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  • Hösli, Werner (svp/udc, GL) SR/CE
  • Keller-Sutter, Karin (fdp/plr, SG) SR/CE

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Im Konkordanzsystem Schweiz mangelt es – anders etwa als in einem System mit einem Präsidenten – an Köpfen, mit denen man aufgrund der zunehmenden Personalisierung Medienberichte besser verkaufen kann. Es verwundert deshalb nicht, dass sich die Medien für einzelne Exekutivmitglieder interessieren sowie gerne und häufig auch Spekulationen über Rücktritte und mögliche Nachfolgerinnen und Nachfolger amtierender Bundesrätinnen und Bundesräte anstellen. Dies taten sie auch bereits kurz nach der Wahl des neuen Bundesrates Cassis: Schliesslich ist nach der Wahl auch für das Regierungskollegium immer auch vor der Wahl.
In der Tat hatte Doris Leuthard ja bereits im Sommer 2017 ihren Rücktritt auf spätestens Ende der Legislatur im Herbst 2019 angekündigt. Dies war eine Steilvorlage für die Medien, die insbesondere den Umstand thematisierten, dass mit dem Rücktritt der Aargauerin nur noch eine Frau, nämlich Simonetta Sommaruga, in der Regierung sässe und die CVP deshalb gut daran täte, Frauen als mögliche Kandidatinnen aufzubauen – häufig genannt wurden die Ambitionen von Viola Amherd (cvp, VS). Freilich standen bei den Christdemokraten auch einige Männer in den Startlöchern: In den Medien kursierten insbesondere die Namen von Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG), der Ständeräte Konrad Graber (cvp, LU) und Pirmin Bischof (cvp, SO), aber auch Benedikt Würth (SG, cvp), Regierungsrat des Kantons St. Gallen, und Bundeskanzler Walter Thurnherr wurden als Kandidaten gehandelt. Der Bundeskanzler winkte jedoch relativ rasch ab und auch Parteipräsident Pfister zog sich mit dem Argument zurück, einen Austausch im Präsidium kurz vor den Wahlen vermeiden zu wollen. Auch Konrad Graber nahm sich mit seiner Ende August gemachten Ankündigung, bei den eidgenössischen Wahlen 2019 nicht mehr antreten zu wollen, aus dem Rennen.
Ende April 2018 gab dann auch Johann Schneider-Ammann bekannt, dass er keine weitere Legislatur mehr anstrebe. Neben der Forderung, dass auch die FDP nun ein Frauenticket aufstellen müsse, wurde mit der Ankündigung des Berner Magistraten auch die Diskussion um einen konzertierten Doppel- (zusammen mit Leuthard) oder gar Dreierrücktritt (zusammen mit Ueli Maurer) angestossen. Das Parlament müsse eine möglichst grosse Auswahl haben, damit eine genügend grosse Frauenvertretung gesichert sei, lautete der Tenor in den Medien. Auch das Kandidatenkarussell für die Nachfolge des Berner Magistraten begann sich rasch zu drehen. Neben Karin Keller-Sutter (fdp, SG), die bei der Wahl Schneider-Ammanns 2010 noch unterlegen war, brachten die Medien Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ), die Ständeräte Andrea Caroni (fdp, AR), Martin Schmid (fdp, GR) und Ruedi Noser (fdp, ZH) sowie Nationalrat Beat Walti (fdp, ZH) ins Spiel. Auch beim Freisinn zogen sich einige potenzielle Papabili allerdings bereits vor dem definitiven Rücktritt Schneider-Ammans zurück. So gab Petra Gössi etwa zu Protokoll, ihrer Partei eine Kandidatur nicht zumuten zu wollen. Mit dem Namen Keller-Sutter wurde in den Medien häufig auch der Anspruch der Zentral- und Ostschweiz auf einen Bundesratssitz zur Sprache gebracht.
Rücktrittspotenzial sahen die Medien schliesslich auch bei Ueli Maurer, bei dem sie vermuteten, dass er mit 67 Jahren und nach zehn Jahren im Amt bald genug haben könnte. Von verschiedener Seite wurde Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR) als mögliche Nachfolgerin ins Spiel gebracht, die in mehreren Interviews ihre Bereitschaft signalisierte. Hierfür kam aber wenig später ein Dementi von der SVP-Spitze – Vater Christoph Blocher gab zu Protokoll, dass er seine Tochter nicht in das «Gefängnis» Landesregierung stecken wolle. Maurer selber gab in einem Interview zu Protokoll, dass er auf das Ende einer Legislatur zurücktreten werde – ob 2023, 2027 oder 2031 sei noch offen.
Ein vorläufiges Ende nahm zumindest ein Teil der Spekulationen Mitte September, als sowohl Johann Schneider-Ammann als auch Doris Leuthard ihren Rücktritt auf Ende 2018 bekannt gaben. In der Tat gilt die Herbstsession ein Jahr vor den Wahlen als idealer Zeitpunkt für einen Rücktritt vor Ende einer Legislatur, weil so Ersatzwahlen noch vor Ende eines Jahres stattfinden können. Rücktritte in einem Wahljahr selber gelten eher als unschicklich. Freilich war laut Aussage von Doris Leuthard der Doppelrücktritt vorher nicht abgesprochen worden; Schneider-Ammann habe immer davon gesprochen, erst auf Ende Legislatur 2019 zurückzutreten. In den Medien wurde das Vorpreschen des FDP-Bundesrats – er hatte seinen Rücktritt zwei Tage vor Doris Leuthard der Presse verkündet – als geplanter Mediencoup gewertet.

Spekulationen Rücktritt Bundesräte nach der Wahl von Cassis

Die Doppelvakanz bei den Bundesratsersatzwahlen 2018 liess auch Spekulationen um eine neue Verteilung der Departemente ins Kraut schiessen. «Bundesratskrimi, zweiter Teil», wurden die Diskussionen um eine mögliche sogenannte grosse Rochade etwa in der Aargauer Zeitung betitelt. «Der wirkliche Krimi folgt erst», stimmte auch die NZZ in die Spektakularisierung der Departementsverteilung ein. Vor acht Jahren kam es letztmals dazu, dass gleich vier Departemente nach einer Bundesratsersatzwahl die Chefinnen und Chefs wechselten. Aufgrund der Rücktritte von Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann wurden aktuell das UVEK und das WBF frei. Spekuliert wurde, ob Alain Berset das EDI abgeben wolle. Es wurde ihm in den Medien nachgesagt, dass er schon bei den Ersatzwahlen 2017 gerne ins EDA gewechselt wäre, ihm das damals, kurz vor der Abstimmung über die Reform der Altersvorsorge 2020, aber als Fahnenflucht ausgelegt worden wäre. Dieses Mal, und vor allem nach der Niederlage der Reform an der Urne, würde ein Wechsel mehr Sinn machen – so die Medien. Allerdings würde es dem amtierenden Aussenminister Ignazio Cassis, der als Bersets Nachfolger beim EDI gehandelt wurde, wohl als Schwäche ausgelegt, wenn er das EDA bereits nach einem Jahr und einem schwierigen Start vor allem im Europa-Dossier schon wieder abgeben würde. Alain Berset wurden in den Medien deshalb auch Präferenzen für das EFD nachgesagt. Dieses wurde allerdings seit den Gesamterneuerungswahlen 2015 von Ueli Maurer geführt, der damals vom VBS als erster SVP-Magistrat ins EFD gewechselt war und sich mit den Finanzen sehr wohl zu fühlen schien. Das EFD würde also wohl nur frei, wenn Ueli Maurer zurücktreten würde, war man sich in der Presse einig. Die Frage war, ob sich Alain Berset auch für das WBF oder das UVEK würde erwärmen können. Letzteres schien Simonetta Sommaruga zu reizen. Sie war bei der erwähnten letzten grossen Rochade und ihrer Wahl 2010 wohl eher gegen ihren Willen dem EJPD zugeteilt worden. Als ehemalige Konsumentenschützerin würde sie aber eher ins WBF passen, wobei die bürgerlichen Parteien aber wohl keine Genossin im Wirtschaftsdepartement wollten – so die Medien damals und heute. Sie habe wohl eher ein Auge auf das UVEK geworfen, was wohl auch ganz nach dem Geschmack der SP wäre, urteilte etwa die Aargauer Zeitung. Nach zwei Legislaturen sei der Zeitpunkt für einen Wechsel ideal, befand die Basler Zeitung. Ein offenes Geheimnis war, dass Guy Parmelin nach drei Jahren das VBS abgeben wollte, in dem er einige Male «kläglich aufgelaufen» sei (Aargauer Zeitung). Im WBF oder seinem erklärten Wunschdepartement, dem EDI, würde er sich wohler fühlen, so die Medien, obwohl ihm das «Verlassen einer Baustelle», wie sich Isidor Baumann (cvp, UR) zu Wort meldete, wohl übel genommen würde. Er solle zuerst Nägel mit Köpfen machen, wurde auch im St. Galler Tagblatt gefordert. Würde Parmelins Wechselgelüsten nachgegeben, würde dies wohl aber auch bedeuten, dass zum ersten Mal eine Frau – die neu gewählten Karin Keller-Sutter oder Viola Amherd – Chefin des VBS werden würde. Der «Blick» forderte, dass Karin Keller-Sutter im VBS aufräumen solle. Da es der Wirtschaft gut gehe, spiele es keine Rolle, wer gerade Wirtschaftsminister sei. Parmelin könne sich als Winzer im WBF mit den Bauern herumschlagen. Die Ausgangslage berge auf jeden Fall Konfliktpotenzial, prognostizierte die Aargauer Zeitung.

In der Tat dauerte der «valse à plusieurs temps», wie der Quotidien Jurassien die Verhandlungen um die Besetzung der Departemente nannte, ungewöhnlich lange. Die Leitung der Diskussionen um die Departementsverteilung oblag dem amtierenden Bundespräsidenten Alain Berset. Er sprach nach der ersten Bundesratssitzung, nach der in der Regel die Verteilung bereits bekannt gegeben wird, von einer «ersten Diskussion», die in der darauffolgenden Woche weitergeführt werde. Berset wolle wohl den Fehler von 2010 nicht wiederholen, wo die Departementsverteilung zu einem grossen Krach auch zwischen den Parteien geführt hatte. Zwar kann das Bundesratskollegium per Mehrheitsentscheid beschliessen, wer welchem Departement vorstehen soll, dies wollte Berset aber augenscheinlich vermeiden. Der Noch-Nichtentscheid liess die Medien spekulieren, dass wohl mehrere Bundesratsmitglieder auf das gleiche Departement (WBF) schielten und «niemand scharf auf das VBS» sei, so die Aargauer Zeitung. Der Blick wusste von einem «überraschend heftigen Streit» in dieser ersten Sitzung zu berichten, weil die beiden Neuen selbstbewusst ihre Ansprüche angemeldet hätten. Übers Wochenende wurden die Spekulationen weiter angeheizt: Die SVP liess laut Tages-Anzeiger verlauten, dass nach 23 Jahren, in der das VBS ununterbrochen von der SVP geführt worden sei, eine andere Partei an der Reihe sei. Die FDP argumentierte, dass sie schon das wenig einflussreiche EDA habe und nicht auch noch das VBS haben wolle – so der Tages-Anzeiger weiter. Zudem prognostizierte er, dass das «SVP-/FDP-Powerplay» dazu führen dürfte, dass Viola Amherd wohl ins unbeliebte VBS versetzt würde.

Am Montag gab der Bundesrat dann eine grosse Rochade bekannt. Simonetta Sommaruga wechselte ins UVEK und Guy Parmelin ins WBF. Karin Keller-Sutter übernahm das EJPD und Viola Amherd wurde «erste Frau an der VBS-Spitze» (NZZ). Nach acht Jahren im EJPD sei der richtige Zeitpunkt gekommen, in einem anderen Bereich noch einmal etwas zu bewegen, begründete Simonetta Sommaruga ihren Wechsel. Das VBS gehöre nicht einer einzigen Partei, gab Guy Parmelin den Medien bekannt, er sei zudem nicht der erste Bundesrat, der vor Vollendung des vierten Amtsjahres sein Amt wechsle. Über die Verteilung des VBS und des EJPD wurde laut Bundesratssprecher im Gremium abgestimmt, da beide Neo-Bundesrätinnen das Justiz- und Polizeidepartement präferiert hätten.

In den Medien wurde die Rochade als «misslungener Neustart» (NZZ) beurteilt und als «schwarzer Tag für die Mitte». Die SP und die SVP verfügten nun über Schlüsseldepartemente, während FDP und CVP mit dem VBS und dem EJPD Vorlieb nehmen müssten – so etwa das St. Galler Tagblatt. Es sei ein «merkwürdiger Bundesrat» (Aargauer Zeitung) und eine Rochade, die nicht überzeuge (Tages-Anzeiger), da zwar Konkordanz gepredigt werde, aber schon beim ersten wichtigen Entscheid keine konsensuale Lösung gefunden worden sei. Kritisiert wurde insbesondere Guy Parmelin, der «einer der Hauptverursacher der Missstimmung» sei (Blick) und dem «Fahnenflucht» (Tages-Anzeiger) vorgeworfen wurde. Dass ein SVP-Mann mit den Gewerkschaften einen Kompromiss bei den flankierenden Massnahmen suche, werde wohl schwierig – so die Aargauer Zeitung. Auch der Konflikt zwischen Agrar- und Exportwirtschaft, zwischen Protektionismus und Freihandel, der das WBF präge, werde wohl kaum von einem «ehemaligen Weinbauern» (NZZ) gelöst werden können. In der FDP war der Unmut gross, dass man das wichtige Wirtschaftsdepartement an die SVP abgeben musste. Allerdings wurde auch die erste Verteidigungsministerin gefeiert. Es sei eine Chance dafür, dass das VBS nun im 21. Jahrhundert ankomme, gab etwa CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) den Medien zu Protokoll. Überdies werde die Departementsverteilung wohl überschätzt: «Wer welches Departement führt, interessiert nebst den Politikern nur die Journalisten».

Bundesratsersatzwahlen 2018 – Nachfolge Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Nach den Rücktrittsankündigungen von Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard nahmen zwar die Rücktrittsspekulationen ein Ende, dafür kurbelten die Medien das Kandidatenkarussell umso schneller an und lancierten im Vorfeld der Ersatzwahlen in den Bundesrat fleissig mögliche Nachfolgerinnen und Nachfolger.
Die von vielen Seiten geforderte Doppelvakanz liess zahlreiche Szenarien möglich erscheinen, klar schien aber, dass mindestens eine Frau in die Landesregierung einziehen sollte, damit das Gremium nicht nur durch eine Bundesrätin – Simonetta Sommaruga – repräsentiert werde. Die grössten Chancen wurden nicht nur deshalb Karin Keller-Sutter (fdp, SG) eingeräumt. Die Ständerätin (seit 2011) wurde auch als Top-Favoritin gehandelt, weil sie aus der Ostschweiz stammt, derjenigen Region also, die seit längerem nicht mehr im Bundesrat vertreten war. Zwar war die St. Gallerin bereits 2010 als Regierungsrätin zu Bundesratswahlen angetreten, unterlag damals allerdings Schneider-Ammann. In der Zwischenzeit hatte sich die Ständerätin in Bern aber einen Namen gemacht und wurde auch von politischen Gegnern gelobt. Auch die Parteipräsidentin der FDP, Petra Gössi (fdp, SZ), wurde von den Medien auf den Schild gehoben, obwohl sie bereits früher bekannt gegeben hatte, nicht als Bundesratskandidatin zur Verfügung zu stehen. Weitere in den Medien gehandelte FDP-Kandidatinnen waren Regine Sauter (fdp, ZH), Doris Fiala (fdp, ZH) oder Christa Markwalder (fdp, BE). Männliche Kandidierende schienen es neben der Favoritin Keller-Sutter, die Anfang Oktober als eine der ersten offiziell ihre Kandidatur bekannt gab, ebenfalls schwierig zu haben. Zwar wurden Ruedi Noser (fdp, ZH), Martin Schmid (fdp, GR) oder Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) von den Medien früh ins Spiel gebracht, diese hätten aber neben der St. Galler Ständerätin lediglich eine Rolle als «Winkelried» – sie opferten sich also selbst, damit ein Zweierticket aufgestellt werden könnte – wie etwa das St. Galler-Tagblatt schrieb. Statt Ankündigungen von Kandidaturen kamen denn aus den Reihen der FDP vielmehr Absagen: Sauter, Schmid, Portmann und Noser – alle winkten mit dem Verweis auf die ideale Kandidatur von Keller-Sutter ab. Schliesslich stellten sich neben Keller-Sutter der Schaffhauser Regierungsrat Christian Amsler (SH, fdp) und Ständerat Hans Wicki (fdp, NW) zur Verfügung.
Auch bei der CVP wurden einer Frau und langjährigen eidgenössischen Parlamentarierin sehr gute Chancen eingeräumt, Nachfolgerin von Doris Leuthard zu werden: Viola Amherd (cvp VS). Die Walliserin – seit 2005 in Bern – sei im Parlament beliebt. Allerdings wurde in den Medien auch ein Rechtsstreit bekannt, in den Amherd verwickelt sei. Es handle sich dabei freilich nicht um ein Strafverfahren, sondern um eine zivilrechtliche Auseinandersetzung. Eine Erbengemeinschaft aus Amherd und ihrer Schwester soll über Jahre zu hohe Mietzinsen kassiert haben. Bei den christlichdemokratischen Männern machten die Medien mehr Potenzial aus als bei der FDP: Weil Karin Keller-Sutter als Kronfavoritin galt, könnten sich die CVP-Männer wohl mehr Chancen ausrechnen, so der Tenor. Obwohl auch er schon lange abgesagt hatte, galt Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) deshalb vielen als Geheimfavorit. Häufig genannt wurden auch Stefan Engler (cvp, GR), Daniel Fässler (cvp, AI), Pirmin Bischof (cvp, SO), Peter Hegglin (cvp, ZG) und Erich Ettlin (cvp, OW). Auch der amtierende Bundeskanzler Walter Thurnherr wurde – trotz seiner deutlichen Absage – in den Medien immer wieder als Wunschkandidat bezeichnet. Mit Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL) wurde von der Basler Zeitung eine weitere mögliche Frauenkandidatur ins Spiel gebracht, die zudem den Vorteil hätte, den Kanton Basel-Landschaft zu vertreten, der seit 1897 auf eine Vertretung in der Landesregierung warte. Auch dem St. Galler Regierungsrat Benedikt Würth (SG, cvp) wurden gute Chancen eingeräumt. Weil die Ersatzwahl von Doris Leuthard aufgrund des Anciennitätsprinzips zuerst stattfinden würde, galt Würth in den Medien zudem als potenzieller Verhinderer von Karin Keller-Sutter, wäre doch eine St. Galler-Doppelvertretung in der Landesregierung kaum haltbar. Die Urner Zeitung brachte schliesslich die Urner Regierungsrätin Heidi Z'graggen (UR, cvp) ins Spiel, die zu Protokoll gab, dass es wichtig sei, dass die Zentralschweiz einen Anspruch auf einen Sitz im Bundesrat erhebe. Früh machte die CVP zudem klar, dass sie mit mindestens einer Frau auf einem Doppelticket antreten werde. Mitte Oktober gab Peter Hegglin als erster aus dem Kreis der CVP seine Kandidatur bekannt. Nur wenige Tage später warfen auch Heidi Z'graggen und Elisabeth Schneider-Schneiter ihren Hut in den Ring. Und auch Viola Amherd gab Ende Oktober, also kurz vor Meldeschluss, bekannt, für die Nachfolge von Doris Leuthard bereit zu sein. Aus dem Rennen nahmen sich hingegen Erich Ettlin und Pirmin Bischof. Und auch Gerhard Pfister und Bundeskanzler Walter Thurnherr wurden nicht müde, zu betonen, dass sie nicht zur Verfügung stünden, was von einzelnen Medien prompt kritisiert wurde. Der Blick mahnte etwa, dass die CVP nicht die besten Kandidierenden aufstellen würde.

Sowohl die FDP als auch die CVP liessen durch die Medien verlauten, dass sie sehr viel Wert auf die Prüfung der Kandidierenden legen würden. Diese Verlautbarung drängte sich insbesondere auch deshalb auf, weil der ehemalige FDP-Bundesratskandidat und Genfer Regierungspräsident Pierre Maudet (GE, fdp) wegen einiger Ungereimtheiten im Zusammenhang mit seinem Regierungsmandat in die Schlagzeilen geraten war. Die Westschweizer Zeitungen Tribune de Genève und Le Temps schrieben deshalb von einer eigentlichen «Lex Maudet». Noch einen Schritt weiter ging die CVP, die die Kandidierenden nicht von einem eigenen Parteigremium prüfen lassen wollte, wie dies die FDP vorsah, sondern von einem externen, aus Juristinnen und Juristen geleiteten Prüforgan.

Die Fraktionen entschieden sich dann am 16. November je für ein Doppelticket. Die FDP hob wie erwartet Karin Keller-Sutter zusammen mit Hans Wicki auf den Schild. Wie wenig umstritten die St. Galler Ständerätin war, zeigte der Umstand, dass sie von 41 FDP-Fraktionsmitgliedern im ersten Wahlgang 38 Stimmen erhalten hatte, wie das St. Galler Tagblatt zu berichten wusste. Für Wicki sprachen sich 29 FDP-Parlamentsmitglieder aus, Amsler erhielt 12 Stimmen. Dies zeige deutlich, dass die FDP die von vielen Seiten proklamierte zusätzliche Bundesrätin aus der eigenen Partei wolle.
Der Entscheid der CVP wurde als eigentlicher Überraschungscoup gehandelt. Zwar hatte man mit der Nomination von Viola Amherd gerechnet, aber die Kandidatur von Heidi Z'graggen hatte niemand erwartet. Die BaZ sprach gar von einer Desavouierung gegen die bekannteren Hegglin und Schneider-Schneiter. Letztere witterte gar eine «Verschwörung der Berggebiete gegen die Nordwestschweiz». Z'graggen habe bei der Anhörung am meisten überzeugt und den Favoriten Hegglin schon im ersten Wahlgang aus dem Rennen geworfen, wie einzelne Fraktionsmitglieder gegenüber den Medien aussagten. Fraktionspräsident Filippo Lombardi (cvp, TI) wollte allerdings keine Zahlen publik machen. Das reine Frauenticket der CVP wurde als starkes Signal gewertet, mit dem der FDP ziemlich der Wind aus den Segeln genommen werde, so der Kommentar zahlreicher Medien. Statt über die Kronfavoritin Keller-Sutter zu schreiben, nahmen diese nun vielmehr die unbekanntere Heidi Z'graggen in ihren Fokus. Die wie schon bei der Nachfolge von Didier Burkhalter geplante Roadshow der FDP, mit der man in diversen Kantonen die Kandidierenden vorstellen wollte, verkam so zu einem eigentlichen Rohrkrepierer und verbrauchte – ganz im Gegensatz zur Wahl von Ignazio Cassis vor einem Jahr – kaum mehr Druckerschwärze.

Die «drei Frauen und der Quotenmann», wie der Blick titelte, wurden in der Folge von allen Medien durchleuchtet. Während sich die Medienschaffenden und Kommentatoren bei der FDP einig waren, dass Karin Keller-Sutter praktisch bereits gewählt sei, betrachtete man das Rennen bei der CVP als offen im Ausgang. Den Medien ging es in den darauffolgenden Tagen insbesondere darum, die in Bern noch ziemlich unbekannte Heidi Z'graggen zu präsentieren. Die Urner Regierungsrätin sah sich selber eher am rechten Flügel ihrer Partei. Sie galt vor allem in der Sozial- und Migrationspolitik als konservativer, aber auch als wirtschaftsnäher als die vor allem gesellschaftspolitisch eher linker eingeschätzte Viola Amherd. Damit begannen die Mutmassungen, dass Z'graggen von der SVP allenfalls zur Favoritin gemacht werden könnte. Weil Z'graggen als Präsidentin der Eidgenössischen Heimatschutzkommission auch eine «linke Ader» habe, so die Urner Zeitung, könnte sie allenfalls auch bei links-grün punkten. Amherd sah sich hingegen immer wieder aufgrund des vor allem von der Weltwoche befeuerten Rechtsstreits in ein schiefes Licht gerückt. Aber auch Z'graggen verfolgte ein Vorfall, der sich an einer Podiumsveranstaltung abgespielt hatte: Sie hatte einen Zuhörer im Saal als «Depp» bezeichnet, dies dann aber beharrlich als akustisches Missverständnis abgetan.

Die Hearings der verschiedenen Fraktionen nahmen dem Ausgang dann etwas die Spannung. Schon eine Woche vor den Wahlen gab die SVP die Resultate ihrer Anhörungen bekannt. Sie unterstützte zwar mehrheitlich Z'graggen, vor allem die Bauern in der Volksparteifraktion sprachen sich aber für Amherd aus, was in den Medien als steigende Wahlchancen für die Walliserin interpretiert wurde. Karin Keller-Sutter erhielt beim Hearing bei der SVP mehr Stimmen als Hans Wicki. Eine Wahlempfehlung wollte die SVP allerdings intern nicht vorgeben. Bei der FDP-Fraktion, die die Hearings einen Tag vor der Bundesratsersatzwahl durchführte, gab man zwar ebenfalls keine Empfehlung ab, die Mehrheit der Mitglieder sprach sich aber für Amherd aus, die vor allem mit ihren Dossierkenntnissen überzeugen konnte, die bei ihr als Nationalrätin grösser seien als bei der Urner Regierungsrätin. Z'graggen sei zwar gut gewesen, aber Amherd sei besser gewesen, zitierte die NZZ ein Fraktionsmitglied, das nicht genannt werden wollte. Auch die SP liess verlauten, man habe die Qual der Wahl zwischen zwei exzellenten Politikerinnen. Bei den Grünen, die ihre Überlegungen einen Tag vor den Wahlen bekannt gaben, konnte Z'graggen mit authentisch vorgetragenen Sorgen um den Klimawandel punkten, aber auch bei ihnen sei Amherd eher im Vorteil, wie Balthasar Glättli (gp, ZH) zu Protokoll gab. Klarer waren die Stellungnahmen zu den FDP-Kandidierenden. Die SP sprach sich klar für Keller-Sutter aus, die zwar deutlich rechts positioniert, aber sehr offen für Kompromisse sei. Bei der CVP, die keine Wahlempfehlung abgeben wollte, dürfe die St. Gallerin ebenfalls mit mehr Stimmen rechnen als Wicki, so ein CVP-Fraktionsmitglied. Die Fraktionen der GLP und der BDP sprachen sich für Amherd aus. Ausschlaggebend sei unter anderem auch die offenere europapolitische Haltung Amherds, gaben Vertreterinnen der beiden Parteien bekannt. Die beiden kleinen Fraktionen empfahlen zudem Karin Keller-Sutter. In den Medien ging man einen Tag vor der Wahl davon aus, dass Amherd und Keller-Sutter wohl gewählt würden. Z'graggen sei zwar politisch nicht so weit von Amherd entfernt, für Letztere spreche aber wohl die grössere Erfahrung.

Die «überschätzte Show», wie die Basler Zeitung die Wahl im Vorfeld bezeichnete, oder «die inszenierte Volkswahl», wie die NZZ titelte, sei in den letzten 40 Jahren zu einem «publikumswirksamen Spektakel geworden». Nicht nur die Medien, sondern auch die Parteien forcierten den Wettbewerb lange im Vorfeld. Der Wahlakt selber war dann allerdings alles andere als ein Spektakel.
Zuerst wurden die Verabschiedungen von Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann vorgenommen. Nationalratspräsidentin Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) lobte die Verdienste Leuthards im Volkswirtschaftsdepartement und im UVEK sowie die «Verbindung ihrer Popularität mit einem ausgeprägten politischen Instinkt». Die scheidende CVP-Magistratin sei nicht nur eine «Grand Dame politique», sondern ganz einfach eine «Grande Dame», die ein Stück Geschichte mitbestimmt habe. Leuthard selber rief das Parlament auf, auch in Zukunft auf Konkordanz, Konsens und Kompromiss zu setzen. Die Schweiz gebe es nur einmal und es lohne sich, für das schöne Land zu kämpfen. Die von 2006 bis 2018 dem Bundesrat angehörende Aargauerin erhielt zum Abschied stehende Ovationen. Johann Schneider-Ammann – seit 2010 im Bundesrat – wurde von der Nationalratspräsidentin in ihrer Abschiedsrede mit dem Namenswechsel des Volkswirtschaftsdepartement (EVD) 2013 in Verbindung gebracht. Dass aus dem EVD das WBF, das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung geworden sei, zeige, wie sehr dem Berner Magistraten vor allem das duale Berufsbildungssystem am Herzen gelegen habe. Die Abschiedsrede Schneider-Ammanns löste einige Heiterkeit aus. Sein Lieblingsmöbel sei sicher nicht dieses Rednerpult. Es seien acht emotionale Jahre gewesen, auch wenn man ihm das nicht immer angesehen habe. Er wünsche sich, dass alle Parlamentsmitglieder den Mut haben, das Wohl des Landes vor das eigene zu stellen. Auch der scheidende FDP-Magistrat erhielt stehende Ovationen.
Im Gegensatz zu früheren Jahren sprachen nicht alle Fraktionschefinnen und -chefs im Vorfeld der einzelnen Wahlgänge. Einzig für die CVP begab sich Filippo Lombardi nach vorne, um den Zweierticketvorschlag seiner Partei zu präsentieren. Für viele überraschend stand dann bereits im anschliessenden 1. Wahlgang fest, dass Viola Amherd neue Bundesrätin und Nachfolgerin von Doris Leuthard werden würde. Im Vorfeld war man von mindestens zwei Wahlgängen ausgegangen. Die Mehrheit des Parlaments hatte allerdings augenscheinlich keine Lust auf Spielchen. Mit 148 Stimmen übersprang Viola Amherd das absolute Mehr von 121 Stimmen souverän. Auf Heidi Z'graggen entfielen 60 der 244 ausgeteilten Wahlzettel. Gerhard Pfister erhielt 17 Stimmen, 15 Stimmen entfielen auf Diverse und 4 Wahlzettel blieben leer. Amherd erklärte Annahme der Wahl und dankte Heidi Z'graggen für den fairen Wahlkampf. Sie sei gerne bereit, sich für die Zukunft des Landes einzusetzen.
Auch die anschliessende Ersatzwahl für Johann Schneider-Ammann ging in Rekordzeit über die Bühne. Auch hier ergriff lediglich der Fraktionssprecher der FDP, Beat Walti (fdp, ZH) das Wort. Auch Karin Keller-Sutter wurde bereits im ersten Wahlgang zur Magistratin gekürt. Sie erhielt 154 Stimmen, nötig gewesen wären 119. Zwar gingen zahlreiche Stimmen auf Diverse (27) und 6 der 243 eingelangten Wahlzettel blieben leer, Hans Wicki konnte aber lediglich 56 Parlamentsmitglieder von sich überzeugen. Auch Karin Keller-Sutter erklärte Annahme der Wahl und wies darauf hin, dass damit ein «dornenvolles Kapitel in der Geschichte der freisinnigen Frauen» beendet werde: Nach fast dreissigjähriger Absenz dürfe sie nun als zweite Frau die FDP im Bundesrat vertreten.

In den Medien wurden die Bundesrätinnen Nummer acht und neun gefeiert. Zwar seien der Kanton Uri und der Kanton Nidwalden, die neben den Kantonen Jura, Schaffhausen und Schwyz noch nie einen Bundesrat gestellt haben, erneut leer ausgegangen. Dass die nationale Exekutive aber wieder mit drei Frauen besetzt werde, sei aus verschiedenen Gründen eine Zäsur. Erstens dürfte die «Konkordanz der Geschlechter» (Tages-Anzeiger) nun wohl zum Normalfall werden, zweitens seien in der Geschichte der Schweiz noch nie zwei Bundesrätinnen gleichzeitig gewählt worden und drittens sei es in den letzten 30 Jahren nur zwei Exekutivmitgliedern gelungen, gleich im ersten Wahlgang das absolute Mehr zu überspringen – Doris Leuthard und Kaspar Villiger. Auf den Frauen ruhe die Hoffnung und die Wahl würde wohl auch mehr Frauen für eine Kandidatur für die nationalen Wahlen 2019 motivieren, betonten die Medien. Die Auffrischung im Bundesrat komme zudem angesichts wichtiger anstehender Probleme – erwähnt wurden die gescheiterten Abstimmungen zur Altersreform 2020 und zur USR III – zum richtigen Moment. Das «unspektakuläre Spektakel» (St. Galler Tagblatt) habe aber auch die momentane Harmonie im Bundeshaus widerspiegelt, was sich auch in der gleichzeitig stattfindenden Wahl des Bundespräsidenten und der Vizepräsidentin gezeigt habe. Die Weltwoche hoffte allerdings, dass die Politik nicht so brav werde, wie im Wahlkampf beschworen. Und die Hoffnung der WoZ war, dass die Frauenwahl bewirke, dass sich der Bundesrat nun nicht noch weiter nach rechts bewege, sondern dass es zu einer Aufweichung der Fronten kommen könnte.

