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  • Keller-Sutter, Karin (fdp, plr) BR EJPD / CF DFJP
  • Müller, Damian (fdp/plr, LU) SR/CE

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Völlig unbestritten war im Ständerat in der Wintersession 2020 die Ausdehnung der Zusammenarbeit gemäss IRSG auf internationale Strafinstitutionen. Die angestrebte Änderung von Artikel 1 des IRSG soll es der Schweiz künftig erlauben, Rechtshilfe nicht mehr nur an staatliche, sondern auch an internationale Institutionen zu leisten, und damit die Spezialgesetzgebungen für das Jugoslawien- (ICTY) und das Ruanda-Tribunal (ICTR) ersetzen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter bezeichnete die Zusammenarbeit mit internationalen Strafinstitutionen als «unerlässlich» für das Engagement gegen die Straflosigkeit, das die Schweiz auf der internationalen Ebene «sehr» unterstütze. Die Ständekammer nahm den Entwurf ohne jegliche Änderungsanträge einstimmig an. In der Schlussabstimmung stimmte der Ständerat dem Gesetz mit 38 zu 1 Stimme bei 3 Enthaltungen zu, wobei ihm vier Vertreter der SVP-Fraktion die Zustimmung verweigerten. Im Nationalrat stimmte die SVP-Fraktion geschlossen gegen die Vorlage, womit diese die Schlussabstimmung in der grossen Kammer mit 141 zu 54 Stimmen passierte.

Änderung von Art. 1 IRSG: Rechtshilfe an internationale Strafinstitutionen (BRG 19.063)

Allein die Frage, ob urteilsfähige Minderjährige die Zustimmung ihrer Eltern brauchen, um ihr Geschlecht im Personenstandsregister per einfacher Erklärung zu ändern, entzweite die beiden Parlamentskammern nach der ersten Beratungsrunde der entsprechenden Anpassung des Zivilgesetzbuches. Während der Ständerat dem Bundesrat gefolgt war und die Frage bejaht hatte, hatte sie der Nationalrat verneint. In der Wintersession 2020 lenkte der Nationalrat nach zwei weiteren Beratungsrunden schliesslich auf den Kompromissvorschlag von Ständerat Andrea Caroni (fdp, AR) ein, der sich in der kleinen Kammer gegenüber den beiden anderen Konzepten behauptet hatte: Ab einem Alter von 16 Jahren können Jugendliche ihren Geschlechtseintrag künftig selbstständig ändern lassen, bei jüngeren Minderjährigen ist die Zustimmung der Eltern erforderlich. Der Bundesrat hatte in seinem Entwurf ursprünglich die Volljährigkeit vorausgesetzt, weil er damit die Kinder und Jugendlichen vor leichtfertigen Entscheidungen und dem Einfluss Dritter schützen wollte. Letztlich plädierte aber auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Sinne der Kompromissfindung für die Altersgrenze bei 16 Jahren; in diesem Alter sei das Schutzbedürfnis denn auch etwas geringer, erklärte sie im Nationalrat. Während die linke Ratsseite, die eigentlich auf jegliche Zustimmung der Eltern hätte verzichten wollen, dem Kompromiss «schweren Herzens», so SP-Fraktionssprecherin Tamara Funiciello (sp, BE), zustimmte und das Gesetz dennoch als Fortschritt wertete, war die SVP-Fraktion, die nach wie vor die Volljährigkeitsvoraussetzung unterstützte, nicht bereit, von ihrer ursprünglichen Position abzuweichen. So nahm der Nationalrat den Kompromiss mit 124 zu 47 Stimmen bei 7 Enthaltungen an. In der Schlussabstimmung gesellten sich noch einige Stimmen aus der Mitte-Fraktion zum ablehnenden Lager, weil sie generell den Missbrauch des einfacheren Verfahrens befürchteten, sodass die grosse Kammer die Vorlage mit 128 zu 54 Stimmen bei 13 Enthaltungen verabschiedete. Der Ständerat stimmte dem Geschäft mit 33 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu.

Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister (BRG 19.081)

Die Differenzbereinigung beim ersten Teil der Erbrechtsrevision zur Erweiterung der Verfügungsfreiheit drehte sich um die Grundsatzfrage, wie bei einem vorliegenden Ehevertrag, der dem überlebenden Ehepartner mehr als die Hälfte des während der Ehe errungenen Vermögens zuspricht, die Pflichtteile für das Erbe der gemeinsamen Kinder berechnet werden. Konkret ging es darum, ob diese sogenannte überhälftige Vorschlagszuweisung zur Berechnung der Pflichtteile der gemeinsamen Kinder mitberücksichtigt wird oder nicht. Durch den Einbezug der überhälftigen Vorschlagszuweisung in die Berechnung fallen die Pflichtteile der Kinder höher aus, als wenn nur der Teil des Vermögens, der nicht durch den Ehevertrag dem überlebenden Ehepartner zugewiesen wird – im Falle der Maximalbegünstigung des Ehepartners also nur noch das Eigengut der verstorbenen Person – als Berechnungsgrundlage für die Pflichtteile dient.
Der bestehende Gesetzestext regelte diese Frage nicht eindeutig. Infolgedessen zeigte sich die juristische Lehre zwischen den zwei Auslegungen gespalten und es gab bislang auch keine wegweisenden Urteile, die den Streitpunkt geklärt hätten. Der Bundesrat hatte im Entwurf deshalb eine neue Regelung vorgeschlagen, um die Frage eindeutig zu klären und die Rechtsunsicherheit zu beenden. Der Nationalrat war als Zweitrat mit der Lösung des Bundesrates jedoch nicht einverstanden gewesen und hatte die einschlägigen Bestimmungen aus der Vorlage gestrichen.
Alles beim Alten zu belassen war für die RK-SR aber keine sinnvolle Lösung. Sie betrachtete es als Aufgabe des Gesetzgebers, eine Entscheidung für eine der beiden denkbaren Auslegungen zu fällen und nicht einfach zu warten, «bis eines Tages das Bundesgericht entscheidet», so Kommissionssprecher Andrea Caroni (fdp, AR) im Ratsplenum. Der Ständerat, der in der Wintersession 2020 die Differenzbereinigung begann, folgte stillschweigend seiner Kommission und beschloss, inhaltlich beim Bundesrat zu bleiben und die Streitfrage zugunsten der gemeinsamen Kinder zu entscheiden. Dies sei «inhaltlich naheliegender», erklärte Caroni, weil der überlebende Ehepartner im Falle einer zusätzlichen Begünstigung durch einen Ehevertrag ohnehin den «Löwenanteil» am Erbe erhalte, womit der Zusatzgewinn für ihn relativ gesehen kleiner wäre als für die Kinder.
So einig wie die ständerätliche, so zerstritten zeigte sich die nationalrätliche Rechtskommission in dieser Frage. Während die Kommissionsmehrheit beantragte, das Konzept des Bundesrates und des Ständerates zu übernehmen, wollte eine starke bürgerliche Minderheit an der Streichung der Bestimmungen festhalten und somit beim geltenden Recht bleiben. Ihrer Ansicht nach widerspreche die vorgeschlagene Lösung dem weit verbreiteten Rechtsempfinden und der überwiegenden Rechtspraxis in der Deutschschweiz; nur in der lateinischen Schweiz werde eher der Auslegung von Bundesrat und Ständerat gefolgt, die den Kindern höhere Anteile zurechnet, erklärte Minderheitsvertreterin Christa Markwalder (fdp, BE) im Nationalrat. Primäres Ziel müsse es gemäss der Minderheit sein, den Lebensstandard des überlebenden Ehepartners zu sichern, und nicht, die Pflichtteile der gemeinsamen Kinder zu schützen. Zudem wäre die Korrektur zum jetzigen Zeitpunkt übereilt, weil die Frage noch nicht in aller Tiefe diskutiert worden und auch nicht Teil des Vernehmlassungsentwurfs gewesen sei, führte Markwalder weiter aus. Im Unterschied zu ihrer Schwesterkommission war die RK-NR überdies mehrheitlich zum Schluss gekommen, dass es für die neue Regelung einer Übergangsbestimmung bedürfe, damit bestehende Erbverträge und Testamente, die in einem falschen Verständnis aufgesetzt worden waren, nicht nachträglich geändert werden müssten, um ihre Wirkung wie beabsichtigt zu entfalten. Sie schlug also vor, dass die neue Auslegung erst für Verträge gelten soll, die nach Inkrafttreten der Revision abgeschlossen werden. Gegen diese Lösung sprach sich jedoch neben einer Minderheit Flach (glp, AG) auch Justizministerin Karin Keller-Sutter aus, weil mit den klärenden Bestimmungen kein neues Recht geschaffen, sondern nur eine Rechtsunsicherheit beseitigt werde. Mit 106 zu 80 bzw. 109 zu 77 Stimmen folgte der Nationalrat in beiden Punkten seiner Kommissionsmehrheit, womit er sowohl die Klärung der Auslegungsdifferenz gemäss Bundesrat und Ständerat als auch die neu hervorgebrachten Übergangsbestimmungen ins Gesetz schrieb.
Die RK-SR war von der Übergangslösung so wenig begeistert, dass sie daraufhin inhaltlich in der Auslegungsfrage eine komplette Kehrtwende vollzog: Sie schlug ihrem Rat neu vor, die überhälftige Vorschlagszuweisung bei der Berechnung der Pflichtteile für die gemeinsamen Kinder nicht zu berücksichtigen. Das Wichtigste sei es, die Frage im Gesetz zu klären, und zwar mit einer einzigen Regel, die für alle Testamente gelte, erläuterte Kommissionssprecher Andrea Caroni. Unterschiedliche Regelungen für bestehende und zukünftige Verträge führten zu noch mehr Unklarheit als jetzt schon bestehe, weil ein Testament unter Umständen erst siebzig Jahre nach dem Aufsetzen – und damit vielleicht nach einigen weiteren Erbrechtsrevisionen – seine Wirkung entfalte. Um diese «siebzigjährigen Übergangsproblematiken» zu vermeiden, habe sich die Kommission inhaltlich also der vom Nationalrat favorisierten Auslegung angeschlossen, so Caroni. Obwohl der Bundesrat ursprünglich die andere Lösung vorgeschlagen hatte, sicherte auch Bundesrätin Keller-Sutter dem Kommissionsantrag ihre Unterstützung zu. Wichtig sei, dass Rechtssicherheit geschaffen werde; in welche inhaltliche Richtung der Meinungsstreit aufgehoben werde, erachtete sie als sekundär. Die Kantonskammer stimmte dem Antrag folglich stillschweigend zu.
Daraufhin zeigte sich RK-Sprecher Hans-Ueli Vogt (svp, ZH) im Nationalrat erfreut, stolz und etwas belustigt über die «Volte» des Ständerats: Der Beschluss des Nationalrats zur Einführung der Übergangsbestimmung habe sich insofern gelohnt, als es nur unter diesem Druck gelungen sei, «den Ständerat dazu zu bringen, dass er das 180-grädige Gegenteil von dem beschliesst, woran er zuvor während Monaten festgehalten hatte». Auf Antrag seiner einstimmigen Kommission schloss sich der Nationalrat stillschweigend dem nun vorliegenden Konzept an und bereinigte die Differenz.
In den Schlussabstimmungen lehnte schliesslich nur ein Grossteil der SVP-Fraktion, die anfänglich gar nicht auf die Vorlage hatte eintreten wollen, den Entwurf ab. So wurde er im Nationalrat mit 146 zu 46 Stimmen bei 3 Enthaltungen und im Ständerat mit 36 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen.

Revision des Erbrechts (BRG 18.069)
Dossier: Revision des Erbrechts (2016– )

Da der Nationalrat die Übernahme der Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS in der Herbstsession 2020 abgelehnt hatte und dies einem Nichteintreten gleichkam, musste er nach den Änderungen des Ständerats in der Wintersession 2020 eine erneute Eintretensdebatte führen. Thomas Rechsteiner (cvp, AI) hielt als Sprecher der SIK-NR fest, dass die Bedenken des Nationalrats hinsichtlich des Bundesbeschluss zum SIS vom Ständerat und von der Kommission aufgenommen worden seien. Einerseits werde der Datenschutz nun durch die verstärkte Koordination zwischen EDÖB, Kantonen und Europäischem Datenschutzbeauftragten gewahrt. Andererseits habe man die Formulierung des Beschlusses geändert, sodass die Rückführungsrichtlinie keine Anwendung auf den Vollzug der Landesverweisung habe. Die Kommission beantragte dem Nationalrat daher, auf die Vorlage einzutreten und damit einen Beitrag zur Sicherheit der Schweiz zu leisten. Für die FDP sei die Sicherheit eine prioritäre Staatsaufgabe, so Doris Fiala (fdp, ZH). Das SIS sei dabei ein unverzichtbares Instrument für Sach- und Personenfahndungen, die Schweiz tätige täglich über 300'000 Abfragen. Auch die GLP setzte sich für die Erweiterung des Schengen-Beistzstands ein, unter anderem weil die neue Gesetzgebung auch Opfer von Menschenhandel und Zwangsheirat schütze. Selbst die SVP, die in der Herbstsession noch eine unheillige Allianz mit den Grünen eingegangen war und das Geschäft abgelehnt hatte, war mit den Anpassungen des Ständerats zufrieden und beantragte die Annahme des neuen Entwurfs. Und auch die SP, deren geschlossene Stimmenthaltung in der Herbstsession die Ablehnung begünstigt hatte, empfahl die Annahme, da ihre Forderungen nach einem verbesserten Datenschutz erfüllt worden seien. Damit verblieben auf der Gegenseite nur die Grünen, die durch die Minderheit Fivaz (gp, NE) einen Antrag auf Nichteintreten stellten. Fivaz argumentierte, dass sich seit der Herbstsession bezüglich des Datenschutzes und des Ausländerrechts nichts Grundlegendes geändert habe. Die verdeckte Verschärfung des Ausländer- und Integrationsrechts sei nicht nötig, um die Vorlage umzusetzen, und verstosse gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Unterstützung erhielt er von seiner Parteikollegin Marionna Schlatter (gp, ZH), welche die repressive Politik Europas an den Aussengrenzen kritisierte. Schlatter forderte den Nationalrat auf, sich gegen Verschärfungen zu wehren, die in einer Vorlage enthalten seien, zu deren Annahme «man quasi gezwungen sei». Die anwesende Bundesrätin Keller-Sutter warnte davor, den Nichteintretensantrag anzunehmen, da dies den Austritt aus dem Schengen-Verbund zur Folge hätte. Der Nationalrat beschloss mit 149 zu 30 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) auf die Vorlage einzutreten und nahm diese mit 148 zu 32 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Der Widerstand der Grünen reichte nach dem Meinungsumschwung der SP und der SVP nicht aus, um das Geschäft zu versenken.
In der Schlussabstimmung wurde die Vorlage zur Änderung des BGIAA vom Nationalrat mit 157 zu 37 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und vom Ständerat mit 41 Stimmen (bei 1 Enthaltung) angenommen. Auch die Vorlage zum SIS fand im Nationalrat mit 157 zu 36 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) und im Ständerat mit 41 Stimmen (bei 1 Enthaltung) deutlich Zuspruch.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes: Schengener Informationssystem

Im Dezember 2020 präsentierte der Bundesrat seinen Bericht zur Überprüfung von vorläufigen Aufnahmen aus Eritrea wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs. Erarbeitet worden war der Bericht in Erfüllung einer Motion von Damian Müller (fdp, LU). Der Luzerner Ständerat hatte nach einem 2017 erfolgten Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, das die Rückweisung nach Eritrea grundsätzlich als zumutbar erachtete, einen Vorstoss lanciert mit dem Ziel, «so viele vorläufige Aufnahmebewilligungen wie möglich aufzuheben». Dazu sollte der Bundesrat den Status der zum damaligen Zeitpunkt vorläufig aufgenommenen Personen aus Eritrea, deren Wegweisung wegen Unzumutbarkeit nicht vollzogen werden konnte, überprüfen. In seinem Bericht legte der Bundesrat in der Folge die Ergebnisse seiner Überprüfung von allen aus diesem Grund und vor dem Referenzurteil vorläufig aufgenommenen 3'000 Personen dar. In 2'400 dieser Fälle entschied das SEM, dass eine Rückweisung der eritreischen Staatsangehörigen aufgrund ihrer Vulnerabilität auch mit der aktuellen Wegweisungspraxis nicht zumutbar oder unverhältnismässig sei. Bei den vulnerablen Personen handelte es sich etwa um unbegleitete Minderjährige oder Familien mit Kindern. Auch in den verbleibenden 600 Fällen stufte das Bundesamt die Rückweisung in erster Linie aufgrund «einer Kombination von länderspezifischen und individuellen Gründe[n]» als nicht zumutbar ein. Insgesamt wurde die vorläufige Aufnahme für 63 Personen rechtskräftig aufgehoben. Dies entsprach über alle Fälle einer Aufhebungsquote von 2.8 Prozent. Da sich Eritrea auch zu diesem Zeitpunkt weigerte, zwangsweise Rückführungen zu akzeptieren, wurden auch Personen mit aufgehobenem vorläufigen Aufnahmestatus nicht weggeführt.

Mener une politique d'asile équitable envers les demandeurs d'asile erythréens

Mehr Flexibilität beim Netzzuschlagsfonds forderte eine Motion Müller (fdp, LU), die in der vorberatenden UREK-NR im Februar 2020 mit 18 zu 7 Stimmen mehrheitlich auf Zuspruch gestossen war. Eine Minderheit Rösti (svp, BE) aus SVP-Vertretenden erachtete eine mögliche Verschuldung des Fonds als nicht erforderlich und zu riskant. Nach dreifacher Verschiebung befasste sich der Nationalrat in der Wintersession 2020 als Zweitrat mit der Motion. Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) erklärte, dass sich die Kommission mit der Verwaltung beraten habe und eine Flexibilisierung des Fonds hinsichtlich kurzfristiger Verschuldung als sinnvoll erachte. Damit könne mehr Planungssicherheit für Ausbauprojekte von erneuerbarer Energie geschaffen werden. Energieministerin Simonetta Sommaruga zeigte sich nach wie vor von der Motion überzeugt, deutete aber darauf hin, dass das Anliegen des Motionärs bereits in die Revision des EnG aufgenommen worden sei. Finanziell gesehen sei zudem zu erwarten, dass die Einnahmen die Ausgaben langfristig decken würden. Mit 130 zu 50 Stimmen bei einer Enthaltung folgte die grosse Kammer schliesslich deutlich der Kommissionsmehrheit und dem Ständerat und nahm die Motion an.

Mo. 19.3742, Finanzielle Überbrückung für den Wartelistenabbau bei erneuerbaren Energien

Nachdem der Nationalrat die als indirekter Gegenvorschlag zur Transparenzinitiative gedachte Umsetzungsvorlage der parlamentarischen Initiative der SPK-SR für Transparenz bei der Politikfinanzierung in der Gesamtabstimmung deutlich abgelehnt hatte, kam das Geschäft zurück in den Ständerat. Die ständerätliche Kommission wollte nach wie vor auf den Vorschlag eintreten, nahm aber eine redaktionelle Änderung an ihrem Entwurf vor: der Begriff «Zuwendungen» sollte explizit mit den Adjektiven «monetär» und «nicht-monetär» ergänzt werden. Zudem wurden zwei Kommissionsminderheiten angemeldet. Die eine wollte über die Höhe dieser offenzulegenden Zuwendungen diskutieren: Der ursprüngliche Vorschlag sieht CHF 25'000 und der Minderheitsantrag CHF 10'000 vor, was der Forderung der Initiative entsprechen würde. Die zweite Minderheit wollte die Höhe des offenzulegenden Aufwands für Kampagnen auf CHF 50'000 senken. Der ursprüngliche Entwurf hatte CHF 250'000 vorgesehen. Damit wollte die Minderheit gar noch tiefer gehen als die Initiative, die einen Schwellenwert von CHF 100'000 verlangt. In ebendieser Diskussion wurde der Idee für mehr Transparenz bei der Finanzierung von Wahl- und Abstimmungskampagnen erneut viel Wohlwollen zuteil. Transparenz in der Politik sei ein Gebot der Stunde, befand etwa Damian Müller (fdp, LU) bei der erneuten Eintretensdebatte und der Gegenvorschlag schütze die Privatsphäre besser als die Initiative. Eintreten war freilich unbestritten und wurde ohne Gegenantrag beschlossen. Für wenig Diskussionsstoff sorgte auch die redaktionelle Änderung, die gutgeheissen wurde. Mehr zu debattieren gaben erneut die Schwellenwerte. Dabei unterlag der Antrag von Links, den Initiantinnen und Initianten bei der Höhe der Spenden entgegenzukommen, mit 32 zu 12 Stimmen. Hingegen wurde die Höhe der Kampagnenausgaben, die zu einer Offenlegung verpflichtet, auf CHF 50'000 gesenkt – also gar unter den Schwellenwert, wie er von der Volksinitiative vorgesehen ist. Um wirklich Transparenz herstellen zu können, brauche es einen möglichst tiefen Wert, begründete Damian Müller seinen Minderheitsantrag. Es sei nicht einzusehen, weshalb für kleinere Kampagnen keine Offenlegungspflicht gelten solle. Das Ziel der Initianten «grössere Geldbeträge zu skandalisieren und kleinere Beträge zu legitimieren», sei nicht zu unterstützen. Viele kleinere Beträge ergäben am Schluss einen grossen oder mit Verweis auf die Konzernverantwortungsinitiative «sogar einen extrem grossen Betrag.» Es gebe kein gutes oder schlechtes Geld, entsprechend sollten alle Kampagnenorganisationen in die Pflicht genommen werden. Mit 25 zu 15 Stimmen hiess der Ständerat den tieferen Schwellenwert gut.

Transparenz in der Politikfinanzierung (Pa. Iv. 19.400)
Dossier: Finanzierung der Politik
Dossier: Transparenzinitiative und Gegenvorschlag - Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte

Der Nationalrat hatte die Motion Stamm (svp, AG) zur Verbesserung der Kooperation bezüglich des Vollzugs von Freiheitsstrafen im Herkunftsland in der Frühjahrssession 2019 stillschweigend angenommen.
Erst in der Wintersession 2020 beschäftigte sich schliesslich der Ständerat mit der Motion. Die RK-SR hatte sich im Vorfeld der Session gegen die Motion ausgesprochen, da die Schweiz ohnehin bereits bestrebt sei, die Zusammenarbeit mit Staaten wie etwa Italien, Albanien und Bosnien Herzegowina zu verbessern, indem man diese zur Ratifikation des Zusatprotokolls zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen bewege. Die Kommission konnte daher keinen zusätzlichen Gesetzgebungsbedarf erkennen, wie ihr Sprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) dem Rat im Plenum mitteilte. Die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter merkte an, dass der Bundesrat die Motion in ihrer Stossrichtung unterstütze, er sie aber eigentlich als bereits umgesetzt erachte. Man arbeite so oder so daran, möglichst viele Überstellungen durchzuführen, weshalb der Bundesrat nichts dagegen hätte, wenn die Motion abgelehnt werden würde. Der Ständerat liess sich nicht zweimal bitten und verwarf die Motion mit 29 zu 7 Stimmen deutlich.

Strafvollzug im Ausland. Verstärkung der Kooperation mit umliengeden Ländern (Mo. 18.4369)

In der Wintersession 2020 befasste sich der Nationalrat mit dem Rechtshilfeabkommen in Strafsachen mit Indonesien, welches bei einem Teil der SVP-Fraktion auf Widerstand stiess. Eine Minderheit Reimann (svp, SG) wollte nicht auf das Geschäft eintreten, weil man sich damit zum «Handlanger von Menschenrechtsverletzungen» mache. Nationalrat Reimann befürchtete auch einen Missbrauch der Rechtshilfe durch die indonesischen Behörden und schlug stattdessen vor, dass man Indonesien in seiner Entwicklung helfe, indem man die Menschenrechte und die Religionsfreiheit stärke. Die Bedenken der Minderheit stiessen bei den anderen Fraktionen zwar auf Gehör, vermochten diese aber nicht zur Ablehnung des Abkommens zu bewegen. Min Li Marti (sp, ZH) und Nicolas Walder (gp, GE) argumentierten, dass die Schweiz bei Anzeichen von Menschenrechtsverstössen gemäss Abkommen sowieso keine Rechtshilfe leisten dürfe. Laut Sidney Kamerzin (cvp, VD) würde man den Kampf gegen das Verbrechen in Indonesien mit dem Rechtshilfeabkommen gar stärken. Und auch die FDP sprach sich für die Annahme des Abkommens aus. Wenn man Freihandel mit Indonesien haben könne, dann könne man auch Rechtshilfe mit klaren Rechtsmitteln unterhalten, so Christian Lüscher (fdp, GE). Bundesrätin Karin Keller-Sutter fügte an, dass neben reinen Sicherheitsbedenken auch weitere Gründe für das Abkommen sprächen. So solle die internationale Staatengemeinschaft nicht als Hort für illegale ausländische Gelder dienen, deren Rückgabe im Vertrag vorgesehen seien. Die Abstimmung über den Nichteintretensantrag fiel entsprechend deutlich aus: Er wurde mit 153 zu 32 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) abgelehnt. Das Rechtshilfeabkommen selber wurde dann vom Nationalrat mit 150 zu 32 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) verabschiedet.

Abkommen mit Indonesien über Rechtshilfe in Strafsachen (BRG 19.084)

Um auch noch die letzte Differenz hinsichtlich der Kapitalerhöhungen der Weltbankgruppe und der Afrikanischen Entwicklungsbank zum Nationalrat zu bereinigen, befasste sich der Ständerat in der Wintersession 2020 zum zweiten Mal mit diesem Bundesratsgeschäft. Der Nationalrat hatte zwar dem ständerätlichen Kompromiss weitgehend zugestimmt, es war jedoch eine letzte Differenz in Bezug auf die Offenlegungspflicht auszuräumen. Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) hielt fest, dass die APK-SR die Differenz ausgiebig beraten habe und zum Schluss gekommen sei, dass grundsätzlich gar keine solche bestehe. Transparenz und Rechenschaftspflicht seien Prinzipien, die man erfüllen wolle, was auch aus der Botschaft zur Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021-2024 hervorgehe. Jedoch dürfe man dabei den eigenen Handlungsspielraum nicht einschränken, weshalb die Kommission einen «eleganten und wirkungsvollen» Weg gefunden habe: Statt das Abstimmungsverhalten zu veröffentlichen, wie der Nationalrat gefordert hatte, soll der Bundesrat die Aussenpolitischen Kommissionen periodisch – mindestens einmal pro Jahr – über sein Handeln informieren. Bundesrat Parmelin zeigte sich mit der gefundenen Lösung zufrieden. Diese berücksichtige sowohl die Zwänge der Stimmrechtsgruppen, denen die Schweiz in den beiden Banken ausgesetzt sei, als auch die Forderung des Parlaments nach mehr Transparenz. Der Rat nahm dem Vorschlag der Kommission stillschweigend an. Damit ging das Geschäft wieder zurück an den Nationalrat.

Kapitalerhöhungen Weltbankgruppe und Afrikanische Entwicklungsbank (BRG 20.024)

In ihrem Bericht vom 17. November 2020 beantragte die GPK-SR, an die das Postulat von Daniel Jositsch (sp, ZH) für eine Überprüfung von Struktur, Organisation, Zuständigkeit und Überwachung der Bundesanwaltschaft zur Vorprüfung überwiesen worden war, lediglich einen Teil des Postulats anzunehmen. Abzulehnen sei Ziffer 1 des Postulats, die eine Überprüfung der Zweckmässigkeit der Struktur und der Organisation der Bundesanwaltschaft forderte. Diese Überprüfung werde durch die laufende GPK-Untersuchung bereits vorgenommen. Aus dem gleichen Grund sei auch Ziffer 3 des Postulats abzulehnen: Auch die Überprüfung, ob die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) den an sie gestellten Anforderungen genüge, sei Gegenstand der GPK-Untersuchung. Zur Annahme empfahl die GPK-SR allerdings Ziffer 2 des Postulats: Der Bundesrat solle klären, ob die Verteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen im Bereich der Strafverfolgung nach zahlreichen Partialrevisionen noch zweckmässig sei. Teilweise bestünde Rechtsunsicherheit, weil die Zuständigkeiten nicht immer klar seien, begründete die GPK-SR ihre Empfehlung.
In der Ratsdebatte während der Wintersession 2020 führte Daniel Jositsch aus, dass er sein Postulat «vor allem auch im Zusammenhang mit der Diskussion um die Person des Bundesanwalts eingereicht» habe. Das Problem sei aber nicht der mittlerweile zurückgetretene Michael Lauber, vielmehr gebe es in der Bundesanwaltschaft strukturelle Probleme, die nicht durch das Ersetzen von Köpfen gelöst werden könnten. Er unterstütze aber den Antrag der GPK-SR, weil die Ziffern 1 und 3 seines Postulats bereits in Abklärung seien. Zu Wort kam auch der Präsident der AB-BA, Hanspeter Uster. Er begrüsse eine Evaluation der Aufsichtsbehörde und unterstütze auch eine Evaluation der Kompetenzaufteilung gemäss Ziffer 2 des Postulats. Schliesslich äusserte sich auch Justizministerin Karin Keller-Sutter. Sie begrüsse es, dass in dieser Frage eng mit den Kantonen zusammengearbeitet werden könne. Sie plane zudem den Einsatz einer Arbeitsgruppe. In der Folge wurde Ziffer 2 des Postulats stillschweigend überwiesen.

Bundesanwaltschaft - Überprüfung von Struktur, Organisation, Zuständigkeit und Überwachung (Po. 19.3570)
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

La conseillère nationale lucernoise Ida Glanzmann-Hunkeler (pdc, LU) a déposé le 21 mars 2019 un postulat demandant d'étudier la mise en place d'une plateforme permettant un dialogue sur les valeurs essentielles de notre société.
Selon la députée démocrate-chrétienne, cette plateforme aurait pour objectif de sensibiliser la population, et en particulier la jeunesse, à ses droits et obligations politiques ainsi que d'encourager les échanges entre différents groupes sociaux, dont certains sont actuellement laissés sur le carreau. Le Conseil fédéral, par l'intermédiaire de Karin Keller-Sutter, considère que ce dialogue est déjà rendu possible par différents moyens: d'une part au cours du processus législatif, notamment à l'aide des outils de démocratie directe telle que l'initiative populaire, d'autre part dans les médias, les écoles, les partis ou encore les associations et forums de toutes natures. C'est pourquoi il a recommandé lors des débats du 9 décembre 2020 le rejet du postulat.
Le Conseil national a suivi l'avis du Conseil fédéral et a rejeté le postulat par 154 voix contre 30 (1 abstention).

Dialogue sur les valeurs essentielles de notre société (Po. 10.3291)

Der Grundsatz «In dubio pro populo!» solle in die Gesetzgebung einfliessen, forderte Jean-Luc Addor (svp, VS) in einer Motion. Seit einigen Jahren würden zunehmend kantonale Volksinitiativen vor allem vom Bundesgericht für ungültig erklärt. Das Problem sei, dass sich die Judikative immer mehr anmasse, selber Politik zu betreiben. Ein «Richterstaat» müsse aber verhindert werden, weshalb der Grundsatz, einen mehrdeutigen Initiativtext im Zweifelsfall so auszulegen, dass über ihn abgestimmt werden kann, im Gesetz festgeschrieben werden soll, um Ungültigerklärungen wenn möglich vermeiden zu können und damit letztlich die direkte Demokratie zu stärken.
In der Ratsdebatte begründete Justizministerin Karin Keller-Sutter die ablehnende Haltung des Bundesrats. Der Grundsatz leite sich vom Verhältnismässigkeitsprinzip ab und sei also in der Rechtsprechung bereits vorgesehen. Eine explizite rechtliche Verankerung würde zudem nichts daran ändern, dass kantonale Volksinitiativen, die übergeordnetes Recht verletzten, weiterhin für ungültig erklärt werden müssten, was im Sinne der Rechtsstaatlichkeit zu begrüssen sei. Lediglich die geschlossene SVP-Fraktion und drei Mitglieder der Mitte-Fraktion unterstützten den Vorstoss, der entsprechend mit 129 zu 55 Stimmen abgelehnt wurde.

In dubio pro populo! (Mo. 19.3466)
Dossier: Ungültigkeitsgründe von Volksinitiativen

Die Vorlage zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen den verschiedenen EU-Informationssystemen gelangte in der Herbstsession 2020 in den Nationalrat. Die Vorlage beinhaltete zwei EU-Verordnungen zur Vernetzung der europäischen Informationssysteme. Einerseits ging es um das Europäische Suchportal, welches die parallele Abfrage unterschiedlicher Informationssysteme ermöglicht. Andererseits ging es um einen gemeinsamen Dienst für den Abgleich biometrischer Daten, einen Speicher für Identitätsdaten und einen Detektor für Mehrfachidentitäten. Die vorberatende SiK-NR hatte vorgeschlagen, auch das ETIAS-System in die Vorlage aufzunehmen, da die ETIAS-Vorlage bei der Verabschiedung des vorliegenden Geschäfts durch den Bundesrat noch nicht vom Parlament beschlossen worden war und deshalb nicht hatte aufgeführt werden können. Kommissionssprecherin Doris Fiala (fdp, ZH) betonte in der Ratsdebatte die Wichtigkeit der Interoperabilität zwischen den EU-Informationssystemen für die innere Sicherheit der Schweiz. Durch die dadurch möglichen vernetzten Abfragen würden die Informationssysteme der Polizei, der Grenzkontrolle und der Migrationsbehörden verbessert. Bundesrätin Keller-Sutter habe gegenüber der Kommission überzeugend dargelegt, dass Schwerstkriminalität und Terrorismus global sind und die Schweiz daher ein Teil der europäischen Sicherheitsarchitektur sein müsse. Mauro Tuena (svp, ZH) äusserte sich zur Ambivalenz der SVP-Fraktion in ihrer Entscheidungsfindung. Einerseits befürworte die SVP Sicherheit, andererseits lehne sie die Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes – also die automatische Rechtsübernahme – ab. Eine Minderheit Marti (sp, ZH) wollte den Diskriminierungsschutz in der Vorlage stärken. Zwar gebe es einen Verweis darauf, dass in der nationalen Gesetzgebung Massnahmen zur Vorbeugung von Diskriminierung beschlossen werden müssten, doch ein blosser Verweis habe nicht den gleichen Stellenwert wie eine explizite Verankerung, bemängelte Marti. Sie merkte darüber hinaus an, dass für die SP Grund- und Menschenrechte im Zentrum stünden und dass die Bekämpfung illegaler Migration gleichzeitig auch reguläre Migration ermöglichen und das Recht auf Asyl gewährleisten müsse. Zudem kritisierte sie «die Entwicklung Europas zu einer Festung», wo doch die EU «nicht als eine Festung, sondern als Friedensprojekt entstanden» sei. Die Fraktion der Grünen beschloss, den Minderheitsantrag von Nationalrätin Marti zu unterstützen, sich in der Gesamtabstimmung aber zu enthalten, insbesondere wegen Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und des Grundrechtschutzes. Die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter versuchte die Befürchtungen bezüglich Datenschutz zu zerstreuen und erklärte, dass durch die Vernetzung der Informationssysteme nicht mehr Daten erhoben oder gespeichert würden als bisher. Auch die Zugriffsrechte der nationalen Behörden blieben unverändert, nur die Datenverfügbarkeit werde verbessert, stellte die Bundesrätin klar. Das Anliegen der Minderheit Marti begrüsste die Bundesrätin zwar inhaltlich, doch sie argumentierte, dass es durch die EU-Verordnungen bereits erfüllt werde. Der Minderheitsantrag wurde in der Folge mit 124 zu 64 Stimmen abgelehnt. Den Entwurf nahm der Nationalrat in der Gesamtabstimmung mit 156 zu 5 Stimmen (bei 27 Enthaltungen der Grünen) an. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Da die grosse Kammer, wie von der SiK-NR vorgeschlagen, auch das ETIAS in die Vorlage aufnahm, wich der Beschluss geringfügig vom Entwurf des Bundesrats ab.

Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen

In der Wintersession 2020 nahm sich der Ständerat der Übernahme der Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS an, nachdem der Nationalrat diese abgelehnt hatte, was einem Nichteintreten gleichkam. Die Sprecherin der SIK-SR, Andrea Gmür-Schönenberger (cvp, LU), fasste zu Beginn der Diskussion die Ablehnungsgründe des Nationalrats zusammen. Dieser habe bemängelt, dass EU-Recht übernommen werden müsse und dass das Ausländerrecht verschärft würde. Ständerätin Gmür-Schönenberger machte diesbezüglich aber klar, dass die Schweiz als Schengen-Staat zur Übernahme verpflichtet sei und eine mangelhafte Umsetzung zum Ausschluss aus dem Schengen/Dublin-Verband führen könne. Die SIK-SR anerkenne die wichtige Rolle der SIS bei der Kontrolle der Schengen-Aussengrenzen und befürworte daher die verstärkte Zusammenarbeit der europäischen Sicherheits- und Migrationsbehörden. Dennoch habe die Kommission drei Änderungsanträge eingebracht: die Richtlinie soll nicht auf die Anordnung und den Vollzug der Landesverweisung angewendet werden; es sollen Ausnahmen bei der Lieferung von biometrischen Daten möglich sein und durch zusätzliche Bestimmungen soll die Aufsichtsfunktion des EDÖB und die Zusammenarbeit mit kantonalen und europäischen Stellen verbessert werden. Werner Salzmann (svp, BE) zeigte sich zufrieden damit, dass die Schweiz es sich explizit vorbehalte, kriminelle Drittstaatsangehörige in «souveräner Art und Weise auszuschaffen», unabhängig von der Entwicklung der EU-Rückführungsrichtlinie. Für Salzmann habe die Vorlage mit dieser Änderung gute Chancen im Nationalrat. Auch Daniel Jositsch (sp, ZH) war zuversichtlich, dass der Nationalrat aufgrund der Anpassungen hinsichtlich der Koordination im Bereich des Datenschutzes keinen Widerstand mehr leisten würde. Bundesrätin Karin Keller-Sutter betonte, dass das SIS an die neuen Herausforderungen in den Bereichen Migration und innere Sicherheit angepasst werden soll. Eine verstärkte europäische Zusammenarbeit sei notwendig, was nicht zuletzt die Terroranschläge in Paris 2015 gezeigt hätten. Mit der Zustimmung zu den Verpflichtungskrediten zur Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstandes habe das Parlament bereits die finanziellen Grundlagen für das Projekt geschaffen. Sie verdeutlichte aber auch, dass man aus dem Schengen-Verbund ausscheiden würde, wenn die gesetzlichen Anpassungen nicht vorgenommen würden. Daher bat sie die Räte darum, das Differenzbereinigungsverfahren und die Schlussabstimmung bereits in der laufenden Wintersession durchzuführen. Der Ständerat nahm die Änderung des BGIAA mit 40 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ohne Gegenstimmen an. Auch die Übernahme der Rechtsgrundlagen für die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS wurde inklusive der drei genannten Änderungen mit 41 Stimmen (bei 1 Enthaltung) angenommen. Abgelehnt wurde – mit 31 zu 11 Stimmen – hingegen ein Antrag der Minderheit Vara (gp, NE), die eine Bestimmung streichen lassen wollte, wonach das SEM Einreiseverbote verfügen kann, wenn die gesuchstellende Person vorgängig Sozialkosten verursacht hat, auch wenn diese Sozialleistungen berechtigterweise beantragt worden waren. Kommissionssprecherin Gmür-Schönenberger relativierte, dass diese Kann-Bestimmung bereits bestehe und nicht durch die vorliegende Vorlage verändert werde.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes: Schengener Informationssystem

Der Ständerat nahm in der Wintersession 2020 Kenntnis vom Bericht zu den abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträgen 2019. APK-SR-Sprecher Damian Müller (fdp, LU) informierte den Rat darüber, dass der Bundesrat der Kommission bereits einige Fragen zu den bilateralen und multilateralen Verträgen schriftlich beantwortet habe, weshalb kein weiterer Diskussionsbedarf mehr bestehe. Bundesrat Cassis berichtete, dass man das Format des Berichts in den vergangenen Jahren angepasst habe, um diesen «besser lesbar» zu machen. So habe man dessen Umfang um 65 Prozent reduzieren können, wobei die wichtigsten Informationen weiterhin enthalten seien.

Bericht zu den abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträgen 2019
Dossier: Bericht zu den abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträgen

In Erfüllung des Postulats Reiniger (sp, SH; Po. 76.454) publizierte der Bundesrat seit 1976 zu Beginn jeder Legislaturperiode einen Bericht über die von der Schweiz nicht ratifizierten Konventionen des Europarats. Die Konventionen sind für den Europarat ein essentielles Instrument zur Erarbeitung rechtlich verbindlicher Übereinkommen, dazu gehört unter anderem die EMRK. Da sich die Schweiz bei ihrem Beitritt zum Europarat (1963) verpflichtet hatte, den Konventionen des Europarats so weit wie möglich beizutreten, wirkt sie seither aktiv an der Erarbeitung und Modernisierung der Übereinkommen mit. Jedoch prüft die Schweiz von Fall zu Fall, ob eine Ratifizierung sinnvoll erscheint, oder ob eine Nicht-Ratifikation vertretbar wäre.
Der zwölfte und letzte Bericht dieser Reihe wurde im September 2020 publiziert, 43 Jahre nach Abschreibung des Postulats. Der Bundesrat erklärte, dass die vergangenen Berichte in der Regel nur wenig substanzielle Neuerungen enthalten hätten, weshalb man in Zukunft nur noch punktuell über relevante Entwicklungen hinsichtlich der Konventionen des Europarats informieren wolle. Die Berichte hatten jeweils die allgemeine Politik der Schweiz gegenüber den Konventionen des Europarats beinhaltet. Dazu gehörten Konventionen, welche der Bundesrat zu ratifizieren beabsichtigte, welche vom Europarat als zentral eingestuft worden waren sowie jene Konventionen, die seit Veröffentlichung des letzten Berichts zur Unterzeichnung aufgelegt worden waren. Die wichtigsten Konventionen wurden mit Kommentaren zum Zweck und den Aussichten auf eine Ratifizierung durch die Schweiz versehen. In der Legislaturperiode 2019-2023 lagen dem Parlament drei solcher Übereinkommen zur Genehmigung vor: die erste betraf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus; die zweite ein Übereinkommen gegen den Handel mit menschlichen Organen; und schliesslich das Änderungsprotokoll des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten.
Die kleine Kammer nahm in der Wintersession 2020 Kenntnis vom Bericht. Der Kommissionssprecher der APK-SR, Damian Müller (fdp, LU), beschränkte sich auf den Hinweis, dass mehrere Kommissionsmitglieder sich weiterhin eine proaktive und transparente Kommunikation vonseiten des Bundesrats wünschten.

Zwölfter Bericht zur Schweiz und den Konventionen des Europarats (BRG 20.073)
Dossier: Berichte zur Schweiz und den Konventionen des Europarats

Nachdem der Nationalrat mehrere Artikel hinsichtlich der Transparenzanforderungen und der strategischen Ausrichtung der Schweizer Beteiligung hinzugefügt hatte, musste sich der Ständerat in der Wintersession 2020 im Differenzbereinigungsverfahren erneut mit den Kapitalerhöhungen der Weltbankgruppe und der Afrikanischen Entwicklungsbank befassen. Damian Müller (fdp, LU) sprach sich im Namen der Mehrheit der APK-SR für einen Kompromiss zwischen dem ursprünglichen Entscheid des Ständerats (keine Handlungsanweisungen) und dem Beschluss des Nationalrats (Handlungsanweisungen in fünf Bestimmungen) aus, indem die Offenlegungspflicht gestrichen würde. Für Müller zeige das klare Abstimmungsresultat der Kommission von 11 zu 1 Stimmen, dass man das Anliegen des Nationalrates unterstütze, dabei aber auf eine «übersichtliche und elegante Lösung» setze. Eine Minderheit Sommaruga (sp, GE) verlangte jedoch das Festhalten an genannter Offenlegungspflicht durch Artikel 3c, welcher Regelungen über die Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens und die Berichterstattung an das Parlament beinhaltete. Der Bundesrat empfahl die Ablehnung des Minderheitsantrags, da die Veröffentlichung solcher Positionen negative Reaktionen von anderen Ländern hervorrufen könnte. Der Antrag wurde schliesslich mit 22 zu 11 Stimmen (bei 1 Enthaltung) abgelehnt, wobei Sommaruga prophezeite, dass der Nationalrat den Artikel wieder aufbringen werde. Mit 22 zu 19 Stimmen angenommen wurde hingegen eine Ergänzung von Ständerätin Carobbio Guscetti (sp, TI), damit auch die «Förderung der Menschenrechte» als Grundlage der Entscheidungsfindung aufgeführt wird. Für Kommissionssprecher Damian Müller war dieser Zusatz «eigentlich logisch, aber nicht zwingend».

Kapitalerhöhungen Weltbankgruppe und Afrikanische Entwicklungsbank (BRG 20.024)

Mit einer im Jahr 2018 eingereichten Motion forderte Martin Candinas (cvp, GR), dass die Zivil- und Strafprozessordnung so angepasst wird, dass Eingaben bei kantonalen Gerichten in einer frei wählbaren Landessprache eingereicht werden können. Dies solle den Austausch zwischen den Sprachgemeinschaften fördern, wie Candinas für sein Anliegen warb. Derzeitig können die Kantone die Verfahrenssprache selbst festlegen, was dazu führe, dass etwa eine französischsprachige Eingabe in einem deutschsprachigen Kanton nur behandelt werde, wenn diese von der eingebenden Person selber auf Deutsch übersetzt werde, so der Motionär. Der Bundesrat empfahl den Vorstoss zur Ablehnung. Wie Justizministerin Karin Keller-Sutter in der Herbstsession 2020 im Nationalrat ausführte, erachte der Bundesrat die derzeitige Regelung als zufriedenstellend. Eine Anpassung gemäss Motion würde lediglich mehr administrativen Aufwand bringen, aber nichts daran ändern, dass die Kantone die Verfahrenssprache selbst bestimmen können, womit kein «echter Mehrwert» geschaffen werde, zeigte sich die Bundesrätin überzeugt.
Der Nationalrat lehnte die Motion in der Folge mit 129 zu 33 Stimmen bei 15 Enthaltungen ab. Die Stimmen für das Anliegen stammten mehrheitlich aus der CVP-Fraktion, vereinzelte unterstützende Stimmen kamen aus den Fraktionen der SP, der Grünen, der FDP.Liberalen und der Grünliberalen dazu.

Sprachenregelung für Eingaben in kantonalen Verfahren (Mo. 18.4358)

En décembre 2018, alors qu'elle était encore conseillère nationale, Lisa Mazzone avait déposé une motion demandant au Conseil fédéral de prendre les mesures nécessaires pour permettre aux cantons de prolonger eux-mêmes les autorisations d'exercer une activité lucrative pour certaines personnes au-delà de leur délai de départ. Le but d'une telle démarche serait de permettre aux personnes requérantes d'asile déboutées de travailler. Les délais entre la décision de départ et le renvoi effectif peuvent être très longs, voire même interminables, quand par exemple les renvois prononcés ne sont pas exécutables.
L'objet a été traité, en octobre 2020, à la chambre du peuple. Le vert Nicolas Walder(verts, GE) l'a repris, Lisa Mazzone ayant été élue au Conseil des Etats. La ministre de Justice et Police Karin Keller-Sutter s'est prononcée au nom du Conseil fédéral contre la motion. Elle a annoncé que la possibilité théorique existait de prolonger le droit de travailler au-delà du délai de départ, mais qu'elle n'avait jamais été utilisée. Elle a ajouté trouver «inopportun» qu'une telle compétence relève des cantons, soulignant également que les personnes déboutées sont «moins motivées» à quitter la Suisse si elles ont l'autorisation d'y travailler. Ces arguments ont convaincu une majorité du Conseil national (112 voix) à l'exception des groupes socialiste et vert, ainsi que cinq membres du groupe du centre (en tout 67 voix).

Loi sur l'asile, autorisation d'exercer une activité lucrative de certaines catégories de personnes. Les cantons doivent pouvoir décider (Mo. 18.4331)

Mittels Motion forderte die SVP-Fraktion die Einführung einer Sicherheitshaft für Dschihad-Rückkehrer und -Rückkehrerinnen. Personen, die im Verdacht stehen, eine verbotene Organisation nach Art. 74 NDG unterstützt zu haben, sollten bei ihrer Einreise in die Schweiz bis zum Abschluss der entsprechenden Verfahren in Haft genommen werden, ausser von der Person gehe erwiesenermassen keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus, so das Ansinnen. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, weil eine Präventivhaft für Gefährder und Gefährderinnen EMRK-widrig wäre; diese Massnahme habe das Parlament aus diesem Grund bei den Beratungen der PMT-Vorlage schliesslich verworfen, so Justizministerin Karin Keller-Sutter. In der Sondersession im Oktober 2020 nahm der Nationalrat den Vorstoss dennoch mit 96 zu 79 Stimmen bei einer Enthaltung an.

Sicherheitshaft für Dschihad-Rückkehrer (Mo. 19.3034)

Die Regierung stand zwar während der Covid-19-Pandemie sozusagen an der Front, schien aber lange Zeit vom Virus verschont zu bleiben – nicht aber von der entsprechenden medialen Neugierde. Schon bei der ersten Welle im März 2020 hatte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga den Medien versichert, die Regierung halte sich streng an die Hygieneempfehlungen und Abstandsregeln. Mitte Oktober 2020 musste sich Guy Parmelin in Quarantäne begeben, weil eine Person aus der Verwaltung mit ihm Kontakt gehabt hatte, die positiv auf Corona getestet worden war. Parmelin sei aber negativ getestet worden und habe telefonisch an der Bundesratssitzung teilgenommen, so die Auskunft seines Departements. Ein weiteres Mal musste der Wirtschaftsminister Ende 2020 in Quarantäne, weil er sich in Grossbritannien mit der britischen Handelsministerin getroffen hatte und sich aus dem Vereinigten Königreich einreisende Personen vorsorglich in Quarantäne begeben mussten.

Ebenfalls Ende Jahr wurde bekannt, dass die Bundesrätinnen und Bundesräte mit gutem Beispiel vorangehen und sich impfen lassen wollten. Prompt wurde dies dann Mitte Januar 2021 von den Medien als «Vorzugsbehandlung» kritisiert. Eigentlich sei einzig Ueli Maurer, mit seinen 70 Jahren einer Risikogruppe angehörend, berechtigt gewesen, eine der damals noch knappen Impfdosen in Anspruch zu nehmen, so der Blick, der auch zu berichten wusste, dass sich Guy Parmelin, Alain Berset, Ignazio Cassis und Karin Keller-Sutter bereits «heimlich», also ohne die Medien darüber zu informieren und ohne einer Risikogruppe anzugehören, geimpft hätten.

Ueli Maurer sorgte dann im Februar 2021 für Schlagzeilen, weil er auf eine zweite Dosis verzichten wollte und dies öffentlich bekannt gab. Er sei so zäh, dass «bereits die erste Impfung schon fast zu viel» gewesen sei. Im Mai gab Simonetta Sommaruga bekannt, die erste Dosis erhalten zu haben. Sie habe Wert darauf gelegt, dass zuerst die Risikogruppen eine Impfung erhielten, gab sie den Medien zu Protokoll. Die Sonntagszeitung sah in der Impfung Sommarugas ein «Signal an eher impfkritische Kreise», weil der Bundesrätin «aus ihrer Zeit als Konsumentenschützerin eine gewisse Impfskepsis nachgesagt» worden sei. Es dürften nun alle Regierungsmitglieder geimpft sein, zitierte die Sonntagszeitung «unbestätigte Informationen». Während andere Staatschefs ihre Booster-Impfung inszenierten, mache die Schweizer Regierung «ein kleineres Staatsgeheimnis daraus, wer die dritte Impfung erhalten ha[be]», so die Aargauer Zeitung. Auf Anfrage der Zeitung gab Regierungssprecher André Simonazzi zwar keine individuellen Impftermine bekannt – man wolle neuerliche mediale Spekulationen vermeiden –, informierte jedoch, dass bis zum 17. Dezember 2021 alle Regierungsmitglieder zum dritten Mal geimpft worden seien.

Der erste Bundesrat, der sich mit Covid ansteckte, war schliesslich Bundespräsident Ignazio Cassis Mitte Februar 2022, just nach seiner Ankündigung, dass die Covid-19-Massnahmen aufgehoben seien. Er weise zwar keine Symptome auf, sei aber positiv getestet worden und arbeite im Homeoffice, schrieb der Blick. Da die Quarantäne für Kontaktpersonen aufgehoben worden war, traf sich das restliche Gremium trotzdem zu Bundesratssitzungen. Die Anfrage des Blicks, ob sich die anderen sechs Magistratinnen und Magistraten getestet hätten, wurde nicht beantwortet. Die Regierung habe stets alle Vorschriften befolgt. In der Folge wurden Alain Berset (9. März 2022), Guy Parmelin (12. März) und auch Simonetta Sommaruga (22. April) positiv getestet. Sie nahmen jeweils von ihrem Homeoffice aus an den Regierungssitzungen teil. Den Medien war dies in Anbetracht der abgeflauten Virulenz des Themas jeweils aber höchstens noch Randnotizen wert.

Erster Bundesrat hat Covid

In der Herbstsession 2020 befasste sich der Ständerat mit dem Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, wobei nach der einstimmigen Annahme durch den Nationalrat im Juni desselben Jahres auch in der kleinen Kammer kaum Diskussionsbedarf bestand. Laut Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) empfehle auch die APK-SR die Vorlage einstimmig zur Annahme. Bundesrätin Keller-Sutter bezeichnete das Abkommen als ein Zeichen der «engen und freundschaftlichen Beziehungen» zwischen den beiden Ländern, welches Kontinuität und Rechtssicherheit schaffe. Schweizer Staatsangehörige würden zukünftig im Vereinigten Königreich mindestens gleich gut behandelt wie EU-Bürgerinnen und -Bürger. Der Ständerat nahm den Entwurf mit 40 Stimmen und ohne Enthaltungen einstimmig an. Auch das Ergebnis der Schlussabstimmungen war eindeutig. Der Nationalrat wie auch der Ständerat stimmten mit 195 Stimmen respektive 44 Stimmen einstimmig für die Annahme des Entwurfs.

Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland
Dossier: Mind the Gap-Strategie nach dem Brexit

Nach der Fristverlängerung in der Frühjahrssession 2019 wurde in der Herbstsession 2020 eine weitere Verlängerung der überwiesenen Motion von Dick Marty (fdp, TI) «Die UNO untergräbt das Fundament unserer Rechtsordnung» nötig. Der Sprecher der APK-SR, Damian Müller (fdp, LU), argumentierte, dass die Aufrechterhaltung und die regelmässige parlamentarische Behandlung dem Bundesrat die Möglichkeit eröffne, das Parlament über neue Entwicklungen bei der Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit der Anti-Terror-Sanktionen des UNO-Sicherheitsrates zu informieren. Das Hauptanliegen der Motion Marty sei eigentlich erfüllt, da der EGMR in einem Verfahren gegen die Schweiz entschieden hatte, dass UNO-Sanktionen von einem Schweizer Gericht auf Willkür geprüft werden müssen. Betroffenen Personen stehe dadurch in der Schweiz der Rechtsweg offen, um die Willkürlichkeit eines Listeneintrags überprüfen zu lassen. Da sich die Schweiz aber weiterhin für die «Effizienz und die Legitimität von UNO-Sanktionen» einsetzen wolle, beispielsweise durch die Stärkung des Rechtsschutzes aller UNO-Sanktionsregime und der Kompetenzerweiterung der Ombudsperson, beantragte die APK-SR einstimmig eine erneute Fristverlängerung.
Der anwesende Bundesrat Ignazio Cassis lobte die bisherigen Errungenschaften der Schweiz, insbesondere die Einführung einer Ombudsperson, die seit 2018 in Schweizer Hand sei. Da deren Kompetenzen und institutionelle Verankerung bis anhin jedoch unzureichend seien, setze sich die Schweiz mit gleichgesinnten Staaten weiterhin für die Stärkung von Verfahrensgarantien ein. Der Ständerat verlängerte die Behandlungsfrist des Geschäfts schliesslich um ein weiteres Jahr. Auch der Nationalrat verlängerte die Behandlungsfrist des Geschäfts, in diesem Fall gar ohne Wortmeldung.

Non-application des sanctions de l'ONU dans le cadre de la lutte contre le terrorisme (Mo. 09.3719)

In der Herbstsession 2020 ging die Totalrevision des Datenschutzgesetzes in die dritte Runde der Differenzbereinigung. Zunächst hatte sich der Nationalrat mit den drei aus der letzten Runde verbleibenden Differenzen sowie einem Minderheitsantrag aus seiner SPK zu befassen. Die erste Differenz, welche die Definition der besonders schützenswerten Personendaten betraf, legte die grosse Kammer auf einstimmigen Antrag ihrer Kommission stillschweigend bei, indem sie sich der Definition des Ständerates anschloss. Demnach sind alle genetischen Daten, und nicht nur jene, die eine natürliche Person eindeutig identifizieren, besonders schützenswert.
Die zweite Differenz – und wie sich schon länger abgezeichnet hatte, der Hauptstreitpunkt des Geschäfts – war die Definition des Profilings. Cédric Wermuth (sp, AG) zeigte sich als Vertreter der Kommissionsminderheit enttäuscht über die Abkehr der Mehrheit vom gefunden geglaubten Kompromiss und bedauerte, dass seine links-grüne Ratsseite mit der Bereitschaft zur gemeinsamen Lösungssuche wohl «einen taktischen Fehler gemacht» habe. Die Kommissionsminderheit setzte sich für die ständerätliche Lösung ein, die einen risikobasierten Ansatz beim Profiling verfolgte und erhöhte Anforderungen für ein Profiling mit hohem Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person vorsehen wollte. Ein solch hohes Risiko wäre dann gegeben, wenn eine Verknüpfung von Daten eine Beurteilung wesentlicher Aspekte der Persönlichkeit einer Person erlauben würde. Die Mehrheit der SPK-NR war indessen auf den ersten Beschluss des Nationalrats – und damit auf den Stand vor Beginn der Kompromissfindung zwischen den Parlamentskammern – zurückgeschwenkt, obwohl der Nationalrat in seiner zweiten Beratung der Gesetzesvorlage den risikobasierten Ansatz noch unterstützt hatte. Die Kommissionsmehrheit wollte nun doch keine verschiedenen Risikostufen für das Profiling festlegen, weil die EU-DSGVO keine solche Unterscheidung vornehme und das sogenannte «Swiss Finish» die Schweizer Wirtschaft unnötig einschränke. Die Minderheit Wermuth und der Bundesrat waren jedoch der Ansicht, dass die Fassung der Kommissionsmehrheit das Schutzniveau gegenüber der heutigen Regelung für Persönlichkeitsprofile senke, weil sie gar keine besonderen Anforderungen für das Profiling mehr stelle. Das Konzept der Mehrheit definiere zwar den Begriff Profiling, sehe dann aber gar keine Rechtsfolgen, beispielsweise das Verlangen einer Einwilligung der betroffenen Person, vor; «genau die gleiche Wirkung» erzielte man, wenn man im Gesetz definierte, «was ein blauer Pavian sei», echauffierte sich Wermuth über den «absurden» Mehrheitsvorschlag. Die links-grüne Ratsseite betonte zudem noch einmal, dass sie einem Gesetz, welches das geltende Schutzniveau unterschreite, auf keinen Fall zustimmen werde; der risikobasierte Ansatz beim Profiling sei für seine Fraktion «eine Conditio sine qua non», so Wermuth. Dennoch folgte der Nationalrat mit 98 zu 88 Stimmen bei 5 Enthaltungen seiner Kommissionsmehrheit. Die Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP hatten sich trotz vereinzelter Unterstützung aus der Mitte und der FDP nicht durchsetzen können.
Als Drittes scheiterte ein Minderheitsantrag Glättli (gp, ZH), der ein explizites Widerspruchsrecht zum Profiling im Gesetz verankern wollte, mit 105 zu 84 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Nach Ansicht der Mehrheit, die auch der Bundesrat unterstützte, war eine solche ausdrückliche Nennung nicht nötig, weil sich ein allgemeines Widerspruchsrecht gegen die Bearbeitung der eigenen Personendaten bereits aus anderen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes ergebe.
Die letzte Differenz betraf die Frage, wie alt die bearbeiteten Daten sein dürfen, damit eine Kreditwürdigkeitsprüfung keine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung darstellt. Während die Kommissionsmehrheit hier am letzten nationalrätlichen Beschluss von zehn Jahren festhalten wollte, beantragte eine Minderheit Gredig (glp, ZH), dem Ständerat zu folgen und fünf Jahre zu beschliessen. Die Minderheitsvertreterin argumentierte, dass «ein Blick fünf Jahre in die Vergangenheit eines Menschen» ausreichen sollte, um dessen Kreditwürdigkeit zu prüfen. Auch hier setzte sich aber die bürgerliche Ratsseite durch und stimmte mit 104 zu 87 Stimmen bei einer Enthaltung dem Antrag der Kommissionsmehrheit zu.

Es verblieben für die letzte Beratung im Ständerat damit die zwei Differenzen bezüglich des Profilings und der zulässigen Daten für die Kreditwürdigkeitsprüfung. Letztere räumte die kleine Kammer aus, indem sie sich stillschweigend dem Nationalrat anschloss, wie es ihre SPK einstimmig beantragt hatte. Damit dürfen für eine Kreditwürdigkeitsprüfung bis zu zehn Jahre alte Daten beigezogen werden. Der Bundesrat, der fünf Jahre vorgeschlagen hatte, könne «gut damit leben», kommentierte EJPD-Vorsteherin Karin Keller-Sutter diesen Beschluss. Beim Profiling hielt der Ständerat hingegen ebenso stillschweigend an seinem Entscheid für die risikobasierte Variante fest, womit er eine Einigungskonferenz nötig machte, bei der sich die Ständekammer gute Erfolgschancen ausrechnete. Kommissionssprecher Daniel Fässler (cvp, AI) erklärte, weshalb die nationalrätliche Variante nicht DSGVO-konform und damit kein gangbarer Weg sei: Die DSGVO verbiete grundsätzlich jede Verarbeitung personenbezogener Daten, ausser es liege die Zustimmung der betroffenen Person oder ein anderer Rechtfertigungsgrund vor. Das Schweizer Datenschutzgesetz sei umgekehrt konzipiert, indem es die Verarbeitung von Personendaten grundsätzlich zulasse, sofern keine Ausnahme vorliege. Die Verankerung von qualifizierten Rechtsfolgen bei Profiling mit hohem Risiko sei daher notwendig, um das vorgegebene Schutzniveau zu halten.

Wie erwartet entschied sich die Einigungskonferenz im letzten Streitpunkt um das Profiling für die ständerätliche Version, dergemäss für ein Profiling mit hohem Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person erhöhte datenschutzrechtliche Anforderungen gelten. Der Nationalrat stimmte dem Antrag der Einigungskonferenz mit 134 zu 42 Stimmen bei einer Enthaltung zu, wobei sich nur die SVP-Fraktion grossmehrheitlich dagegen stellte. Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) hatte das Ratsplenum um Zustimmung gebeten, weil die Schweiz – sowohl für ihre Bürgerinnen und Bürger als auch für die Wirtschaft – dringend ein modernes und von der EU in seiner Gleichwertigkeit anerkanntes Datenschutzgesetz brauche. Der Ständerat nahm den Antrag der Einigungskonferenz einstimmig an. In den Schlussabstimmungen zeigte sich dasselbe Stimmmuster: Der Nationalrat stimmte mit 141 zu 54 Stimmen (alle SVP) bei einer Enthaltung für das totalrevidierte Datenschutzgesetz, während es der Ständerat einstimmig annahm. Damit kamen die parlamentarischen Beratungen des Datenschutzgesetzes nach über drei Jahren mit zum Teil emotional ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten doch noch zu einem mehrheitlich versöhnlichen Abschluss.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)