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  • Hans-Ueli Vogt (svp/udc, ZH) NR/CN
  • Glättli, Balthasar (gp/verts, ZH) NR/CN

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Bei den Grünen Schweiz trat zu Jahresbeginn 2023 Rahel Estermann ihr Amt als Generalsekretärin an. Die 35-jährige Luzerner Kantonsrätin war seit 2020 bereits stellvertretende Generalsekretärin der Grünen gewesen. Während sieben Jahren hatte sie davor das Sekretariat der Luzerner Kantonalpartei geführt.
Nebst Estermanns Einsatz für klassische grüne Werte – eine klimafreundliche, ökologische und solidarische Gesellschaft – hoben die Grünen in ihrer Medienmitteilung auch Estermanns Expertise im Bereich der digitalen Grundrechte hervor; Parteipräsident Balthasar Glättli hoffte, sie werde damit die Grünen als «netzpolitische Avantgarde» positionieren können. Estermann ihrerseits attestierte ihrer Partei unter Verweis auf die geplante europapolitische Volksinitiative der Grünen mit der Operation Libero und auf die bereits lancierte Klimafonds-Initiative von Grünen und SP eine bereits grössere inhaltliche Vielfalt als noch vor einigen Jahren.
Estermann folgte als Generalsekretärin auf Florian Irminger, der seinen Posten nach einer Amtszeit von rund zwei Jahren aus familiären Gründen aufgab. Als Irmingers Vermächtnis hob Glättli unter anderem den «Ausbau der grünen Strukturen nach dem grossen Wahlsieg 2019» sowie seine Mitarbeit in der Entwicklung der grünen Positionierung in Zeiten der Covid-19-Pandemie und der grünen Aussenpolitik nach Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hervor.

Generalsekretariat der Grünen Schweiz

Jahresrückblick 2022: Institutionen und Volksrechte

Spätestens seit dem Rücktritt von Ueli Maurer als Bundesrat Ende September dominierte die Suche nach seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger den Themenbereich «Institutionen und Volksrechte» (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse). Mit dem Rücktritt von Simonetta Sommaruga Ende November standen im Dezember 2022 gleich zwei Bundesratsersatzwahlen an. Maurer hatte seinen Rücktritt mit dem Wunsch begründet, noch einmal etwas Neues machen zu wollen, und Simonetta Sommaruga hatte sich entschieden, in Folge eines Schlaganfalles ihres Mannes ihr Leben neu auszurichten. Wie bei Bundesratsersatzwahlen üblich, überboten sich die Medien mit Spekulationen, Expertisen, Interpretationen und Prognosen. Bei der SVP galt die Kandidatur von Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der sich 2021 aus der Politik zurückgezogen hatte, als Überraschung. Dennoch zog ihn die SVP-Fraktion anderen Kandidatinnen und Kandidaten vor und nominierte ihn neben dem Favoriten Albert Rösti (svp, BE) als offiziellen Kandidaten. Bei der SP sorgte der sehr rasch nach der Rücktrittsrede von Simonetta Sommaruga verkündete Entscheid der Parteileitung, mit einem reinen Frauenticket antreten zu wollen, für Diskussionen. Die medialen Wogen gingen hoch, als Daniel Jositsch (ZH) dies als «Diskriminierung» bezeichnete und seine eigene Bundesratskandidatur verkündete. Die SP-Fraktion entschied sich in der Folge mit Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) und Eva Herzog (sp, BS) für zwei Kandidatinnen. Zum Nachfolger von Ueli Maurer wurde bereits im 1. Wahlgang Albert Rösti mit 131 von 243 gültigen Stimmen gewählt. Hans-Ueli Vogt hatte 98 Stimmen erhalten (Diverse: 14). Für die SP zog Elisabeth Baume-Schneider neu in die Regierung ein. Sie setzte sich im dritten Wahlgang mit 123 von 245 gültigen Stimmen gegen Eva Herzog mit 116 Stimmen durch. Daniel Jositsch hatte in allen drei Wahlgängen jeweils Stimmen erhalten – deren 6 noch im letzten Umgang. Die Wahl der ersten Bundesrätin aus dem Kanton Jura wurde von zahlreichen Beobachterinnen und Beobachtern nicht nur als Überraschung gewertet, sondern gar als Gefahr für das «Gleichgewicht» der Landesregierung kommentiert (Tages-Anzeiger). Die rurale Schweiz sei nun in der Exekutive übervertreten, wurde in zahlreichen Medien kritisiert.

Der Bundesrat stand aber nicht nur bei den Wahlen im Zentrum des Interesses. Diskutiert wurde auch über Vor- und Nachteile einer Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder, wie sie eine parlamentarische Initiative Pa.Iv. 19.503 forderte – es war bereits der sechste entsprechende Vorstoss in den letzten 30 Jahren. Die Begründungen hinter den jeweiligen Anläufen variieren zwar über die Zeit – der neueste Vorstoss wollte «die Konkordanz stärken», also mehr Spielraum für parteipolitische aber auch für gendergerechte Vertretung schaffen – die Projekte nahmen bisher aber stets denselben Verlauf: Auch in diesem Jahr bevorzugte das Parlament den Status quo.
Verbessert werden sollte hingegen die Krisenorganisation des Bundesrates. Dazu überwiesen beide Kammern gleichlautende Motionen und Postulate der GPK beider Räte, die Rechtsgrundlagen für einen Fach-Krisenstab sowie eine Gesamtbilanz der Krisenorganisation des Bundes anhand der Lehren aus der Corona-Pandemie verlangten.

Auch das Parlament sollte als Lehre aus der Pandemie krisenresistenter gemacht werden. Aus verschiedenen, von Parlamentsmitgliedern eingereichten Ideen hatte die SPK-NR eine einzige Vorlage geschnürt, die 2022 von den Räten behandelt wurde. Dabei sollten aber weder der Bundesrat in seiner Macht beschränkt, noch neue Instrumente für das Parlament geschaffen werden – wie ursprünglich gefordert worden war. Vielmehr sah der Entwurf Möglichkeiten für virtuelle Sitzungsteilnahme im Falle physischer Verhinderung aufgrund höherer Gewalt und die Verpflichtung des Bundesrates zu schnelleren Stellungnahmen bei gleichlautenden dringlichen Kommissionsmotionen vor. Umstritten blieb die Frage, ob es statt der heutigen Verwaltungsdelegation neu eine ständige Verwaltungskommission braucht. Der Nationalrat setzte sich für eine solche ein, der Ständerat lehnte sie ab – eine Differenz, die ins Jahr 2023 mitgenommen wird.
Nicht nur die Verwaltungskommission, auch die Schaffung einer ausserordentlichen Aufsichtsdelegation war umstritten. Die vom Nationalrat jeweils mit grosser Mehrheit unterstützte Idee, dass es neben der PUK und den Aufsichtskommissionen ein mit starken Informationsrechten ausgerüstetes Gremium geben soll, das als problematisch beurteilte Vorkommnisse in der Verwaltung rasch untersuchen könnte, war beim Ständerat stets auf Unwille gestossen. Auch nach einer Einigungskonferenz konnten sich die Räte nicht auf eine Lösung verständigen, woraufhin der Ständerat das Anliegen versenkte, zumal er die bestehenden Instrumente und Akteure als genügend stark erachtete.

Seit vielen Jahren Zankapfel zwischen den Räten ist die Frage nach der Höhe der Löhne in der Bundesverwaltung. In diesem Jahr beendete der Ständerat eine beinahe sechsjährige Diskussion dazu, indem er auf eine entsprechende Vorlage der SPK-SR auch in der zweiten Runde nicht eintrat, obwohl der Nationalrat deutlich für eine Obergrenze von CHF 1 Mio. votiert hatte. Die SPK-NR sorgte in der Folge mit einer neuerlichen parlamentarischen Initiative für ein Verbot von «goldenen Fallschirmen» für Bundeskader dafür, dass diese Auseinandersetzung weitergehen wird.

In schöner Regelmässigkeit wird im Parlament auch die Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit diskutiert. Zwei entsprechende Motionen wurden in diesem Jahr von der Mehrheit des Ständerats abgelehnt, da das aktuelle System, in welchem die Letztentscheidung dem direktdemokratischen Element und nicht der Judikative überlassen wird, so gut austariert sei, dass ein Verfassungsgericht nicht nötig sei. Freilich ist sich das Parlament der Bedeutung der obersten Bundesgerichte durchaus bewusst. Ein Problem stellt dort seit einiger Zeit vor allem die chronische Überlastung aufgrund der hohen Fallzahlen dar. Daher werde gemäss Justizministerin Karin Keller-Sutter mittelfristig eine Modernisierung des Bundesgerichtsgesetzes geprüft, kurzfristig sei eine Entlastung aber nur durch eine Erhöhung der Zahl der ordentlichen Richterinnen und Richter zu erreichen. Eine entsprechende parlamentarische Initiative der RK-NR hiessen beide Kammern gut, allerdings jeweils gegen die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, die in der Erhöhung lediglich «Flickwerk» sah.

Die mittels direktdemokratischer Abstimmungen verhandelte Schweizer Politik zeigte sich 2022 einigermassen reformresistent. Nachdem im Februar gleich beide zur Abstimmung stehenden fakultativen Referenden (Gesetz über die Stempelabgaben und Medienpaket) erfolgreich waren, wurde in den Medien gar spekuliert, ob die Bundespolitik sich nun vermehrt auf Blockaden einstellen müsse. Allerdings passierten dann im Mai und im September 4 von 5 mittels Referenden angegriffenen Bundesbeschlüsse die Hürde der Volksabstimmung (Filmgesetz, Organspende, Frontex, AHV21). Einzig die Revision des Verrechnungssteuergesetzes wurde im September an der Urne ausgebremst. 2022 war zudem die insgesamt 25. Volksinitiative erfolgreich: Volk und Stände hiessen die Initiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» gut. Die beiden anderen Volksbegehren (Massentierhaltungsinitiative, Initiative für ein Verbot von Tier- und Menschenversuchen) wurden hingegen abgelehnt.

Dass in der Schweizer Politik manchmal nur ganz kleine Schritte möglich sind, zeigen die erfolglosen Bemühungen, den Umfang an Stimm- und Wahlberechtigten zu erhöhen. Der Nationalrat lehnte zwei Vorstösse ab, mit denen das Stimmrecht auf Personen ohne Schweizer Pass hätte ausgeweitet werden sollen. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Stimmrechtsalter in naher Zukunft auf 16 gesenkt werden wird, hat sich im Jahr 2022 eher verringert: Zwar wies eine knappe Mehrheit des Nationalrats den Abschreibungsantrag für eine parlamentarische Initiative, welche eine Senkung des Alters für das aktive Stimmrecht verlangt und welcher 2021 beide Kammern Folge gegeben hatten, ab und wies sie an die SPK-NR zurück, damit diese eine Vorlage ausarbeitet. In zwei Kantonen wurde die Senkung des Stimmrechtsalters im Jahr 2022 an der Urne aber deutlich verworfen: in Zürich im Mai mit 64.8 Prozent Nein-Stimmenanteil, in Bern im September mit 67.2 Prozent Nein-Stimmenanteil.

Allerdings fielen 2022 auch Entscheide, aufgrund derer sich das halbdirektdemokratische System der Schweiz weiterentwickeln wird. Zu denken ist dabei einerseits an Vorstösse, mit denen Menschen mit Behinderungen stärker in den politischen Prozess eingebunden werden sollen – 2022 nahmen etwa beide Kammern eine Motion an, mit der Einrichtungen geschaffen werden, die helfen, das Stimmgeheimnis für Menschen mit Sehbehinderung zu gewährleisten. Zudem gaben National- und Ständerat einer parlamentarischen Initiative für die Barrierefreiheit des Live-Streams der Parlamentsdebatten Folge, damit auch hörgeschädigte Menschen diesen folgen können. Andererseits verabschiedete der Bundesrat die Verordnung zu den künftigen Transparenzbestimmungen bei Wahlen und Abstimmungen. Ob und wie die erstmals für die eidgenössischen Wahlen 2023 bzw. für das Finanzjahr 2023 vorzulegenden Kampagnen- und Parteibudgets die politischen Debatten beeinflussen werden, wird sich weisen.

Jahresrückblick 2021: Institutionen und Volksrechte
Dossier: Jahresrückblick 2022

Im Dezember 2020 reichte Balthasar Glättli (gp, ZH) eine Motion für ein nachhaltiges Impulsprogramm zur Bewältigung der Corona-Krise ein. Dieses Impulsprogramm sollte verschiedene Massnahmen und Ziele verfolgen, wie erhöhte Investitionen in den Klimaschutz, Schaffung neuer Arbeitsplätze in nachhaltigen Bereichen, neue Erwerbsperspektiven für Menschen in Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit durch Weiterbildungen und Umschulungen, eine Ausbildungsoffensive gegen den Fachkräftemangel oder Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich. Der Bundesrat beantragte in seiner Stellungnahme vom Februar 2021, die Motion abzulehnen, und verwies dabei auf bereits geplante Investitionen und Bemühungen seinerseits sowie des Parlaments. Im Dezember 2022 wurde die Motion abgeschrieben, da sie nicht innerhalb der zweijährigen Frist behandelt worden war.

Grüner aus der Corona-Krise: Für ein nachhaltiges Impulsprogramm, das Klimaschutz-Jobs, Zukunfts-Jobs und Care-Jobs schafft (Mo. 20.4726)
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

Die Wahl

Am Mittwoch 7. Dezember schritt die Vereinigte Bundesversammlung schliesslich zur Ersatzwahl. Entsprechend dem Protokoll wurden zuerst die beiden zurücktretenden Bundesratsmitglieder durch den Nationalratspräsidenten Martin Candinas (mitte, GR) verabschiedet. Als «Chrampfer» würdigte Candinas den zurücktretenden SVP-Bundesrat Ueli Maurer. Er sei «das Gewissen der Finanzpolitik» gewesen und habe immer wieder vor Mehrausgaben gewarnt. Im Parlament würden seine Freundlichkeit, sein «verschmitzter Humor» und seine Vorlieben für Metaphern fehlen, so Candinas. Simonetta Sommaruga habe nicht nur «die Prinzipien der Kollegialität und der Konkordanz verkörpert», sondern auch stets das Wohl der Menschen in den Mittelpunkt gestellt, lobte Nationalratspräsident Candinas die scheidende Magistratin. Insbesondere während ihres Präsidialjahres während der Covid-19-Krise habe sie die bemerkenswerte Fähigkeit gezeigt, auch «[i]m Moment der Unsicherheit Brücken zu bauen».
Ueli Maurer hob in seiner Abschiedsrede die Bedeutung von Freiheit hervor, die es zu verteidigen gelte, wozu auch ein gesunder Finanzhaushalt beitrage. Er sei stolz auf seinen Ruf als «Sparonkel», freue sich jetzt aber auf die Zeit danach. Simonetta Sommaruga ihrerseits betonte, wie wichtig es sei, dass dass man trotz unterschiedlicher Auffassungen aufeinander zugehe. Es sei ihr eine Freude und eine Ehre gewesen, Bundesrätin zu sein: «Ich habe es gerne gemacht», wiederholte sie noch einmal den Satz, den sie bereits bei ihrer Rücktrittsankündigung gesagt hatte. Die scheidende Magistratin und der scheidende Magistrat wurden unter grossem Beifall und stehenden Ovationen verabschiedet.

Nachdem Martin Candinas die Fraktionsempfehlungen für die Ersatzwahl von Ueli Maurer verlesen hatte – mit Ausnahme der grünen Fraktion, die keinen Kandidaten empfahl, schlugen alle anderen Fraktionen sowohl Albert Rösti (svp, BE) als auch Hans-Ueli Vogt (svp, ZH) vor – und Fraktionssprecher Thomas Aeschi (svp, ZG) das Parlament gebeten hatte, jemanden vom SVP-Ticket zu wählen, schritt die Vereinigte Bundesversammlung zur ersten «Wahl eines neuen Mitglieds in den Bundesrat». Die Nachfolge von Ueli Maurer war sehr rasch geregelt: Bereits im ersten Wahlgang übersprang der Favorit Albert Rösti das absolute Mehr. Mit 131 von 243 gültigen Stimmen liess er Hans-Ueli Vogt, der 98 Stimmen erhielt, recht deutlich hinter sich. 14 Stimmen entfielen auf Verschiedene.
In seiner kurzen Rede, in welcher der neu gekürte Bundesrat «mit grosser Freude und grossem Tatendrang» die Wahl annahm, betonte Albert Rösti, dass er seine Lebenserfahrung einbringen und seine Überzeugungen im Bundestat vertreten werde; er wolle aktiv und konstruktiv an Lösungen arbeiten, die Bestehendes bewahren, aber wo nötig auch behutsam Anpassungen verlangen.

Die Ersatzwahl von Simonetta Sommaruga dauerte dann etwas länger. Auch hier gab der Nationalratspräsident die Empfehlungen der Fraktionen bekannt – ausser der GLP-Fraktion, die nur Eva Herzog (sp, BS) empfahl, schlugen alle anderen Fraktionen beide Kandidatinnen zur Wahl vor – und auch hier ergriff lediglich der Fraktionspräsident der SP das Wort. Roger Nordmann (sp, VD) dankte noch einmal den beiden scheidenden Bundesratsmitgliedern. Gemäss den seit einigen Jahren eingespielten Gepflogenheiten präsentiere auch die SP-Fraktion ein Zweierticket zur Auswahl, betonte er. Im ersten Wahlgang erhielten freilich nicht bloss die beiden offiziellen Kandidatinnen Stimmen: Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) kam auf 96 von 243 gültigen Stimmen, Eva Herzog auf 83 Stimmen, gefolgt von Daniel Jositsch (sp, ZH), dem 58 Mitglieder der Bundesversammlung ihre Stimme gaben. 6 Stimmen entfielen auf Diverse. Das absolute Mehr von 123 wurde damit von niemandem erreicht.
Im Vorfeld des zweiten Wahlgangs ergriff noch einmal der Fraktionspräsident der SP das Wort. Er bitte die Bundesversammlung, eine der beiden vorgeschlagenen Frauen zu wählen. Die Zusammensetzung des Bundesrats mit fünf Männern und zwei Frauen sei nicht nur unausgewogen, sondern würde auch völlig aus der Zeit fallen. Er erinnere daran, dass bis heute – inklusive Albert Rösti, dem er gratuliere – 111 Männer, aber lediglich neun Frauen in der Landesregierung gesessen seien. Es sei Zeit für die zehnte. Nicht ans Rednerpult schritt hingegen Daniel Jositsch, obwohl viele Beobachterinnen und Beobachter erwartet hätten, dass er eine Verzichtserklärung abgeben würde. In der Folge erhielt er auch im zweiten Wahlgang 28 Stimmen, weshalb erneut weder Elisabeth Baume-Schneider (112 Stimmen) noch Eva Herzog (105 Stimmen) das absolute Mehr überspringen konnten.
Es brauchte entsprechend einen dritten Wahlgang, bei dem sich aber zur grossen Überraschung der meisten Kommentatorinnen und Kommentatoren die Reihenfolge der Kandidatinnen nicht mehr veränderte: Mit 123 Stimmen – genau so viele waren für das absolute Mehr nötig – wurde Elisabeth Baume-Schneider zur neuen Bundesrätin gewählt. Eva Herzog hatte 116 Stimmen erhalten, erneut entfielen 6 Stimmen auf Daniel Jositsch.
Es sorgte für Heiterkeit, dass die neu gekürte Bundesrätin bereits am Rednerpult stand, bevor sie der Nationalratspräsident dorthin gebeten hatte. Auch Elisabeth Baume-Schneider nahm die Wahl an. Sie gratuliere – das sei ganz seltsam, das auszusprechen – ihrem zukünftigen Kollegen Albert Rösti. Sie wolle getreu dem Satz in der Bundesverfassung, dass sich die Stärke des Volkes am Wohl der Schwachen messe, ihre Werte in den Dienst der Gesellschaft stellen. Sie sei sicher charmant, wie dies viele Kolleginnen und Kollegen im Vorfeld der Wahlen in den Medien immer wieder betont hätten, sie sei aber auch ehrlich und sie könne sehr ernsthaft arbeiten, worauf sie sich freue. In der Folge legte Albert Rösti den Eid und Elisabeth Baume-Schneider das Gelübde ab, woraufhin sie mit stehenden Ovationen bedacht wurden. Vor dem Bundeshaus feierten rund 200 Jurassierinnen und Jurassier den Überraschungssieg «ihrer» ersten Bundesrätin.

Die Medien sprachen praktisch unisono von einer Überraschung. Während die Presse in der Romandie den Sieg ihrer neuen Bundesrätin feierte – Le Temps betitelte sie als «La reine Elisabeth» –, die Wahl als «Höhepunkt eines überzeugenden politischen Werdegangs» darstellte und ihre hervorragende Kampagne lobte, hoben die Deutschschweizer eher die im Vergleich zur «distanziert-kühlen» Eva Herzog sympathischere Art der Jurassierin hervor, um die Überraschung zu erklären. Die NZZ vermutete, dass die Jurassierin von vielen Parlamentsmitgliedern nicht nur als zugänglicher, sondern auch als beeinflussbarer bewertet worden sei. Es sei nicht das erste Mal, «dass in einer Bundesratswahl die Gmögigere gewählt» werde. Die NZZ vermutete gar, dass «der männliche Teil des Parlaments [...] in dubio lieber eine Tochter- oder Mutterfigur [wählt], hingegen vor starken und machtbewussten Frauen [zurückschreckt]». Diese Aussagen wurden in der Folge verschiedentlich als sexistisch kritisiert.
Zahlreiche weitere Gründe wurden für die überraschende Wahl von Baume-Schneider in den Medien bemüht. Mehrmals wurde etwa strategisches Verhalten vermutet: Innerhalb der SP hätten einige den «natürlichen Berset-Nachfolger» Pierre-Yves Maillard (sp, VD) verhindern wollen, mutmasste etwa die NZZ und auch Le Temps glaubte, dass sich das Parlament mit der Wahl Baume-Schneiders für künftige Bundesratswahlen mehr Optionen habe offenlassen wollen. Für den Blick war der «Jura-Coup» eine Folge freisinniger Strategie: So hätten etwa die Stimmen aus der Landwirtschaft und von vielen Romand.e.s nicht für eine Wahl gereicht, die nötigen Stimmen habe sie aus der FDP-Fraktion erhalten, die erkannt habe, dass sie der SP schade, wenn diese zwei Mitglieder aus der Westschweiz in der Landesregierung habe. Als weiteren Grund machten einige Medien auch den Umstand aus, dass Herzog einigen Bürgerlichen wohl «zu europafreundlich» gewesen sei.

Für mediale Diskussionen sorgten auch die Stimmen, die Daniel Jositsch erhalten hatte. In verschiedenen Interviews wurde zudem Unmut darüber geäussert, dass der Zürcher Ständerat keine Verzichtserklärung abgegeben hatte. Insbesondere in seiner eigenen Partei habe er damit viel Geschirr zerschlagen. Der Blick sprach im Hinblick auf künftige Bundesratswahlen gar von einem «Eigengoal»: Mit seinem Verhalten habe er sein Ziel, Bundesrat zu werden, wohl endgültig verbaut. Die Stimmen für Daniel Jositsch seien wohl vor allem aus der SVP gekommen, wurde vermutet. In der Tat gab Christian Imark (svp, SO) in der Solthurner Zeitung zu Protokoll, aus «Protest gegen das Theater im Vorfeld» zuerst Daniel Jositsch die Stimme gegeben zu haben.

Weniger Analyse wurde in den Medien für die Wahl von Albert Rösti angestrengt. «Viel Drama bei der SP – null Drama bei der SVP», brachte dies der Tages-Anzeiger auf den Punkt. Das Resultat sei vor allem auch die Folge davon, dass die Berner Sektion im Gegensatz zur Zürcher Sektion für eine Nachfolge bereit gewesen sei, urteilte Le Temps; Hans-Ueli Vogt sei zudem wohl auch sein Ruf zum Verhängnis geworden, zu wenig hart für den Job zu sein. Die grosse Frage sei nun, wie stark Albert Rösti, der laut NZZ «Konkordanz verkörpert», die Linie der SVP im Bundesrat vertreten werde.

Die Bundesratsersatzwahlen brachten also eine Premiere: Zum ersten Mal seit seinem Bestehen (1979) war der Kanton Jura in der Landesregierung vertreten. Die Wahl seiner Bundesrätin wurde im Kanton Jura denn auch ausgiebig gefeiert. Die Kantonsregierung schaltete ein Inserat, mit dem sie Elisabeth Baume-Schneider gratulierte. Keine Premiere stellte hingegen die Regierungsmehrheit der Sprachminderheiten dar. Bereits von 1917 bis 1920 hatten ein Tessiner (Giuseppe Motta), ein Genfer (Gustave Ador), ein Waadtländer (Camille Decoppet) und der erste Rätoromane (Felix-Louis Calonder) im Bundesrat gesessen. In den restlichen rund 170 Jahren war die Mehrheit in der Landesregierung freilich stets deutschsprachig gewesen. Die von der Bundesverfassung seit 1999 empfohlene adäquate Vertretung der Sprachregionen entspräche mathematisch 2.3 Sitzen für nicht-deutschsprachige Regierungsmitglieder.

Bundesratsersatzwahlen 2022 – Nachfolge von Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

In der Wintersession 2022 behandelte das Parlament den Nachtrag II zum Voranschlag 2022 zusammen mit dem Voranschlag 2023. Anna Giacometti (fdp, GR) erläuterte dem Nationalrat die aktuelle Vorlage als Kommissionssprecherin: Nachdem National- und Ständerat in der Herbstsession 2022 bereits den Voranschlagskredit für subsidiäre Finanzhilfen über CHF 4 Mrd. an ein systemrelevantes Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft bewilligt hatten, standen nun weitere Ausgaben von CHF 1.6 Mrd. in 23 Nachtragskrediten zur Diskussion. Den grössten Kreditposten stellte die Aufnahme von bis zu 110'000 Geflüchteten mit Schutzstatus S dar (CHF 1.2 Mrd.), gefolgt von Transport und Einrichtung von Reservekraftwerken im Kampf gegen eine mögliche Strommangellage ab dem Winter 2022/2023 (CHF 160 Mio. Nachtragskredit, CHF 470 Mio. Verpflichtungskredit) und einem Kredit zur Begleichung der Passivzinsen des Bundes aufgrund der Zinserhöhungen durch die SNB (CHF 135 Mio.). Zuvor hatte die FinDel bereits dringliche Kredite über CHF 4.3 Mrd. bewilligt (neben den CHF 4 Mrd. für die Elektrizitätswirtschaft auch CHF 303 Mio. für das Reservekraftwerk in Birr, für die höheren Migrationsausgaben, für die höheren Passivzinsen sowie für die Impfungen gegen die Affenpocken), diese müssen vom Parlament aber dennoch beraten werden. In der Zwischenzeit hatte der Bundesrat zudem zwei Nachmeldungen zum Nachtrag II vorgenommen, in denen er unter anderem CHF 100 Mio. für ein Winterhilfe-Paket zugunsten des Wiederaufbaus der zivilen Infrastruktur in der Ukraine beantragte.

Während sich die Kommissionsmehrheit mit allen Nachtragskrediten und Nachmeldungen einverstanden zeigte, lagen zahlreiche Minderheitsanträge vor. So verlangte eine Minderheit Friedl (sp, SG), die Beträge zugunsten der Ukraine aufzustocken, was der Nationalrat jedoch mehrheitlich ablehnte. Kürzungsanträge stellten hingegen Mike Egger (svp, SG) bezüglich des Globalbudgets des BAG für den Kauf des Impfstoffes gegen die Affenpocken sowie Benjamin Fischer (svp, ZH) zu den Integrationsmassnahmen für Ausländerinnen und Ausländer, sie blieben jedoch ebenfalls erfolglos. Abgelehnt wurden auch die Kürzungs- oder Streichungsanträge von Mitgliedern der SVP-Fraktion bezüglich verschiedener Kredite beim BFE: So sollte der Kredit für die Reservekraftwerke weniger stark erhöht, das Globalbudget des BFE gar nicht erhöht und der Nachtragskredit für die Notstromgruppen gestrichen werden, obwohl die FinDel bereits verschiedene dieser Beträge gutgeheissen hatte. Erfolglos blieb schliesslich auch ein Einzelantrag Glättli (gp, ZH) auf Erhöhung des Globalbudgets des BFE zur Finanzierung einer Informationskampagne zum Einsparpotenzial im Warmwasserbereich.
Mit 139 zu 51 Stimmen (bei 1 Enthaltung) hiess der Nationalrat in der Folge den zweiten Entwurf des Nachtrags II zum Voranschlag 2023 gut, die ablehnenden Stimmen stammten von den Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Keine Änderungsanträge lagen im Ständerat vor, der sämtliche Kredite stillschweigend guthiess, sämtliche Ausgaben einstimmig genehmigte und den Entwurf schliesslich mit 38 zu 0 Stimmen ebenfalls einstimmig annahm.

Nachtrag II zum Voranschlag 2022 (BRG 22.042)
Dossier: Bundeshaushalt 2022: Voranschlag und Staatsrechnung

Bereits in der Wintersession 2022 beriet das Parlament den Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen fertig. Dies war nötig, damit die entsprechende Verordnung ab dem 1. Januar 2024 in Kraft treten und die Regelungen der OECD somit termingerecht umgesetzt werden können – vorausgesetzt, die Stimmbevölkerung heisst die Verfassungsänderung im Juni 2023 an der Urne gut.

Nach dem Ständerat, der sich bereits in der Herbstsession zur Vorlage geäussert hatte, setzte sich zu Beginn der Wintersession der Nationalrat mit dem Bundesbeschluss zur Änderung der Verfassung auseinander. Vertreterinnen und Vertreter der bürgerlichen Parteien unterstrichen in der Eintretensdebatte die Notwendigkeit der Vorlage, auch wenn sie teilweise als notwendiges Übel dargestellt wurde. Sie betonten, dass sich der Standortwettbewerb in den kommenden Jahren aufgrund der OECD-Mindestbesteuerung verstärken werde und die betroffenen Kantone ihre sinkende Steuerattraktivität kompensieren müssten. Dem pflichtete der Finanzminister später bei, als er betonte, dass es aufgrund dieser Vorlage zu grossen Veränderungen kommen werde – der Standortwettbewerb verlagere sich auf Bereiche, in denen «die Schweiz nicht mithalten kann». Vertreterinnen und Vertreter der links-grünen Parteien hingegen erachteten die OECD-Reform als Versuch, den in ihren Augen schädlichen internationalen Steuerwettbewerb einzuschränken. Entsprechend sollten die daraus resultierenden Einnahmen nicht erneut dafür eingesetzt werden, einzelne Kantone für Unternehmen attraktiver zu machen, womit auch die interkantonale Ungleichheit noch verstärkt würde. Eintreten war in der Folge unbestritten.

Die grosse Debatte betraf in der Folge die Frage, wie die aufgrund der Ergänzungssteuer erzielten Mehreinnahmen zwischen Bund und Kantonen verteilt werden sollen. Der Bundesrat hatte in Absprache mit den Kantonen eine Verteilung von 25 Prozent für den Bund und 75 Prozent für die Kantone vorgeschlagen, der Ständerat war seinem Antrag gefolgt. Eine Minderheit III Walti (fdp, ZH) vertrat diese Position im Nationalrat. Die WAK-NR befürwortete hingegen eine Verteilung von 50-zu-50 Prozent für Bund und Kantone, wobei eine Obergrenze von CHF 400 pro Einwohnerin und Einwohner geschaffen werden sollte. Einerseits sei die finanzielle Situation der Kantone deutlich besser als diejenige des Bundes, zudem sei ein Engagement des Bundes im Standortwettbewerb vonnöten, begründete Landolt (mitte, GL) im Namen der Kommission den höheren Bundesanteil. Schliesslich führe dieser Vorschlag in 16 Kantonen zu Mehreinnahmen gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag. Daneben lagen jedoch zahlreiche Minderheitsvorschläge vor. Zwei Minderheiten I Grossen (glp, BE) und II Feller (fdp, VD) befürworteten die Verteilung von 50 zu 50, lehnten aber die Pro-Kopf-Obergrenze ab. Die Minderheit I Grossen wollte die Gelder zu zwei Dritteln entsprechend der kantonalen Wirtschaftsleistung und zu einem Drittel entsprechend der Wohnbevölkerung auf die Kantone verteilen, während die Minderheit II Feller keine Ergänzungen vorsah. Extrempositionen nahmen die Minderheiten IV Martullo (svp, GR) sowie VI Glättli (gp, ZH) ein, die 100 Prozent der Gelder den Kantonen (Martullo) respektive dem Bund (Glättli) zukommen lassen wollten.
Finanzminister Maurer warnte den Rat eindringlich vor den Folgen einer Abweichung vom Kompromiss zwischen den Kantonen: Damit lasse man die «Solidarität auseinanderbrechen», betonte er und empfahl folglich die Minderheit IV Walti zur Annahme.
Dennoch setzte sich die Minderheit II Feller und somit die hälftige Verteilung zwischen Bund und Kantonen ohne Einschränkungen gegen die Alternativvorschläge durch. Angenommen wurde auch eine Minderheit V Leo Müller (mitte, LU), mit der die Verteilung der kantonalen Mehreinnahmen auf Gemeinden und Städte gemäss der Verteilung der Gewinnsteuern festgeschrieben werden sollte. Der Nationalrat schuf damit gleich zwei Differenzen zum Erstrat.
Erfolgreich war mit 161 zu 25 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) überdies ein Einzelantrag Leo Müller für eine Änderung des Vorlagentitels als dritte Differenz. Dieser sollte neu die «Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung grosser Unternehmensgruppen» in den Mittelpunkt stellen, nicht wie bisher die «Besteuerung der digitalen Wirtschaft». Müller hatte zuvor auf die Notwendigkeit verwiesen, dass die Vorlage bei einer Volksabstimmung einen passenden Titel aufweist.
Schliesslich folgte der Nationalrat auch einem Antrag seiner Kommissionsmehrheit und beauftragte den Bundesrat, bis sechs Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung zur Mindestbesteuerung das entsprechende Bundesgesetz vorzulegen. Damit schuf er eine vierte Differenz zum Ständerat. Eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) wollte ergänzend vom Bundesrat verlangen, zusammen mit der Ausführungsgesetzgebung auch eine Anpassung der NFA zu präsentieren, da das «neue[...], NFA-ähnliche[...] Umverteilungsgefäss» zusammen mit den bestehenden NFA-Gefässen angeschaut werden müsse. Der Nationalrat entschied sich jedoch mit 143 zu 46 Stimmen für den Mehrheitsantrag.

Daneben versuchten verschiedene Minderheiten, die Vorlage um weitere Elemente zu ergänzen – blieben damit aber erfolglos. Auf bürgerlicher Seite verlangte eine Minderheit Aeschi, gleichzeitig mit der Unternehmensbesteuerung auch die natürlichen Personen zu entlasten, was die Mehrheit der Sprechenden mit Verweis darauf ablehnte, dass dieser Antrag themenfremd sei und Kosten in Milliardenhöhe verursachen würde. Auch der Nationalrat sah von dieser Ergänzung ab (141 zu 48 Stimmen).
Eine weitere Minderheit Aeschi wollte erfolglos (134 zu 55 Stimmen bei 1 Enthaltung) die Reichweite der Vorlage auf juristische Personen beschränken und damit Personengesellschaften von der Regelung ausnehmen. Dies lehnte etwa Finanzminister Maurer mit der Begründung ab, dass die OECD-Regelung auch solche Unternehmen einbeziehe.
Erfolglos blieben auch zwei Minderheiten Feller für eine Einschränkung der Bestimmungen auf «grosse multinationale Unternehmensgruppen» – der Bundesrat hatte nur von «grossen Unternehmensgruppen» gesprochen. Sollte die erste Säule der OECD-Bemühungen, die sich mit der «steuerlichen Zuteilung von Gewinnen grosser Unternehmensgruppen» (EFD) beschäftigt, ebenfalls umgesetzt werden, bräuchte es bei einer solchen Ergänzung eine neue Verfassungsänderung, begründete der Finanzminister seine ablehnende Haltung. Der zweite Minderheitsantrag Feller verlangte, dass die Veranlagung zwingend durch die Kantone gemacht werden muss – bisher enthielt die Vorlage diesbezüglich Ausnahmemöglichkeiten. Kommissionssprecher Landolt betonte, dass man diese Frage absichtlich offen lassen wolle, um sie im Rahmen des späteren Gesetzgebungsverfahrens regeln zu können. Mit 130 zu 58 Stimmen (bei 1 Enthaltung) respektive 131 zu 57 Stimmen (bei 1 Enthaltung) fanden auch diese zwei Anträge keine Mehrheit. Alle vier Minderheitsanträge wurden von der SVP-Fraktion sowie von einer Minderheit der FDP-Fraktion und einzelnen Mitgliedern der Mitte-Fraktion befürwortet.

Nicht nur von bürgerlicher, auch von links-grüner Ratsseite lagen zahlreiche erfolglose Minderheitsanträge vor.
Eine Minderheit Birrer-Heimo (sp, LU) erachtete einen Vollzug der neuen Steuer durch die ESTV als sinnvoller als einen kantonalen Vollzug mit Unterstützung durch die ESTV – zumal immer mehrere Kantone betroffen seien. Finanzminister Maurer wies auf den bereits bestehenden Kontakt zwischen Kantonen und Unternehmen hin und erachtete den Vollzug durch die Kantone daher als sinnvoller. Der Minderheitsantrag scheiterte mit 110 zu 79 Stimmen.
Genauere Vorschriften für die Verwendung der Bundesgelder verlangten zwei Minderheiten I Badran (sp, ZH) und II Ryser (gp, SG). Um den «Basar» zur Verteilung der Gelder durch die ungenaue Formulierung einer «Förderung der Standortattraktivität» zu stoppen, schlug Jacqueline Badran eine Zweckbindung zur Finanzierung von familienexterner Kinderbetreuung und Franziska Ryser eine Zweckbindung zur Finanzierung der Individualbesteuerung vor. Mit beiden Vorschlägen könne das inländische Fachkräftepotenzial besser ausgeschöpft werden, betonten sie. Martin Landolt lehnte es im Namen der Kommission jedoch ab, konkrete Massnahmen zu treffen, solange die konkreten Herausforderungen noch nicht bekannt seien. Mit 97 zu 90 Stimmen bevorzugte der Nationalrat den Vorschlag der Kommissionsmehrheit gegenüber dem Minderheitsantrag I Badran, der sich zuvor ähnlich knapp gegen den Minderheitsantrag Ryser durchgesetzt hatte.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat den Entwurf mit 127 zu 43 Stimmen (bei 18 Enthaltungen) an. Abgelehnt wurde der Entwurf von den Mitgliedern der SVP-Fraktion, Enthaltungen fanden sich in allen Fraktionen ausser derjenigen der GLP.

Besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (OECD-Mindestbesteuerung; BRG 22.036)

Die Fraktionshearings

In der Woche vor den Ersatzwahlen hatten die zwei verbliebenen SP-Kandidatinnen – Eva Herzog (sp, BS) und Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) – und SVP-Kandidaten – Albert Rösti (svp, BE) und Hans-Ueli Vogt (svp, ZH) – den einzelnen Fraktionen Red und Antwort zu stehen. Vor diesen Fraktionshearings wurden die vier Kandidierenden allerdings von der rund 30-köpfigen, starken Bauernlobby im Parlament angehört, was einiges Medienecho auslöste. Man habe sofort Unterschiede hinsichtlich Herkunft von Stadt und Land gespürt, gab Pierre-André Page (svp, FR) im Anschluss an diese Sitzung 24Heures zu Protokoll. Für Albert Rösti und Elisabeth Baume-Schneider sei die Landwirtschaft nicht einfach bloss Politik, sondern man merke, dass sie aus eigener Erfahrung wüssten, wie die Realität als Landwirtin und Landwirt aussehe, liess sich auch Simone de Montmollin (fdp, GE) zitieren. Man gebe aber keine Wahlempfehlung ab, so der Präsident der Gruppe, Markus Ritter (mitte, SG). Der Blick verwies darauf, dass es bei der Erneuerungswahl zweimal um «Stadt gegen Land» gehe, sah allerdings wie die meisten anderen Deutschschweizer Medien diesbezüglich ein Unentschieden – weiterhin gehörte die Favoritenrolle Albert Rösti und Eva Herzog.

