausgaben, welche sich auf CHF 5.4 Mrd. beliefen (CHF 2.5 Mrd. davon sollten als ordentlicher, CHF 2.9 Mrd. als ausserordentlicher Zahlungsbedarf verbucht werden).
In der Folge beriet die grosse Kammer zwar einmal mehr zahlreiche Minderheitsanträge, nahm jedoch nur 7 Minderheits- oder Einzelanträge an und änderte die bundesrätliche Version nur in 14 Bereichen ab. Dadurch erhöhte der Nationalrat die Ausgaben gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf um CHF 726 Mio. und gegenüber der FK-NR um CHF 15 Mio. und nahm den Entwurf zum Schluss mit 190 zu 2 Stimmen deutlich an.

Vor der Detailberatung betonten die Kommissionssprecher, dass die FK-NR dem Bundesrat weitgehend gefolgt sei, gerade bei den Covid-19-Massnahmen und bei den Direktzahlungen in der Landwirtschaft aber einige Änderungen angebracht habe. Insgesamt schöpfe die Kommission den Schuldenbremse-bedingten Spielraum mit einem Defizit von CHF 2 Mrd. nicht vollständig aus – möglich wäre ein Defizit von CHF 3.2 Mrd. Der dadurch verbleibende strukturelle Überschuss von CHF 1.2 Mrd. sollte, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, dem Amortisationskonto der Schuldenbremse gutgeschrieben und entsprechend für den Abbau der als ausserordentliche Ausgaben verbuchten Corona-Defizite verwendet werden, wie es der Bundesrat auch für den budgetierten Überschuss in der Staatsrechnung 2019 beantragt hatte.
Ergänzend wies Finanzminister Maurer darauf hin, dass das Budget mit sehr vielen Unsicherheiten belastet sei. Je nach Dauer und Anzahl der Corona-Wellen und der Erholungszeit gewisser Bereiche könne sich der Voranschlag durch kommende Nachträge durchaus noch verschlechtern. Man habe hier aber ein Budget ohne Sparmassnahmen erstellt, um der Wirtschaft zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen, betonte er.

Der Nationalrat behandelte die einzelnen Budgetposten in sieben Blöcken, beginnend mit den Covid-19-Unterstützungshilfen. Stillschweigend folgte er dem Bundesrat dabei bei den meisten seiner Nachmeldungen, zum Beispiel bezüglich der Leistungen des Erwerbsersatzes, welche der Bundesrat von anfänglich CHF 490 Mio. auf CHF 2.2. Mrd. aufgestockt hatte, nachdem das Parlament im Rahmen des Covid-19-Gesetzes auch indirekt betroffenen Selbständigen Zugang zur EO gewährt hatte; bezüglich der Unterstützung für den Kulturbereich, wie sie in der Herbstsession 2020 in der Kulturbotschaft beschlossen worden war; bezüglich der Arzneimittelbeschaffung; der Lagerhaltung von Ethanol; der Härtefallentschädigung für Vermietende; des öffentlichen Verkehrs oder der Stabilisierung von Skyguide. Minderheitsanträge lagen unter anderem bezüglich der kantonalen Härtefallmassnahmen für Unternehmen vor. Hier hatte der Bundesrat den anfänglichen Verpflichtungskredit von CHF 200 Mio. auf CHF 680 Mio. aufgestockt, eine Minderheit Widmer (sp, ZH) verlangte hingegen eine weitere Erhöhung auf CHF 1 Mrd. Bundesrat Maurer bat den Rat jedoch darum, bei den mit den Kantonen ausgehandelten CHF 680 Mio. zu bleiben, da eine Erhöhung gegen Treu und Glauben verstossen würde – die Kantone müssten entsprechend ebenfalls höhere Beträge sprechen. Zudem wollte dieselbe Minderheit Widmer den Verpflichtungskredit durch einen Zahlungskredit ersetzen, so dass diese Mittel den Kantonen rasch zur Verfügung stehen könnten; die Kommission schlug stattdessen eine Ergänzung des Verpflichtungskredits durch einen entsprechenden Zahlungskredit vor. Finanzminister Maurer kritisierte die Umwandlung, da sie dem Finanzhaushaltsgesetz widerspreche und sich der Bund ja erst beteiligen müsse, wenn die Kantone durch ihre Darlehen Verluste erlitten. Entsprechend müssten die nicht ausgeschöpften Kredite jeweils übertragen werden. Mit 110 zu 78 Stimmen sprach sich der Nationalrat gegen die Minderheit Widmer aus, die immerhin bei den geschlossen stimmenden SP-, Grünen- und GLP-Fraktionen Anklang fand, nahm jedoch den neuen Zahlungskredit stillschweigend an.

Im zweiten Block – Beziehungen zum Ausland und Migration – lagen zwei Gruppen von Minderheitsanträgen vor. So beantragten auf der einen Seite Minderheiten aus der SVP-Fraktion (Grin (svp, VD) und Keller (svp, NW)), Beträge bei der Entwicklungszusammenarbeit, bei multilateralen Organisationen oder bei den Darlehen und Beteiligungen in Entwicklungsländern zu senken und sie damit auf dem Stand des Vorjahres zu belassen. Nicht nur in den Entwicklungsländern, auch in der Schweiz müsse man der schwierigen Rechnungssituation 2021 Rechnung tragen, argumentierte etwa Grin. Auf der anderen Seite versuchten Minderheiten aus der SP- und der Grünen-Fraktion (Friedl (sp, SG) und Wettstein (gp, SO)), unter anderem die Kredite der Entwicklungszusammenarbeit, für humanitäre Aktionen, zur zivilen Konfliktbearbeitung sowie für Integrationsmassnahmen für Ausländerinnen und Ausländer zu erhöhen, um sicherzustellen, dass die APD-Quote, welche auf 0.5 Prozent des BNE festgelegt worden war, auch wirklich erreicht werde. Roland Fischer (glp, LU) verwies für die Kommission darauf, dass die Kredite im Budget den Parlamentsbeschlüssen zu den Zahlungsrahmen für internationale Zusammenarbeit entsprechen und die Kommission entsprechend Erhöhungen oder Kürzungen ablehne. Folglich sprach sich der Nationalrat gegen sämtliche Minderheitsanträge aus, diese fanden denn auch kaum über die jeweiligen Fraktionen hinaus Unterstützung.

Dasselbe Bild zeigt sich im dritten Block, in dem es um die soziale Wohlfahrt ging. Minderheiten Guggisberg (svp, BE) und Nicolet (svp, VD) beantragten tiefere Kredite respektive den Verzicht auf eine Aufstockung der Kredite für Massnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, für familienergänzende Kinderbetreuung sowie für den Kinderschutz und die Kinderrechte. Die entsprechenden Aufgaben lägen vor allem in der Kompetenz der Gemeinden und Kantone, weshalb auf eine Aufstockung beim Bund verzichtet werden solle. Eine Minderheit Dandrès (sp, GE) wollte das Budget des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen aufstocken, weil gerade Menschen mit Behinderungen von der Corona-Pandemie besonders stark getroffen worden seien. Zudem sollte auch der Betrag des Bundesamtes für Verkehr zur Behindertengleichstellung für Investitionen in die Barrierefreiheit aufgestockt werden. Letzterer Betrag sei jedoch nicht gekürzt worden, wie einige Sprechende vermuteten, sondern werde neu über den Bahninfrastrukturfonds finanziert, erklärte Finanzminister Maurer. Auch in diesem Block wurden sämtliche Minderheitsanträge deutlich abgelehnt.

Im vierten Block, in dem es um Kultur, Bildung, Forschung und Sport ging, waren die Bildungsanträge wie in früheren Jahren vergleichsweise erfolgreich. Der Nationalrat stimmte Einzelanträgen von Christian Wasserfallen (fdp, BE) sowie Matthias Aebischer (sp, BE) und einem Minderheitsantrag Schneider Schüttel (sp, FR) zu. Wasserfallen und Aebischer wollten verschiedene Kredite des SBFI und des ETH-Bereichs aufstocken (unter anderem den Finanzierungsbeitrag an den ETH-Bereich und an die Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung) und damit die Entscheidungen des Nationalrats aus der BFI-Botschaft, die sich gerade im Differenzbereinigungsverfahren befand, aufnehmen. Alle vier Einzelanträge fanden im Rat eine Mehrheit, obwohl sie von der SVP- sowie von mehr oder weniger grossen Teilen der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion abgelehnt wurden. Die Minderheit Schneider Schüttel wollte den Betrag bei der internationalen Bildungs-Mobilität verdoppeln und auch in den Finanzplanjahren sehr stark aufstocken, um so ab 2021 die Schweizer Vollassoziierung an Erasmus plus zu finanzieren. Kommissionssprecher Fischer (glp, LU) wies jedoch darauf hin, dass die Bedingungen für die Teilnahme von Drittstaaten noch nicht bekannt seien und man das Geld entsprechend erst dann beantragen wolle, wenn man die genauen Kosten kenne. Der Nationalrat folgte der Kommission diesbezüglich zwar im Voranschlagsjahr, nahm aber die Erhöhungen für die Finanzplanjahre mit 93 zu 86 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Erfolglos blieben in diesem Block Kürzungsanträge bei Pro Helvetia, bei verschiedenen Kultureinrichtungen (Minderheiten Guggisberg), deren Kredit die FK-NR aufgrund der Kulturbotschaft aufgestockt hatte, sowie beim Schiesswesen (Minderheit Wettstein).

Landwirtschaft und Tourismus standen im fünften Block im Zentrum und einmal mehr wurde die 2017 angenommene Motion Dittli (fdp, UR; Mo. 16.3705) zum Streitpunkt. Der Bundesrat hatte die Direktzahlungen gegenüber dem Jahr 2020 aufgrund der negativen Teuerung reduziert – gemäss der Motion Dittli soll jeweils die tatsächlich stattgefundene Teuerung verrechnet werden. Die Kommission schlug nun aber vor, zum früheren Betrag zurückzukehren. Der Finanzminister zeigte sich genervt über diesen Entscheid: Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier müssten sich überlegen, «ob Sie uns überhaupt solche Aufträge erteilen wollen, wenn Sie sich letztlich nicht daran halten. Das auszurechnen, gibt nämlich einiges zu tun». Mit dieser Darstellung zeigten sich aber verschiedene Sprechende nicht einverstanden. So argumentierten Heinz Siegenthaler (bdp, BE) und Markus Ritter (cvp, SG), dass der Bundesrat in der Botschaft zur Agrarpolitik 2018-2021 die Teuerung nicht ausgleichen wollte und zusätzlich eine nominelle Kürzung vorgenommen habe. Das Parlament habe in der Folge auf die Teuerung verzichtet, aber die Kürzung rückgängig gemacht. Nun dürfe aber keine Teuerung korrigiert werden, die man gar nie gewährt habe. Auch eine linke Minderheit Schneider Schüttel (sp, FR) zeigte sich bereit, die Direktzahlungen zu erhöhen, solange dies zielgerichtet erfolge, und schlug vor, als Reaktion auf das abgelehnte Jagdgesetz eine Krediterhöhung um CHF 1.6 Mio. in den Planungsgrössen den Sömmerungsbeiträgen an die nachhaltige Schafalpung zuzuweisen. Eine zweite Minderheit Schneider Schüttel beantragte, bezüglich der Direktzahlungen dem Bundesrat zu folgen. Der Rat entschied sich in der Folge sowohl für eine Erhöhung um CHF 1.8 Mio. für die Sömmerungsbeiträge als auch für die von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Erhöhung um fast CHF 17 Mio. und lehnte entsprechend den Antrag der Minderheit II ab. Weitere Minderheitsanträge zur Pflanzen- und Tierzucht und zur Förderung von Innovationen und Zusammenarbeit im Tourismus (Minderheiten Wettstein) fanden keine Mehrheit, jedoch folgte der Nationalrat stillschweigend dem Antrag seiner Kommission, das Globalbudget von Agroscope für deren Restrukturierung um CHF 4.1 Mio. aufzustocken.