Für die Medien gab es nach den Wahlen freilich neue Nahrung für Spekulationen, ging es doch nun um die Frage, wer welches Departement übernehmen wird. Der wirkliche Krimi folge erst – so die NZZ. Darüber hinaus wurde spekuliert, dass auch die SVP, die als einzige Regierungspartei noch nie eine Frau im Bundesrat hatte, wohl jetzt mehr Nachwuchsarbeit verrichten müsse. Die Aargauer Zeitung zitierte Parteistrategen und Beobachter – ohne freilich Namen zu nennen – die erwarteten, dass Ueli Maurer 2019 zurücktreten werde und von Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR) beerbt werden würde.

Bundesratsersatzwahlen 2018 – Nachfolge Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

«Historischer Kompromiss» (Hannes Germann; svp, SH), «gelebte Solidarität» (Werner Hösli; svp, GL), «Garant für einen funktionierenden Föderalismus und auch für den nationalen Zusammenhalt» (Peter Hegglin; cvp, ZG). Mit diesen, grossen Enthusiasmus demonstrierenden Worten begann die Debatte zum Bundesgesetz über den Finanz- und Lastenausgleich (FiLaG) in der Wintersession 2018 im Ständerat. Auch die FK-SR hatte zuvor in ihrer Medienmitteilung vom Oktober 2018 betont, die Vorlage sei «ausgewogen» und trage den Interessen der Geber- und Nehmerkantone sowie des Bundes Rechnung. Entsprechend eindeutig nahm sie diese mit 10 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Ganz so einhellig wie es zu Beginn der Debatte den Anschein machte, war die Stimmung im Rat dann aber doch nicht. Raphaël Comte (fdp, NE) kritisierte die allgemeine Haltung, den Antrag der KdK als heiligen Text und somit als unabänderlich darzustellen. Der Bundesrat hatte dem Parlament nämlich eine im Vergleich zum Vernehmlassungsentwurf unveränderte Version vorgelegt, obwohl eine Minderheit der Kantone Vorbehalte angemeldet hatte – darunter auch Neuenburg – oder den Entwurf als Ganzes gar ablehnte. Beat Rieder (cvp, VS) ergänzte diese Kritik durch die Sicht eines Vertreters eines der beiden Kantone, die sich in der Vernehmlassung gegen die Vorlage ausgesprochen hatten: Die Reduktion der Finanzierung des Fonds um CHF 400 Mio. komme einer Schwächung des Finanzausgleichs gleich, zudem seien die Auswirkungen der Revision einseitig zulasten der Nehmerkantone verteilt, bemängelte er. Denn während die Geberkantone dadurch jährlich zwischen CHF 6 Mio. und CHF 43 Mio. einsparen könnten, müssten die Nehmerkantone jährlich Verluste zwischen CHF 6 Mio. und CHF 146 Mio. tragen. «Die Vorlage taugt nur, wenn die fiskalpolitischen Disparitäten zwischen den reichen und den armen Kantonen kleiner und nicht grösser werden», rief er den Zweck der NFA in Erinnerung. Er bat den Rat deshalb um die Unterstützung zweier Minderheitsanträge, welche den Verwendungszweck der frei werdenden Mittel des Bundes ändern und so die Verluste der ressourcenschwächsten Kantone stärker abfedern sollten.
Der erste Minderheitsantrag Fournier (cvp, VS) verlangte, den über die Jahre abnehmenden Betrag für die Abfederungsmassnahmen durch einen gleich bleibenden Durchschnittswert zu ersetzen. Die Beteuerungen von Hannes Germann, verschiedenen anderen Ständerätinnen und Ständeräten sowie von Finanzminister Maurer, wonach die Bestimmung bezüglich des über die Jahre abnehmenden Betrags den Kompromiss erst ermöglicht hätte und dieser durch diesen Minderheitsantrag gefährdet sei, bestritt Christian Levrat (sp, FR) vehement. Mit 34 zu 8 Stimmen entschied sich der Ständerat dennoch für den bundesrätlichen Vorschlag. Auch der zweite Minderheitsantrag Fournier mit der Forderung, die Abfederungsmassnahmen nicht pro Kopf, sondern entsprechend den Verlusten durch die Neuregelung zu verteilen, wurde mit 33 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt. Alle übrigen Punkte passierten die grosse Kammer diskussionslos und auch in der Gesamtabstimmung stellte sich der Ständerat deutlich hinter die Vorlage: Mit 37 zu 3 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) nahm er die Vorlage an. Die ablehnenden Voten stammten – wie bereits in der Vernehmlassung – von der Vertreterin und dem Vertreter des Kantons Jura und des Kantons Wallis, wobei der zweite Walliser Vertreter Jean-René Fournier (cvp, VS) als Ratspräsident keine Stimme abgab.

Änderung des Bundesgesetzes über den Finanz- und Lastenausgleich (BRG 18.075)
Dossier: Revision des Finanz- und Lastenausgleichs (seit 2015)

In der Wintersession 2018 lehnte der Ständerat (mit 20 gegen 12 Stimmen bei einer Enthaltung) die Standesinitiative des Kantons Genf ab, die ein 25-jähriges Moratorium für die Exploration, die Förderung und den Import von Schiefergas verlangte. Somit folgte die kleine Kammer dem Votum seiner vorberatenden UREK-SR, die unter dem für die Mehrheit der Kommission sprechenden Werner Hösli (svp, GL) auf die positiven Aspekte des Erdgases, die Schwierigkeiten bei der Umsetzung eines Schiefergasverbots aufgrund der fehlenden Herkunftsbezeichnung, die Zuständigkeit der Kantone in diesem Bereich sowie auf die bereits bestehenden gesetzlichen Grundlagen für den Schutz von Mensch und Umwelt verwies.

Import, Exploration und Förderung von Schiefergas. Schweizweites Moratorium (Kt.Iv. GE)

Im Vergleich zum Nationalrat bereinigte der Ständerat den Voranschlag 2019 in deutlich kürzerer Zeit und deutlich einhelliger: In den meisten Kommissionsanträgen folgte der Ständerat stillschweigend ohne Gegenantrag dem Entwurf des Bundesrates und schuf so einige Differenzen zum Erstrat. Diskussionslos und stillschweigend sprach sich der Ständerat auch für die vom Bundesrat beantragte und vom Nationalrat abgelehnte Aufstockung des Funktionsaufwands der EFK aus.
Länger diskutiert wurde hingegen über die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts. Hier hatte die FK-SR keine Änderung zum bundesrätlichen Vorschlag vorgesehen. Beat Rieder (cvp, VS) erklärte jedoch dem Rat im Rahmen seines Antrags die Problematik des Bundesstrafgerichts ausführlich: Mitte 2017 hatte man eine neue Berufungskammer für das Bundesstrafgericht geschaffen, die sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtsanwendung mit voller Kognition von Urteilen überprüfen soll. Aus der geringen Anzahl Fälle, mit denen gerechnet worden war, wurden alleine im Jahr 2017 über 70 Urteile, wofür die auf 300 Stellenprozente erhöhte Personalausstattung nicht ausreichte. Deshalb entschied der Nationalrat stillschweigend, für die Berufungskammer eine eigene Budgetposition zu schaffen und diese um CHF 1 Mio. auf CHF 2.9 Mio. aufzustocken. Mit seinem Einzelantrag beabsichtigte Rieder, diesbezüglich dem Nationalrat zu folgen. Ulrich Meyer, Präsident des Bundesgerichtes, begrüsste im Namen des Bundesgerichts die Änderung des Nationalrats. In der Folge beantragte Hannes Germann (svp, SH) als Präsident der FK-SR den Rückzug des Mehrheitsantrags, wogegen die übrigen Kommissionsmitglieder keine Einwände äusserten und wodurch der Antrag Rieder angenommen wurde.
Die andere grössere Debatte drehte sich um die Frage, welche Beträge zu den verschiedenen WBF-Positionen genau «Dittli-konform» (Anita Fetz, sp, BS) sind, also mit der Motion von Josef Dittli (fdp, UR; Mo. 16.3705) übereinstimmen, gemäss der die Teuerung nur ausgeglichen werden soll, wenn sie anfällt. Finanzminister Maurer bat den Rat diesbezüglich, auf die vorgeschlagenen Erhöhungen der Beträge – die FK-SR schlug in zwei Fällen einen Mittelweg zwischen Bundesrat und Nationalrat vor und sprach sich ansonsten für die von der grossen Kammer vorgenommenen Korrekturen aus – zu verzichten. Man habe die Teuerung bei der ganzen Verwaltung entsprechend der Motion Dittli herausgerechnet; es sei daher nicht fair, hier die Beträge wieder um die Teuerung zu erhöhen. Dem widersprach jedoch Anita Fetz: Ein rückwirkender Teuerungsausgleich, wie ihn der Bundesrat vorgenommen habe, sei nicht Teil der Motion Dittli. Jedoch habe man im Vergleich zum Nationalrat die aktuelle Teuerung herausgerechnet, wodurch die teilweise unterschiedlichen Anträge zur grossen Kammer zu erklären seien. Trotz der Beteuerungen des Finanzministers, dass die Teuerung bei allen Budgetpositionen gleichermassen berücksichtigt worden sei, nahm der Ständerat sämtliche Mehrheitsanträge der Finanzkommission zum WBF an und schuf dadurch auch einige Differenzen zum Nationalrat.
Kurios mutete schliesslich ein Antrag Hösli (svp, GL) an: Ebenso wie ein im Nationalrat unterlegener Minderheitsantrag Gmür (cvp, SZ) forderte dieser den Verzicht auf die Aufstockung des Grenzwachtkorps, obwohl die SVP-Fraktion im Nationalrat die von der FK-NR vorgeschlagene Aufstockung klar befürwortet hatte. Werner Hösli begründete den Antrag damit, dass die Standesinitiativen mit Forderung einer Aufstockung des Grenzwachtkorps aus dem Jahr 2015 stammten, «als sich unsere Grenzbevölkerung zu Recht in ihrer Sicherheit gefährdet sah». Dies sei jetzt aber nicht mehr der Fall und da durch die Zusammenlegung der operativen Einheiten von Grenzwachtkorps und Zoll und der Einführung von DAZIT im administrativen Bereich Personal gespart werden könne, brauche es diese Aufstockung nicht. Dem stimmte auch Finanzminister Maurer zu und staunte über die «verkehrte Welt»: «Normalerweise wollen Sie uns Stellen, die wir Ihnen beantragen, streichen. Hier wollen Sie uns Stellen geben, die wir eigentlich nicht brauchen.» Der Ständerat sprach sich jedoch in Übereinstimmung mit dem Nationalrat ebenfalls für die Finanzierung der 44 neuen Stellen aus, tat dies mit 21 zu 20 Stimmen bei 1 Enthaltung jedoch deutlich knapper als die grosse Kammer.
Ansonsten stimmte der Ständerat dem Erstrat bei zahlreichen Budgetpositionen zu. Unter anderem stimmte er für die Aufstockung der Budgets des Alpinen Museums Schweiz, der internationalen Sportanlässe zur Durchführung der Rad-WM in Aigle sowie der Sicherheitsuntersuchungsstelle, deren Erhöhung der Bundesrat in einer Nachmeldung aufgrund des Unfalls der Ju-Air beantragt hatte. Differenzen schuf er unter anderem bezüglich des BAG, der Sozialhilfe für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge, des Zivildienstes und des Sach- und Betriebsaufwands, bei denen der Ständerat entsprechend dem bundesrätlichen Vorschlag mehr Geld sprechen wollte als der Nationalrat. Bei der Landwirtschaft und diversen Bildungspositionen hatte sich der Nationalrat grosszügiger gezeigt als die Ständekammer.
Einstimmig mit 42 zu 0 respektive 43 zu 0 Stimmen nahm der Ständerat sämtliche zum Budget gehörigen Bundesbeschlüsse an.

Voranschlag 2019 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2020-2022 (BRG 18.041)
Dossier: Schaffung einer Berufungskammer am Bundesstrafgericht
Dossier: Bundeshaushalt 2019: Voranschlag und Staatsrechnung

Die im Nationalrat angenommene Motion zu einem korrekten Einsatz der Bundesgelder für die Kugelfangsanierung wurde von der UREK-SR ebenfalls gutgeheissen. In ihrer Sitzung von Ende Oktober 2018 beantragte sie ihrem Rat mit neun zu einer Stimme, die Motion ebenfalls anzunehmen. Ausschlaggebend war auch in der Kommission, dass die pauschalisierte Abgeltung nicht für alle Schiessanlagen eine genügende finanzielle Unterstützung bedeutete. Der Antrag von Motionär Salzmann (svp, BE) auf eine Rückkehr zur prozentualen Abgeltung in der Höhe von 40 Prozent der tatsächlich anfallenden Kosten wurde deshalb begrüsst.
Weitgehend unbestritten blieb das Geschäft dann auch in der Plenardebatte. Kommissionssprecher Hösli (svp, GL) beschränkte sich im Grunde auf die Vorzüge der anvisierten Neuregelung. Einziger Wermutstropfen sei die Benachteiligung jener Kantone und Gemeinden, die bereits Sanierungen vorgenommen hätten. Diese hätten auch bei einer Neuregelung kein Anrecht auf eine rückwirkende höhere Kostenerstattung. Der Genfer Standesvertreter Cramer (gp, GE) ergriff daraufhin das Wort und bekannte sich zu der einen Gegenstimme in der Kommission. Genau in der ausbleibenden rückwirkenden Anpassung des Gesetzes ortete er eine Ungleichbehandlung. Dies sei frustrierend für die Musterschüler, die ihre Aufgaben auch ohne Anreize bereits erledigt hätten. Dies gesagt, verzichtete er jedoch auf einen Gegenantrag. Auch Umweltministerin hielt fest, dass hier die Spielregeln während des Spiels geändert würden, gab aber ihre Zustimmung zur Motion, weil der Handlungsbedarf auch innerhalb der Verwaltung erkannt worden sei. Stillschweigend folgte der Ständerat seiner Kommission und der Volkskammer, womit die Motion überwiesen war.

Korrekter Einsatz der Bundesgelder für die Kugelfangsanierung (Mo. 18.3018)
Dossier: Schiess- und Schützenwesen

Zum Abschluss seiner politischen Karriere wurde Jean-René Fournier (cvp, VS) ins Ständeratspräsidium gewählt. 1985 war er ins Walliser Parlament gewählt worden. Ab 1997 gehörte er der Kantonsregierung an, wo er auch noch zwei Jahre verblieb, nachdem er 2007 in den Ständerat gewählt worden war. Zum vierten Mal in der Geschichte des Bundesstaates präsidierte damit ein Walliser die kleine Kammer. Fournier erhielt 41 von 42 gültigen Stimmen, zwei der 45 ausgeteilten Wahlzettel blieben leer und auf einem stand ein anderer Name. Die scheidende Präsidentin, Karin Keller-Sutter (fdp, SG), dankte ihrem Nachfolger für die gute Zusammenarbeit. In seiner Rede gab Fournier den Dank zurück und lobte die St. Gallerin für ihre effiziente Arbeit und wünschte ihr – im Hinblick auf die anstehende Wahl in den Bundesrat – Glück für ihre weitere Arbeit.
Zum ersten Vizepräsidenten und damit zum voraussichtlichen Nachfolger Fourniers wurde Hans Stöckli (sp, BE) bestimmt. Der Bieler erhielt 34 von 40 gültigen Stimmen. Von den 43 ausgeteilten Wahlzetteln kamen 2 leer und einer ungültig zurück. Auf 6 Bulletins standen andere Namen. Als amtierende zweite Vizepräsidentin wäre eigentlich Géraldine Savary (sp, VD) für das erste Vizepräsidium an der Reihe gewesen. Da sie aber angekündigt hatte, bei den Wahlen 2019 nicht mehr anzutreten, kam Stöckli zum Handkuss, was die für ständerätliche Verhältnisse doch recht bescheidene Stimmenzahl zu erklären vermag. Zum zweiten Vizepräsidenten wurde Alex Kuprecht (svp, SZ) gewählt. Er erhielt 40 von 42 Stimmen, zwei der 44 ausgeteilten Wahlzettel blieben leer und auf zwei weiteren stand ein anderer Name als der des Schwyzers. In der Folge wurden Thomas Hefti (fdp, GL) zum Stimmenzähler (43 ausgeteilte Wahlzettel, 1 leer, 42 für Hefti) und Brigitte Häberli-Koller (cvp, TG) zur Ersatzstimmenzählerin gewählt (44 ausgeteilte Wahlzettel, 2 leer, 1 Diverse, 41 Stimmen für Häberli-Koller). Damit war das Büro-SR für das letzte Jahr der 50. Legislatur besetzt.

