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  • Jenny, This (svp/udc, GL) SR/CE
  • Parmelin, Guy (svp/udc, VD) NR/CN

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Die UREK-SR beugte sich im Mai 2017 bereits zum zweiten Mal über eine parlamentarische Initiative Parmelin (svp, VD), die sich eine verstärkte Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten bei der Festlegung des Gewässerraums wünschte. Nach wie vor stand sie diesem Vorstoss ablehnend gegenüber und war der Ansicht, dass dessen Forderungen durch die bereits erfolgte Annahme einer eigenen Kommissionsmotion sowie durch deren Umsetzung mittels Änderung der Gewässerschutzverordnung bereits ausreichend berücksichtigt worden seien. Diese – mit 11 zu 1 Stimme beinahe einhellig vertretene – Ansicht teilte der Ständerat in der folgenden Sommersession diskussionslos, womit der Vorstoss endgültig erledigt war.

Parlamentarische Initiative verlangt Flexibilisierung des Gewässerraums in Gewässerschutzgesetz (Pa.lv. 13.455)
Dossier: Volksinitiative "Lebendiges Wasser" und ihre Folgen

Im Anschluss an die Ablehnung der Neuenburger Standesinitiative zur Familienbesteuerung Ende 2016 reichte der Neuenburger Ständerat Didier Berberat (sp, NE) deren Forderung als Motion "Familienbesteuerung. Ungleichbehandlungen beseitigen" erneut ein. Die Motion beinhaltete folglich den Auftrag an den Bundesrat, im Rahmen der Änderung der Direkten Bundessteuer (DBG) und des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) Vorschläge zur steuerlichen Gleichbehandlung von Unterhaltsbeiträgen minderjähriger und volljähriger Kinder sowie zur Harmonisierung der Kinderabzüge verheirateter und geschiedener Eltern zu machen. Wie wichtig dieses Thema für die Parlamentarier ist, verdeutlicht die grosse Anzahl Parlamentsvorschläge der letzten Jahre (unter anderem Motionen von Parmelin (Mo. 05.3319), Frick (Mo. 06.3305), Kohler (Mo. 06.3297), Amstutz (Mo. 09.3129), Baettig (Mo. 09.3239), Maire (Mo. 14.3468), Postulat der WAK-NR (Po. 14.3292), Interpellation Feri (Ip. 16.3307)).

Anders als bei der Neuenburger Standesinitiative, die bezüglich der Kinderabzüge vor allem das unzeitgemässe Familienmodell hinter dem aktuellen System kritisierte, betonte Berberat in seiner Begründung insbesondere die Benachteiligung von gemeinsam besteuerten Eheleuten gegenüber geschiedenen oder getrennten Eltern. So können Letztere im Unterschied zu Verheirateten sowohl Unterhaltsbeiträge als auch einen Kinderabzug geltend machen. Der Bundesrat wiederholte in seiner Begründung vom 15. Februar 2017 dieselben Argumente, die er bereits bezüglich der Standesinitiative und der Motion Maire angeführt hatte: Abzugsfähige Alimentenleistungen an Volljährige würden bedingen, dass die Kinder dieselben Gelder versteuern müssen; die steuerliche Bevorzugung geschiedener oder getrennt lebender Eltern lässt sich dadurch begründen, dass Letztere durchschnittlich finanziell deutlich schlechter gestellt sind als Verheiratete; eine frühere Regelung, die keinen Abzug der Unterhaltsbeiträge vorsah, war als nicht sachgerecht empfunden worden. Der Bundesrat betonte zudem, dass er die aktuelle Lösung grundsätzlich als gerecht empfinde, dass aber in Einzelfällen andere Modelle passender wären und die eidgenössische Steuerverwaltung entsprechende Möglichkeiten prüfe. Bundesrat Maurer ergänzte zudem in der Ständeratsdebatte, dass auf jeden Fall verhindert werden müsse, dass durch Änderungen neue Ungerechtigkeiten geschaffen werden. Der Ständerat folgte der Empfehlung des Bundesrates und lehnte die Motion mit 15 zu 27 Stimmen ab.

Familienbesteuerung. Ungleichbehandlungen beseitigen

Aufgrund der Uneinigkeit zwischen der ständerätlichen UREK-SR und der nationalrätlichen UREK-NR gelangte die parlamentarische Initiative Parmelin (svp, VD) mit der Forderung nach Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten bei der Festlegung des Gewässerraums ins Parlament. Dem Nationalrat, der sich in der Wintersession 2016 als Erstrat mit dem Anliegen befasste, lag neben dem befürwortenden Mehrheitsantrag seiner Kommission auch ein linker Minderheitsantrag vor, welcher der Initiative keine Folge geben wollte. Minderheitssprecher Jans (sp, BS) begründete die ablehnende Haltung der Kommissionsminderheit damit, dass dem Anliegen bereits mit einer im Herbst 2015 angenommenen Motion der UREK-SR Rechnung getragen werde. Im Gegensatz zur vorliegenden parlamentarischen Initiative erlaubt diese eine Anpassung der Bestimmungen auf dem Verordnungsweg. Auf der anderen Seite machte sich die Kommissionsmehrheit dafür stark, sich eine Gesetzesänderung vorzubehalten, sollte die in Erfüllung der Kommissionsmotion erarbeitete Verordnungsänderung nicht zufriedenstellend ausfallen. Mit 114 zu 57 Stimmen sprach sich die grosse Kammer für Folge geben aus, womit der Ständerat ebenfalls über die Vorlage beraten wird.

Parlamentarische Initiative verlangt Flexibilisierung des Gewässerraums in Gewässerschutzgesetz (Pa.lv. 13.455)
Dossier: Volksinitiative "Lebendiges Wasser" und ihre Folgen

In der Herbstsession 2016 beschloss der Nationalrat im Rahmen der Beratungen zur Reform der Altersvorsorge 2020, ein Postulat Parmelin (svp, VD) aus dem Jahr 2010, das einen Bericht über die Festlegung des Umwandlungssatzes verlangt hatte, abzuschreiben.

Bericht über die Festlegung des Umwandlungssatzes

Rund eine Woche vor den Regierungswahlen begannen die Fraktionen mit den Hearings der drei SVP-Kandidaten. Lediglich die Grünen verzichteten auf die Anhörungen, weil sie die Wahl eines Vertreters der Volkspartei grundsätzlich ablehnten, da die SVP die Europäische Menschenrechtskonvention kündigen wolle – eine Anspielung auf die geplante Selbstbestimmungsinitiative der SVP. Die GP setzte nach wie vor auf einen Sprengkandidaten aus der Mitte und gab bekannt, zumindest im ersten Wahlgang keinen der SVP-Kandidierenden wählen zu wollen. Die SP entschied sich erst in letzter Minute, die Kandidaten einen Tag vor den Wahlen doch noch zu Bewerbungsgesprächen einzuladen. Die Genossen gaben im Anschluss bekannt, dass Norman Gobbi (TI, lega) für sie nicht wählbar sei. Die restlichen Fraktionen wollten sich nach den Anhörungen zwar nicht festlegen, gaben aber zu Protokoll, einen der drei offiziellen Kandidaten wählen zu wollen. Ein Sprengkandidat war nicht in Sicht – auch wenn Heinz Brand (svp, GR) erst nach einigem Hin und Her und viel Pressewirbel dementierte, eine Wahl annehmen zu wollen, und sich auch Thomas Hurter (svp, SH) noch einmal ins Gespräch brachte, weil er keine Stellung nehmen wollte zur Idee, bei einer allfälligen Wahl und Ausschluss durch die SVP bei der FDP Unterschlupf zu finden. Alle weiteren, in den Medien kolportierten, möglichen Überraschungskandidaten gaben aber jeweils kurz nach der Medienmeldung an, nicht zur Verfügung zu stehen. Zudem signalisierten die Mitteparteien im Verlaufe dieser Geplänkel immer deutlicher, für Spiele nicht zur Verfügung zu stehen. Aufgrund dieser Ausgangslage sahen die meisten Medien am Tag vor der Bundesratswahl Guy Parmelin (svp, VD) im Vorteil, da er von SP und GP wohl eher unterstützt würde als Norman Gobbi (TI, lega) und Thomas Aeschi (svp, ZG).
Dass der Anspruch der SVP auf einen zweiten Bundesratssitz allgemein akzeptiert und die Lust auf Experimente im Parlament in der Tat sehr gering war, zeigte sich am Wahltag auch in den Voten der einzelnen Fraktionen. Mit Ausnahme der SP und der GP sprachen sich alle Parteien für ein Ende der bisher nicht adäquaten mathematischen Konkordanz aus. Obwohl alle Parteien freilich auch die Ausschlussklausel der SVP kritisierten, die einer Regierungspartei nicht würdig sei, liessen sie den Worten bei der Ersatzwahl von Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) Taten folgen. Zwar erhielten im ersten Wahlgang auch Thomas Hurter (svp, SH) und Viola Amherd (cvp, VS) 22 bzw. 16 Stimmen, auf den insgesamt 245 ausgeteilten Wahlzetteln fanden sich aber vorwiegend die drei SVP-Kandidierenden, wobei sich Guy Parmelin mit 90 Stimmen vor Thomas Aeschi (61 Stimmen) und Norman Gobbi (50 Stimmen) schon leicht absetzen konnte. Mit den vier Stimmen an Verschiedene und den zwei leeren Wahlzetteln hatten sich damit 44 Parlamentarier nicht am offiziellen Dreierticket orientiert – zu wenig für einen Coup. Im zweiten Wahlgang verpasste Parmelin das absolute Mehr nur knapp. Er erhielt 117 von 120 nötigen Stimmen; Aeschi wurde von 78 Mitgliedern der Vereinigten Bundesversammlung favorisiert und Gobbi erhielt lediglich noch 30 Voten. Auf Verschiedene entfielen 14 Stimmen und fünf der 244 ausgeteilten Wahlzettel waren leer. Im dritten Wahlgang – für viele überraschend schnell – konnte Guy Parmelin dann genügend Unterstützerinnen und Unterstützer hinter sich scharen. Mit 138 Stimmen wurde der Waadtländer erster französischsprachiger SVP-Bundesrat der Geschichte. Die 88 Stimmen für Aeschi hätten auch zusammen mit den elf noch auf Gobbi entfallenden Stimmen nicht für einen anderen Wahlausgang gereicht. Im dritten Wahlgang, in dem nur noch 243 Wahlzettel ausgeteilt wurden, waren noch deren sechs leer. Guy Parmelin erklärte die Annahme der Wahl und verwies in seiner kurzen Rede auf die Bedeutung und Symbolkraft seiner Wahl für die Westschweiz. Freilich werde er im Rahmen seiner Regierungstätigkeit auch die Ost- und Zentralschweiz, die diesmal leer ausgegangen seien, nicht vergessen.

Ob der mit Spannung erwarteten Ersatzwahl gingen die vorausgehenden Bestätigungswahlen der bisherigen sechs Regierungsmitglieder fast ein wenig unter. Zwar divergierten die Stimmen, welche die einzelnen Magistratinnen und Magistraten erhielten recht stark – insbesondere Ueli Maurer (svp) und Simonetta Sommaruga (sp) wurden wohl jeweils vom gegnerischen Lager abgestraft – aber insgesamt zeigte sich auch bei den Bestätigungswahlen, dass das Parlament in der Mehrheit ein Zurück zur Normalität anstrebte. Doris Leuthard (cvp) wurde mit 215 von 245 Stimmen erneut gewählt (Verschiedene: 19; leer: acht; ungültig: drei), Ueli Maurer (svp) erhielt 173 von 245 Stimmen (Thomas Hurter (svp, SH): zehn Stimmen, Verschiedene: 27; leer: 32; ungültig: drei), Didier Burkhalter (fdp) wurde mit 217 von 244 Wahlzetteln bestätigt (Verschiedene: 14; leer: 13; ungültig: Null), der Name Simonetta Sommaruga (sp) stand auf 182 von 245 ausgeteilten Wahlzetteln (Daniel Jositsch (sp, ZH): elf Stimmen; Verschiedene: 28; leer: 19; ungültig: fünf), Johann Schneider-Ammann machte 191 von 244 Stimmen (Verschiedene: 28; leer: 23; ungültig: zwei) und überraschend deutlich bestätigt wurde auch Alain Berset mit 210 von 244 möglichen Voten (Verschiedene: 23; leer: acht; ungültig: zwei). Alle sechs hatten damit mehr Stimmen als noch vor vier Jahren erhalten.
Die Reaktionen in den Medien waren geteilt. Auf der einen Seite wurde hervorgehoben, dass Parmelin als Nationalrat kaum aufgefallen sei, über keinerlei Führungserfahrung verfüge und auch nicht besonders sprachgewandt sei – wenig spektakulär wie der Chasselas, den er anbaue, so etwa die BaZ. Sein einziger Ausweis sei es, der SVP anzugehören. Es sei aber nachvollziehbar, dass das Parlament die parteipolitische Zusammensetzung der Regierung höher gewichtet habe als personelle Fragen. Zudem müsse man Parmelin eine Chance geben, im Amt zu wachsen. Weil er keine hohe Erwartungen wecke, könne er eigentlich nur positiv überraschen. Für viele, vor allem für Mitte-links sei er wohl auch das kleinere Übel gewesen. Parmelin sei ein SVP-Mitglied der alten Schule und sei wohl als leichter formbar vermutet worden als Thomas Aeschi, der als Blocher-Zögling gelte und die neue SVP-Linie vertrete. In der Westschweizer Presse wurde zudem hervorgehoben, dass sich Parmelin stets moderat und kompromissbereit gezeigt habe – eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit im Regierungskollegium. Die Wahl Parmelins sei aber auch ein Zeichen dafür, dass das Parlament angesichts der Erfolge und der immer neuen Forderungen der SVP resigniere – so der Blick. Einig war man sich in der Presse, dass die SVP jetzt in der Verantwortung stehe. Sie müsse wieder in den Kompromiss-Modus zurückfinden – so die NZZ. In den Kommentarspalten wurde zudem darauf hingewiesen, dass die Volkspartei mit ihrem zweiten Regierungssitz nun auch definitiv in der Westschweiz verankert sei – männiglich prognostizierte gar einen weiteren Schub der SVP im französischsprachigen Landesteil.
Die Reaktionen der Parteien waren unterschiedlich. Die SVP feierte ihren neuen Bundesrat mit auffallender Zurückhaltung. Zwar wiesen die Parteispitzen darauf hin, dass man die Westschweiz jetzt noch besser vertreten könne; verschiedene Stimmen machten aber keinen Hehl daraus, dass Parmelin nicht der Wunschkandidat gewesen sei. Die Aufforderung, jetzt mehr Kompromissbereitschaft zu zeigen, prallte an der SVP ab. Man mache weiter eine SVP-Politik und erwarte vielmehr von der FDP, dass sich im Bundesrat jetzt eine bürgerliche Politik durchsetze. Als Siegerinnen sahen sich die SP- und die CVP-Spitzen. In der französischsprachigen Presse wurde kolportiert, dass Guy Parmelin ohne die von Christoph Darbellay (cvp, VS) und Christian Levrat (sp, FR) im Nationalratswahlkampf aufgestellte Forderung an die SVP, einen Westschweizer Kandidaten zu präsentieren, vielleicht jetzt gar nicht Bundesrat wäre. Prompt wurden die beiden Parteipräsidenten als Königsmacher gefeiert. In der FDP und der CVP machte man sich Gedanken über die nächsten Bundesratswahlen. Klar war, dass mit der Übervertretung der Romandie die Chancen für französischsprachige "Papabili" stark gesunken waren. Potenzielle Ostschweizer und Tessiner-Kandidaten konnten sich hingegen freuen.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Die Forderung der SVP, nach einem zweiten Regierungssitz, gehörte seit der Nichtbestätigung von Christoph Blocher (svp, ZH) nach den Wahlen 2007 zum Standardrepertoire der Volkspartei. Bei den Bundesratswahlen 2011 hatte sich die SVP mit ihrem nicht sehr professionellen Nominierungsverfahren praktisch selber aus dem Rennen genommen. Die Vehemenz der Forderung, nach einer adäquaten Regierungsbeteiligung, nahm 2015 gar noch zu und die Attacken der Volkspartei, vor allem auf den BDP-Bundesratssitz, wurden lauter. Die zahlreichen Kandidierenden, die vor den Parlamentswahlen als mögliche Herausforderer angepriesen wurden, dienten dabei einerseits als Nebelpetarden. Weil diese Ankündigungen und sofortigen Dementis, etwa von Toni Brunner (svp, SG) oder Adrian Amstutz (svp, BE), von den Medien bereitwillig aufgenommen und diskutiert wurden, schadete dies anderseits dem Wahlkampf der SVP in keinster Weise. Auch die anderen Parteien profitierten freilich von der medial breitgeschlagenen Diskussion um mögliche Szenarien für die nach den Gesamterneuerungswahlen anstehenden Bundesratswahlen. Die Bürgerlichen bestätigten zwar den prinzipiellen Anspruch der SVP auf einen zweiten Regierungssitz, Regierungsmitglieder, die ihre Sache gut machten, wolle man aber nicht abwählen. SP und GP betonten mit ebendiesem Argument, dass sie Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) auf jeden Fall bestätigen wollten.
Die Ausgangslage änderte sich freilich nach der Demissionsankündigung der BDP-Bundesrätin. Die Linke pochte zwar auf einen neuen Mitte-Kandidaten, falls die SVP Kandidierende nominiere, die gegen die Bilateralen seien, und die Grünen sahen ebenfalls weit und breit keinen wählbaren SVP-Kandidierenden. Die restlichen Parteien signalisierten aber rasch, dass sie den Anspruch der SVP auf einen zweiten Bundesratssitz guthiessen und für Spielchen nicht zu haben seien. Dazu gehörte auch die Bestätigung, Bisherige nicht abwählen zu wollen. In der Tat wurde die Möglichkeit diskutiert, einen FDP-Bundesrat abzuwählen und mit einem Kandidierenden der Mitteparteien zu ersetzen, um eine rechtslastige Regierung mit 2 FDP und 2 SVP Magistraten zu verhindern. Die Chance für ein solches Szenario, war allerdings mehr als gering, würden doch dafür weder die FDP noch die SVP Hand bieten.
Rasch zeigte sich zudem, dass die Volkspartei das Nominierungsverfahren dieses Mal mit grösserer Sorgfalt angegangen war als vier Jahre zuvor. Aus den elf ursprünglichen Bewerbungen präsentierte die SVP nach ihrer Fraktionssitzung am 20. November drei Kandidierende aus den drei hauptsächlichen Sprachregionen: Thomas Aeschi (svp, ZG), Guy Parmelin (svp, VD) und Norman Gobbi (TI, lega). Der Tessiner Lega-Regierungsrat stellte sich unter das Banner der SVP, wollte aber auf kantonaler Ebene Legist bleiben. SVP-Fraktionspräsident Adrian Amstutz (svp, BE) wies darauf hin, dass Gobbi Mitglied der SVP Schweiz sei und das Gedankengut der SVP vertrete. Man kooperiere mit der Lega auf nationaler Ebene schon lange. Die Lega gehöre im Parlament schliesslich auch zur SVP-Fraktion. Gobbi sei von der Fraktion praktisch einstimmig nominiert worden (mit 72 von 74 Stimmen). Parmelin (svp, VD) siegte mit 48 zu 29 Stimmen über Oskar Freysinger (VS, svp) und Aeschi setzte sich im fünften Wahlgang mit 44 zu 37 Stimmen gegen Heinz Brand (svp, GR) durch. Ohne Chancen, oder gar nicht ins engere Auswahlverfahren aufgenommen, waren die Kandidaturen von Hannes Germann (svp, SH), Thomas Hurter (svp, SH), Res Schmid (NW, svp), Thomas de Courten (svp, BL), Albert Rösti (svp, BE) und David Weiss (BL, svp).
Die Dreier-Auswahl überraschte, waren doch im Vorfeld andere Favoriten gehandelt worden, die im Parlament eine breitere Unterstützung erhalten hätten. Die SVP machte aber von Anfang an klar, dass sie ihre – nach der Nicht-Bestätigung Blochers – in den Parteistatuten verankerte Regel, strikte anwenden werde. In diesem Sinne würden nicht nominierte, aber gewählte Kandidaten, die ihre Wahl dennoch annähmen, aus der Partei ausgeschlossen. Die Chancen für Hannes Germann (svp, SH), der laut der NZZ mehr Freunde im Parlament als in seiner Partei habe und der erste Bundesrat aus dem Kanton Schaffhausen gewesen wäre, oder für Heinz Brand (svp, GR), der lange als Kronfavorit aus der vernachlässigten Ostschweiz gegolten hatte, lagen damit praktisch bei Null. Es wurden zwar Szenarien für einen Sprengkandidaten aus der Reihe der SVP diskutiert und linke Stimmen kritisierten die Ausschlussregel als Erpressungsversuch, dem man sich nicht beugen werde. Mögliche Sprengkandidaten gaben allerdings rasch bekannt, eine allfällige Wahl nicht annehmen zu wollen.
Die SVP wurde nicht müde zu betonen, dass man mit dem sprachregional ausgewogenen Dreierticket eine echte Auswahl anbiete. Man sei der Forderung der SP und der CVP nachgekommen, einen Kandidierenden aus der Westschweiz aufzustellen und wolle als grösste Partei auch in der Regierung zwei Landesteile repräsentieren. Die Auswahl sorgte allerdings auch für Misstöne. Mit der Nominierung von Norman Gobbi (TI, lega) und Guy Parmelin (svp, VD) – der eine laut Presse bekannt für seine verbalen Entgleisungen, der andere ein politisches Leichtgewicht – wolle die SVP dem Parlament den Deutschschweizer Kandidaten Thomas Aeschi (svp, ZG) aufzwingen. Die Romandie wäre mit drei Sitzen deutlich übervertreten und Gobbi sei Vertreter der Lega. Dies sei keine echte Auswahl und der schweizerischen Konkordanz unwürdig – liess sich etwa Eric Nussbaumer (sp, BL) zitieren. Auch die NZZ kommentierte die Dreier-Nomination als Auswahl, die keine sei. In den Medien galt vorab der Zuger Thomas Aeschi als Kronfavorit. Er vertrete den neuen Stil der SVP, sei jung und ein Vertreter Blocher'scher Prägung – so etwa der TA. Die SVP wurde freilich nicht müde zu betonen, dass sie gerne Regierungsmitglieder aus unterschiedlichen Sprachregionen hätte.
Die Stimmen – auch aus der SVP – , die gerne eine breitere Auswahl aus der Deutschschweiz gehabt hätten, verstummten allerdings nicht. Es gebe durchaus Spielraum für einen (SVP-internen) Sprengkandidaten, zitierte das SGT Vertreter von SP und CVP. Immerhin war in den letzten 100 Jahren jeder fünfte gewählte Bundesrat wild, also nicht von der eigenen Partei nominiert worden. Freilich hatte die Volkspartei alle ursprünglich elf SVP-Kandidaten dazu bewegt, schriftlich zu bestätigen, eine Wahl als Sprengkandidat nicht anzunehmen.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Wider den Willen der UREK-NR, die sich im Vorjahr mehrheitlich für Folge geben ausgesprochen hatte, lehnte die UREK-SR im Herbst 2015 eine parlamentarische Initiative Parmelin (svp, VD) ab, die explizit im Gewässerschutzgesetz verankert haben wollte, dass die Kantone den Gewässerraum unter Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten festlegen können. Die Kommission sah die Problematik nicht bei den gesetzlichen Bestimmungen an sich, sondern im Bereich des Vollzugs, weswegen sie von einer Gesetzesänderung absehen wollte; eine Haltung, die sie gleichentags auch gegenüber neun Standesinitiativen mit ähnlichen Anliegen zum Ausdruck brachte. Um Vollzugsprobleme zu klären, hatte die UREK-SR im selben Jahr ihrerseits einen Vorstoss in Form einer Motion lanciert, der es erlauben soll, bestehenden Unklarheiten mittels Verordnungsanpassung entgegenzuwirken.

Parlamentarische Initiative verlangt Flexibilisierung des Gewässerraums in Gewässerschutzgesetz (Pa.lv. 13.455)
Dossier: Volksinitiative "Lebendiges Wasser" und ihre Folgen

Wie bei den Nationalratswahlen, sah es auch bei den Ständeratswahlen im Kanton Glarus lange nach einem konkurrenzlosen Durchwinken der Amtsinhaber aus. Zur Wiederwahl stellten sich Thomas Hefti von der FDP und Werner Hösli von der SVP. Beide hatten ihr Amt während der letzten Legislatur aus tragischen Gründen angetreten: Hefti hatte den 2013 verstorbenen Pankraz Freitag ersetzt, während Hösli nur wenige Monate später für den damals krebskranken und mittlerweile ebenfalls verstorbenen This Jenny nachgerückt war.

Die Kandidatur von FDP-Ständerat Thomas Hefti galt gemeinhin als ungefährdet. Dass aber Werner Hösli keine Konkurrenz zu erhalten schien, war nicht selbstverständlich. Hösli war nämlich als ehemaliges Bankratsmitglied der Glarner Kantonalbank – zusammen mit dem Rest der damaligen Führungsetage – erstinstanzlich vom Kantonsgericht verurteilt worden. Die Führung der Bank wurde verantwortlich gemacht für eine angeblich verfehlte Kreditpolitik, welche 2008 zu Wertberichtigungen von fast 100 Millionen Franken geführt hatte. Werner Hösli stellte sich aber auf den Standpunkt, stets mit gutem Gewissen gehandelt zu haben, und er hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt. Hinzu kam, dass Hösli stets offen mit der Thematik umging und seine rechtliche Verwicklung bereits bei seiner erstmaligen Wahl bekannt war. Aus diesem Grund wurde nicht davon ausgegangen, dass die Affäre den SVP-Amtsinhaber in grossem Masse gefährden würde. Mit der SP-Kandidatur von Jacques Marti, der bei den Nationalratswahlen Martin Landolt (bdp, GL) angriff, kam es in der BDP ihrerseits zu Überlegungen, ob die Partei als Reaktion darauf in den Ständeratswahlkampf eingreifen solle. Schlussendlich entschied sich die Partei aber gegen dieses Vorhaben und konzentrierte sich stattdessen vollends auf die Verteidigung ihres Nationalratssitzes. Nur gerade drei Wochen vor dem Wahltermin, erwuchs den beiden Amtsinhabern dann doch noch Konkurrenz. Der Unternehmer Hans-Peter Legler entschied sich für ein Antreten, um dem Glarner Stimmvolk eine ‘parteiunabhängige Alternative’ anzubieten. Seine Kandidatur war erklärtermassen gegen Hösli gerichtet, dem er unter anderem vorwarf, in Bern nicht für die Wasserkraft und die Energiewende einzutreten.

Die Glarner Ständeratswahlen trotz der Konkurrenz bereits im ersten Wahlgang entschieden. Thomas Hefti von der FDP gelang mit 8’619 Stimmen ein Glanzresultat, mit dem er das absolute Mehr von 4’827 Stimmen deutlich übertraf. Mit etwas weniger Vorsprung übersprang auch Werner Hösli diese Hürde. Der SVP-Kandidat erhielt insgesamt 5'469 Stimmen. Der last-minute Kandidat Hans-Peter Legler zeigte sich mit seinem Endergebnis von 3'335 Stimmen durchaus zufrieden. Des Weiteren erhielten Jacques Marti von der SP – eigentlich nur Nationalratskandidat – 683 Stimmen und Vereinzelte deren 1'201. Diese hohe Anzahl an Proteststimmen und die tiefe Wahlbeteiligung (41.5%) lassen darauf schliessen, dass das Glarner Stimmvolk wohl doch nicht ganz zufrieden war mit der präsentierten Auswahl.

Kanton Glarus -Ständeratswahlen 2015
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2015 (nach Kantonen)

Dem Kanton Waadt standen bei den Nationalratswahlen 2015 als bevölkerungsmässig drittgrösster Kanton achtzehn Sitze zu. Im Vergleich zu 2011 ging – im Unterschied zu den meisten anderen Kantonen – die Zahl an Kandidierenden leicht zurück auf 326 (2011: 334). Dafür verteilten sich die Anwärterinnen und Anwärter auf neu 23 Listen – einer Liste mehr als vier Jahre zuvor. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden betrug 34.7% (2011: 32.3%). Die meisten Parteien traten sowohl mit einer eigenen Liste als auch einer der Jungpartei an. Unter den Parteilisten fanden sich auch zahlreiche Kleinstparteien wie der Piratenpartei oder den Schweizer Demokraten. Abgerundet wurde das Kandidatenfeld von Gruppierungen wie Ecopop, die im November 2014 mit der gleichnamigen Initiative und einer extremen Zuwanderungsbeschränkung auf sich aufmerksam gemacht hatte und auch in den Kantonen Zürich und Aargau antrat, oder der «Liste du Vote Blanc», die dafür eintrat, dass leere Stimmen für die Berechnung von demokratischen Entscheidungen ebenfalls zählen sollen.

Nur drei der achtzehn Amtsinhaber gaben vor den Wahlen ihren Rücktritt bekannt. Die SVP hatte mit André Bugnon und Pierre-François Veillon gleich zwei Abgänge zu beklagen. Nochmals kandidierten dafür Guy Parmelin und Jean-Pierre Grin. Bei der SP war es Eric Voruz der nicht mehr antrat. Die Sozialdemokraten hatten mit insgesamt sechs Mandaten die grösste Fraktion zu verteidigen. Die fünf wieder antretenden Bisherigen waren Cesla Amarelle, Ada Marra, Roger Nordmann, Rebecca Ana Ruiz und Jean Christophe Schwaab. Die Devise für die SP lautete, die zwei bei den Wahlen 2011 dazugewonnen Sitze zu verteidigen. Einer dieser Sitzgewinne ging damals zu Lasten des grünen Stadtpräsidenten von Lausanne, Daniel Brélaz, der 2015 von den Grünen wieder als Kandidat nominiert wurde, um den Abwärtstrend der vergangenen Jahre zu stoppen. Neben ihm traten die Bisherigen Adèle Thorens Goumaz und Christian van Singer an. Ihren 2011 verlorenen Sitz zurückerobern wollte auch die Alternative Linke. Einziger Kandidat, dem reelle Chancen zugerechnet wurden, war PdA-Grossrat Marc Vuilleumier. Die Grünliberalen – welche 2011 erstmals ein Mandat erobert hatten – peilten die Sitzverteidigung mit ihrer Nationalrätin Isabelle Chevalley an. Als weitere Mittepartei präsentierte die BDP mit Christine Bussat eine interessante und nicht unumstrittene Kandidatin. Bussat war als Urheberin der sogenannten «Pädophileninitiatve» bekannt geworden. Laut eigenen Aussagen entschied sie sich für die BDP, da ihr die SVP in Belangen wie der Ausländerpolitik zu extrem sei. Bei der CVP kam es bereits im Juni 2014 parteiintern zu einigem Wirbel, weil man den amtierenden Nationalrat Jacques Neirynck nicht mehr aufstellen wollte. Stattdessen sollte der ehemalige Verwaltungsrat der Post, Claude Béglé als Spitzenkandidat lanciert werden. Um die Wogen zu glätten, entschied man sich schliesslich Neirynck doch kandidieren zu lassen, jedoch auf der CVP-Seniorenliste, was die Wahlchancen des 84-Jährigen freilich arg schmälerte. Die FDP schliesslich, die ihre Delegation bei den letzten Wahlen von drei auf vier Sitze vergrössern konnte, trat mit allen Bisherigen wieder an: Fathi Derder, Olivier Feller, Isabelle Moret und Olivier Français. Français kandidierte zudem für die gleichzeitig stattfindenden Ständeratswahlen.
Im Vorfeld des Urnengangs beherrschte die Frage nach einem möglichen Zusammengehen der FDP mit der SVP die öffentliche Debatte. Im neuen Jahrtausend war eine Listenverbindung der beiden Parteien stets zustande gelommen – obwohl rein rechnerisch die FDP kaum je davon profitiert haben dürfte. Aus diesem Grund war die Skepsis über einen neuerlichen solchen Schulterschluss gross – einerseits bei den Freisinnigen selber und andererseits in der Waadtländer Medienlandschaft. Insbesondere die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative im Februar 2014 wurde als Zäsur in der Beziehung zwischen den Parteien wahrgenommen. Für die FDP wäre eine Listenverbindung weniger für die Nationalratswahlen, als für die Ständeratswahlen relevant gewesen, da man dort die Unterstützung der SVP für den eigenen Kandidaten Français suchte. Die SVP betonte zudem, dass eine Zusammenarbeit bei den Nationalratswahlen Bedingung für eine Listenverbindung bei den anstehenden Waadtländer Kommunalwahlen sein würde. In der politischen Mitte hoffte man derweil, die FDP für sich selber gewinnen zu können. Dort hatten sich CVP, GLP, BDP, EDU und EVP wiederum zu einem breiten Bündnis zusammengetan. Für die FDP schien mehr und mehr klar, dass eine Listenverbindung ausschliesslich mit der SVP kaum in ihrem Interesse wäre. Die Partei hatte deshalb Grösseres im Sinn, und versuchte mehrmals die anderen bürgerlichen Parteien zu einem umfassenden bürgerlichen Block von der Mitte bis ganz nach rechts zu bewegen. Die Avancen der Freisinnigen stiessen aber weder im bürgerlichen Lager noch bei der SVP auf offene Ohren. Die CVP wollte sich nicht mit der SVP einlassen, genauso wenig wie dies die SVP mit den Mitteparteien tun wollte. Der Linken konnte die Uneinigkeit im bürgerlichen Lager nur recht sein. Die Sozialdemokraten, die Grünen und die alternative Linke führten ihre traditionelle Listenverbindung diskussionslos weiter.
Inmitten der wahltaktischen Streitigkeiten wurde der Waadtländer Wahlkampf durch interne Affären in der SVP aufgeheizt. Im Sommer wurde bekannt, dass SVP-Parteipräsidentin Fabienne Despot 2014 ein Gespräch mit Parteikollegen ohne deren Zustimmung aufgezeichnet hatte. Die Affäre kam ans Licht, weil Despots ehemaliger Lebenspartner und BDP-Politiker Fred Reichenbach, die SVP mit dem Tondokument unter Druck setzten wollte. Am SVP-Parteitag im August sorgte die Angelegenheit für heftige Diskussionen. Despot sagte, sie wolle Kandidatin für die National- und Ständeratswahlen bleiben, würde aber ihr Amt als Präsidentin zur Verfügung stellen. Die Delegierten der SVP stellten sich letztlich – wenn auch knapp – hinter Despot und beliessen sie sowohl als Kandidatin als auch im Parteipräsidium. Als ob dies nicht genug gewesen wäre, wurde daraufhin publik, dass die Ex-Freundin von Michaël Buffat – ebenfalls SVP-Kandidat für National- und Ständerat – eine Klage wegen Gewalttätigkeit gegen ihn eingereicht hatte. Die Vorwürfe wurden von Buffat bestritten. Auch der ersehnten bürgerlichen Einigung kamen die Affären wohl nicht zu Gute: Die Gespräche zwischen der FDP und der SVP verliefen letztlich im Sand, womit beide Parteien alleine ins Rennen um die Nationalratssitze stiegen.

Die FDP konnte sich schliesslich trotzdem als klare Gewinnerin im Kanton Waadt feiern lassen. Die Partei legte um ganze 4.8 Prozentpunkte auf 26.8% Wähleranteil zu. Die Freisinnigen avancierten mit diesem Resultat zur grössten Partei im Kanton. Der Wahlsieg konnte zudem in einen Sitzgewinn umgemünzt werden, wovon die neugewählten Laurent Wehrli und Frédéric Borloz profitierten. Fathi Derder – welcher sich hinter Wehrli einreihte – schaffte die Wiederwahl dank des späteren Erfolges von Olivier Français im Ständeratsrennen mit leichter Verzögerung ebenfalls. Leidtragende an diesem Wahlsonntag waren die Sozialdemokraten, welche einen ihrer zwei bei den eidgenössischen Wahlen 2011 gewonnenen Sitze wieder abgeben mussten. Da Eric Voruz nicht mehr angetreten war, schafften trotzdem alle ihre Nationalratsmitglieder die Wiederwahl. Die SP verlor 3 Prozentpunkte an Wähleranteil und kam noch auf 22.2 Prozent. Leichte Rückgänge mussten die SVP mit 22.6 Prozent (-0.4 Prozentpunkte) und die Grünen mit 11.3 Prozent (-0.3 Prozentpunkte) in Kauf nehmen. Beide Parteien blieben ohne Sitzverlust, jedoch schaffte bei den Grünen Daniel Brélaz auf Kosten von Christian van Singer wieder den Einzug in den Nationalrat. Adèle Thorens Goumaz gelang die Wiederwahl nur, weil Luc Recordon nach seiner Niederlage bei den Ständeratswahlen auch auf den Nationalratssitz verzichtete. Bei der SVP durften sich Jacques Nicolet und Michaël Buffat zur Neuwahl beglückwünschen lassen. Die Grünliberalen kamen noch auf 3.9 Prozent Wähleranteil (-1.2 Prozentpunkte), konnten aber den Sitz von Isabelle Chevalley halten. Bei der CVP ersetzte wie erwartet Claude Béglé den relegierten und letztlich abgewählten Amtsinhaber Jacques Neirynck. In Sachen Wähleranteil mussten auch die Christdemokraten einen leichten Rückgang verkraften (neu: 4.6%, -1 Prozentpunkt). Weiterhin keine Vertreter nach Bern schicken durften die BDP mit 1.8 Prozent Wähleranteil (+1 Prozentpunkt) und das linke Bündnis zwischen PdA und solidaritéS mit 2.9 Prozent Wähleranteil (-1.1 Prozentpunkte). Aus dem Kanton Waadt reist somit künftig folgende Delegation nach Bern: 5 FDP, 5 SP, 4 SVP, 2 GPS, 1 CVP und 1 GLP. Mit 6 Nationalrätinnen beträgt der Frauenanteil weiterhin 33%. Die Wahlbeteiligung war mit 42.9 Prozent leicht gestiegen (2011: 41.6%).

Kanton Waadt -Nationalratswahlen 2015
Dossier: Resultate Nationalratswahlen 2015 (nach Kantonen)

In der Herbstsession 2015 beschäftigte sich der Ständerat als Zweitrat mit einer Motion Parmelin (svp, VD) zur Abschaffung der Renten für Kinder AHV-beziehender Eltern. Die Kommission beantragte dem Rat einstimmig, den Vorstoss zusammen mit vier weiteren vom Nationalrat angenommenen Motionen (12.3553, 12.4129, 12.4131, 13.3313), welche ebenfalls die Altersvorsorge betreffen, abzulehnen. Im Zuge der Kommissionsdebatte über die Reform der Altersvorsorge seien die Forderungen aller fünf Motionen mehrmals angesprochen worden, ohne dass beantragt worden wäre, diese im Reformprojekt zu berücksichtigen. Es gelte daher, die entsprechenden Vorstösse abzulehnen. Der Rat folgte diesem Antrag diskussionslos.

Renten für Kinder AHV-beziehender Eltern abzuschaffen

Mit denkbar knappem Resultat entschied der Nationalrat in der Sommersession 2015 nach längerer Diskussion, auf den indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Grüne Wirtschaft" einzutreten. Auch der grossen Kammer lag ein Nichteintretensantrag ihrer Kommissionsmehrheit vor; eine starke Minderheit der UREK-NR bestehend aus Mitgliedern der Fraktionen der SP, Grünen, GLP und CVP machte sich für Eintreten stark. Die Kommissionsmehrheit, vertreten durch Guy Parmelin (svp, VD) und Peter Schilliger (fdp, LU), erachtete sowohl den indirekten Gegenvorschlag als auch das Volksanliegen aufgrund bereits bestehender Massnahmen – namentlich erwähnt wurde der Masterplan Cleantech, die Biodiversitätsstrategie, die Agrarpolitik 2014-2017 und die Energiestrategie 2050 – als überflüssig und den "Interventionismus" des Bundes auch in der entschlackten Version des Ständerats als zu weit gehend. Der ständerätliche Entwurf verfolgte in erster Linie noch zwei Zielsetzungen, nämlich ein verstärktes Recycling sowie den effizienteren Einsatz von kritischen Rohstoffen. Andere Bestimmungen, etwa diejenigen betreffend die Pflicht zur Information der Käufer über die Umweltauswirkungen der erworbenen Produkte (sog. Produktumweltinformation) oder eine Bewilligungspflicht für Abfallanlagen, waren vom Ständerat im Vorjahr bereits aus der Vorlage gestrichen worden. Der so vorliegende Entwurf setzte in erster Linie auf weiche Massnahmen wie die Bereitstellung von Informationen. Ferner wollte ein Subsidiaritätsprinzip im Bereich des Inverkehrbringens von Rohstoffen und Produkten freiwilligen Vereinbarungen der Wirtschaft Vorrang über staatliche Reglementierungen geben.
Minderheitssprecher Müller-Altermatt (cvp, SO) hingegen lobte die ständerätliche Arbeit; es sei der Kantonskammer gelungen, einen Entwurf zu präsentieren, der im Sinne der Wirtschaft und nicht bürokratisch sei. Durch Erläuterung der Importbestimmungen für ausländisches Holz machte der CVP-Nationalrat darauf aufmerksam, dass die Schweiz in der Umweltpolitik nicht in jedem Bereich eine Vorreiterrolle einnehme: Im Gegensatz zur EU bestünde in der Schweiz keine Gesetzesgrundlage für ein Importverbot von illegalem Holz.
Unter Berufung auf diverse Quellen stützte auch die Umweltministerin die Meinung, dass das 30-jährige Umweltschutzgesetz modernisiert werden müsse; der einzuführende Begriff der Ressourceneffizienz rechtfertige eine Revision nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen. Tatsächlich wussten die Kommissionsminderheit und der Bundesrat gewisse Akteure aus der Wirtschaft hinter sich – neben den Grossverteilern Coop und Migros unterstützte etwa auch die direkt betroffene Holzwirtschaft den indirekten Gegenvorschlag. Starker Gegenwind erfuhr das Revisionsvorhaben jedoch von grossen Wirtschaftsverbänden wie Economiesuisse und Gewerbeverband. Nur mit Stichentscheid des Präsidenten Rossini (sp, VS) und bei insgesamt sechs Enthaltungen aus der CVP/EVP- und der FDP-Fraktion beschloss der Nationalrat schliesslich, auf die Vorlage einzutreten. Während die SP, die Grünen, die GLP und die BDP geschlossen für Eintreten stimmten, stellten sich die SVP und die FDP (mit Ausnahme zweier Enthaltungen) ebenso geschlossen dagegen. Das Zünglein an der Waage spielte die CVP, deren Mitglieder sich mit knapper Mehrheit ebenfalls für Eintreten aussprachen.

Volksinitiative „Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft“ (Grüne Wirtschaft)

Auch 2014 kam es im Parlament zu einigen Mutationen. Insgesamt wurden im Berichtsjahr elf neue Parlamentsmitglieder vereidigt. Tragisch war dies im Falle beider Ständeräte aus dem Kanton Glarus. Für den 2013 überraschend verstorbenen Pankraz Freitag (fdp, GL) und den 2014 zurückgetretenen und kurz darauf aufgrund seines Krebsleidens aus dem Leben geschiedenen This Jenny (svp, GL) wurden in Ersatzwahlen Thomas Hefti (fdp, GL) und Werner Hösli (svp, GL) als Nachfolger bestimmt (vgl. Kapitel 1e, Wahlen). Gleich vier Nationalräte rutschten aus dem Kanton Zürich nach: Christoph Blocher (svp, ZH) und Hans Kaufmann (svp, ZH) wollten eigentlich jüngeren SVP-Mitgliedern Platz machen, aber Ernst Schibli (svp, ZH; Jahrgang 1952), der 2011 nach 10 Jahren nicht mehr in den Nationalrat gewählt worden, aber erster Ersatz auf der SVP-Liste war, entschied sich für eine Rückkehr nach Bern. Für Blocher rutschte dann freilich der 15 Jahre jüngere Thomas Matter (svp, ZH) nach. Markus Hutter (fdp, ZH) trat zurück, weil er sich seinem Unternehmen widmen wollte. Für ihn kam Beat Walti (fdp, ZH) zum Handkuss. Der zweite neue Zürcher FDP-Vertreter war Hans-Peter Portmann (fdp, ZH). Er wurde Nachfolger von Filippo Leutenegger (fdp, ZH), der in die Zürcher Stadtexekutive gewählt wurde. Auch der ehemalige Präsident der FDP, Fulvio Pelli (fdp, TI) hatte seinen Rücktritt eingereicht und machte Platz für Giovanni Merlini (fdp, TI). Der fünfte Abgeordnetenaustausch für die FDP wurde zwischen Pierre-André Monnard (fdp, NE) und Laurent Favre (fdp, NE) getätigt. Favre war bei Ersatzwahlen in die Neuenburger Regierung gewählt worden. Neben Blocher, Jenny und Kaufmann trat für die SVP mit Caspar Baader (svp, BL) ein weiteres Schwergewicht zurück. Er wurde durch Christian Miesch (svp, BL) ersetzt. Die SP – Rebecca Ruiz (sp, VD) rutschte für Josiane Aubert (sp, VD) nach – und die BDP – mit Heinz Siegenthaler (bdp, BE) für Ursula Haller (bdp, BE) – hatten je eine Mutation vorzunehmen. Die 49. Legislatur war damit bis Ende 2014 bereits von 24 Wechseln geprägt. Fast jeder zehnte Sitz im nationalen Parlament wurde damit ausserhalb der regulären Wahlen getauscht.

Mutationen 2014
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Zum Ständeratspräsidenten wurde in der Wintersession 2014 Claude Hêche (sp, JU) gewählt. Der Genosse erhielt 44 Stimmen (1 leer, 1 Diverse). Hêche sprach bei seinem Amtsantritt von seinen widersprüchlichen Gefühlen. Auf der einen Seite mache ihn der Tod von This Jenny (svp, GL), der mehr als ein langjähriger Kollege gewesen sei, traurig, auf der anderen Seite freue er sich über seine anstehende Mission als Präsident der kleinen Kammer. Seine Bitte, mit dem Geschenk für den scheidenden Präsidenten Hannes Germann (svp, SH), nicht zu spielen, sorgte im Rat dann wieder für Heiterkeit. Germann kriegte einen von allen Ständerätinnen und -räten signierten Fussball. Zum Vizepräsidenten wurde erwartungsgemäss der junge Neuenburger Kantonsvertreter Raphaël Comte (fdp, NE) bestimmt. Er erhielt 43 Stimmen (1 leer, 2 Diverse). Turnusgemäss stellt die CVP den übernächsten Präsidenten, Ivo Bischofberger (cvp, AI) der ebenfalls mit 43 Stimmen (2 leer, 1 Diverse) ins Amt des zweiten Vizepräsidenten gewählt wurde. Zur Stimmenzählerin stieg Karin Keller-Sutter (fdp, SG) auf und zum Ersatzstimmenzähler wurde Jean-René Fournier (cvp, VS) bestimmt. Die beiden Ämter, die gleichzeitig Mitgliedschaft im Büro bedeuten, sind sozusagen die Vorstufen für die Vizepräsidien und schliesslich das Präsidium.

Ständeratspräsidium - Wahl 2014
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Ein grosser Verlust nicht nur für die SVP, sondern für die ganze Schweizer Politik, stellte der Tod von This Jenny (svp, GL) dar. Mitte Februar kündigte der SVP-Ständerat an, per sofort zurückzutreten. Grund für seinen Rücktritt war ein bösartiger Magentumor, der sich als unheilbar entpuppte. Am 15. November erlöste sich der 62-jährige Jenny mit Hilfe der Sterbehilfeorganisation "Exit" von seinem Leiden. Jenny, der weit über seine Parteigrenzen hinaus beliebt gewesen war für seine Authentizität, Direktheit und Offenheit, was ihn häufig auch in Opposition mit seiner eigenen Partei brachte, hätte auf die Wahlen 2015 hin zurücktreten wollen.

SVP This Jenny

Auch die parlamentarische Initiative Parmelin (svp, VD) pochte auf eine Flexibilisierung des Gewässerraums und reihte sich somit ein in eine Reihe von Vorstössen, die den Unmut zur kürzlich in Kraft getretenen Änderung des Gewässerschutzgesetzes und dessen Verordnung zum Ausdruck brachten. Konkret verlangte der Initiant und 31 Mitunterzeichnende, dass die Breite des Gewässerraumes unter Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten festgelegt werden soll. Als Beispiel verwies er auf das waadtländische Laveaux, wo sich Rebparzellen bis in den Gewässerraum erstrecken. In solchen Fällen sehe der Entwurf der Richtlinie zur Umsetzung der Gewässerschutzverordnung eine Interessenabwägung vor, was zu einer faktischen Enteignung der Winzer führen könne. An ihrer Sitzung im Oktober 2014 beschloss die erstberatende UREK-NR mit 14 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung, dem Anliegen Folge zu geben.

Parlamentarische Initiative verlangt Flexibilisierung des Gewässerraums in Gewässerschutzgesetz (Pa.lv. 13.455)
Dossier: Volksinitiative "Lebendiges Wasser" und ihre Folgen

L'Assemblée fédérale a approuvé la ratification de la Convention n° 189 de l'Organisation internationale du Travail concernant la protection des travailleurs domestiques, souvent des femmes et des migrants. Dans son message du 28 août 2013, le Conseil fédéral s'était prononcé en faveur de cette nouvelle convention internationale du travail datant de l'année 2011, notant qu'il s'agissait là du respect des droits fondamentaux et d'une protection sociale minmale. Cette convention contient des dispositions relatives aux conditions de vie et de travail, à la rémunération ainsi qu'à la sécurité et la santé au travail et a pour but de garantir les droits fondamentaux des travailleuses et des travailleurs domestiques ainsi que la protection sociale minimale. Le Conseil fédéral avait noté que cette nouvelle norme marquait une étape importante pour combattre la vulnérabilité des travailleurs domestiques sur les plans sociaux et économiques.
En janvier 2014, la Commission de la sécurité sociale et de la santé publique du Conseil des Etats (CSSS-CE) a voté en faveur de la convention par 9 voix contre 0 (2 abstentions). À l’instar de la CSSS-CE, la Commission de la sécurité sociale et de la santé publique du Conseil national (CSSS-CN) s'est également prononcé en faveur de la ratification de la convention par 13 voix contre 11.
Le 20 mars, le Conseil des Etats a adopté la norme à l'unanimité, suivi du Conseil national le 12 juin (114 voix contre 73). Il a été souligné que le droit suisse n'aurait pas à être modifié pour la ratification, puisque déjà conforme à la convention n° 189 de l'OIT, mais qu'il s'agissait d'un geste important de solidarité envers les 50 millions de travailleurs domestiques dans le monde (chiffre de l'OIT). Lors du vote final pendant la session d'été, les deux chambres ont adopté l'arrêté. Le Conseil des Etats encore une fois à l'unanimité, le Conseil national par 114 voix contre 83. Lors des délibérations au National, une importante minorité (Borer (udc, SO), Bortoluzzi (udc, ZH), Cassis (plr, TI), Clottu (udc, NE), de Courten (udc, BL), Frehner (udc, BS), Moret (plr, VD), Parmelin (udc, VD), Pezzatti (plr, ZG), Stahl (udc, ZH) et Stolz (plr, BS) a contesté la nécessité de la convention en déclarant que toute législation supplémentaire était superflue puisque la catégorie de travailleurs visés benéficiait déjà d'une protection suffisante et que les employeurs étaient contre. Le conseiller fédéral Johann Schneider-Ammann a alors rappelé que cette ratification allait dans le sens de la politique générale de la Suisse et que Berne ratifiait les traités de l'OIT lorsque le droit suisse est déjà conforme.

Convention n° 189 de l'Organisation internationale du Travail

Gleich zwei Mal musste die Glarner Stimmbevölkerung 2014 ihren Ständerat neu wählen. Nach dem überraschenden Tod von Pankraz Freitag (fdp) am 5. Oktober 2013 wurden Ersatzwahlen auf den 12. Januar 2014 angesetzt. Laut kantonalem Gesetz muss eine Ersatzwahl innerhalb von drei Monaten durchgeführt werden. Die Zeit war dabei für die Parteien recht knapp und lange fand insbesondere auch die FDP keine Kandidaten. Eine potenzielle Nachfolgerin von Freitag, die bei den kantonalen Wahlen 2014 nicht wieder antretende Regierungsrätin Marianne Dürst Benedetti, stellte sich für eine Kandidatur nicht zur Verfügung. Schliesslich wurde der ausserhalb des Kantons Glarus eher unbekannte Thomas Hefti auf den Schild gehoben. Hefti – Sohn des von 1968 bis 1990 in Bern tätigen Ständerates Peter Hefti – war Gemeindepräsident von Glarus Süd. Hefti bekam Konkurrenz von BDP-Parteipräsident Martin Landolt. Der amtierende Glarner Nationalrat wollte den FDP-Ständeratssitz erobern. Die CVP und die Grünen verzichteten auf eine Kandidatur und die SP konnte keine geeignete Kandidatur aufbauen. Die SVP, die den zweiten Glarner Ständeratssitz inne hat, wollte ebenfalls nicht antreten. Allerdings hatte der Inhaber des Mandates, This Jenny (svp), seinen Rücktritt auf die ordentlichen Wahlen 2015 angekündigt. Eine der wenigen inhaltlichen Differenzen der Kandidierenden – der Ausstieg aus der Atomenergie – brachte Landolt die Unterstützung der Umweltverbände. Der BDP-Präsident konnte zudem seine Erfahrung in Bern in die Waagschale werfen. Weil bereits am 9. Februar die Gesamterneuerungswahlen für die Gemeindeexekutiven anstanden und Hefti sein Amt als Gemeindepräsident nicht mit einem allfälligen Ständeratsamt kombinieren wollte, trat er für die Gemeindewahlen nicht mehr an. Allgemein ging man von einem Kopf-an-Kopf-Rennen aus. Die Deutlichkeit, mit der die FDP den Ständeratssitz verteidigen konnte, überraschte deshalb. Hefti (fdp) machte mit 5'571 mehr als doppelt so viele Stimmen wie Landolt (bdp), der 2'149 Stimmen erhielt. In seiner eigenen Gemeinde Glarus Süd erhielt Hefti mehr als 80 Prozent der Stimmen und auch in den anderen beiden Gemeinden obsiegte er klar. Landolt interpretierte das deutliche Resultat als Auftrag, den Kanton Glarus weiterhin im Nationalrat zu vertreten. Anscheinend sei es ihm nicht gelungen, Wählerinnen und Wähler ausserhalb seiner Stammwählerschaft zu mobilisieren. Sowohl Hefti wie auch Landolt waren weiterhin auch im Glarner Landrat vertreten. Die Stimmbeteiligung war mit 30,6% sehr tief. In den Medien wurde dafür die anstehende Kaskade von Wahlen verantwortlich gemacht: Gesamterneuerungswahlen für die kommunale und kantonale Regierung am 9. Februar und Erneuerungswahlen für den Landrat am 18. Mai.

Es sollte freilich noch eine weitere Wahl hinzukommen. Mitte Februar gab nämlich This Jenny bekannt, dass er per sofort von allen politischen Ämtern – aus dem Landrat und dem Ständerat – zurücktrete. Grund war ein bösartiger Magentumor, der das politische Urgestein zum Rücktritt zwang – Jenny war seit 1994 Landrat und seit 1998 Glarner Ständerat. Als Termin für die Ersatzwahl Jennys wurde der 18. Mai gewählt. Erneut taten sich die Parteien schwer, valable Kandidierende zu finden. Vor allem die SP, die früh ankündigte, den Sitz angreifen zu wollen, musste nach der Niederlage bei den Regierungswahlen, wo man den eigenen Regierungssitz verloren hatte, möglichst punkten, um nicht zur vernachlässigbaren Kraft im Kanton zu werden. Allerdings taten sich die Genossen sehr schwer und fanden letztlich niemanden, der sich zur Wahl stellen wollte. Als erster Kandidat outete sich Stefan Müller (cvp), der Präsident des Kantonalen Kirchenrates und ehemaliger Staatsanwalt. Die SVP schickte kurz darauf Werner Hösli (svp) ins Rennen, der von 2001 bis 2009 im Landrat Einsitz genommen hatte. Auch die GLP bemühte sich um eine Kantonsvertretung in Bern. Mit Franz Landolt (glp) wurde ein altgedienter Kantonsparlamentarier nominiert, der seit 22 Jahren im Landrat sass, zuerst für die CSP und dann für die GLP. Die FDP wollte eigentlich – nachdem sie mit Thomas Hefti ja bereits einen Ständerat hatte – nicht antreten, allerdings brachten sich Hansjürg Rhyner (fdp) und Martin Leutenegger (fdp) ohne Unterstützung der Partei ins Spiel und kandidierten wild. Rhyner hatte dabei noch kein politisches Amt bekleidet. Leutenegger – bis 2008 im Landrat – wollte für die kantonale Wirtschaft antreten. Beide betonten, dass die fehlende Unterstützung der Partei – die FDP hatte Stimmfreigabe beschlossen – kein Handicap sei, weil im Kanton Glarus Personen und nicht Parteien gewählt würden. Auf das Problem angesprochen, dass bei ihrer Wahl zwei FDP-Vertreter im Ständerat sitzen würden, verwiesen sie auf das Gespann Kaspar Rhyner (fdp, GL) und Fritz Schiesser (fdp, GL), die den Kanton Glarus als Zweiergespann zwischen 1990 und 1998 in Bern vertreten hatten. Anfang April gaben auch die Grünen ihre Ambitionen bekannt. Sie portierten den Landrat Karl Stadler (gp), der auch von der SP unterstützt wurde. Als siebter Kandidat stellte sich Mitte April schliesslich der parteilose Markus Landolt zur Wahl. Markus Landolt war zwölf Jahre für die CVP im Landrat gesessen, trat aber als Unabhängiger an. Er wolle nicht seiner alten Partei in den Rücken fallen, sondern als Unternehmer für Bern antreten. Nicht noch einmal antreten wollte die BDP.
Aufgrund der starken Konkurrenz musste die SVP um die Verteidigung ihres Ständeratssitzes bangen. Hinzu kam, dass Werner Hösli historisch vorbelastet sei, wie er selber auf seiner Homepage schrieb. Hösli war als Bankrat der Glarner Kantonalbank in unsaubere Kreditvergaben verwickelt, bei denen letztlich CHF 96 Mio. abgeschrieben werden mussten. Hösli informierte offensiv über die zivilrechtlich noch hängige Affäre und wies darauf hin, dass er keinen Einfluss auf die Affäre gehabt habe. Aufgrund des breiten Kandidatenfeldes musste von einem zweiten Wahlgang ausgegangen werden. Tatsächlich gab es im ersten Umgang am 18. Mai keine Entscheidung. Mit 3'597 Stimmen hatte Werner Hösli (svp) zwar einen grossen Vorsprung auf den zweitplatzierten Karl Stadler (gp), der 1'813 Stimmen holte, er scheiterte damit allerdings recht deutlich am absoluten Mehr (5'715 Stimmen). Trotzdem schien Hösli der einzige zu sein, der auch über sein Wählerlager hinaus Stimmen machen konnte. Stadler erhielt lediglich rund 16% der Stimmen, obwohl die Wählerstärke von links-grün nach den Landratswahlen 2010 bei rund einem Viertel lag. Neben Stadler kam auch Markus Landolt (parteilos) auf über 1'500 Stimmen. Bereits etwas abgeschlagen rangierten Stefan Müller (cvp, 1'293 Stimmen) und Franz Landolt (glp, 1'182 Stimmen). Die wilden Kandidaturen von Martin Leutenegger (fdp; 1'005 Stimmen) und Hansjürg Rhyner (fdp; 633 Stimmen) wurden offensichtlich von der Wählerschaft nicht goutiert. Der nötige zweite Wahlgang wurde auf den 1. Juni angesetzt, fand also gleichzeitig mit den Landratswahlen statt. Neben Werner Hösli (svp) und Karl Stadler (gp) wollte auch Stefan Müller (cvp) für die zweite Runde antreten. Die restlichen vier Kandidaten strichen die Segel. Die Reduktion von sieben auf drei verhiess Spannung, konnte doch Stadler auf die Stimmen der GLP und Müller auf die Stimmen der Mitte zählen. Freilich gelang Hösli (svp) Anfang Juni ein wuchtiger Erfolg, konnte er doch mit 4'221 Stimmen fast ebenso viele Stimmen auf sich vereinen wie seine beiden Widersacher zusammen: Stadler (gp) erhielt 2'294 Stimmen und Müller (cvp) schaffte es auf 2'058 Stimmen. Zwar holte Hösli in allen drei Gemeinden am meisten Stimmen, seinen Sieg verdankte er aber vor allem den Wählerinnen und Wählern in seiner Heimatgemeinde Glarus Süd – eine eigentliche Hochburg der SVP. Lag die Stimmbeteiligung dort bei 45%, nahmen in Glarus und in Glarus Nord lediglich 34% bzw. 30% der Wahlberechtigten teil. Glarus Süd war damit gleich doppelt in Bern vertreten, weil auch Thomas Hefti von dort stammt. Die Wahlberechtigten schienen Hösli betreffend der Bankaffäre zu vertrauen – freilich stand die Schadenersatzklage nach wie vor im Raum.

Ständeratsersatzwahl Glarus 2014

Im Kanton Glarus kam es zur äusserst seltenen Situation, dass alle amtierenden Landratsmitglieder wieder zu den Erneuerungswahlen Anfang Juni antraten. Lediglich zwei Sitze waren vakant: Jene von Marianne Lienhard (svp) und Benjamin Mühlemann (fdp), die im Februar in die Regierung gewählt worden waren. Freilich hatte es während der Legislatur nicht weniger als 19 frühzeitige Rücktritte gegeben. Neben den 58 Bisherigen traten 294 weitere Kandidierende an. Spannend schien die Ausgangslage, weil sowohl der FDP (aktuell 12 Sitze) als auch der SVP (17 Sitze) aufgrund der Resultate bei den Exekutivwahlen Sitzgewinne zugetraut wurden. Beide hatten bei den Parlamentswahlen von 2010, bei denen die Sitzzahl von 80 auf 60 verringert worden war, arg Federn gelassen und jeweils 10 Sitze eingebüsst, wobei die SVP-Niederlage wohl auch mit der Konkurrenz durch die damals neu gegründete BDP zu erklären ist. Obwohl eben diese BDP mit der grössten Anzahl an Kandidierenden (86) zu den Wahlen 2014 antrat – in allen drei Gemeinden jeweils mit zwei Listen –, war fraglich, ob sie ihre zehn Sitze würde halten können. Eher im Gegenwind stand die SP, die im Februar ihren Regierungssitz verloren hatte. Ihr Ziel war die Verteidigung der acht Mandate. Dieses Ziel steckten sich auch die Grünen, die bei den Wahlen 2010 neben der BDP als einzige Partei zugelegt und nun sieben Sitze zu verteidigen hatten. Die mit fünf Abgeordneten im Landrat sitzende CVP trat lediglich in zwei der drei Gemeinden mit einer Liste an. Erstmals stellten sich im Kanton Glarus die Grünliberalen zu den Landratswahlen. Allerdings verfügte die GLP aufgrund eines Parteiwechsels bereits vor den Wahlen über ein Mandat: 2013 gründeten ehemalige Christlichsoziale die GLP. Dazu gehörte auch der amtierende Landrat Franz Landolt (alt csp, neu glp). Ebenfalls zu den Wahlen trat die Sozial-Liberale Bewegung (SLB) mit drei Kandidierenden an, die in früheren Wahlen noch unter dem Etikett der EDU aufgetreten waren. In Glarus und in Glarus Süd trat die FDP mit zwei Listen an. In diesen beiden Gemeinden kam es zudem zu einer Listenverbindung zwischen SP, GP und GLP. Neben dem Zusammengehen von GP und SP in Glarus Nord kam es zu keinen weiteren Listenverbindungen. Für etwas Polemik im ansonsten lauen Wahlkampf sorgte der Umstand, dass sich die BDP weigerte, an einer Smartvote-Umfrage teilzunehmen. Die BDP wolle sich nicht in ein Spidernetz zwängen lassen, gab ihr Parteipräsident Karl Mächler zu Protokoll. Die kantonalen Parlamentswahlen standen im Schatten der gleichzeitig stattfindenden Ersatzwahl für den durch den Rücktritt von This Jenny (svp) frei gewordenen Ständeratssitz.
Die Wahlen vom 1. Juni 2014 standen schliesslich im Zeichen von Stabilität. Zwar gewannen die Grünliberalen (neu 2 Sitze; 4,6%) und die CVP (neu 6 Sitze; 10,5%, - 1,4 Prozentpunkte) auf Kosten der SP (neu: 7 Sitze; 11,5%, - 2,4 Prozentpunkte) und der BDP (neu: 9 Sitze; 15,1%, - 1 Prozentpunkt) je ein Mandat – die GLP konnte zudem das ehemalige CSP-Mandat verteidigen –, alle anderen Parteien konnten aber ihre Sitzzahl von vor den Wahlen halten. Nur bedingt zufrieden mit diesem Resultat waren die FDP und die SVP, die sich auch aufgrund der Erfolge bei den Regierungsratswahlen im Februar mehr versprochen hatten. Die FDP hatte 0,9 Prozentpunkte an Wählerstärke verloren (neu: 18,5%). Die SVP wiederum haderte mit dem Umstand, dass sie zwar in der Wählergunst um 2,4 Prozentpunkte zulegen konnte (neu: 28,9% Wähleranteil), sich dies aber nicht in Sitzgewinne ummünzen liess. Die Grünen hatten zwar im Vergleich zu 2010 Wählerstimmen verloren (neu: 10,8%; - 1,1 Prozentpunkte), zeigten sich aber mit der Verteidigung ihrer Mandate zufrieden. Nicht ins Geschehen eingreifen konnte erwartungsgemäss die SLB. Die Stabilität war interessanterweise nur bedingt dem Umstand geschuldet, dass alle Bisherigen wieder angetreten waren, wurden doch deren neun nicht bestätigt. Weil sich die GLP mit der SP und der GP verbunden hatte, wollte die CVP die Grünliberalen nicht mehr in ihre Fraktion aufnehmen. Keinen Zuwachs verzeichnete der Frauenanteil: zwar wurden nicht mehr nur sieben, wie nach den Wahlen 2010, sondern zehn Kandidatinnen gewählt, durch Nachrücken waren aber schon unmittelbar vor den aktuellen Wahlen zehn Landratssitze von Frauen besetzt gewesen. Die Wahlbeteiligung lag bei tiefen 32%.

Landratswahlen Glarus 2014
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2014

Im Gegensatz zum Vorjahr war die Kohärenz in der Volkspartei in Bezug auf die Parolen zu den eidgenössischen Abstimmungen wieder stärker. Äusserst schwer tat sich die SVP dabei einzig mit der Abzockerinitiative. An der Delegiertenversammlung am 26. Januar in Balsthal traten Christoph Blocher (ZH) als Gegner und der parteilose Thomas Minder (SH) als Befürworter des Begehrens – obwohl in der gleichen Fraktion – in einer Podiumsdiskussion gegeneinander an. Das Duell der beiden endete relativ eindeutig zugunsten des Zürchers, und die Delegierten sprachen sich entsprechend mit 295 zu 160 Stimmen für die Nein-Parole aus. Die Parteibasis schien allerdings weniger überzeugt. Insgesamt ganze elf kantonale Sektionen wichen von der nationalen Nein-Empfehlung ab, darunter auch die SVP-Hochburgen Zürich, Aargau und St. Gallen. Zu Abweichungen von kantonalen Sektionen kam es lediglich noch bei einer weiteren eidgenössischen Abstimmungsvorlage. Pikanterweise handelte es sich dabei um die eigene Initiative zur Volkswahl des Bundesrates, die – obwohl bei der nationalen Delegiertenversammlung in Engelberg Anfang Mai noch mit 370 zu 8 Stimmen deutlich gutgeheissen – von der SVP Thurgau und der SVP Wallis zur Ablehnung empfohlen wurde. Die Parolen zu den restlichen neun Abstimmungsvorlagen wurden in der für die Volkspartei gewohnten Deutlichkeit und ohne abweichende Kantonsempfehlungen gefasst. Der Familienartikel wurde in Balsthal mit 482 zu 1 Stimmen zur Ablehnung empfohlen, weil er unnötig sei und zu Staatskindern führe. Das revidierte Raumplanungsgesetz wurde noch im Vorjahr an der Delegiertenversammlung in Seedorf (UR) mit 321 zu 33 Stimmen verworfen. Keine Gegenstimme erhielt die Asylgesetzrevision, die mit 369 Befürwortern in Engelberg zur Annahme empfohlen wurde. Ebenfalls einstimmig abgelehnt wurden die Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht (mit 234 zu 0 Stimmen) und die 1:12-Initiative (mit 247 zu 0 Stimmen). Beide Parolen wurden bei der Delegiertenversammlung in Genf am 24. August gefasst. Die Ja-Parole zur Liberalisierung des Arbeitsgesetzes (einstimmig) und die Nein-Empfehlung zum Epidemiengesetz (mit 35 zu 8 Stimmen) wurden bereits zuvor vom SVP-Zentralvorstand beschlossen. In Meiringen wurde Ende Oktober schliesslich die eigene Familieninitiative einstimmig zur Annahme empfohlen. Zu mehr Diskussionen führte die Nein-Parole zur Erhöhung der Strassenabgaben (Autobahnvignette). Nicht das Resultat gab dabei zu reden – die Delegierten entschieden sich mit 319 zu 25 Stimmen gegen die Erhöhung – sondern die Vorwürfe an den Ständerat This Jenny (GL), der sich für die Vorlage stark gemacht und als Verräter der SVP-Grundsätze (keine neuen Steuern, Abgaben oder Gebühren) beschimpft worden war. Die Parolen der SVP stimmten in sechs Fällen mit dem Abstimmungsresultat überein – gleich selten wie bei der SP und der GP. Ende November stimmten sich die Delegierten zudem auf die Kampagne zur Masseneinwanderungsinitiative ein, die mit 352 zu 0 Stimmen zur Annahme empfohlen wurde. Der Zentralvorstand hatte bereits über die anderen beiden im Februar 2014 anstehenden Vorlagen getagt: mit 53 zu 2 Stimmen wurde für Fabi ein Nein und mit 50 zu 12 Stimmen für die Initiative zur privaten Finanzierung der Abtreibung ein Ja empfohlen. Die SVP-Vizepräsidentin und Präsidentin der SVP-Frauen Judith Übersax (SZ) hatte sich bereits im Oktober gegen letztere geäussert: es sei den Frauen zu überlassen, ob sie abtreiben wollen oder nicht. Eine Annahme der Initiative wäre ein Schritt zurück ins Altertum. Brisanz kam dieser Aussage auch deshalb zu, weil sowohl Übersax als auch der Co-Präsident des Initiativkomitees, SVP-Ständerat Peter Föhn, aus dem Kanton Schwyz kommen. Es wurde vermutet, dass die Parole nur im Zentralvorstand gefasst, nicht aber den Delegierten vorgelegt wurde, um parteiinternen Zwist zwischen der Frauen-Sektion und der gesamten Partei, wie er in der CVP und der FDP im Berichtjahr ausgebrochen war, zu vermeiden.

Parolen der SVP zu den eidgenössischen Abstimmungen 2013
Dossier: Abstimmungsempfehlungen der wichtigsten Parteien zu den eidgenössischen Volksabstimmungen 2013

Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge im Rahmen des Projektes Tiger-Teilersatz war auch im Berichtsjahr wieder vorherrschendes Thema in der Verteidigungspolitik. Angesichts der aufzuwendenden CHF 3,126 Mia. war dieses Rüstungsgeschäft auch eines der grossen Traktanden der gesamten Bundespolitik des Berichtjahrs. Nachdem 2011 der Typenentscheid gefällt wurde und sich der Bundesrat nach einer langwierigen und nicht reibungslos verlaufenen Evaluation für den schwedischen Gripen entschieden hatte, galt es 2012 diesen Entscheid zu verteidigen, die Beschaffung voranzutreiben sowie die wichtigsten Eckpunkte zu sichern. Nicht nur der Beschaffungskredit von über drei Milliarden Franken musste geplant werden, sondern auch der Rückhalt im Parlament gewonnen und die Zusammenarbeit mit dem Lieferanten Saab und dem Schwedischen Staat koordiniert, respektive mit dem Kauf einher gehende Kompensationsgeschäfte vereinbart. Dass dies keine einfache Aufgabe für Verteidigungsminister Maurer war, zeigte nicht nur der Verlauf der Geschichte dieses Vorhabens, sondern legten auch die Erfahrungen früherer Kampfjetbeschaffungen nahe, welche aus diversen Gründen jeweils für viel Unmut auf allen Ebenen sorgten. Bis ins Spätjahr hinein sorgte eine intensiv geführte, durchaus kritische mediale Kampagne für Kontroversen. Dabei wurde immer wieder in Frage gestellt, ob der Gripen überhaupt das richtige Flugzeug sei. Mit denkbar schlechten Voraussetzungen musste der Verteidigungsminister im Berichtsjahr die Gripen-Beschaffung im Parlament vertreten. Diese war mit der bundesrätlichen Botschaft zum Rüstungsprogramm 2012 Mitte November 2012 den eidgenössischen Räten beantragt worden. Für die Beschaffung von 22 Kampfflugzeugen des Typs Gripen E war ein Verpflichtungskredit von besagten rund CHF 3 Mia. zu beschliessen. Ein referendumfähiges Gripen-Fondsgesetz sollte die Finanzierung legitimieren und sicherstellen.

Bevor das Rüstungsgeschäft im Parlament besprochen wurde, waren einige Nebenschauplätze in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Im Januar wurde bekannt, dass einer der an der Typenevaluation beteiligten Flugversuchsingenieure seine Arbeitsstelle nach über 30 Jahren bei der Luftwaffe verlassen musste. Durch eine Amtsgeheimnisverletzung fand ein vertrauliches Protokoll der Gripen-Subkommission den Weg an die Öffentlichkeit. Darin festgehaltene, kritische Äusserungen des Ingenieurs über den Gripen gaben den Ausschlag zu seiner Entlassung. Nachdem bekannt wurde, dass bereits 2012 ein weiterer Flugversuchsingenieur seinen Posten räumen musste, wurde von einer Art „Säuberungsaktion unter Gripen-Kritikern“ berichtet. Eine den Betroffenen auferlegte Schweigepflicht zur Sache war ein gefundenes Fressen für die Medien. Beim VBS erbetene Stellungnahmen blieben jedoch vorerst ebenfalls aus, womit die Angelegenheit einen weiteren Knick in der Gripen-Story darstellte. Bevor diese Indiskretionen aufgeklärt werden konnten, wie von SiK-Präsidentin Galladé (sp, ZH) und Subkommissionspräsident Hurter (svp, SH) gefordert, waren die Ingenieure quasi Bauernopfer in einer nunmehr unwürdigen „Indiskretionenflut“. Später wurde bekannt, dass es zwischen dem Gripen-Projektleiter bei armasuisse und dem Flugwaffen-Experten zum Zwist kam, worauf anscheinend auch von Seiten Saab eine personelle Veränderung verlangt wurde.

Gleichzeitig erreichten positive Signale aus Schweden die Schweiz: Schwedens Regierung gab der Militärleitung den Auftrag, 60 Jets des Typs Gripen E bei Saab zu bestellen. Diese Beschaffung wurde jedoch an die Bedingung geknüpft, dass mindestens ein Partner mitmache. Falls die Schweiz, oder ein anderes Land, nicht folgt und bis Ende 2014 ebenfalls mindestens 20 Jets ebendiesen Typs bestellt, kann die Regierung von einer Ausstiegsklausel Gebrauch machen und die Bestellung stornieren. Schwedens Vertrauen in den (eigenen) Jet gab der Debatte in der Schweiz zwar Aufwind, aber noch schienen zu viele Vertragsklauseln zu unsicher: Das VBS sollte sich im Auftrag des Parlaments gegen Nichterfüllen der Verträge absichern. Schweden solle mit der Herstellerfirma Saab einen Vertrag über 82 Jets abschliessen, die Schweiz ihrerseits einen mit Schwedens Regierung über den Kauf von 22 dieser Jets. So machte etwa die FDP ihre Zustimmung im Parlament davon abhängig, dass Strafzahlungen fällig werden sollen, wenn Saab einzelne Leistungen nicht erbringe.

Noch bevor die Vorlage im Parlament besprochen wurde, formierte sich Mitte Februar ein linkes Anti-Gripen-Bündnis, welches sich für den Referendumskampf vorbereiten wollte. Die Grüne Partei, mit alt Nationalrat Jo Lang (gp, ZG) als prominentem Jet-Gegner, die SP, JUSO, Junge Grüne, die GSoA und andere Organisationen schlossen sich der Allianz an. Das Zeichen war deutlich: bei einer Annahme im Parlament sollte das Referendum ergriffen werden.

Als Erstrat hatte sich Anfang März der Ständerat mit dem Geschäft zur Beschaffung auseinanderzusetzen. Die Mehrheit der sicherheitspolitischen Kommission (SiK) sprach sich (mit neun zu vier Stimmen) für Eintreten auf die Vorlage aus. Aus der Finanzkommission kamen ebenfalls positive Signale: diese hatte der Finanzierung mit sieben zu zwei Stimmen grünes Licht gegeben. Es gab aber auch den erwarteten Widerstand: Eine Minderheit Zanetti (sp, SO) beantragte Nichteintreten mit der Begründung, die ganze Beschaffung sei zu unsicher. Zudem stellte sie die Notwendigkeit neuer Flugzeuge grundsätzlich in Frage und schlug vor, die Schweiz solle sich am Luftraumüberwachungsprogramm der NATO beteiligen. Ein weiterer Antrag Recordon (gp, VD) verlangte Rückweisung an die Kommission mit der Aufgabe, den Erwerbsvertrag genauer zu prüfen. Die Eintretensdebatte war von Bekenntnissen zu Armee und Sicherheit geprägt, jedoch auch seitens bürgerlicher Politiker mit kritischen Voten versehen. Die finanziellen Risiken seien zu gross, so beispielsweise Ständerat Jenny (svp, GL). Der Flugzeugbeschaffung gegenüber kritisch eingestellte, bürgerliche Räte sahen im grossen finanziellen Aufwand zu grosse Einschnitte ins ordentliche Armeebudget, welches in den nächsten zehn Jahren zusätzlich den vom Bundesrat vorgesehenen Gripen-Fonds speisen müsse. Sämtliche Gegenanträge hatten schliesslich in den Eintretensabstimmungen keine Chance: Der Nichteintretensantrag scheiterte zwar mit 22 zu 20 Stimmen nur knapp, der Rückweisungsantrag etwas deutlicher mit 25 zu elf Stimmen. Der Bundesbeschluss wurde im Ständerat damit grundsätzlich gutgeheissen, scheiterte aber am fehlenden qualifizierten Mehr zur Lösung der Ausgabenbremse. Die SiK beantragte überdies einen zusätzlichen Artikel, wonach der Bundesrat den SiK beider Räte jährlich einen Bericht über den Stand der Beschaffung unterbreiten muss. Damit schuf der Ständerat einen neuen, vom Bundesratsentwurf abweichenden Passus. Mit 22 zu 20 Stimmen in der Gesamtabstimmung überwies der Ständerat das Geschäft an den Nationalrat. Die FDP Fraktion hatte sich schliesslich zu einem Ja durchringen können, nachdem früher monierte Verbesserungen in den Verträgen angebracht worden waren. Das gleichzeitig traktandierte Gripen-Fondsgesetz war ebenfalls von einem Rückweisungsantrag Recordon (gp, VD) betroffen, welcher jedoch deutlich abgelehnt wurde. In der Schlussabstimmung nahm der Ständerat das Gesetz mit 23 zu 15 Stimmen deutlich an. Dass die Vorlage am qualifizierten Mehr vorerst gescheitert war, wurde in den medialen Berichterstattungen als eigentliche „Ohrfeige“ betitelt. Das daraus resultierende mindestens vorübergehende Nein wurde auch als Quittung für mangelhafte Kommunikation seitens des VBS bezeichnet, jedoch auch als Zeichen gegen eine unentschlossene Regierung, welche noch 2010 im Armeebericht von einer Kampfjetbeschaffung absehen wollte. Konsterniert konstatierte der Verteidigungsminister denn auch, dass das Geschäft ins Wanken gerate.

In der Folge wurde der Entscheid der sicherheitspolitischen Kommission (SiK) des Nationalrates mit Spannung erwartet. Nach dem Votum im Ständerat und im Wissen um die kritische Haltung des Meinungsführers und Gripen-Subkommissionspräsidenten Thomas Hurter (svp, SH), war nicht klar, wie andere bürgerliche Kommissionsangehörige stimmen würden. Bundesrat Maurer trug zudem mit brisanten Aussagen weiter zur Unruhe bei: In einer Rede bei der Schweizerischen Offiziersgesellschaft sprach der Verteidigungsminister unter anderem von der Beschaffung unbemannter Flugkörper (Drohnen), welche just in der Auslieferungsphase der ersten Gripen-Jets beantragt werden sollen. In ihrer Sitzung Anfang April beschloss die SiK dann allerdings, erst im August zu entscheiden und bis dahin zusätzliche Forderungen zu stellen – was gleichzeitig eine zeitliche Verzögerung von mehreren Monaten bedeutete. Die grösste Baustelle orteten die Sicherheitspolitiker in den Zahlungsmodalitäten: Über einen Rückbehalt eines Teils der Zahlungen an Schweden solle sich die Schweiz absichern. Zusätzlich sollen als Grundbedingung nicht mehr als 15 Prozent des Gesamtkaufpreises als Anzahlung nach Schweden überwiesen werden. Als zweite Massnahme soll das VBS bei jeder fällig werdenden Teilzahlung für die Kampfflieger jeweils acht Prozent zurückbehalten. Die Hälfte dieser acht Prozent erhält Schweden bei korrekter Auslieferung einer Tranche, den Restbetrag beim erfolgreichen Abschluss des ganzen Geschäfts. Die zurückbehaltenen Gelder sollen als Druckmittel dienen, falls die Herstellerfirma Saab die vereinbarten Anforderungen nicht erfülle oder die Jets zu spät ausliefere. Die Forderungen zwangen das Verteidigungsdepartement zu Nachverhandlungen – und wurden von SVP Politikern als „Misstrauensvotum gegen Schweden“ kritisiert. Trotz Verzögerungen innerhalb des Berichtsjahres änderte sich die Agenda aber nicht grundsätzlich. Statt in der Sommersession hatte sich der Nationalrat erst im Herbst mit dem Geschäft auseinanderzusetzen, eine allfällige Referendumsabstimmung würde jedoch gleichwohl 2014 stattfinden können.

Vor der wegweisenden zweiten Sitzung der SiK im August wurde bekannt, dass das VBS die gewünschten Forderungen nicht hatte aushandeln können. Statt der verlangten Verringerung der Akontozahlungen an Schweden auf 15 Prozent, pochte der Vertragspartner auf 40 Prozent oder rund CHF 1 Mia. Da Schweden jedoch ursprünglich rund zwei Drittel des Kaufpreises als Akontozahlung forderte, konnte die Einigung auf den genannten Betrag als Kompromiss betrachtet werden. In anderen Belangen wie der Regelung einer Konventionalstrafe wurden jedoch Fortschritte gemacht. Ende August wurden in einer SiK-Sitzung die aufgeschobenen Traktanden zur Gripen-Beschaffung nachgeholt. Dass im VBS weiter verhandelt worden war, hatte sich gelohnt: die Sicherheitspolitiker konnten sich zu einem Ja zum Gripen durchringen, wenn auch gegen die geschlossene Linke innerhalb der Kommission. Damit erhielt das Geschäft einen positiven Schub für die anstehende Debatte in der Volkskammer.

Der Nationalrat beschäftigte sich in der Herbstsession mit dem Geschäft. Die SiK beantragte dem Plenum mit 14 zu neun Stimmen, auf die Vorlage einzutreten und ihr zuzustimmen. Die Finanzkommission des Nationalrates hatte die Vorlage bereits im Frühjahr gutgeheissen. Dennoch stand das Geschäft wie in der kleinen Kammer von Beginn weg im Gegenwind. Ein Nichteintretensantrag und zwei Rückweisungsanträge standen im Raum. Eine Minderheit Allemann (sp, BE) fasste unter dem Begriff „Geldverschwendung“ ihren Unmut über diese Beschaffung zusammen. Drei Argumente wurden vorgebracht: Erstens sprach sie dem Geschäft jegliche Berechtigung ab. Es sei unnötig Jets zu beschaffen, wenn man von Freunden umzingelt sei. Zweitens sei der Gripen nicht der richtige Typ, weil er im Luftpolizeidienst – seiner designierten Hauptaufgabe – schlechte Testresultate generiert habe. Als drittes und mit Verweis auf die Mirageaffäre wurde vorgebracht, dass das Risiko zu hoch sei, einen noch nicht fertigentwickelten „Papierflieger“ einzukaufen. Auch von bürgerlichen Politikern wurde Widerstand geleistet. Eine Minderheit Walter Müller (fdp, SG) sorgte sich um finanzielle Risiken. Mit einer Anzahlung über CHF 1 Mia. an Schweden bis zum Jahr 2016 begebe sich die Schweiz zu stark in eine Abhängigkeit von den Vertragspartnern. Gleichzeitig wurde die Leistungsfähigkeit des Saab-Fliegers angezweifelt. Im Rückweisungsantrag wurde verlangt, die anderen Angebote der Hersteller EADS und Dassault ebenfalls einer Nachevaluation zu unterziehen. Saab hatte zur Verbesserung des Jets in einzelnen Punkten nachbessern können. Der zweite Rückweisungsantrag Fischer (glp, LU) basierte auf der Idee einer generellen Sistierung von Kampfjetbeschaffungen. Es solle in der gewonnenen Zeit im Rahmen der Weiterentwicklung der Armee (WEA) eine grundsätzliche Standortbestimmung und ein Gesamtkonzept für den Einsatz der Luftwaffe erarbeitet werden, welches Basis für zukünftige Beschaffungen sein soll. Die Antragsteller forderten insbesondere, dass diese Beschaffung besser mit anderen wegweisenden und strategischen Geschäften (WEA, Rüstungsprogrammen) koordiniert wird. Die erwarteten Links-Rechts-Gegensätze zeigten sich bereits in der Eintretensdebatte. Sämtliche Gegenanträge wurden vom geschlossen abstimmenden bürgerlichen Block mit komfortabler Mehrheit abgewiesen. Die folgende Detailberatung war lediglich durch eine kleine Änderung einer Minderheit Allemann (sp, BE) geprägt. Diese wollte auf technische Vorkehrungen für die Luft-Boden-Kampffähigkeit zum Zeitpunkt der Beschaffung noch verzichten und dadurch rund CHF 70 Mio. einsparen. Das zentrale Argument war jedoch nicht diese Einsparung sondern sicherheitspolitische Bedenken, welche mit Einsätzen von solchen Waffen einhergehen. Die Schweiz hat seit 1994 und der Ausmusterung der Hunter-Flotte keine solchen Waffen mehr an den Kampfflugzeugen. Dieser Antrag blieb jedoch im Plenum chancenlos und der Vorlage wurde mit 113 zu 68 Stimmen zugestimmt. Die Ausgabenbremse wurde mit ähnlichem Stimmverhältnis ebenfalls gelöst.
Das Gripen-Fondsgesetz wurde mit zwei Änderungsanträgen bekämpft. Eine Minderheit Roland Fischer (glp, LU) wollte die Fondseinlagen auf höchstens CHF 3,126 Mia. begrenzen. Eine Minderheit II Flach (gp, AG) wollte Kreditverschiebungen verhindern. Die Einlagen sollten ausschliesslich für die Flugzeugbeschaffung verwendet werden und nicht via Globalbudget für Armeeimmobilien aufgewendet werden können. Der Vorschlag Fischer wurde auf Antrag der SiK und mit Unterstützung des Verteidigungsministers deutlich abgelehnt, mit der Begründung er sei unnötig, da der zu genehmigende Betrag festgeschrieben und zudem an dieses Rüstungsgeschäft gebunden sei. Der Antrag der Minderheit Flach wurde ebenfalls abgelehnt. Die Vorlage wurde in der Gesamtabstimmung mit 118 zu 67 Stimmen angenommen.

Die im Herbst im Ständerat behandelte Differenzbereinigung betraf lediglich die Ausgabenbremse, welche noch im Frühjahr am nötigen Quorum gescheitert war. Ohne viele Wortmeldungen, jedoch nach einem Vortrag von Bundesrat Maurer, in dem er noch offene Punkte zu klären versuchte, wurde das Geschäft auch im Ständerat abgeschlossen und mit 27 gegen 17 Stimmen wurde auch die Ausgabenbremse gelöst. Das Bundesgesetz über den Fonds zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen wurde in den Schlussabstimmungen mit 25 zu 17 Stimmen im Ständerat und mit 117 zu 71 Stimmen im Nationalrat angenommen. Damit nahm die Kampfjetbeschaffung zur Umsetzung des Tiger-Teilersatzes die Hürde Parlament.

Durch die Finanzierungslösung über das Gripen-Fondsgesetz, stand die Flugzeugbeschaffung unter Vorbehalt eines fakultativen Referendums. Bereits vor den Debatten um Preis und Flugzeugtyp hatte die Grüne Partei verlauten lassen, sie werde gegen den Kauf neuer Flugzeuge das Referendum ergreifen. Noch vor der Schlussdebatte im Ständerat hatten sich zwei Komitees gegen den Gripen gebildet. Ein linkes um SP und GP sowie ein bürgerliches Komitee, welches vorwiegend aus GLP-Politikern zusammengesetzt war. Dies stellte ein Novum dar: In Armeefragen hatte sich noch nie eine bürgerliche Partei gegen ein Armeegeschäft gestellt. Die Referendumsfrist lief ab Anfang Oktober bis zum 16. Januar 2014. Lange brauchten die Gripen-Gegner allerdings nicht: Nach knapp zwei Monaten und rund sechs Wochen vor Ablauf der Referendumsfrist hatte das linke Komitee 80'000 Unterschriften beisammen. Damit zeichnete sich ab, dass eine Abstimmung bereits im Mai 2014 erfolgen dürfte. Dass das bürgerliche GLP-Komitee kaum 10'000 Unterschriften zu sammeln vermochte und die eigene Sammelaktion abgebrochen hatte, schmälerte dessen Wille, gegen den Gripen zu agieren nicht. Fortan bestritten die beiden Komitees einen je eigenen Abstimmungskampf gegen den Gripen. Kurz vor Jahreswechsel lancierte der Verteidigungsminister den Abstimmungskampf für den Gripen. Mit der Metapher eines Chalets mit löchrigem Dach warnte Maurer fortan vor einer mangelhaft ausgerüsteten Luftwaffe nach Ausserdienststellung der Tiger F-5 Jets. Die Gripen-Beschaffung sei essentiell für die Sicherheit der Schweiz. Bemerkenswert am teuren Rüstungsgeschäft war dass die Armeeführung und allen voran Bundesrat Ueli Maurer trotz allen Unstimmigkeiten während der Typenevaluation, trotz Indiskretionen, trotz Gegenangeboten der unterlegenen Jet-Hersteller Dassault und EADS und ungeachtet jeglicher Kritik am favorisierten Typen auf den schwedischen Gripen beharrte. Weder eine Neuevaluation noch eine Prüfung von Alternativen waren jemals in Betracht gezogen worden. Das Stimmvolk wird 2014 das letzte Wort haben. Im Verlauf der parlamentarischen Debatte wurden neben mehreren Interpellationen und Anfragen zwei Motionen behandelt, die im Nationalrat allerdings keine Chance hatten: Eine Motion Kaufmann (svp, ZH) (Mo. 12.3278) aus dem Jahr 2012 wollte die neuen Kampfflugzeuge mit einer Militärpflicht-Ersatzabgabe für Ausländer finanzieren. Mit einer Motion Allemann (sp, BE) (Mo. 11.4021) sollte bereits seit 2011 und hinsichtlich einer Anschaffung von neuen Jets der Fluglärm auf dem Flugplatz Meiringen (BE) eingedämmt werden. Beide Vorstösse wurden jeweils recht deutlich abgelehnt.

Beschaffung des Kampfflugzeuges Gripen (BRG 12.085)
Dossier: Armee-Rüstungsprogramme
Dossier: Gripen-Beschaffung
Dossier: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge
Dossier: Teilersatz der Tiger F-5 Kampfflugzeuge und Beschaffung des Gripen

Seit einer im Juli 2008 in Kraft getretenen Änderung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) werden biogene Treibstoffe von der Mineralölsteuer befreit, sofern sie 40% geringere Treibhausgasemissionen erzeugen und die Umwelt nicht erheblich mehr belasten als fossile Brennstoffe. Weiter dürfen Anbau und Herstellung von Agrotreibstoffen den Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) nicht widersprechen und der Erhaltung der Regenwälder und der biologischen Vielfalt nicht entgegenstehen. Um auch in Zukunft von Steuererleichterungen profitieren zu können, sollen Hersteller von in der Schweiz zum Einsatz gelangenden Agrotreibstoffen nun an stärkere Auflagen gebunden werden. In der Herbstsession beriet der Nationalrat als Erstrat eine entsprechende Vorlage seiner Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-NR), die ein Anliegen einer eigenen, im Jahr 2010 Folge gegebenen Kommissionsinitiative zur Berücksichtigung und Vermeidung der indirekten Auswirkungen durch den Einsatz von Agrotreibstoffen aufnahm. Per Änderung des Mineralölsteuergesetzes sollen die Anforderungen zur Gewährung der Steuererleichterung neu dadurch erweitert werden, dass nur Rohstoffe, die auf rechtmässig erworbenen Flächen angebaut wurden, anspruchsberechtigt sind. Weiter erhält der Bundesrat mit dem vorliegenden Entwurf die Möglichkeit, die Steuererleichterung an die Einhaltung von international anerkannten Standards der Ernährungssicherheit zu knüpfen. Mittels Änderung des Umweltschutzgesetzes soll der Bundesrat zudem berechtigt werden, bei Bedarf Zulassungsbeschränkungen für bestimmte biogene Treibstoffe einzuführen, die den im MinöStG konkretisierten Anforderungen nicht entsprechen. In seiner Botschaft äusserte sich der Bundesrat grundsätzlich positiv zum Vorschlag der nationalrätlichen UREK, stellte sich jedoch gegen eine Bevorzugung von inländischen Landwirtschaftserzeugnissen, wie dies der Entwurf zur Teilrevision des MinöStG vorsah. Nach dieser Regelung würden solche Erzeugnisse im Gegensatz zu ausländischen Produkten automatisch von der Steuererleichterung profitieren, ohne die Erfüllung der genannten Kriterien nachweisen zu müssen. Hier ortete der Bundesrat zum einen eine Inkohärenz zu den restlichen Anpassungen sowie zum anderen eine Diskriminierung ausländischer Produzenten und demzufolge eine Verletzung des internationalen Handelsrechts. Einer Kommissionsminderheit Nordmann (sp, VD) folgend beantragte er die Streichung dieses Passus, worauf die Kommissionsmehrheit noch vor der Beratung im Erstrat einschwenkte. In der im September stattfindenden Erstberatung musste der Nationalrat zuerst über einen von SVP-Mitgliedern der Kommission eingebrachten Minderheitsantrag auf Nichteintreten befinden. Minderheitssprecher Parmelin (svp, VD) vertrat die Ansicht, dass der mit der Anpassung zu erwartende personelle und administrative Aufwand in keinem Verhältnis zur marginalen Bedeutung von Agrotreibstoffen in der Schweiz stehe. Da dieses Ansinnen über die Parteigrenzen hinaus keinen Zuspruch fand, nahm der Nationalrat die Detailberatung aber erfolgreich in Angriff. Auf Zustimmung stiess hingegen ein Antrag einer mitte-linken Kommissionsminderheit Girod (gp, ZH), mit welchem ein zusätzliches Kriterium zum Erlangen der Steuererleichterung eingeführt werden soll: Eine solche dürfe nur gewährt werden, wenn der Anbau von Biotreibstoffen nicht zu Lasten der Nahrungsmittelproduktion gehe. Gegen diesen Zusatz stellten sich in erster Linie die Fraktionen der BDP, der FDP/Liberalen und der SVP, die mit 89 zu 94 Stimmen bei drei Enthaltungen allerdings knapp unterlagen. Mit diesem Entscheid wurde nachträglich einer im Berichtsjahr abgewiesenen Standesinitiative des Kantons Luzern Rechnung getragen, die den Schutz der Nahrungsmittelproduktion bei der Herstellung biogener Treibstoffe hatte verstärken wollen. In der Gesamtabstimmung fand das Anliegen mit 111 Stimmen von Mitte-Links gegen 71 Stimmen aus den Reihen der FDP und SVP eine relativ deutliche Mehrheit. Der Ständerat äusserte sich im Berichtsjahr noch nicht zum Geschäft. Für weitere Informationen zum Geschäft, vgl. hier.

Auswirkungen durch den Einsatz von Agrotreibstoffen

Gleich drei parlamentarische Initiativen waren im Berichtjahr im Ständerat hängig, die ein transparenteres Abstimmungsverfahren im Ständerat verlangten: einer parlamentarischen Initiative Reimann (svp, SG) (11.406) sowie einer parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion (11.410), welche die Veröffentlichung der Abstimmungsresultate der kleinen Kammer und die Einführung einer elektronischen Abstimmungsanlage forderten, wurden 2012 im Nationalrat Folge gegeben. Nachdem Ende 2012 einige Fehler beim Auszählen von Hand passierten, welche durch die Videoaufzeichnungen der Internetplattform Politnetz an die Öffentlichkeit gelangt waren, hiess die kleine Kammer auch einen Rückkommensantrag auf eine parlamentarische Initiative Jenny (svp, GL) (11.490) gut, die kurz vor dem Bekanntwerden der Auszählfehler im Rat noch abgelehnt worden war. Diese dritte Initiative sah zwar die elektronische Durchführung aller Abstimmungen vor, wollte die Namenslisten aber nur bei Gesamtabstimmungen, Schlussabstimmungen, Abstimmungen mit qualifiziertem Mehr oder auf Verlangen von mindestens zehn Ratsmitgliedern veröffentlicht wissen. Den beiden Anliegen aus der grossen Kammer zur generellen Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse wollte der Ständerat nicht nachkommen und gab ihnen keine Folge. Der Kommissionsentwurf auf der Basis der parlamentarischen Initiative Jenny wurde in der Frühjahrssession diskutiert. Man war sich einig, dass man das Geschäft unter den veränderten Vorzeichen – tatsächlich waren die im Berichtjahr erneut festgestellten Fehlzählungen Gegenstand zahlreicher hämischer Bemerkungen in Medien und Gesellschaft gewesen – zum Abschluss bringen müsse. Die Einführung einer elektronischen Abstimmungsanlage war deshalb mehr oder weniger unbestritten, obwohl einige Votanten wie bereits im Vorjahr auf die spezielle Situation in der „chambre de réflexion“ verwiesen. Anders als im Nationalrat soll aber auf Antrag der Kommission nicht volle Transparenz herrschen, wie das von einer Minderheit beantragt wurde, sondern die Vorschläge Jennys sollen übernommen werden. Diesem Antrag folgten die Kantonsvertreterinnen und -vertreter mit 24 zu 18 Stimmen. Bei der Schlussabstimmung wurde das revidierte Geschäftsreglement mit 28 zu 14 Stimmen gutgeheissen. Die Kosten für die Abstimmungsanlage, die ab der Frühjahrssession 2014 zum Einsatz kommen soll, wurden auf CHF 600'000 veranschlagt. In der Wintersession endete damit die 165-jährige Tradition des Handerhebens im Ständerat.

Elektronische Abstimmungsanlage auch für den Ständerat (Pa.Iv. 11.490; Pa.Iv 11.406; Pa.Iv. 11.410)
Dossier: Öffentliche Abstimmungen im Ständerat

Die Räte behandelten eine Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) über den Vorsorgeschutz von Arbeitnehmenden mit mehreren Arbeitgebern oder mit tiefen Einkommen. Der Vorstoss beauftragt die Regierung, im Rahmen der anstehenden AHV- und BVG-Revision Massnahmen zu treffen, um die Situation der betreffenden Arbeitnehmenden sowohl in Bezug auf die berufliche Vorsorge als auch auf die gesamte Altersvorsorge zu verbessern. Nachdem der Nationalrat die Motion in der Frühjahrssession ohne Diskussion angenommen hatte, beantragte in der Herbstsession im Ständerat eine Minderheit Jenny (svp, GL) ihre Ablehnung mit der Begründung, Teilzeit arbeitende Personen mit mehreren Arbeitgebern seien oft gar nicht an einer beruflichen Vorsorge interessiert und die von der Motion verlangte Lösung würde für die Unternehmen einen unverhältnismässig grossen Aufwand mit sich bringen. Angesichts der deutlichen Mehrheitsverhältnisse wurde der Minderheitsantrag jedoch schliesslich zurückgezogen und die kleine Kammer überwies die Motion.

Besserer Vorsorgeschutz von Arbeitnehmenden mit mehreren Arbeitgebern oder mit tiefen Einkommen (Mo. 12.3974)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

Der Nationalrat stimmte gegen den Antrag des Bundesrates sowie gegen den Willen der Ratslinken und grosser Teile der FDP diskussionslos einer Motion Parmelin (svp, VD) zur Anpassung der AHV an die Gegebenheiten der heutigen Gesellschaft zu. Die Vorlage verlangt, im Zuge der 12. AHV-Revision die Renten für Kinder AHV-beziehender Eltern abzuschaffen. Begründet wurde dies einerseits mit der schwierigen finanziellen Situation der AHV. Andererseits sei die Entscheidung zunehmend verbreitet, nach Erreichen des Rentenalters einen ganz neuen Lebensabschnitt inklusive erneuten Kinderwunsches zu beginnen, womit die Allgemeinheit für Kosten aufkommen müsse, welche die betroffenen Rentenbeziehenden durchaus selbst tragen könnten. Dies gelte in besonderem Masse, da zur Kinderrente aus der ersten noch eine aus der zweiten Säule sowie allfällige Familienzulagen des anderen, noch erwerbstätigen Elternteils hinzu kommen können.

Renten für Kinder AHV-beziehender Eltern abzuschaffen

Aufgrund des Ausscheidens von Peter Spuhler (TG) aus dem Nationalrat und dem Rücktritt von Natalie Rickli (ZH) als Vizepräsidentin der SVP-Fraktion waren im Fraktionspräsidium zwei Posten vakant, die Ende Februar wieder besetzt wurden. Zu neuen Vizepräsidenten wurden die Nationalräte Thomas Aeschi (ZG) und Felix Müri (LU) bestimmt. Sie vervollständigten damit das im Vorjahr neu gewählte Fraktionspräsidium, dem auch Adrian Amstutz (BE) als Präsident und die weiteren Vizepräsidenten Guy Parmelin (VD), Alex Kuprecht (SZ) sowie die Vizepräsidentin Yvette Estermann (LU) angehören.

SVP Fraktionspräsidium