Im sechsten Block behandelte der Rat die Themen Verkehr und Umwelt und änderte hier stillschweigend die Sollwerte für die Auslastung des öffentlichen Verkehrs und des Schienengüterverkehrs. Diese sollen überdies auch in den Finanzplanjahren um jährlich 0.1 Prozent steigen. Erfolgreich war auch eine Minderheit Gschwind (cvp, JU), die beantragte, den Kredit für Schäden durch Wildtiere, Jagd und Fischerei nicht zu erhöhen, da hier bereits genügend Mittel vorhanden seien (106 zu 86 Stimmen). Erfolglos blieben Minderheitsanträge auf höhere Kredite für den Technologietransfer und den Langsamverkehr (Minderheit Brélaz: gp, VD) und auf einen tieferen Kredit für Natur und Landschaft (Minderheit Nicolet). Bei der Förderung von Umwelttechnologien wollte die Kommissionsmehrheit den vom Bundesrat vorgeschlagenen Betrag um CHF 3 Mio. erhöhen und den Anfangsbetrag damit fast verdoppeln, was eine Minderheit Gmür bekämpfte. Die Förderung könne auch durch die Privatwirtschaft geschehen, nicht immer durch den Staat – sofern die Projekte gut seien. Die grosse Kammer folgte jedoch ihrer Kommissionsmehrheit.

Im siebten und letzten Block standen Eigenaufwand und Verwaltungsprozesse im Zentrum, wobei der Rat überall seiner Kommission folgte. Er lehnte sämtliche Anträge auf Kürzung, zum Beispiel bei den Parlamentsdiensten, bei denen eine Minderheit Strupler (svp, TG) auf zusätzliches bewaffnetes Sicherheitspersonal im Parlamentsgebäude verzichten wollte, oder bei der Aufstockung des Globalbudgets des BAFU (Minderheit Dandrès), ab. Umstrittener war die Frage, ob das Globalbudget des NDB erhöht und stattdessen der Kredit für Rüstungsaufwand und -investitionen des VBS reduziert werden soll. Eine Minderheit Widmer (sp, ZH) lehnte diesen Austausch ab, der Rat stimmte dem Kommissionsantrag jedoch deutlich zu. Abgelehnt wurde schliesslich auch der Antrag einer Minderheit Schwander (svp, SZ), wonach die gesamten Personalausgaben in den Finanzplanjahren sukzessive auf CHF 6 Mrd. reduziert und dort plafoniert werden sollten. Schliesslich schlug die Kommission vor, für die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS), die für die Durchführung der Sozialversicherungen der 1. Säule zuständig ist, vier neue Planungsgrössen bezüglich einer effizienten Bearbeitung der Versichertendossiers einzuführen, um so deren Effizienz zu steigern. Obwohl Finanzminister Maurer um die Annahme der Minderheiten Fischer und Gysi (sp, SG) für einen Verzicht auf die neuen Sollwerte bat, weil die ZAS inmitten eines Umbaus ihrer Informatik sei, wodurch die Effizienz der Institution ab 2024 gesteigert werden könne, sprach sich der Nationalrat für die Änderung aus.

Insgesamt erhöhte der Nationalrat damit die Ausgaben gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf um CHF 726 Mio. und gegenüber der FK-NR um CHF 15 Mio. Offen war schliesslich noch die Frage, welche Kredite als ausserordentliche Ausgaben verbucht werden sollen. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, die Covid-Kosten für die Erwerbsausfallentschädigungen für Selbständigerwerbende (CHF 2.2 Mrd.) und CHF 680 Mio. für die Härtefallhilfe der Kantone als ausserordentlichen Kredite zu behandeln, während die übrigen Corona-bedingten Ausgaben über CHF 2.5 Mrd. dem ordentlichen Zahlungsbedarf zugerechnet werden sollten. Die Kommission beantragte dem Bundesrat zu folgen, während eine Minderheit Fischer (glp, LU) die gesamten Corona-bedingten Mehrkosten von CHF 5.4 Mrd. als ausserordentliche Ausgaben dem Amortisationskonto belasten wollte. Eine einheitliche Verbuchung würde eine höhere Transparenz ermöglichen, erklärte Fischer, zumal es keine objektiven und rechtlichen Kriterien für eine Einteilung in ordentliche und ausserordentliche Ausgaben gebe. Zusätzlich würde dadurch der Schuldenbremse-bedingte Spielraum vergrössert, indem der strukturelle Überschuss von CHF 1.2 Mrd. auf CHF 3.7 Mrd. erhöht würde. Unverändert bliebe dabei das Finanzierungsdefizit in der Höhe von CHF 4.917 Mrd. Auch Finanzminister Maurer bestätigte, dass die Verbuchung keine exakte Wissenschaft sei und entsprechend beide Lösungen möglich wären. Der Bundesrat habe diejenigen Ausgaben, die man «im Voraus» kenne, im ordentlichen Budget untergebracht und einzig die bei der Budgetierung unbekannten Kredite für die EO und die Härtefallhilfen ausserordentlich verbucht. Die Transparenz werde zukünftig durch einen noch zu erstellenden Zusatzbericht hergestellt, welcher die gesamten aufgeschlüsselten Kosten der Covid-19-Krise für den Bund aufzeigen werde. Mit 112 zu 73 Stimmen folgte der Rat gegen den Willen der SP, der Grünen und der GLP der Kommissionsmehrheit. In der darauffolgenden Gesamtabstimmung sprach sich der Nationalrat mit 190 zu 2 Stimmen für seinen Budgetentwurf aus. Die ablehnenden Stimmen stammten von Erich Hess (svp, BE) und Christian Imark (svp, SO). Auch die Bundesbeschlüsse zu den Planungsgrössen, Finanzplanjahren, zum Bahninfrastrukturfonds und dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds wurden jeweils sehr deutlich angenommen.

Voranschlag 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022-2024 (BRG 20.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2021: Voranschlag und Staatsrechnung
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

In der Herbstsession 2020 war das Postulat Reimann (svp, SG) «Auslandsabhängigkeit der Schweiz vermindern, souveräner und krisenresistenter werden» von Felix Wettstein (gp, SO) bekämpft worden, weshalb es erst in der Wintersession desselben Jahres im Nationalrat behandelt werden konnte. Dort plädierte der Postulant erneut dafür, dass die Schweiz sich resistenter machen müsse, um dadurch auch besser auf zukünftige Pandemien vorbereitet zu sein. Er richtete sich in seiner Ansprache vor allem an die Fraktion der Grünen und hob daher auch die Verminderung der Abhängigkeit von Primärrohstoffen hervor. Bundesrat Parmelin empfahl dem Nationalrat ebenfalls die Annahme des Postulats, weil die Covid-19-Pandemie gezeigt habe, wie wichtig die Versorgungssicherheit sei. Obwohl man in der jetzigen Krise keine ernsthaften Engpässe erlebt habe, sei der Bundesrat gewillt, aus der Krise zu lernen und notwendige Massnahmen zu ergreifen. Aufgrund verschiedener parlamentarischer Interventionen würden das BAG und das BWL Berichte erarbeiten, um das derzeitige System der Versorgungssicherheit in ihren jeweiligen Bereichen zu überprüfen. Parmelin verwies auch auf die verwandten Motionen Häberli-Koller (cvp, TG; Mo. 20.3268) und der Mitte-Fraktion (Mo. 20.3245), welche ähnliche Forderungen gestellt hatten, jedoch ohne vorhergehende Bedarfsanalyse.
Der Nationalrat nahm das Postulat in einem ersten Durchgang mit 90 zu 89 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) an, musste die Abstimmung aber aufgrund technischer Probleme wiederholen. Beim zweiten Versuch sprach er sich dann mit 87 zu 83 Stimmen (bei 17 Enthaltungen) gegen das Postulat aus. Ausschlaggebend für die Ablehnung waren die zahlreichen Enthaltungen der SP-Fraktion sowie das Umschwenken mehrerer GLP-Mitglieder.

Auslandsabhängigkeit vermindern, souveräner und krisenresistenter werden (Po. 20.3433)