Wahl ins Ständeratspräsidium 2018/19
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Le 25 septembre 2019, le Conseil des États s'est penché sur la question de l'huile de palme dans les accords de libre-échange négociés avec l'Indonésie et la Malaisie. La chambre haute a ainsi évoqué de manière concomitante la motion déposée par le conseiller national Jean-Pierre Grin (udc, VD), les initiatives thurgovienne (17.317) et genevoise (18.303), ainsi que la proposition de la CPE-CE (18.3717) en réponse aux interventions précitées.
En ce qui concerne la motion Grin, les sénateurs ont suivi l'avis d'une majorité de leur commission de politique extérieure et rejeté le texte intitulé «Négociations avec la Malaisie, sans l'huile de palme!» Avec 20 voix pour, 20 contre et 3 abstentions, le vote prépondérant de la présidente Karin Keller-Sutter (plr, SG) aura finalement fait pencher la balance en faveur du non.
La proposition Cramer (verts, GE) est ainsi balayée. En faveur de l'adoption de la motion, l'élu genevois a notamment tenu à rappeler que le but du texte était non pas d'interdire de manière stricte et définitive l'importation de l'huile de palme, mais plutôt d'éviter que son commerce n'en soit facilité, notamment par la mise en place d'avantages douaniers. Le représentant des Verts avançait également l'argument de l'efficacité de traitement. En effet, étant donné que la motion Grin avait auparavant déjà été adoptée par le Conseil national, l'aval de la chambre des cantons aurait permis à la problématique de l'huile de palme dans les accords de libre-échange d'être sans plus attendre soumise au Conseil fédéral. En comparaison, les initiatives déposées par les cantons de Genève et de Thurgovie sont sujettes à une procédure parlementaire aussi longue que fastidieuse.

Négociations avec la Malaisie, sans l'huile de palme!
Dossier: Palmöl im Mittelpunkt der Freihandelsverhandlungen mit Malaysia und Indonesien
Freihandelsabkommen

Nachdem der Bundesrat in seiner Botschaft vom Mai 2018 vorgeschlagen hatte, das derzeit befristete Wasserzinsmaximum doch nicht auf CHF 80 pro Kilowatt Bruttoleistung zu senken, sondern dieses in der Höhe von CHF 110 bis ins Jahr 2024 beizubehalten, zeigte sich im August auch die UREK-SR mit zehn zu zwei Stimmen mit diesem Entscheid einverstanden. Eine Senkung des Wasserzinsmaximums hätte gemäss deren Befürwortern den Vorteil, dass Wasserkraftwerksbetreiber entlastet und Arbeitsplätze in den Bergregionen gesichert würden. Dem gegenüber standen jedoch die Randregionen, die in der Vernehmlassung ein finanzielles und regionalpolitisches Interesse an angemessen hohen Wassernutzungsentschädigungen geltend gemacht hatten. Im Zentrum der bundesrätlichen Vorlage steht erstens die Änderung des Wasserrechtsgesetzes mit der Weiterführung des oben erwähnten Zinses bis ins Jahr 2024. Zweitens soll gleichzeitig die von der nationalrätlichen Energiekommission eingereichte Motion (14.3668) zur Wasserzinsregelung nach 2019 abgeschrieben werden. Als dritter Punkt sah der Bundesrat in seinem Entwurf vor, dass bei Investitionen in Wasserkraftanlagen die Wasserzinsen für einen Zeitraum von zehn Jahren entfallen sollen. Damit soll ein gewisser Fördermechanismus für den Ausbau der Wasserkraft Einzug haben. Als vierter Punkt sollen die Behördenzuständigkeiten bei der Wasserkraftnutzung von Grenzgewässern präzisiert werden. Mit diesen vier Vorschlägen des Bundesrates zeigte sich eine Mehrheit der Kommission einverstanden. In Ergänzung zum bundesrätlichen Entwurf verlangte die Kommissionsmehrheit jedoch fünftens, dass nach 2024 bei der Regelung der Wasserzinsabgabe ein fixer und ein variabler Teil erarbeitet werden soll. Als letztes Element der Vorlage verlangte die Kommissionsmehrheit zusätzlich, dass die bestehenden Regelungen weitergeführt werden sollten, falls in der Revision des StromVG kein marktnahes Strommarktmodell termingerecht in Kraft treten würde. Die UREK-SR nahm die gesamte Vorlage schliesslich einstimmig bei einer Enthaltung an.

Obwohl es sich bei dieser Vorlage nur um eine Übergangsvorlage handelte, sorgte das Thema Wasserrechtsgesetzesänderung in der Herbstsession 2018 im Ständerat für viel Diskussionsstoff. Dabei wurden drei grosse Konflikte ersichtlich: Der erste Konflikt behandelte die Frage nach der Höhe des Wasserzinsmaximums selber. Eine Kommissionsminderheit Luginbühl (bdp, BE) plädierte im Rat dafür, das Maximum in Art. 49 Abs. 1 WRG nicht bei CHF 110 zu belassen, sondern dieses auf CHF 90 zu senken. Die Minderheit begründete dies damit, dass die Probleme der Wasserkraft nicht einfach nur auf ruinöse Unternehmensstrategien zurückzuführen seinen, wie dies gemäss Martin Schmid (fdp, GR) die Mehrheit der Kantone in der Vernehmlassung angedeutet hatte, sondern die Wasserzinsabgaben mit einem Anteil von beinahe einem Drittel der Gestehungskosten einfach zu hoch seien und die Wasserkraftwerke dadurch belasteten. Mit einer Senkung des Wasserzinses und der damit verbundenen Unterstützung der Unternehmen könnten zudem Arbeitsplätze in den Randregionen gesichert werden. Im internationalen Vergleich sei die Abgabe zudem viel zu hoch und die Idee des Wasserzinses, einer Abgabe der Konsumenten an die Berggebiete, sei schon in der NFA eingebunden. Gerade letzteres Argument konterte aber beispielsweise Thomas Hefti (fdp, GL) vehement und unterstrich, man dürfe die NFA und den Wasserzins nicht gegeneinander ausspielen, da dies zwei völlig verschiedene Instrumente seien.
Befürworter der 110-Franken-Obergrenze deuteten darauf hin, dass die jeweiligen Kantone nicht gezwungen seien, die CHF 110 einzufordern. Sie könnten auch einen viel tieferen Wasserzins berechnen, um die Wasserkraftwerke nicht aufs Spiel zu setzen und sich dadurch selber zu schaden. Genannt wurden in der Diskussion beispielsweise die Kantone Jura mit einem sehr tiefen Wasserzins von nur CHF 40 oder der Kanton Waadt mit CHF 80. Einige Ratsmitglieder waren zudem der Meinung, dass eine Senkung des Wasserzinses die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen nicht stärke und man vielmehr auch auf das interne Verrechnungswesen schauen müsse.
Die zwei weiteren Konflikte fanden sich in Art. 49 Abs. 1bis WRG. Gegenüber dem Entwurf des Bundesrates hatte die Kommissionsmehrheit – wie schon in der Einleitung angedeutet – zwei zentrale Änderungen vorgenommen. Eine davon war, dass sie im Gesetz verankern wollte, dass der Bundesrat für die Zeit nach dem 1. Januar 2025 den Wasserzins aus einem fixen und einem variablen Teil zusammenzusetzen habe. Bei guter Geschäftslage würden so dank des variablen Teils den Bergkantonen grössere Einnahmen zukommen, während in schlechten Zeiten die Wasserkraftunternehmen weniger stark mit den Wasserzinsen belastet würden. Auch Bundesrätin Doris Leuthard begrüsste die Festlegung dieser Ausgestaltungsvariante, da die Wissenschaft schon jetzt erklärte, dass dies wohl die beste Variante sei und der Bund so viel Aufwand einsparen könnte. Eine Minderheit Hösli (svp, GL) beantragte dem Rat jedoch, dem Bundesrat keine Vorgabe bei der Ausgestaltung des zukünftigen Wasserzinses im Rahmen der Revision des StromVG zu machen.
Zuletzt gab auch die von der Kommissionsmehrheit ergänzte Klausel im selben Absatz zu reden, die besagt, dass das aktuelle Wasserzinsmaximum automatisch ab dem 1. Januar 2025 verlängert würde, sollte das neue Strommarktmodell nicht rechtzeitig in Kraft treten. Gegen eine solche, ihrer Meinung nach überflüssige, automatische Weiterführung des bisherigen Regimes wehrten sich Roland Eberle (svp, TG) sowie Robert Cramer (gp, GE). Diese Klausel sei ein falscher Anreiz, kein neues Marktmodell zu schaffen, da den Bergkantonen bei einer Verweigerung neuer Marktmodelle eine Weiterführung der bisherigen Praxis gesichert wäre. Für diese Automatisierung sprach sich hingegen unter anderen Werner Hösli aus. Er argumentierte, dies sei eine unbürokratische und effiziente Lösung, die eine erneute Debatte um den Wasserzins bei Ausstehen eines neuen Marktmodells verhindern könne.
In den Detailabstimmungen folgte die Mehrheit der kleinen Kammer in allen Anliegen der Kommissionsmehrheit. So sprach sich der Ständerat mit 30 zu 13 Stimmen dafür aus, das Wasserzinsmaximum bei CHF 110 zu belassen. Betreffend die Einführung des flexiblen Wasserzinses fand sich eine knappe Mehrheit mit 22 gegen 20 Stimmen. Die automatische Verlängerung des Wasserzinsmaximums erachteten 20 Ständerätinnen und Ständeräte als sinnvoll, während sich 15 gegen eine solche aussprachen und fünf sich in dieser Frage enthielten. Stillschweigend folgte der Rat in den übrigen Bestimmungen dem Antrag der UREK-SR und schrieb auf Vorschlag des Bundesrates die Motion der UREK-NR (Mo. 14.3668) ab. In der Gesamtabstimmung herrschte nebst fünf Enthaltungen aber Einigkeit.

Modification de la loi sur les forces hydrauliques (MCF 18.056)
Dossier: Sicherungsmassnahmen für den Erhalt der Schweizer Wasserkraft ab dem Jahr 2015
Dossier: Wasserzins nach 2019

Nachdem der Nationalrat in der Sommersession 2018 die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Waffengesetzes zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie (2017/853) in einigen Punkten abgeschwächt und damit gemäss Bundesrätin Simonetta Sommaruga «nicht mehr richtlinienkonform» entschieden hatte, kam das Geschäft zur Vorberatung in die SiK-SR. Deren Sprecher Josef Dittli (fdp, UR) erklärte im Herbst 2018 vor dem Ständeratsplenum, sie habe erneut die KKJPD, die KKPKS sowie den Schweizer Schiesssportverband (SSV) zum laufenden Gesetzgebungsprojekt angehört und in ihrer Beratung schliesslich einen Kompromiss zwischen den Ansprüchen von Schengen/Dublin und jenen der Schützen gesucht, der die Spielräume der EU-Richtlinie ausnutze, aber nicht gegen sie verstosse.
Der Ständerat trat ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein. Als ersten Teil der eingangs beschriebenen Kompromisslösung beantragte die SiK-SR ihrem Rat einstimmig, wie vom Nationalrat beschlossen die Ordonnanzwaffen, die von Armeeangehörigen am Ende des Dienstes direkt aus den Beständen der Militärverwaltung zu Eigentum übernommen werden, nicht als verbotene Waffen zu kategorisieren. Mit 29 zu 15 Stimmen schloss sich der Ständerat in dieser Frage dem Nationalrat an.
In anderen Punkten ortete die SiK-SR jedoch Korrekturbedarf am Beschluss des Nationalrates, um den Anforderungen der EU-Richtlinie zu entsprechen, so etwa betreffend die Regelung des Erwerbs und Besitzes von Ladevorrichtungen mit hoher Kapazität. Der Nationalrat hatte hier grossen administrativen Aufwand und keinen Nutzen gesehen und schliesslich ganz auf eine Regelung verzichtet. Laut Kommissionssprecher Dittli schreibt die EU-Richtlinie jedoch vor, dass grosse Magazine nur von Personen erworben werden dürfen, die auch die dazugehörigen Waffen erwerben dürfen. Der Beschluss des Nationalrates sei somit nicht richtlinienkonform und müsse korrigiert werden. Die SiK-SR schlug ihrem Rat hierzu vor, die grossen Magazine im Gesetz nicht wie Munition zu regeln – das hatte der Bundesrat ursprünglich vorgesehen, jedoch war die damit zusammenhängende Buchführungspflicht für die Händler im Nationalrat kritisiert worden. Stattdessen wollte sie ein eigenes Kapitel über den Erwerb und Besitz von Ladevorrichtungen mit hoher Kapazität einfügen, in dem festgehalten wird, dass solche nur von Personen erworben werden dürfen, die zum Erwerb der entsprechenden Waffe berechtigt sind sowie dass zu deren Besitz berechtigt ist, wer sie rechtmässig erworben hat. Bei diesem Vorschlag entfiele die Buchführungspflicht und grosse Magazine könnten unbürokratisch nach Vorlage der Ausnahmebewilligung oder des Waffenerwerbsscheins erworben werden. Nachdem sich auch Justizministerin Sommaruga mit dieser Regelung einverstanden erklärt hatte, nahm sie der Ständerat stillschweigend an. Ebenfalls als nicht richtlinienkonform hatte die SiK-SR den Entscheid des Nationalrates gegen die Markierung von wesentlichen Waffenbestandteilen bewertet. Dieser hatte auch hier unnötigen administrativen Aufwand gesehen und deshalb beim geltenden Recht bleiben wollen, wonach bei zusammengebauten Feuerwaffen die Markierung eines wesentlichen Bestandteils genügt. Die EU-Richtlinie verlange jedoch bei einem Neuerwerb die Markierung aller wesentlichen Waffenbestandteile, begründete Dittli den Antrag der Kommission, hier dem Bundesrat zu folgen, was der Ständerat schliesslich auch tat.
Keine Frage der Konformität mit der EU-Richtlinie war jene, ob den Kantonen bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen an Sportschützen mittels einer Kann-Formulierung ein gewisser Ermessensspielraum im Sinne des Föderalismus zugestanden werden soll oder ob mit einer Muss-Formulierung schweizweit für alle Sportschützen die gleichen Bedingungen festgehalten werden sollen, wie es der Nationalrat beschlossen hatte. Mit 24 zu 21 Stimmen nahm die kleine Kammer einen diesbezüglichen Einzelantrag Engler (cvp, GR) an und folgte dem Nationalrat; damit müssen die Kantone allen Sportschützen eine Ausnahmebewilligung erteilen, die nachweisen, dass sie Mitglied in einem Schiessverein sind oder sonst regelmässig schiessen, und dürfen keine zusätzlichen Anforderungen stellen. Ebenfalls einverstanden zeigte sich der Ständerat damit, dass dieser Nachweis einmal nach fünf und ein weiteres Mal nach zehn Jahren erbracht werden muss. Bei der allgemeinen Bestimmung für Ausnahmebewilligungen – nicht jener speziell für Sportschützen – hingegen, schwenkte die Ständekammer auf die bundesrätliche Kann-Formulierung zurück, um über das Waffengesetz hinausgehende kantonale Vorschriften nicht zu verunmöglichen.
Mit einer letzten Änderung kam der Ständerat noch einmal den Schützen entgegen, indem er die Bestätigungspflicht für vor dem Inkrafttreten des Waffengesetzes erworbene, neu verbotene Waffen in eine einfache Meldepflicht umwandelte. Ein Einzelantrag Hösli (svp, GL), der komplett auf eine Meldung oder Bestätigung verzichten und stattdessen das Prinzip der Besitzstandswahrung festschreiben wollte, blieb mit 10 zu 31 Stimmen bei 2 Enthaltungen chancenlos. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den Gesetzesentwurf mit 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen an und gab ihn zurück an den Nationalrat zur Differenzbereinigung.
War es nach der Debatte im Erstrat ProTell gewesen, die mit dem Referendum drohte, war es nach der Beratung im Ständerat die AUNS, die ankündigte, sie werde das Referendum unterstützen oder wenn nötig selbst ergreifen – es gehe um «die Selbstbestimmung der unabhängigen Schweiz», so der Wortlaut in der entsprechenden Mitteilung. Während sich die SVP als «Unterstützerin im Hintergrund» am Referendum beteiligen wolle, hätten indes der SSV und die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) diesbezüglich noch keinen Entscheid gefällt.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Bundesrätin Leuthard gab sich im Ständerat überrascht über den Bericht der KVF-SR zur Motion «Nationales Bus-Terminal-Konzept» der KVF-NR. Es seien gerade Kantonsvertreter und der Städteverband gewesen, die mit dem Wunsch nach Unterstützung an sie herangetreten waren, weshalb sie die Argumentation der KVF-SR und den Antrag zur Ablehnung der Motion nicht nachvollziehen könne, gab Bundesrätin Leuthard zu Protokoll. Die KVF-SR hatte im April entschieden, ihrem Rat die Ablehnung zu empfehlen, um die Kompetenzenordnung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden nicht zu stören. Die Verkehrsministerin vermutete hinter der ablehnenden Haltung generelle Bedenken gegenüber dem Fernbus-Verkehr und pries den Bund als Dienstleister an: Der Bund wolle bloss den Kantonen und Städten dabei helfen, Planung, Bau und Betrieb von Bus-Terminals zu koordinieren.
Ohne weitere Voten schritt die kleine Kammer zur Abstimmung, in der beim Stand von 19 gegen 19 Stimmen (bei einer Enthaltung) Ständeratspräsidentin Keller-Sutter (fdp, SG) mit dem Stichentscheid die Annahme der Motion erreichte. Einem Ordnungsantrag von Ständerätin Savary (sp, VD), die vermutete, es hätten mehrere Ratsmitglieder fälschlicherweise zugestimmt, wurde stattgegeben. Und in der Tat änderte sich der Entscheid in der Neuauflage der Abstimmung: Nur 7 Stimmen nahmen die Motion an, 31 Stimmen lehnten sie ab (2 Enthaltungen) – womit die Motion vom Tisch war.

Nationales Bus-Terminal-Konzept

Mittels Postulat forderte die SGK-SR den Bundesrat auf, einen Bericht mit Empfehlungen für eine bessere Betreuung und Behandlung von Menschen am Lebensende auszuarbeiten. Dabei soll auf Themen wie Palliativ Care, ihre nachhaltige Sicherstellung in der ganzen Schweiz, ihre Finanzierung sowie Zugang zu dieser für alle Menschen eingegangen werden. Zudem sollen die gesundheitliche Vorausplanung, die Sensibilisierung der Bevölkerung und der allfällige vom Bundesrat vorgesehene Regulierungsbedarf in den Bericht einfliessen. Hintergrund des Postulats waren die Ergebnisse des Nationalen Forschungsprogramms 67 zum Thema «Lebensende».
Bedingt durch die höhere Lebenserwartung nehme der Bedarf nach Angeboten für eine würdige letzte Lebensphase und ein würdiges Sterben zu, so Paul Rechsteiner (sp, SG) für die Kommission während der Ständeratsdebatte in der Sommersession 2018. Man müsse dabei jedoch nicht am Nullpunkt beginnen, da durch die nationale Strategie Palliative Care 2010-2015 bereits viel Vorarbeit geleistet worden sei. Während Werner Hösli (svp, GL) das Postulat in einigen Punkten kritisierte – unter anderem würde mit dem Postulat ein teurer Markt für das schmerzlose Sterben angepeilt und der Titel des Vorstosses trage der hervorragenden Arbeit, die in diesem Gebiet getätigt werde, keine Rechnung –, sprach sich Alain Berset im Namen des Gesamtbundesrates für das Geschäft aus. Es sei bereits einiges in diesem Bereich gemacht worden, trotzdem gebe es noch wichtige medizinische und ethische Herausforderungen, die bewältigt werden müssten wie zum Beispiel die Förderung des Zugangs zu Palliativmedizin für Menschen, die den Rest ihres Lebens zuhause verbringen wollen. Zudem dürfe man die Komplexität in diesem Gebiet und die hohen Anforderungen an die beteiligten Fachleute nicht unterschätzen. Stillschweigend nahm der Ständerat das Postulat an.

Bessere Betreuung und Behandlung von Menschen am Lebensende (Po. 18.3384)
Dossier: Palliative Care

Ausführlichere Diskussionen als zur anderen, zeitgleich eingereichten Motion der SVP-Fraktion zur Analyse und Reduktion der gebundenen Ausgaben führten die FK-SR sowie der Ständerat zur Motion für eine umfassende Aufgabenprüfung bei den Staatsausgaben. Zuerst entschied die FK-SR, den letzten Satz der Motion zu streichen, da ihr nicht klar war, ob dieser eine Reduktion der Staatsausgaben um fünf Prozent oder um fünf Prozentpunkte beinhaltete. Dieser modifizierte Vorschlag scheiterte jedoch mit 5 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung in der Kommission, worauf eine Minderheit Hösli (svp, GL) Annahme der vom Nationalrat gutgeheissenen Version beantragte, da Kommissionsminderheiten im Zweitrat keine geänderten Versionen einreichen können.
Die Kommissionsmehrheit begründete ihre ablehnende Haltung damit, dass das Parlament zwar Sparen im Allgemeinen üblicherweise befürworte, konkrete Sparvorhaben aber jeweils am Widerstand der betroffenen Kreise scheiterten. In der Ständeratsdebatte bekräftige Finanzminister Maurer letzteren Punkt noch einmal: So hätte man in derselben Woche bei der Debatte um Agroscope mit einer kleinen Korrektur einen grossen Effizienzgewinn erzielen können, aber durch Annahme der Motion darauf verzichtet. Er bat daher den Rat darum, die Motion der SVP-Fraktion abzulehnen und stattdessen bei den geplanten strukturellen Reformen mit 62 konkreten Massnahmen Hand zu bieten. Der Ständerat folgte diesem Antrag und lehnte die Motion mit 16 zu 23 Stimmen ab.

Durchführung einer umfassenden Aufgabenüberprüfung bei den Staatsaufgaben

Die Genehmigung der abgeänderten Motion zum Leistungsvertrag mit dem Nationalen Pferdezentrum Bern respektive zum Bestand der Armee-Reitpferde war im Ständerat nur noch Formsache. Nachdem der Nationalrat quasi einen Kompromissvorschlag verabschiedet hatte und die WBK des Ständerates diesem folgen wollte, stand die Motion Fournier (cvp, VS) in der Sommersession 2018 im Ständeratsplenum auf der Tagesordnung. Die Kommission beantragte mit 7 zu 3 Stimmen, der nationalrätlichen Version zuzustimmen, auch weil sich der Bundesrat dafür ausgesprochen hatte. Damit signalisierte die Kommission ihre Haltung, dass die Pferde sowohl für militärische als auch für kulturelle Belange von wesentlicher Relevanz seien.
Die Kantonsvertreterinnen und -vertreter folgten diesem Antrag nach einer nur kurzen, dafür heiteren Debatte. Kommissionssprecherin Seydoux (cvp, JU) berichtete über den gefassten Beschluss der Volkskammer und dem dort vorgesehenen, verkleinerten Pferde-Bestand von 55 Tieren. Mit mässigem Enthusiasmus hatte der zuständige Verteidigungsminister damals diese Korrektur zur Kenntnis genommen und Ratspräsidentin Keller-Sutter (fdp, SG) erteilte dem Magistrat das Wort mit der Anmerkung, dass nun auch der Ständerat seinen Enthusiasmus testen werde. Die damit ausgelöste Heiterkeit kulminierte in Parmelins Anmerkung, man habe die 10 Pferde, die aus dem Bestand gestrichen werden, übrigens nicht gegessen.

Leistungsvertrag mit dem Nationalen Pferdezentrum Bern

Von einem «halben Wunder» (Christian Levrat, sp, FR) über eine «Schnapsidee» (Michael Hermann im Tages-Anzeiger) bis hin zu einem «Affront gegen die direkte Demokratie» (Michael Schönenberger in der NZZ) reichten die Beurteilungen des Coups der WAK-SR. Diese hatte in der Pressekonferenz nach ihrer ersten Sitzung zur Steuervorlage 17 alle überrascht, indem sie sich einstimmig für einen eigenen, neuen Vorschlag zur SV17 ausgesprochen hatte: Als soziale Ausgleichsmassnahme soll nicht mehr wie vom Bundesrat vorgeschlagen der Mindestansatz für das Kindergeld erhöht, sondern mehr Geld für die AHV zur Verfügung gestellt werden. Pro Franken, der durch die Steuererleichterungen für Unternehmen weniger an Steuereinnahmen generiert wird, soll ein Franken in die AHV fliessen. Da die WAK-SR mit Kosten von CHF 2.1 Mrd. rechnet, soll entsprechend derselbe Betrag der AHV zu Gute kommen, was diese finanziell bis 2024 oder 2025 absichern soll. Dazu sollen zukünftig das ganze Demografieprozent der Mehrwertsteuer in die AHV fliessen (CHF 520 Mio.) und der Bundesbeitrag an die AHV von 19.55 auf 20.2 Prozent (CHF 300 Mio.) sowie die Lohnbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern um je 0.15 Prozentpunkte erhöht werden (CHF 1.2 Mrd.). Dies war jedoch nicht die einzige Neuerung der Kommission: Bei der Gegenfinanzierung reduzierte sie die minimale kantonale Dividendensteuer von 70 auf 50 Prozent, was ungefähr CHF 300 Mio. kostet. Damit soll ein Referendum des SGV oder von Swiss Family Business verhindert werden. Stattdessen soll das Kapitaleinlageprinzip (KEP) mit einer Rückzahlungsregel und einer Teilliquidationsregel eingeschränkt werden: Zukünftig sollen Reserven aus Kapitaleinlagen höchstens in dem Umfang steuerfrei ausgeschüttet werden können, in dem auch steuerbare Dividendenzahlungen vorgenommen werden (Rückzahlungsregel). Beim Rückkauf eigener Aktien müssen solche Reserven zudem im gleichen Umfang reduziert werden wie die Gewinnreserven (Teilliquidationsregel). Diese Regelung gilt jedoch nur für in der Schweiz kotierte Firmen, nicht aber für Kapitaleinlagereserven, die innerhalb eines Konzerns zurückbezahlt werden oder die im Rahmen eines Zuzugs in die Schweiz nach Inkrafttreten der Unternehmenssteuerreform II entstanden sind. Dies soll Bund und Kantonen Mehreinnahmen von CHF 150 Mio. generieren. Auch die sogenannte Lex Zürich soll nun doch eingeführt werden, wobei die zinsbereinigte Gewinnsteuer in «Abzug für Eigenfinanzierung» umbenannt wird und nur Hochsteuerkantonen, in denen die effektive Steuerbelastung für Unternehmen auf allen drei Ebenen über 18.03 Prozent liegt – konkret also nur dem Kanton Zürich –, zur Verfügung stehen soll.

Entstanden war der Kompromiss der Kommission gemäss «NZZ am Sonntag» und Tages-Anzeiger durch Verhandlungen der «Schattenregierung aus dem Stöckli», wie es die «NZZ am Sonntag» formulierte: Der Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber soll die Initiative ergriffen und Ständeratspräsidentin und Kontaktfrau zum Arbeitgeberverband Karin Keller-Sutter (fdp, SG), SP-Präsident Christian Levrat, Kommissionspräsident Pirmin Bischof (cvp, SO), Ruedi Noser (fdp, ZH) als Kontakt zu Economiesuisse sowie Gewerkschaftspräsident Paul Rechsteiner (sp, SG) ins Boot geholt haben. Sie alle seien sich der Relevanz der SV17 und der sozialpolitischen Kompensation bewusst gewesen, hätten aber die Erhöhung der Kinderzulagen für ein untaugliches Instrument gehalten und sich vor einem Referendum – sei es von bürgerlicher Seite aufgrund der Erhöhung der Dividendenbesteuerung und der Kinderzulagen oder von linker Seite wegen der geplanten Steuerrabatte – gefürchtet. In der Kommission sei man sich daher einig gewesen, dass man einen Kompromiss finden müsse, der von allen grossen Parteien und Organisationen mitgetragen werde. Trotz grosser inhaltlicher Unterschiede hätten sich alle dreizehn Mitglieder der WAK-SR einstimmig für das vorgeschlagene Konzept ausgesprochen.

Die bürgerlichen Parteien und Verbände zeigten sich von diesem Kompromiss nicht begeistert. Die SVP, die GLP, Economiesuisse und der Arbeitgeberverband beanstandeten die Vermischung des Finanz- und Gesundheitsdossiers und sprachen sich gegen sachfremde Verknüpfungen aus. Diese würden es den Bürgern verunmöglichen, sich frei für oder gegen die verschiedenen Elemente des Deals zu entscheiden. Eine «Verknüpfung sachfremder Themen grenzt an Nötigung des Stimmvolks», betonte Jürg Grossen (glp, BE). In den Medien und im Parlament war man sich zudem nicht sicher, ob eine solche Verknüpfung verfassungsrechtlich zulässig sei; verschiedene Parlamentarierinnen und Parlamentarier betonten, dass eine entsprechende Volksinitiative wohl wegen fehlender Einheit der Materie für ungültig erklärt werden würde. Die WAK-SR hatte diesbezüglich ein schriftliches Gutachten beim Bundesamt für Justiz (BJ) eingeholt, welches den Kompromiss für «vertretbar» hielt. Zwar gelte das Gebot der Einheit der Materie auch bei Gesetzesvorlagen, solle dort aber «nicht mit derselben Strenge gehandhabt werden [...] wie bei Teilrevisionen der Verfassung», erklärte das BJ. Das Gesetzgebungsverfahren sei strukturell einer Totalrevision, bei der die Einheit der Materie nicht relevant sei, näher als eine Volksinitiative. Dem Gesetzgeber stehe daher bei der Kompromissfindung ein vergleichsweise grosser Gestaltungsspielraum zu. Des Weiteren kritisierten Exponenten der SVP, FDP und des Gewerbeverbandes insbesondere die Finanzspritze an die AHV ohne Erhöhung des Frauenrentenalters. Es bedürfe dringend auch Massnahmen auf Leistungsseite, war mehrfach zu vernehmen, zumal die Linke aufgrund dieser Zusatzfinanzierung später womöglich nicht mehr für eine umfassende AHV-Reform gewonnen werden könne, da man ihr nichts mehr anzubieten habe. Der Arbeitgeberverband, einer der vehementesten Kritiker des Kompromisses, schlug daher vor, das Rentenalter der Männer auf 66, das der Frauen auf 65 Jahre zu erhöhen. Auch die Jungparteien der Grünen, der SVP, der FDP, der CVP und der BDP erklärten ihre Ablehnung des Vorschlags; die jungen Grünliberalen drohten sogar damit, allenfalls das Referendum zu ergreifen. Die Jungparteien kritisierten vor allem die starke Umverteilung von Jung zu Alt, durch welche die Jungen einmal mehr die ganze Last der Revision der Altersvorsorge tragen müssten. Das strukturelle Problem der AHV werde durch finanzielle Zuschüsse auf Kosten der Jungen überdeckt, aber nicht gelöst, erklärte zum Beispiel der Präsident der Jungfreisinnigen, Andri Silberschmidt.

Gemischt waren auch die Rückmeldungen von linker Seite: Die SP nannte den Vorschlag «akzeptabel». Der SGB sprach sich für den Kompromiss aus, TravailSuisse gab sich zwar erst kritisch, liess aber durchblicken, den Kompromiss wohl auch mitzutragen. SP-Präsident Christian Levrat betonte, dass dieser Vorschlag zum sozialen Ausgleich beitrage: Dadurch dass die Summe der Lohnbeiträge bis zu einem jährlichen Bruttolohn von CHF 130‘000 höher sei als die Summe der erhaltenen AHV-Renten, finanzierten 7 Prozent der Grossverdiener faktisch die AHV-Reform. Personen mit tiefen oder mittleren Löhnen würden also davon profitieren. Diese Argumentation überzeugte die Grünen, Teile der SP und verschiedene entwicklungspolitische NGOs jedoch nicht. Sie erklärten, die Vorlage nicht unterstützen zu wollen, da diese zu enormen Steuerausfällen führe, den internationalen Steuerwettbewerb weiter anheize und gegenüber ärmeren Staaten unfair sei. Zudem handle es sich bei dem AHV-Zuschuss nicht um eine Kompensation, wie viele Befürworter des Vorschlags loben würden, da einmal mehr die Arbeitnehmenden die entstehenden Kosten übernehmen müssten und nicht die Unternehmen.

Neben den Parteien und Verbänden äusserte auch ein Teil der Kantone Kritik am Kompromissvorschlag. Mit der Wiederaufnahme der zinsbereinigten Gewinnsteuer war die WAK-SR einer Forderung von Kanton und Stadt Zürich nachgekommen. «Wir mussten Zürich, dem Wirtschaftsmotor der Schweiz, in diesem Punkt entgegenkommen», erklärte Christian Levrat. Da das Instrument stark umstritten ist, sah man es aber nur für Hochsteuerkantone vor, obwohl es elf weitere Kantone ebenfalls gerne angewendet hätten. Diese Regelung verstosse gegen das Gebot der Gleichbehandlung und verhindere einen fairen Steuerwettbewerb, befand Cornelia Stamm Hurter (SH, svp), Finanzdirektorin des Kantons Schaffhausen – der zu eben diesen elf Kantonen gehört. Auch Hannes Germann (svp, SH) kritisierte die Lex Zürich und nannte sie einen «Sündenfall». Finanzminister Maurer hingegen verteidigte den Vorschlag der WAK-SR: «Es macht keinen Sinn, die beste Kuh nicht zu füttern – würde ich jetzt als alter Bauer sagen». Der Steuerabzug könne aber nicht für alle Kantone eingeführt werden, weil der Widerstand dagegen zu gross sei. WAK-SR-Präsident Pirmin Bischof ergänzte, dass auch andere Kantone den Abzug für Eigenfinanzierung einführen könnten; sie müssten dazu einfach ihre Gewinnsteuern erhöhen.

Trotz kritischer Stimmen aus dem ganzen politischen Spektrum blieben Referendumsdrohungen und Fundamentalopposition gegen den Kompromissvorschlag mehrheitlich aus. Selbst der Arbeitgeberverband wollte sich als einer der stärksten Kritiker des Vorschlags nicht festlegen, ob er bei Annahme der Vorlage durch das Parlament wirklich das Referendum ergreifen würde. Die zurückhaltenden Reaktionen der meisten Akteure würden verdeutlichen, dass sich alle bewusst seien, dass sehr viel auf dem Spiel stehe, war die einhellige Meinung in den Medien. Schliesslich habe die Vorlage wegen des grossen Zeitdrucks gute Erfolgsaussichten: Das «Parlament hat gar keine Gelegenheit, den Deal zu zerreden», erklärte die «Schweiz am Wochenende».

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

Dans le cadre du débat sur la modification du statut d'admission provisoire, la Commission des institutions politiques du CE (CIP-CE) propose une alternative à la motion, à savoir des adaptations ponctuelles du statut des étrangers admis à titre provisoire. Cette proposition prend en compte le postulat 17.3271, qui visait à améliorer l'intégration professionnelle des personnes admises à titre provisoire, mais ne va pas aussi loin que la motion originale (17.3270) qui allait dans la direction d'une modification plus ample du statut. Ces modifications ponctuelles visent avant tout à éliminer les obstacles les plus importants à l'intégration dans le marché du travail, en examinant notamment le changement du terme "admission provisoire" ainsi qu'une facilitation des démarches pour les changements de canton à des fins d'activité lucrative. En ce qui concerne la modification du nom, la commission n'a pas fait de proposition, préférant s'en remettre à l'expertise du Conseil fédéral. Elle justifie la suppression des obstacles administratifs à un changement de canton comme contre-productif dans un contexte de mobilité professionnelle toujours plus important. Le débat à la chambre haute a surtout tourné autour de la question de savoir si les personnes admises à titre provisoire avaient finalement besoin d'être intégrées sur le marché du travail, compte tenu de la précarité de leur statut. Selon le sénateur Hösli (udc, GL), les gens au bénéfice du permis F peuvent être renvoyés à tout moment, dès que la situation dans leur pays d'origine se stabilise au point de justifier un retour. Le sénateur Cramer (pes, GE) a rétorqué que dans la pratique, les requérantes et requérants admis provisoirement en Suisse y restent longtemps. Il plaide alors l'importance d'une intégration sur le marché du travail, pour éviter que ces personnes dépendent de l'aide sociale. Au final, seules 5 voix se sont opposées à la motion, contre 36 voix pour et 1 abstention.

Statut des étrangers admis à titre provisoire (Mo. 18.3002)
Dossier: Ausländer- und Integrationsgesetz. Änderung (vorläufig Aufgenommene)

In der Frühjahrssession 2018 behandelte der Ständerat die Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)». Die Debatte wurde vom Schweizer Fernsehen direkt übertragen. Robert Cramer (gp, GE), Sprecher der RK-SR, erörterte zunächst die ablehnende Position der Kommission, die sich unter anderem auch auf die Anhörung verschiedener Rechtsprofessorinnen und Rechtsprofessoren stütze, welche einhellig der Meinung seien, dass die Initiative mehr Probleme verursache, als sie löst. Die momentane Situation lasse den obersten Gerichten den nötigen Spielraum für eine Abwägung zwischen Völkerrecht und Landesrecht. Es sei in den Augen der Experten nicht angebracht, die beiden Normen gegeneinander auszuspielen, da internationales Recht, das in der Schweiz angewendet werde, genauso legitim und demokratisch abgestützt sei wie das Landesrecht selbst. Cramer erklärte, dass die Kommission auch verschiedene Akteure aus der Wirtschaft angehört habe, wobei die Stellungnahmen auch hier einhellig gegen die Initiative ausgefallen seien. Die Kommission sei auch deshalb mit 12 zu 1 Stimmen zum Schluss gekommen, dem Rat die Ablehnung der Initiative zu empfehlen. Allerdings gebe es zwei Minderheitenanträge: Zum einen lege Andrea Caroni (fdp, AR) – unterstützt von vier Kommissionsmitgliedern – einen Gegenvorschlag vor, zum anderen empfehle Thomas Minder (parteilos, SH) die Initiative zur Annahme.

Andrea Caroni betonte in seinem Votum für seinen Gegenvorschlag, dass die Schweizer Rechtsordnung bei Konfliktfragen unterschiedlicher Normstufen sehr klar sei, mit Ausnahme eben des Verhältnisses zwischen Landes- und Völkerrecht. Dort herrsche «Improvisation» oder «Durchwursteln» vor, wobei in der Regel die Bundesgerichte «mit der Wurst betraut» seien. Dies sei aber «institutionell falsch» und es brauche deshalb eine klare Regelung. Eine solche müsse im Normalfall – hier wich der Gegenvorschlag deutlich von der Initiative ab – dem Völkerrecht den Vorrang geben, da man hier im Sinne von «Pacta sunt servanda» gegebene Versprechen einzuhalten habe. In begründeten Ausnahmefällen solle allerdings die Möglichkeit bestehen, durch ausdrücklichen und expliziten Beschluss durch den Verfassungs- oder Gesetzgeber vom Vorrang des Völkerrechts abzuweichen. Caroni exemplifizierte seine Idee an der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, die ja nicht explizit eine Änderung von Völkerrecht vorgesehen habe. Wäre sein Vorschlag damals schon umgesetzt gewesen, dann hätte in der Initiative entweder explizit erwähnt werden müssen, dass ein internationaler Vertrag – konkret das Personenfreizügigkeitsabkommen – gekündigt werden solle, oder die Nichterwähnung hätte bedeutet, dass die Initianten das Völkerrecht implizit akzeptierten und bei der Umsetzung darauf Rücksicht genommen werden müsse. Caroni führte weiter aus, dass er seinen Vorschlag nicht aus taktischen Überlegungen einreiche, weil er Angst vor einer Annahme der Initiative an der Urne habe. Es gehe ihm vielmehr um das inhaltliche Anliegen, das er mit den Initianten teile: Die konkrete Regelung des Verhältnisses zwischen Landes- und Völkerrecht. Allerdings schlug er selber vor, auf den Gegenvorschlag zu verzichten – und diesen vorerst zu schubladisieren –, wenn die Initianten ihr Begehren nicht zu dessen Gunsten zurückziehen würden. Die Materie sei für sich genommen schon komplex genug. Wenn gleich zwei Vorlagen an die Urne kämen, sei dies dem Verständnis des Themas wohl eher abträglich.

Thomas Minder zählte in der Verteidigung seines Minderheitenantrags zur Annahme der Volksinitiative eine Reihe von aktuellen Vorstössen auf, in denen das Parlament Beschlüsse fasse, die im Widerspruch zu bestehendem internationalen Recht stünden: So verstosse etwa die Motion Grin (svp, VD), welche die Ausklammerung von Palmöl beim Freihandelsabkommen mit Malaysia verlange und soeben vom Nationalrat angenommen worden sei, gegen EFTA-Recht. Ebenso stünde eine Annahme der Fair-Food-Initiative im Widerspruch zu zahlreichen völkerrechtlichen Verträgen. Es gebe aber auch andere Beispiele, wo Vertragspartner der Schweiz Verträge nicht gänzlich einhielten. So habe etwa die EU bei Horizon 2020 oder Erasmus plus völkerrechtliche Verpflichtungen verletzt. Niemand habe damals nach einer Kündigung der Bilateralen Verträge gerufen, sondern man habe die Kröte geschluckt. Bei den über 5'000 völkerrechtlichen Verträgen, welche die Schweiz abgeschlossen habe – in ihrem Schlussvotum sprach Bundesrätin Simonetta Sommaruga von rund 4'000 Verträgen – bestünden zahlreiche potenzielle Normenkonflikte. Und hier setze die Initiative an, indem sie klar festlege, dass bei Normenkonflikten die Verfassung vorzugehen habe.

In der Folge äusserten sich 17 Ständerätinnen und -räte zur Vorlage, wobei sich die Argumente mehr oder weniger wiederholten: Die Initiative sei konfus und widersprüchlich; der SVP wurde vorgeworfen sich damit nicht gegen fremde Richter, sondern gegen das eigene Bundesgericht zu wenden. Betont wurde zudem die Gefährdung schweizerischer Wirtschaftsinteressen. Die Verlässlichkeit der Schweiz würde bei einer Annahme des Begehrens auf dem Spiel stehen. Völkerrecht helfe zudem insbesondere Kleinstaaten, die ohne rechtliche Absicherung dem Recht des Stärkeren ausgesetzt wären.

Die Ständeräte der SVP sprachen sich für eine Annahme der Initiative aus, weil laut Werner Hösli (svp, GL) die «Macht des Volkes» geschützt werden müsse; gemäss Peter Föhn (svp, SZ) der zunehmenden Aushöhlung der Bundesverfassung durch internationale Bestimmungen Einhalt geboten werden müsse; oder der Politikverdrossenheit begegnet werden müsse, die – so Alex Kuprecht (svp, SZ) – auch deshalb wachse, weil «die Menschen das Gefühl haben [...], dass die da oben in Bern sowieso machen, was sie wollen» – etwa bei der Umsetzung angenommener Volksinitiativen. Gefordert sei deshalb ein «bisschen mehr 'Switzerland first'».

Der Ständerat war sich also mehrheitlich einig darin, dass die Initiative abzulehnen sei. Weniger einig waren sich die Kantonsvertreterinnen und -vertreter hingegen darüber, ob die Normenkonflikte, die sich langfristig wohl noch häufen werden, gesondert geregelt werden müssten, oder ob die so genannte Schubert-Praxis genüge. Zur Frage stand folglich, ob man es wie bis anhin dem Bundesgericht überlassen wolle, zu regeln, wann Landesrecht ausnahmsweise Völkerrecht vorgehen solle. Nicht wenige Voten plädierten für den Gegenvorschlag Caroni. Letztlich setzte sich allerdings die Überzeugung durch, dass auch der Gegenvorschlag eine «fausse bonne idée» sei, wie sich Didier Berberat (sp, NE) ausdrückte.

In ihrem Schlussvotum wollte Justizministerin Simonetta Sommaruga klarstellen, dass es «grundfalsch» sei, das Völkerrecht mit Unterdrückung und Fremdbestimmung in Verbindung zu bringen. Sie wies auf verschiedene Geschäfte hin, mit denen die Problematik der Beziehung internationaler Verträge und innerstaatlichen Rechts angegangen werde – so etwa eine Erweiterung des obligatorischen Staatsvertragsreferendums oder die Anpassung der Symmetrie bei der Kündigung von Staatsverträgen. Die Bundesrätin hielt zudem Gericht über das Parlament: Man habe in der Debatte einige Male gehört, dass der Volkswille nicht richtig umgesetzt werde, diese Kritik richte sich aber eigentlich an die Volks- und Kantonsvertretung. Das Parlament habe ja bereits die Möglichkeit, im Einzelfall zu entscheiden, dass Landesrecht gegenüber internationalem Recht der Vorrang gegeben werden solle. Und wenn es dies nicht tue, dann habe es sicherlich gute Gründe dafür. Der Bundesrat empfehle die Initiative insbesondere deshalb zur Ablehnung, weil sie starre Regeln fordere und so die zahlreichen, heute bestehenden Möglichkeiten für pragmatische Einzelfalllösungen beschneide. Das Begehren verspreche zwar Klarheit im Verhältnis zwischen Landesrecht und internationalem Recht, schaffe aber grundsätzlich das Gegenteil, nämlich Rechtsunsicherheit. Dies wäre freilich – so die Magistratin abschliessend – auch beim diskutierten Gegenvorschlag der Fall.

Nach rund vierstündiger Debatte schritt die kleine Kammer zur Abstimmung. Das Stimmverhältnis von 27 zu 15 Stimmen für Nichteintreten auf den Gegenvorschlag Caroni widerspiegelte den doch recht grossen Wunsch nach Klärung, während die Initiative mit 36 zu 6 Stimmen letztlich recht deutlich zur Ablehnung empfohlen wurde.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

In der Frühjahrssession 2019 debattierte der Ständerat über das Thema «Einkaufstourismus», genauer über mehrwertsteuertechnische Massnahmen zur Eindämmung des Einkaufstourismus und dessen negativen Folgen. Gemäss geltenden Bestimmungen können im Ausland getätigte Einkäufe bis zu CHF 300 bei der Einfuhr von der ausländischen Mehrwertsteuer befreit werden – wobei jedoch die Nachbarländer teilweise Mindesteinkaufsbeträge kennen, unter denen die Mehrwertsteuer nicht zurückerstattet wird – ohne dass dafür die inländische Mehrwertsteuer darauf erhoben wird. Der Ständerat beriet gleichzeitig die Standesinitiative des Kantons St. Gallen (Kt.Iv. 18.300) und die Motionen Hösli (svp, GL; Mo. 17.3131), Hegglin (cvp, ZG; Mo. 17.3428) und Dobler (fdp, SG; Mo. 17.3417). Diese schlagen vor, die Wertfreigrenze auf diejenigen Einkäufe zu begrenzen, bei denen die Mehrwertsteuer im Ausland nicht zurückgefordert werden kann (Standesinitiative), die Wertfreigrenze generell auf CHF 50 zu reduzieren (Mo. 17.3131), die ausländischen Mehrwertsteuern mit der schweizerischen Mehrwertsteuer zu verrechnen (Mo. 17.3428) oder generell die Mehrwertsteuerabrechnung an der Grenze durch den Einsatz von Technologie zu vereinfachen (Mo. 17.3417) – durch eine entsprechende App könne der Mehraufwand für die Zollstellen bei einer Flexibilisierung der Zollgrenze gesenkt werden, wodurch die Findung einer tauglichen Lösung gegen den Einkaufstourismus erleichtert werde.
Ruedi Noser (fdp, ZH) berichtete von der Debatte der FK-SR und erklärte, dass die Kommission zwar der Standesinitiative keine Folge geben wolle und die Motionen zur Ablehnung empfehle, dass dies aber nicht aus inhaltlichen, sondern aus prozeduralen Gründen geschehe. Der Bundesrat sei aufgrund des Postulats der FK-NR (Po. 17.3360) dabei, einen umfassenden Bericht zum Thema Einkaufstourismus zu erstellen. Bevor dieser erscheine, wolle die Kommission keine Vorstösse annehmen, auch wenn deren Fristen abliefen. Darum empfehle sie, der Standesinitiative keine Folge zu geben – die ähnlich formulierte Initiative des Kantons Thurgau (Kt.Iv. 18.316) laufe noch bis Ende Jahr, falls nötig könne diese später noch angenommen werden. Die Motionen empfahl die Kommission zur Ablehnung, da deren Vorschläge entweder in ähnlicher Art auch in der Kommission diskutiert würden (Mo. 17.3428), von der Verwaltung bereits im Bericht aufgenommen worden seien (Mo. 17.3131) oder eigentlich durch die Applikation Quick-Zoll bereits erfüllt seien (Mo. 17.3417). Falls nötig und falls der Bundesrat keine eigene umfassende Vorlage ankündige, könne man nach Erscheinen des Berichts im Herbst noch immer eine Kommissionsmotion lancieren. Der Ständerat folgte dem Vorschlag der Kommission, verzichtete mit 30 zu 14 Stimmen darauf, der Standesinitiative Folge zu geben, und lehnte die Motionen mit 30 zu 14 Stimmen (Mo. 17.3131), 30 zu 12 Stimmen (bei 2 Enthaltungen, Mo. 17.3428) und 32 zu 10 Stimmen (bei 2 Enthaltungen, Mo. 17.3417) ab.

Behandlung der Vorstösse zum Einkaufstourismus durch den Ständerat
Dossier: Abbau von Handelshemmnissen. Parallelimporte

Ranglisten haben etwas Eingängiges: Mit ihrer Hilfe lassen sich vermeintliche Unterschiede fest- und darstellen. So versuchen öfters auch die Medien Parlamentarierinnen und Parlamentarier einzuordnen und zu vergleichen. 2017 präsentierte die Sonntagszeitung ein Parlamentarierrating, mit welchem der Einfluss aller Parlamentsmitglieder gemessen werden sollte, und die NZZ wartete mit ihrem jährlichen Links-Rechts-Rating auf.
Der Einfluss wurde in der Sonntagszeitung anhand der Kommissionszugehörigkeit, der in den Räten vorgebrachten Voten, der Anzahl erfolgreicher politischer Vorstösse, der Ämter im Rat und in der Partei, der Medienpräsenz und dem ausserparlamentarischen Beziehungsnetz gemessen. Zwar wies die Zeitung nicht aus, wie sie diese Elemente miteinander verknüpfte und gewichtete, die Rangliste diente ihr aber als Grundlage für immerhin drei ganze Zeitungsseiten. Laut den Berechnungen war SP-Parteipräsident Christian Levrat (FR) in den Jahren 2015–2017 der einflussreichste Parlamentarier, gefolgt von Pirmin Bischof (svp, SO) und Gerhard Pfister (cvp, ZG). Die «Flop 15» – so die Sonntagszeitung – wurden angeführt von Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS), Hermann Hess (fdp, TG) und David Zuberbühler (svp, AR). Die Rangierungen verleiteten die Zeitung zu weiteren Analysen: So sei der Einfluss der SVP und der FDP, gemessen am Anteil Fraktionsangehöriger unter den Top 50, verglichen mit dem Rating 2014 gestiegen und der Einfluss des Kantons Zürich gesunken. Mit einem Vergleich der Rangliste hinsichtlich Medienpräsenz und dem Gesamtrang konnte die Zeitung zudem «die grössten Blender» ausmachen. Zwar häufig in den Medien, aber sonst nur wenig einflussreich waren laut dieser Berechnung etwa Tim Guldimann (sp, ZH), Andreas Glarner (svp, AG) oder Benoît Genecand (fdp, GE). Einzelne Regionalzeitungen diskutierten in der Folge «ihre» kantonalen Vertreterinnen und Vertreter. Solche Ratings seien nicht entscheidend, aber es fühle sich immer gut an, wenn man vorne sei, beurteilte Christian Levrat die Auswertung.

Wichtigste Erkenntnis der von der NZZ präsentierten Links-Rechts-Positionierung, die seit 1999 jährlich auf der Basis von in den Räten durchgeführten Abstimmungen von der Forschungsstelle Sotomo durchgeführt wird – auch in der NZZ wurde die Methode zur Messung von Links und Rechts lediglich sehr kryptisch mit den Begriffen «D-Nominate» und «Alpha-Nominate» angedeutet und dem Hinweis versehen, dass diese Methode für den amerikanischen Kongress entwickelt worden seien und die ideologische Position der Abgeordneten messe –, war die zunehmende Fraktionsdisziplin. Der Druck, auf Fraktionslinie zu stimmen, habe dazu geführt, dass es kaum noch Überlappungen in der ideologischen Positionierung zwischen den einzelnen Parteien gebe. Vor allem die CVP – sie variiert auf der Gesamtskala von -10 (links) bis +10 (rechts) zwischen 0.2 (Gerhard Pfister) und -1.7 (Barbara Schmid-Federer, ZH) – sei wesentlich geschlossener als früher, als sie noch Fraktionsmitglieder gehabt habe, die sich am rechten Rand bei der Position von (linken) FDP- und SVP-Mitgliedern befunden und am linken Rand die «rechten Ausläufer der SP» berührt hätten. Die FDP-Mitglieder, die Positionen zwischen 0.3 (Christa Markwalder, BE) und 2.4 (Bruno Pezzatti, ZG) einnahmen, sowie die SVP-Mitglieder (Jean-Pierre Grin, VD: 6.1 bis Erich Hess, BE: 10.0) lagen ziemlich weit auseinander. Der Median des gesamten Nationalrats verlief genau zwischen der CVP und der FDP. Auf der Ratslinken gab es mehr ideologische Gemeinsamkeiten: Zwar war die SP insgesamt etwas linker als die Grünen – die Werte variierten bei den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zwischen -8.2 (Chantal Galladé, ZH) und -9.9 (Silvia Schenker, BS) und bei den Grünen zwischen -9.4 (Lisa Mazzone, GE) und -7.8 (Bastien Girod, ZH) –, aber die Durchmischung war wesentlich stärker als im Block der Bürgerlichen. Die grösste Geschlossenheit wies die GLP auf, bei der sich Kathrin Bertschy (BE) und Tiana Angelina Moser (ZH) mit einem Wert von -3.0 ideologisch nur marginal von Martin Bäumle (ZH, -2.7) entfernt positionierten. Die BDP wies mehr Varianz auf: Sowohl Rosmarie Quadranti (ZH, -1.6) als auch Hans Grunder (BE, -0.2) fanden sich ideologisch leicht links der Mitte. Interessant war, dass sich die Kleinstparteien am Rand ihrer Fraktionen ansiedelten. Sowohl die Lega und das MCG bei der SVP-Fraktion, als auch die EVP bei der CVP-Fraktion wiesen im Rating ideologische Differenzen zu ihrer Fraktion auf.
Im Ständerat waren zwar die verschiedenen Parteien ebenfalls voneinander getrennt, es kam aber zwischen CVP und FDP zu Überlappungen und die Gesamtvarianz der Positionen in der kleinen Kammer war geringer. Sie reichte von Liliane Maury Pasquier (sp, GE; -8.3) bis Peter Föhn (svp, SZ; 9.8), wobei sich Letzterer am rechten Rand ziemlich alleine auf weiter Flur befand, gefolgt von Werner Hösli (svp, GL; 7.6). Bei der FDP gesellten sich Fabio Abate (TI, -0.2) und vor allem Raphaël Comte (NE; -1.6) zum Lager der CVP, das von -2.4 (Anne Seydoux-Christe, JU) bis 0 (Isidor Baumann, UR) reichte. Am rechten Rand der FDP politisierte Philipp Müller (AG, 3.4) und lag damit nahe bei Thomas Minder (SH, 4.8), der als Parteiloser der SVP-Fraktion angehört. Von der SP sassen mit Pascale Bruderer (AG, -5.2) , Claude Janiak (BL, -5.5), Hans Stöckli (BE, -5.6) und Daniel Jositsch (ZH, -5.6) vier im Vergleich zum Nationalrat ziemlich gemässigte Genossinnen und Genossen in der kleinen Kammer.

Nationalratsrating

Ende November 2017 löste ein Artikel in der Zeitung Le Temps über Yannick Buttet (cvp, VS) eine Debatte aus, mit der die aktuellen Diskussionen um #metoo – ein Kürzel, das im Rahmen der Anklage gegen den US-amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein aufgekommen war und auf sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe aufmerksam machen will – auch in Bundesbern virulent wurden und die letztlich zur Demission des Walliser Nationalrats führten.

Le Temps berichtete, dass gegen Buttet eine Klage wegen Stalking eingereicht worden sei. Er habe eine Frau, mit der er eine aussereheliche Beziehung gehabt habe, seit dem Ende dieser Beziehung über ein Jahr lang mit Sprachnachrichten und Telefonanrufen eingedeckt. Als er sie an ihrem Wohnort aufgesucht habe, habe die Frau die Polizei gerufen, die Buttet im Garten der ehemaligen Geliebten verhaftet habe.
Buttet bestritt die Vorwürfe nicht. Eine Ehekrise habe sein Verhalten beeinflusst und er entschuldige sich bei all jenen, «que j’ai pu blesser involontairement» (Le Temps). Anlass zu den Diskussionen gaben allerdings weniger das Privatleben von Buttet und der Stalking-Vorwurf – auch wenn zahlreiche Medien dem als wertkonservativ bezeichneten CVP-Vizepräsidenten, der sich für ein traditionelles Familienbild einsetze, Heuchelei vorwarfen («Ausgerechnet der Saubermann» titelte etwa der Tages-Anzeiger). Eine Debatte lösten vielmehr die von Le Temps in Bundesbern eingeholten Reaktionen verschiedener Politikerinnen und Journalistinnen auf die Affäre Buttet aus: Buttet habe «des pulsions sexuelles incontrôlées»; wenn er trinke, ändere sich seine Persönlichkeit: «Il se comporte mal et il a des gestes déplacés»; «il va trop loin et il ne connaît plus de limites», gaben die befragten Frauen zu Protokoll. Gar von «dérapages choquants» war die Rede. «Si tu couches, je vote pour ta motion» sei einer Parlamentarierin angeboten worden. Die Interviewten wollten allerdings anonym bleiben. Sie müssten um ihre Karriere fürchten, wenn sie sich öffentlich äussern würden. In der Folge nahm die Deutschschweizer Presse den Fall auf und weitete ihn aus. Anscheinend wisse nicht nur Buttet nicht, wo die Grenzen seien. Mehrere Parlamentarierinnen kamen zu Wort und berichteten über «unangebrachte Gesten, die sie wirklich darüber nachdenken lassen, wohin sie gehen oder ob sie es noch wagen, mit gewissen Personen den Lift zu nehmen» (Céline Amaudruz; svp, GE), über «sexistische Sprüche» (Yvonne Feri; sp, AG) oder gar Vergewaltigungsdrohungen in Kommissionssitzungen (Maria Roth-Bernasconi; sp, GE). Viele Parlamentarierinnen erhielten Bemerkungen zu ihrer Kleidung, ihrem Make-Up, ihren Beinen, ihren Brüsten; viele wüssten nicht, wie sie reagieren sollten, würden resignieren und versuchten, damit zu leben.
Maya Graf (gp, BL) forderte als Präsidentin des Frauendachverbandes Alliance F eine Meldestelle für Parlamentsmitglieder, bei der sexuelle Belästigung gemeldet werden könne. Sexismus gehöre leider immer noch zur Tagesordnung; das sei im Parlament nicht anders. Freilich gab es auch Stimmen, die ein Sexismus-Problem im Bundeshaus als «Blödsinn» bezeichneten (Verena Herzog; svp, TG) und keinen Handlungsbedarf sahen. Um gewählte Nationalrätin zu sein, müsse man stark und durchsetzungsfähig sein und könne sich wohl zur Wehr setzen, befand Andrea Gmür (cvp, LU). Natalie Rickli (svp, ZH) warnte davor, nun gleich alle Männer im Bundeshaus unter Generalverdacht zu stellen. Auch Kathrin Bertschy (glp, BE) betonte im Tages-Anzeiger, dass sich die grosse Mehrheit der männlichen Kollegen auch bei informelleren Anlässen, in denen Alkohol fliesse, «normal und anständig» verhalten würde. Wie überall gebe es aber auch hier «ein paar Typen, die enthemmter sind und die Grenzen nicht kennen.»

Wie ambivalent die Debatte um #metoo ist und wie schwierig es eben ist, sich zu wehren, zeigten die Auseinandersetzungen um die Anschuldigungen von Céline Amaudruz zu den unangebrachten Gesten und ihren Bedenken, mit gewissen Personen den Lift zu benutzen. Nachdem der Sonntags-Blick kolportiert hatte, dass ihre Andeutung wohl Buttet gegolten haben müsse – der Walliser soll sie beim Apéro nach der Wahl von Ignazio Cassis in stark angetrunkenem Zustand belästigt haben –, wurde die Genferin laut Medien in ihrer Fraktion von Adrian Amstutz (svp, BE) heftig kritisiert. Sie schade der Partei und allen Parlamentariern, wenn sie Äusserungen mache ohne konkret zu werden und Namen zu nennen. Laut Sonntags-Blick habe die Genferin darauf unter Tränen das Fraktionszimmer verlassen. In seinem Editorial in der Weltwoche doppelte Roger Köppel (svp, ZH) nach: Das Klima im Bundeshaus sei «sexismusfeindlich», Männer stünden unter Generalverdacht. Und weiter: «Eine Politikerin, die ich noch nie ohne kurzen Rock oder hautenge Bluse gesehen habe, beschwert sich, sie würde mit gewissen Herren niemals in den Lift steigen.» Das Problem sei, so die Tribune de Genève, dass Frauen von Opfern zu Täterinnen gemacht würden – auch im Bundeshaus. Die «manipulierende Wirkung der medialen Öffentlichkeit» – so die Wochen-Zeitung – sei vor allem für Frauen verheerend, denen, wenn sie eine Anschuldigung vorbrächten, eine mediale Hetzjagd und die Ausleuchtung ihres Privatlebens drohe: «Kann eine Situation juristisch nicht eindeutig geklärt werden, bleibt die Geschichte vor allem an der Frau kleben. Sie kriegt den Schlampenstempel aufgedrückt.»

Buttet wurde kurz nach Bekanntwerden der Anschuldigungen von seinem Amt als CVP-Vizepräsident suspendiert. Einen Rücktritt als Nationalrat schloss Buttet vorerst allerdings aus, auch wenn sich gar CVP-Bundesrätin Doris Leuthard in die Debatte einbrachte. Falls die Vorwürfe korrekt seien, habe Herr Buttet ein Problem, sagte die Magistratin bei einem TV-Interview: «Alle diese Herren, die sich nicht zu benehmen wissen, nerven mich [...]. In der Politik ist das inakzeptabel», wurde das Interview bei RTS im Blick zitiert. Rund fünf Tage nach Bekanntwerden des Stalking-Vorwurfs liess sich Buttet krank schreiben. Er wolle eine Kur beginnen, um sein Alkoholproblem in den Griff zu kriegen, liess er über seinen Anwalt verkünden. Damit vermied er eine geplante Anhörung durch die Parteileitung. CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) nahm in der Folge vor der Presse Stellung. Buttets Verhalten sei in der Tat inakzeptabel, aber auch für ihn gelte die Unschuldsvermutung.
Freilich wurden nicht nur die Rücktrittsforderungen, sondern auch die Forderungen nach einem Parteiausschluss lauter. Insbesondere nachdem in Le Temps sechs weitere Frauen zu Wort gekommen waren, die detailliert sexuelle Belästigungen von Buttet beschrieben, und nachdem bekannt wurde, dass die Walliser Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Nötigung eingeleitet hatte. Ohne mit seiner Partei das Gespräch gesucht zu haben, zog Buttet wohl auch deshalb die Reissleine und gab am Sonntag, 18. Dezember 2017 seine Demission als Nationalrat bekannt. Er erklärte via Communiqué, im Interesse der CVP und seiner Familie zurückzutreten. Er wolle sein Umfeld schützen und die notwendige Ruhe für den Heilungsprozess von seiner Alkoholabhängigkeit schaffen. Für Buttet, der Gemeindepräsident von Collombey-Muraz (VS) blieb, rutschte Benjamin Roduit (cvp, VS) in den Nationalrat nach.

Eine rasche Reaktion auf die Debatten zeigten die beiden Ratspräsidien. Karin Keller-Sutter (fdp, SG) und Dominique de Buman (cvp, FR) fassten eine «Lex Buttet» (Blick) ins Auge. Sexuelle Belästigung müsse verurteilt werden und gegen sie sei «mit aller Entschiedenheit» vorzugehen, so die Ständeratspräsidentin und der Nationalratspräsident in einem gemeinsamen Communiqué. Mitte Dezember legte die Verwaltungsdelegation in Absprache mit den Rats- und den Fraktionspräsidien dann ein Dokument vor, in dem den Parlamentsmitgliedern geraten wurde, sich bei sexueller Belästigung künftig an die Fraktionsspitzen oder eine externe Beratungsstelle zu wenden. Das Dokument hielt zudem den Unterschied zwischen einem Flirt und sexueller Belästigung fest, wie er auch im Ratgeber für Arbeitnehmende des Bundes vermerkt ist: Ein Flirt sei «aufbauend», «von beiden Seiten erwünscht» und löse «Freude aus», während sexuelle Belästigung «erniedrigend», «von einer Person nicht erwünscht» sei und «Ärger» auslöse. Mit diesem Dokument drifte die Debatte ins Lächerliche ab, bedauerte Natalie Rickli, als «fausse bonne idée» bezeichnete Doris Fiala (fdp, ZH) das Unterfangen laut Tages-Anzeiger. Leider mache man nur noch Witze, wenn man «wie Schulbuben» behandelt werde, obwohl es bei Stalking und sexuellen Belästigungen um wichtige Themen ginge. Géraldine Savary (sp, VD) befand es hingegen für nützlich, in Erinnerung zu rufen, «was normal sein sollte, es aber offenbar nicht für alle ist». Es sei gut darüber zu reden, weil das vor allem den Frauen helfe, sich bewusst zu werden, dass man Grenzen setzen dürfe und müsse, gab sie dem Tages-Anzeiger zu Protokoll.

Einige Medien reflektierten ihre eigene Rolle in der Affäre: Buttets Karriere ende, bevor erwiesen sei, ob und was er sich zuschulden habe kommen lassen – so etwa die Basler Zeitung. Die Unschuldsvermutung habe keinen Wert mehr und in den letzten drei Wochen habe eine «veritable Hetzjagd» mit zahlreichen anonymen Beschuldigungen stattgefunden. Nur eine Frau habe aber genug Rückgrat gehabt, Buttet anzuzeigen, seine ehemalige Geliebte. Die «tolérance zéro» sei zur Norm im Parlament geworden, urteilte die Tribune de Genève und stellte einen Vergleich mit dem Rücktritt von Jonas Fricker (gp, AG), dem Wirbel um ein aussereheliches Kind von Christophe Darbellay (VS, cvp) und der Affäre um Geri Müller (gp, AG) her. Jemand mache einen Fehler, es komme zu einem Mediengewitter und zu grossem politischen Druck, dem nur noch durch einen Rücktritt begegnet werden könne. Man müsse sich fragen, ob die immer schneller agierenden Medien Meinungen abbildeten oder selber formten. Sie hätten auf jeden Fall die Macht, zu definieren, was moralisch vertretbar sei. Die Vermischung von privatem und öffentlichem Leben nehme zu. Man müsse freilich unterscheiden zwischen moralischen und strafrechtlichen Verfehlungen – so die Tribune de Genève.

Mitte August 2018 wurde bekannt, dass Buttet wegen Nötigung und unrechtmässiger Aneignung zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Er selber bezeichnete die damals publik gewordene Verhaftung laut der NZZ als Resultat einer politischen Verschwörung. Er überlege sich, im Herbst 2019 für den Ständerat zu kandidieren.

Affäre Buttet

Un jour après avoir rejeté une motion de la CSEC-CN qui demandait à ce que certaines réglementations soient adaptées afin de réduire le gaspillage alimentaire, le Conseil des Etats se penche à nouveau sur cette problématique. En effet, l'initiative cantonale provenant de Soleure et intitulée Réduction des pertes de denrées alimentaires vise les mêmes objectifs que la motion de la CSEC-CN. La chambre des cantons a décidé par la même occasion de traiter simultanément le postulat (17.3966) émanant de sa commission de la science, de l'éducation et de la culture CSEC-CE demandant la publication d'un bilan intermédiaire de l'Agenda 2030. Cette demande de la commission intervient en guise de contre-projet à la motion de la CSEC-CN citée en amont.
Pour en revenir à l'initiative cantonale issue du canton de Soleure, celle-ci reste vague sur les mesures à prendre et incite le parlement à trouver des solutions sous la forme d'objectifs de réduction du gaspillage alimentaire ainsi qu'au travers de mesures concrètes. La CSEC-CE estime, elle, qu'il est difficile de fixer des objectifs contraignants, aux vues de l'évolution future de la mise en place de l'Agenda 2030. Elle considère, en outre, que les objectifs recherchés par l'initiative sont déjà remplis par ce dernier et qu'il serait donc redondant d'accepter la proposition émanant du canton de Soleure. Elle préfère à cela son postulat demandant au Conseil fédéral d'établir un rapport dans les cinq ans sur l'objectif 12 de l'Agenda 2030, intitulé "Consommation et production durable"; un objectif visant la réduction du gaspillage alimentaire de 50% d'ici à 2030.
Le sénateur glaronnais Werner Hösli (udc, GL) estime, quant à lui, que le postulat de la commission est superflu. En effet, il constate que le Conseil fédéral a prévu de publier un rapport début 2018 sur l'avancée des objectifs fixés dans le cadre de l'Agenda 2030 ainsi que sur la suite à donner. Il est alors de l'avis que l'assemblée fédérale peut attendre la publication de ce rapport avant de demander l'établissement d'un rapport spécifique sur l'objectif numéro 12, et propose donc de rejeter le postulat de la CSEC-CE.
La conseillère fédérale Doris Leuthard considère également que c'est demander un rapport de trop, pour un sujet où beaucoup de rapports sont déjà publiés dans le cadre des mesures prises pour la promotion d'une économie verte.
A l'issue du vote, les sénateurs arrivent à une égalité du nombre de voix (17 pour les deux camps, sans abstention) et c'est par la voix prépondérante de sa présidente, Karin Keller-Sutter (plr, SG), que le postulat de la CSEC-CE est rejeté.
Quant à l'initiative cantonale soleuroise, les sénateurs décident de suivre l'avis de leur commission qui l'avait rejetée à l'unanimité moins trois absentions. Celle-ci passe donc aux mains de la chambre du peuple.

Réduction des pertes de denrées alimentaires (Iv.ct. 17.313)
Dossier: Verschwendung von Lebensmitteln

Der Nachtrag II zum Voranschlag 2017 beinhaltete neun Nachtragskredite in der Höhe von insgesamt CHF 107 Mio. Mehr als die Hälfte davon (CHF 60 Mio.) beantragte das Eidgenössische Personalamt zur Abfederung der Senkung des technischen Zinssatzes bei der Pensionskasse des Bundes, der Publica. Der Bundesrat wollte die für die Versicherten dadurch entstehenden Leistungseinbussen von 10 Prozent durch eine einmalige Einlage von CHF 160 Mio. auf die Altersguthaben und durch eine Erhöhung der Sparbeiträge auf maximal 5 Prozent reduzieren. Dies sollte mittels dreier Tranchen in den Jahren 2017 (70 Mio.), 2018 (70 Mio.) und 2019 (26 Mio.) geschehen, wovon CHF 10 Mio. der ersten Tranche mit den Sammelkrediten des EPA kompensiert würden. Im Gegenzug würden die Mitarbeitenden der Bundesverwaltung in Übereinstimmung mit der Motion Dittli (fdp, UR) 2018 auf einen Teuerungsausgleich verzichten.
Weitere CHF 32 Mio. beantragte der Bundesrat nachträglich für Zahlungen bezüglich der Erweiterung der EU, wobei dieser Kredit grösstenteils Rückerstattungen an die Partnerstaaten für deren Projektausgaben beinhaltete. Dieser Nachtrag war nötig geworden, weil provisorische Auszahlungspläne oft nicht eingehalten werden konnten, sei es aufgrund von Projektverzögerungen durch komplexe Beschaffungsverfahren und Einsprüche, aufgrund der Frankenaufwertung oder weil für das Jahr 2016 geplante Auszahlungen aufgrund von Verzögerungen erst im Jahr 2017 getätigt werden konnten.
Die restlichen knapp CHF 15 Mio. verteilten sich auf sieben weitere Projekte. Der Kredit zur Zahlung von Vergütungszinsen in der Höhe von CHF 6.2 Mio. war mit der Autorisierung der FinDel bereits als Vorschuss ausbezahlt worden. Die Vergütungszinsen werden aufgrund des NFB in einem eigenen Kredit verbucht, jedoch war im Voranschlag 2017 aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids zur Umsatzabgabe und eines Rechtsfalls bei der Mehrwertsteuer zu wenig Geld budgetiert worden. Da aber die Vergütungszinsen jeweils innert 30 Tagen fällig werden, war ein Vorschuss nötig geworden.

In der Wintersession 2017 behandelte zuerst der Ständerat das Geschäft gemeinsam mit dem Voranschlag 2018. Umstritten waren lediglich die flankierenden Massnahmen zur Senkung des technischen Zinssatzes bei der Publica. Eine Minderheit Hegglin (cvp, ZG), unterstützt von Werner Hösli (svp, GL), beantragte, diesen Nachtragskredit abzulehnen. Beide Ständeräte betonten, dass es für sie – und offensichtlich auch für die Bundesverwaltung, die ihnen keine entsprechenden Unterlagen in nützlicher Frist liefern konnte – schwierig sei, „den Beschluss und seine Folgen im Vergleich zu Leistungen anderer Körperschaften ein[zu]schätzen“. Bisher seien aber die Vorsorgewerke des Bundes grosszügig gewesen, vermutlich auch deutlich grosszügiger als diejenigen der Steuerzahler. Zudem würden diese Einlagen nicht zur Stabilisierung der Kasse beitragen, so dass bei einer paritätischen Ausfinanzierung einer allfälligen zukünftigen Unterdeckung der Bund wiederum werde zahlen müssen. Aus einem anderen Gesichtspunkt kritisierte Christian Levrat (sp, FR) den Vorschlag: Dadurch dass die Rekapitalisierung auf Kosten des Teuerungsausgleichs – der 2018 etwa CHF 33 Mio. ausmache – zustande komme, sei der hier bezahlte Betrag in fünf Jahren bereits wieder hereingeholt. Somit würde die Senkung des technischen Zinssatzes in den kommenden Jahren ausschliesslich von den Arbeitnehmenden bezahlt. Dies sei ein schlechter Deal für die Bundesangestellten. Zudem lägen die Leistungen der Publica höchstens im Mittelfeld, vor allem verglichen mit Pensionskassenleistungen von Grossunternehmen. Finanzminister Maurer betonte, dass dieses Paket eine Kompromisslösung mit den Personalverbänden darstelle und der Bund bei Lohnerhöhungen im Vergleich zur Privatwirtschaft eher hinterherhinke. Auch der Bund sei aber darauf angewiesen, die besten Mitarbeitenden anheuern zu können. Zudem hätten die Bundesangestellten seit dem Jahr 2000 deutlich mehr an den Primatwechsel bezahlt als der Bund. Wie bereits die FK-SR entschied sich auch der Ständerat, dem Bundesrat in diesem Anliegen zu folgen. Mit 24 zu 19 Stimmen (2 Enthaltungen) nahm er den Nachtragskredit an.

BRG Nachtrag II zum Voranschlag 2017
Dossier: Bundeshaushalt 2017: Voranschlag und Staatsrechnung

Mit 160 von 179 gültigen Stimmen, ein Resultat, das zeige, dass er den Respekt bei seinen Kolleginnen und Kollegen auch nach 13 Jahren im Rat nicht verloren habe (Le Matin), wurde der erste Vizepräsident Dominque de Buman (cvp, FR) zum Nationalratspräsidenten gewählt. Von den 189 eingelangten Wahlzetteln waren 10 leer, Diverse erhielten 19 Stimmen. Der Fribourger CVP-Volksvertreter, der seit 2003 im Nationalrat sitzt, löste damit Jürg Stahl (svp, ZH) ab, der für die SVP das höchste Amt im Nationalrat inne gehabt hatte.
In seiner Abschiedsrede fasste Stahl seine Emotionen des intensiven Jahres mit der ihn beeindruckenden Vielfalt und Vielseitigkeit der Schweiz zusammen, die er habe erleben dürfen. Er habe gelernt, dass man als Politiker zwar naturgemäss dorthin schauen müsse, wo etwas nicht funktioniere, dass es aber gut tue, sich Musse, Zeit und Mut zu nehmen, „auch dorthin zu schauen, wo es funktioniert”. Dies sei vor allem dank Menschen möglich, die nicht im Rampenlicht stünden.
De Buman seinerseits kündigte an, sein Amt in einem Geist der Unparteilichkeit, des Wohlwollens und der Effizienz ausüben zu wollen. Er bemühte die Schweizer Geschichte und zitierte Bruder Klaus, einen der ersten Garanten der nationalen Kohäsion der Willensnation Schweiz. Er sprach die Herausforderungen des kommenden Jahres an: Das Scheitern der Rentenreform und der Unternehmenssteuerreform III zeige, dass den Bürgerinnen und Bürgern noch mehr Gehör geschenkt werden müsse und mehrheitsfähige Lösungen ausgearbeitet werden müssen. Zwischen den Reden wurde Jazzmusik gespielt.
In der Presse wurde der Freiburger Neo-Nationalratspräsident als Politiker mit Witz und Charme beschrieben, der in seiner Partei beliebt sei, obwohl er am linken Rand ziemlich einsam sei. Sich kurz zu fassen sei für den dossiersicheren „homme de culture” allerdings nicht einfach (NZZ). Für den einst von seiner Partei als Bundesratskandidaten verschmähten Welschfreiburger sei das Präsidium die Krönung der Karriere (TA), auch weil die Politkarriere des erfolgreichen Tourismus-Lobbyisten mutmasslich 2019 zu Ende gehe, kenne doch die Freiburger CVP eine Amtszeitbeschränkung von 16 Jahren (BZ).
Ins Amt der ersten Vizepräsidentin stieg die Tessiner Genossin Marina Carobbio Guscetti auf. Sie wurde mit 154 von 179 gültigen Stimmen gewählt. Diverse erhielten 10 Stimmen und Chantal Galladé (sp, ZH), die 2016 in der SP-fraktionsinternen Ausmarchung nicht berücksichtigt worden war, erhielt 15 Stimmen. Sieben der 186 eingelangten Wahlzettel wurden leer eingelegt.
Zur zweiten Vizepräsidentin wurde Isabelle Moret (fdp, VD) gekürt. Ihre Wiederwahl bei den Nationalratswahlen 2019 vorausgesetzt, wird Moret also voraussichtlich 2019/2020 den Nationalrat präsidieren. Sie erhielt 145 von 163 gültigen Stimmen, von denen 18 auf Diverse entfielen. Von den 169 eingelangten Wahlzetteln blieben fünf leer und einer war ungültig.
Mit der Wahl des Nationalratspräsidiums waren fünf der sechs Präsidiumsmitglieder in den beiden Kammern nicht deutschsprachig; ein Umstand, den es so noch nie gegeben hat. Einzig die neue Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter (fdp, SG) spricht als Muttersprache Deutsch.

Wahl des Nationalratspräsidiums für 2017/18
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

In der ersten Sitzung der Wintersession 2017 schritt die kleine Kammer zur Wahl des Büros des Ständerats für 2017/18. Der scheidende Präsident, Ivo Bischofberger (cvp, AI) bedankte sich für das im vergangenen Jahr entgegengebrachte Vertrauen und wies auf die respektvolle Debattenkultur im Ständerat hin. Allerdings müsse dem persönlichen Gespräch auch weiterhin Beachtung geschenkt werden, da im Bundeshaus immer häufiger per E-Mail kommuniziert werde. Während im Jahr 2003 noch 3 Mio. Mails pro Monat versandt worden seien, seien es heute deren 30 Mio. Die Suche nach Konsens gelinge aber erfolgreicher mittels direktem, persönlichem Gespräch als über anonyme Korrespondenz.
Turnusgemäss wurde die amtierende Vizepräsidentin, Karin Keller-Sutter (fdp, SG) zur Ständeratspräsidentin gekürt. Von 45 eingelangten Wahlzetteln waren zwei leer und 43 mit ihrem Namen versehen. In ihrer Antrittsrede wies die St. Gallerin darauf hin, dass sie es einerseits dem Zufall verdanke, dass sie heute hier sitze – eigentlich wäre der Platz für den 2013 verstorbenen Pankraz Freitag (fdp, GL) vorgesehen gewesen –, andererseits habe ihr aber auch zu denken gegeben, dass bisher lediglich drei Frauen das Ständeratspräsidium besetzt hätten: Josi Meier (cvp, LU), Françoise Saudan (fdp, GE) und Erika Forster-Vannini (fdp, SG). Wenn Frauen gefragt würden, müssten sie bereit sein, eine Aufgabe zu übernehmen. Sie lasse sich auch leiten von der Überzeugung, dass die Kraft der Schweiz in den Institutionen liege. Dass die Schweizer Politik als langweilig gelte, sei gut, weil dies auch mit Berechenbarkeit und Stabilität einhergehe. In den Medien wurde spekuliert, dass die Ostschweizer Freisinnige wohl noch nicht am Ende ihrer Karriere sei, da sie als chancenreichste Nachfolgerin des wohl bald zurücktretenden Bundesrats Johann Schneider-Ammann gelte. Nach einem musikalischen Intermezzo wurden die weiteren Mitglieder des Büros gewählt. Jean-René Fournier (cvp, VS; 43 von 46 Stimmen) wurde zum ersten Vizepräsidenten und Géraldine Savary (sp, VD; 41 von 46 Stimmen) zur zweiten Vizepräsidentin gewählt. Ergänzt wurde das Präsidium durch den Stimmenzähler Alex Kuprecht (svp, SZ; 41 von 46 Stimmen) und den Ersatzstimmenzähler Thomas Hefti (fdp, GL; 43 von 46 Stimmen).

Wahl des Ständeratspräsidiums 2017/18
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros