Suche zurücksetzen

Inhalte

Akteure

  • Gugger, Niklaus-Samuel (evp/pev, ZH) NR/CN
  • Gutjahr, Diana (svp/udc, TG) NR/CN

Prozesse

24 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Jahresrückblick 2020: Verbände

Verschiedene Branchenverbände befürchteten aufgrund der zur Eindämmung des Coronavirus verhängten Massnahmen drastische Folgen für die durch sie vertretenen Wirtschaftssektoren. Entsprechend forderten sie während des Lockdowns und danach bessere Kreditbedingungen oder Ausnahmeregelungen für ihre Branchen: Beispielsweise forderten die Verbände Hotelleriesuisse und Gastrosuisse vom Bundesrat einen Erlass der Covid-19-Kredite und eine rasche Wiedereröffnung der Restaurants und Bars; der Industrieverband Swissmem wollte, dass dringend benötigte Spezialistinnen und Spezialisten die verhängten Einreisesperren umgehen können. Unterstützt wurde die Forderung durch Economiesuisse. Beide Verbände erhofften sich zudem eine Abschaffung der Industriezölle, um Unternehmen finanziell zu entlasten.
Auch eine Forderung der Unia bezüglich des Lockdowns sorgte für Aufsehen. Weil gemäss der Gewerkschaft Arbeitnehmende in Industrie und Gewerbe während des Lockdowns nicht ausreichend geschützt waren – ein Banker könne etwa im Homeoffice arbeiten und dadurch die vom Bund empfohlenen Hygiene- und Abstandsregeln gut einhalten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Industrie, im Detailhandel, im Gewerbe oder auf dem Bau müssten weiterhin ungeschützt ihren beruflichen Tätigkeiten nachgehen –, forderte Unia-Chefin Vania Alleva landesweit eine Schliessung von Baustellen und Betrieben, bis auch dort umsetzbare und greifende Schutzmassnahmen und -konzepte erarbeitet worden seien. Seitens der Tagespresse musste sich Alleva aufgrund der hohen Kosten, welche diese Massnahme für Industrie und Gewerbe mit sich gebracht hätte, teils scharfen Vorwürfen stellen.

Abseits von Corona ging das Verbandswesen seinen gewohnten Gang. So kam es beispielsweise zu Personalmutationen (nicht abschliessende Auflistung): Jacques Bourgeois trat Ende März nach fast zwei Jahrzehnten von seinem Amt als Direktor des Schweizerischen Bauernverbands (SBV) zurück und wurde von Martin Rufer abgelöst. Flavia Kleiner gab ihr Amt als Co-Präsidentin bei Operation Libero per 20. Juni ab, nachdem sie dieses seit der Gründung der Bewegung 2014 innegehabt hatte, zuletzt zusammen mit Laura Zimmermann. Ihre Nachfolge trat Stefan Manser-Egli an. Einen Wechsel gab es auch bei Economiesuisse, hier trat Christoph Mäder per 1. Oktober die Nachfolge des bis dahin amtierenden Economiesuisse-Präsidenten Heinz Karrer an. Karrer hatte zuvor zwölf Jahre im Vorstand des Wirtschaftsverbands geamtet, sieben davon als Präsident. Ebenfalls im Oktober wurde am Gewerbekongress in Freiburg der Tessiner Fabio Regazzi (cvp) als neuer Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV) bestätigt, Diana Gutjahr (svp, TG) wurde in den Vorstand gewählt. Gemäss NZZ wäre die Wahl Gutjahrs anstelle Regazzis wünschenswert gewesen, denn sie, so analysierte die Zeitung, hätte unter anderem in Anbetracht der tiefen Frauenquote beim SGV frischen Wind in den Verband gebracht.

Ferner fanden 2020 mehrere Volksabstimmungen statt. Auch die Verbände nahmen zu den Anliegen Stellung und fassten Parolen.
Medienwirksam diskutiert wurde die von der AUNS zusammen mit der SVP lancierte Begrenzungsinitiative. Sowohl die grossen Wirtschaftsverbände – vertreten durch den SGV und Economiesuisse – als auch die Arbeitnehmerverbände – vertreten durch den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB), Travail.Suisse sowie die Gewerkschaften Unia, Syna und VPOD – lehnten die Initiative ab. Ein besonders wichtiges Gegenargument war die Befürchtung einer Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU, die eine Annahme der Initiative womöglich zur Folge gehabt hätte.
Die grossen Schweizer Wirtschaftsdachverbände Economiesuisse, der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV), der SGV sowie der SBV fassten ferner gemeinsam die Nein-Parole zur ebenfalls viel diskutierten Konzernverantwortungsinitiative, über die im November abgestimmt wurde. Diese verlangte, dass Unternehmen rechtlich belangt werden können, sollten diese oder ihre Tochterfirmen im Ausland gegen geltende Menschenrechte und Umweltstandards verstossen. Die Wirtschaft, so hiess es seitens der Verbände, stehe ohne Wenn und Aber zu den Menschenrechten und Umweltstandards, doch, so die Argumentation, würde eine Annahme der Initiative Betroffenen im Ausland kaum helfen, zu Rechtsunsicherheit führen und dabei die Schweizer Wirtschaft unter Generalverdacht stellen. Der Gegenvorschlag, welcher bei Ablehnung der Initiative in Kraft treten würde und anstelle von rechtlichen Konsequenzen mehr Transparenz forderte, genoss von den Verbänden Unterstützung. Eine noch grössere Anzahl an Verbänden und insbesondere NGOs stand hingegen für die Initiative ein: Amnesty International, Greenpeace, Swissaid oder die Gesellschaft für bedrohte Völker gehörten zu den Trägerorganisationen der Konzernverantwortungsinitiative. Die Operation Libero, die Unia, der WWF, Terre des Femmes, der SGB und zahlreiche weitere Umweltschutz-, Menschenrechts- und Arbeitsrechtsorganisationen sicherten dem Anliegen ihre Unterstützung zu.

Auch historische Jubiläen konnten im Coronajahr begangen werden: Die Dachorganisation für lokale und regionale Behindertenorganisationen Pro Infirmis feierte ihr 100-jähriges Bestehen; Economiesuisse konnte diese Zahl gar noch überbieten: Seit 150 Jahren gibt es den Dachverband der Schweizer Wirtschaft, wenngleich nicht immer in gleicher Form wie heute.

Zu Jahresbeginn erreichte der Anteil der Zeitungsberichte zum Thema «Verbände» gemessen an allen anderen 2020 durch Année Politique Suisse erfassten Berichte seinen höchsten Wert und sank dann, mit einem erneuten leichten Anstieg im Sommer, bis Ende Jahr deutlich ab. Am stärksten in den Medienberichterstattungen vertreten waren die Industrieverbände sowie die Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände. Ebenfalls öfters Thema der medialen Berichterstattung waren die Gewerbeverbände, wenig vertreten waren hingegen die Landwirtschaft und die übrigen Arbeitgeberverbände.

Jahresrückblick 2020: Verbände
Dossier: Jahresrückblick 2020

Die grosse Kammer beugte sich in der Wintersession 2020 über das Horizon-Paket 2021–2027. Mehrere Rednerinnen und Redner betonten dabei die Wichtigkeit der Erneuerung dieses Forschungsabkommens mit der EU. Nur so könne die Schweiz bei der Forschung auf Niveau «Champions League» mitspielen, argumentierte Christian Wasserfallen (fdp, BE). Die Finanzierungsbotschaft wurde aber nicht von allen Parteien vollständig unterstützt. Während eine Minderheit um Diana Gutjahr (svp, TG) die Vorlage an den Bundesrat zurückweisen wollte, um ein alternatives, nationales Programm ausarbeiten zu lassen, wollte eine weitere Minderheit Keller (svp, NW) die vom Bundesrat budgetierte Reserve von CHF 614 Mio. auf CHF 466 Mio. reduzieren. Beide Anträge wurden abgelehnt. Ebenfalls keine Mehrheit fanden zwei Anträge von links-grüner Seite, welche die Verpflichtungen für das Euroatom-Programm auf Ende 2025 befristen wollten. Zu reden gaben des Weiteren insbesondere folgende zwei Punkte: Im Horizon-Programm 2021–2027 wird der Finanzierungsmechanismus geändert. Neu zahlt jeder Staat so viel ins Programm ein, wie wieder an die Forscherinnen und Forscher ausbezahlt wird (pay as you go Prinzip). Es ist also nicht mehr möglich, mehr Mittel zu beziehen als einzubezahlen. Diese Neuerung sei gemäss Claudia Friedl (sp, SG) in der Kommission bedauert worden, könne aber nicht rückgängig gemacht werden. Zudem habe die EU generell mehr Geld für das Programm budgetiert als in der vergangenen Periode, weshalb auch die Schweiz einen höheren Betrag aufwenden müsse. Der zweite Punkt betraf die generellen Beziehungen der Schweiz zur EU. Christian Wasserfallen und auch Forschungsminister Parmelin betonten im Rat, dass die Assoziierung an das Horizon-Paket nichts mit dem Rahmenabkommen zu tun habe. Für Angelika Kalt, Direktorin des SNF, war die Sache allerdings nicht so klar. Gemäss Kalt wäre es möglich, dass die EU die Verabschiedung des Rahmenabkommens voraussetzt, damit die Schweiz an Horizon teilnehmen könne.
In der Schlussabstimmung sprach sich der Nationalrat deutlich für die Zustimmung zum Horizon-Paket respektive zum Start der Verhandlungen des Bundesrates mit der EU aus. 138 Personen stimmten dafür, 49 Mitglieder der SVP stimmten dagegen, eine Person enthielt sich der Stimme (ebenfalls SVP).

Horizon-Paket 2021–2027
Dossier: Erasmus und Horizon

Nachdem er das Geschäft zuvor an seine Kommission zur eingehenden Beratung zugewiesen hatte, nahm der Nationalrat zu Beginn der Wintersession 2020 die Detailberatung des Covid-19-Geschäftsmietegesetz in Angriff. Dem Rat lag ein stark abgeänderter Entwurf einer knappen bürgerlichen Mehrheit der RK-NR vor, der einige entscheidende Verschärfungen beinhaltete, darunter auch den Vorschlag, den Vermietenden ihren Mietzins zu 50 Prozent statt wie bisher vorgeschlagen zu 60 Prozent zu erlassen. Auf der anderen Seite war die vorberatende Kommission den Geschäftsmietenden in einigen Punkten entgegengekommen. Baptiste Hurni (sp, NE) bezeichnete dies als «stratégie perverse» und unterstellte den Gegnerinnen und Gegnern der Gesetzesvorlage, quasi mit einer neuen Gesetzesvorlage die fragile Mehrheit für den bisherigen Entwurf zu zerstören. So kam es zur paradoxen Situation, dass die Ratslinke und einzelne Vertretende der Mitte-Fraktion, die sich zu den Befürwortenden der Gesetzesvorlage zählten, mit zahlreichen Minderheitsanträgen versuchten, die von der mitte-rechts dominierten Kommissionsmehrheit eingebrachten Anträge, die auch eine Ausweitung des Geltungsbereichs erzielen wollten – und dies notabene für einen Entwurf, den die Kommissionsmehrheit am Ende der Kommissionsberatungen abgelehnt hatte – zu verhindern. Ziel einer Minderheit bestehend aus den Ratsmitgliedern Brenzikofer (gp, BL), Gugger (evp, ZH) und Hurni (sp, NE) war es etwa, auf den Entwurf des Bundesrates zurückzukommen mit der Ausnahme, dass sie sich – um die Erfolgschancen für die Zustimmung zu erhöhen – ebenfalls für einen Mietzinserlass von 50 statt 60 Prozent einsetzten. Während die Anträge des Trios die komplette GLP-Fraktion noch zu überzeugen vermochten, gelang es ihnen nicht immer, genügend Stimmen aus der Mitte-Fraktion gegen die Anträge der Kommissionsmehrheit zu sammeln. So erreichte die Minderheit – teilweise unterstützt durch weitere Minderheiten –, dass lediglich die Vermietenden von einer Härtefallregelung profitieren könnten und nicht ebenso die Mietparteien, wie dies die Kommissionsmehrheit gefordert hätte. Zudem verhinderte sie, dass auch Vertragsparteien von der Regelung ausgenommen worden wären, wenn der vereinbarte Zins bereits stillschweigend bezahlt worden war. Und nicht zuletzt gelang es ihr, die von der Kommissionsmehrheit eingeführte Bestimmung zu kippen, wonach das Gesetz nicht anwendbar wäre, wenn eine der beiden Parteien vom Gericht verlangt, den Miet- oder Pachtzins nach den allgemeinen massgebenden Bestimmungen des Obligationenrechts festzulegen. Hier erhielt die Minderheit Unterstützung von Bundesrat Parmelin, der meinte «l'application de la loi serait volontaire car son application pourrait être empêchée en invoquant cette clause du code des obligations». Erfolglos blieben Minderheitsanträge, die folgende Ausweitungen des Geltungsbereichs verhindern wollten: 1) Die Ausdehnung des Geltungsbereichs auf alle Miet- und Pachtverträge zur Nutzung von Geschäftsräumen, sofern deren Betrieb aufgrund behördlicher Massnahmen stark eingeschränkt oder verboten worden war; gemäss Version des Bundesrates wären nur Einkaufsläden, Bars, Restaurants, Freizeit- und Unterhaltungsbetriebe, Betriebe mit Dienstleistungen mit Körperkontakt und Gesundheitseinrichtungen von der Regelung eingeschlossen worden. 2) Die Aufhebung der Einschränkung für die Dauer des Mieterlasses im Falle von Gesundheitseinrichtungen; hier hätte der Bundesrat vorgesehen, dass diese nur für eine maximale Dauer von zwei Monaten vom Mieterlass hätten profitieren können. 3) Keine Opt-Out-Möglichkeit für Mietverhältnisse mit einem monatlichen Miet- oder Pachtzins zwischen CHF 15'000 und CHF 20'000; der Bundesrat hatte eine solche für beide Vertragsparteien vorgesehen. Nicht umstritten war indes die zeitliche Ausweitung des Geltungsbereichs: So sollten Mietparteien etwa auch während weiterer Corona-Wellen vom teilweisen Mietzinserlass profitieren können, sofern sie aufgrund beschlossener staatlicher Massnahmen – im Unterschied zum bundesrätlichen Entwurf auch wenn diese von den Kantonen oder den Gemeinden getroffen worden waren – ihren Betrieb einschränken mussten. «Nach einer ebenso emotionalen wie fahrigen Debatte» (NZZ) lehnte der Nationalrat den abgeänderten Entwurf in der Gesamtabstimmung mit 100 zu 87 Stimmen (7 Enthaltungen) ab. Im Unterschied zur nationalrätlichen Eintretensdebatte, wo die Fraktionen der GLP und der Mitte den Entwurf noch fast einhellig respektive mit deutlichen Mehrheiten unterstützt hatten, äusserten sich nur noch eine knappe Mehrheit der GLP-Fraktion sowie nicht ganz die Hälfte der Mitte-Fraktion zugunsten eines Covid-19-Geschäftsmietegesetzes.

Covid-19-Geschäftsmietegesetz
Dossier: Diskussionen um Erlass von Geschäftsmieten während des Lockdown

Im Oktober 2020 wurde am Gewerbekongress in Freiburg der Tessiner Fabio Regazzi (cvp) als neuer Präsident des SGV bestätigt. Diana Gutjahr (svp, TG) wurde in den Vorstand gewählt. Der Verband verabschiedete zudem eine Charta zur Digitalisierung, um die diesbezüglichen Entwicklungen in der Branche voranzutreiben.