Obwohl doch einige Wortmeldungen zu vermerken waren, führte der Nachtrag IIb zum Voranschlag 2020 im Vergleich zum Nachtrag IIa im Nationalrat zu vergleichsweise wenig Diskussionen. Gleich zu Beginn der Behandlung in der Herbstsession 2020 stellten die Kommissionssprecher Gschwind (cvp, JU) und Wettstein (gp, SO) fest, dass alle Nachtragskredite von der Mehrheit der FK-NR gutgeheissen worden seien. So lagen lediglich drei Minderheitenanträge zu zwei Positionen vor.
Die Minderheit Guggisberg (svp, BE) störte sich daran, dass der Kredit für die Finanzierung der Leistungsvereinbarungen der Kantone im Kulturbereich aus der Soforthilfe für Kulturunternehmen kompensiert werden sollte, die als Darlehen gesprochen worden war. Nun werde dieses Darlehen aber in einen A-Fonds-perdu-Posten umgewandelt, was nicht gerechtfertigt sei, zumal Grossveranstaltungen ab Oktober 2020 wieder möglich seien und die Kantone gemäss Bundesverfassung für den Kulturbereich zuständig seien. Entsprechend solle dieser Kredit gestrichen werden. Finanzminister Maurer wies hingegen darauf hin, dass der Bund das Geld nicht an die Unternehmen, sondern an die Kantone überweise. Diese nähmen die Verteilung der Gelder vor, übernähmen dabei aber selbst jeweils die Hälfte der Finanzierung. Mit 140 zu 53 Stimmen hiess der Nationalrat diesen Kredit gegen den Willen der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion gut.
Eine weitere Minderheit Guggisberg störte sich an den «feudalen Anstellungsbedingungen von Skyguide», etwa am Rentenalter 56 oder den vergleichsweise hohen Löhnen. Die Ankündigung, dass die Gewerkschaften und Skyguide im Gegenzug für die Rekapitalisierung bis Ende 2021 einen gemeinsamen Plan für eine Rentenaltererhöhung zu erarbeiten hätten, sei zu wenig verbindlich. Stattdessen wollte die Minderheit diese Bedingung sowie weitere Massnahmen zur Kostenreduktion als Rahmenbedingungen der Kreditvergabe vorschreiben. Eine Minderheit Dandrès (sp, GE) wollte hingegen sicherstellen, dass die Gesamtarbeitsverträge und Arbeitsbedingungen, die vor dem Shutdown festgelegt worden waren, eingehalten würden. Der Bund könne seine obligatorische Unterstützung nicht an schlechtere Arbeitsbedingungen knüpfen, zumal diese durch Kollektivverhandlungen ausgearbeitet worden seien. Bundesrat Maurer entgegnete, dass beide Minderheitsanträge die Gewaltentrennung missachteten, indem das Parlament in die Entscheidungen des Verwaltungsrates eingreife. Zum Beispiel habe der Verwaltungsrat von Skyguide bereits eine Kürzung des variablen Anteils der Löhne beschlossen. In der Folge zog der Rat den Minderheitsantrag Guggisberg dem Minderheitsantrag Dandrès zwar mit 109 zu 68 Stimmen (bei 17 Enthaltungen) vor, lehnte Ersteren aber anschliessend dennoch mit 139 zu 54 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ab. Die SVP-Fraktion, die sich als einzige für den Minderheitsantrag Guggisberg ausgesprochen hatte, lehnte auch als einzige den ausserordentlichen Zahlungsbedarf, die Lösung der Schuldenbremse sowie den Nachtrag IIb in der Gesamtabstimmung ab (142 zu 53 Stimmen; 142 zu 52 Stimmen; 141 zu 52 Stimmen). Kaum Widerstand gab es bezüglich des Bundesbeschlusses III über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2020, diesem stimmte der Rat mit 192 zu 1 Stimmen gegen den Willen von Erich Hess (svp, BE) zu.

Keine Diskussionen zum Nachtrag IIb gab es im Ständerat: Nach der Präsentation der Vorlage durch Kommissionssprecher Hegglin (cvp, ZG) und Bundesrat Maurer nahm der Rat den ausserordentlichen Zahlungsbedarf, die Lösung der Schuldenbremse, den Nachtrag IIb und den Bundesbeschluss III über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds einstimmig mit jeweils 33 zu 0 Stimmen an.

Nachtrag II zum Voranschlag 2020 (BRG 20.042)
Dossier: Bundeshaushalt 2020: Voranschlag und Staatsrechnung

In der Herbstsession 2020 behandelte der Nationalrat die parlamentarische Initiative seiner Finanzkommission, welche die Prüf- und Aufsichtskompetenzen im DBG stärken wollte. Kommissionssprecher Gschwind (cvp, JU) und Kommissionssprecherin Widmer (sp, ZH) wiesen noch einmal auf die grössten Probleme im aktuellen System hin: Fehler entstünden heute vor allem bei der Erfassung von Steuerpflichtigen, bei den Regeln zur Steuerpflicht sowie bei der Veranlagung. Eine einheitliche Umsetzung sei aber aufgrund der Steuergerechtigkeit und Rechtsgleichheit geboten. Eine Minderheit Farinelli (14 zu 11 Stimmen) verlangte, der Initiative keine Folge zu geben. Föderalismus müsse auf implizitem Vertrauen beruhen und man müsse akzeptieren, dass es «im Einzelfall auch Unterschiede in der Beurteilung» geben könne. Die von der Initiative vorgeschlagene Regelung beinhalte zahlreiche Nachteile, unter anderem müsste der Personalbestand der ESTV stark erhöht werden. Mit 108 zu 83 Stimmen sprach sich der Nationalrat für Folgegeben aus, die ablehnenden Stimmen stammten von der SVP- und der FDP.Liberalen-Fraktion sowie von einem Mitglied der Grünliberalen.

Stärkung der Prüf- und Aufsichtskompetenzen im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (Pa.Iv. 18.469)

La motion Gschwind (pdc, JU) a été classée car non-traitée dans un délai de deux ans. Le député jurassien voulait lier l'importation d'équidés à la vente des chevaux franches-montagnes et des demi-sang afin de sauver la production de ces chevaux indigènes. En effet, celle-ci a fortement chuté ces 20 dernières années, menaçant l'unique race chevaline suisse. Ces préoccupations font échos au texte déposé par le député vaudois Olivier Feller (plr), dont le contenu a été repris dans une motion élaborée par la CER-CE. A noter que le Conseil fédéral avait donné un préavis négatif aux doléances formulées par Jean-Paul Gschwind.

La motion Gschwind a été classée (Mo. 18.3593)

Der Nationalrat beugte sich in der Sommersession 2020 als zweiter Rat über den Bericht betreffend die Oberaufsicht über den Bau der NEAT in den Jahren 2018 und 2019. Kommissionssprecher Jean-Paul Gschwind (cvp, JU) ging auf die Geschichte der NEAT ein, rekapitulierte die drei grossen Tunnel-Bauwerke (Lötschberg, Gotthard, Ceneri), ging auf die Kosten der NEAT ein und bedankte sich bei der Arbeit der NEAT-Aufsichtsdelegation (NAD). Der zweite Kommissionssprecher Pirmin Schwander (svp, SZ) fokussierte auf den Bericht an und für sich und wies darauf hin, dass die FinDel, welche die Überwachung der NEAT von der NAD per Ende November 2019 übernommen hatte, die noch anstehenden Aufgaben zu überwachen hat; wichtig seien dabei insbesondere die Termine, aber auch die Verpflichtungskredite, Leistungen, Kosten und die bestehenden Risiken. Zudem erinnerte Schwander daran, dass die NAD die zuständigen Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen darum gebeten hat, in der Zukunft die Frage zu beantworten, inwieweit die NEAT ab 2023 ihre ursprünglich geplante Rolle zur schweizerischen Verlagerungspolitik von der Strasse auf die Schiene spielen kann.

Oberaufsicht über den Bau der Neat in den Jahren 2018 und 2019 (19.005)
Dossier: Oberaufsicht über den Bau der Neat

Im Juni 2020 reichte Felix Wettstein (grüne, SO) ein Postulat ein, mit dem er den Bundesrat beauftragen wollte, in einem Bericht die sozialen, psychischen und körperlichen Folgen von Telearbeit (verstanden als Homeoffice oder z.B. der Arbeit von Coworking-Spaces aus) aufzuzeigen und geeignete Massnahmen zu schildern, um den negativen Auswirkungen von Telearbeit entgegenzuwirken.
In seiner Stellungnahme vom September 2020 beantragte der Bundesrat, das Postulat abzulehnen. Ein im Jahr 2016 publizierter Bericht habe gezeigt, dass die allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen ausreichten, um Heimarbeit zu regeln. Weiter habe das SECO eine Informationsbroschüre zum Thema Homeoffice publiziert. Schliesslich hätten verschiedene Erhebungen keine umfassenden Gesundheitsprobleme bei der Teilearbeit aufgezeigt. Folglich bestehe kein Bedarf für einen zusätzlichen Bericht.
Im Juni 2022 wurde das Postulat abgeschrieben, da es nicht innerhalb der zweijährigen Frist behandelt worden war.

Gesundheitliche Folgen der Telearbeit berücksichtigen (Po. 20.3646)

Im Juni 2020 reichte Samuel Bendahan (sp, VD) ein Postulat ein, mit dem er den Bundesrat beauftragen wollte, in einem Bericht den Umfang der Nutzung von Heimarbeit aufzuzeigen und die Idee eines privatrechtlichen «Arbeitsvertrags für Telearbeit» zu prüfen. Die Corona-Pandemie habe die Heimarbeit verstärkt; immer mehr Arbeitnehmende arbeiteten heute von zu Hause aus. Die entsprechende Regelung in einem privatrechtlichen Vertrag solle nun die Rechte und Pflichte der Arbeitgebenden und -nehmenden klären – so die Argumentation Bendahans.
Der Bundesrat beantragte im August 2020, das Postulat abzulehnen, weil er keinen Bedarf für einen zusätzlichen Bericht erkannte. So habe ein im Jahr 2016 publizierter Bericht gezeigt, dass die allgemein arbeitsrechtlichen Bestimmungen ausreichten, um Heimarbeit zu regeln. Zudem verwies er auf bereits bestehende Arbeiten in diesem Bereich: auf eine Informationsbroschüre des SECO zum Thema Homeoffice, auf die bundesrätliche Stellungnahme zur Motion Reynard (sp, VS; Mo. 19.4156) und auf seine Antwort zum Postulat Wettstein (gp, SO; Po. 20.3646).
Im Rahmen der Sondersession im Mai 2022 setzte sich der Nationalrat mit dem Postulat auseinander und Bundesrat Guy Parmelin (svp, VD) stellte für Ende 2022 einen Fortschrittsbericht über relevante Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung des Arbeitsmarktes und der Telearbeit in Aussicht. Entsprechend lehnte der Nationalrat das Postulat Bendahan mit 122 zu 65 Stimmen ab.

Telearbeit. Chancen und Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Po. 20.3529)
Dossier: Regelung von Homeoffice

«Noch nie in der Geschichte der Schweiz» (Céline Widmer, sp, ZH), «la crise sanitaire, économique et sociale (...) la plus grave depuis longtemps» (Olivier Feller, fdp, VD), «noch vor wenigen Monaten unvorstellbar» (Ursula Schneider Schüttel, sp, FR), «historische Dimensionen» (Franz Grüter, svp, LU) – bereits die ersten vier Sprechenden im Rahmen der Debatte zum Nachtrag I zum Voranschlag 2020 und dessen Nachmeldungen machten in der Corona-Sondersession die Ausserordentlichkeit der Situation deutlich. Entsprechend umfassend skizzierte anschliessend Finanzminister Maurer die verschiedenen Massnahmen des Bundesrates und ihre Kosten. Die Massnahmen beruhten auf drei Zielen, erklärte er: auf der Stabilisierung des Gesundheitssektors (CHF 3 Mrd.), der Sicherung des Arbeitsverdienstes (CHF 11.3 Mrd.) sowie dem Erhalt der Liquidität in der Wirtschaft (CHF 1.7 Mrd.) – wofür dem Parlament im Rahmen der Nachmeldungen zum Nachtrag I insgesamt CHF 16 Mrd. beantragt würden. Die Sicherung des Arbeitsverdienstes beruhe auf drei Säulen: den Kurzarbeitsentschädigungen durch die ALV (CHF 6 Mrd.), die Unterstützung der Selbständigerwerbenden durch die EO (CHF 4 Mrd.) sowie der indirekt betroffenen Selbständigerwerbenden (CHF 1.3 Mrd.). Auch die Unterstützung der Wirtschaft stehe auf drei Säulen: Die durch den Bund zu 100 Prozent verbürgten Kredite bis CHF 500'000, die bisher für insgesamt CHF 19 Mrd. 140'000 Mal nachgefragt worden seien; Kredite zwischen CHF 500'000 und 20 Mio., die der Bund zu 85 Prozent und die jeweiligen Banken zu 15 Prozent verbürgten und die bisher 300 bis 350 Mal vergeben worden seien. Für beide Säulen zusammen habe man dem Parlament Verpflichtungskredite von CHF 40 Mrd. beantragt. Eine dritte Säule seien schliesslich die systemrelevanten Unternehmen, die bisher im Luftfahrtbereich identifiziert worden seien: CHF 1.275 Mrd. sollten hier als Darlehen für die Airlines und je CHF 600 Mio. als Verpflichtungskredit sowie als Nachtragskredit für systemrelevante Betriebe am Boden zur Verfügung stehen. Keine generelle Hilfe sollten die etwa 400 Unternehmen mit einem Umsatz über CHF 500 Mio. erhalten, da der Bundesrat davon ausgehe, dass sich diese am Kapitalmarkt finanzieren könnten. Dies sei ein Paket, das «die grössten Herausforderungen bewältigt». Neuen Forderungen wolle der Bundesrat nicht nachkommen: «Ich sitze auf dieser Kasse, mehr gibt es jetzt einfach nicht!», betonte der Finanzminister.

Hätte dieser Ausspruch von Bundesrat Maurer zahlreiche Ausbauforderungen vermuten lassen, forderten die Kommissionsminderheiten stattdessen jedoch hauptsächlich einen Verzicht auf einzelne Ausgaben. Die FK-NR beantragte dem Rat jeweils einstimmig oder mit grossen Mehrheiten Zustimmung zu den vom Bundesrat beantragten Krediten, wie die beiden Kommissionssprechenden Céline Widmer und Olivier Feller eingangs erklärten. Einzig bezüglich der familienergänzenden Kinderbetreuung beantragte die Kommissionsmehrheit, basierend auf einem Mitbericht der WBK-NR, mit 14 zu 10 Stimmen (bei 1 Enthaltung) einen zusätzlichen Kredit über CHF 100 Mio. Diesen lehnte eine Minderheit Guggisberg (svp, BE) ab, zumal die Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung in die Zuständigkeit der Kantone und Gemeinden falle. Mit 130 zu 60 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) stimmte der Nationalrat diesem Ausbau dennoch zu. Alle übrigen Ausbaupläne, allesamt beruhend auf Anträgen von Stefania Prezioso (gps, GE), fanden kaum über die Reihen der SP und der Grünen hinaus Gehör. Unter anderem hatte Prezioso verlangt, den Kredit für die ALV zu erhöhen und die Taggelder vorübergehend auf 100 Prozent zu erhöhen.
Doch auch die Anträge zum Ausgabenverzicht waren kaum erfolgreicher. Eine Minderheit Schwander (svp, SZ) wollte den Betrag, den die Parlamentsdienste für die Ausrichtung der ausserordentlichen Session beantragt hatten, um CHF 500'000 reduzieren, um Druck auf die Bernexpo zu machen, den in den Augen der Minderheit viel zu hohen «Monopolpreis» zu senken. Ähnlich argumentierte eine Minderheit Grüter (svp, LU), die den Kredit für Sanitätsmaterial um CHF 600'000 senken wollte, um zu verhindern, dass die Armeeapotheke die Produkte viel zu teuer einkaufe. In beiden Fällen argumentierten die Gegnerinnen und Gegner der Anträge, dass die entsprechenden Kredite nur als Kostendach zu verstehen seien, die entsprechenden Stellen aber sicherlich versuchen würden, möglichst tiefe Preise auszuhandeln. Deutlich lehnte der Rat dann auch beide Minderheitsanträge ab.
Dieselbe ablehnende Argumentation, also einen Verweis darauf, dass die entsprechenden Beträge nur Rahmenkredite darstellten, fügte auch Finanzminister Maurer bezüglich eines Antrags einer weiteren Minderheit Guggisberg an, die den Betrag für Ausfallentschädigungen im Kulturbereich als zu hoch erachtete. Auch ein Antrag auf Verzicht auf die Soforthilfe für Kulturschaffende, da diese nicht anders behandelt werden sollten als etwa selbständige «Coiffeure, Physiotherapeuten, Taxifahrer, Hoteliers, Kameraleute, Lieferanten», wie Guggisberg aufzählte, fand im Nationalrat keine Mehrheit.

Am meisten Diskussionen ergaben schliesslich die Verpflichtungskredite zur Luftfahrt. Während sich der Rat bezüglich des deutlich höheren Verpflichtungskredits für die Corona-Härtefallhilfe über CHF 40 Mrd. weitgehend einig war – hier lag kein Minderheitenantrag vor –, behandelte die grosse Kammer zahlreiche Minderheiten zu den Garantien für die Luftverkehrsunternehmen in der Höhe von CHF 1.275 Mrd. und der Unterstützung für die flugnahen Betriebe, wofür CHF 600 Mio. als Nachtragskredit und derselbe Betrag als Verpflichtungskredit beantragt waren. Erneut schilderte Finanzminister Maurer die Situation. Er betonte, dass die Kredite für die flugnahen Betriebe zuerst durch das auf den folgenden Tag traktandierte Luftfahrtsgesetz ermöglicht werden müssten. Auch im Bereich der Luftfahrt verfolge man zudem drei Ziele: Das Geld müsse in der Schweiz bleiben, die Lufthansa müsse die Standortsicherheit der Schweiz garantieren und die Schweizer Umweltstandards müssten durchgesetzt werden. Diese Bedingungen habe man in entsprechenden Vereinbarungen mit den Unternehmen festgelegt. Die flugnahen Betriebe, die einem chinesischen Konzern angehörten und die allesamt überschuldet seien, würden nur unterstützt, wenn dazu eine Auffanggesellschaft oder eine Gesellschaft mit Schweizer Beteiligung oder in Schweizer Besitz gegründet würde. Um diese Optionen offen zu halten, müsse der Kredit aber bereits jetzt gesprochen werden, zumal die FinDel betont habe, dass sie keine entsprechenden Entscheidungen mehr treffen wolle.
Eine Minderheit Badertscher (gp, BE) beantragte, auf den Verpflichtungskredit für die Luftverkehrsunternehmen über CHF 1.275 Mrd. zu verzichten, da der Luftverkehr als starker Treiber des Klimaeffekts nicht auch noch durch Steuergelder unterstützt werden solle. Ein Antrag Bäumle (glp, ZH) sah vor, CHF 500 Mio. ohne Auflagen (aber mit Sicherheiten für den Fall von Kreditausfällen) zu sprechen; zusätzliche Unterstützung sollte jedoch nur nach der Vereinbarung klarer Rahmenbedingungen «im Sinne der Klimapolitik» erfolgen. Auch bezüglich der flugnahen Betriebe lag ein Minderheitsantrag Wettstein (gp, SO) auf Verzicht auf den Nachtragskredit vor; stattdessen solle nur der entsprechende Verpflichtungskredit genehmigt werden. Deutlich hiess der Nationalrat sowohl den Verpflichtungskredit für die Luftverkehrsunternehmen als auch den Nachtragskredit und den Verpflichtungskredit für die flugnahen Betriebe gut.
Wie bereits im Voranschlag 2020 mehrfach verwendet, nutzten die Kommissionsmehrheiten und -minderheiten bezüglich der Unterstützung für den Luftverkehr fleissig die Möglichkeit, Rahmenbedingungen der Kreditvergabe festzulegen. So wollte die Mehrheit der FK-NR die Unterstützung für die Flugverkehrsunternehmen an die Bedingung knüpfen, dass «in der künftigen standortpolitischen Zusammenarbeit mit den Flugverkehrsunternehmen die Klimaziele des Bundesrates kontrolliert und weiterentwickelt werden». Linke Minderheiten wollten die Unterstützung zudem an verschiedene klimapolitische Anliegen knüpfen, etwa an die Reduktion von Treibhausgasen, an die Reduktion der Inlandflüge oder an die Beteiligung an der Entwicklung synthetischer Flugtreibstoffe. Auch die Zusicherung der Rückerstattung von nicht durchgeführten Flügen an die Reisebüros sowie die bevorzugte Bedienung von inländischen Kreditoren wurden als Bedingung vorgeschlagen, schliesslich lag auch ein Minderheitsantrag auf den Verzicht auf alle Bedingungen vor. Deutlich setzte sich die von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Bedingung bezüglich der Klimaziele des Bundesrates gegen diverse Minderheiten durch. Ebenfalls erfolgreich war die Bedingung, dass die Fluggesellschaften den Reisebüros die bezahlten Flüge zurückerstatten müssen.
Auch zu den flugnahen Betrieben standen Rahmenbedingungen der Kreditvergabe im Raum. Eine Kommissionsmehrheit schlug vor, den Kredit an die Bedingung zu knüpfen, dass die betroffenen Unternehmen im Falle von restrukturierungsbedingten Entlassungen für das Personal Umschulungspläne entwickelten – und erntete dafür auch die Zustimmung des Bundesrates. Anträge für einen Verzicht auf entsprechende Bedingungen, einen Verzicht auf Entlassungen während der Unterstützungsphase, einen Minimallohn von CHF 4000 für die Mitarbeitenden sowie erneut die bevorzugte Bedienung von inländischen Kreditoren konnten sich wiederum nicht gegen den Mehrheitsantrag durchsetzen.
Nicht nur bezüglich des Flugverkehrs, sondern auch zu den Corona-Krediten im Allgemeinen sollten Rahmenbedingungen für die Kreditverwendung geschaffen werden: Ein Antrag Schwander wollte die Kredite an die ersatzlose Streichung der Artikel 5, 6, 6a und 7 der Covid-19-Verordnung 2 – also der Massnahmen bezüglich des Betreuungsangebots für Kinder, des Veranstaltungsverbots und der Schliessung von Einrichtungen – binden. Diesbezüglich bat Finanzminister Maurer den Nationalrat um Ablehnung, da der Bundesrat den «pragmatischen Weg» gehen und laufend aufgrund von Lagebeurteilungen über das weitere Vorgehen entscheiden wolle. Mit 138 zu 53 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) folgte die grosse Kammer dem Bundesrat.

Beinahe in Vergessenheit geriet ob der ganzen Corona-Anträge der eigentliche Nachtrag I zum Voranschlag 2020; und dies, obwohl es einmal mehr einen Kredit für die Hochseeschifffahrt zu sprechen galt. Eine Minderheit Schwander beantragte, den Kredit über CHF 28.3 Mio. nicht zu genehmigen, bis der Bundesrat eine Gesamtschau der noch ausstehenden Bürgschaftskredite für die Hochseeschiffe durchgeführt habe. Damit solle die Salamitaktik beendet und stattdessen ein vollständiger Rahmenkredit über den noch ausstehenden Betrag geschaffen werden. Ein solcher Rahmenkredit sei nicht möglich, erklärte Heinz Siegenthaler (bdp, BE), da Bürgschaften gemäss Finanzhaushaltsgesetz dann bezahlt werden müssten, wenn sie anfielen. Bundesrat Maurer verwies zudem darauf, dass man bemüht sei, so wenig Bürgschaften wie möglich tatsächlich leisten zu müssen. Wenn man nun aber durch eine Gesamtschau andeuten würde, dass man die Schiffe verkaufen wolle, hätten diese keinen Wert mehr. Entsprechend lehnte der Nationalrat den Minderheitsantrag Schwander ab.

Insgesamt genehmigte der Nationalrat somit den Nachtrag I zum Voranschlag 2020 über CHF 50 Mio. sowie die Nachmeldungen über CHF 16 Mrd. Dabei bestätigte er auch alle von der FinDel bereits genehmigten Kredite. Zudem entschied der Rat mit 149 zu 31 Stimmen (bei 14 Enthaltungen), die Nachmeldungen als ausserordentlichen Zahlungsbedarf zu verbuchen und so von der Schuldenbremse auszunehmen. Das dazu nötige qualifizierte Mehr wurde erreicht. Die Gegenstimmen sowie die meisten Enthaltungen stammten von der SVP-Fraktion. Überdies löste die grosse Kammer mit 186 zu 8 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) für verschiedene Ausgaben die Ausgabenbremse.

Nachtrag I zum Voranschlag 2020 (BRG 20.007)
Dossier: Bundeshaushalt 2020: Voranschlag und Staatsrechnung

La motion Gschwind (pdc, JU) «Pour des revenus agricoles moins volatils» n'aura pas tenu face aux arguments mobilisés par la majorité de la CER-CE. En effet, comme précisé par le rapporteur de la commission, Martin Schmid (plr, GR), les agricultrices et agriculteurs peuvent d'ores et déjà constituer des réserves fiscales, sous certaines conditions. Ainsi, leur permettre de constituer d'autres réserves impliquerait un traitement de faveur face à d'autres secteurs également sensibles aux aléas du climat (le tourisme par exemple).
Le Conseil fédéral est du même avis, comme l'a souligné le ministre des finances, Ueli Maurer, lors des débats en chambre. Il en a profité pour rappeler que la nouvelle politique agricole PA 22+ se penche sur ces problèmes d'aléas climatiques. Les autorités souhaitent aider les paysans et paysannes à acquérir des assurances leur permettant de faire face financièrement à la perte de récoltes.
Les sénatrices et sénateurs n'ont été que 12 à soutenir ce présent texte tandis qu'ils et elles ont été 27 à s'y opposer – avec une abstention – mettant un terme à la motion.

Pour des revenus agricoles moins volatiles (Mo. 17.3480)

Auch 2019 war Lobbying ein in den Medien regelmässig aufgenommenes Thema:

Den Anfang machte kurz vor der Frühjahrssession ein Bericht von Transparency International Schweiz (TIS). Lobbyismus sei nichts Schlechtes, gab TIS-Geschäftsführer Alex Biscaro der NZZ zu Protokoll. Aber es müsse nach klaren Regeln erfolgen, was in der Schweiz häufig nicht der Fall sei. Es sei nicht klar, «wer wann welche Eingaben und Vorschläge im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses gemacht» habe, fasste die NZZ die Erkenntnisse des Berichts zusammen. Zu Beginn eines Gesetzes, das in der Verwaltung vorbereitet werde, würden zahlreiche Experten angehört und Betroffene sich mit Wünschen und Anregungen einbringen, was häufig entscheidend sei für die Stossrichtung eines Gesetzes, aber kaum dokumentiert werde. Auch für die Arbeit in den parlamentarischen Kommissionen, wo unter Umständen wichtige Änderungen an den Gesetzesvorlagen vorgenommen würden, würden Gutachten eingeholt und Personen oder Organisationen angehört. Es sei durchaus sinnvoll, dass Kommissionssitzungen vertraulich seien, aber die Liste mit den angehörten Personen und Interessengruppen müsste öffentlich gemacht werden, forderte der Bericht. Des Weiteren wurde die Kommissionsarbeit für das Fehlen eines Verhaltenscodex' gerügt, mit dem geklärt werde, wie sich Parlamentsmitglieder mit Mandaten bei Interessenorganisationen, die thematisch mit Kommissionsämtern verknüpft sind, zu verhalten hätten. Es gebe keine klaren Ausstandsregeln bei Interessenkonflikten, nur vage Empfehlungen.
In einem internationalen Vergleich, in dem 65 Kriterien hinsichtlich Transparenz, Integrität und Zugänglichkeit der Lobbyingsysteme bewertet wurden, belegte die Schweiz beim TI-Bericht mit 30 von 100 möglichen Punkten lediglich den 11. Rang. Der Bericht forderte einen «legislativen Fussabdruck», mit dem die verschiedenen Einflussnahmen im Gesetzgebungsprozess transparent gemacht werden – eine Forderung die von Regula Rytz (gp, BE) im September in Form einer parlamentarischen Initiative aufgenommen und eingereicht wurde. Auch Lukas Reimann (svp, SG) kam diesbezüglich im Tages-Anzeiger zu Wort: Es müsse etwas getan werden, weil Parlamentsmitglieder nicht mehr ernst genommen würden: «Neun von zehn Personen, die ich auf der Strasse frage, denken, dass in Bern alle gekauft sind.»

Für einigen Wirbel sorgte das Versicherungsvertragsgesetz, mit dem eine einseitige Vertragsanpassung für die Versicherungen vorgesehen gewesen wäre. Die Aargauer Zeitung zeichnete nach, dass «die Reformarbeiten von Lobbyisten ständig hintertrieben» worden seien. Eigentlich hätte das Vertragsgesetz zugunsten der Konsumentenschaft verbessert werden sollen, doch die neu eingeführten Bestimmungen seien auch dank aktivem Lobbying, vor allem des Schweizerischen Versicherungsverbandes, «diskriminierend oder bestrafend» und gingen stark zulasten der Versicherten.

In den Medien breit kommentiert wurde dann die «Mini-Reform» (Tages-Anzeiger), die als Folge der «Kasachstan-Affäre» als einzige vom Parlament weiterbearbeitet werden sollte. Der «Skandal» sei «ohne Folgen» geblieben, urteilte der Tages-Anzeiger. Auf die parlamentarische Initiative für transparentes Lobbying wollte der Nationalrat zuerst gar nicht eintreten. Nicht mal die Idee, dass Interessenvertreterinnen und -vertreter, die von Parlamentsmitgliedern Zutritt zum Bundeshaus erhalten, ihre Aufträge offenlegen müssten, schien im Parlament zu verfangen. Immerhin kam der nach den eidgenössischen Wahlen 2019 neu zusammengesetzte Nationalrat auf seinen Entscheid zurück, was in den Medien für leisen Optimismus sorgte: Der Tages-Anzeiger sprach sogar von einem sich ankündigenden Paradigmenwechsel.

Die Skepsis der Parlamentsmitglieder für mehr Transparenz wurde in der Presse damit begründet, dass viele vom heutigen System profitieren würden. Sie selber würden bestimmen, wer Zugang zum Bundeshaus habe und die Vergabe vor allem der ständigen Zugänge – jedes Parlamentsmitglied kann zwei Badges vergeben – sei sehr exklusiv. Die Räte müssten Macht abgeben, wenn die Lobbyierenden nicht mehr Bittstellende seien, vermutete die NZZ. Auch von Seiten der Lobbyisten wurde signalisiert, dass ein Akkreditierungssystem dem «Göttisystem» vorgezogen würde: Reto Wiesli, der Präsident der Schweizerischen Public-Affairs-Gesellschaft, betonte, dass die «Vermittlerrolle zwischen Politikern und Fachleuten» mehr Transparenz brauche, die mit dem jetzigen System aber nicht gegeben sei.
Wie wichtig die direkten Zugänge sind, zeigten die Bemühungen einzelner Verbände, nachdem «ihre» Parlamentarierinnen und Parlamentarier bei den eidgenössischen Wahlen nicht mehr gewählt worden waren. Die Zeitung «Le Temps» zeigte, welche Verbände relativ rasch «un nouveau sésame» gefunden hatten.
Allerdings seien nicht unbedingt die ständigen Zugänge das Problem, sondern die Tagesausweise, die von den Parlamentarierinnen und Parlamentariern vergeben werden könnten und bei denen jegliche Transparenz fehle. Ein weiteres «Informationsleck» machte die Aargauer Zeitung aus. Mit der neuen Legislatur dürfen die persönlichen Mitarbeitenden von Parlamentsmitgliedern Einsicht in Kommissionsprotokolle haben. Dies sei insbesondere dann heikel, wenn diese persönlichen Mitarbeitenden selber Lobbyierende seien.

Zudem sei auch wenig über die rund 424 Ex-Parlamentsmitglieder bekannt, die kraft ihres ehemaligen Amtes ungehindert Zutritt zum Bundeshaus haben, wie die Aargauer Zeitung die Diskussion um ein neues Element erweiterte. Ehemalige Ratsmitglieder könnten einen Zugang für eine ganze Legislatur beantragen, müssten sich aber – anders als die Besitzer eines permanenten Zugangs – weder in ein Register eintragen noch ihre Interessenbindungen offenlegen. Welchen Hut die Altparlamentarierinnen und -parlamentarier trügen und wer im Auftrag von welchen Unternehmen und Verbänden auch Lobbying-Arbeit betreibe, wisse niemand, so die Zeitung weiter.

Fokussiert wurde freilich nicht nur auf die Rolle der Lobbyierenden, sondern immer mehr auch auf die Rolle der Parlamentarierinnen und Parlamentarier selber. Über den Sommer wurde in den Medien vor allem die Intransparenz der Parlamentsmitglieder hinsichtlich bezahlter Nebenmandate diskutiert. Die verschiedenen «Polit-Affären» in der Romandie, wie die vermuteten Vorteilnahmen verschiedener Westschweizer Politikerinnen und Politiker von der Aargauer Zeitung genannt wurden, liessen zudem die Frage aufkommen, inwiefern gewählte Amtsträgerinnen und -träger Geschenke annehmen dürften. Auch die Zeitung «Le Temps» beobachtete im Zuge der «affaires récents romandes» eine grössere Zurückhaltung bei Parlamentsmitgliedern, Einladungen anzunehmen. Allerdings gibt es für die gewählten Volks- und Kantonsvertreterinnen und -vertreter lediglich Empfehlungen, wie sie sich bei Geschenken und Einladungen zu verhalten haben. Solche dürften dann nicht angenommen werden, wenn durch Annahme die Unabhängigkeit der Mandatsträgerin oder des Mandatsträgers beeinträchtigt würde. Diese Empfehlung lasse zwar viel Spielraum, es sei aber wohl nicht möglich, jeden Fall einheitlich zu behandeln und klare Regeln zu setzen, kam «Le Temps» zum Schluss.

Die Frage, welche Geschenke man annehmen darf, stellte sich dann nach den eidgenössischen Wahlen 2019 noch einmal ziemlich virulent. Vor allem die rund 60 neuen Parlamentarierinnen und Parlamentarier wurden mit Einladungen, Apéros und Give-aways «überhäuft», wie der «Blick» zu berichten wusste. Die Sonntags-Zeitung, die eine entsprechende Umfrage bei den Neulingen machte, berichtete von Blumen, Büchern, Wein oder Aktentaschen. Unbedenklich seien private Geschenke von Familienmitgliedern und Freunden sowie «sozial übliche» Geschenke, so der Leitfaden zur Annahme von Vorteilen und zu Transparenz- und Offenlegungspflichten, den die neuen Ratsmitglieder zu Beginn ihres Amtsantritts erhielten. Als ungeschriebenes Gesetz gelte, das man behalten könne, was man an einem Tag essen und trinken könne, schrieb Lukas Reimann (svp, SG) der Sonntags-Zeitung ins Notizheft. Buch über die Zuwendungen führte der neu gewählte Felix Wettstein (gp, SO). Einen Monat nach seiner Wahl wies er 71 Lobby-Kontakte, 53 Briefe, 14 E-Mails und 4 Pakete mit Geschenken aus. Die meisten Schreiben stammten aus dem Gesundheitswesen (15) und von Wirtschaftsverbänden (14).

Eine im Tages-Anzeiger diskutierte Analyse des Abstimmungsverhaltens im Parlament über Vorstösse, mit denen mehr Transparenz bei Interessenbindungen, Parteienfinanzierung und dem Gesetzgebungsprozess hergestellt werden sollten, zeigte, dass die «Mittepolitiker (...) meist Nein» sagen. In einem sogenannten «Transparenz-Rating» fanden sich auf den 20 ersten Rängen nur Parlamentarierinnen und Parlamentarier der SP und der Grünen wieder, die Forderungen für mehr Transparenz unterstützten. Ausnahme bildete SVP-Politiker Lukas Reimann auf Rang 8, der immer wieder selber Vorstösse für mehr Transparenz einreiche. Auf den hintersten Plätzen fanden sich Fraktionsmitglieder der CVP und der FDP. Kurt Fluri (fdp, SO), der sich auf einem dieser hintersten Plätze wiederfand, verteidigte seine ablehnende Haltung damit, dass mit den meisten dieser Transparenz-Vorstösse lediglich Scheintransparenz hergestellt würde.

Gar vor zu viel Transparenz warnte die «Weltwoche». Es gehe letztlich auch um die Frage des Milizsystems: «Denn dieses basiert darauf, dass die Politik auf private Gelder zurückgreift und dabei, ganz schweizerisch, gegenüber den Spendern Diskretion walten lässt.» Zu viel gesetzlich verordnete Transparenz würde zum Ruf staatlicher Subventionen von Parteien und letztlich zum Berufsparlament führen.

Lobbying aus gesellschaftlicher Perspektive (2019)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Bei den Ständeratswahlen 2019 im Kanton Solothurn traten die bisherigen Amtsinhaber, Roberto Zanetti (SP) und Pirmin Bischof (CVP), wie allgemein erwartet erneut an, um ihre Mandate zu verteidigen. Beide wurden problemlos von ihren Parteien nominiert. Herausgefordert wurden sie von einem Kandidaten-Trio. Die SVP schickte ihren kantonalen Parteipräsidenten und Nationalrat Christian Imark ins Rennen. Imark wurde einst mit 19 Jahren zum jüngsten Kantonsparlamentarier in Solothurns Geschichte gewählt. Auch deshalb galt er lange als Wunderkind der Solothurner SVP. Nach vier Jahren im Nationalrat und deren zwei als Parteipräsident strebte er nun den Einzug in die kleine Kammer an. Die FDP nominierte ihren Parteipräsidenten Stefan Nünlist. Nünlist konnte als persönlicher Mitarbeiter der Bundesräte Jean-Pascal Delamuraz und Pascal Couchepin viel politische Erfahrung vorweisen. Seit Mitte 2017 führte er die FDP Solothurn. Die Grünen setzten auf ihren ehemaligen Parteipräsidenten Felix Wettstein. Er war der Partei von 2012 bis 2018 vorgestanden. Nun schielte er neben seiner Kandidatur für den Nationalrat auch auf einen Sitz im Ständerat. Trotz der stattlichen Konkurrenz starteten die Bisherigen als klare Favoriten ins Rennen. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung als Bundesparlamentarier und ihrer Bekanntheit im Kanton war von Beginn weg klar, dass es für die Herausforderer schwierig werden würde, einen der beiden Sitze zu übernehmen. Besonders die Wiederwahl von Pirmin Bischof schien zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in Gefahr zu sein. Die «Sonntagszeitung» hatte ihn im Wahljahr als den zweiteinflussreichsten Schweizer Bundesparlamentarier eingestuft. Bischof hatte nur einen heiklen Moment zu überstehen, als seine Rolle im Kantonalbankdebakel von 1994 in einem Artikel der «Wochenzeitung» zum wiederholten Mal thematisiert wurde. Recherchen der «Woz» hätten gezeigt, dass Bischof im Anschluss an die Kantonalbankpleite CHF 112'500 an Vergleichszahlungen getätigt habe. Bischof habe vorher jahrelang bestritten, solche Zahlungen getätigt zu haben. Die SVP kritisierte Bischof daraufhin scharf. Bischof meinte, nie bestritten zu haben, dass in diesem Fall Geld geflossen sei. Zur Höhe der Vergleichszahlung wollte er sich nicht äussern. Für den zweiten Aufreger im Wahlkampf sorgte die BDP, als sie darauf verzichtete, neben Bischof auch FDP-Kandidat Nünlist zu unterstützen. Implizit begründete die BDP den Entscheid mit dem Wechsel von zwei BDP-Kantonsräten zur FDP, den Nünlist mit eingefädelt haben soll.

Am Wahlsonntag durfte sich einzig Pirmin Bischof bereits nach dem ersten Wahlgang feiern lassen. Er holte 42'234 Stimmen und übertraf damit das absolute Mehr von 39'651 Stimmen. Als nächstes folgte Roberto Zanetti (37'465 Stimmen), der das absolute Mehr jedoch um rund 2'000 Stimmen verpasste. Hinter den Führenden platzierten sich Christian Imark (24'460), Felix Wettstein (19'794) und Stefan Nünlist (17'942). Während die Resultate von Wettstein und Imark als Achtungserfolge gewertet werden können, setzte es für Nünlist mit dem letzten Platz eine herbe Enttäuschung ab. Er zog sich daraufhin aus Rennen zurück, was ihm Felix Wettstein kurze Zeit später gleich tat.
Nachdem Pirmin Bischof bereits im ersten Wahlgang wiedergewählt wurde, kam es im zweiten Durchgang somit zum Zweikampf zwischen Zanetti und Imark. Die Ausgangslage präsentierte sich damit genau gleich wie 2015, als sich Zanetti im zweiten Durchgang deutlich gegen den SVP-Kandidaten Walter Wobmann durchzusetzen vermocht hatte. Die FDP gab nach dem enttäuschenden Abschneiden ihres Kandidaten keine Empfehlung für den zweiten Wahlgang ab. Auch die CVP empfahl keinen der beiden Kandidaten, wobei Pirmin Bischof indirekt durchblicken liess, dass er gerne eine weitere Legislatur mit Zanetti zusammenarbeiten würde. Deutlicher drückte sich der Präsident der CVP Schweiz, Gerhard Pfister, aus. Er lobte Zanetti und kritisierte die Solothurner SVP. Die fehlende Unterstützung durch die CVP und die FDP stiess der SVP sauer auf. Sie bezeichnete die beiden Parteien als «Pseudobürgerliche».

Auch der zweite Wahlgang brachte keine Überraschung. Roberto Zanetti holte 42'666 Stimmen und distanzierte seinen Konkurrenten Imark (27'243) damit um gut 15'000 Stimmen. Imark erzielte immerhin ein besseres Resultat als sein Parteikollege Wobmann vor vier Jahren. Die Wahlbeteiligung fiel gegenüber dem ersten Wahlgang (44.2%) um rund fünf Prozentpunkte und betrug noch 39.3 Prozent. Solothurn wählte somit zum dritten Mal in Folge Roberto Zanetti und Pirmin Bischof in den Ständerat.

Ständeratswahlen 2019 – Solothurn
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2019 (nach Kantonen)
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Bei den Nationalratswahlen 2019 im Kanton Solothurn strebten 166 Kandidierende auf 29 Listen einen von sechs zu vergebenden Sitzen an. Der Frauenanteil auf den Listen betrug 37.3% und war damit sechs Prozentpunkte höher als vor vier Jahren. Alle grösseren Parteien traten mit mindestens drei Listen an.

Bei den Wahlen 2015 hatten SVP und SP je zwei, die FDP und die CVP je einen Sitz gewonnen. Damals musste der Kanton Solothurn aufgrund des geringeren Bevölkerungswachstums den Verlust eines Nationalratssitzes hinnehmen. Dieser Sitzverlust wurde vom Stimmvolk auf die CVP abgewälzt, die deshalb für die letzten vier Jahre nur noch einen Solothurner Nationalratssitz besetzte. Trotzdem liess die CVP verlauten, dass die Rückgewinnung eines zweiten Sitzes erst 2023 ein Ziel sein werde. 2019 wolle man primär den Sitz von Stefan Müller-Altermatt verteidigen. Gelingen sollte dies mit Hilfe einer breiten Mitte-Listenverbindung mit GLP, EVP und BDP. Von den bisherigen Nationalräten trat einzig Bea Heim von der SP nicht mehr an. Da damit die einzige Solothurner Frau im Parlament zurücktrat, bestand die Möglichkeit, dass nach den Wahlen 2019 die Solothurner Delegation im Bundeshaus rein männlich sein würde. Als Frau mit den besten Aussichten auf einen Nationalratssitz galt die kantonale SP-Parteipräsidentin Franziska Roth. Sie hatte 2015 im parteiinternen Duell mit Philipp Hadorn einen Sitz lediglich um 122 Stimmen verpasst. Es zeichnete sich auch dieses Jahr wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden ab. Ebenfalls Chancen auf einen der beiden linken Sitze ausrechnen konnten sich Peter Gomm (sp) und Felix Wettstein von den Grünen, mit denen die SP wie üblich eine Listenverbindung eingegangen war. Ohne Listenverbindungen mit anderen grösseren Parteien ins Rennen stiegen die FDP und die SVP. Trotzdem waren beide Parteien zuversichtlich, dass ihre bisherigen Nationalräte wiedergewählt werden würden. Die FDP ist auf kantonaler Ebene die stärkste Partei und konnte mit Kurt Fluri, seit 2003 Nationalrat und seit 1993 Stadtpräsident von Solothurn, auf einen erfahrenen Politiker setzen. Bei der SVP kann der noch junge Christian Imark bereits auf eine steile Politkarriere zurückblicken und er vermochte seinen Bekanntheitsgrad im Kanton durch seine diesjährige Ständeratskandidatur noch zusätzlich zu steigern. Der andere Bisherige bei der SVP, der national bekannte Walter Wobmann, generierte kurz vor den Wahlen noch ordentlich Schlagzeilen, als er in der Herbstsession 2019 eine Motion einreichte, welche den Bundesrat beauftragte die gesetzlichen Grundlagen für eine Bekämpfung der Ausbreitung eines radikalen Islams in der Schweiz zu schaffen. Nachdem eine Mehrheit der FDP im Nationalrat gegen die Motion stimmte, veröffentlichte das von Wobmann präsidierte «Egerkinger Komitee» mehrere Plakate, welche FDP-Exponenten für ihre Haltung kritisierte. Eine Klage der FDP gegen die Plakate wurde schliesslich gutgeheissen.

Am Wahltag gab es im rechten Lager keine Überraschungen. Die drei Bisherigen wurden wiedergewählt, obwohl sowohl die SVP (-2.9 Prozentpunkte; neu 28.8%) als auch die FDP (-2.7 Prozentpunkte; neu 18.5%) im Vergleich zu 2015 Wähleranteile einbüssten. Christian Imark erzielte dabei das beste Ergebnis aller Kandidierenden. Sesselrücken war hingegen bei den Linken angesagt. Die Grünen konnten kräftig zulegen und ihren Wähleranteil mehr als verdoppeln (+5.8 Prozentpunkte auf neu 11.4%). Dies genügte, um der SP einen der beiden Sitze abzuluchsen, die damit den Sitz von Bea Heim nicht zu verteidigen vermochte. Stattdessen wurde Felix Wettstein, der ehemalige kantonale Parteipräsident der Grünen, gewählt. Im Duell um den anderen SP-Sitz hatte schlussendlich Franziska Roth die Nase vorne. Philipp Hadorn verpasste somit als einziger bisheriger Kandidat die Wiederwahl. Beide linken Sitze wurden neu besetzt und weiterhin bleibt wenigstens eine Frau Teil der Solothurner Bundeshausdelegation. Ebenfalls von der grünen Welle profitieren konnte die GLP (+3.3 Prozentpunkte; neu 6.8%). Da die CVP ihre Verluste allerdings in Grenzen halten konnte (-0.6 Prozentpunkte; neu 14.2%), reichte es deutlich nicht für einen Sitz für die GLP und so holte die CVP mit dem bisherigen Stefan Müller-Altermatt den Sitz den die Listenverbindung der Mitteparteien gewinnen konnte. Die Zusammensetzung der Solothurner Volksvertretung lautete somit neu: 2 SVP, 1 FDP, 1 CVP, 1 SP, 1 GP. Die Stimmbeteiligung fiel gegenüber 2015 deutlich (-5.4 Prozentpunkte) und lag mit 44.8% knapp unter dem nationalen Durchschnitt.

Nationalratswahlen 2019 – Solothurn
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

A l'heure de la campagne en vue des élections au Conseil national, la principale interrogation dans le canton du Jura résidait dans la possibilité de voir un.e candidat.e bousculer l'ordre établi, face aux sortants Pierre-Alain Fridez (ps) et Jean-Paul Gschwind (pdc), qui briguaient un troisième mandat sous la coupole, après 2011 et 2015. Les deux hommes faisaient figure de favori, ce qui n'a pas empêché de nombreuses personnes de garnir les rangs des candidat.e.s: pas moins de 17 listes ont été déposées, pour un total de 34 aspirant.e.s. Afin d'imiter l'UDC Dominique Baettig, qui avait en 2007 éjecté le PDC de la chambre basse, des discussions concernant d'éventuels apparentements ont eu lieu, mais furent finalement infructueuses. Le PS a notamment refusé une large alliance à gauche avec les Vert.e.s, le CS-POP et le PCSI. Cette alliance aurait pu permettre à la gauche plurielle de s'attaquer au siège PDC, afin d'envoyer deux représentant.e.s à Berne, mais le PS se considérait trop éloigné du PCSI sur plusieurs dossiers. La plupart des partis se sont donc lancés dans la bataille accompagnés seulement par leurs listes jeunes – seul le PEV n'en présentait pas.
La relève s'est d'ailleurs montrée très active durant la campagne, organisant notamment des mini-débats et des speed dating avec les candidat.e.s lors d'une soirée dénommée «Bières et politique». Sans surprise, la question de l'urgence climatique a cristallisé les débats dans le canton du Jura, comme dans le reste de la Suisse. Si les Vert.e.s ont pu surfer sur leur thème de prédilection, les autres partis désiraient également se tailler une part du gâteau. Dans un débat organisé par le Quotidien Jurassien, chaque invité.e a avancé ses pions quant à la manière dont il agirait pour la sauvegarde du climat s'il était élu. En outre, les candidat.e.s ont présenté leurs solutions pour faire face à la hausse des coûts de la santé. Ils ont également débattu de l'annulation du vote de Moutier, de la représentation paritaire des hommes et des femmes en politique ainsi que de la meilleure manière de faire entendre la voix du Jura dans la Berne fédérale.

Le jour de l'élection, la logique a été respectée: Pierre-Alain Fridez (6'487 voix) et Jean-Paul Gschwind (4'622 voix) se sont assurés un nouveau mandat. Ils étaient suivis par leurs colistier.ère.s respectif.ve.s Loïc Dobler (ps) et Anne Froidevaux (pdc), qui ont récolté 3'673 et 3'214 suffrages. La participation s'est montée à 42.6 pour cent. Au niveau des partis, les Vert.e.s ont réalisé un bond spectaculaire par rapport à 2015, avec 15.6 pour cent des voix (+8.4 points de pourcentage). Ce score leur aurait permis de décrocher un siège au détriment du PDC si l'alliance de gauche avait vu le jour. En outre, le PS est devenu le premier parti du canton, en rassemblant 27 pour cent des votes (+3.3 points de pourcentage), passant devant le PDC (22.8%; -4.9 points de pourcentage). Suivaient l'UDC (14.6%; +1.6 points de pourcentage), le PCSI (9.6%; +3 points de pourcentage) et le PLR (9.1%; -7.7 points de pourcentage), alors que le PEV (1.44%) a fermé la marche. Les candidatures issues des listes jeunes ont quant à elles réussi un très bon résultat d'ensemble, avec un score cumulé de près de 18 pour cent, bien plus que par le passé.

Election Conseil national 2019 – Jura
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Anfang Juli präsentierte die AB-BA den Leiter der Disziplinaruntersuchung gegen Michael Lauber, den emeritierten Staatsrechtsprofessor Peter Hänni, der von der Rechtsanwältin Sarah Duss und dem Rechtsanwalt Lukas Blättler unterstützt wurde. Fast zwei Monate hatte die AB-BA gebraucht, um einen Untersuchungsleiter zu finden. Es sei so viel Zeit verstrichen, weil es schwierig gewesen sei, Fachpersonen zu finden, die nicht befangen seien, erklärte die AB-BA. Der Bericht würde damit wohl nicht mehr vor dem auf die Herbstsession verschobenen Termin einer allfälligen Wiederwahl Laubers vorliegen – urteilten die Medien.

Lauber selber verpflichtete mit Lorenz Erni einen bekannten Strafverteidiger zur Wahrung seiner Interessen im Disziplinarverfahren. Als pikant wurde in den Medien bezeichnet, dass Erni in einem der Fifa-Untersuchungen den Angeklagten Sepp Blatter verteidigte. Hänni verfügte dann in der Tat, dass Erni wegen dieses Interessenkonfliktes Lauber nicht vertreten dürfe. Dagegen wiederum wehrten sich Lauber und Erni und erhielten vor dem Bundesverwaltungsgericht recht. Dieses urteilte nämlich, dass Hänni die Disziplinaruntersuchung gar nicht führen dürfe, da dies Aufgabe der AB-BA selber sei. Dieser «Sieg» Laubers vor Gericht (St. Galler Tagblatt) stiess wiederum bei den Mitgliedern der GK auf Befremden. Damit verkompliziere sich ihre Aufgabe weiter, sagte Kommissionspräsident Jean-Paul Gschwind (cvp, JU) vor den Medien.

Immer häufiger wurde auch über strukturelle Probleme diskutiert. Die Aufsicht sei eine Fehlkonstruktion, meinte etwa Pirmin Schwander (svp, SZ). In der Tat habe man der Bundesanwaltschaft zu viel Unabhängigkeit zugeschanzt, indem man die Aufsicht dem Justizdepartement und dem Bundesstrafgericht entzogen und die AB-BA geschaffen habe. Auch die GPK wollte sich in der Folge der Sache annehmen und zur Klärung des divergierenden Aufsichtsverständnisses zwischen AB-BA und Bundesanwaltschaft eine Inspektion durchführen. Ein vom Ständerat in der Herbstsession an die GPK überwiesenes Postulat von Daniel Jositsch (sp, ZH) forderte ebenfalls eine Evaluation der Struktur, Organisation, Zuständigkeit und Überwachung der Bundesanwaltschaft.

Eine weitere Wendung erhielt die Untersuchung Mitte September, also kurz vor der in der Herbstsession terminierten Wiederwahl Laubers. Hanspeter Uster beschwerte sich in einem Radiointerview, dass Lauber die Untersuchung aktiv behindere und angeforderte für die Untersuchung benötigte Dokumente nicht liefere.
Die Wiederwahl Laubers Ende September nahm dann der Disziplinaruntersuchung ein wenig politischen Druck weg. Zwar berichtete die Aargauer Zeitung, dass die Verjährungsfrist für die disziplinarische Verantwortlichkeit nur gerade ein Jahr betrage und Lauber deshalb auf Zeit spiele, in den Medien geriet die Untersuchung allerdings in der Folge bis Ende 2019 ein wenig in Vergessenheit.

Disziplinaruntersuchung gegen Michael Lauber (2019-2020)
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt

Die Wahlen von Richterinnen und Richtern ans Bundesgericht werfen in der Regel keine hohen Wellen. Das Prozedere verläuft jeweils gleich: Ein vakanter Posten wird ausgeschrieben, die GK lädt Bewerberinnen und Bewerber ein und wählt dann jene Person aus, die sich nicht nur fachlich eignet, sondern auch hinsichtlich Geschlecht, Sprache und insbesondere Parteienzugehörigkeit in den einzelnen eidgenössischen Gerichten am meisten Proportionalität herstellt. Praktisch immer heissen alle Fraktionen die Empfehlung der GK gut, was die Wahl durch die Vereinigte Bundesversammlung schliesslich fast zu einer Alibiübung verkommen lässt. Auch wenn einzelne Parlamentsmitglieder angehenden Richterinnen und Richtern ab und zu ihre Stimme verweigern – die Anzahl leerer Stimmen ist jeweils ein Indiz dafür, dass die Kandidatin oder der Kandidat nicht allen Parteien genehm zu sein scheint, wobei aufgrund des Stimmgeheimnisses freilich nicht klar wird, aus welchen Fraktionen die Proteste effektiv stammen –, kommt es praktisch nie vor, dass die von der GK vorgeschlagenen Kandidierenden das absolute Mehr nicht schon in der ersten Runde deutlich übertreffen.
Der Ersatzwahl für die zurücktretenden Bundesrichter Peter Karlen (svp) und Jean-Maurice Frésard (sp) gingen nun aber medial begleitete Diskussionen voraus, die das Potenzial hatten, diese Routine zu gefährden. Stein des Anstosses war die Empfehlung der GK für die deutschsprachige Vakanz: Obwohl die SVP am Bundesgericht die am stärksten untervertretene Partei war (-2.43 Stellen), entschied sich die Kommission für Julia Hänni, die der CVP angehört. Die GK begründete diesen Entscheid nicht nur mit der besten Bewerbung, sondern auch mit dem geringen Frauenanteil (vor der Wahl bei 38.9 Prozent) und mit dem Umstand, dass die CVP die am zweitstärksten untervertretene Partei sei (-0.64 Stellen). Gleich drei Fraktionen, nämlich die SVP, die FDP und die BDP, sprachen sich gegen diese Empfehlung aus und planten, die vakante Stelle mit einem SVP-Richter zu besetzen. Sie portierten den Berner Verwaltungsrichter Thomas Müller (svp). Die Empfehlung der GK für den Kandidaten französischer Muttersprache, Bernard Abrecht (sp), war unbestritten.
Die Medien wussten zu berichten, dass der Entscheid für Hänni in der GK mittels Stichentscheid des Präsidenten gefallen sei. Die Wahl sei deshalb brisant, weil die Nachfolgerin oder der Nachfolger Karlens potenziell in der Zweiten öffentlich-rechtlichen Abteilung eingesetzt werden könnte. In dieser Kammer werden etwa Urteile zum Ausländerrecht und zu den Beziehungen zur EU, aber auch zum Verhältnis zwischen Völker- und Landesrecht gefällt. Zudem gehörten zwei der sechs Mitglieder in dieser Kammer bereits der SVP an. Mit einem dritten Mitglied wären die SVP-Richter also wohl sehr häufig in der Mehrheit, weil das Gremium zu dritt oder zu fünft entscheidet. Freilich ist die Zuweisung neuer Richterinnen und Richter zu den einzelnen Kammern Sache des Bundesgerichts selber. Verschiedene Parlamentsmitglieder wollten aber kein Risiko eingehen – die Medien berichteten, dass einige Abgeordnete argwöhnten, die SVP wolle nach dem Scheitern ihrer Selbstbestimmungsinitiative die wichtige Kammer kurzerhand kapern. Einigen stiess in der Diskussion zudem sauer auf, dass neben dem Parteienschacher das Gleichstellungsargument zu kurz komme. Am Tag des Frauenstreiks habe sich die NZZ gegen eine bestens qualifizierte Frau ausgesprochen, monierte etwa Ruth Humbel (cvp, AG) via soziale Medien.
Der SVP-Kandidat Müller sorgte dann mit einem Verzicht auf die Kandidatur dafür, dass es Mitte Juni nicht zu einer Kampfwahl für den Posten am Bundesgericht kam. In den Medien wurde kolportiert, dass SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi (svp, ZG) bei den anderen Parteien nicht genügend Unterstützung gefunden habe und dass Müller sich die Wahlchancen für künftige Richterwahlen – bereits im Herbst mussten vier weitere Vakanzen besetzt werden – habe intakt halten wollen.
Kurz vor dem Wahlakt verlangte Aeschi das Wort und rechnete vor, dass die Untervertretung einer Partei am Bundesgericht – statt über 11.5 verfüge die Volkspartei nun noch lediglich über neun Stellen – seit Einführung der Gerichtskommission im Jahr 2003 noch nie so krass gewesen sei. Von den neun Bundesgerichtsmitgliedern der SVP seien vier Frauen, weshalb man die Partei auch nicht als «Frauenverhindererin» bezeichnen könne. Die SVP sei nicht immer glücklich gewesen mit vorgeschlagenen Richterinnen und Richtern von Mitte-Links, sie habe aber den Parteienproporz stets mitgetragen. Er warnte vor einem «parteipolitischen Hickhack» im Vorfeld von Richterwahlen, wenn die Repräsentativität in der Judikative nicht mehr gewährleistet werde. Zugleich wies er darauf hin, dass sich ihr «absolut ausgewiesener, bestens qualifizierte Kandidat» Thomas Müller aufgrund des Drucks der anderen Parteien für die Wahl nicht zur Verfügung stelle. Für die CVP-Fraktion ergriff Leo Müller (cvp, LU) ebenfalls das Wort und wies darauf hin, dass Parteienproporz auch über längere Zeiträume eingehalten werden könne. Die Gerichtskommission benötige Spielraum, um auch andere Kriterien wie eben Geschlecht oder Sprache berücksichtigen zu können.
Auch bei dieser Wahl schafften die Kandidierenden den Sprung nach Lausanne schliesslich bereits im ersten Wahlgang. Von den 233 eingelangten Wahlzetteln wurden aber dennoch deren 60 leer eingelegt und 17 Stimmen entfielen auf Diverse. Julia Hänni wurde schliesslich mit 151 Stimmen gewählt. Der Name des eigentlich unbestrittenen Bernard fand sich auf 157 Stimmzetteln.
Nach der Wahl erhob die SVP lauthals Anspruch auf zwei der besagten vier frei werdenden Posten, von denen je zwei von Angehörigen der SP bzw. der GP besetzt waren. Insbesondere die GP sei mit zwei Stellen übervertreten, betonte die SVP.

Wahlen von Richterinnen und Richtern ans Bundesgericht

Après s'être penchée sur les trois initiatives cantonales (fribourgeoise, jurassienne, genevoise) traitant de la gestion du lait produit en Suisse, la CER-CN a décidé de déposer une motion intitulée «Fromages. Accroître la valeur ajoutée». La commission souhaite que le lait destiné à la production de fromages soit plus soutenu. Le supplément demandé devra être directement versé aux producteurs et productrices de lait et non pas aux transformateurs. Le supplément devra être échelonné selon le taux de graisse dans le lait, afin d'éviter d'inciter à la production de fromages de basse qualité. La CER-CN souhaite également que la transparence augmente afin que les prix minimaux soient respectés, comme expliqué par le rapporteur francophone de la commission, Jean-Paul Gschwind (pdc, JU). Guy Parmelin s'oppose à cette motion, argumentant que des instruments sont prévus dans la prochaine politique agricole afin d'améliorer la situation. De plus, la solution proposée par la commission risquerait d'être administrativement lourde à mettre en place.
C'est une large alliance regroupant des membres de tous les partis qui accepte finalement cette proposition de la commission (117 voix pour, contre 38 et 13 abstentions).

Accroître la valeur ajoutée des fromages (Mo. 18.3711)
Dossier: Milchsteuerungskrise

In der Frühjahrssession 2019 sprach sich der Nationalrat mit 58 zu 130 Stimmen bei 2 Enthaltungen gegen eine Motion Gschwind (cvp, JU) aus, die eine Reduktion des Eigenmietwertes um 50 Prozent beantragte, um zusätzliche steuerliche Anreize für die Sanierung von Altbauten zu schaffen. Der Motionär begründete sein Anliegen mit der durch Annahme des Raumplanungsgesetzes erschwerten Bauzonenerschliessung für Einzelbauten. Folglich gelte es, das Wohnpotential nichtbewohnter Altbauten besser zu nutzen. Dies bedinge aber oftmals umfassende Sanierungsmassnahmen, welche die Kosten eines Neubaus bei weitem überstiegen, weswegen es zusätzlicher Steueranreize bedürfe. Bundesrat Maurer äusserte sich im Parlament ablehnend zum Vorstoss, wobei er zum einen auf ein Bundesgerichtsurteil aus dem Jahr 1998 verwies, gemäss welchem der kantonale Eigenmietwert nicht unter 60 Prozent des tatsächlichen Marktwertes zu liegen kommen darf. Zum anderen befürchtete er, dass die verlangte Änderung auf der Ebene der Kantone und Gemeinden zu hohen Steuerausfällen führen würde. Unterstützung erfuhr das Anliegen durch die mit einer Ausnahme in der BDP-Fraktion geschlossen auftretenden Fraktionen der BDP, CVP und GLP sowie durch eine SVP-Minderheit.

Senkung des Eigenmietwertes als steuerrechtlicher Anreiz zur Altbausanierung (Mo. 17.3705)
Dossier: Vorstösse zur Abschaffung des Eigenmietwerts (1992-2023)

Nachdem der Ständerat der Abschreibung der Motion zum Ausgabenstopp bei den Personalkosten zugestimmt hatte, entschied sich die FK-NR mit 12 zu 9 Stimmen bei 4 Enthaltungen, ihrem Rat ebenfalls die Abschreibung zu empfehlen. Die Kommissionssprecherin Mattea Meyer (sp, ZH) in deutscher und der Kommissionssprecher Jean-Paul Gschwind (cvp, JU) in französischer Sprache machten deutlich, dass die Motion von einem alten Berechnungsmodell ausgehe, das seit 2017 vom neuen Führungsmodell überholt worden sei. Eine Personalobergrenze in diesem neuen Modell sei nicht sinnvoll, da der Personalbestand dynamisch müsse angepasst werden können. Personalstellen sollten über das Budget und nicht über Köpfe gesteuert werden – ein Rat, den auch Finanzminister Maurer in seinem Schlussvotum in der grossen Kammer wiederholte, nachdem es dort zu einem lebhaften Schlagabtausch zwischen der linken und rechten Ratshälte gekommen war. Während die FDP und die SVP darauf beharrten, dass die Personalstellen in den letzten Jahren dauernd gewachsen seien, und Bundesrat Maurer vorwarfen, in der Definition der Anzahl Stellen «kreativ» zu sein (Hans-Ulrich Bigler; fdp, ZH), wiederholten die Sprecherinnen und Sprecher der anderen Fraktionen, dass die Steuerung des Personalbestandes über Finanzen effizienter sei als über eine Stellenobergrenze.
Letztlich entschieden dann nur wenige Stimmen darüber, dass die grosse Kammer anders stimmte als die kleine: Mit 98 zu 94 Stimmen entschied sich der Nationalrat, die Motion nicht abzuschreiben.

Abschreibung der Motion zum Ausgabenstopp bei den Personalkosten
Dossier: Bestand des Bundespersonal auf dem Stand von 2015 einfrieren