Die Aargauer Zeitung hingegen berichtete nach den ersten Fraktionsanhörungen der SP-Kandidatinnen von einer «rasanten Aufholjagd» der Jurassierin. Ebendiese Nähe zur Landwirtschaft – unterstrichen durch ein Foto, welches sie mit Schwarznasenschafen auf einer Wiese zeigte und das von allen Medien verbreitet wurde – sei nach der Anhörung der SP-Kandidatinnen auch in der SVP-Fraktion als «riesiger Vorteil» bezeichnet worden. Sie sei zwar inhaltlich nicht auf der Linie der Partei, verströme allerdings laut Aussagen verschiedener Fraktionsmitglieder «Wärme, Fröhlichkeit und Zugänglichkeit», vor allem auch, wenn sie Schweizerdeutsch spreche. Bei Eva Herzog sei «die Temperatur im Sitzungszimmer [...] deutlich [gesunken], als sie den Raum betrat», zitierte die Aargauer Zeitung ein weiteres SVP-Fraktionsmitglied. Anders interpretierte die NZZ das Hearing der SVP. Eva Herzog sei bei der SVP gut angekommen, weil sie besser vorbereitet gewesen sei als Elisabeth Baume-Schneider. SVP-Fraktionsmitglieder hätten betont, dass Eva Herzog «das Format für den Bundesrat» habe. Der Tages-Anzeiger schätzte die Stimmung in der SVP auf «zwei Drittel für Herzog, ein Drittel für Baume-Schneider». Die SVP-Fraktion gab in der Folge keine Empfehlung ab, erklärte aber, dass man sich an das SP-Ticket halten werde.
Auch die Fraktion der Grünen gab keine Wahlempfehlung ab, bezeichnete aber beide Kandidatinnen als «ausgezeichnet», so Fraktionschefin Aline Trede (gp, BE) in der Aargauer Zeitung. Da die Mauern der Fraktionszimmer Ohren hätten, wusste die Liberté, dass die Grünen in einer Probeabstimmung mit drei Viertel der Stimmen Elisabeth Baume-Schneider den Vorzug gegeben hätten.
Schon vor der Bekanntgabe der Kandidatur von Elisabeth Baume-Schneider hatte die FDP verlauten lassen, dass sie sich gegen eine Mehrheit von lateinischsprachigen Mitgliedern im Bundesrat stellen werde. Vor den Hearings wurde im Freisinn gar diskutiert, die Jurassierin nicht einzuladen und sich stattdessen mit Evi Allemann zu unterhalten. Diesen Plan liess man dann allerdings fallen. Zwar sprach die Fraktion nach dem Hearing ebenfalls keine Empfehlung aus, erinnerte aber in ihrer Stellungnahme an die Bedeutung der ausgewogenen sprachlichen und regionalen Vertretung im Bundesrat. Die dann doch eher zurückhaltende Position wurde in den Medien dadurch erklärt, dass die starke französischsprachige Minderheit innerhalb der FDP-Fraktion wohl Sympathien für Baume-Schneider gezeigt habe.
In der Mitte-Fraktion sei das Rennen offen, urteilte Le Temps, auch wenn einzelne Fraktionsmitglieder Eva Herzog im Vorteil sähen. Die Sprachenfrage sei für die Mitte eher unwichtig, wenn die Übervertretung der Personen aus der lateinischsprachigen Schweiz nicht zu lange andauere. Der entsprechende Artikel der Bundesverfassung sei keine mathematische Regel, sondern vor allem ein Minderheitenschutz, erinnerte Pirmin Bischof (mitte, SO).
Einzig die GLP-Fraktion sprach sich nach der Anhörung für Eva Herzog aus, weil man sie als fähiger erachte, die EU-Beziehungen zu normalisieren, wie Tiana Moser (glp, ZH) gegenüber Le Temps erklärte.

Die beiden SVP-Kandidaten wurden zuerst von der FDP- und der GLP-Fraktion angehört. Albert Rösti habe dabei wesentlich nervöser gewirkt als Hans-Ueli Vogt, wusste die Aargauer Zeitung zu berichten. Albert Rösti bleibe Kronfavorit, urteilte hingegen die NZZ, auch wenn beide Fraktionen sowohl den Berner als auch den Zürcher als wählbar erachteten und deshalb Stimmfreigabe beschlossen. Einzelne Fraktionsmitglieder befanden, dass Hans-Ueli Vogt einen fragileren Eindruck hinterlassen habe als Albert Rösti. Bei der GLP sei es vor allem darum gegangen, zu entscheiden, welchem der beiden Kandidaten eher zuzutrauen sei, zugunsten der Konkordanz von der Parteilinie abzuweichen.
Zu einem Novum kam es bei der Grünen Fraktion, die zum ersten Mal ein Hearing für die SVP-Kandidaten durchführte. Darauf hatte die Fraktion in den vergangenen Jahren jeweils verzichtet, weil sie mit einer eigenen Kampfkandidatur gegen die SVP angetreten war. Die GP-Fraktion empfehle keinen der beiden SVP-Kandidaten zur Wahl, weil beide ein Risiko für das Klima, die Biodiversität und die Menschenrechte darstellten, liess die grüne Fraktion nach den Anhörungen durch Fraktionsvizepräsidentin Lisa Mazzone (gp, GE) verlauten. Die Fraktionsmitglieder seien frei, bei der Wahl um die Nachfolge von Ueli Maurer keinen oder einen anderen Namen auf den Wahlzettel zu schreiben.
Davon sah die SP-Fraktion ab. Auch wenn die SVP-Kandidierenden weit von der Politik der SP entfernt seien, würden die Fraktionsmitglieder einem offiziellen Kandidierenden die Stimme geben – welchem sei ihnen freigestellt, wurde erklärt.
Auch für die Mitte-Fraktion waren beide SVP-Kandidierenden wählbar und auch sie gab entsprechend keine Wahlempfehlung ab.

Auch nach diesen Hearings blieben die Favoritenrollen in den Medien klar verteilt: Die meisten von den Medien präsentierten Expertinnen und Experten gingen von einer Wahl Albert Röstis und Eva Herzogs aus. Stellvertretend dafür wurde etwa in der Aargauer Zeitung am Tag vor den Wahlen das «Orakel» bzw. der Prognosemarkt «50 plus 1» zitiert, auf dem 149 Politikwissenschafterinnen und Politikwissenschafter mit jeweils 87 Prozent auf eine Wahl Röstis und Herzogs wetteten. Die Wahl von Rösti – aufgrund der Amtsdauer wurde die Nachfolge von Ueli Maurer (14 Jahre im Amt) vor jener von Simonetta Sommaruga (12 Jahre im Amt) durchgeführt – werde zudem Eva Herzog dienen, weil sie als einzige Vertreterin der urbanen Schweiz gelte, prognostizierte der Tages-Anzeiger in seiner Ausgabe am Tag der Wahl. Die NZZ sah allerdings nach den Hearings nur noch «leichte Vorteile» für Eva Herzog. Es gebe nichts mehr, dass «klar gegen Baume-Schneider» spreche, eine Überraschung sei deshalb nicht auszuschliessen. Für Schlagzeilen nach der ominösen «Nacht der langen Messer» sorgten Aussagen mehrerer Parlamentsmitglieder, dass Daniel Jositsch (sp, ZH) – obwohl nicht offizieller Kandidat – wohl einige Stimmen machen werde und – falls er gewählt würde – nicht auf die Wahl verzichten würde. Man werde staunen, wie viele Stimmen Jositsch machen werde, wurde etwa Nik Gugger (evp, ZH) in der Aargauer Zeitung zitiert.

Bundesratsersatzwahlen 2022 – Nachfolge von Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Le Conseil national a tacitement validé la volonté de sa Commission de l'économie et des redevances (CER-CN) de prolonger de deux années le délai de traitement de l'avant-projet de législation sur les sanctions en cas d'indications fausses ou incomplètes dans les offres publiques d'achat. Cette initiative parlementaire du député zurichois Hans-Ueli Vogt (udc, ZH) a pour objectif de modifier la Loi sur les infrastructures des marchés financiers (LIMF) afin d'instaurer une réciprocité des sanctions entre l'acheteur et l'offrant sur les marchés financiers.

Loi sur l'infrastructure des marchés financiers. Sanctions en cas d'indications fausses ou incomplètes dans les offres publiques d'achat (In. Pa. 18.489)

In einer langen und intensiven Debatte beschäftigte sich der Nationalrat in der Herbstsession 2022 mit der Vorlage über einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung mittels Abschaffung des Eigenmietwerts. Daniela Schneeberger (fdp, BL) und Céline Amaudruz (svp, GE) erstatteten als Sprecherinnen der WAK-NR der grossen Kammer Bericht über den umstrittenen Erlassentwurf und die von der Kommission beantragten Änderungen gegenüber der vom Ständerat verabschiedeten Version. Die Kommissionsmehrheit sei weiterhin der Ansicht, dass der Eigenmietwert als fiktiver Einkommensbestandteil störend wirke und von der Bevölkerung nicht verstanden werde, insbesondere von Personen, die ihre Liegenschaft abbezahlt hätten. Deshalb sehe die Mehrheit der WAK-NR Handlungsbedarf und unterstütze die Bestrebungen zur Abschaffung. Dabei räumten die Sprecherinnen jedoch auch ein, dass es noch einige Punkte anzupassen gebe.

In der Eintretensdebatte galt es über einen Nichteintretensantrag sowie zwei Anträge zur Rückweisung der Vorlage an die Kommission zu befinden. Der Nichteintretensantrag sowie einer der beiden Rückweisungsanträge stammten aus der Feder von Cédric Wermuth (sp, AG). Dieser liess kein gutes Haar an der Vorlage und nannte vier Gründe, nicht auf sie einzutreten. Erstens sei die Besteuerung des Eigenmietwerts steuersystematisch sinnvoll, da damit ein effektiver ökonomischer Nutzen besteuert werde. Zweitens würde die Vorlage die sowieso schon steuerlich bevorzugten Wohneigentümerinnen und -eigentümer noch zusätzlich bevorzugen. Drittens sei es schwierig, die aktuelle Situation zu ändern, ohne dabei jemanden stark zu benachteiligen, beispielsweise jüngere Menschen oder Bergregionen. Viertens führe die Vorlage auch zu gewichtigen finanziellen Ausfällen. Wermuth beantragte deshalb, nicht auf die Vorlage einzutreten. Falls der Rat doch auf sie eintrete, dann werde er sich für seinen Rückweisungsantrag einsetzen. Dieser sah vor, dass die parlamentarische Initiative der WAK-SR, auf der die Vorlage basiert, stattdessen mittels einer Härtefallregelung umgesetzt werden soll, womit insbesondere Rentnerinnen und Rentner, welche ihre selbstbewohnte Immobilie abbezahlt haben, aber nur über ein tiefes Einkommen verfügen, entlastet würden.

Der zweite Rückweisungsantrag stammte von Markus Ritter (svp, SG). Ritter sprach sich zwar für die Abschaffung des Eigenmietwerts aus, wollte die Vorlage aber zurück an die Kommission schicken, u.a. da eine Volksabstimmung bei erwarteten gesamtstaatlichen Steuerausfällen von CHF 3.8 Mrd. nicht zu gewinnen sei, betonte er auch mit Verweis auf die Abstimmungen über die Vorlagen zur Abschaffung der Stempelsteuerabgabe und der Verrechnungssteuer, die beide an der Urne gescheitert waren. Um die Mängel der Vorlage zu beheben, sei eine Rückweisung sinnvoller als eine direkte Beratung im Nationalrat. Zudem müssten erstens die Kantone enger eingebunden werden, da diese auch stark betroffen seien. Zweitens habe sich die Vorlage zu stark vom ursprünglichen Ziel des Systemwechsels entfernt und drittens störte sich Ritter daran, dass trotz der Abschaffung des Eigenmietwerts Schuldzinsabzüge bestehen bleiben sollen. Schliesslich lägen der eidgenössischen Steuerverwaltung ab Januar 2023 aktualisierte Zahlen aus vier grossen Kantonen vor, welche für die Entscheidfindung in der Kommission wichtig seien. Auch die von Wermuth verlangte Prüfung einer Härtefalllösung sei Teil seines Rückweisungsantrags, betonte Ritter.

Für Eintreten sprachen sich die Fraktionen der FDP und der SVP aus. Von der SVP weibelte unter anderem Esther Friedli (svp, SG) für die Vorlage. Die Besteuerung des Eigenmietwerts sei während des Ersten Weltkriegs provisorisch eingeführt worden und es sei nun endlich an der Zeit, sie wieder abzuschaffen. Man besteuere nämlich ein fiktives Einkommen. Ausserdem sei der Kauf von Wohneigentum ein eigenverantwortlicher Beitrag zur Altersvorsorge, der durch den Eigenmietwert massiv behindert werde. Weiter bestrafe das heutige System diejenigen, welche ihre Hypothekarschulden abbezahlen wollen, und setze so Anreize zur Verschuldung. Die Schweiz habe nicht zuletzt deshalb eine solch gefährlich hohe Privatverschuldungsquote. Schliesslich führe die heutige Lösung auch zu viel Bürokratie. Die Position der FDP-Fraktion legte unter anderem Petra Gössi (fdp, SZ) dar. Sie unterstützte den Systemwechsel und war der Meinung, der Rat habe in der Detailberatung noch genügend Möglichkeiten, über die konkrete Ausgestaltung der Vorlage zu diskutieren. Eine Rückweisung bringe hingegen nichts. Die Kantone hätten sich bisher nicht kompromissbereit gezeigt und man könne auch heute schon den Entscheid zum Systemwechsel «auf ordnerweise Material stützen».

Die Fraktionen der Grünen und der SP plädierten für Nichteintreten. Balthasar Glättli (gp, ZH) sprach beispielsweise von einem fiskalpolitischen Blindflug, der schlussendlich die «Welt ungerechter statt gerechter» machen würde. Bei der Vorlage sei nicht mehr viel zu retten. Auch Vertreterinnen und Vertreter der SP sprachen sich deutlich gegen die Vorlage aus. Jacqueline Badran (sp, ZH) befürwortete zwar einen reinen Systemwechsel, weil damit Immobilien weniger wie Anlagen und wieder mehr wie Wohnobjekte behandelt würden. Doch die jetzige Fassung der Vorlage habe nichts mehr mit einem reinen Systemwechsel zu tun, da sämtliche Abzugskosten erhalten blieben. Das Parlament habe sich hier «komplett übermarcht» und die Ausarbeitung «einmal mehr komplett unsorgfältig gemacht».

Die Fraktionen der Mitte und der GLP sprachen sich für Eintreten und für Annahme des Rückweisungsantrags Ritter aus. Kathrin Bertschy (glp, BE) gab derweil zu Protokoll, dass ihre Fraktion einen Systemwechsel grundsätzlich begrüssen würde, weil damit Verschuldungsanreize und ökologische Fehlanreize im Unterhaltskonsum reduziert und die volkswirtschaftliche Stabilität erhöht werden könnten. Allerdings forderte sie einen «umfassenden und vollständigen» Systemwechsel, also einen Wechsel, der auch Zweitwohnungen umfasst und dafür die Steuerabzüge abschafft. Deshalb unterstütze die Fraktion den Rückweisungsantrag Ritter, nicht aber den Nichteintretensantrag Wermuth, da eine Härtefalllösung einfach «eine Steuersubvention für Wohneigentümer, die mehr oder teureren Wohnraum beanspruchen, als sie benötigen oder bezahlen können», darstelle. Ähnlich argumentierte Leo Müller (mitte, LU) für die Mitte-Fraktion, welche die Abschaffung des Eigenmietwerts sowie der Steuerabzüge als «steuersystematisch richtig» und als Mittel zur Entlastung des Mittelstands erachtete.

Zuletzt äusserte sich Bundesrat Ueli Maurer zur Vorlage. Der Bundesrat befürworte einen Systemwechsel, so Maurer, damit Verschuldungsanreize abgebaut, Komplexität reduziert und Lösungen für Rentnerinnen und Rentner mit tiefem Einkommen gefunden werden können. Die Vorlage sei aber in der vorliegenden Fassung nicht finanzierbar und nicht mehrheitsfähig. Er empfahl dem Parlament deshalb, dem Antrag Ritter zuzustimmen.

In den Abstimmungen lehnte der Nationalrat zuerst den Nichteintretensantrag Wermuth mit 125 zu 68 Stimmen ab. Wermuth zog daraufhin seinen Rückweisungsantrag zurück. Der Antrag Ritter fand in der Folge mit 114 zu 77 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) eine Mehrheit im Rat. Die Fraktionen der Mitte, GLP, SP und Grünen stimmten geschlossen für den Antrag und schickten damit die Vorlage zurück an die WAK-NR.

Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung (Pa.Iv. 17.400)
Dossier: Vorstösse zur Abschaffung des Eigenmietwerts (1992-2023)

Nachdem die SPK-NR entschieden hatte, der Vorlage keine Folge zu geben, beugte sich der Nationalrat in der Sommersession 2022 über die parlamentarische Initiative der Grünen Fraktion, die forderte, dass es Kantonen und Gemeinden ermöglicht werden soll, auf eigene Initiative hin zusätzliche Flüchtlingsgruppen aufzunehmen. Der Minderheitensprecher Balthasar Glättli (gp, ZH) argumentierte für das Anliegen seiner Fraktion, dass es keinen guten Grund gäbe, wieso der Schweizer Föderalismus nicht dazu genutzt werden solle, die Asylpolitik der Schweiz menschlicher und offener zu gestalten. Laut Marianne Binder-Keller (mitte, AG) stünde der vorgeschlagene Mechanismus im Verständnis der Kommissionsmehrheit aber im «Widerspruch zum aktuellen System», welches darauf aufbaue, dass «die Lasten» gemeinsam, statt von einzelnen Gemeinden, getragen würden.
Der Nationalrat entschied mit 119 zu 70 Stimmen, dem Anliegen der Grünen Fraktion keine Folge zu geben. Für die Vorlage sprachen sich lediglich die beiden geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen sowie die drei Nationalratsmitglieder der EVP aus. Damit blieb der Nationalrat seiner Stellung zu diesem Thema treu – so hatte er bereits eine Woche zuvor einer Standesinitiative aus dem Kanton Basel-Stadt keine Folge gegeben, die eine ähnliche Änderung im Asylwesen gefordert hatte.

Aufnahme von Asylsuchenden: Willkommensstädte und solidarische Gemeinden ermöglichen (Pa.Iv. 21.419)

Das von Balthasar Glättli (gp, ZH) mittels parlamentarischer Initiative geforderte Obligatorium für die freie Rede bei Ratsdebatten löste in der Sommersession 2022 im Nationalrat ein von einiger Heiterkeit begleitetes Frage-Antwort-Spiel aus. Der Initiant legte dar, dass es zu Beginn des Parlamentsbetriebs, also vor 172 Jahren, verboten gewesen sei, eine Rede abzulesen. Er glaube, dass frei gesprochene Reden nicht nur spannendere, sondern auch verständlichere Debatten nach sich ziehen würden, was «der Demokratie guttäte». Wer frei spreche, habe sich mit dem Thema besser auseinandergesetzt, als wer einfach ablese. Er fordere kein Verbot von Unterlagen, aber er wolle verhindern, dass eine Rede lediglich abgelesen werde. Auf die Frage von Roger Nordmann (sp, VD), ob sich Glättli bewusst sei, dass es sprachliche und rhetorisch nicht so begabte Minderheiten gebe, für die die freie Rede nicht so einfach sei – ein Punkt, den auch das Büro-NR in seinem Bericht gegen die parlamentarische Initiative vorgebracht hatte –, erwiderte der Initiant, dass es in der Tat nicht gut sei, dass man einander nicht verstehe, dies aber mit der freien Rede nichts zu tun habe. Beat Flach (glp, AG) wollte von Glättli wissen, ob er mit einem Verbot nicht überschiesse. Hier brachte der Initiant das Beispiel Grossbritanniens vor, wo man ebenfalls ein Ableseverbot kenne, das freilich mit Augenmass umgesetzt werde: «Aber es gibt dann im britischen Parlament auch den Moment, wo es aus den Reihen schallt ‹He is reading!›, weil man merkt, dass jemand nicht mehr bei der Sache ist, sondern nur noch am Papier klebt. Das will ich verhindern.». Ob denn die freie Rede nicht einfach «in zielloses, polemisches Geschwafel» ausarte, wollte Kurt Fluri (fdp, SO) wissen. Man müsse hierfür wohl zuerst Erfahrungen sammeln und dann allenfalls korrigieren, verteidigte sich Glättli. Es brauche keine Kontrolle, sondern individuelle Abwägung, wie viel man von einem Spickzettel ablesen wolle, antwortete Glättli eine Frage von Lorenz Hess (mitte, BE) und auch die Frage von Benjamin Roduit (mitte, VS), ob denn mit freier Rede nicht die Gefahr eines Überziehens der Zeit bestehe, konterte Glättli: Auch diese Regel müsste eigentlich überdacht werden und auch hier könnte man eine gewisse «souplesse» oder Flexibilität walten lassen.
Das Büro hatte zuvor mit 10 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) entschieden, dem Vorstoss keine Folge zu geben. Neben den in den Fragen angesprochenen Kritikpunkten (Überforderung von Minderheiten, schwierige Kontrolle, Bedeutung der «Legiferierung» statt Debattenkultur in der Schweiz) fügte das Büro im Bericht auch noch das Argument der nötigen Präzision von Reden an: Komplexe Geschäfte sowie die Berichterstattung von Kommissionsdiskussionen bedingten eine möglichst präzise und doch möglichst knappe Sprache. Dies sei in freier Rede kaum möglich. Mit Ausnahme der GLP- und der FDP-Fraktion fanden sich aus allen Fraktionen Unterstützerinnen und Unterstützer des Antrags. Die insgesamt 30 befürwortenden Stimmen reichten allerdings gegen die 129 Stimmen, die der Initiative keine Folge geben wollten, nicht aus. Ins Auge fielen die 32 Enthaltungen, die wiederum mit Ausnahme der FDP-Fraktion aus allen parlamentarischen Gruppen stammten. Damit ist die parlamentarische Initiative erledigt.

Freie Rede einführen (Pa.Iv. 21.500)

«Die Ausländerinnen von heute sind die Frauen von damals», zitierte Balthasar Glättli (gp, ZH) zu Beginn der durch zwei parlamentarische Initiativen zum Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer angestossenen Debatte einen Vergleich zwischen den vor 1971 vom politischen Prozess ausgeschlossenen Frauen und den nach wie vor exkludierten Ausländerinnen und Ausländern aus der NZZ. Zwar sei 1971 ein «Demokratieproblem» gelöst worden, es bestehe aber noch ein weiteres, das angegangen werden könne, wenn man der parlamentarischen Initiative der grünen Fraktion Folge gebe. Auch der zweite Initiant, Mustafa Atici (sp, BS), argumentierte, dass der Ausschluss rund eines Viertels der Bevölkerung die direkte Demokratie der Schweiz unvollständig mache. Im Gegensatz zum Vorstoss der grünen Fraktion, die das passive und aktive Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer auf Bundesebene einführen wollte, forderte Atici dieses für kommunale Angelegenheiten. Beiden Anliegen war gemein, dass sie als Bedingung für die Vergabe der politischen Rechte wenigstens fünf Jahre Wohnsitz in der Schweiz voraussetzten. Die Ratsdebatte war nötig geworden, weil die SPK-NR mit je 17 zu 8 Stimmen empfohlen hatte, beiden Anliegen keine Folge zu geben. Die hauptsächlichen Argumente für die abschlägige Empfehlung wurden von Kommissionssprecherin Marianne Binder-Keller (mitte, AG) und Kommissionssprecher Damien Cottier (fdp, NE) vorgebracht: Wer politische Rechte ausüben wolle, müsse sich lediglich einbürgern lassen. Zudem könne die Einführung eines kommunalen Stimm- und Wahlrechts nicht auf der Bundesebene bestimmt werden, sondern sei eine kantonale Angelegenheit. Darüber hinaus erachte die Kommission die Integration von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz gar «ungeteilt» als «zufriedenstellend»: «Angesichts eines der höchsten Ausländeranteile in Europa gibt es kaum nennenswerte Schwierigkeiten, und ganz offensichtlich fühlen sich die Menschen ausländischer Staatsbürgerschaft abgeholt», erklärte die Kommissionssprecherin. Dies mache den Besitz von Stimm- und Wahlrecht nicht vordringlich. Binder-Keller liess es sich zudem nicht nehmen, den einleitenden Vergleich Glättlis vehement zu kritisieren. Es sei eine «schreiende Ungerechtigkeit» gewesen, «Bürgerinnen und Bürger in einem Land unterschiedlich zu behandeln». Im Gegensatz zu damals bestehe ja heute die Möglichkeit, sich einbürgern zu lassen. Eine links-grüne Kommissionsminderheit stellte bei beiden Vorstössen einen Antrag auf Folgegeben, dem in beiden Fällen allerdings nur die Fraktionen der SP und der Grünen folgten. Die 63 Stimmen reichten allerdings gegen die 110 (Pa.Iv. Atici; 4 Enthaltungen) bzw. 113 (Pa.Iv. GP, 0 Enthaltungen) Gegenstimmen nicht aus. Die Vergabe des Stimm- und Wahlrechts für Nicht-Schweizerinnen und -Schweizer auf kommunaler Ebene hängt somit weiterhin vom Wohlwollen der kantonalen Stimmbevölkerungen ab.

Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer (Pa.Iv 21.405 & Pa.Iv. 21.414)
Dossier: Einführung des Ausländerstimmrechts

Die parlamentarische Initiative der grünen Fraktion für ein qualifiziertes Ständemehr bei Doppelmehrabstimmungen wurde vom Nationalrat in der Sommersession 2022 behandelt. Zugunsten der Initiative äusserten sich Balthasar Glättli (gp, ZH) als Vertreter der Initiantinnen und Initianten und Delphine Klopfenstein Broggini (gp, GE) für die aus Grünen, SP und GLP bestehende Minderheit der vorberatenden SPK-NR). Sie betonten, dass sie nicht etwa die Abschaffung des Ständemehrs forderten, sondern lediglich dessen Anpassung. Es gelte – wie es Glättli formulierte –, «das Gleichgewicht im tragenden Gebälk der Schweizer Demokratie» wiederherzustellen, konkret das Gleichgewicht zwischen Volks- und Ständemehr. Das bestehende System benachteilige namentlich auch die lateinischen Kantone.
Gegen die Initiative stellten sich für die Kommissionsmehrheit Kurt Fluri (fdp, SO) und Piero Marchesi (svp, TI). Sie argumentierten, dass das heutige Ständemehr zum Föderalismus gehöre. Zwar müsse heute nicht mehr wie bei der Einführung des Ständemehrs 1848 ein Ausgleich zwischen katholischen und protestantischen Regionen geschaffen werden, aber nach wie vor brauche es einen Schutz der kleinen Kantone vor einem Übergewicht der bevölkerungsstarken Kantone. Im Übrigen bestehe ohnehin kein Handlungsbedarf, weil das Volksmehr seit 1848 erst in zehn Abstimmungen durch das Ständemehr blockiert worden sei. Mit 105 zu 77 Stimmen bei 4 Enthaltungen entschied der Nationalrat schliesslich, der parlamentarischen Initiative keine Folge zu gegeben. Diese wurde somit vom selben Schicksal ereilt wie eine Reihe früherer Vorstösse, die ebenso erfolglos eine Reformierung des Ständemehrs gefordert hatten.

Qualifiziertes Ständemehr bei Doppelmehr-Abstimmungen (Pa.Iv. 20.484)
Dossier: Vorstösse zur Abschwächung des klassischen Ständemehrs

In der Frühjahrssession 2022 debattierte der Nationalrat über die Vorlage seiner SPK-NR, mit der die Handlungsfähigkeit des Parlamentes in Krisensituationen verbessert werden sollte und die zahlreiche entsprechende Vorstösse aufnahm. Kommissionssprecher Gregor Rutz (svp, ZH) erinnerte an die Ursprünge ebendieser Vorstösse: Die Corona-Pandemie habe nicht nur zum abrupten Abbruch einer Session, sondern auch zur Handlungsunfähigkeit des Parlaments geführt. Die Tätigkeit der Kommissionen sei eingeschränkt, die Organisation einer ausserordentliche Session sei schwierig gewesen und das Parlament habe eine gewisse Ohnmacht gegenüber den Notverordnungen des Bundesrats verspürt. Um für zukünftige Krisen gewappnet zu sein, sei eine Subkommission mit der Ausarbeitung einer Vorlage betraut worden. Diese sei sich jedoch einig gewesen, dass die bestehenden rechtlichen Instrumente dem Parlament eigentlich auch in Krisenzeiten genügend Handlungsspielraum verschaffen würden. Allerdings seien die Strukturen teilweise träge und es fehle an Ressourcen. Hier setzte die Vorlage an, die in drei Blöcken behandelt wurde. Der erste Block zielte auf Vereinfachungen der Organisation von Sessionen und Kommissionssitzungen und insbesondere auch auf die Ermöglichung von hybriden Sitzungen ab; der zweite Block sah die Bildung einer schlagkräftigeren Verwaltungskommission anstelle der bisherigen Verwaltungsdelegation vor und im dritten Block waren Vorschläge für effizientere parlamentarische Instrumente vorgesehen. Eintreten war unbestritten.

Konkret schlug die SPK-NR im ersten Block neue Regelungen für die Einberufung von ausserordentlichen Sessionen vor. Bisher konnte ein Viertel der Mitglieder eines Rats oder der Bundesrat solche ausserplanmässigen Sitzungen einberufen. Neu soll dies auch eine parlamentarische Kommission dürfen, wenn sie dringenden Handlungsbedarf sieht. Eine ausserordentliche Session soll darüber hinaus auch verlangt werden können, wenn der Bundesrat Notverordnungen erlässt, die sich direkt auf die Verfassung stützen. In ausserordentlichen Situationen, in denen die physische Präsenz von Parlamentsmitgliedern verunmöglicht wird – gemeint waren neben Pandemien etwa auch Naturkatastrophen in bestimmten Regionen, höhere Gewalt oder behördliche Anordnungen in Form von Quarantäne –, kann die Ratsmehrheit die Möglichkeit einer virtuellen Teilnahme an den Ratsdebatten beschliessen. Explizit ausgeschlossen wurde eine virtuelle Teilnahme während des Normalbetriebs. Vorgeschlagen wurde des Weiteren, dass eine aufgrund einer Krisensituation nötige Änderung des Tagungsortes neu keinen Parlamentsbeschluss mehr benötigt, sondern von einer Koordinationskonferenz bestimmt werden kann. Ebenfalls in Block 1 wurden die Zusammenkünfte der Kommissionen in Krisenzeiten neu geregelt: In dringlichen Fällen soll neu eine ausserordentliche Kommissionssitzung mittels eines Mehrheitsbeschlusses im Zirkularverfahren beschlossen werden können. Eine virtuelle Sitzung soll dann ermöglicht werden, wenn das Kommissionspräsidium und die Kommissionsmehrheit einer solchen zustimmen. Hybride Sitzungen, also die virtuelle Teilnahme einzelner Mitglieder, sind aber nur dann vorzusehen, wenn eine Stellvertretung rechtlich nicht möglich ist.
Die Minderheitenvorschläge gegen einzelne Teile dieser Vorschläge in Block 1 wurden allesamt abgelehnt. So verlangte etwa Pirmin Schwander (svp, SZ) die ausdrückliche Nennung des Parlamentsgebäudes in Bern als normalen Tagungsort, Samira Marti (sp, BL) wollte die Anzahl zur Einberufung einer ausserordentlichen Kommissionssitzung nötiger Personen auf ein Drittel der Kommissionsmitglieder senken und verschiedene Minderheiten wollten die Möglichkeit virtueller Teilnahmen an Kommissionssitzungen entweder ganz streichen (Minderheit Addor, svp, VS) oder ausweiten (Minderheit Cottier, fdp, NE).

Auch im zweiten Block wurden sämtliche Minderheitsanträge abgelehnt. Dass eine neue, eigenständige Verwaltungskommission anstelle der bisherigen Verwaltungsdelegation geschaffen werden soll, war freilich unbestritten. Die Anträge der Minderheiten zielten vielmehr auf deren Zusammensetzung ab. Die bisherige Verwaltungsdelegation setzt sich aus den je sechs Mitgliedern der Ratspräsidien beider Räte zusammen. Neu sollten lediglich noch die beiden Ratspräsidentinnen oder -präsidenten und je vier erfahrene Mitglieder beider Kammern, welche für vier Jahre in die Verwaltungskommission gewählt werden, in der zu schaffenden Kommission Einsitz nehmen. Weil damit auch eine Entflechtung mit den Büros angestrebt wird, sollten Mitglieder des Büros, also vor allem die Fraktionspräsidentinnen und -präsidenten, nicht gleichzeitig in der Verwaltungskommission sitzen dürfen. Eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) bekämpfte diesen Passus erfolglos und eine Minderheit Moret (fdp, VD) wollte auch die Vizepräsidentinnen oder -präsidenten der beiden Räte in die Kommission aufnehmen – ebenso ohne Erfolg. Aufgabe der Verwaltungskommission soll auch die Oberaufsicht über die Parlamentsverwaltung sein, konkret also die Bestimmung der Kommissionssekretäre und des Generalsekretärs der Bundesversammlung. Ein Minderheitsantrag Pfister wollte die Wahl der Generalsekretärin oder des Generalsekretärs neu der Bundesversammlung übertragen, was von der Mehrheit aber wohl aus Angst vor einer «Verpolitisierung des Amtes», wie Kommissionssprecher Gregor Rutz (svp, ZH) warnte, ebenfalls abgelehnt wurde.

Der dritte Block zielte auf Effizienzsteigerungen bei der Nutzung parlamentarischer Instrumente ab. Damit von Kommissionen verfasste dringliche Bundesgesetze oder Notverordnungen von der Bundesversammlung rasch behandelt werden könnten, brauche es kürzere Fristen für die Stellungnahme des Bundesrats – so der Vorschlag der SPK-NR. Diese sollen in Krisenzeiten spätestens in der nächsten ordentlichen oder ausserordentlichen Session vorliegen. Neu sollen zudem zwei gleichlautende eingereichte Kommissionsmotionen den Bundesrat im Normalbetrieb dazu verpflichten, bis zur nächsten anstehenden Session eine Stellungnahme zu verfassen. Eine Minderheit Binder-Keller (mitte, AG) und der Bundesrat wehrten sich erfolglos gegen dieses Ansinnen. Da eine Stellungnahme Zeit brauche, würde deren Qualität leiden, wenn sie rasch erfolgen müsse – so die Begründung. Insbesondere im Normalbetrieb sei für eine solche Regelung kein Mehrwert ersichtlich. Darüber hinaus sollten Kommissionsmotionen, die Änderungen von bundesrätlichen Notverordnungen verlangen, innerhalb von sechs Monaten statt wie bisher bei angenommenen Motionen innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden müssen. Weil dies kürzere Fristen nach sich ziehe und damit ein Vernehmlassungsverfahren nicht immer möglich sei, müssten in Krisenzeiten Kantonsregierungen und besonders betroffene Akteure konsultiert werden. Zudem muss der Bundesrat künftig von sich aus die zuständigen parlamentarischen Kommissionen konsultieren, wenn er Notverordnungen erlassen will. Neben der Minderheit Binder-Keller lagen zwei Anträge vor, mit denen eine abstrakte Normenkontrolle für solche Notverordnungen verlangt wurden. Während die Minderheit Glättli (gp, ZH) eine juristische Beurteilung über allfällige Grundrechtsverletzungen von Notverordnungen, die durch das Parlament oder den Bundesrat beschlossen werden, verlangte, sah die Minderheit Addor lediglich eine Kontrolle der bundesrätlichen Notrechtsbeschlüsse vor. Auch in Block 3 folgten komfortable Mehrheiten allen Anträgen der Kommission und lehnten damit auch diese Minderheitsanträge ab.

In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat den Entwurf mit 183 zu 1 Stimme gut, die entsprechende Verordnung wurde mir 170 zu 1 Stimme (1 Enthaltung) und das Geschäftsreglement des Nationalrats mit 171 zu 1 Stimme (keine Enthaltungen) angenommen. Weil Letzteres lediglich der Zustimmung der grossen Kammer bedurfte, wurde es tags darauf bereits der Schlussabstimmung zugeführt, wo es mit 157 zu 28 Stimmen (5 Enthaltungen) angenommen wurde. Gegenstimmen und Enthaltungen stammten allesamt von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Kontrolle von Notrecht und Handlungsfähigkeit des Parlaments in Krisensituationen verbessern (Pa.Iv. 20.437, Pa.Iv 20.438))
Dossier: Parlament in Krisensituationen

Anfang März 2022 legte der Bundesrat seine Botschaft zum Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG) vor. Das neue Gesetz soll Grundlage sein für eine moderne Digitalisierung in der Bundesverwaltung sowie für digitale Interaktionen zwischen Behörden verschiedener Stufen und Dritten. Angestrebt werden sollen elektronisch abrufbare Behördenleistungen und eine Verbesserung von Verwaltungsprozessen mit Hilfe von neuen Technologien nach dem Prinzip «digital first», also prioritär via digitale Kanäle. Ziel soll zudem eine möglichst stringente Koordination zwischen Bund und Kantonen sein. Das EMBAG soll zudem E-Government-Elemente regeln, so etwa die Nutzung von Open Source Software und Open Government Data. In die Vorlage flossen unter anderem zwei parlamentarische Vorstösse ein: Ein Postulat Glättli (gp, ZH; Po. 14.4275), das die Freigabe von Open Source Software angeregt hatte, sowie eine Motion Graf-Litscher (sp, TG; Mo. 19.3160), die eine Regelung für die Publikation und Nutzung nichtpersonenbezogener Daten und Dienste der Bundesverwaltung gefordert hatte.

Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (BRG 22.022)
Dossier: Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG)

Mitte Juni 2021 hatte Grünen-Präsident Balthasar Glättli (gp, ZH) im Nationalrat ein Postulat eingereicht, mit welchem er den Bundesrat beauftragen wollte, zu prüfen, mit welchen Massnahmen der Klimaschutz im Gebäudebereich rascher vorangetrieben werden könnte. Insbesondere solle sich der Bericht auf die Unterschiede in der Treibhausgaseffizienz zwischen Sanierungen und Ersatzneubauten fokussieren. Glättli begründete seinen Vorstoss damit, dass aus einem Grundlagenbericht der Stadt Zürich hervorgehe, dass Gebäudesanierungen, die zu einer starken Verminderung des Wärmebedarfs führen, was wiederum häufig eine Umstellung auf eine Wärmepumpe respektive Fernwärme erlaube, treibhausgaseffizienter seien als ein Abriss und Neubau von Gebäuden. Zudem führte der Postulant aus, dass Ersatzneubauten zu mehr Problemen für Mieterinnen und Mietern führten, da oft der gesamten Mieterschaft gekündigt werde und danach höhere Mietpreise verlangt würden, wodurch bezahlbarer Wohnraum verloren ginge. Glättli kritisierte, dass der Bund mit seiner Energiepolitik den Ersatzneubau von Gebäuden fördere. Der Bundesrat solle deshalb in einem Bericht Sanierungen und Ersatzneubauten vergleichen und danach seinen bisherigen Massnahmenkatalog mit dem Ziel überprüfen, Sanierungen gegenüber Ersatzneubauten zu fördern.
Das Postulat wurde im Nationalrat von Matthias Samuel Jauslin (fdp, AG) bekämpft. Dieser argumentierte in der Debatte, dass es den Bericht des Bundesrates nicht brauche. Es sei nicht am Bund zu entscheiden, wann eine Sanierung und wann ein Neubau angebracht sei. Man müsse das im Einzelfall anschauen und Sanierungen seien nicht immer besser als Neubauten. Auch seien die Ausgangslagen in verschiedenen Regionen und Siedlungstypen unterschiedlich. Weiter befürchtete Jauslin einen Kompetenzverlust der Kantone und ihrer Gebäudeprogramme. Nicht zuletzt subventioniere der Bund ja nur Ersatzneubauten, wenn diese Vorgaben zur Energieeffizienz einhielten, weshalb diese Subventionen durchaus sinnvoll seien.
Der Bundesrat, vertreten durch die UVEK-Vorsteherin Simonetta Sommaruga, empfahl das Postulat zur Annahme. Sommaruga gab zu Protokoll, der Bundesrat erachte es als sinnvoll, eine solche Auslegeordnung vorzunehmen. Sie betonte zudem, der Bundesrat werde in dem Bericht nicht pauschalisierend eine Empfehlung für die eine oder andere Option abgeben und er plane auch nicht, sich in die Gebäudeprogramme der Kantone einzumischen. Entgegen des bundesrätlichen Antrags lehnte die grosse Kammer das Postulat aber mit 105 zu 83 Stimmen ab. Neben den geschlossen stimmenden Fraktionen der FDP und der SVP stimmte auch fast die gesamte Mitte-Fraktion gegen das Postulat.

Ein Profit für Mieter und Mieterinnen und die Umwelt. Sanierungen statt Ersatzneubauten (Po. 21.3759)

Zwei weitere Mutationen in der 51. Legislatur standen in der Wintersession 2022 an. Raphael Mahaim (gp, VD) rückte für Daniel Brélaz (gp, VD) nach und Benjamin Fischer (svp, ZH) nahm den Platz von Hans-Ueli Vogt (svp, ZH) ein.
Daniel Brélaz war in die Geschichte eingegangen, weil er der erste Grüne weltweit war, der 1979 in ein nationales Parlament gewählt worden war. Freilich gab es damals die Grünen als Partei noch nicht; er gewann den Sitz damals für die Groupement pour la protection de l'environement. Brélaz sass mit Unterbrüchen insgesamt 20 Jahre im nationalen Parlament – von 1979 bis 1989, von 2007 bis 2011 und von 2015 bis zu seinem Rücktritt, den er bereits vor den Wahlen 2019 angekündigt hatte. 1989 war er in die Stadtregierung von Lausanne gewählt worden, wo er es 2001 gar zum Stadtpräsidenten brachte. Allerdings konnte das «Urgestein», wie er in den Medien bezeichnet wurde, dann nicht wie angekündigt Ende der Frühjahrssession 2022 seinen Sessel räumen: Bereits zu Beginn der Session nahm Raphael Mahaim seinen Platz ein, weil der Gesundheitszustand von Brélaz nach einem Sturz die Teilnahme an der Session nicht erlaubte. Der 39-jährige Mahaim ist Anwalt und sass im Waadtländer Kantonsparlament, aus dem er in der Folge zurücktrat. Brélaz hatte nach seiner Wahl 2019 bewusst in der RK-NR Einsitz genommen, um seinem Nachfolger auch hier den Weg zu bereiten. Mahaim legte das Gelübde ab.
Hans-Ueli Vogt (svp, ZH) hatte seinen Rücktritt Mitte November 2021 bekannt gegeben. Er fühle sich «wie ein Tennisspieler auf dem Fussballplatz». Das Parlament sei nicht der Ort, an dem er seine Fähigkeiten optimal einsetzen könne. Auch könne er nicht so gut Aufmerksamkeit generieren, was in der Politik aber nötig sei, begründete der Jurist seinen Rückzug. Vogt hatte 2015 erfolglos versucht, für die SVP einen Zürcher Ständeratssitz zu erobern, schaffte damals aber lediglich den Sprung in die grosse Kammer. Vogt hatte sich vor allem als Vater der Selbstbestimmungsinitiative einen Namen gemacht und konnte 2019 seinen Nationalratssitz verteidigen. Benjamin Fischer war bei diesen Wahlen auf dem ersten Ersatzplatz gelandet und konnte Vogt nun beerben. Der 30-jährige Kantonsrat und Präsident der Zürcher Kantonalsektion legte sein Kantonsmandat nieder, um mehr Zeit für die nationale Politik zu haben, wie er den Medien verriet. Fischer legte den Eid ab.

Mutationen 2022
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Bereits im Vorjahr waren die Meinungen über die Leistungen der Landesregierung während der Covid-19-Pandemie auseinandergegangen. Die Kritik am Bundesrat nahm im Covid-19-Jahr 2021 aber noch einmal merklich zu. Besondere Aufmerksamkeit erhielt dabei Alain Berset. Insbesondere die SVP übte via Medien Kritik am Gesundheitsminister und forderte Mitte Januar 2021, dem SP-Magistraten solle das Gesundheitsdossier entzogen werden, weil er versagt habe. Christoph Blocher bezeichnete Berset gar als «Diktator». Obwohl der amtierende Bundespräsident und SVP-Bundesrat Guy Parmelin daran erinnerte, dass es sich bei der Regierung um «ein Team» handle, und die Kollegialität betonte und der zweite SVP-Bundesrat Ueli Maurer darauf hinwies, dass es niemandem diene, wenn die Bunderatsmitglieder gegeneinander ausgespielt würden – Aussagen, die etwa vom Tages-Anzeiger als Zeichen eines Zusammenschweissens der Landesregierung und von La Liberté als «grand moment d'unité» bezeichnet wurden –, gingen die Angriffe auf einzelne Regierungsmitglieder weiter. So urteilte etwa die Weltwoche, dass Alain Berset «beide Pandemiewellen verschlampt und wirtschaftlich einen Schlamassel angerichtet» habe, von den Medien aber als Held gefeiert werde. Die SVP forderte derweil die Einführung eines Impeachmentverfahrens in der Schweiz, mit dem Regierungsmitglieder abgewählt werden könnten. Die Macht des Bundesrats, der die Diktatur eingeführt habe, müsse gebrochen werden, gab auch SVP-Präsident Marco Chiesa (svp, TI) in Interviews zu Protokoll. Und wiederum die Weltwoche wähnte sich ob des von ihr festgestellten gegenseitigen Misstrauens in der Regierung, in der Anträge von rechts auf eine links-bürgerliche Blockade stossen würden, «wie in einem kalten Krieg». Es brauche deshalb «sieben neue Bundesräte».

Aber auch der Gesamtbundesrat wurde kritisiert. Es brauche ein «deutlich rascheres und entschlosseneres Vorgehen» gegen die Pandemie, forderte etwa die NZZ Mitte Januar 2021. Der Bundesrat müsse seinen Verfassungsspielraum konsequenter ausnutzen und dürfe «entgegen den helvetischen Gepflogenheiten» nicht den langwierigen Mittelweg gehen, bei dem alle Kritikerinnen und Kritiker angehört und integriert würden. Ende Februar ärgerte sich die gleiche Zeitung dann allerdings über die «magistrale Sturheit», die Restaurant-Terrassen noch nicht wieder öffnen zu wollen. Dass die Regierung dem «Druck zur schnelleren Öffnung nicht nachgegeben» habe, sei zwar «hart für die Betroffenen – aber leider richtig», beurteilte denselben Umstand freilich der Tages-Anzeiger und attestierte dem Bundesrat «Rückgrat».

Schriller war die Kritik von Covid-19-Massnahmengegnerinnen und -gegnern an der Regierung. So wusste etwa der Tages-Anzeiger zu berichten, dass der stellvertretenden Armeechef Aldo C. Schellenberg Briefe erhalten habe, die ihn aufforderten, für den Bundesrat ein Kriegsgericht einzurichten. Ende Februar leitete die Bundesanwaltschaft gleich fünf Verfahren wegen Bedrohungen einzelner Magistratspersonen via soziale Medien ein. Bei einem Auftritt in der politischen Diskussionssendung «Arena» im Sommer 2021 erhielt Alain Berset Polizeischutz und auch das Fedpol ergriff zunehmend Schutzmassnahmen wegen massiver Drohungen gegen Bundesrätinnen und Bundesräte.

Immer wieder kritisierten die Medien zudem die Informationspolitik der Regierung. Auf der einen Seite wurden die Indiskretionen gerügt, die verhindert hätten, dass der Bundesrat Entscheidungen über Covid-19-Massnahmen wenigstens so lange habe geheimhalten können, bis sie mit den Kantonen abgesprochen worden seien. Auf der anderen Seite wurde vermutet, dass jene Medien beneidet werden, die mit ebendiesen Indiskretionen versorgt wurden und diese medial ausschlachteten. Die Weltwoche sprach etwa von der «Berset-Verschwörung». Dank «Schützenhilfe von den Medien» könne er die von ihm vorgesehenen Covid-19-Massnahmen stets durchsetzen.

Für einige Diskussionen sorgte auch die Zusammenarbeit zwischen Bundesrat und Wissenschaft. Noch im Januar warfen die Medien der aus Wissenschafterinnen und Wissenschaftern unterschiedlicher Disziplinen zusammengesetzten Task Force vor, selber Politik machen zu wollen. Im Februar wendete sich das Blatt, nachdem bekannt geworden war, dass ebendiese Task Force im Sommer 2020 vor einer zweiten Welle gewarnt hatte, die Behörden diese Warnung allerdings in den Wind geschlagen und wichtige Massnahmen zu früh aufgehoben hätten. Die NZZ kam dabei etwa zum Schluss, dass die Wissenschaft «zu lange ignoriert» worden sei.

Die Kritik flaute parallel mit den abnehmenden Fallzahlen ab dem Frühjahr 2021 dann merklich ab. Zwar wiederholte die Weltwoche noch lange Zeit ihre Kritik an Alain Berset («Captain Long Covid», «Impfdebakel heisst Alain Berset», «Stricken an der eigenen Legende»), bei den restlichen Medien geriet die Regierung allerdings bald aus der Schusslinie.

In die Schlagzeilen geriet Mitte September freilich Ueli Maurer, weil er als «Freiheitstrychler» posierte. An einem SVP-Lokalanlass hatte sich der Finanzminister ein T-Shirt der Covid-19-Massnahmengegnerinnen und -gegner übergestreift und sich fotografieren lassen. Das Bild verbreitete sich via soziale Medien und wurde auf der einen Seite als «Bruch der Kollegialität» (Tages-Anzeiger), ja gar als Versuch, das Land zu spalten (Balthasar Glättli, gp, ZH im Blick) kritisiert, auf der anderen Seite als freie Meinungsäusserung (Thomas Matter, svp, ZH im Tages-Anzeiger) oder auch als Zeichen, dass «vielen Unzufriedenen im Land zumindest inoffiziell magistrales Verständnis» entgegengebracht werde (NZZ), verteidigt. Maurer selber gab in der Aargauer Zeitung zu Protokoll, dass er gar nicht gewusst habe, in «welchen Zusammenhang dieses Leibchen offenbar gebracht wird». Ähnlich wie die SVP im Frühjahr Alain Berset angegriffen hatte, nutzte die SP die T-Shirt-Affäre für Kritik an Ueli Maurer und stellte in der parlamentarischen Fragestunde nicht weniger als neun Fragen zu Maurers von der SP als «Bedrohung der Regierungskollegialität» bezeichneten Aktion. Bundespräsident Guy Parmelin beantwortete alle neun Fragen gleichzeitig, indem er auch bei den Angriffen von links auf das Kollegialitätsprinzip verwies: «Le Conseil fédéral ne commente pas les propos que l'un de ses membres a ou aurait prononcés en public».

Kritik am Bundesrat wegen Covid-Politik 2021

Nach den ersten Beratungen des Entwurfs der RK-SR zum Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesen in Umsetzung einer parlamentarischen Initiative Luginbühl (bdp, BE) waren zur Differenzbereinigung in der Herbst- und Wintersession 2021 noch zwei Differenzen offen.

Bei der ersten Differenz wollte der Nationalrat neu das Beschwerderecht im Rahmen von Stiftungen gesetzlich regeln und auf Personen ausweiten, die ein «berechtigtes Kontrollinteresse» an der Arbeit des Stiftungsrates haben. Der Ständerat folgte jedoch stillschweigend seiner Kommission, lehnte diesen Punkt ab und hielt somit an der Differenz fest. Der Artikel sei zu undeutlich formuliert, weshalb man eine Beschwerdeflut und somit eine Schwächung des Stiftungsstandorts Schweiz und der Rechtssicherheit fürchte, erklärte Kommissionssprecher Beat Rieder (mitte, VS). Zudem sei die bereits bestehende Aufsicht über Stiftungen ausreichend und funktioniere gut. Doch auch der Nationalrat hielt in der Wintersession 2021 auf Anraten seiner Kommissionsmehrheit und gegen eine Minderheit Vogt (svp, ZH) an der Differenz fest: Die Formulierung eines «berechtigte[n] Kontrollinteresse[s]» werde eine Beschwerdeflut verhindern, argumentierte Kommissionssprecherin Judith Bellaïche (glp, ZH). Erfolglos blieb auch eine Minderheit Dandrès (sp, GE), die den Beschwerdeweg noch weiter öffnen und die Bedingung eines «berechtigten Interesses» streichen wollte. In der Folge stimmten beide Räte einem Kompromissvorschlag zu: So hatte eine erfolgreiche Minderheit Sommaruga (sp, GE) im Ständerat vorgeschlagen, das Beschwerderecht begrenzter zu erweitern, als es der Nationalrat ursprünglich vorgesehen hatte. Konkret sollten Spenderinnen und Spender sowie ihnen nahestehende Personen, welche der Nationalrat einschliessen wollte, vom Beschwerderecht ausgeschlossen werden. Der Ständerat folgte diesem Vorschlag mit 26 zu 17 Stimmen. Der Bundesrat, welcher sich ursprünglich gegen eine Erweiterung ausgesprochen hatte, erachtete diesen Kompromiss ebenfalls als machbare Lösung, wie Karin Keller-Sutter erläuterte. In der Folge stimmte auch der Nationalrat dieser Lösung stillschweigend zu, womit diese erste Differenz bereinigt war. Damit haben nun Begünstigte und Gläubiger einer Stiftung, sowie Stifter und Zustifter, ihnen nahestehende Personen und Stiftungsratsmitglieder ein Beschwerderecht. Dafür muss jedoch ein berechtigtes Kontrollinteresse daran, dass die Stiftung im Sinne des Stiftungszwecks handelt, nachgewiesen werden können.

Eine zweite Differenz hatte der Nationalrat bei der Frage, ob Stiftungen, die ihre Stifungsorgane entsprechend ihrer Aufgaben entlöhnen, steuerbefreit werden können, geschaffen. Die RK-SR wollte auch hier an der ablehnenden Haltung des Ständerats festhalten, da diese Forderung in der Vernehmlassung von 18 Kantonen strikt abgelehnt worden sei, wie Kommissionssprecher Rieder die Mehrheitsposition ausführte. Die Kommission befürchtete etwa, dass Stiftungsgelder so in Löhne statt in den tatsächlichen Stiftungszweck fliessen würden. Der Ständerat folgte stillschweigend seiner Rechtskommission, woraufhin aber auch der Nationalrat an seiner Version festhielt, um eine professionellere Stiftungsführung zu ermöglichen. Zudem gehe es eben um «angemessene» und nicht um «marktkonforme» Löhne, wie der Ständerat befürchtet hatte. Die Argumentation des Ständerates sei widersprüchlich, da er den zweckmässigen Einsatz der Gelder bei den Löhnen fürchte, aber gleichzeitig eine Beschwerdemöglichkeit für solche Fälle verhindern wolle, kritisierte Kommissionssprecherin Bellaïche den Schwesterrat. Nach einem weiteren Festhalten des Ständerats lenkte der Nationalrat ein und verzichtete auf diese Ergänzung, womit auch die letzte Differenz bereinigt werden konnte.

Das Geschäft war damit für die Schlussabstimmungen bereit, welche noch in der Wintersession 2021 stattfanden. Der Nationalrat nahm den Entwurf mit 141 zu 52 Stimmen an, wobei alle ablehnenden Stimmen von Mitgliedern der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion stammten. Der Ständerat nahm die Vorlage hingegen einstimmig mit 43 Stimmen an. Damit kamen die Beratungen zur parlamentarischen Initiative Luginbühl und zu deren Umsetzung nach gut sieben Jahren zu einem Ende.

Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts (Pa. Iv. 14.470)

Die grosse Kammer befasste sich in der Wintersession 2021 mit einer parlamentarischen Initiative der Grünen, welche forderte, dass ab 2023 nur noch Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge ohne fossilen Antrieb neu zugelassen werden dürfen. Balthasar Glättli (gp, ZH) wies darauf hin, dass sich die Bundesversammlung verpflichtet habe, die Klimaziele von Paris einzuhalten. Nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes an der Urne seien nun alternative Wege umso wichtiger, um den Klimawandel zu bekämpfen. Für den Verkehrsbereich stelle die vorliegende Initiative eine solche Alternative dar. Die Mehrheit der vorberatenden KVF-NR war jedoch anderer Ansicht, wie Kommissionssprecher Matthias Bregy (mitte, VS) erläuterte. Bregy argumentierte, dass die Initiative unrealistisch und unsozial sei: Zum einen sei der Zeithorizont von 2023 nicht zu erreichen, da bis in einem Jahr gar nicht genügend Autos mit alternativen Antrieben zum Verkauf angeboten werden könnten. Zum anderen würde diese geplante Verknappung des Angebots zu höheren Preisen führen, wodurch die Fahrzeuge nicht mehr für alle Personen erschwinglich wären. Der Nationalrat folgte den Argumenten der Kommissionsmehrheit und gab der Initiative mit 115 zu 67 Stimmen bei 2 Enthaltungen keine Folge. Die Initiative ist damit erledigt.

Ab 2023 nur noch Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge ohne fossilen Antrieb neu zulassen (Pa. Iv. 21.425)

Im September 2020 reichte die Fraktion der Grünen eine parlamentarische Initiative ein, mit welcher ein durch ein Losverfahren bestimmter Klimarat geschaffen werden soll. Dieser Klimarat würde aus 200 rein zufällig ausgelosten Personen bestehen, womit die Geschlechter, Altersgruppen, Sprachregionen und weitere Kriterien adäquat abgebildet werden sollten. Um in der aktuellen globalen Klimakrise für mehr Klimaschutz und -gerechtigkeit zu sorgen, soll der Rat politische Rechte ausüben können. So soll er beispielsweise Motionen zu Handen des Parlaments einreichen und mit einer Zweidrittelmehrheit Volksinitiativen vorschlagen können, welche analog einer zustande gekommenen Volksinitiative zur Abstimmung gelangen würden.
Die SPK-NR prüfte die Initiative im Oktober 2021 und gab ihr keine Folge. Es bestünden keine guten Gründe, ein solches Gremium zu schaffen, argumentierte die Kommissionsmehrheit. Zum einen würde dieser Rat das Parlament schwächen. Zum anderen wäre er demokratisch nur ungenügend legitimiert. Insbesondere deshalb wäre es sehr problematisch, wenn «dieser befugt sein soll, Volk und Ständen Verfassungsänderungen zu unterbreiten, wie dies auch 100'000 Bürgerinnen und Bürger tun können». Ausserdem bestünden für die Bevölkerung bereits genügend direktdemokratische Instrumente, um im politischen Prozess mitzuwirken.
Die grosse Kammer behandelte das Geschäft in der Wintersession 2021. Nachdem die beiden Mitglieder der Grünen Partei, Balthasar Glättli (gp, ZH) und Greta Gysin (gp, TI), sowie die beiden Kommissionssprechenden, Damien Cottier (fdp, NE) und Marianne Binder-Keller (mitte, AG), ihre schon aus dem Kommissionsbericht bekannten Argumente noch einmal vorgelegt hatten, schritt die grosse Kammer zur Abstimmung. Der Nationalrat folgte seiner Kommission und gab der Initiative mit 136 zu 33 Stimmen bei 19 Enthaltungen keine Folge. Das Anliegen vermochte nebst den Grünen nur vereinzelte Mitglieder der SP-Fraktion zu überzeugen.

Als Antwort auf die Klimakrise die Demokratie erweitern: Einen durchs Los bestimmten Klimarat schaffen (Pa. Iv. 20.467)

Mit einer parlamentarischen Initiative forderte die GLP-Fraktion die Einführung der doppeltproportionalen Divisormethode mit Standardrundung – den sogenannten «doppelten Pukelsheim» – für die Zuteilung der Nationalratssitze bei den eidgenössischen Wahlen. Das heutige Verfahren («Hagenbach-Bischoff») sei aus verschiedenen Gründen vor allem in Kantonen mit wenigen Sitzen unfair: Nicht jede Stimme habe gleiches Gewicht und es gebe eine Verzerrung des Willens der Wählerinnen und Wähler, weil grosse Parteien bevorteilt würden. Die Listenverbindungen, mit denen dieser Bevorteilung begegnet werden solle, seien zudem intransparent. Diese Probleme würden mit dem doppelten Pukelsheim behoben, was sich auch in etlichen Kantonen gezeigt habe, die dieses Verfahren auf kantonaler Ebene bereits eingeführt hätten. Mit dem doppelten Pukelsheim basiert die Mandatszuteilung auf dem im gesamten Wahlgebiet erzielten Stimmenanteil. In einem zweiten Schritt werden dann die von einer Partei erhaltenen Sitze auf die Wahlkreise verteilt. Die Wahlreformen in den Kantonen seien auch deshalb durchgeführt worden, weil das Bundesgericht 2002 das dem nationalen Verfahren sehr ähnliche System der Stadt Zürich als verfassungswidrig eingestuft habe. Es sei Zeit für faire Nationalratswahlen, betitelte die GLP deshalb ihren Vorstoss.
Eine knappe 13 zu 12-Stimmenmehrheit der SPK-NR sah dies freilich anders. Der doppelte Pukelsheim habe seine Berechtigung in den Kantonen, werde den Eigenheiten der Schweiz aber nicht gerecht, begründete die Kommission ihren abschlägigen Entscheid. Kantone seien nicht einfach Wahlkreise, sondern historisch gewachsene Einheiten, die man nicht einfach gesamtschweizerisch zusammenfassen könne. Kantonal verankerte Parteien wie etwa die Lega dei Ticinesi oder der MCG in Genf würden es überdies wohl mit dem Doppeltproporzverfahren kaum schaffen, einen Sitz zu erobern. Zudem habe auch der doppelte Pukelsheim seine Besonderheiten. So könnte es durchaus sein, dass in einem Kanton mit lediglich einem Nationalratssitz nicht die stärkste, sondern aufgrund des nationalen Verteilverfahrens die zweitstärkste Partei den Sitz erobere, was schwierig zu vermitteln wäre und sicherlich nicht dem Willen der Wählerinnen und Wähler in diesem Kanton entspräche. Die starke links-grüne Minderheit versuchte im Rat erfolglos, eine Änderung des Verfahrens beliebt zu machen. Balthasar Glättli (gp, ZH) gab zu Protokoll, dass das Problem der Vertretung der Kantone mit nur einem Sitz durch das sogenannte «Winner-take-one»-Prinzip einfach gelöst werden könnte. Mit diesem würden nicht adäquate Sitzzuteilungen in Einerwahlkreisen verunmöglicht, ohne die Logik der Gesamtverteilung zu verfälschen. Es sei wichtig, dass auch für die eidgenössischen Wahlen das Prinzip «one person, one vote» gelte, was mit Hagenbach-Bischoff eben nicht möglich sei. Das Stimmenverhältnis in der SPK-NR spiegelte sich in der Folge im Nationalrat wider: Die SP-, die GLP- und die GP-Fraktion stimmten geschlossen für Folgegeben. Die total 84 Stimmen reichten aber gegen die 105 ablehnenden Stimmen nicht aus.

Zeit für faire Nationalratswahlen (Pa. Iv. 20.453)
Listenverbindungen und Zuteilungsverfahen – Reformvorschläge für eidgenössische Wahlen

Hans-Ueli Vogt (udc, ZH) a demandé au Conseil fédéral d'adapter et de moderniser le droit de la société coopérative afin de répondre aux dernières évolutions sociétales. La motion souligne l'importance d'un faible fardeau bureaucratique et le maintien de l'attractivité de cette forme de société, à travers ses caractéristiques distinctes des sociétés anonymes, et également la pluralité de ses formes.
Le Conseil fédéral s'est opposé à la motion. Il a estimé que le droit de la société de coopérative a été régulièrement adapté et qu'il répond donc à la réalité. La motion a été retirée.

Modernisation mesurée du droit de la société coopérative (Mo. 21.3652)

Weil alles «durchorchestriert» sei und für Parlamentarierinnen und Parlamentarier nur wenige Möglichkeiten bestünden, sich zu äussern, fänden «echte Debatten» im Nationalrat kaum statt, kritisierte Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) und forderte eine Änderung des Geschäftsreglements. Neu sollen Bundesratsgeschäfte und persönliche Vorstösse der Kategorie I zugeordnet werden. Diese «freie Debatte», während der alle Ratsmitglieder sprechen dürfen, ist bisher praktisch auf Debatten zu Volksinitiativen beschränkt – allerdings seien auch da gar keine spontanen Wortmeldungen möglich, was aber zu einem echten Dialog gehören würde. Persönliche Vorstösse in Kategorie IV würden gar nur Wortmeldungen der Antragstellenden und der Kommissionssprechenden erlauben. Damit könnten persönliche Positionen nicht dargelegt und der Bevölkerung gezeigt werden. Nicht nur im Ständerat, sondern auch in zahlreichen Kantonen gebe es freie Debatten, was zeige, dass die Idee umsetzbar sei. Natürlich müsste die Redezeit entsprechend angepasst werden, ergänzte Katharina Prelicz-Huber in ihrer parlamentarischen Initiative.
Eine freie Debatte im Nationalrat hänge nicht von der zugeordneten Kategorie ab, sondern von der Gesprächskultur und der Disziplin der Parlamentsmitglieder – so die SPK-NR in ihrem Bericht, in dem sie beantragte, dem Vorstoss keine Folge zu geben. Würden Voten weniger abgelesen, spontaner und rhetorisch besser vorgebracht und das Instrument der Zwischenfrage mehr zum spontanen Austausch genutzt, könnte die Forderung der parlamentarischen Initiative mit der aktuellen Regelung teilweise umgesetzt werden. Freie Debatten für die Mehrzahl der Geschäfte wären aber nicht praktikabel und würden unter Umständen tagelange Beratungen nach sich ziehen. Dies sah eine Kommissionsminderheit freilich anders: «Eine gruppendynamische Kontrolle» würde dafür sorgen, dass nicht zu lange und zu viele Voten vorgebracht würden. Der Ständerat mache es vor, argumentierte Balthasar Glättli (gp, ZH) als Angehöriger dieser Minderheit. In der kleinen Kammer werde gesprochen, wenn man etwas zu sagen habe, nicht weil man sprechen dürfe. Es brauche in der Tat eine Änderung der Gesprächskultur, die sich aber erst mit mehr freier Debatte ergeben könne. Dies sahen freilich lediglich 37 Angehörige aus den Fraktionen der SP und der GP so, diese standen 136 ablehnenden Stimmen (und 14 Enthaltungen) gegenüber, womit der Vorstoss versenkt wurde.

Freie Debatte im Nationalrat (Pa.Iv. 20.439)

Im Vorfeld der Herbstsession 2021 beantragte die SPK-NR dem Nationalrat mit 14 zu 10 Stimmen, die Beratung der Botschaft zum UNO-Migrationspakt für ein Jahr zu sistieren. Kommissionssprecher Romano (mitte, TI) erklärte den Ratsmitgliedern, man müsse die Rückmeldungen der Subkommissionen zur Handhabung von «Soft-Law-Instrumenten» und zu den parlamentarischen Mitwirkungsrechten abwarten. Kurt Fluri (fdp, SO) – ebenfalls Sprecher der SPK-NR – wies darauf hin, dass der Ständerat bei einer nationalrätlichen Ablehnung der Sistierung seinen Sistierungsbeschluss einfach wiederholen könnte, womit die Sistierung dann sowieso beschlossen wäre. Er warnte vor dem Anliegen der Minderheit Glättli (gp, ZH), die Sistierung abzulehnen, da man bei einem Meinungsumschwung im Ständerat Gefahr laufe, dass der Migrationspakt behandelt werde, ohne dass die Resultate der Subkommissionen vorlägen. Minderheitsführer Glättli griff in der Ratsdebatte insbesondere die SVP-Fraktion frontal an und äusserte sein Unverständnis über die Zustimmung der Partei zur Sistierung. Diese habe sich in den vergangenen Jahren eindeutig gegen den Migrationspakt positioniert und sogar eine Volksabstimmung gefordert. Er warf der SVP vor, die Sistierung nur zu befürworten, um nicht über eine Frage diskutieren zu müssen, «bei der ihr offensichtlich inhaltlich die Argumente ausgegangen» seien. Bundesrat Cassis signalisierte die Bereitschaft des Bundesrats, die Debatte über den Migrationspakt jederzeit wieder aufzunehmen. Schliesslich nahm der Rat den Sistierungsantrag der Kommissionsmehrheit mit 105 zu 77 Stimmen (ohne Enthaltungen) an. Die Gegenstimmen stammten von den Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen.

Botschaft zum UNO-Migrationspakt
Dossier: Uno-Migrationspakt