Bereits im Januar hatte der Verband per Medienmitteilung bekannt gegeben, dass die Gewerbekammer (das Parlament des Verbands) Regazzi als Kandidaten für das frei werdende Präsidium nominieren würde. Ursprünglich hätte der Gewerbekongress bereits im April stattfinden sollen, doch wurde der Anlass aufgrund der Corona-Pandemie auf Ende Oktober verschoben. Im August hatte Gutjahr bekannt gegeben, ihre Kandidatur für das Präsidium – sie hätte die erste Präsidentin des Verbands werden können – zurückzuziehen und sich stattdessen für den Vorstand zur Wahl zu stellen. Es sei wichtig, so Gutjahr damals gemäss einer Medienmitteilung des Verbands, dass der SGV Zusammenhalt demonstriere, weshalb sie auf eine Kampfwahl verzichte. Zudem sei Regazzi wie sie in der Metallbaubranche tätig, weshalb sie ihm an der Wahl im Oktober ihre Unterstützung zusichere.
Nach dem Rückzug Gutjahrs stand der Wahl Regazzis als Nachfolger des bisherigen Präsidenten Jean-François Rimes (svp, FR) kaum mehr etwas im Weg. Laut NZZ, die die mögliche Wahl Regazzis bereits im Frühjahr kommentiert hatte, wäre die Wahl Gutjahrs aber nicht zuletzt wegen der schlechten Frauenquote im SGV wünschenswert gewesen. Unter den hundert Mitgliedern der Gewerbekammer befanden sich gemäss der Zeitung (Stand Januar) lediglich sieben Frauen, der Vorstand zählte neben 13 Männern nur zwei Frauen. Gutjahr, so resümierte die NZZ, hätte den Wandel verkörpern können, welchen der Verband nach der Niederlage an den eidgenössischen Wahlen 2019 – nicht nur der damalige Verbandspräsident Rime, auch Verbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) sowie Vorstandsmitglied Hansjörg Brunner (fdp, TG) waren nicht mehr in den Nationalrat gewählt worden – gebraucht hätte.

Regazzi wird neuer SGV-Präsident

Noch in der Herbstsession 2020 bereinigte das Parlament die verbliebenen zwei Differenzen der Kulturbotschaft 2021-2024.

Bei der ersten Differenz handelte es sich um die Frage, wie hoch die Finanzhilfen des BAK ausfallen sollten. Der Nationalrat wollte das bundesrätliche Budget um CHF 1.2 Mio. für «Memoriav» aufstocken, der Ständerat stattdessen um CHF 800'000 für die schweizerische Fotostiftung. Eine Mehrheit der WBK-NR wollte an der nationalrätlichen Version festhalten, da sie die Förderung von «Memoriav» als dringend notwendig erachtete, während eine Minderheit Gutjahr (svp, TG) in Anbetracht der tieferen Aufgabenlast von Memoriav, weil der SRG neu die Archivierung selbst durchführt, auf eine Aufstockung verzichten wollte. Die dadurch freiwerdenden Mittel könnten bei der Schweizer Fotostiftung eingesetzt werden, wie Gutjahr argumentierte. Mit 99 zu 96 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) folgte der Nationalrat knapp seiner Kommissionsmehrheit. Ebenfalls erfolglos (mit 114 zu 81 Stimmen bei 3 Enthaltungen) blieb eine Minderheit Fivaz (gp, NE), welche auch die vom Ständerat beschlossene Aufstockung für die Fotostiftung vornehmen wollte.
Der Ständerat folgte daraufhin stillschweigend der Version des Nationalrates, womit die erste Differenz beseitigt werden konnte. Es liege in der Entscheidungsmacht des Bundesrates, welcher Organisation welche Beträge zugesprochen würden, hatte Kommissionssprecher Matthias Michel (fdp, ZG) zuvor erläutert.

Beim Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen für den Bereich «Sprache und Verständigung» sprach sich die WBK-NR erneut für die nationalrätliche Aufstockung zur Förderung der rätoromanischen Sprache und gegen die ständerätliche Aufstockung für die Strategie «Austausch und Mobilität» aus, während eine Minderheit Locher Benguerel (sp, GR) die zusätzlichen Mittel für Sprachaufenthalte sprechen wollte – auch in Anbetracht einer angenommenen Motion der WBK-NR (Mo. 20.3918). Der Nationalrat folgte seiner Kommissionsmehrheit, woraufhin der Ständerat auch diesem Entscheid beipflichtete. Mit 23 zu 21 Stimmen sprach er sich in Übereinstimmung mit der Kommissionsmehrheit gegen einen Kompromissvorschlag von Johanna Gapany (fdp, FR) für eine um die Hälfte reduzierte Aufstockung um CHF 5 Mio. aus.

Da damit alle Differenzen bereinigt waren, war die Vorlage noch in derselben Session für die Schlussabstimmungen bereit. Abgestimmt werden musste derweil nur noch über die vier Bundesgesetzesänderungen, da die bereits genehmigten Finanzbeschlüsse nicht dem Referendum unterlagen und somit keine Schlussabstimmungen nötig waren.
Beide Kammern nahmen in der Folge alle vier Gesetzesänderungen deutlich mit einzelnen Gegenstimmen und Enthaltungen, oder gar einstimmig an. Alle Stimmen gegen die Vorlagen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Als einziges Geschäft der Kulturbotschaft 2021-2024 war somit die Revision des Filmgesetzes noch offen, mit welcher sich der Ständerat in der Sommersession 2021 als Zweitrat befasste.

Kulturbotschaft 2021–2024 (BRG 20.030)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Das Suva-Obligatorium für gewisse Betriebe abschaffen wollte Diana Gutjahr (svp, TG) im März 2019 mit einer parlamentarischen Initiative. Sie verlangte, dass zukünftig alle Arbeitgebenden ihre Unfallversicherungseinrichtung frei wählen können sollten. Für die Änderung führte sie zahlreiche Gründe an: Es sei immer öfters unklar, ob ein Betrieb in den Zuständigkeitsbereich der Suva falle, zudem führe das aktuelle System zu einer Ungleichbehandlung der Betriebe. Die Suva habe in der Vergangenheit ihren Tätigkeitsbereich ausgeweitet und die Privatwirtschaft konkurriert, wodurch die Wirtschaftsfreiheit verletzt worden sei. Zudem könne mit der Änderung der Kostenwettbewerb gestärkt werden, wovor sich die Suva nicht zu scheuen brauche. Im Gegenteil sei dies eine Win-Win-Situation, von der auch die Suva profitieren würde, da sie womöglich neue Betriebe hinzugewinnen könnte, erklärte die Motionärin im Rahmen der Nationalratsdebatte in der Herbstsession 2020. Die Mehrheit der SGK-NR machte diesbezüglich jedoch keinen Handlungsbedarf aus: Die Suva leiste gute Arbeit, zumal sie schlechte Risiken versichere und dennoch die tiefsten Prämien aller Unfallversicherungen aufweise, betonte etwa Kommissionssprecherin Prelicz-Huber (gp, ZH). Ihren höheren Ertragswert nutze sie für Investitionen, Unfallprävention, Forschung und Weiterbildungen, zumal sie nicht gewinnorientiert sei und keine Dividenden ausschütte. Mit 104 zu 78 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) folgte der Nationalrat der Kommissionsmehrheit und gab der parlamentarischen Initiative keine Folge.

Aufhebung des Suva-Teilmonopols

In der Herbstsession 2020 machte sich der Nationalrat an die Beratung des Covid-19-Gesetzes, was mit 10 Mehrheits-, 33 Minderheits- und 27 Einzelanträgen eine lange Sache zu werden versprach. Für die Kommission erklärten Philippe Nantermod (fdp, VS) und Ruth Humbel (cvp, AG) den Rahmen des Gesetzes. Dieses definiere, «was der Bundesrat tun darf, um die Auswirkungen der Covid-19-Epidemie auf Gesellschaft, Wirtschaft und Behörden zu bekämpfen», fasste Ruth Humbel seinen Inhalt zusammen. Damit würde «Notrecht in ordentliches Recht überführt» und entsprechend für einen Teil der 18 seit März 2020 geschaffenen Verordnungen, die sich direkt auf die Verfassung gestützt hatten, eine gesetzliche Grundlage geschaffen, erklärte Bundeskanzler Walter Thurnherr, der den Bundesrat in der Debatte vertrat. Das Covid-19-Gesetz solle gemäss den Kommissionssprechenden überdies dringlich erklärt, aber nur bis Ende 2021 (einzelne Ausnahmen bis Ende 2022) gültig sein; hier war der Bundesrat den Vernehmlassungsteilnehmenden entgegengekommen. Einerseits stellte Philippe Nantermod das Gesetz als Rückkehr zum «normalen Recht» dar, betonte jedoch auch, dass es dem Bundesrat sehr wichtige Kompetenzen erteile. Die SGK-NR sei sich aber einig gewesen, dass das Gesetz nötig sei; entsprechend sei sie einstimmig darauf eingetreten und habe die Vorlage schliesslich mit 18 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Ruth Humbel ergänzte ausdrücklich, dass es – entgegen der zahlreichen Briefe, die sie diesbezüglich empfangen habe – im Covid-19-Gesetz weder um Impfungen im Allgemeinen noch um eine Impfpflicht im Speziellen gehe.
In der nachfolgenden Behandlung nahm der Nationalrat zahlreiche Änderungen am bundesrätlichen Entwurf vor und nahm die neue Version zum Schluss deutlich an.

Vor der Detailberatung lagen dem Nationalrat aber ein Antrag Addor (svp, VS) auf Nichteintreten sowie ein Antrag Schwander (svp, SZ) auf Rückweisung des Gesetzes an den Bundesrat vor. Jean-Luc Addor begründete seinen Nichteintretensantrag damit, dass dem Bundesrat keine Blankovollmacht ausgestellt werden dürfe, sondern dass das Parlament nötige Massnahmen per ordentlichem Gesetz erlassen solle. Die aktuellen Massnahmen seien unverhältnismässig und nur aufgrund künstlich aufrechterhaltener Angst durchsetzbar, kritisierte er. Diese «Gesundheitsdiktatur» müsse entsprechend beendet werden. Pirmin Schwander begründete seinen Ordnungsantrag ähnlich: Der Bundesrat solle sich zukünftig nicht auf Notrecht stützen, sondern die Bundesversammlung für dringende Bundesbeschlüsse einberufen. Dabei ging er davon aus, dass die bestehenden Bundesbeschlüsse zu den Finanzausgaben zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie ausreichten, und betonte, dass der Bundesrat ansonsten dort Lücken schliessen solle, wo dies noch nötig sei. Philippe Nantermod entgegnete im Namen der Kommission, dass es im Gesetz eben nicht nur um Budgets und Haushaltsbefugnisse gehe, sondern auch um den Rahmen für die Umsetzung der finanziellen Bestimmungen. Entschiede sich der Rat für Nichteintreten, würden überdies alle geltenden Bundesratsverordnungen hinfällig, wodurch die entsprechenden Entlastungsmassnahmen – zum Beispiel im Rahmen der EO – entfallen würden. Mit 173 zu 18 Stimmen sprach sich der Rat in der Folge gegen den Ordnungsantrag Addor und mit 163 zu 26 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) gegen den Ordnungsantrag Schwander für Eintreten aus. Die ablehnenden Stimmen stammten jeweils aus der SVP-Fraktion.

Anschliessend folgte die Detailberatung, bei der die verschiedenen Artikel in unterschiedlichem Masse umstritten waren. Bereits beim ersten Artikel, welcher den Gegenstand des Gesetzes zum Inhalt hatte, nahm der Nationalrat einige Änderungen vor. In der bundesrätlichen Version besagte der Artikel nur, dass es im Gesetz ausschliesslich um die Bewältigung der Covid-19-Pandemie geht und dass der Bundesrat auch die Kantone in die Erarbeitung von Massnahmen einbezieht, wenn sie in ihrer Zuständigkeit betroffen sind – eine Konzession, die der Bundesrat nach der Vernehmlassung an die Kantone gemacht hatte. Diesen Einbezug wollte die SGK-NR auf die Sozialpartner, eine Minderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) sowie Einzelanträge der SPK-NR und der KVF-NR auch auf Verbände der Gemeinden und Städte ausdehnen. Damit die Massnahmen zufriedenstellend umgesetzt werden könnten, sei es wichtig, dass alle wichtigen Akteure einbezogen würden, erklärte Katharina Prelicz-Huber. Für den Bund seien bei der Umsetzung nur die Kantone direkte Ansprechpartner, zudem seien Gemeinden und Städte vom Covid-19-Gesetz gar nicht direkt betroffen, erwiderte hingegen der Kommissionssprecher. Dennoch folgte der Rat sowohl der Kommissionsmehrheit bezüglich der Kantone als auch der Minderheit Prelicz-Huber sowie den Einzelanträgen bezüglich der Städte und Gemeinden deutlich (191 zu 3 Stimmen; 150 zu 43 Stimmen bei 2 Enthaltungen). Doch nicht nur Kantone, Städte und Gemeinden, auch die Organe der Bundesversammlung sowie die Präsidentinnen oder Präsidenten der zuständigen Kommission wollte der Nationalrat in dringlichen Fällen einbezogen wissen. Er folgte dabei zwei Einzelanträgen Rutz (svp, ZH) und stellte sich damit gegen Anträge seiner Kommission (153 zu 39 Stimmen bei 1 Enthaltung; 192 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung). Kommissionssprecher Nantermod hatte diese Forderungen zuvor mit der Begründung abgelehnt, dass die Anhörung des Parlaments beim ordentlichen Recht, um das es hier gehe, bereits im Parlamentsgesetz geregelt sei.
Erfolgreich waren auch die Einzelanträge Glättli (gp, ZH) und Grüter (svp, LU), welche die Einreichung von fakultativen Referenden temporär ohne Stimmrechtsbescheinigungen möglich machen und die Bundeskanzlei mit der nachträglichen Bescheinigung der Stimmen bei den Gemeinden beauftragen wollten (140 zu 52 Stimmen bei 2 Enthaltungen). Stillschweigend nahm der Rat zudem einen Vorschlag der Kommission an, wonach sich der Bundesrat zum Erlass seiner Massnahmen an verfügbare Daten bezüglich Überlastung des Gesundheitssystems, Sterblichkeit sowie schwerer Krankheitsverläufe orientieren solle. Abgelehnt wurden hingegen eine Änderung des Ziels des Gesetzes hin zu einer Bekämpfung der Übersterblichkeit infolge der Covid-19-Epidemie anstelle der Bekämpfung der Epidemie selber, wie es der Bundesrat formuliert hatte (Einzelantrag Nidegger, svp, GE: 141 zu 52 Stimmen) sowie ein Minderheitsantrag Glarner (svp, AG; 137 zu 54 Stimmen), der das Subsidiaritätsprinzip ausdrücklich im Gesetz verbriefen wollte. Zuerst müsse auf Eigenverantwortung und kantonale Mittel gesetzt werden, bevor der Bund eingreife, begründete Thomas de Courten (svp, BL) diesen Minderheitsantrag. Die Kommissionsmehrheit erachtete eine solche Klarstellung als unnötig, zumal das Subsidiaritätsprinzip bereits in der Verfassung verankert sei.

Besonders umstritten waren die Bestimmungen zum Ausländer- und Asylbereich, die mit zahlreichen Minderheits- und Einzelanträgen hinterfragt wurden. Hier sah das Covid-19-Gesetz vor, dem Bundesrat die Kompetenz zu erteilen, vom AIG und Asylgesetz abweichende Bestimmungen bezüglich Einreise, gesetzlicher Fristen und Unterbringung von Asylsuchenden zu erlassen. Eine erfolgreiche Kommissionsmehrheit wollte jedoch die Einreisebeschränkungen beim Familiennachzug und bei Konkubinatspartnerinnen und -partnern und ihren Kindern von dieser Möglichkeit ausschliessen, um übermässig lange Familientrennungen wie beim Lockdown im Frühling zu verhindern. Zudem wollte eine Minderheit Meyer (sp, ZH) den Zugang zu Asylverfahren ausdrücklich gewährleisten, um zu verhindern, dass die Möglichkeiten für Asylsuchende, einen Asylantrag zu stellen, wie im Frühling eingeschränkt würden. Dies widerspreche dem zwingenden Völkerrecht, betonte sie. Die Kommissionssprechenden Nantermod und Humbel lehnten eine entsprechende Regelung ab, zumal sie dem zwingenden Völkerrecht angehöre und somit in jedem Fall anwendbar sei. Entsprechend sprach sich der Nationalrat auch mit 122 zu 71 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für den Vorschlag der Kommission und gegen den Minderheitsantrag Meyer aus.
Die übrigen Anträge in diesem Themengebiet waren ebensowenig erfolgreich. Eine Minderheit Crottaz (sp, VD) schlug vor, die Fristen nicht nur wie vom Bundesrat beantragt beim Familiennachzug, dem Erlöschen von Aufenthaltsbewilligungen und der Erneuerung von biometrischen Ausweisen verlängern zu können, sondern auch bei der Ausreise, beim Erlöschen von Asyl und bei vorläufigen Aufnahmen. Man könne die betroffenen Personen nicht zwingen, in ihr Heimatland zurückzukehren, wenn die Epidemie dort unkontrolliert wüte. Bei der Unterbringung von Asylsuchenden solle zudem gemäss einer weiteren Minderheit Crottaz der nötigen physischen Distanz Rechnung getragen werden, weshalb im Gesetz nicht nur Unterbringungszentren des Bundes, sondern auch alle anderen Strukturen, die Migranten aufnehmen können, erwähnt werden sollen. Zu beiden Vorschlägen lagen gleichlautende Einzelanträge aus der SPK-NR vor, dennoch lehnte der Nationalrat beide Anliegen ab (123 zu 72 Stimmen, 122 zu 72 Stimmen). Ebensowenig von Erfolg gerkrönt war eine Minderheit Glarner (141 zu 54), die verlangte, die Ausschaffungshaft verurteilter krimineller Ausländerinnen und Ausländer verlängern zu können, wenn ihre Ausreise im Moment nicht möglich sei. Gemäss Gesetz müssten diese aus der Haft entlassen werden. Zusätzliche Unterstützung für Flüchtlinge und Sans-Papiers, die wegen Covid-19 besonderer Unterstützung bedürften, forderte hingegen eine Minderheit Prelicz-Huber. Dies liege jedoch in der Zuständigkeit der Kantone, betonte Nantermod für die Kommission. Mit 128 zu 69 Stimmen wurde auch dieser Vorschlag abgelehnt.

Ebenfalls für ausführliche Diskussionen sorgten die Bestimmungen zur Entschädigung des Erwerbsausfalls. Diese wollte der Bundesrat ausschliesslich für Personen vorsehen, die ihre Erwerbstätigkeit aufgrund von Corona-Massnahmen unterbrechen müssen, und dafür Bestimmungen zu Beginn und Ende des Anspruchs, zur Höhe der Taggelder und Bemessung sowie zum Verfahren erlassen können. Albert Rösti (svp, BE) schlug in einem Einzelantrag vor, die Entschädigungen nicht nur bei Unterbrechung, sondern auch bei Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Die bundesrätliche Kann-Formulierung zur Entschädigung wollte eine Minderheit Meyer zudem in eine Pflicht umwandeln: In gewissen, in einer Liste aufgeführten Fällen soll eine Erwerbsausfallentschädigung zwingend anfallen. In gemeinsamen Einzelanträgen schlugen Melanie Mettler (glp, BE), Mattea Meyer und Albert Rösti sowie Sidney Kamerzin (cvp, VS) und Marie-France Roth Pasquier zudem vor, EO-Entschädigungen auch an Selbstständige in arbeitgeberähnlicher Position auszubezahlen. Hier zeigte sich der Nationalrat zu einem gewissen Ausbau gewillt: Er bevorzugte den Einzelantrag Rösti gegenüber dem Minderheitsantrag Meyer (108 zu 86 Stimmen) und nahm die Anträge Mettler/Meyer/Rösti sowie Kamerzin/Roth Pasquier mit 191 zu 3 Stimmen deutlich an. Damit schuf er eine allgemeine Möglichkeit zur Entschädigung bei Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und eine spezifische Entschädigungsmöglichkeit für einen Teil der Selbständigen.
Nicht nur bezüglich der Antragsberechtigten, auch bezüglich der Höhe des Anspruchs auf EO nahm der Nationalrat Änderungen vor. So beschränkte er die Obergrenze des anzurechnenden Betrags auf CHF 90'000 (Einzelantrag Badran, sp, ZH: 103 zu 90 Stimmen bei 1 Enthaltung) und schränkte die Entschädigung im Umfang des selbstdeklarierten Erwerbsausfalls auf Fälle ein, bei denen ein Erwerbsausfall nachgewiesen wurde (Einzelantrag Grossen, glp, BE: 164 zu 29 Stimmen). Schliesslich entschied sich die grosse Kammer für den Mehrheitsantrag und gegen eine Minderheit Gysi (sp, SG) und erlaubte den Arbeitgebenden weiterhin, bei Liquiditätsengpässen ihre Arbeitgeberbeitragsreserven zur Bezahlung der Pensionskassenbeiträge zu verwenden (130 zu 64). Barbara Gysi hatte sich an dieser Möglichkeit gestört, da solche Reserven zukünftig abziehbar von den Steuern wiederaufgebaut werden könnten, dies also ein «Vehikel zur Steuerersparnis» darstelle.

Umstritten waren auch die Massnahmen zur ALV; hier übernahm der Bundesrat die Regelungen aus der neusten Version der Covid-19-ALV-Verordnung. So sollte er die Möglichkeit erhalten, vom AVIG abweichende Bestimmungen bezüglich Anspruch auf KAE, Ablauf des Anmeldungs- und Abrechnungsverfahrens zu KAE, Berücksichtigung von Abrechnungsperioden und zur Rahmenfrist bei der ALV zu erlassen. Die Kommissionsmehrheit, verschiedene Minderheiten und Einzelanträge bemühten sich insbesondere darum, den Kreis der Unterstützten innerhalb und ausserhalb der KAE zu vergrössern. Die Kommission wollte etwa den Anspruch auf Mitarbeitende auf Abruf, Personen im Lehrverhältnis und Angestellte bei Temporärfirmen ausdehnen, eine Minderheit Prelicz-Huber wollte Personen mit verschiedenen Arbeitgebenden, Projektaufträgen oder Gagen sowie Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung miteinbeziehen. Die Kommission setzte sich gegen eine Minderheit Dobler (fdp, SG), welche die Ausdehnung des Anspruchskreises verhindern wollte, mit 111 zu 81 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) durch, eine weitere Ausdehnung im Sinne der Minderheit Prelicz-Huber lehnte der Nationalrat aber mit 110 zu 85 Stimmen ab. Eine Minderheit Feri (sp, AG) beantragte darüber hinaus die Schaffung einer Möglichkeit für eine von KAE-unabhängige Unterstützung für Institutionen der familienergänzenden Betreuung, da diese systemrelevant seien. Zwar hätten viele Kantone, Städte und Gemeinden das Problem «an die Hand genommen», es bestehe aber noch immer Unsicherheit bezüglich Zuständigkeit und Finanzierung. Eine Minderheit Weichelt-Picard (al, ZG) wollte die Regierung sogar zur Unterstützung dieser Institutionen verpflichten. Der Rat bevorzugte zwar die Kann-Formulierung von Yvonne Feri gegenüber der Muss-Formulierung von Manuela Weichelt-Picard (140 zu 46 Stimmen bei 8 Enthaltungen), lehnte Erstere anschliessend aber mit 100 zu 93 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) knapp ab.
Auch die übrigen Anträge in diesem Themenbereich waren allesamt erfolglos: Die grosse Kammer lehnte zwei Vorschläge einer Minderheit Maillard (sp, VD) ab: Einerseits sollten Arbeitnehmende mit tiefen Löhnen unterstützt werden, indem ihr Lohnersatz auf 100 Prozent erhöht werden sollte (126 zu 68 Stimmen bei 1 Enthaltung). Andererseits sollten die Reserven der Krankenkassen auf 150 Prozent der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe gesenkt und der frei werdende Betrag den Versicherten im ersten Halbjahr 2021 ausbezahlt werden, um die Kaufkraft allgemein zu stärken (117 zu 77 Stimmen bei 1 Enthaltung). Abgelehnt wurde überdies auch eine Minderheit Glarner (135 zu 59 Stimmen bei 1 Enthaltung), die freiwillige Leistungen an juristische Personen mit Sitz in der Schweiz zu deren Unterstützung während der Corona-Krise steuerlich abzugsfähig machen wollte.

Eine ähnliche Stossrichtung wie die Massnahmen zur ALV hatte der Artikel zum Arbeitnehmerschutz, der Massnahmen zum Schutz besonders gefährdeter Arbeitnehmenden zum Inhalt hatte, mit denen Arbeitgebenden zusätzliche Pflichten auferlegt werden können sollten. Diesbezüglich wollte die Kommission einen Anspruch auf Rückerstattung der Kosten bei Lohnfortzahlung durch die Arbeitgebenden einführen. Würde also aufgrund des Gesetzes eine Quarantäne beschlossen, müsste das Gehalt der Arbeitnehmenden womöglich vom Staat übernommen werden, erklärte Philippe Nantermod. Eine Minderheit I Aeschi (svp, ZG) lehnte diese Forderung ab: Dadurch auferlege man dem Bund neue Pflichten, obwohl man nicht wisse, was die Massnahme kosten würde. Eine Minderheit II Prelicz-Huber wollte den Artikel hingegen so umformulieren, dass nicht nur besonders gefährdete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützt werden sollten, sondern auch andere Arbeitnehmende. Die Kommissionsmehrheit setzte sich mit 134 zu 61 Stimmen und 126 zu 66 Stimmen gegen die beiden Minderheiten durch; der Nationalrat schuf folglich einen entsprechenden Anspruch für die Unternehmen.

Eine breite Palette an Handlungsmöglichkeiten behielt sich der Bundesrat im Kulturbereich vor. So wollte er die Möglichkeiten behalten, Unternehmen und Kulturschaffende zu unterstützten, sich weiterhin mit maximal CHF 80 Mio. an Leistungsvereinbarungen der Kantone zu beteiligen, Suisseculture im Jahr 2021 mit CHF 20 Mio. zu unterstützen, einen Anteil an die Lebenshaltungskosten für Kulturschaffende zu zahlen, Entschädigungen für Kulturvereine im Laienbereich zu erbringen sowie die Beitragskriterien und Bemessungsgrundlagen für Finanzhilfen im Kulturbereich festzulegen. Trotz dieser vielen Massnahmen wurden in diesem Bereich zahlreiche Minderheits- und Einzelanträge von Personen gestellt, welchen die Massnahmen des Bundesrates zu wenig weit gingen. So wollte eine Kommissionsmehrheit den Kredit für die Leistungsvereinbarungen auf CHF 100 Mio. und eine Minderheit II Porchet (gp, VD) gar auf CHF 150 Mio. erhöhen, während eine Minderheit Glarner den bundesrätlichen Vorschlag bevorzugte. Mit 117 zu 78 Stimmen und 127 zu 68 Stimmen setzte sich die Kommissionsmehrheit diesbezüglich durch. Mehr Geld forderte eine weitere Minderheit Porchet auch für Suissculture (CHF 50 Mio.), was der Nationalrat jedoch ablehnte. Minderheits- und Einzelanträge Rytz (gp, BE), Roduit (cvp, VS) und Paganini (cvp, SG) forderten überdies eine Unterstützung des Bundesrates im Eventbereich (Rytz), in der Reisebranche (Roduit) sowie allgemein für von den Folgen von Covid-19 besonders stark betroffene Unternehmen in verschiedenen, abschliessend aufgelisteten Branchen (Paganini). Nachdem Rytz und Roduit ihre Anträge zugunsten des Antrags Paganini zurückgezogen hatten, stimmte der Nationalrat Letzterem mit 192 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) überdeutlich zu und löste die nötige Ausgabenbremse. Auch die Fussball- und Eishockeyvereine sollten beruhend auf Einzelanträgen von Matthias Aebischer (sp, BE), Philipp-Matthias Bregy (cvp, VS), Jürg Grossen, Diana Gutjahr (svp, TG) und Christian Wasserfallen (fdp, BE) mit zinslosen Darlehen unterstützt werden, welche in zehn Jahren zurückgezahlt werden müssen (135 zu 34 Stimmen bei 19 Enthaltungen). Dazu müssten die Vereine Sicherheiten im Umfang von 25 Prozent vorlegen, dafür wären Rangrücktritte durch den Bund – also eine Einwilligung des Bundes, dass seine Forderungen im Falle einer Insolvenz letzte Priorität hätten – möglich. Nicht erfolgreich waren hingegen Minderheitsanträge von Barbara Gysi für einen Einbezug der Dachverbände im Kulturbereich bei der Erarbeitung der entsprechenden Beitragskriterien (112 zu 83 Stimmen bei 1 Enthaltung) sowie von Léonore Porchet für eine Ausfallversicherung für Veranstaltungen im Stile von Versicherungen gegen Nuklear- oder Elementarschäden (124 zu 68 Stimmen bei 2 Enthaltungen).

Bezüglich der Massnahmen im Bereich der Grundversorgung bestanden zwar weniger Minderheits- oder Einzelanträge, dennoch nahm dieser Bereich gemäss zahlreichen Sprechenden in der öffentlichen Kritik am Covid-19-Gesetz eine wichtige Rolle ein. So wollte der Bundesrat die Gesundheitsbranche verpflichten können, den Bestand an Heilmitteln und Gütern der Gesundheitsversorgung zu melden, und verlangte verschiedene Ausnahmekompetenzen zur Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung. Dabei standen gemäss Regierung vor allem die Bewilligungspflicht für Tätigkeiten und Medikamente im Mittelpunkt. Die Kritikerinnen und Kritiker – vor allem ausserhalb des Parlaments – werteten dies aber als Möglichkeit, einen Impfzwang einzuführen. Entsprechend häufig verwiesen auch verschiedene Sprechende während der Debatte darauf, dass es hier nicht um Impfungen gehe und dass beruhend auf dem Covid-19-Gesetz auch kein Impfzwang eingeführt werden könne. Doch auch Mitglieder des Parlaments zeigten sich kritisch gegenüber der Möglichkeit, dass Arzneimittel unter Umgehung eines Teils der bisherigen Bedingungen zugelassen werden könnten. Eine Minderheit Weichelt-Picard forderte entsprechend, dass die Arzneimittel, deren Zulassungsverfahren angepasst werden könnten, im Gesetz ausdrücklich aufgezählt würden. Ein Einzelantrag Gafner (edu, BE) wollte die Ausnahme bei der Zulassungspflicht gar ganz aus dem Gesetz streichen. Dem entgegnete Kommissionssprecher Nantermod, dass schnelles Handeln bei der Medikamentenzulassung zentral sei, damit man Patientinnen und Patienten nicht hoffnungsvolle, wirksame Therapien vorenthalten müsse. Mit 153 zu 33 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und 140 zu 48 Stimmen lehnte der Nationalrat sowohl den Minderheitsantrag als auch den Einzelantrag Gafner ab. Manuela Weichelt-Picard beantragte des Weiteren, dass der Bundesrat wichtige medizinische Güter, die er zuvor beschafft hatte, lagern solle und dass er die Kostenübernahme für Covid-Analysen regeln müsse, nicht könne, wie der Bundesrat in seinem Entwurf vorgeschlagen hatte. Auch diese Minderheitsanträge waren nicht von Erfolg gekrönt: Mit 126 zu 69 Stimmen sprach sich die grosse Kammer dagegen aus, dass der Bundesrat die dringenden medizinischen Güter selber lagere, und blieb mit 127 zu 68 Stimmen bei der Kann-Formulierung zur Übernahme der Covid-Analyse-Kosten.

Keine Änderungen nahm der Nationalrat am bundesrätlichen Vorschlag zum Medienbereich vor, wo Grundlagen geschaffen werden sollten, mit denen die Kosten der Tageszustellung der Regional- und Lokalpresse bis zum Inkrafttreten des Massnahmenpakets zur Förderung der Medien vollständig übernommen werden und sich der Bund an den Kosten der Tageszustellung der überregionalen- und nationalen Presse mit 27 Rappen pro Exemplar beteiligen könnte. Dies war insbesondere aufgrund eines Einbruchs der Werbeeinnahmen bei den Printmedien nötig geworden und von zwei Motionen der KVF-NR und KVF-SR (Mo. 20.3145 und Mo. 20.3154) verlangt worden. Überdies sollte ein Teil der Abonnementskosten von Keystone-SDA durch den nicht verwendeten Betrag der Radio- und Fernsehabgabe bezahlt werden. Als Voraussetzung für die Unterstützung sollten sich die Unternehmen jedoch verpflichten, während des aktuellen Geschäftsjahrs keine Dividenden auszuschütten. Während eine Minderheit Glarner die Massnahmen im Medienbereich vollständig ablehnte, um die Medienfreiheit und -unabhängigkeit zu wahren, wie Thomas de Courten erklärte, wollte eine Minderheit Aeschi nicht nur abonnierte, sondern auch nicht abonnierte Zeitungen, also die Gratiszeitungen, unterstützen. Es gebe auch viele Gratiszeitungen mit guter Qualität, argumentierte Aeschi. Beide Anträge lehnte der Nationalrat ab (Antrag Glarner: 124 zu 69 Stimmen bei 3 Enthaltungen, Antrag Aeschi: 116 zu 77 Stimmen bei 3 Enthaltungen). Auch einer Ausdehnung der Unterstützung bei den Abonnementskosten auf Onlinemedien, wie sie eine Minderheit Porchet vorschlug, konnte der Rat nichts abgewinnen (127 zu 67 Stimmen).

Nur eine Anpassung der deutschsprachigen an die französischsprachige Version nahm der Nationalrat bei den justiziellen und verfahrensrechtlichen Massnahmen vor. Hier beantragte der Bundesrat, im Justizbereich Fristen oder Termine stillzulegen oder wiederherzustellen, technische Hilfsmittel in Verfahren zu erlauben und andere Formen von Eingaben und Entscheiden zu ermöglichen. Mit seinem Einzelantrag wollte Jean-Philippe Maître (fdp, GE) dabei sicherstellen, dass die behördlichen, nicht nur die gesetzlichen Fristen und Termine auch in der deutschsprachigen Version verändert werden könnten (141 zu 49 bei 2 Enthaltungen).

Keine Änderungen oder Änderungsanträge gab es bei den Massnahmen im Bereich von Versammlungen von Gesellschaften, wo der Bundesrat die Möglichkeiten der schriftlichen oder elektronischen Form bei der Ausübung der Rechte sowie durch unabhängige Stimmrechtsvertretende ausdrücklich festhielt.

Bei den insolvenzrechtlichen Massnahmen schlug die SGK-NR eine Ergänzung vor: So soll der Bundesrat die Haftung für Zollschulden durch die die Zollanmeldung ausstellenden Personen aufgrund von Konkursen von Empfängerinnen und Importeuren wegen Corona-Massnahmen aussetzen können. Mit 191 zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen nahm der Nationalrat die entsprechende Bestimmung an.

Eine Änderung fügte der Rat schliesslich auch bei den Strafbestimmungen an, bei denen der Bundesrat bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Zuwiederhandlung Ordnungsbussen bis CHF 300 einführen können wollte: Die grosse Kammer entschied sich hier stillschweigend, nur bei vorsätzlichen Zuwiederhandlungen Bussen zu ermöglichen.

Zwei Minderheitsanträge für Änderungen in anderen Gesetzen lehnte der Nationalrat hingegen ab: So forderte Andreas Glarner einen Verzicht auf das frühzeitige Inkrafttreten der Regelung, wonach Personen, welche ab dem Alter von 58 Jahren entlassen werden, bei ihrer Pensionskassen verbleiben können (Minderheit Glarner: 139 zu 55 Stimmen), und Katharina Prelicz-Huber wollte die soziale Abfederung von Massenentlassungen strenger regeln (Minderheit Prelicz-Huber: 127 zu 67 Stimmen bei 1 Enthaltung).

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat seinen Entwurf mit 144 zu 35 Stimmen (bei 16 Enthaltungen) an. Sowohl die Gegenstimmen als auch die Enthaltungen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Ganz abgeschlossen war die Debatte damit aber noch nicht, am Folgetag brachte Thomas Aeschi einen Ordnungsantrag ein, in dem er forderte, dass anstelle des Bundeskanzlers ein Bundesrat das Geschäft in der nächsten Sitzung vertreten solle und dass auf eine Blockbildung in der Beratung verzichtet wird. Mit 100 zu 89 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) stimmte der Nationalrat ersterer Forderung zu, lehnte letztere aber mit 103 zu 85 Stimmen ab.

Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid 19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; BRG 20.058)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Nationalrat Niklaus Gugger (evp, ZH) forderte den Bundesrat mit seinem Postulat dazu auf, eine «Strategie der Schweiz für den Umgang mit den afrikanischen Staaten» für die kommenden zehn Jahren vorzulegen. Der Bundesrat solle einen «Whole of Government»-Ansatz verfolgen und die Aussenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit mit Aspekten der Steuerpolitik, der Migrations- und Arbeitsmarktpolitik, der Umwelt- und Klimapolitik sowie der Wirtschaftspolitik verknüpfen. Der Postulant nahm in seiner Begründung Bezug auf den Aussenpolitischen Bericht 2018, in dem verdeutlicht werde, dass ein prosperierender afrikanischer Kontinent im Interesse der Schweiz sei. Auch sei der Fokus auf afrikanische Staaten in der IZA-Botschaft 2021-2024 ein Hinweis darauf, dass Afrika in Zukunft für die Schweiz an Bedeutung gewinnen dürfte. Während die Perspektive des EDA in den vorliegenden Berichten omnipräsent sei, bliebe das Vorgehen der anderen Departemente in Fragen der zukünftigen Afrika-Strategie aussen vor. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats, da im Anschluss an die neue Aussenpolitische Strategie 2020-2023 mehrere regionale Strategien, unter anderem auch für Afrika, geplant seien und die Arbeit daran 2020 beginnen werde.
in der Sommersession 2020 folgte der Nationalrat der Empfehlung der Exekutive und nahm das Postulat stillschweigend an.

Schweizerische Aussenstrategie in Bezug auf Afrika (Po. 19.4628)

Das von Samira Marti (sp, BL) im September 2019 eingereichte Postulat «Erfassung des Gender Overall Earnings Gap und anderer Indikatoren zu geschlechterspezifischen Einkommensunterschieden» fordert vom Bundesrat einen Bericht zur Klärung des sogenannten «Gender Overall Earnings Gap» (GOEG), ein Indikator, mit dem Unterschiede zwischen den Lohngehältern von Mann und Frau ebenso wie Unterschiede betreffend das Erwerbsvolumen respektive das Arbeitspensum angegeben werden. Darüber hinaus soll der Bericht darlegen, wie Daten zu unbezahlter Arbeit erhoben und veröffentlicht werden können. Zur Beseitigung von Ungleichheiten, so begründete Marti ihr Anliegen, sei eine solide Datenlage nötig, mit der regelmässige Vergleiche über bestimmte Zeitperioden ermöglicht würden. Damit könne man dann entsprechende Fortschritte oder Rückstände messen.
Der Bundesrat nahm im November 2019 Stellung, wobei er sich zu einer Erarbeitung eines Berichts bereit erklärte und das Postulat zur Annahme empfahl.
Diana Gutjahr (svp, TG) bekämpfte im Dezember 2019 das Anliegen. Die dadurch nötig gewordenen Diskussion und Abstimmung erfolgten in der Sommersession 2020. Gutjahr sprach sich entschieden für die Lohngleichheit aus, betonte aber, dass nicht nur allein zwischen den Geschlechtern Lohnunterschiede existieren würden. Zudem erhebe Eurostat den GOEG seit 2002 im Vierjahresrhythmus was eine Erhebung seitens der Schweiz überflüssig mache. Die Schweiz könne genauso gut auf die Eurostat-Daten zugreifen. Bundesrat Alain Berset argumentierte im Anschluss, dass die zusätzliche Erhebung der von Marti geforderten Daten problemlos und ohne Zusatzkosten erfolgen könne, da vom BFS die dafür benötigten Instrumente und teilweise auch die Daten bereits vorhanden seien. Er erhoffte sich ferner, damit nicht nur zusätzliche Transparenz zu schaffen, sondern auch Erkenntnisse zu Ungleichheiten bezüglich AHV und Pensionskassen zu gewinnen. Er empfahl das Postulat deshalb zur Annahme. Der Nationalrat folgte dieser Empfehlung mit 103 zu 84 Stimmen. Abgelehnt wurde das Postulat von einer fast geschlossenen SVP-Fraktion sowie einigen Angehörigen der Fraktionen der Mitte und der FDP.

Erfassung des Gender Overall Earnings Gap und anderer Indikatoren zu geschlechterspezifischen Einkommensunterschieden (Po. 19.4132)

Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass auch der Parlamentsbetrieb mit verschiedenen Ratings und Rankings vermessen werden kann, welche die Arbeit, den Einfluss oder die ideologische Positionierung der Parlamentsmitglieder zu bestimmen versuchen. Der Versuch, anschauliche Ranglisten zu erstellen und so auch durch Personalisierung die Komplexität von Politik zu reduzieren, dient vor allem den Medien, die sich auch 2019 den verschiedenen Analysen widmeten.

Den Beginn machte Anfang Juli eine neue Plattform namens «politik.ch» mit einer Auswertung der Präsenz während der ganzen bisherigen 50. Legislatur. «Präsenz» wurde dabei mit der Teilnahme an den total 4'076 Abstimmungen, die im Nationalrat bis zur vorletzten Session durchgeführt wurden, gemessen. Zum «Absenzenkönig von Bern» – so die Aargauer Zeitung, die über die Studie berichtete – wurde Roger Köppel (svp, ZH) gekürt. Er habe 22.4 Prozent aller Abstimmungen «geschwänzt», gefolgt von Martin Bäumle (glp, ZH; 21.9%) und Hans Grunder (bdp, BE; 21.7%). Frauen stimmten tendenziell disziplinierter ab, schloss die Zeitung, weil sich am anderen Ende der Skala Andrea Geissbühler (svp, BE), Barbara Keller-Inhelder (svp, SG) und Sandra Sollberger (svp, BL) fanden, die alle weniger als sechs der über 4'000 Abstimmungen verpasst hatten. Die Aargauer Zeitung liess die Protagonisten zu Wort kommen. Bei wichtigen Abstimmungen sei er vor Ort, nicht aber, wenn «das ausufernde Berufsparlament mit sich selbst beschäftigt» sei, verteidigte sich Roger Köppel. «Das Volk» habe sie ins Parlament gewählt und erwarte, dass sie an den Abstimmungen teilnehme, befand hingegen Andrea Geissbühler. Im Schnitt hatten die Nationalrätinnen und Nationalräte drei Prozent der Abstimmungen verpasst. Im Tages-Anzeiger wurde daran erinnert, dass «immer brav auf dem ehrwürdigen Nationalratssessel zu sitzen» nicht mit politischem Einfluss gleichzusetzen sei. Die wichtigsten Entscheidungen fielen nicht im Ratssaal, sondern «in den Kommissionen, in den Hinterzimmern des Bundeshauses und den Salons des Bellevue-Hotels».

Einen Versuch, diese Art von Einfluss zu messen, unternahm die Sonntagszeitung mit ihrem alle zwei Jahre publizierten «Parlamentarier-Rating». Hier erhält Punkte, wer viele Reden hält, in wichtigen Kommissionen sitzt und erfolgreich Vorstösse einreicht; wer innerhalb der eigenen Partei wichtige Funktionen innehat, einer starken Fraktion angehört, hohe Medienpräsenz hat und ausserhalb des Parlaments gut vernetzt ist. Wie schon zwei Jahre zuvor wies die Zeitung SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) als «mächtigsten» Parlamentarier aus, gefolgt von Pirmin Bischof (cvp, SO) und Thomas Aeschi (svp, ZG). Levrat sei «immer dabei, wenn es in der Schweizer Politik etwas anzuschieben oder zu blockieren» gelte. Allerdings falle die SP-interne grosse Lücke hinter Levrat auf. In den Top Ten gebe es kein weiteres SP-Mitglied, was darauf hindeute, dass die parteiinterne Erneuerung wohl noch nicht geschafft sei. Ausgerechnet bei den Frauen schneide die SP schlecht ab. Unter den 15 höchst bewerteten Frauen – diese Liste wurde von Tiana Angelina Moser (glp, ZH; total Rang 6) und Lisa Mazzone (gp, GE; Rang 13) angeführt – fänden sich lediglich zwei Genossinen: Maria Carobbio Guscetti (sp, TI; Rang 23) und Barbara Gysi (sp, SG; Rang 34). Für das Rating berücksichtigt wurden nur jene Parlamentsmitglieder, die seit Beginn der Legislatur in den Räten gesessen hatten und bei den eidgenössischen Wahlen 2019 wieder antreten wollten. Entsprechend war der 173. Rang auch der letzte. Dort befand sich Bruno Walliser (svp, ZH). Indem die Sonntagszeitung die Rangierung hinsichtlich Medienpräsenz mit der Gesamtrangierung verglich, machte sie auch «die grössten Blender» aus. Die drei Zürcher Abgeordneten Claudio Zanetti (svp), Roger Köppel (svp) und Regine Sauter (fdp) seien zwar «Lieblinge der Medien», spielten im Parlament aber «eine bescheidene Rolle».

Auf der Basis der Abstimmungen im Nationalrat berechnete die Sonntagszeitung in einer weiteren Analyse, wie häufig alle Volksvertreterinnen und -vertreter bei Gesamtabstimmungen in der 50. Legislatur zur Mehrheit gehört hatten. Wenig überraschend fanden sich auf den vorderen Rängen – die Sonntagszeitung nannte sie «die Erfolgreichsten» – Mitglieder der CVP- und der BDP-Fraktion, die jeweils mit links oder rechts oder innerhalb einer grossen Koalition Mehrheiten schaffen. Angeführt wurde die Liste von Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL), die bei 98.5 Prozent aller Gesamtabstimmungen gleich wie die Mehrheit gestimmt hatte, was ihr in der Weltwoche den Titel «[d]ie mit dem Strom schwimmt» einbrachte. Auf Platz zwei und drei folgten Viola Amherd (cvp, VS; 98.3%) und Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS; 98.2%). Bei den 68 «Erfolglosesten» handelte es sich durchgängig um SVP-Fraktionsmitglieder, angeführt von Erich Hess (svp, BE; 46.8%), Toni Brunner (svp, SG; 48.8)%) und Pirmin Schwander (svp, SZ; 49.8%).

Mitte Oktober warteten dann schliesslich die NZZ und Le Temps mit ihrem alljährlich erscheinenden «Parlamentarier-Rating» auf. Erneut wiesen die auf der Basis des Abstimmungsverhaltens vorgenommenen Positionierungen der Parlamentsmitglieder auf einer Skala von -10 (ganz links) bis +10 (ganz rechts) auf eine zunehmende Homogenisierung innerhalb der Parteien hin. Insbesondere an den Polen habe die Fraktionsdisziplin ein noch nie gekanntes Ausmass erreicht, so die NZZ. So hätten sich die Mitglieder der SP-Fraktion vor den Wahlen 2015 auf einer Skalen-Spannweite von 3.4 Punkten verteilt, im aktuellen Rating betrage dieser Wert lediglich noch 1.2 Punkte. Die Extrempositionen in der SP besetzten im aktuellen Rating Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) und Adrian Wüthrich (sp, BE; -8.8). Eine im Vergleich zu 2015 wesentlich grössere Fraktionsdisziplin wiesen bei dieser Berechnung auch die Grünen auf. Lagen das am meisten linke und am meisten rechte grüne Fraktionsmitglied 2015 noch um 2.7 Skalenpunkte auseinander, trennten Maya Graf (gp, BL; -9.2) und die drei ganz am linken Rand politisierenden Michael Töngi (gp, LU; -10.0), Irène Kälin (gp, AG; -10.0) und Regula Rytz (gp, BE; -10.0) im Jahr 2019 lediglich noch 0.8 Skalenpunkte. Damit waren die Grünen im Durchschnitt erstmals seit 2011 wieder weiter links positioniert als die SP: «Les Verts n'ont jamais été aussi à gauche», war dies Le Temps gar die Überschrift der Analyse wert. Am anderen Ende der Skala, bei der SVP, verringerte sich der Wert der Spannweite von 3.7 auf 1.2 Punkte – ohne Berücksichtigung von Roberta Pantani (lega, TI), die zwar der SVP-Fraktion angehört, aber die Lega vertritt und mit einem Wert von 8.2 die am weitesten «linke» Position in der SVP-Fraktion im Nationalrat vertrat. Gleich drei SVP-Nationalräte politisierten ganz rechts aussen und wiesen einen Skalenwert von 10.0 aus: Toni Brunner, Luzi Stamm (svp, AG) und Adrian Amstutz (svp, BE). Jean-Pierre Grin (svp, VD) fand sich bei Position 8.8 und war damit das am weitesten links positionierte Mitglied der SVP im Nationalrat. Selbst bei der CVP war eine Disziplinierung festzustellen: Es zeigte sich im Vergleich zu 2015 ein Rückgang der Spannweite von 3.6 auf 2.6 Punkte, wobei die Fraktion im Vergleich zum Vorjahr zahlreiche Mitglieder leicht rechts von der Mitte aufwies und sich von -1.0 (Dominique de Buman; cvp, FR) bis 1.6 (Philipp-Matthias Bregy; cvp, VS) erstreckte. Die der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder waren wesentlich weiter links als ihre Fraktion: Niklaus Gugger (ZH) wurde auf der Skala bei -4.2 und Marianne Streiff-Feller (BE) bei -4.3 eingestuft. Die restlichen drei Fraktionen hingegen waren im Vergleich zu 2015 heterogener geworden. Bei der FDP war die Zunahme von 2.5 auf 2.6 Skalenpunkte freilich minim. Die Fraktionsgrenzen wurden bei den Freisinnigen von Walter Müller (fdp, SG; 4.5) und Christa Markwalder (fdp, BE; 1.9) eingenommen. Grössere Sprünge machten die BDP und die GLP. Während sich bei der BDP die Spannweite im Vergleich zu 2015 von 1.2 auf 2.0 fast verdoppelte – wie schon 2015 deckte Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; -1.7) die linke Flanke ab, während sich Hans Grunder (bdp, BE; 0.3) am rechten Rand der BDP positionierte – wuchs die Heterogenität innerhalb der traditionell eigentlich sehr homogenen GLP von 0.5 auf 2.7 Skalenpunkte an. Hauptgrund dafür war Daniel Frei (glp, ZH), der von der SP in die GLP gewechselt hatte und mit seiner Position von -5.7 zwar weit weg vom rechten Rand der SP (-8.8), aber auch weit weg vom linken Rand der bisherigen GLP-Mitglieder war. Dieser wurde von Kathrin Bertschy (glp, BE; -3.5) eingenommen, die in der Tat lediglich 0.5 Skalenpunkte von Martin Bäumle (-3.0), also dem rechten GLP-Rand, positioniert war. Die politische Landschaft verarme, schloss die NZZ aus diesen Zahlen. Vor allem zwischen den Mitte- und den Polparteien klaffe eine Lücke. Dort hätten früher moderate SVP- und SP-Vertreter als Brückenbauer gewirkt. Schuld für die zunehmende Fraktionsdisziplin seien aber nicht nur die Parteizentralen, sondern auch die wachsende Zahl an zu behandelnden Geschäften, bei denen Parlamentsmitglieder keine fundierte eigene Meinung mehr bilden könnten und deshalb gemäss der Empfehlung der Parteileitung stimmten.
Die zahlreichen auf die neue Legislatur 2019 bis 2023 hin angekündigten Rücktritte im Ständerat veranlasste die Verfasser des Ratings zur Spekulation eines Rechtsrutschs der kleinen Kammer nach den Wahlen 2019. Die politische Mitte des Ständerats befinde sich bei Pirmin Bischof, also bei -2.8. Da elf zurücktretende Kantonsvertreterinnen und -vertreter links und lediglich sieben rechts von Bischof seien und alle zurücktretenden im Schnitt deutlich linker (-5.3) positioniert seien als die wieder antretenden (-2.3), stellten die Ständeratswahlen vor allem für Mitte-Links eine Herausforderung dar, so die NZZ. Eindrücklich liess sich dies anhand von Raphaël Comte (fdp, NE) nachzeichnen. Der Neuenburger Freisinnige positionierte sich mit -5.7 näher bei Daniel Jositsch (sp, ZH), der mit -6.8 den rechten Rand der SP in der kleinen Kammer besetzte, als bei seinem am weitesten rechts positionierten Fraktionskollegen Philipp Müller (fdp, AG; 4.5) und dem Schnitt der FDP (2.3). Da Comte nicht mehr antrete, sei wohl auch in der FDP mit einem Rechtsrutsch in der kleinen Kammer zu rechnen.

Nationalratsrating

Nachdem in der Presse und innerhalb des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV) erst darüber gemutmasst worden war, ob Verbandspräsident Jean-François Rime (svp, FR) im Frühling 2020 nochmals für das höchste Amt im Verband kandidieren würde, obwohl er damit gegen dessen Amtszeitbeschränkung verstossen hätte, war nach der Nicht-Wiederwahl Rimes bei den Nationalratswahlen im Herbst 2019 schnell klar, dass er als Konsequenz auch vom SGV-Präsidium zurücktreten wird. Wie die NZZ danach resümierte, seien die eidgenössischen Wahlen für den Verband ein Debakel gewesen und auch der Tages-Anzeiger hielt fest, der SGV stehe vor einem Scherbehaufen – denn nicht nur Verbandspräsident Rime, auch Verbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) sowie Vorstandsmitglied Hansjörg Brunner (fdp, TG) wurden nicht nochmals in den Nationalrat gewählt. Die Wiederwahl in die grosse Kammer schaffte einzig die Vizepräsidentin des Verbands, Daniela Schneeberger (fdp, BL).
Mehrere Kandidierende brachten sich sodann in Position, um das frei werdende Amt zu beanspruchen: Wie die Presse im Dezember 2019 berichtete, wollten sowohl Diana Gutjahr (svp, TG) als auch Fabio Regazzi (cvp, TI) im April 2020 für das Verbandspräsidium kandidieren. Mit Gutjahr könnte erstmals eine Frau, mit Regazzi erstmals ein Tessiner diese Position beim SGV einnehmen.

Regazzi wird neuer SGV-Präsident

Die ständigen Kommissionen, die mit der Parlamentsreform Anfang der 1990er Jahre eingeführt wurden, spielen eine herausragende Rolle im schweizerischen Gesetzgebungsprozess. In den Kommissionen werden zahlreiche Entscheide vorgespurt und wichtige Änderungen an Gesetzesvorlagen angebracht. Kommissionen geben Empfehlungen zu vielen Vorstössen ab, sie entscheiden, ob via parlamentarische Initiativen angestossene Ideen in neue Gesetze fliessen sollen und arbeiten entsprechende Gesetzesentwürfe auch aus. Freilich ist es das Gesamtparlament, das letztlich entscheidet, ob es die Empfehlungen und Vorlagen seiner Kommissionen annehmen möchte oder nicht. Eine Studie der Universität Bern zeigte allerdings auf, dass das Parlament im langjährigen Schnitt rund 75 Prozent aller Kommissionsempfehlungen (bei parlamentarischen Initiativen und Standesinitiativen) befolgt. Es ist somit nicht verwunderlich, dass die parteipolitische und individuelle Besetzung der verschiedenen Kommissionen politisch von einiger Bedeutung ist.
Institutionell sind die Vorgaben dafür klar: Die Fraktionen – nicht die Parteien – erhalten entsprechend ihrer Mandatszahl in den jeweiligen Räten eine Anzahl Kommissionssitze, die sie dann mittels Verhandlungen mit den anderen Fraktionen auf die verschiedenen Kommissionen und mit fraktionsinternen Verfahren zwischen ihren Mitgliedern verteilen. Im Nationalrat setzen sich die zwölf ständigen Kommissionen (neun Sachbereichs- und zwei Aufsichtskommissionen sowie die Immunitätskommission) in der Regel aus 25 Mitgliedern zusammen, die Immunitätskommission aus neun. Im Ständerat umfassen die elf ständigen Kommissionen – der Ständerat kennt keine Immunitätskommission – jeweils 13 Mitglieder. Neben den ständigen Kommissionen können auch Spezialkommissionen eingesetzt werden, für die entsprechend ihrer Grösse ebenfalls ein Verteilschlüssel errechnet wird.
Entsprechend der Ergebnisse der eidgenössischen Wahlen 2019 entfielen von den total 284 Kommissionssitzen im Nationalrat 79 auf die SVP-Fraktion, 56 auf die SP-Fraktion, 43 auf die Mitte-Fraktion, 42 auf die Fraktion der Grünen, 41 auf die FDP-Fraktion und 23 auf die Fraktion der Grünliberalen. Abzüglich der neun Sitze in der Immunitätskommission (SVP: 3; SP: 2; alle anderen Fraktionen je 1) hatte damit also die SVP einen Anspruch auf je sieben Sitze in zehn Kommissionen und sechs Sitze in einer Kommission. Die SP konnte in zehn Kommissionen jeweils fünf Mitglieder platzieren und in einer vier. Jeweils vier Mitglieder schickten die Mitte-Fraktion in neun Kommissionen (und je 3 in 2 Kommissionen), die Fraktion der Grünen in acht Kommissionen (und je 3 in 3 Kommissionen) und die FDP-Fraktion in sieben Kommissionen (und je 3 in 4 Kommissionen). Die Fraktion der GLP hatte entsprechend dieser Aufteilung Anspruch auf je zwei Sitze in den elf Kommissionen. Der Verteilschlüssel im Ständerat brachte der Mitte- und der FDP-Fraktion je drei Mitglieder in jeder Kommission, der SP- und der SVP-Fraktion je zwei und der Fraktion der Grünen eines pro Kommission. Darüber hinaus konnte die Mitte-Fraktion in sieben Kommissionen einen zusätzlichen Sitz beanspruchen, die FDP in vier, die SP in sechs und die GP in fünf. Da mehr Kommissionssitze als Fraktionssitze zu besetzen sind, bedeutet dies also auch, dass einzelne Mitglieder in zwei oder mehr Kommissionen Einsitz nehmen.
Wesentlich interessanter als die zahlenmässige Verteilung und medial besonders verfolgt waren die personellen Entscheidungen in den einzelnen Fraktionen. Wer sollte Einsitz in welche Kommission haben? Wichtig war diese Entscheidung nicht nur deshalb, weil es mehr oder weniger interessante Kommissionen gebe – die Medien betonten hier immer wieder die Wichtigkeit der Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK) –, sondern weil der Einsitz in eine Kommission mit individuellen inhaltlichen aber auch handfesten Interessen verknüpft sein konnte. So dürfte sich eine Juristin in der Gerichtskommission (GK) vielleicht wohler fühlen als ein Arzt, der sich wiederum eher für einen Sitz in der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) interessieren dürfte. Freilich dürften es aber vor allem auch die Interessenbindungen sein, die von Bedeutung sind. So hatten in den letzten Jahren die Diskussionen um die Problematik der inhaltlichen Verknüpfung von Interessengruppen mit der Kommissionsarbeit stark zugenommen (vgl. auch Dossier «Lobbyismus im Bundeshaus»). Dabei stand die Frage im Raum, ob und inwiefern Lobbying immer unmittelbarer bereits in den Kommissionen stattfinde.

Die Fraktionen hatten nach Bekanntgabe der Verteilschlüssel durch die Parlamentsdienste Ende November bis zum 10. Dezember Zeit, die Kommissionsmitglieder zu bestimmen. Die Zeitung Blick wusste dabei von SVP-internen Streitigkeiten bei der Verteilung zu berichten. Lukas Reimann (svp, SG) hatte sich öffentlich beklagt, dass er seinen Sitz in der SPK-NR nicht behalten durfte; er werde abgestraft, weil er sich gegen Lobbyismus einsetze und zu wenig parteikonform stimme. Auch die NZZ vermutete: «Die SVP setzt Abweichler unter Druck und straft sie ab». Die Zeitung aus Zürich berichtete über Diana Gutjahr (svp, TG), die vom Fraktionsvorstand der SVP in der WBK-NR belassen wurde, obwohl ihre Kandidatur für die Präsidentschaft des Schweizerischen Gewerbeverbands mit einer Einsitznahme in der WAK-NR wohl chancenreicher gewesen wären. An ihrer statt würde die neu gewählte Esther Friedli (svp, SG) in der «einflussreichen» WAK Einsitz nehmen, obwohl «Neulinge [...] sehr selten auf Anhieb in eine zentrale Kommission wie die WAK entsandt» würden, so die NZZ weiter. Friedli habe diesen «Senkrechtstart ihrem Beziehungsnetz zu verdanken, primär ihrem Lebenspartner, dem früheren Parteichef Toni Brunner (svp, SG).» Gutjahr sei wohl ein «europapolitischer Denkzettel» verpasst worden, weil sie sich weigere, die Begrenzungsinitiative der SVP zu unterstützen, interpretierte die NZZ. Der angefragte Fraktionschef Thomas Aeschi (svp, ZG) betonte auf Anfrage, dass bei der Vergabe der Kommissionssitze nicht alle Wünsche erfüllt werden könnten.
Mediale Erwähnung fand auch die Besetzung der Gesundheitskommission durch die SP. In der Regel müssten Neugewählte mit ihren Wünschen hinten anstehen, berichtete dazu auch die Aargauer Zeitung. Dies gelte nicht für Pierre-Yves Maillard (sp, VD), der als früherer Gesundheitsdirektor des Kantons Waadt «auf Anhieb den Sprung in die prestigeträchtige Gesundheitskommission» geschafft habe, obwohl der bisherige Angelo Barrile (sp, ZH) als Arzt dafür prädestiniert gewesen wäre. Die NZZ berichtete ferner von einer SP-internen Regel. Da die Zahl der Kommissionssitze grösser ist als die Zahl der Fraktionsmitglieder haben rund ein Drittel der SP-Mitglieder zwei Kommissionssitze inne. Besagte Regel schreibe vor, dass dies für maximal vier Jahre möglich sei. Dann habe man sich auf einen Sitz zu konzentrieren. Laut der NZZ habe sich deshalb Eric Nussbaumer (sp, BL) zwischen der UREK-NR und der APK-NR zugunsten Letzterer entscheiden müssen. Auch Beat Jans (sp, BS) habe wegen dieser Regel seinen Sitz in der WAK-NR abgegeben und werde sich nun auf die UREK-NR alleine konzentrieren müssen. «Weitsichtige Planung» attestierte die NZZ der SP hingegen für die Besetzung der Kommissionssitze im Ständerat. Mit Christian Levrat (sp, FR) und Paul Rechsteiner (sp, SG) würden zwei «Schwergewichte» der Partei das Kommissionspräsidium der «wichtigsten und einflussreichsten» Kommissionen übernehmen, der SGK-SR und der WAK-SR. Beliebt sei neben der WAK und der SGK aber auch die UREK, weil sie «viel Aufmerksamkeit» generiere, so die Aargauer Zeitung mit Blick auf die Verteilung in der FDP-Fraktion. Weil er der Klimaoffensive seiner Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) skeptisch begegnet war, sei der bisherige Christian Wasserfallen (fdp, BE) von seiner Fraktion aus der UREK-NR in die KVF-NR versetzt worden. Wasserfallen selber sprach in der Aargauer Zeitung und auch in der NZZ allerdings von einem lange gehegten Wunsch. Einen zusätzlichen Aspekt brachte die St. Galler Zeitung in die Diskussion: die regionale Vertretung in den Kommissionen. «St. Gallerinnen starten durch», titelte die Zeitung und freute sich, dass die Ostschweiz «mehr Gewicht in der Wirtschaftskommission» erhalte. Aber auch eine regionale Vertretung in der Verkehrskommission wäre wichtig gewesen; dort sei die Vertretung der Ostschweiz aber nur noch «dünn», klagte das St. Galler Tagblatt.
Schliesslich beleuchtete die Sonntagszeitung die Verteilung der Kommissionssitze aus der Perspektive der Gleichstellung. «Die Frauenrevolution bleibt unvollendet», titelte das Blatt. Zwar hätten die Frauen im Parlament nach den Wahlen 2019 einen Anteil von 39 Prozent (in National- und Ständerat zusammen), seien aber in den parlamentarischen Kommissionen lediglich zu 36 Prozent vertreten, weil es eher Männer seien, die mehrere Kommissionssitze besetzten. Zudem sei in den «wichtigen oder prestigeträchtigen Ausschüssen» die Untervertretung der Frauen noch deutlicher. In der FK sind lediglich 26 Prozent der Mitglieder Frauen (statt 39%), in der WAK und der UREK sind es 32 Prozent und in der APK 34 Prozent. In der WBK (53% Frauen) und der SGK (die Sonntagszeitung nannte sie die «Sozialkommission»; 47%) seien die Frauen hingegen übervertreten. Auch die Kommissionspräsidien seien nur zu 23 Prozent von Frauen besetzt. Das sei «undemokratisch», kommentierte die Sonntagszeitung: «[W]o es politisch um etwas geht, sind die Politikerinnen unterrepräsentiert und haben wenig zu sagen.»

Kommissionssitze

Die beiden bisherigen Ständeräte kandidierten bei den Ständeratswahlen 2019 im Kanton Zürich für eine weitere Amtszeit. Sowohl Ruedi Noser (fdp) als auch Daniel Jositsch (sp) waren erst 2015 in die kleine Kammer eingezogen. Seither wurden die Beiden in der Öffentlichkeit häufig als Duo wahrgenommen und sie wehrten sich im Wahlkampf auch nicht ernsthaft gegen dieses Narrativ. Sie gaben zahlreiche gemeinsame Interviews, betonten ihre gute Zusammenarbeit und stellten einen gemeinsamen Email-Versand aus den Sessionen auf die Beine. Daniel Jositsch, der laut den Medien eher am rechten Rand der SP politisiert, verärgerte seine eigene Partei, weil er nicht für die grüne Kandidatin Marionna Schlatter Wahlwerbung betrieb, sondern mit Noser einen Newsletter verschickte, auf dem ein mit den Namen von Jositsch und Noser ausgefüllter Wahlzettel abgebildet war. Noser sorgte derweil im bürgerlichen Lager für einige Unstimmigkeiten, da er innerhalb der FDP an vorderster Front für eine grünere und klimafreundlichere Umweltpolitik seiner Partei weibelte. Zwar galt die Wiederwahl der beiden Bisherigen als eher ungefährdet, trotzdem wurden sie gleich von acht Kandidierenden herausgefordert. Für die Grünen trat wie erwähnt die Kantonsrätin und kantonale Parteipräsidentin Marionna Schlatter an, während für die Grünliberalen die langjährige Nationalrätin und Fraktionspräsidentin Tiana Angelina Moser ins Rennen stieg. Beide hofften im von Frauen- und Klimastreiks geprägten Wahljahr auf eine Überraschung. Auch der Nationalrat und Weltwoche-Verleger Roger Köppel (svp) warf seinen Hut in den Ring. Köppel gab seine Kandidatur im Januar in einer medienwirksamen Pressekonferenz bekannt. Er überrumpelte damit allerdings seine Partei, welche er erst kurz zuvor über seine Absichten informiert hatte. Die SVP nominierte ihn schlussendlich doch noch offiziell, nachdem er sich parteiintern gegen Alfred Heer durchzusetzen vermochte. Der medial stark wahrgenommene Fokus von Köppels Kandidatur war die Europapolitik. Er kritisierte in seinem Wahlkampf, der ihn unter anderem in jede der Zürcher 162 Gemeinden führte, wiederholt die europafreundliche Haltung des Duos «Nositsch» (Zitat Köppel). Ausserdem kandidierten die CVP-Parteipräsidentin Nicole Barandun, der Nationalrat und Vize-Präsident der EVP Schweiz Nik Gugger, Klaus Marte (du), sowie die parteilosen Paulin Kqira und Jan Linhart.

Am Wahlsonntag liess Daniel Jositsch alle hinter sich und konnte dank einem Glanzresultat bereits nach dem ersten Wahlgang seine Wiederwahl feiern. Der SP-Vertreter vereinte 216'679 Stimmen auf sich und übertraf damit problemlos das absolute Mehr von 183'919 Stimmen. Jositsch genoss dabei weit über seine Partei hinaus Unterstützung und schnitt auch in vielen Landgemeinden am besten ab. Das zweitbeste Resultat erzielte Ruedi Noser, der 141'700 Stimmen holte, das absolute Mehr damit aber deutlich verpasste. Roger Köppel erhielt 107'528 Stimmen – eine Enttäuschung für den bestgewählten Nationalrat, der sich erhofft hatte, die beiden Bisherigen stärker in Bedrängnis bringen zu können. Über ein überraschend starkes Resultat freuen konnte sich die Grüne Marionna Schlatter. Mit 95'142 Stimmen rangierte sie unter anderem vor der ungleich profilierteren Tiana Angelina Moser (80'450 Stimmen). Nicole Barandun (20'405), Nik Gugger (17'750) und die restlichen Kandidaten blieben chancenlos.
Für den zweiten Wahlgang konnten sich also vier Kandidierende noch realistische Chancen ausrechnen. Die Grünliberalen zogen ihre Kandidatin Moser jedoch zugunsten von Schlatter zurück. Somit waren alle Augen auf Köppel und die SVP gerichtet. Viele Stimmen aus dem bürgerlichen Lager forderten mit Nachdruck, dass sich Köppel zurückziehen solle, um eine Wahl von Schlatter aufgrund der Aufteilung der bürgerlichen Stimmen zu verhindern. Der wiedergewählte SVP-Nationalrat lenkte schliesslich ein und verzichtete auf eine Teilnahme am zweiten Wahlgang. So verblieb Schlatter als einzige Herausforderin von Noser. Zwischen den beiden Wahlgängen sorgte ein Inserat von fünf der sieben Zürcher Regierungsräte für Furore, das Noser zur Wahl empfahl. Einer der mitunterzeichnenden Regierungsräte, Mario Fehr (SP), kassierte von seiner Partei einen Rüffel. Besonders harsch kritisierte ihn die Juso, welche zudem eine Stimmrechtsbeschwerde gegen die Regierung einreichte, mit der Begründung, die Unterstützung Nosers durch die Regierung «verstosse gegen geltendes Recht». Die für die Beschwerde zuständige Stelle war aber ausgerechnet der Regierungsrat. Dieser entschied sich, nicht auf die Einsprache einzugehen, da auf den ersten Blick zu erkennen gewesen sei, dass die Wahlempfehlung keine offizielle Verlautbarung des Regierungsrates gewesen sei. Beschwerden gingen auch gegen das Schweizer Fernsehen ein, da in der Sendung «Club» vom 22. Oktober, zwei Tage nach dem ersten Wahlgang, sowohl Marionna Schlatter als auch Roger Köppel (damals noch Kandidat) auftraten, während Ruedi Noser keine Einladung erhalten hatte. SRF wurde daraufhin von ihrem Ombudsmann gerügt. Ausserdem kam es beim Versand der Wahlcouverts zu einer Panne, so dass zahlreiche Wählerinnen und Wähler keine Unterlagen zugestellt bekamen.
All dies änderte nichts daran, dass der zweite Wahlgang wie geplant vier Wochen nach dem ersten Urnengang abgehalten wurde und Ruedi Noser einen ungefährdeten Sieg einfahren konnte. Er holte 185'276 Stimmen und distanzierte Marionna Schlatter (116'594 Stimmen) letztlich deutlich. Noser und Jositsch bildeten somit auch in den nächsten vier Jahren die Zürcher Standesstimme.

Ständeratswahlen 2019 – Zürich
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2019 (nach Kantonen)
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Im Kanton Thurgau kandidierten bei den Nationalratswahlen 2019 135 Personen auf 23 Listen für einen der sechs Thurgauer Nationalratssitze. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden betrug 43.7 Prozent, ein deutlicher Anstieg im Vergleich mit den letzten Wahlen (33.3%).

Die Wahlen 2015 hatten der SVP drei Sitze beschert, der SP, der FDP und der CVP je einen. Die SVP war deswegen in diesem Jahr die gejagte Partei und es gab einige Anzeichen dafür, dass es für sie schwierig werden könnte, all ihre Sitze zu verteidigen. Mit Markus Hausammann trat ein bekannter Bisheriger der Volkspartei nicht mehr zu den Nationalratswahlen an. Der Thurgauer Bauernpräsident setzte stattdessen alles auf die Karte Ständeratswahlen, wo er aber im parteiinternen Duell gegen Jakob Stark den kürzeren zog und nicht nominiert wurde. Ein weiteres SVP-Schwergewicht, der ehemalige Präsident des Schweizer Bauernverbandes Hansjörg Walter, war schon während der Legislatur aus dem Rat ausgeschieden. Für ihn war Diana Gutjahr nachgerutscht. Da die Bauern im landwirtschaftlich geprägten Kanton Thurgau klar den Anspruch auf mindestens einen Sitz stellen und mit Hausammann und Walter gleich zwei Bauernvertreter nicht erneut antraten, erhöhte sich der Druck auf die SVP-Parteileitung, die sicherstellen sollte, dass zumindest ein Landwirt gewählt wird. Am ehesten dafür in Frage kam Landwirt und Milchbauernpräsident Daniel Vetterli. Zusätzliches Ungemach bescherte die Mutterpartei. Die SVP Schweiz veröffentlichte nämlich ein Plakatsujet, welches einen wurmstichigen Apfel zeigte, der die Schweiz symbolisierte. Dies verärgerte die Thurgauer SVP, nicht zuletzt weil der Apfel im scherzhaft «Mostindien» genannten Thurgau eine «positive Ausstrahlung habe». Der kantonale Parteipräsident Ruedi Zbinden beschwerte sich daraufhin bei Albert Rösti, Präsident der SVP Schweiz. Die Kantonalsektion entschied, selber keine Apfel-Plakate aufzuhängen. Die Thurgauer SVP ging auch dieses Jahr wieder eine Listenverbindung mit der EDU ein. Neu gesellte sich auch die FDP zu diesem Rechtsblock. Vor vier Jahren hatte der Freisinn noch einer breiten Mitteverbindung angehört. Wie die SVP hatte auch die FDP einen Rücktritt während der Legislatur zu verkraften: Hansjörg Brunner hatte Hermann Hess ersetzt. Laut Medien konnte Brunner dem Wahlsonntag trotzdem relativ entspannt entgegenblicken. In der Mitte verband sich die CVP mit der BDP und der EVP. Die Christdemokraten wussten mit Christian Lohr, der für seine dritte Amtszeit kandidierte, einen Sympathieträger in ihren Reihen. Von ihm angeführt strebte die CVP, nach einer Reihe von Verlusten bei nationalen Wahlen, die Trendwende an. Links der Mitte jagten die Grünen, angeführt von Parteipräsident Kurt Egger, der SP einen gehörigen Schrecken ein. Bei vergangen Wahlen jeweils zuverlässige Listenpartnerin der Sozialdemokraten, weibelten dieses Jahr einige Grüne offen für eine Listenverbindung ausschliesslich mit der GLP. Dies hätte Grün-Grün gute Chancen auf einen Sitz verschafft, der allerdings wohl auf die Kosten der SP gegangen wäre. Die bisherige SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher war erleichtert, als sich die drei Parteien schlussendlich auf eine gemeinsame Listenverbindung einigten. So bestand durchaus Hoffnung auf einen zweiten Sitz für Mitte-Links. Die GLP, rund um Hoffnungsträger Ueli Fisch, hätte diesen gerne für sich beansprucht. Fisch hatte bei den letzten Regierungsratswahlen ein sehr gutes Resultat erzielt, war aber trotz dem Erreichen des absoluten Mehrs schlussendlich als überzähliger Kandidat ausgeschieden.

Am Wahlsonntag eroberte die Listenverbindung von Mitte-Links tatsächlich einen zweiten Sitz. Am meisten zu jubeln hatten die Grünen. Sie sicherten sich dank einer Verdopplung ihres Wähleranteils auf neu 10.6 Prozent, nach einer 24-Jährigen Durststrecke, wieder einen Sitz im Parlament. Die Grünen überflügelten die GLP (8.1% Wähleranteil) und schlossen fast zur SP (12.6%) auf. Für die Grünen zieht Parteipräsident Kurt Egger neu ins Parlament ein. Die GLP konnte zwar ebenfalls zulegen (+1.9 Prozentpunkte), doch für einen Sitz reichte es nicht. Die SP hielt ihren Wähleranteil konstant und verteidigte den Sitz von Edith Graf-Litscher letztlich souverän. Ein ähnliches Bild zeigte sich bei der CVP (12.7%), bei denen Christian Lohr ungefährdet die Wiederwahl schaffte. Kein anderer Kandidat der CVP erreichte auch nur halb so viele Stimmen wie Lohr, der zudem erneut zum Panaschierkönig gekrönt wurde. Entgegen den Erwartungen ging der Sitzgewinn der Grünen nicht auf Kosten der SVP sondern der FDP, die eine bittere Niederlage hinnehmen musste. 11.5 Prozent Wähleranteil (-1.5 Prozentpunkte) reichten nicht, um den Sitz von Hansjörg Brunner zu halten. Die FDP, rund um Parteipräsident David H. Bon, ortete die Gründe für die überraschende Schlappe in erster Linie bei der Klimadebatte, der Listenverbindung mit der SVP und dem System der Listenverbindungen im Allgemeinen. Bon erkannte aber auch Defizite seiner Partei im Wahlkampf, wo sie bei vielen Themen «zu differenziert» argumentiert habe und dadurch eine klare Linie habe vermissen lassen. Die SVP verlor zwar 3.2 Prozentpunkte Wähleranteil (neu 36.7%), erhielt damit aber immer noch rund dreimal mehr Stimmen als die SP oder die CVP. Neben den bisherigen Verena Herzog und Diana Gutjahr zog Manuel Strupler in die Grosse Kammer ein. Strupler, der sich gegen Daniel Vetterli durchsetzen konnte, gilt zumindest als «halber Landwirt» und versprach, die Interessen der Bauern in Bern zu vertreten. Die Zusammensetzung der Thurgauer Delegation lautete damit neu: 3 SVP, 1 CVP, 1 SP und 1 GP. Die Wahlbeteiligung fiel im Vergleich zu 2015 um 4.2 Prozentpunkte auf 42.4 Prozent.

Nationalratswahlen 2019 – Thurgau
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Im Kanton Zürich kandidierten bei den Nationalratswahlen 2019 insgesamt 966 Personen auf 32 Listen. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden betrug 43 Prozent. Während die Anzahl Listen gegenüber 2015 leicht zurückging, bedeuteten die Zahl der Kandidierenden und der Frauenanteil neue Höchstwerte. Zu vergeben waren im bevölkerungsreichsten Kanton der Schweiz weiterhin 35 Sitze.

Bei den Wahlen vor vier Jahren hatte sich entgegen dem nationalen Trend die SP als Siegerin feiern lassen können. Sie hatte damals zwei zusätzliche Sitze gewonnen. Auch die SVP und die FDP hatten zulegen können. Die Verteilung der 35 Zürcher Nationalratssitze lautete seither: 12 SVP, 9 SP, 5 FDP, 3 GLP, 2 GPS, 2 CVP, 1 BDP, 1 EVP. Die Ergebnisse der Kantonsratswahlen im März 2019 deuteten darauf hin, dass es für die SVP schwierig werden könnte, bei den nationalen Wahlen im Oktober ihre zwölf Sitze zu halten. Nach der veritablen Wahlschlappe bei den kantonalen Wahlen war auf Druck von Parteidoyen Christoph Blocher fast die gesamte Parteileitung zurückgetreten. So stieg die SVP mit einem jungen Interimspräsidenten, Patrick Walder, in den Wahlkampf. Die Partei hatte zudem zwei Rücktritte zu verkraften – Jürg Stahl und Hans Egloff verzichteten auf einen erneute Legislatur. Dafür gab bei der Volkspartei der 2015 nicht wiedergewählte Christoph Mörgeli sein Comeback als Nationalratskandidat. Die SVP verband dieses Jahr ihre Listen einzig mit der EDU. Die Gewinner bei den Kantonsratswahlen waren die Grünliberalen und die Grünen gewesen. Die guten Resultate und das aktuell heisseste Thema – die Klimapolitik – machten beiden Parteien Hoffnung auf Sitzgewinne auch bei den nationalen Wahlen. Die beiden Zugpferde der Zürcher Grünen – der Fraktionspräsident Balthasar Glättli und der ehemalige Vizepräsident der Grünen Schweiz Bastien Girod – reihten sich auf der Hauptliste nur auf den Plätzen drei und vier ein. Angeführt wurde die Liste von zwei Frauen – der ehemaligen Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber sowie Parteipräsidentin Marionna Schlatter-Schmid. Auf der Liste vertreten war ursprünglich auch das bekannte Model Tamy Glauser. Allerdings zog Glauser ihre Kandidatur zurück, nachdem sie mit einer «sehr unbedarften Aussage» über die angeblich heilende Wirkung von Veganer-Blut auf einer Online-Plattform heftige Reaktionen ausgelöst hatte. Die andere Partei der Stunde, die Grünliberalen, hatten auf das Wahljahr hin ihre Parteispitze ausgewechselt. Das junge Duo Nicola Forster und Corina Gredig bildeten neu ein Co-Präsidium. Dank diesem frischen Wind und einer Listenverbindung mit der CVP, der BDP und der EVP erhoffte sich die GLP, die angestrebten Sitzgewinne zu realisieren. Eine gänzlich andere Stimmung herrschte derweil bei den Sozialdemokraten. Am meisten Schlagzeilen generierte die SP im Wahljahr durch das parteiinterne Seilziehen über die künftige politische Ausrichtung der Partei. Anhänger des sozialliberalen Flügels fühlten sich dabei zunehmend marginalisiert. Der Konflikt führte schliesslich dazu, dass zuerst die ehemalige Nationalrätin Chantal Galladé und danach der amtierende Nationalrat und ehemalige Parteipräsident Daniel Frei aus der Partei austraten und zur GLP wechselten. In Freis Fall geschah dies, nachdem die SP ihn bereits auf ihre Nationalratsliste gesetzt hatte. Frei verzichtete letztlich ganz auf eine Teilnahme an den Nationalratswahlen. Neben Verlusten von Parteiangehörigen und Wählerinnen und Wählern an die GLP befürchteten die Genossen zusätzlich, dass linke Wechselwähler bei der «Klimawahl» eher die Listenpartnerin, die Grünen, wählen würden und die SP so Sitze verlieren könnte. Auch im Lager der Christdemokraten kam es zu einem Wirbel um eine Personalie. Kathy Riklin (CVP) wurde nach zwanzig Jahren als Nationalrätin von ihrer Partei nicht mehr nominiert. Stattdessen kandidierte Riklin für die Christlichsoziale Vereinigung – mit geringen Chancen auf eine Wiederwahl. Bei der FDP kandidierte der aufstrebende Jungpolitiker und ehemalige Präsident der Jungfreisinnigen, Andri Silberschmidt. Da sämtliche fünf bisherigen Freisinnigen erneut zur Wahl antraten, erklärte die FDP offiziell den Gewinn eines Sitzes zum Ziel. Trotz dieses hochgesteckten Ziels ging die FDP keine Listenverbindung mit anderen Parteien ein. Die Zürcher EVP ist seit 100 Jahren fast ausnahmslos im Nationalrat vertreten, da sie auf eine treue Wählerschaft zählen kann. Ihr Sitz schien daher auch dieses Jahr nicht in Gefahr. Ganz anders sah die Ausgangslage bei der anderen Partei aus, welche 2015 einen Sitz geholt hatte: Bei der BDP ging es ums politische Überleben, nachdem die Partei im März bei den kantonalen Wahlen alle ihre fünf Sitze im Kantonsparlament verloren hatte.

Am Wahlsonntag dominierte die Farbe Grün. Sowohl die Grünen (+7.2 Prozentpunkte, neu 14.1%) als auch die Grünliberalen (+5.8 Prozentpunkte, neu 14.0%) konnten ihre Wähleranteile deutlich ausbauen und gewannen je drei zusätzliche Sitze. Für die Grünen zog neben den beiden Bisherigen und den Spitzenkandidatinnen Schlatter-Schmid und Perlicz-Huber auch noch Meret Schneider in die Grosse Kammer ein. Bei den Grünliberalen gab es nach dem Rücktritt von Thomas Weibel sogar Platz für vier neue Gesichter. Corina Gredig, Jörg Mäder, Judith Bellaïche und Barbara Schaffner vertreten neu den Kanton Zürich in Bundesbern. Co-Präsident Nicola Forster verpasste den Einzug ins Parlament nur knapp. Auf der Verliererseite befanden sich die SVP und die SP, welche je zwei Sitze abgeben mussten. Am meisten Wähleranteile verlor die SP (-4.1 Prozentpunkte, neu 17.3%). Trotzdem schaffte eine neue Sozialdemokratin den Sprung in den Nationalrat, denn Céline Widmer setzte sich gleich vor zwei bisherige Nationalräte – Martin Naef und Thomas Hardegger –, die beide die Wiederwahl verpassten. Die SVP verlor beinahe so viele Wählerprozente (-4.0 Prozentpunkte, neu 26.7%) wie die SP. Während Martin Haab, der erst im Juni für Jürg Stahl nachgerutscht war, sein Mandat verteidigen konnte, verpasste Claudio Zanetti nach nur einer Legislatur im Nationalrat seine Wiederwahl. Auch Christoph Mörgeli verpasste seinen Wiedereinzug in die Grosse Kammer. Ebenfalls zu den Verlierern des Tages gehörten die CVP und die BDP. Die CVP konnte ihren Wähleranteil zwar leicht ausbauen (+0.2 Prozentpunkte, neu 4.4%), verlor aber trotzdem einen ihrer beiden Sitze. Für die BDP verkam die Wahl zu einem veritablen Desaster. Sie verlor über die Hälfte ihres Wähleranteils (neu 1.6%) und mit der Nicht-Wiederwahl von Rosmarie Quadranti war die BDP Zürich ab sofort nicht mehr im Nationalrat vertreten. Die FDP verlor zwar 1.6 Prozentpunkte ihres Wähleranteils (neu 13.7%) und war damit neu nur noch die fünftstärkste Kraft im Kanton, doch immerhin konnte sie ihre fünf Sitze verteidigen. Andri Silberschmidt schaffte den Einzug ins Parlament und verdrängte damit den Direktor des SGV Hans-Ulrich Bigler – eine herbe Niederlage für den Gewerbeverband, da neben Bigler auch Verbandspräsident Jean-François Rime (svp, FR) abgewählt wurde. Die EVP (+0.2 Prozentpunkte, neu 3.3%) verteidigte den Sitz von Niklaus Gugger problemlos. Das beste Resultat aller Kandidierenden erzielte Roger Köppel (svp) mit 121'098 Stimmen. Die Zusammensetzung der Zürcher Nationalratsdelegation lautete damit neu: 10 SVP, 7 SP, 6 GLP, 5 GP, 5 FDP, 1 CVP, 1 EVP. Der Frauenanteil unter den Gewählten betrug neu 45.7 Prozent. Die Stimmbeteiligung fiel gegenüber 2015 um 2.8 Prozentpunkte (2019: 44.4%).

Nationalratswahlen 2019 – Zürich
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Par le biais d'un postulat intitulé «Quand les enfants vont bien, c'est toute la Suisse qui va mieux», le député évangélique Nik Gugger (pev, ZH) exhorte le Conseil fédéral à commanditer un rapport traitant des possibilités d'amélioration des points suivants: la qualité des métiers dédiés à la petite enfance, l'intégration des enfants allophones, la coordination des prestations existantes, les projets scientifiques et enfin les possibilités de coopération entre la Confédération, les cantons et les communes. Le député Gugger a motivé sa demande suite à la lecture du rapport de la Commission suisse pour l'Unesco qui dénonçait une institutionnalisation encore trop faible du domaine de l'éducation et de l'accueil des jeunes enfants (EAJE).
Le Conseil fédéral a recommandé l'acceptation du postulat, estimant qu'il était nécessaire de procéder à un état des lieux, notamment dans le domaine de l'encouragement précoce. La majorité du Conseil national (112 voix) a soutenu le projet, contre 76 et 3 abstentions. Les oppositions sont à trouver principalement dans le camp UDC, chez six membres du PLR et six PBD.

Quand les enfants vont bien, c'est toute la Suisse qui va mieux

Im Mittelpunkt der Revision des KVG bezüglich der Zulassung von Leistungserbringenden in der Herbstsession 2019 durch den Nationalrat stand ein Rückkommensantrag der SGK-NR, der von ihrer ständerätlichen Schwesterkommission gutgeheissen worden war. Sowohl Nationalrat als auch Ständerat hatten in der ersten Behandlungsrunde den bundesrätlichen Vorschlag zur Schaffung von Auflagen für die Leistungserbringenden in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit und die Qualität durch die Aufsichtsbehörde gutgeheissen. Damit habe man gemäss Kommissionssprecherin Ruth Humbel (cvp, AG) jedoch Koordinationsprobleme mit der Vorlage «Steigerung von Qualität und Wirtschaftlichkeit» und Zuständigkeitskonflikte zwischen Kantonen und Tarifpartnern geschaffen. Gemäss letzterer Vorlage sei der Bund für die Regulierung der Krankenversicherungen und die Tarifpartner für die Durchführung von Qualitätskontrollen zuständig. Statt den Kantonen mit der Zulassungsvorlage nun ebenfalls noch Kontrollaufgaben und somit eine zusätzliche Aufsichts- und Sanktionierungskompetenz zu geben, sollten sie ausschliesslich für die gesundheitspolitische Zulassung von Ärztinnen und Ärzten sowie für deren Zulassung zur OKP zuständig sein, während die Wirtschaftlichkeits- und Kosteneffizienzprüfung durch die Tarifpartner erfolgen solle. Dagegen wehrte sich eine Minderheit Heim (sp, SO) heftig. Barbara Gysi (sp, NR) betonte für die SP-Fraktion, dass diese Änderung aufgrund eines Rechtsgutachtens und des Lobbyings von Curafutura eingereicht worden sei. «Dieses Rückkommen ist nichts anderes als der Versuch, einen Teil der Macht – die Sanktionsmöglichkeiten, den Einfluss und die Steuerungsmöglichkeiten – bei den Kantonen wieder zu streichen und ihn den Versicherungen zuzuschieben», kritisierte sie. Dies wecke die Gefahr, dass die Versicherungen die Qualität der Gesundheitsversorgung ihrem Kostendenken unterordneten. Wenn die Kantone zudem neu über die Zulassung der Leistungserbringenden entscheiden könnten, gemäss Verfassung für die Gesundheitsversorgung verantwortlich seien und diese zukünftig aufgrund von EFAS auch mitfinanzieren müssten, sollten sie auch die Umsetzung der Qualitätsvorgaben beaufsichtigen können. Zudem habe die Verwaltung den Koordinationsbedarf zwischen den zwei Vorlagen überprüft und in Abklärung mit dem Bundesamt für Justiz kleinere Ergänzungen vorgeschlagen. Auch Bundesrat Berset erachtete diese vorgeschlagenen kleineren Korrekturen als ausreichend, um die entsprechenden Koordinationsprobleme zu beheben. Dennoch sprach sich der Rat – bei 27 nicht teilnehmenden Personen – mit 122 zu 49 Stimmen für die Änderung aus. Die ablehnenden Stimmen stammten von der SP- und Grünen-Fraktion sowie von Roger Golay vom MCG und Marianne Streiff-Feller und Nik Gugger von der EVP.
Auch die weiteren Punkte der Reform wurden hitzig diskutiert. Bei der Frage, ob die Kantone Zulassungsbeschränkungen einführen müssen oder können, sprachen sich ausser der FDP-Fraktion und Angelo Barrile (sp, ZH) und vereinzelten Enthaltungen alle Ratsmitglieder für eine entsprechende Pflicht für die Kantone aus (146 zu 30 Stimmen bei 4 Enthaltungen). Bei der freiwilligen Möglichkeit auf Vertragsfreiheit, die der Nationalrat eingeführt, der Ständerat aber deutlich abgelehnt hatte, folgte die grosse Kammer mit 135 zu 41 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) ihrer Kommissionsmehrheit und lenkte gegenüber dem Ständerat ein. Eine Mehrheit der FDP-Liberalen-Fraktion und eine Minderheit der SVP-Fraktion hatte hier auf Festhalten plädiert. Nicht einlenken wollte der Nationalrat hingegen beim Beschwerderecht für die Versicherungen und die Versicherungsverbände bezüglich der Ärztehöchstzahlen; dieses bestätigte er mit 131 zu 52 Stimmen gegen den Widerstand von SP- und Grünen-Fraktion sowie von Roger Golay. Mit 123 zu 53 Stimmen hielt die grosse Kammer schliesslich auch trotz kritischer Stimmen des Gesundheitsministers und von linker Ratsseite an der Verbindung dieser Zulassungsvorlage mit EFAS fest. Die Verbindung diene dazu, dass «Efas die Räte und das Referendum erfolgreich übersteht», erklärte Kommissionssprecherin Humbel.

KVG. Zulassung von Leistungserbringern (BRG 18.047)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

La CSEC-CN avait déposé une motion incombant tout propriétaire de chat à faire pucer leur animal, de sorte de pouvoir les identifier électroniquement. Ce texte présente l'avantage de pouvoir stériliser tout chat n'ayant pas d'identification électronique et ainsi de mieux contrôler la prolifération des chats errants. Comme précisé par la rapporteuse francophone de la commission, Isabelle Chevalley (pvl, VD), cette prolifération est problématique d'un point de vue du bien-être animal – les chats errants développant souvent des maladies – mais également d'un point de vue de la protection de la biodiversité. En effet, un chat tue, par exemple, en moyenne 20 oiseaux par années. De plus, l'identification électronique des chats ferait suite à celle des chiens, déjà en place depuis de nombreuses années.
La conseillère nationale thurgovienne Diana Gutjahr (udc, TG) s'oppose à cette motion pour deux raisons principales: d'une part, cela serait, selon elle, transposer la responsabilité individuelle des propriétaires de chats à une responsabilité étatique – les autorités qui seraient chargées de pucer les chats errants – et d'autre part, la mise en œuvre de ces mesures coûterait énormément à la collectivité.
Le Conseil fédéral estime, quant à lui, que leur mise en place serait complexe et que la situation des chats ne peut être comparée à celle des chiens en ce qui concerne l'identification électronique – ces derniers devant posséder une puce pour des raisons de sécurité publique. Alain Berset a toutefois tenu à préciser que les autorités allaient poursuivre leurs efforts d'information sur cette thématique auprès de la population ainsi «qu'examiner des mesures en vue de faciliter la tâche des cantons dans l'exécution du droit»; les cantons et communes étant responsable sur ces questions.
Ces arguments ont convaincu une majorité d'élu.e.s, qui rejettent la motion par 97 voix contre 88.

Pour un meilleur contrôle de la prolifération des chats errants (Mo. 19.3959)

Gemäss geltendem Recht werden Steuerforderungen bei der Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums nicht berücksichtigt. Die Thurgauer SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr stellte fest, dass Personen mit einer Lohnpfändung kaum in der Lage seien, die Steuerforderungen zu begleichen. Folglich würden immer neue Zahlungsbefehle ausgestellt, die Betreibung fortgesetzt und letztlich der Abbau der ausstehenden Schulden praktisch verunmöglicht. Mit einer Motion (Mo. 18.3872) wollte sie dies ändern und forderte, dass die Steuern in die Berechnung des Existenzminimums miteinbezogen werden. In seiner Stellungnahme äusserte der Bundesrat Verständnis für das Anliegen der Motionärin, gab aber zu Bedenken, die Umsetzung sei aufgrund der komplexen Zusammenhänge nicht einfach. Eine Erhöhung des Existenzminimums, wie in der Motion gefordert, hätte beispielsweise zur Folge, dass die Gerichte bei Bestehen unterhaltsrechtlicher Verpflichtungen weniger hohe Unterhaltszahlungen festlegen könnten, wodurch Mankofälle (wo nach der Trennung das totale Einkommen nicht mehr ausreicht, um die Bedürfnisse der Elternteile und der Kinder zu decken) häufiger würden. Die Problematik solle zuerst genauer untersucht und Lösungsansätze evaluiert werden, erklärte der Bundesrat, weshalb er die Motion zur Ablehnung beantragte.
Noch bevor der Erstrat über die Motion befinden konnte, überwies der Nationalrat im Frühling 2019 ein entsprechendes Postulat Gutjahr (Po. 18.4263) und beauftragte den Bundesrat damit, Möglichkeiten zum Einbezug der Steuern in die Berechnung des Existenzminimums zu prüfen und Lösungswege aufzuzeigen.

Einbezug der Steuern in die Berechnung des Existenzminimums prüfen (Po. 18.4263)
Dossier: Steuern in die Berechnung des Existenzminimums miteinbeziehen

«Vous avez aussi quelque part quelque chose qui ressemble à un cœur, je vous invite donc à donner suite à cette initiative parlementaire.» Lisa Mazzone (pes, GE) a ainsi conclu son plaidoyer pour l'initiative parlementaire qu'elle avait déposée en septembre 2017, et qui visait à mettre fin à la détention administrative de mineurs, dans le respect de l'intérêt supérieur de l'enfant. Elle a rappelé que la Suisse a ratifié en 1997 la Convention relative aux droits de l'enfant, qui se retrouve violée par l'incarcération entre 2015 et 2017 d'une centaine d'enfants. Selon un rapport de Terre des Hommes, la détention administrative, autorisée dans le droit suisse pour les mineurs de 15 à 18 ans, est en augmentation. Selon la conseillère nationale, cette mesure est inefficace et dangereuse, elle a des conséquences graves sur la santé physique et psychique des enfants. De plus, le rapport de Terre des Hommes dit que le plus souvent, les requérants et requérantes mineures à qui l'on a signifié un ordre de détention disparaissent dans la nature. Cette situation est problématique, notamment parce que cela les rend plus vulnérables face aux réseaux de traite humaine. La députée verte rappelle que des alternatives à la détention existent, comme par exemple l'obligation de se présenter régulièrement à une autorité. La preuve en est, selon elle, que neuf cantons ont renoncé à la détention de personnes mineures. Genève et Neuchâtel l'ont inscrit dans leur loi et le Valais, Vaud, Appenzell Rhodes-Intérieures, Argovie, Bâle-Campagne, Jura et Nidwald n'appliquent pas cette mesure sur le principe.
La CIP-CN est restée sourde à ces arguments. Selon elle, l'application des renvois est une compétence cantonale, et la législation en vigueur tient suffisamment compte de la situation des personnes migrantes mineures. Une ingérence dans les compétences cantonales serait aller trop loin, souligne la commission, qui estime qu'il est de la responsabilité des parents requérants d'asile de quitter la Suisse avec leurs enfants pour ne pas leur faire subir de séjour en prison. Une minorité de la commission (9 voix contre 15) s'oppose à la détention des enfants.
Lors du débat, Pierre-Alain Fridez (ps, JU) a pris la parole, et a déclaré ses liens d'intérêts: il est rapporteur général dans la campagne du Conseil de l'Europe contre la détention administrative des enfants migrants, dont la Suisse est le principal contributeur. Le socialiste a posé la question des risques face aux bénéfices: Vaut-il la peine de faire encourir aux enfants d'importants risques pour leur santé juste pour des raisons administratives? Le conseiller national Romano (pdc, TI) a balayé cette objection d'un geste: «Monsieur Fridez, en Suisse, on ne met pas des enfants en prison. C'est prévu seulement pour des personnes ayant déjà atteint l'âge de 16 ans.» Le rappel du texte de la Convention relative aux droits de l'enfant, qui dit que toute personne en dessous de 18 ans en est un, n'a pas fait le poids, l'initiative parlementaire a été refusée par 118 voix contre 57, avec 3 abstentions. Si l'habituelle opposition rose-verte contre le reste du Parlement était visible, il y a eu tout de même quelques voix dissidentes au sein du bloc bourgeois: Alfred Heer (udc, ZH), Isabelle Moret (plr, VD), Rosmarie Quadranti (pbd, ZH) les deux PEV Niklaus-Samuel Gugger (ZH), Marianne Streiff-Feller (BE) et le PDC Guillaume Barazzone (GE) ont refusé d'entrer en matière sur l'initiative. Les Verts'libéraux n'étaient pas au diapason sur la question: un seul député s'est prononcé contre l’initiative, trois pour, un s'est abstenu et deux n'ont pas participé au vote.

Mettre fin à la détention administrative de mineurs, dans le respect de l'intérêt supérieur de l'enfant

Im März diskutierte der Nationalrat als Zweitrat über die parlamentarische Initiative Minder (parteilos, SH), welche verlangte, die Landeshymne «demokratisch festzulegen». Diana Gutjahr (svp, TG) sprach sich für eine Annahme der Initiative aus und argumentierte, dass die gesetzliche Regelung der Landeshymne nicht abschliessend festgelegt sei, denn dass die Debatte überhaupt stattfinde, zeige, dass es Unsicherheiten gebe in der Angelegenheit. Die Hymne sei ein identitätsstiftendes Staatssymbol, welches es zu schützen und gesetzlich zu verankern gelte, wie dies auch bei der Schweizerfahne längst der Fall sei. Ferner sollte, wolle jemand eine Änderung der Hymne beantragen, das Volk über eine solche Änderung mitentscheiden können, was aber mit der aktuellen Gesetzeslage nicht gewährleistet sei.
Mit einer kleinen Gesangseinlage verkündete Isabelle Chevalley (glp, VD) dann die Beratungsergebnisse der WBK-NR, die wie bereits ihr ständerätliches Pendant ihr Vertrauen in den Bundesrat legte. Die Kommission beantragte mit 14 zu 10 Stimmen der Vorlage keine Folge zu geben, weil der Bundesrat garantiere, keine willkürlichen Anpassungen der Landeshymne vorzunehmen und für jede Änderung die Räte miteinzubeziehen. Kurz gesagt sei der Status Quo ausreichend, um die Landeshymne angemessen zu bewahren, weshalb in den Augen der Gegnerinnen und Gegner der Initiative kein Handlungsbedarf bestehe.
Schliesslich wurde die Initiative im Nationalrat abgelehnt: Ihrer Kommission folgend stimmten bei drei Enthaltungen 97 Nationalrätinnen und Nationalräte gegen und 85 für Folgegeben.

Die Landeshymne der Schweizerischen Eidgenossenschaft demokratisch festlegen (Pa.Iv. 17.478)
Dossier: Bedeutung der Nationalhymne und Erneuerungsversuche

Das in der NZZ prominent platzierte, aber auch von anderen Medien aufgenommene Parlamentarierrating 2018, das von der Forschungsstelle Sotomo aufgrund des Abstimmungsverhaltens im National- und Ständerat berechnet wird, zeigte seit der letzten Ausgabe 2017 nur wenig Veränderungen hinsichtlich Positionierung der Parteien. Noch immer war eine deutliche Trennung der einzelnen Fraktionen im Nationalrat zu beobachten, mit Ausnahme der SP und der Grünen sowie der CVP und der BDP, bei denen sich die Positionierungen einzelner Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf einer Skala von -10 (ganz links) und +10 (ganz rechts) teilweise überlappten. Die Extrempole des Nationalrats wurden von Fraktionsmitgliedern der SP- bzw. der SVP eingenommen: Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) sowie Luzi Stamm (svp, AG; 10.0) und Toni Brunner (svp, SG; 10.0) besetzten die Skalengrenzen. Das Spektrum der SP-Fraktion reichte von dieser Extremposition bis -8.5. Dieser «rechte Flügel» der Sozialdemokraten wurde vom neu in den Nationalrat nachgerückten Adrian Wüthrich (sp, BE) besetzt. Die Spannweite der Grünen reichte von -9.5 (Regula Rytz; gp, BE) bis -8.6 (Bastien Girod; gp, ZH). Im Schnitt waren die Mitglieder der SP-Fraktion erneut etwas linker positioniert als jene der GP-Fraktion. Das war zwischen 1995 und 2011 umgekehrt. Zwischen dem links-grünen Pol und der Mitte tat sich eine ziemliche Lücke auf. Die beiden der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder Marianne Streiff-Feller (evp, BE) und Niklaus Gugger (evp, ZH), der Ende 2017 in den Nationalrat nachgerutscht war, waren mit ihren Werten von -4.1 bzw. -3.7 zwar deutlich am linken Fraktionsrand angesiedelt, damit aber noch immer mehr als vier Skalenpunkte von SP und GP entfernt positioniert. Immer noch links der Mitte reihte sich anschliessend die GLP-Fraktion ein, die sich erneut als sehr homogen präsentierte (-3.3 bis -3.0). Die CVP- und die BDP-Fraktion überlappten sich ebenfalls. Bei beiden kam dabei der rechte Rand genau bei der Position 0 zu liegen; bei der BDP wurde dieser von Hans Grunder (bdp, BE) und bei der CVP von Daniel Fässler (cvp, AI), Gerhard Pfister (cvp, ZG) und Fabio Regazzi (cvp, TI) besetzt. Den linken Rand besetzten bei der CVP Kathy Riklin (cvp, ZH: -1.5) und bei der BDP Rosmarie Quadranti (bdp, ZH: -1.9). Auch auf der rechten Ratsseite klaffte eine Lücke. Der Abstand zwischen der FDP, deren Spektrum sich zwischen 1.0 (Christa Markwalder; fdp, BE) und 3.4 (Walter Müller; fdp, SG) aufspannte und der SVP, deren linker Pol bei 7.4 zu liegen kam (Jean-Pierre Grin, svp, VD) betrug ebenfalls 4 Skalenpunkte.

In der NZZ wurden auch die Positionen einzelner Parlamentsmitglieder diskutiert, die sich über die Jahre stark verändert hatten. So hatte etwa Thomas Müller (svp, SG) laut der Auswertung einen Sprung auf der Skala von 1.5 nach 9.5. gemacht. Müller war 2006 als CVP-Politiker gewählt worden und hatte 2011 in die SVP gewechselt, wo er dann mit den Jahren einen eigentlichen Rechtsrutsch vollzog. Die Gegenrichtung hatte Gerhard Pfister eingenommen, der von einer rechten Position (4.0) genau in die Mitte (0) gerückt war. Dies sei erst nach seiner Übernahme des CVP-Präsidiums passiert, was belege, so die NZZ, dass Pfister die CVP nicht nach rechts gezogen, sondern den rechten Flügel in die Partei integriert habe.

Im Ständerat waren die Lücken zwischen den Fraktionen geringer. Zwischen dem am weitesten «rechts» stehenden SP-Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH: -5.6) und der am weitesten «links» positionierten CVP-Ständerätin Anne Seydoux-Christe (JU) lagen knapp 2 Skalenpunkte. Mit Raphaël Comte (fdp, NE) fand sich gar ein FDP-Ständerat an dieser Position (-3.8). Allerdings war Comte damit relativ weit von seiner restlichen Ständeratsfraktion entfernt, bei der Philipp Müller (fdp, AG) bei 3.6 den rechten Rand einnahm. Auch hier war der Skalenabstand zur SVP, deren Spektrum sich zwischen den beiden Schwyzer Ständeräten, Alex Kuprecht (6.9) und Peter Föhn (10.0) erstreckte, mit 3.3 Punkten kleiner als im Nationalrat.

Nationalratsrating

In der Herbstsession 2018 widmete sich der Nationalrat einer Motion Gugger (evp, ZH), welche darauf abzielte, Kinder und Jugendliche vor Tabakwerbung in den klassischen und digitalen Medien zu schützen. Hierfür forderte der Motionär ein Werbeverbot für Tabakprodukte in Medien ohne Bezahlabonnemente oder sonstigen Identifikationsmethoden, die somit für Jugendliche einfach zugänglich seien. Bereits seit 2003 gelte beispielsweise in der EU ein ähnliches Tabakwerbeverbot in den öffentlichen Medien sowie im Internet, zeigte Gugger auf. Durch ein entsprechendes Verbot könnte der Anteil an Raucherinnen und Rauchern bei Schweizer Jugendlichen verringert werden, wobei so langfristig auch die Sterberate infolge Tabakkonsums geschmälert werden könnte. Ratskollege de Courten (svp, BL) kritisierte den Vorstoss als «nicht nur nicht wirksam», sondern auch als «schlicht nicht durchsetzbar». Die Annahme, dass Jugendliche aufgrund von Tabakwerbung mit dem Rauchen beginnen würden, sei zudem falsch. Viel wichtiger für diese Entscheidung seien dagegen Gruppendruck oder das Rauchverhalten der Eltern, womit ein Tabakwerbeverbot nicht gerechtfertigt sei. Bundespräsident Alain Berset beantragte den Mitgliedern der grossen Kammer hingegen, die Motion Gugger anzunehmen, da deren Forderungen in die Stossrichtung der Tabakprävention des Bundesrats passe und unter anderem in die laufenden Arbeiten am Tabakproduktegesetz integriert werden könnten. Bei der folgenden Abstimmung wurde die Motion Gugger mit 94 zu 89 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) knapp abgelehnt. Gegen den Vorstoss stimmten die geschlossene BDP-Fraktion, die Mehrheit der SVP- und FDP.Liberale-Fraktionen sowie eine Minderheit der CVP-Fraktion.

Kinder und Jugendliche vor der Tabakwerbung in den klassischen und digitalen Medien schützen (Mo. 17.4268)

Gleich fünf neue Ratsmitglieder wurden zu Beginn der Wintersession 2017 neu vereidigt. Diana Gutjahr (svp, TG), Jahrgang 1984, ersetzt Hansjörg Walter (svp, TG). Walter trat nach 18 Jahren als Nationalrat zurück. Der ehemalige Bauernverbands- und Nationalratspräsident wird als zweimaliger Bundesratskandidat in Erinnerung bleiben. 2008 war er, von Links-Grün sowie Teilen der FDP und der CVP als Sprengkandidat gesetzt, um lediglich eine Stimme Ueli Maurer unterlegen. 2011 wurde er, nachdem der eigentlich nominierte Bruno Zuppiger (svp, ZH) wegen Verdachts auf Veruntreuung nicht mehr antreten konnte, von seiner eigenen Partei nominiert, unterlag aber der amtierenden Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Seine Nachfolgerin ist Vizepräsidentin des Thurgauer Gewerbeverbandes. Die „Strahlefrau der Thurgauer SVP” (NZZ) gilt als Zögling des ehemaligen Nationalrats Peter Spuhler.
Mit Hansjörg Brunner (fdp, TG) rutschte gleich auch der Präsident des Thurgauer Gewerbeverbandes nach. Der 51-jährige Inhaber einer Druckerei nimmt den Platz von Hermann Hess (fdp, TG) ein, der nach lediglich zwei Jahren und ohne einen Vorstoss lanciert zu haben, wieder von der nationalen Politikbühne abtritt.
Dem Rücktritt von Jonas Fricker (gp, AG), der durch die 30-jährige Islamwissenschafterin Irène Kälin (gp, AG) ersetzt wird, ging ein – je nach medialer Lesart – „Eklat” (Aargauer Zeitung), ein „Schock” und „Skandal” (Blick) oder lediglich eine „verbale Entgleisung” (Tagesanzeiger) voraus. Fricker hatte in einem Votum zur Fair-Food-Initiative einen Schweinetransport mit der Deportation von Juden verglichen. Er habe bei einem Dokumentarfilm über den Transport von Schweinen unweigerlich an die Massendeportationen nach Auschwitz aus dem Film „Schindlers Liste” denken müssen. Fricker wörtlich: „Die Menschen, die dort deportiert wurden, die hatten eine kleine Chance zu überleben. Die Schweine, die fahren in den sicheren Tod.” Allerdings entschuldigte sich der Aargauer Grüne noch während der Debatte für seine Aussage und bat anschliessend auch den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund um Verzeihung. Dieser akzeptierte die Entschuldigung zwar, die Spitze der grünen Partei distanzierte sich allerdings von Frickers Vergleich, der „inakzeptabel” sei – so Balthasar Glättli (gp, ZH) im Blick. Besonders hart ins Gericht mit Fricker ging ebendiese Boulevardzeitung, die – sekundiert von alt-Nationalrat Josef Lang – relativ rasch den Rücktritt Frickers forderte. Eine Forderung, der Fricker schliesslich zwei Tage nach seiner Aussage nachkam. Er trete zurück, weil es für ihn das stärkste Zeichen sei, das er setzen könne. Der Rücktritt wurde allerdings unterschiedlich interpretiert. Während der „Blick” ihn als Grösse feierte, hinterfragten der Tagesanzeiger und die NZZ, ob dieser Rücktritt wirklich nötig gewesen sei. Schliesslich sei Fricker von der Aargauer Bevölkerung gewählt worden. Irène Kälin, seine Nachfolgerin und „neckischerweise mit einem bekannten Ringier-Mann liiert” (NZZ, 4.10.), politisiere pointierter links als Fricker. Der Abgang sei deshalb fragwürdig.
Auch in der EVP kam es zu einem Personalwechsel. Niklaus-Samuel Gugger (evp, ZH) rutschte für Maja Ingold (evp, ZH) nach, die seit 2010 im Nationalrat sass und damals, als Nachfolgerin von Ruedi Aeschbacher, die erste Frau der EVP auf nationaler Ebene war. Ingold – die aus Altersgründen zurücktreten wollte –, wie auch Gugger, stammen aus Winterthur. Gugger ist der erste Nationalrat mit indischen Wurzeln. Seine Eltern waren Entwicklungshelfer und adoptierten ihn als Baby in Indien.
Rocco Cattaneo (fdp, TI) rutschte für den in den Bundesrat gewählten Ignazio Cassis nach. Der 59-jährige ehemalige Veloprofi und Unternehmer machte gleich auf sich aufmerksam, weil er mit dem Velo bereits am Freitag aus dem Tessin an die Session fuhr – von Bironico am Monte Ceneri über den Gotthard nach Bern; also rund 250 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h, wie der Neo-Nationalrat betonte. Er verstehe seine Tour auch als Plädoyer für sichere Velowege – ein Vorgeschmack auf die Debatte um die Velo-Initiaitive, in deren Komitee Cattaneo sitzt.
Die fünf Neuen – bei Halbzeit der 50. Legislatur waren bisher 10 Mutationen zu verzeichnen – wurden vereidigt (Brunner, Cattaneo und Gugger) bzw. legten das Gelübde ab (Gutjahr und Kälin).

Mutationen 2017
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament