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  • Keller-Sutter, Karin (fdp/plr, SG) SR/CE
  • Luxemburg, Rosa

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Am ersten Tag der neuen Legislatur nahm Thomas Minder (parteilos, SH) neuerlich einen Anlauf für öffentliche Abstimmungen im Ständerat. Er reichte eine parlamentarische Initiative ein, mit der er auch die «grauen Ecken» ausleuchten wolle, die es im Ständerat immer noch gebe, obwohl dieser freilich keine Dunkelkammer mehr sei, wie der Schaffhauser in der Aargauer Zeitung betonte. Zwar war 2014 beschlossen worden, analog zum Nationalrat auch im Ständerat eine elektronische Abstimmungsanlage einzuführen, die Resultate der Abstimmungen werden aber lediglich bei Gesamt- und Schlussabstimmungen veröffentlicht. Das Abstimmungsverhalten von Ständerätinnen und Ständeräten bei Vorstössen oder einzelnen Gesetzesartikeln wird hingegen nicht ersichtlich gemacht.
Beim damaligen Entscheid sei argumentiert worden, dass man nicht scheibchenweise zu einem kleinen Nationalrat werden wolle. Die Forderungen nach mehr Transparenz kämen nicht von der Bevölkerung, sondern von Journalistinnen und Journalisten sowie Forschenden aus der Politikwissenschaft, die Rankings erstellen wollten, zitierte die Aargauer Zeitung ein Statement der damaligen Ständerätin Karin Keller-Sutter (fdp, SG). Minder konterte in der Begründung seiner Initiative, dass die «Vermessung» sowieso stattfinde und das Abstimmungsverhalten auch auf Basis der Videoaufnahmen eruiert werden könne. Er hoffte laut Medien, dass sein Vorstoss dank neuer Mitglieder in der kleinen Kammer eher eine Chance habe. Immerhin sei Abstimmungstransparenz für die elf vom Nationalrat in den Ständerat wechselnden neuen Mitglieder Usus.

Öffentliche Abstimmungen im Ständerat (Pa.Iv. 19.498)
Dossier: Öffentliche Abstimmungen im Ständerat

Les résultats de la procédure de consultation des avants-projets visant la libéralisation du temps de travail (Iv.pa. 16.414 et 16.423) sont contrastés. Douze cantons (AR, GE, GL, GR, NE, NW, SG, TI, UR, VD, VS, ZH), le PS et les Verts rejettent les deux avants-projets, alors que le PLR, le PVL et l'UDC les approuvent. Le PDC les soutient mais propose quelques améliorations. Les cantons d'AG, BL, BS, LU, SO, SZ, TG se positionnent en faveur d'une libéralisation mais souhaiteraient des propositions de réglementations alternatives. Le canton de Fribourg supporte uniquement l'avant-projet découlant de l'intervention déposée par Karin Keller-Sutter (plr, SG). Les cantons du Jura, de Berne, de Schaffhouse et d'Appenzell Rhodes-Intérieures le rejettent. Ils préfèrent l'autre avant-projet.
La CER-CE a donc décidé de suspendre sa décision définitive quant au projet, jusqu'à ce que le SECO ait évalué la mise en œuvre de l'article 73a de l'ordonnance 1 de la loi sur le travail (OLT1). La disposition permet de renoncer à la saisie du temps de travail à condition de l'existence d'une convention collective de travail et pour des revenus annuels dépassant 120'000 francs. L'avant-projet vise à élargir le champ d'application de cette disposition.
Le Conseil des Etats a prolongé le délai de traitement des deux initiatives parlementaires.

Libérer le personnel dirigeant et les spécialistes de l’obligation de saisie du temps de travail (Iv.pa.16.423)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)
Dossier: Arbeitszeitliberalisierung

Im Konkordanzsystem Schweiz mangelt es – anders etwa als in einem System mit einem Präsidenten – an Köpfen, mit denen man aufgrund der zunehmenden Personalisierung Medienberichte besser verkaufen kann. Es verwundert deshalb nicht, dass sich die Medien für einzelne Exekutivmitglieder interessieren sowie gerne und häufig auch Spekulationen über Rücktritte und mögliche Nachfolgerinnen und Nachfolger amtierender Bundesrätinnen und Bundesräte anstellen. Dies taten sie auch bereits kurz nach der Wahl des neuen Bundesrates Cassis: Schliesslich ist nach der Wahl auch für das Regierungskollegium immer auch vor der Wahl.
In der Tat hatte Doris Leuthard ja bereits im Sommer 2017 ihren Rücktritt auf spätestens Ende der Legislatur im Herbst 2019 angekündigt. Dies war eine Steilvorlage für die Medien, die insbesondere den Umstand thematisierten, dass mit dem Rücktritt der Aargauerin nur noch eine Frau, nämlich Simonetta Sommaruga, in der Regierung sässe und die CVP deshalb gut daran täte, Frauen als mögliche Kandidatinnen aufzubauen – häufig genannt wurden die Ambitionen von Viola Amherd (cvp, VS). Freilich standen bei den Christdemokraten auch einige Männer in den Startlöchern: In den Medien kursierten insbesondere die Namen von Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG), der Ständeräte Konrad Graber (cvp, LU) und Pirmin Bischof (cvp, SO), aber auch Benedikt Würth (SG, cvp), Regierungsrat des Kantons St. Gallen, und Bundeskanzler Walter Thurnherr wurden als Kandidaten gehandelt. Der Bundeskanzler winkte jedoch relativ rasch ab und auch Parteipräsident Pfister zog sich mit dem Argument zurück, einen Austausch im Präsidium kurz vor den Wahlen vermeiden zu wollen. Auch Konrad Graber nahm sich mit seiner Ende August gemachten Ankündigung, bei den eidgenössischen Wahlen 2019 nicht mehr antreten zu wollen, aus dem Rennen.
Ende April 2018 gab dann auch Johann Schneider-Ammann bekannt, dass er keine weitere Legislatur mehr anstrebe. Neben der Forderung, dass auch die FDP nun ein Frauenticket aufstellen müsse, wurde mit der Ankündigung des Berner Magistraten auch die Diskussion um einen konzertierten Doppel- (zusammen mit Leuthard) oder gar Dreierrücktritt (zusammen mit Ueli Maurer) angestossen. Das Parlament müsse eine möglichst grosse Auswahl haben, damit eine genügend grosse Frauenvertretung gesichert sei, lautete der Tenor in den Medien. Auch das Kandidatenkarussell für die Nachfolge des Berner Magistraten begann sich rasch zu drehen. Neben Karin Keller-Sutter (fdp, SG), die bei der Wahl Schneider-Ammanns 2010 noch unterlegen war, brachten die Medien Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ), die Ständeräte Andrea Caroni (fdp, AR), Martin Schmid (fdp, GR) und Ruedi Noser (fdp, ZH) sowie Nationalrat Beat Walti (fdp, ZH) ins Spiel. Auch beim Freisinn zogen sich einige potenzielle Papabili allerdings bereits vor dem definitiven Rücktritt Schneider-Ammans zurück. So gab Petra Gössi etwa zu Protokoll, ihrer Partei eine Kandidatur nicht zumuten zu wollen. Mit dem Namen Keller-Sutter wurde in den Medien häufig auch der Anspruch der Zentral- und Ostschweiz auf einen Bundesratssitz zur Sprache gebracht.
Rücktrittspotenzial sahen die Medien schliesslich auch bei Ueli Maurer, bei dem sie vermuteten, dass er mit 67 Jahren und nach zehn Jahren im Amt bald genug haben könnte. Von verschiedener Seite wurde Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR) als mögliche Nachfolgerin ins Spiel gebracht, die in mehreren Interviews ihre Bereitschaft signalisierte. Hierfür kam aber wenig später ein Dementi von der SVP-Spitze – Vater Christoph Blocher gab zu Protokoll, dass er seine Tochter nicht in das «Gefängnis» Landesregierung stecken wolle. Maurer selber gab in einem Interview zu Protokoll, dass er auf das Ende einer Legislatur zurücktreten werde – ob 2023, 2027 oder 2031 sei noch offen.
Ein vorläufiges Ende nahm zumindest ein Teil der Spekulationen Mitte September, als sowohl Johann Schneider-Ammann als auch Doris Leuthard ihren Rücktritt auf Ende 2018 bekannt gaben. In der Tat gilt die Herbstsession ein Jahr vor den Wahlen als idealer Zeitpunkt für einen Rücktritt vor Ende einer Legislatur, weil so Ersatzwahlen noch vor Ende eines Jahres stattfinden können. Rücktritte in einem Wahljahr selber gelten eher als unschicklich. Freilich war laut Aussage von Doris Leuthard der Doppelrücktritt vorher nicht abgesprochen worden; Schneider-Ammann habe immer davon gesprochen, erst auf Ende Legislatur 2019 zurückzutreten. In den Medien wurde das Vorpreschen des FDP-Bundesrats – er hatte seinen Rücktritt zwei Tage vor Doris Leuthard der Presse verkündet – als geplanter Mediencoup gewertet.

Spekulationen Rücktritt Bundesräte nach der Wahl von Cassis

Die Doppelvakanz bei den Bundesratsersatzwahlen 2018 liess auch Spekulationen um eine neue Verteilung der Departemente ins Kraut schiessen. «Bundesratskrimi, zweiter Teil», wurden die Diskussionen um eine mögliche sogenannte grosse Rochade etwa in der Aargauer Zeitung betitelt. «Der wirkliche Krimi folgt erst», stimmte auch die NZZ in die Spektakularisierung der Departementsverteilung ein. Vor acht Jahren kam es letztmals dazu, dass gleich vier Departemente nach einer Bundesratsersatzwahl die Chefinnen und Chefs wechselten. Aufgrund der Rücktritte von Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann wurden aktuell das UVEK und das WBF frei. Spekuliert wurde, ob Alain Berset das EDI abgeben wolle. Es wurde ihm in den Medien nachgesagt, dass er schon bei den Ersatzwahlen 2017 gerne ins EDA gewechselt wäre, ihm das damals, kurz vor der Abstimmung über die Reform der Altersvorsorge 2020, aber als Fahnenflucht ausgelegt worden wäre. Dieses Mal, und vor allem nach der Niederlage der Reform an der Urne, würde ein Wechsel mehr Sinn machen – so die Medien. Allerdings würde es dem amtierenden Aussenminister Ignazio Cassis, der als Bersets Nachfolger beim EDI gehandelt wurde, wohl als Schwäche ausgelegt, wenn er das EDA bereits nach einem Jahr und einem schwierigen Start vor allem im Europa-Dossier schon wieder abgeben würde. Alain Berset wurden in den Medien deshalb auch Präferenzen für das EFD nachgesagt. Dieses wurde allerdings seit den Gesamterneuerungswahlen 2015 von Ueli Maurer geführt, der damals vom VBS als erster SVP-Magistrat ins EFD gewechselt war und sich mit den Finanzen sehr wohl zu fühlen schien. Das EFD würde also wohl nur frei, wenn Ueli Maurer zurücktreten würde, war man sich in der Presse einig. Die Frage war, ob sich Alain Berset auch für das WBF oder das UVEK würde erwärmen können. Letzteres schien Simonetta Sommaruga zu reizen. Sie war bei der erwähnten letzten grossen Rochade und ihrer Wahl 2010 wohl eher gegen ihren Willen dem EJPD zugeteilt worden. Als ehemalige Konsumentenschützerin würde sie aber eher ins WBF passen, wobei die bürgerlichen Parteien aber wohl keine Genossin im Wirtschaftsdepartement wollten – so die Medien damals und heute. Sie habe wohl eher ein Auge auf das UVEK geworfen, was wohl auch ganz nach dem Geschmack der SP wäre, urteilte etwa die Aargauer Zeitung. Nach zwei Legislaturen sei der Zeitpunkt für einen Wechsel ideal, befand die Basler Zeitung. Ein offenes Geheimnis war, dass Guy Parmelin nach drei Jahren das VBS abgeben wollte, in dem er einige Male «kläglich aufgelaufen» sei (Aargauer Zeitung). Im WBF oder seinem erklärten Wunschdepartement, dem EDI, würde er sich wohler fühlen, so die Medien, obwohl ihm das «Verlassen einer Baustelle», wie sich Isidor Baumann (cvp, UR) zu Wort meldete, wohl übel genommen würde. Er solle zuerst Nägel mit Köpfen machen, wurde auch im St. Galler Tagblatt gefordert. Würde Parmelins Wechselgelüsten nachgegeben, würde dies wohl aber auch bedeuten, dass zum ersten Mal eine Frau – die neu gewählten Karin Keller-Sutter oder Viola Amherd – Chefin des VBS werden würde. Der «Blick» forderte, dass Karin Keller-Sutter im VBS aufräumen solle. Da es der Wirtschaft gut gehe, spiele es keine Rolle, wer gerade Wirtschaftsminister sei. Parmelin könne sich als Winzer im WBF mit den Bauern herumschlagen. Die Ausgangslage berge auf jeden Fall Konfliktpotenzial, prognostizierte die Aargauer Zeitung.

In der Tat dauerte der «valse à plusieurs temps», wie der Quotidien Jurassien die Verhandlungen um die Besetzung der Departemente nannte, ungewöhnlich lange. Die Leitung der Diskussionen um die Departementsverteilung oblag dem amtierenden Bundespräsidenten Alain Berset. Er sprach nach der ersten Bundesratssitzung, nach der in der Regel die Verteilung bereits bekannt gegeben wird, von einer «ersten Diskussion», die in der darauffolgenden Woche weitergeführt werde. Berset wolle wohl den Fehler von 2010 nicht wiederholen, wo die Departementsverteilung zu einem grossen Krach auch zwischen den Parteien geführt hatte. Zwar kann das Bundesratskollegium per Mehrheitsentscheid beschliessen, wer welchem Departement vorstehen soll, dies wollte Berset aber augenscheinlich vermeiden. Der Noch-Nichtentscheid liess die Medien spekulieren, dass wohl mehrere Bundesratsmitglieder auf das gleiche Departement (WBF) schielten und «niemand scharf auf das VBS» sei, so die Aargauer Zeitung. Der Blick wusste von einem «überraschend heftigen Streit» in dieser ersten Sitzung zu berichten, weil die beiden Neuen selbstbewusst ihre Ansprüche angemeldet hätten. Übers Wochenende wurden die Spekulationen weiter angeheizt: Die SVP liess laut Tages-Anzeiger verlauten, dass nach 23 Jahren, in der das VBS ununterbrochen von der SVP geführt worden sei, eine andere Partei an der Reihe sei. Die FDP argumentierte, dass sie schon das wenig einflussreiche EDA habe und nicht auch noch das VBS haben wolle – so der Tages-Anzeiger weiter. Zudem prognostizierte er, dass das «SVP-/FDP-Powerplay» dazu führen dürfte, dass Viola Amherd wohl ins unbeliebte VBS versetzt würde.

Am Montag gab der Bundesrat dann eine grosse Rochade bekannt. Simonetta Sommaruga wechselte ins UVEK und Guy Parmelin ins WBF. Karin Keller-Sutter übernahm das EJPD und Viola Amherd wurde «erste Frau an der VBS-Spitze» (NZZ). Nach acht Jahren im EJPD sei der richtige Zeitpunkt gekommen, in einem anderen Bereich noch einmal etwas zu bewegen, begründete Simonetta Sommaruga ihren Wechsel. Das VBS gehöre nicht einer einzigen Partei, gab Guy Parmelin den Medien bekannt, er sei zudem nicht der erste Bundesrat, der vor Vollendung des vierten Amtsjahres sein Amt wechsle. Über die Verteilung des VBS und des EJPD wurde laut Bundesratssprecher im Gremium abgestimmt, da beide Neo-Bundesrätinnen das Justiz- und Polizeidepartement präferiert hätten.

In den Medien wurde die Rochade als «misslungener Neustart» (NZZ) beurteilt und als «schwarzer Tag für die Mitte». Die SP und die SVP verfügten nun über Schlüsseldepartemente, während FDP und CVP mit dem VBS und dem EJPD Vorlieb nehmen müssten – so etwa das St. Galler Tagblatt. Es sei ein «merkwürdiger Bundesrat» (Aargauer Zeitung) und eine Rochade, die nicht überzeuge (Tages-Anzeiger), da zwar Konkordanz gepredigt werde, aber schon beim ersten wichtigen Entscheid keine konsensuale Lösung gefunden worden sei. Kritisiert wurde insbesondere Guy Parmelin, der «einer der Hauptverursacher der Missstimmung» sei (Blick) und dem «Fahnenflucht» (Tages-Anzeiger) vorgeworfen wurde. Dass ein SVP-Mann mit den Gewerkschaften einen Kompromiss bei den flankierenden Massnahmen suche, werde wohl schwierig – so die Aargauer Zeitung. Auch der Konflikt zwischen Agrar- und Exportwirtschaft, zwischen Protektionismus und Freihandel, der das WBF präge, werde wohl kaum von einem «ehemaligen Weinbauern» (NZZ) gelöst werden können. In der FDP war der Unmut gross, dass man das wichtige Wirtschaftsdepartement an die SVP abgeben musste. Allerdings wurde auch die erste Verteidigungsministerin gefeiert. Es sei eine Chance dafür, dass das VBS nun im 21. Jahrhundert ankomme, gab etwa CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) den Medien zu Protokoll. Überdies werde die Departementsverteilung wohl überschätzt: «Wer welches Departement führt, interessiert nebst den Politikern nur die Journalisten».

Bundesratsersatzwahlen 2018 – Nachfolge Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Nach den Rücktrittsankündigungen von Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard nahmen zwar die Rücktrittsspekulationen ein Ende, dafür kurbelten die Medien das Kandidatenkarussell umso schneller an und lancierten im Vorfeld der Ersatzwahlen in den Bundesrat fleissig mögliche Nachfolgerinnen und Nachfolger.
Die von vielen Seiten geforderte Doppelvakanz liess zahlreiche Szenarien möglich erscheinen, klar schien aber, dass mindestens eine Frau in die Landesregierung einziehen sollte, damit das Gremium nicht nur durch eine Bundesrätin – Simonetta Sommaruga – repräsentiert werde. Die grössten Chancen wurden nicht nur deshalb Karin Keller-Sutter (fdp, SG) eingeräumt. Die Ständerätin (seit 2011) wurde auch als Top-Favoritin gehandelt, weil sie aus der Ostschweiz stammt, derjenigen Region also, die seit längerem nicht mehr im Bundesrat vertreten war. Zwar war die St. Gallerin bereits 2010 als Regierungsrätin zu Bundesratswahlen angetreten, unterlag damals allerdings Schneider-Ammann. In der Zwischenzeit hatte sich die Ständerätin in Bern aber einen Namen gemacht und wurde auch von politischen Gegnern gelobt. Auch die Parteipräsidentin der FDP, Petra Gössi (fdp, SZ), wurde von den Medien auf den Schild gehoben, obwohl sie bereits früher bekannt gegeben hatte, nicht als Bundesratskandidatin zur Verfügung zu stehen. Weitere in den Medien gehandelte FDP-Kandidatinnen waren Regine Sauter (fdp, ZH), Doris Fiala (fdp, ZH) oder Christa Markwalder (fdp, BE). Männliche Kandidierende schienen es neben der Favoritin Keller-Sutter, die Anfang Oktober als eine der ersten offiziell ihre Kandidatur bekannt gab, ebenfalls schwierig zu haben. Zwar wurden Ruedi Noser (fdp, ZH), Martin Schmid (fdp, GR) oder Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) von den Medien früh ins Spiel gebracht, diese hätten aber neben der St. Galler Ständerätin lediglich eine Rolle als «Winkelried» – sie opferten sich also selbst, damit ein Zweierticket aufgestellt werden könnte – wie etwa das St. Galler-Tagblatt schrieb. Statt Ankündigungen von Kandidaturen kamen denn aus den Reihen der FDP vielmehr Absagen: Sauter, Schmid, Portmann und Noser – alle winkten mit dem Verweis auf die ideale Kandidatur von Keller-Sutter ab. Schliesslich stellten sich neben Keller-Sutter der Schaffhauser Regierungsrat Christian Amsler (SH, fdp) und Ständerat Hans Wicki (fdp, NW) zur Verfügung.
Auch bei der CVP wurden einer Frau und langjährigen eidgenössischen Parlamentarierin sehr gute Chancen eingeräumt, Nachfolgerin von Doris Leuthard zu werden: Viola Amherd (cvp VS). Die Walliserin – seit 2005 in Bern – sei im Parlament beliebt. Allerdings wurde in den Medien auch ein Rechtsstreit bekannt, in den Amherd verwickelt sei. Es handle sich dabei freilich nicht um ein Strafverfahren, sondern um eine zivilrechtliche Auseinandersetzung. Eine Erbengemeinschaft aus Amherd und ihrer Schwester soll über Jahre zu hohe Mietzinsen kassiert haben. Bei den christlichdemokratischen Männern machten die Medien mehr Potenzial aus als bei der FDP: Weil Karin Keller-Sutter als Kronfavoritin galt, könnten sich die CVP-Männer wohl mehr Chancen ausrechnen, so der Tenor. Obwohl auch er schon lange abgesagt hatte, galt Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) deshalb vielen als Geheimfavorit. Häufig genannt wurden auch Stefan Engler (cvp, GR), Daniel Fässler (cvp, AI), Pirmin Bischof (cvp, SO), Peter Hegglin (cvp, ZG) und Erich Ettlin (cvp, OW). Auch der amtierende Bundeskanzler Walter Thurnherr wurde – trotz seiner deutlichen Absage – in den Medien immer wieder als Wunschkandidat bezeichnet. Mit Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL) wurde von der Basler Zeitung eine weitere mögliche Frauenkandidatur ins Spiel gebracht, die zudem den Vorteil hätte, den Kanton Basel-Landschaft zu vertreten, der seit 1897 auf eine Vertretung in der Landesregierung warte. Auch dem St. Galler Regierungsrat Benedikt Würth (SG, cvp) wurden gute Chancen eingeräumt. Weil die Ersatzwahl von Doris Leuthard aufgrund des Anciennitätsprinzips zuerst stattfinden würde, galt Würth in den Medien zudem als potenzieller Verhinderer von Karin Keller-Sutter, wäre doch eine St. Galler-Doppelvertretung in der Landesregierung kaum haltbar. Die Urner Zeitung brachte schliesslich die Urner Regierungsrätin Heidi Z'graggen (UR, cvp) ins Spiel, die zu Protokoll gab, dass es wichtig sei, dass die Zentralschweiz einen Anspruch auf einen Sitz im Bundesrat erhebe. Früh machte die CVP zudem klar, dass sie mit mindestens einer Frau auf einem Doppelticket antreten werde. Mitte Oktober gab Peter Hegglin als erster aus dem Kreis der CVP seine Kandidatur bekannt. Nur wenige Tage später warfen auch Heidi Z'graggen und Elisabeth Schneider-Schneiter ihren Hut in den Ring. Und auch Viola Amherd gab Ende Oktober, also kurz vor Meldeschluss, bekannt, für die Nachfolge von Doris Leuthard bereit zu sein. Aus dem Rennen nahmen sich hingegen Erich Ettlin und Pirmin Bischof. Und auch Gerhard Pfister und Bundeskanzler Walter Thurnherr wurden nicht müde, zu betonen, dass sie nicht zur Verfügung stünden, was von einzelnen Medien prompt kritisiert wurde. Der Blick mahnte etwa, dass die CVP nicht die besten Kandidierenden aufstellen würde.

Sowohl die FDP als auch die CVP liessen durch die Medien verlauten, dass sie sehr viel Wert auf die Prüfung der Kandidierenden legen würden. Diese Verlautbarung drängte sich insbesondere auch deshalb auf, weil der ehemalige FDP-Bundesratskandidat und Genfer Regierungspräsident Pierre Maudet (GE, fdp) wegen einiger Ungereimtheiten im Zusammenhang mit seinem Regierungsmandat in die Schlagzeilen geraten war. Die Westschweizer Zeitungen Tribune de Genève und Le Temps schrieben deshalb von einer eigentlichen «Lex Maudet». Noch einen Schritt weiter ging die CVP, die die Kandidierenden nicht von einem eigenen Parteigremium prüfen lassen wollte, wie dies die FDP vorsah, sondern von einem externen, aus Juristinnen und Juristen geleiteten Prüforgan.

Die Fraktionen entschieden sich dann am 16. November je für ein Doppelticket. Die FDP hob wie erwartet Karin Keller-Sutter zusammen mit Hans Wicki auf den Schild. Wie wenig umstritten die St. Galler Ständerätin war, zeigte der Umstand, dass sie von 41 FDP-Fraktionsmitgliedern im ersten Wahlgang 38 Stimmen erhalten hatte, wie das St. Galler Tagblatt zu berichten wusste. Für Wicki sprachen sich 29 FDP-Parlamentsmitglieder aus, Amsler erhielt 12 Stimmen. Dies zeige deutlich, dass die FDP die von vielen Seiten proklamierte zusätzliche Bundesrätin aus der eigenen Partei wolle.
Der Entscheid der CVP wurde als eigentlicher Überraschungscoup gehandelt. Zwar hatte man mit der Nomination von Viola Amherd gerechnet, aber die Kandidatur von Heidi Z'graggen hatte niemand erwartet. Die BaZ sprach gar von einer Desavouierung gegen die bekannteren Hegglin und Schneider-Schneiter. Letztere witterte gar eine «Verschwörung der Berggebiete gegen die Nordwestschweiz». Z'graggen habe bei der Anhörung am meisten überzeugt und den Favoriten Hegglin schon im ersten Wahlgang aus dem Rennen geworfen, wie einzelne Fraktionsmitglieder gegenüber den Medien aussagten. Fraktionspräsident Filippo Lombardi (cvp, TI) wollte allerdings keine Zahlen publik machen. Das reine Frauenticket der CVP wurde als starkes Signal gewertet, mit dem der FDP ziemlich der Wind aus den Segeln genommen werde, so der Kommentar zahlreicher Medien. Statt über die Kronfavoritin Keller-Sutter zu schreiben, nahmen diese nun vielmehr die unbekanntere Heidi Z'graggen in ihren Fokus. Die wie schon bei der Nachfolge von Didier Burkhalter geplante Roadshow der FDP, mit der man in diversen Kantonen die Kandidierenden vorstellen wollte, verkam so zu einem eigentlichen Rohrkrepierer und verbrauchte – ganz im Gegensatz zur Wahl von Ignazio Cassis vor einem Jahr – kaum mehr Druckerschwärze.

Die «drei Frauen und der Quotenmann», wie der Blick titelte, wurden in der Folge von allen Medien durchleuchtet. Während sich die Medienschaffenden und Kommentatoren bei der FDP einig waren, dass Karin Keller-Sutter praktisch bereits gewählt sei, betrachtete man das Rennen bei der CVP als offen im Ausgang. Den Medien ging es in den darauffolgenden Tagen insbesondere darum, die in Bern noch ziemlich unbekannte Heidi Z'graggen zu präsentieren. Die Urner Regierungsrätin sah sich selber eher am rechten Flügel ihrer Partei. Sie galt vor allem in der Sozial- und Migrationspolitik als konservativer, aber auch als wirtschaftsnäher als die vor allem gesellschaftspolitisch eher linker eingeschätzte Viola Amherd. Damit begannen die Mutmassungen, dass Z'graggen von der SVP allenfalls zur Favoritin gemacht werden könnte. Weil Z'graggen als Präsidentin der Eidgenössischen Heimatschutzkommission auch eine «linke Ader» habe, so die Urner Zeitung, könnte sie allenfalls auch bei links-grün punkten. Amherd sah sich hingegen immer wieder aufgrund des vor allem von der Weltwoche befeuerten Rechtsstreits in ein schiefes Licht gerückt. Aber auch Z'graggen verfolgte ein Vorfall, der sich an einer Podiumsveranstaltung abgespielt hatte: Sie hatte einen Zuhörer im Saal als «Depp» bezeichnet, dies dann aber beharrlich als akustisches Missverständnis abgetan.

Die Hearings der verschiedenen Fraktionen nahmen dem Ausgang dann etwas die Spannung. Schon eine Woche vor den Wahlen gab die SVP die Resultate ihrer Anhörungen bekannt. Sie unterstützte zwar mehrheitlich Z'graggen, vor allem die Bauern in der Volksparteifraktion sprachen sich aber für Amherd aus, was in den Medien als steigende Wahlchancen für die Walliserin interpretiert wurde. Karin Keller-Sutter erhielt beim Hearing bei der SVP mehr Stimmen als Hans Wicki. Eine Wahlempfehlung wollte die SVP allerdings intern nicht vorgeben. Bei der FDP-Fraktion, die die Hearings einen Tag vor der Bundesratsersatzwahl durchführte, gab man zwar ebenfalls keine Empfehlung ab, die Mehrheit der Mitglieder sprach sich aber für Amherd aus, die vor allem mit ihren Dossierkenntnissen überzeugen konnte, die bei ihr als Nationalrätin grösser seien als bei der Urner Regierungsrätin. Z'graggen sei zwar gut gewesen, aber Amherd sei besser gewesen, zitierte die NZZ ein Fraktionsmitglied, das nicht genannt werden wollte. Auch die SP liess verlauten, man habe die Qual der Wahl zwischen zwei exzellenten Politikerinnen. Bei den Grünen, die ihre Überlegungen einen Tag vor den Wahlen bekannt gaben, konnte Z'graggen mit authentisch vorgetragenen Sorgen um den Klimawandel punkten, aber auch bei ihnen sei Amherd eher im Vorteil, wie Balthasar Glättli (gp, ZH) zu Protokoll gab. Klarer waren die Stellungnahmen zu den FDP-Kandidierenden. Die SP sprach sich klar für Keller-Sutter aus, die zwar deutlich rechts positioniert, aber sehr offen für Kompromisse sei. Bei der CVP, die keine Wahlempfehlung abgeben wollte, dürfe die St. Gallerin ebenfalls mit mehr Stimmen rechnen als Wicki, so ein CVP-Fraktionsmitglied. Die Fraktionen der GLP und der BDP sprachen sich für Amherd aus. Ausschlaggebend sei unter anderem auch die offenere europapolitische Haltung Amherds, gaben Vertreterinnen der beiden Parteien bekannt. Die beiden kleinen Fraktionen empfahlen zudem Karin Keller-Sutter. In den Medien ging man einen Tag vor der Wahl davon aus, dass Amherd und Keller-Sutter wohl gewählt würden. Z'graggen sei zwar politisch nicht so weit von Amherd entfernt, für Letztere spreche aber wohl die grössere Erfahrung.

Die «überschätzte Show», wie die Basler Zeitung die Wahl im Vorfeld bezeichnete, oder «die inszenierte Volkswahl», wie die NZZ titelte, sei in den letzten 40 Jahren zu einem «publikumswirksamen Spektakel geworden». Nicht nur die Medien, sondern auch die Parteien forcierten den Wettbewerb lange im Vorfeld. Der Wahlakt selber war dann allerdings alles andere als ein Spektakel.
Zuerst wurden die Verabschiedungen von Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann vorgenommen. Nationalratspräsidentin Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) lobte die Verdienste Leuthards im Volkswirtschaftsdepartement und im UVEK sowie die «Verbindung ihrer Popularität mit einem ausgeprägten politischen Instinkt». Die scheidende CVP-Magistratin sei nicht nur eine «Grand Dame politique», sondern ganz einfach eine «Grande Dame», die ein Stück Geschichte mitbestimmt habe. Leuthard selber rief das Parlament auf, auch in Zukunft auf Konkordanz, Konsens und Kompromiss zu setzen. Die Schweiz gebe es nur einmal und es lohne sich, für das schöne Land zu kämpfen. Die von 2006 bis 2018 dem Bundesrat angehörende Aargauerin erhielt zum Abschied stehende Ovationen. Johann Schneider-Ammann – seit 2010 im Bundesrat – wurde von der Nationalratspräsidentin in ihrer Abschiedsrede mit dem Namenswechsel des Volkswirtschaftsdepartement (EVD) 2013 in Verbindung gebracht. Dass aus dem EVD das WBF, das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung geworden sei, zeige, wie sehr dem Berner Magistraten vor allem das duale Berufsbildungssystem am Herzen gelegen habe. Die Abschiedsrede Schneider-Ammanns löste einige Heiterkeit aus. Sein Lieblingsmöbel sei sicher nicht dieses Rednerpult. Es seien acht emotionale Jahre gewesen, auch wenn man ihm das nicht immer angesehen habe. Er wünsche sich, dass alle Parlamentsmitglieder den Mut haben, das Wohl des Landes vor das eigene zu stellen. Auch der scheidende FDP-Magistrat erhielt stehende Ovationen.
Im Gegensatz zu früheren Jahren sprachen nicht alle Fraktionschefinnen und -chefs im Vorfeld der einzelnen Wahlgänge. Einzig für die CVP begab sich Filippo Lombardi nach vorne, um den Zweierticketvorschlag seiner Partei zu präsentieren. Für viele überraschend stand dann bereits im anschliessenden 1. Wahlgang fest, dass Viola Amherd neue Bundesrätin und Nachfolgerin von Doris Leuthard werden würde. Im Vorfeld war man von mindestens zwei Wahlgängen ausgegangen. Die Mehrheit des Parlaments hatte allerdings augenscheinlich keine Lust auf Spielchen. Mit 148 Stimmen übersprang Viola Amherd das absolute Mehr von 121 Stimmen souverän. Auf Heidi Z'graggen entfielen 60 der 244 ausgeteilten Wahlzettel. Gerhard Pfister erhielt 17 Stimmen, 15 Stimmen entfielen auf Diverse und 4 Wahlzettel blieben leer. Amherd erklärte Annahme der Wahl und dankte Heidi Z'graggen für den fairen Wahlkampf. Sie sei gerne bereit, sich für die Zukunft des Landes einzusetzen.
Auch die anschliessende Ersatzwahl für Johann Schneider-Ammann ging in Rekordzeit über die Bühne. Auch hier ergriff lediglich der Fraktionssprecher der FDP, Beat Walti (fdp, ZH) das Wort. Auch Karin Keller-Sutter wurde bereits im ersten Wahlgang zur Magistratin gekürt. Sie erhielt 154 Stimmen, nötig gewesen wären 119. Zwar gingen zahlreiche Stimmen auf Diverse (27) und 6 der 243 eingelangten Wahlzettel blieben leer, Hans Wicki konnte aber lediglich 56 Parlamentsmitglieder von sich überzeugen. Auch Karin Keller-Sutter erklärte Annahme der Wahl und wies darauf hin, dass damit ein «dornenvolles Kapitel in der Geschichte der freisinnigen Frauen» beendet werde: Nach fast dreissigjähriger Absenz dürfe sie nun als zweite Frau die FDP im Bundesrat vertreten.

In den Medien wurden die Bundesrätinnen Nummer acht und neun gefeiert. Zwar seien der Kanton Uri und der Kanton Nidwalden, die neben den Kantonen Jura, Schaffhausen und Schwyz noch nie einen Bundesrat gestellt haben, erneut leer ausgegangen. Dass die nationale Exekutive aber wieder mit drei Frauen besetzt werde, sei aus verschiedenen Gründen eine Zäsur. Erstens dürfte die «Konkordanz der Geschlechter» (Tages-Anzeiger) nun wohl zum Normalfall werden, zweitens seien in der Geschichte der Schweiz noch nie zwei Bundesrätinnen gleichzeitig gewählt worden und drittens sei es in den letzten 30 Jahren nur zwei Exekutivmitgliedern gelungen, gleich im ersten Wahlgang das absolute Mehr zu überspringen – Doris Leuthard und Kaspar Villiger. Auf den Frauen ruhe die Hoffnung und die Wahl würde wohl auch mehr Frauen für eine Kandidatur für die nationalen Wahlen 2019 motivieren, betonten die Medien. Die Auffrischung im Bundesrat komme zudem angesichts wichtiger anstehender Probleme – erwähnt wurden die gescheiterten Abstimmungen zur Altersreform 2020 und zur USR III – zum richtigen Moment. Das «unspektakuläre Spektakel» (St. Galler Tagblatt) habe aber auch die momentane Harmonie im Bundeshaus widerspiegelt, was sich auch in der gleichzeitig stattfindenden Wahl des Bundespräsidenten und der Vizepräsidentin gezeigt habe. Die Weltwoche hoffte allerdings, dass die Politik nicht so brav werde, wie im Wahlkampf beschworen. Und die Hoffnung der WoZ war, dass die Frauenwahl bewirke, dass sich der Bundesrat nun nicht noch weiter nach rechts bewege, sondern dass es zu einer Aufweichung der Fronten kommen könnte.

Für die Medien gab es nach den Wahlen freilich neue Nahrung für Spekulationen, ging es doch nun um die Frage, wer welches Departement übernehmen wird. Der wirkliche Krimi folge erst – so die NZZ. Darüber hinaus wurde spekuliert, dass auch die SVP, die als einzige Regierungspartei noch nie eine Frau im Bundesrat hatte, wohl jetzt mehr Nachwuchsarbeit verrichten müsse. Die Aargauer Zeitung zitierte Parteistrategen und Beobachter – ohne freilich Namen zu nennen – die erwarteten, dass Ueli Maurer 2019 zurücktreten werde und von Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR) beerbt werden würde.

Bundesratsersatzwahlen 2018 – Nachfolge Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Zum Abschluss seiner politischen Karriere wurde Jean-René Fournier (cvp, VS) ins Ständeratspräsidium gewählt. 1985 war er ins Walliser Parlament gewählt worden. Ab 1997 gehörte er der Kantonsregierung an, wo er auch noch zwei Jahre verblieb, nachdem er 2007 in den Ständerat gewählt worden war. Zum vierten Mal in der Geschichte des Bundesstaates präsidierte damit ein Walliser die kleine Kammer. Fournier erhielt 41 von 42 gültigen Stimmen, zwei der 45 ausgeteilten Wahlzettel blieben leer und auf einem stand ein anderer Name. Die scheidende Präsidentin, Karin Keller-Sutter (fdp, SG), dankte ihrem Nachfolger für die gute Zusammenarbeit. In seiner Rede gab Fournier den Dank zurück und lobte die St. Gallerin für ihre effiziente Arbeit und wünschte ihr – im Hinblick auf die anstehende Wahl in den Bundesrat – Glück für ihre weitere Arbeit.
Zum ersten Vizepräsidenten und damit zum voraussichtlichen Nachfolger Fourniers wurde Hans Stöckli (sp, BE) bestimmt. Der Bieler erhielt 34 von 40 gültigen Stimmen. Von den 43 ausgeteilten Wahlzetteln kamen 2 leer und einer ungültig zurück. Auf 6 Bulletins standen andere Namen. Als amtierende zweite Vizepräsidentin wäre eigentlich Géraldine Savary (sp, VD) für das erste Vizepräsidium an der Reihe gewesen. Da sie aber angekündigt hatte, bei den Wahlen 2019 nicht mehr anzutreten, kam Stöckli zum Handkuss, was die für ständerätliche Verhältnisse doch recht bescheidene Stimmenzahl zu erklären vermag. Zum zweiten Vizepräsidenten wurde Alex Kuprecht (svp, SZ) gewählt. Er erhielt 40 von 42 Stimmen, zwei der 44 ausgeteilten Wahlzettel blieben leer und auf zwei weiteren stand ein anderer Name als der des Schwyzers. In der Folge wurden Thomas Hefti (fdp, GL) zum Stimmenzähler (43 ausgeteilte Wahlzettel, 1 leer, 42 für Hefti) und Brigitte Häberli-Koller (cvp, TG) zur Ersatzstimmenzählerin gewählt (44 ausgeteilte Wahlzettel, 2 leer, 1 Diverse, 41 Stimmen für Häberli-Koller). Damit war das Büro-SR für das letzte Jahr der 50. Legislatur besetzt.

Wahl ins Ständeratspräsidium 2018/19
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Le 25 septembre 2019, le Conseil des États s'est penché sur la question de l'huile de palme dans les accords de libre-échange négociés avec l'Indonésie et la Malaisie. La chambre haute a ainsi évoqué de manière concomitante la motion déposée par le conseiller national Jean-Pierre Grin (udc, VD), les initiatives thurgovienne (17.317) et genevoise (18.303), ainsi que la proposition de la CPE-CE (18.3717) en réponse aux interventions précitées.
En ce qui concerne la motion Grin, les sénateurs ont suivi l'avis d'une majorité de leur commission de politique extérieure et rejeté le texte intitulé «Négociations avec la Malaisie, sans l'huile de palme!» Avec 20 voix pour, 20 contre et 3 abstentions, le vote prépondérant de la présidente Karin Keller-Sutter (plr, SG) aura finalement fait pencher la balance en faveur du non.
La proposition Cramer (verts, GE) est ainsi balayée. En faveur de l'adoption de la motion, l'élu genevois a notamment tenu à rappeler que le but du texte était non pas d'interdire de manière stricte et définitive l'importation de l'huile de palme, mais plutôt d'éviter que son commerce n'en soit facilité, notamment par la mise en place d'avantages douaniers. Le représentant des Verts avançait également l'argument de l'efficacité de traitement. En effet, étant donné que la motion Grin avait auparavant déjà été adoptée par le Conseil national, l'aval de la chambre des cantons aurait permis à la problématique de l'huile de palme dans les accords de libre-échange d'être sans plus attendre soumise au Conseil fédéral. En comparaison, les initiatives déposées par les cantons de Genève et de Thurgovie sont sujettes à une procédure parlementaire aussi longue que fastidieuse.

Négociations avec la Malaisie, sans l'huile de palme!
Dossier: Palmöl im Mittelpunkt der Freihandelsverhandlungen mit Malaysia und Indonesien
Freihandelsabkommen

Bundesrätin Leuthard gab sich im Ständerat überrascht über den Bericht der KVF-SR zur Motion «Nationales Bus-Terminal-Konzept» der KVF-NR. Es seien gerade Kantonsvertreter und der Städteverband gewesen, die mit dem Wunsch nach Unterstützung an sie herangetreten waren, weshalb sie die Argumentation der KVF-SR und den Antrag zur Ablehnung der Motion nicht nachvollziehen könne, gab Bundesrätin Leuthard zu Protokoll. Die KVF-SR hatte im April entschieden, ihrem Rat die Ablehnung zu empfehlen, um die Kompetenzenordnung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden nicht zu stören. Die Verkehrsministerin vermutete hinter der ablehnenden Haltung generelle Bedenken gegenüber dem Fernbus-Verkehr und pries den Bund als Dienstleister an: Der Bund wolle bloss den Kantonen und Städten dabei helfen, Planung, Bau und Betrieb von Bus-Terminals zu koordinieren.
Ohne weitere Voten schritt die kleine Kammer zur Abstimmung, in der beim Stand von 19 gegen 19 Stimmen (bei einer Enthaltung) Ständeratspräsidentin Keller-Sutter (fdp, SG) mit dem Stichentscheid die Annahme der Motion erreichte. Einem Ordnungsantrag von Ständerätin Savary (sp, VD), die vermutete, es hätten mehrere Ratsmitglieder fälschlicherweise zugestimmt, wurde stattgegeben. Und in der Tat änderte sich der Entscheid in der Neuauflage der Abstimmung: Nur 7 Stimmen nahmen die Motion an, 31 Stimmen lehnten sie ab (2 Enthaltungen) – womit die Motion vom Tisch war.

Nationales Bus-Terminal-Konzept

Die Genehmigung der abgeänderten Motion zum Leistungsvertrag mit dem Nationalen Pferdezentrum Bern respektive zum Bestand der Armee-Reitpferde war im Ständerat nur noch Formsache. Nachdem der Nationalrat quasi einen Kompromissvorschlag verabschiedet hatte und die WBK des Ständerates diesem folgen wollte, stand die Motion Fournier (cvp, VS) in der Sommersession 2018 im Ständeratsplenum auf der Tagesordnung. Die Kommission beantragte mit 7 zu 3 Stimmen, der nationalrätlichen Version zuzustimmen, auch weil sich der Bundesrat dafür ausgesprochen hatte. Damit signalisierte die Kommission ihre Haltung, dass die Pferde sowohl für militärische als auch für kulturelle Belange von wesentlicher Relevanz seien.
Die Kantonsvertreterinnen und -vertreter folgten diesem Antrag nach einer nur kurzen, dafür heiteren Debatte. Kommissionssprecherin Seydoux (cvp, JU) berichtete über den gefassten Beschluss der Volkskammer und dem dort vorgesehenen, verkleinerten Pferde-Bestand von 55 Tieren. Mit mässigem Enthusiasmus hatte der zuständige Verteidigungsminister damals diese Korrektur zur Kenntnis genommen und Ratspräsidentin Keller-Sutter (fdp, SG) erteilte dem Magistrat das Wort mit der Anmerkung, dass nun auch der Ständerat seinen Enthusiasmus testen werde. Die damit ausgelöste Heiterkeit kulminierte in Parmelins Anmerkung, man habe die 10 Pferde, die aus dem Bestand gestrichen werden, übrigens nicht gegessen.

Leistungsvertrag mit dem Nationalen Pferdezentrum Bern

Von einem «halben Wunder» (Christian Levrat, sp, FR) über eine «Schnapsidee» (Michael Hermann im Tages-Anzeiger) bis hin zu einem «Affront gegen die direkte Demokratie» (Michael Schönenberger in der NZZ) reichten die Beurteilungen des Coups der WAK-SR. Diese hatte in der Pressekonferenz nach ihrer ersten Sitzung zur Steuervorlage 17 alle überrascht, indem sie sich einstimmig für einen eigenen, neuen Vorschlag zur SV17 ausgesprochen hatte: Als soziale Ausgleichsmassnahme soll nicht mehr wie vom Bundesrat vorgeschlagen der Mindestansatz für das Kindergeld erhöht, sondern mehr Geld für die AHV zur Verfügung gestellt werden. Pro Franken, der durch die Steuererleichterungen für Unternehmen weniger an Steuereinnahmen generiert wird, soll ein Franken in die AHV fliessen. Da die WAK-SR mit Kosten von CHF 2.1 Mrd. rechnet, soll entsprechend derselbe Betrag der AHV zu Gute kommen, was diese finanziell bis 2024 oder 2025 absichern soll. Dazu sollen zukünftig das ganze Demografieprozent der Mehrwertsteuer in die AHV fliessen (CHF 520 Mio.) und der Bundesbeitrag an die AHV von 19.55 auf 20.2 Prozent (CHF 300 Mio.) sowie die Lohnbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern um je 0.15 Prozentpunkte erhöht werden (CHF 1.2 Mrd.). Dies war jedoch nicht die einzige Neuerung der Kommission: Bei der Gegenfinanzierung reduzierte sie die minimale kantonale Dividendensteuer von 70 auf 50 Prozent, was ungefähr CHF 300 Mio. kostet. Damit soll ein Referendum des SGV oder von Swiss Family Business verhindert werden. Stattdessen soll das Kapitaleinlageprinzip (KEP) mit einer Rückzahlungsregel und einer Teilliquidationsregel eingeschränkt werden: Zukünftig sollen Reserven aus Kapitaleinlagen höchstens in dem Umfang steuerfrei ausgeschüttet werden können, in dem auch steuerbare Dividendenzahlungen vorgenommen werden (Rückzahlungsregel). Beim Rückkauf eigener Aktien müssen solche Reserven zudem im gleichen Umfang reduziert werden wie die Gewinnreserven (Teilliquidationsregel). Diese Regelung gilt jedoch nur für in der Schweiz kotierte Firmen, nicht aber für Kapitaleinlagereserven, die innerhalb eines Konzerns zurückbezahlt werden oder die im Rahmen eines Zuzugs in die Schweiz nach Inkrafttreten der Unternehmenssteuerreform II entstanden sind. Dies soll Bund und Kantonen Mehreinnahmen von CHF 150 Mio. generieren. Auch die sogenannte Lex Zürich soll nun doch eingeführt werden, wobei die zinsbereinigte Gewinnsteuer in «Abzug für Eigenfinanzierung» umbenannt wird und nur Hochsteuerkantonen, in denen die effektive Steuerbelastung für Unternehmen auf allen drei Ebenen über 18.03 Prozent liegt – konkret also nur dem Kanton Zürich –, zur Verfügung stehen soll.

Entstanden war der Kompromiss der Kommission gemäss «NZZ am Sonntag» und Tages-Anzeiger durch Verhandlungen der «Schattenregierung aus dem Stöckli», wie es die «NZZ am Sonntag» formulierte: Der Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber soll die Initiative ergriffen und Ständeratspräsidentin und Kontaktfrau zum Arbeitgeberverband Karin Keller-Sutter (fdp, SG), SP-Präsident Christian Levrat, Kommissionspräsident Pirmin Bischof (cvp, SO), Ruedi Noser (fdp, ZH) als Kontakt zu Economiesuisse sowie Gewerkschaftspräsident Paul Rechsteiner (sp, SG) ins Boot geholt haben. Sie alle seien sich der Relevanz der SV17 und der sozialpolitischen Kompensation bewusst gewesen, hätten aber die Erhöhung der Kinderzulagen für ein untaugliches Instrument gehalten und sich vor einem Referendum – sei es von bürgerlicher Seite aufgrund der Erhöhung der Dividendenbesteuerung und der Kinderzulagen oder von linker Seite wegen der geplanten Steuerrabatte – gefürchtet. In der Kommission sei man sich daher einig gewesen, dass man einen Kompromiss finden müsse, der von allen grossen Parteien und Organisationen mitgetragen werde. Trotz grosser inhaltlicher Unterschiede hätten sich alle dreizehn Mitglieder der WAK-SR einstimmig für das vorgeschlagene Konzept ausgesprochen.

Die bürgerlichen Parteien und Verbände zeigten sich von diesem Kompromiss nicht begeistert. Die SVP, die GLP, Economiesuisse und der Arbeitgeberverband beanstandeten die Vermischung des Finanz- und Gesundheitsdossiers und sprachen sich gegen sachfremde Verknüpfungen aus. Diese würden es den Bürgern verunmöglichen, sich frei für oder gegen die verschiedenen Elemente des Deals zu entscheiden. Eine «Verknüpfung sachfremder Themen grenzt an Nötigung des Stimmvolks», betonte Jürg Grossen (glp, BE). In den Medien und im Parlament war man sich zudem nicht sicher, ob eine solche Verknüpfung verfassungsrechtlich zulässig sei; verschiedene Parlamentarierinnen und Parlamentarier betonten, dass eine entsprechende Volksinitiative wohl wegen fehlender Einheit der Materie für ungültig erklärt werden würde. Die WAK-SR hatte diesbezüglich ein schriftliches Gutachten beim Bundesamt für Justiz (BJ) eingeholt, welches den Kompromiss für «vertretbar» hielt. Zwar gelte das Gebot der Einheit der Materie auch bei Gesetzesvorlagen, solle dort aber «nicht mit derselben Strenge gehandhabt werden [...] wie bei Teilrevisionen der Verfassung», erklärte das BJ. Das Gesetzgebungsverfahren sei strukturell einer Totalrevision, bei der die Einheit der Materie nicht relevant sei, näher als eine Volksinitiative. Dem Gesetzgeber stehe daher bei der Kompromissfindung ein vergleichsweise grosser Gestaltungsspielraum zu. Des Weiteren kritisierten Exponenten der SVP, FDP und des Gewerbeverbandes insbesondere die Finanzspritze an die AHV ohne Erhöhung des Frauenrentenalters. Es bedürfe dringend auch Massnahmen auf Leistungsseite, war mehrfach zu vernehmen, zumal die Linke aufgrund dieser Zusatzfinanzierung später womöglich nicht mehr für eine umfassende AHV-Reform gewonnen werden könne, da man ihr nichts mehr anzubieten habe. Der Arbeitgeberverband, einer der vehementesten Kritiker des Kompromisses, schlug daher vor, das Rentenalter der Männer auf 66, das der Frauen auf 65 Jahre zu erhöhen. Auch die Jungparteien der Grünen, der SVP, der FDP, der CVP und der BDP erklärten ihre Ablehnung des Vorschlags; die jungen Grünliberalen drohten sogar damit, allenfalls das Referendum zu ergreifen. Die Jungparteien kritisierten vor allem die starke Umverteilung von Jung zu Alt, durch welche die Jungen einmal mehr die ganze Last der Revision der Altersvorsorge tragen müssten. Das strukturelle Problem der AHV werde durch finanzielle Zuschüsse auf Kosten der Jungen überdeckt, aber nicht gelöst, erklärte zum Beispiel der Präsident der Jungfreisinnigen, Andri Silberschmidt.

Gemischt waren auch die Rückmeldungen von linker Seite: Die SP nannte den Vorschlag «akzeptabel». Der SGB sprach sich für den Kompromiss aus, TravailSuisse gab sich zwar erst kritisch, liess aber durchblicken, den Kompromiss wohl auch mitzutragen. SP-Präsident Christian Levrat betonte, dass dieser Vorschlag zum sozialen Ausgleich beitrage: Dadurch dass die Summe der Lohnbeiträge bis zu einem jährlichen Bruttolohn von CHF 130‘000 höher sei als die Summe der erhaltenen AHV-Renten, finanzierten 7 Prozent der Grossverdiener faktisch die AHV-Reform. Personen mit tiefen oder mittleren Löhnen würden also davon profitieren. Diese Argumentation überzeugte die Grünen, Teile der SP und verschiedene entwicklungspolitische NGOs jedoch nicht. Sie erklärten, die Vorlage nicht unterstützen zu wollen, da diese zu enormen Steuerausfällen führe, den internationalen Steuerwettbewerb weiter anheize und gegenüber ärmeren Staaten unfair sei. Zudem handle es sich bei dem AHV-Zuschuss nicht um eine Kompensation, wie viele Befürworter des Vorschlags loben würden, da einmal mehr die Arbeitnehmenden die entstehenden Kosten übernehmen müssten und nicht die Unternehmen.

Neben den Parteien und Verbänden äusserte auch ein Teil der Kantone Kritik am Kompromissvorschlag. Mit der Wiederaufnahme der zinsbereinigten Gewinnsteuer war die WAK-SR einer Forderung von Kanton und Stadt Zürich nachgekommen. «Wir mussten Zürich, dem Wirtschaftsmotor der Schweiz, in diesem Punkt entgegenkommen», erklärte Christian Levrat. Da das Instrument stark umstritten ist, sah man es aber nur für Hochsteuerkantone vor, obwohl es elf weitere Kantone ebenfalls gerne angewendet hätten. Diese Regelung verstosse gegen das Gebot der Gleichbehandlung und verhindere einen fairen Steuerwettbewerb, befand Cornelia Stamm Hurter (SH, svp), Finanzdirektorin des Kantons Schaffhausen – der zu eben diesen elf Kantonen gehört. Auch Hannes Germann (svp, SH) kritisierte die Lex Zürich und nannte sie einen «Sündenfall». Finanzminister Maurer hingegen verteidigte den Vorschlag der WAK-SR: «Es macht keinen Sinn, die beste Kuh nicht zu füttern – würde ich jetzt als alter Bauer sagen». Der Steuerabzug könne aber nicht für alle Kantone eingeführt werden, weil der Widerstand dagegen zu gross sei. WAK-SR-Präsident Pirmin Bischof ergänzte, dass auch andere Kantone den Abzug für Eigenfinanzierung einführen könnten; sie müssten dazu einfach ihre Gewinnsteuern erhöhen.

Trotz kritischer Stimmen aus dem ganzen politischen Spektrum blieben Referendumsdrohungen und Fundamentalopposition gegen den Kompromissvorschlag mehrheitlich aus. Selbst der Arbeitgeberverband wollte sich als einer der stärksten Kritiker des Vorschlags nicht festlegen, ob er bei Annahme der Vorlage durch das Parlament wirklich das Referendum ergreifen würde. Die zurückhaltenden Reaktionen der meisten Akteure würden verdeutlichen, dass sich alle bewusst seien, dass sehr viel auf dem Spiel stehe, war die einhellige Meinung in den Medien. Schliesslich habe die Vorlage wegen des grossen Zeitdrucks gute Erfolgsaussichten: Das «Parlament hat gar keine Gelegenheit, den Deal zu zerreden», erklärte die «Schweiz am Wochenende».

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

Ende November 2017 löste ein Artikel in der Zeitung Le Temps über Yannick Buttet (cvp, VS) eine Debatte aus, mit der die aktuellen Diskussionen um #metoo – ein Kürzel, das im Rahmen der Anklage gegen den US-amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein aufgekommen war und auf sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe aufmerksam machen will – auch in Bundesbern virulent wurden und die letztlich zur Demission des Walliser Nationalrats führten.

Le Temps berichtete, dass gegen Buttet eine Klage wegen Stalking eingereicht worden sei. Er habe eine Frau, mit der er eine aussereheliche Beziehung gehabt habe, seit dem Ende dieser Beziehung über ein Jahr lang mit Sprachnachrichten und Telefonanrufen eingedeckt. Als er sie an ihrem Wohnort aufgesucht habe, habe die Frau die Polizei gerufen, die Buttet im Garten der ehemaligen Geliebten verhaftet habe.
Buttet bestritt die Vorwürfe nicht. Eine Ehekrise habe sein Verhalten beeinflusst und er entschuldige sich bei all jenen, «que j’ai pu blesser involontairement» (Le Temps). Anlass zu den Diskussionen gaben allerdings weniger das Privatleben von Buttet und der Stalking-Vorwurf – auch wenn zahlreiche Medien dem als wertkonservativ bezeichneten CVP-Vizepräsidenten, der sich für ein traditionelles Familienbild einsetze, Heuchelei vorwarfen («Ausgerechnet der Saubermann» titelte etwa der Tages-Anzeiger). Eine Debatte lösten vielmehr die von Le Temps in Bundesbern eingeholten Reaktionen verschiedener Politikerinnen und Journalistinnen auf die Affäre Buttet aus: Buttet habe «des pulsions sexuelles incontrôlées»; wenn er trinke, ändere sich seine Persönlichkeit: «Il se comporte mal et il a des gestes déplacés»; «il va trop loin et il ne connaît plus de limites», gaben die befragten Frauen zu Protokoll. Gar von «dérapages choquants» war die Rede. «Si tu couches, je vote pour ta motion» sei einer Parlamentarierin angeboten worden. Die Interviewten wollten allerdings anonym bleiben. Sie müssten um ihre Karriere fürchten, wenn sie sich öffentlich äussern würden. In der Folge nahm die Deutschschweizer Presse den Fall auf und weitete ihn aus. Anscheinend wisse nicht nur Buttet nicht, wo die Grenzen seien. Mehrere Parlamentarierinnen kamen zu Wort und berichteten über «unangebrachte Gesten, die sie wirklich darüber nachdenken lassen, wohin sie gehen oder ob sie es noch wagen, mit gewissen Personen den Lift zu nehmen» (Céline Amaudruz; svp, GE), über «sexistische Sprüche» (Yvonne Feri; sp, AG) oder gar Vergewaltigungsdrohungen in Kommissionssitzungen (Maria Roth-Bernasconi; sp, GE). Viele Parlamentarierinnen erhielten Bemerkungen zu ihrer Kleidung, ihrem Make-Up, ihren Beinen, ihren Brüsten; viele wüssten nicht, wie sie reagieren sollten, würden resignieren und versuchten, damit zu leben.
Maya Graf (gp, BL) forderte als Präsidentin des Frauendachverbandes Alliance F eine Meldestelle für Parlamentsmitglieder, bei der sexuelle Belästigung gemeldet werden könne. Sexismus gehöre leider immer noch zur Tagesordnung; das sei im Parlament nicht anders. Freilich gab es auch Stimmen, die ein Sexismus-Problem im Bundeshaus als «Blödsinn» bezeichneten (Verena Herzog; svp, TG) und keinen Handlungsbedarf sahen. Um gewählte Nationalrätin zu sein, müsse man stark und durchsetzungsfähig sein und könne sich wohl zur Wehr setzen, befand Andrea Gmür (cvp, LU). Natalie Rickli (svp, ZH) warnte davor, nun gleich alle Männer im Bundeshaus unter Generalverdacht zu stellen. Auch Kathrin Bertschy (glp, BE) betonte im Tages-Anzeiger, dass sich die grosse Mehrheit der männlichen Kollegen auch bei informelleren Anlässen, in denen Alkohol fliesse, «normal und anständig» verhalten würde. Wie überall gebe es aber auch hier «ein paar Typen, die enthemmter sind und die Grenzen nicht kennen.»

Wie ambivalent die Debatte um #metoo ist und wie schwierig es eben ist, sich zu wehren, zeigten die Auseinandersetzungen um die Anschuldigungen von Céline Amaudruz zu den unangebrachten Gesten und ihren Bedenken, mit gewissen Personen den Lift zu benutzen. Nachdem der Sonntags-Blick kolportiert hatte, dass ihre Andeutung wohl Buttet gegolten haben müsse – der Walliser soll sie beim Apéro nach der Wahl von Ignazio Cassis in stark angetrunkenem Zustand belästigt haben –, wurde die Genferin laut Medien in ihrer Fraktion von Adrian Amstutz (svp, BE) heftig kritisiert. Sie schade der Partei und allen Parlamentariern, wenn sie Äusserungen mache ohne konkret zu werden und Namen zu nennen. Laut Sonntags-Blick habe die Genferin darauf unter Tränen das Fraktionszimmer verlassen. In seinem Editorial in der Weltwoche doppelte Roger Köppel (svp, ZH) nach: Das Klima im Bundeshaus sei «sexismusfeindlich», Männer stünden unter Generalverdacht. Und weiter: «Eine Politikerin, die ich noch nie ohne kurzen Rock oder hautenge Bluse gesehen habe, beschwert sich, sie würde mit gewissen Herren niemals in den Lift steigen.» Das Problem sei, so die Tribune de Genève, dass Frauen von Opfern zu Täterinnen gemacht würden – auch im Bundeshaus. Die «manipulierende Wirkung der medialen Öffentlichkeit» – so die Wochen-Zeitung – sei vor allem für Frauen verheerend, denen, wenn sie eine Anschuldigung vorbrächten, eine mediale Hetzjagd und die Ausleuchtung ihres Privatlebens drohe: «Kann eine Situation juristisch nicht eindeutig geklärt werden, bleibt die Geschichte vor allem an der Frau kleben. Sie kriegt den Schlampenstempel aufgedrückt.»

Buttet wurde kurz nach Bekanntwerden der Anschuldigungen von seinem Amt als CVP-Vizepräsident suspendiert. Einen Rücktritt als Nationalrat schloss Buttet vorerst allerdings aus, auch wenn sich gar CVP-Bundesrätin Doris Leuthard in die Debatte einbrachte. Falls die Vorwürfe korrekt seien, habe Herr Buttet ein Problem, sagte die Magistratin bei einem TV-Interview: «Alle diese Herren, die sich nicht zu benehmen wissen, nerven mich [...]. In der Politik ist das inakzeptabel», wurde das Interview bei RTS im Blick zitiert. Rund fünf Tage nach Bekanntwerden des Stalking-Vorwurfs liess sich Buttet krank schreiben. Er wolle eine Kur beginnen, um sein Alkoholproblem in den Griff zu kriegen, liess er über seinen Anwalt verkünden. Damit vermied er eine geplante Anhörung durch die Parteileitung. CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) nahm in der Folge vor der Presse Stellung. Buttets Verhalten sei in der Tat inakzeptabel, aber auch für ihn gelte die Unschuldsvermutung.
Freilich wurden nicht nur die Rücktrittsforderungen, sondern auch die Forderungen nach einem Parteiausschluss lauter. Insbesondere nachdem in Le Temps sechs weitere Frauen zu Wort gekommen waren, die detailliert sexuelle Belästigungen von Buttet beschrieben, und nachdem bekannt wurde, dass die Walliser Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Nötigung eingeleitet hatte. Ohne mit seiner Partei das Gespräch gesucht zu haben, zog Buttet wohl auch deshalb die Reissleine und gab am Sonntag, 18. Dezember 2017 seine Demission als Nationalrat bekannt. Er erklärte via Communiqué, im Interesse der CVP und seiner Familie zurückzutreten. Er wolle sein Umfeld schützen und die notwendige Ruhe für den Heilungsprozess von seiner Alkoholabhängigkeit schaffen. Für Buttet, der Gemeindepräsident von Collombey-Muraz (VS) blieb, rutschte Benjamin Roduit (cvp, VS) in den Nationalrat nach.

Eine rasche Reaktion auf die Debatten zeigten die beiden Ratspräsidien. Karin Keller-Sutter (fdp, SG) und Dominique de Buman (cvp, FR) fassten eine «Lex Buttet» (Blick) ins Auge. Sexuelle Belästigung müsse verurteilt werden und gegen sie sei «mit aller Entschiedenheit» vorzugehen, so die Ständeratspräsidentin und der Nationalratspräsident in einem gemeinsamen Communiqué. Mitte Dezember legte die Verwaltungsdelegation in Absprache mit den Rats- und den Fraktionspräsidien dann ein Dokument vor, in dem den Parlamentsmitgliedern geraten wurde, sich bei sexueller Belästigung künftig an die Fraktionsspitzen oder eine externe Beratungsstelle zu wenden. Das Dokument hielt zudem den Unterschied zwischen einem Flirt und sexueller Belästigung fest, wie er auch im Ratgeber für Arbeitnehmende des Bundes vermerkt ist: Ein Flirt sei «aufbauend», «von beiden Seiten erwünscht» und löse «Freude aus», während sexuelle Belästigung «erniedrigend», «von einer Person nicht erwünscht» sei und «Ärger» auslöse. Mit diesem Dokument drifte die Debatte ins Lächerliche ab, bedauerte Natalie Rickli, als «fausse bonne idée» bezeichnete Doris Fiala (fdp, ZH) das Unterfangen laut Tages-Anzeiger. Leider mache man nur noch Witze, wenn man «wie Schulbuben» behandelt werde, obwohl es bei Stalking und sexuellen Belästigungen um wichtige Themen ginge. Géraldine Savary (sp, VD) befand es hingegen für nützlich, in Erinnerung zu rufen, «was normal sein sollte, es aber offenbar nicht für alle ist». Es sei gut darüber zu reden, weil das vor allem den Frauen helfe, sich bewusst zu werden, dass man Grenzen setzen dürfe und müsse, gab sie dem Tages-Anzeiger zu Protokoll.

Einige Medien reflektierten ihre eigene Rolle in der Affäre: Buttets Karriere ende, bevor erwiesen sei, ob und was er sich zuschulden habe kommen lassen – so etwa die Basler Zeitung. Die Unschuldsvermutung habe keinen Wert mehr und in den letzten drei Wochen habe eine «veritable Hetzjagd» mit zahlreichen anonymen Beschuldigungen stattgefunden. Nur eine Frau habe aber genug Rückgrat gehabt, Buttet anzuzeigen, seine ehemalige Geliebte. Die «tolérance zéro» sei zur Norm im Parlament geworden, urteilte die Tribune de Genève und stellte einen Vergleich mit dem Rücktritt von Jonas Fricker (gp, AG), dem Wirbel um ein aussereheliches Kind von Christophe Darbellay (VS, cvp) und der Affäre um Geri Müller (gp, AG) her. Jemand mache einen Fehler, es komme zu einem Mediengewitter und zu grossem politischen Druck, dem nur noch durch einen Rücktritt begegnet werden könne. Man müsse sich fragen, ob die immer schneller agierenden Medien Meinungen abbildeten oder selber formten. Sie hätten auf jeden Fall die Macht, zu definieren, was moralisch vertretbar sei. Die Vermischung von privatem und öffentlichem Leben nehme zu. Man müsse freilich unterscheiden zwischen moralischen und strafrechtlichen Verfehlungen – so die Tribune de Genève.

Mitte August 2018 wurde bekannt, dass Buttet wegen Nötigung und unrechtmässiger Aneignung zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Er selber bezeichnete die damals publik gewordene Verhaftung laut der NZZ als Resultat einer politischen Verschwörung. Er überlege sich, im Herbst 2019 für den Ständerat zu kandidieren.

Affäre Buttet

Un jour après avoir rejeté une motion de la CSEC-CN qui demandait à ce que certaines réglementations soient adaptées afin de réduire le gaspillage alimentaire, le Conseil des Etats se penche à nouveau sur cette problématique. En effet, l'initiative cantonale provenant de Soleure et intitulée Réduction des pertes de denrées alimentaires vise les mêmes objectifs que la motion de la CSEC-CN. La chambre des cantons a décidé par la même occasion de traiter simultanément le postulat (17.3966) émanant de sa commission de la science, de l'éducation et de la culture CSEC-CE demandant la publication d'un bilan intermédiaire de l'Agenda 2030. Cette demande de la commission intervient en guise de contre-projet à la motion de la CSEC-CN citée en amont.
Pour en revenir à l'initiative cantonale issue du canton de Soleure, celle-ci reste vague sur les mesures à prendre et incite le parlement à trouver des solutions sous la forme d'objectifs de réduction du gaspillage alimentaire ainsi qu'au travers de mesures concrètes. La CSEC-CE estime, elle, qu'il est difficile de fixer des objectifs contraignants, aux vues de l'évolution future de la mise en place de l'Agenda 2030. Elle considère, en outre, que les objectifs recherchés par l'initiative sont déjà remplis par ce dernier et qu'il serait donc redondant d'accepter la proposition émanant du canton de Soleure. Elle préfère à cela son postulat demandant au Conseil fédéral d'établir un rapport dans les cinq ans sur l'objectif 12 de l'Agenda 2030, intitulé "Consommation et production durable"; un objectif visant la réduction du gaspillage alimentaire de 50% d'ici à 2030.
Le sénateur glaronnais Werner Hösli (udc, GL) estime, quant à lui, que le postulat de la commission est superflu. En effet, il constate que le Conseil fédéral a prévu de publier un rapport début 2018 sur l'avancée des objectifs fixés dans le cadre de l'Agenda 2030 ainsi que sur la suite à donner. Il est alors de l'avis que l'assemblée fédérale peut attendre la publication de ce rapport avant de demander l'établissement d'un rapport spécifique sur l'objectif numéro 12, et propose donc de rejeter le postulat de la CSEC-CE.
La conseillère fédérale Doris Leuthard considère également que c'est demander un rapport de trop, pour un sujet où beaucoup de rapports sont déjà publiés dans le cadre des mesures prises pour la promotion d'une économie verte.
A l'issue du vote, les sénateurs arrivent à une égalité du nombre de voix (17 pour les deux camps, sans abstention) et c'est par la voix prépondérante de sa présidente, Karin Keller-Sutter (plr, SG), que le postulat de la CSEC-CE est rejeté.
Quant à l'initiative cantonale soleuroise, les sénateurs décident de suivre l'avis de leur commission qui l'avait rejetée à l'unanimité moins trois absentions. Celle-ci passe donc aux mains de la chambre du peuple.

Réduction des pertes de denrées alimentaires (Iv.ct. 17.313)
Dossier: Verschwendung von Lebensmitteln

Mit 160 von 179 gültigen Stimmen, ein Resultat, das zeige, dass er den Respekt bei seinen Kolleginnen und Kollegen auch nach 13 Jahren im Rat nicht verloren habe (Le Matin), wurde der erste Vizepräsident Dominque de Buman (cvp, FR) zum Nationalratspräsidenten gewählt. Von den 189 eingelangten Wahlzetteln waren 10 leer, Diverse erhielten 19 Stimmen. Der Fribourger CVP-Volksvertreter, der seit 2003 im Nationalrat sitzt, löste damit Jürg Stahl (svp, ZH) ab, der für die SVP das höchste Amt im Nationalrat inne gehabt hatte.
In seiner Abschiedsrede fasste Stahl seine Emotionen des intensiven Jahres mit der ihn beeindruckenden Vielfalt und Vielseitigkeit der Schweiz zusammen, die er habe erleben dürfen. Er habe gelernt, dass man als Politiker zwar naturgemäss dorthin schauen müsse, wo etwas nicht funktioniere, dass es aber gut tue, sich Musse, Zeit und Mut zu nehmen, „auch dorthin zu schauen, wo es funktioniert”. Dies sei vor allem dank Menschen möglich, die nicht im Rampenlicht stünden.
De Buman seinerseits kündigte an, sein Amt in einem Geist der Unparteilichkeit, des Wohlwollens und der Effizienz ausüben zu wollen. Er bemühte die Schweizer Geschichte und zitierte Bruder Klaus, einen der ersten Garanten der nationalen Kohäsion der Willensnation Schweiz. Er sprach die Herausforderungen des kommenden Jahres an: Das Scheitern der Rentenreform und der Unternehmenssteuerreform III zeige, dass den Bürgerinnen und Bürgern noch mehr Gehör geschenkt werden müsse und mehrheitsfähige Lösungen ausgearbeitet werden müssen. Zwischen den Reden wurde Jazzmusik gespielt.
In der Presse wurde der Freiburger Neo-Nationalratspräsident als Politiker mit Witz und Charme beschrieben, der in seiner Partei beliebt sei, obwohl er am linken Rand ziemlich einsam sei. Sich kurz zu fassen sei für den dossiersicheren „homme de culture” allerdings nicht einfach (NZZ). Für den einst von seiner Partei als Bundesratskandidaten verschmähten Welschfreiburger sei das Präsidium die Krönung der Karriere (TA), auch weil die Politkarriere des erfolgreichen Tourismus-Lobbyisten mutmasslich 2019 zu Ende gehe, kenne doch die Freiburger CVP eine Amtszeitbeschränkung von 16 Jahren (BZ).
Ins Amt der ersten Vizepräsidentin stieg die Tessiner Genossin Marina Carobbio Guscetti auf. Sie wurde mit 154 von 179 gültigen Stimmen gewählt. Diverse erhielten 10 Stimmen und Chantal Galladé (sp, ZH), die 2016 in der SP-fraktionsinternen Ausmarchung nicht berücksichtigt worden war, erhielt 15 Stimmen. Sieben der 186 eingelangten Wahlzettel wurden leer eingelegt.
Zur zweiten Vizepräsidentin wurde Isabelle Moret (fdp, VD) gekürt. Ihre Wiederwahl bei den Nationalratswahlen 2019 vorausgesetzt, wird Moret also voraussichtlich 2019/2020 den Nationalrat präsidieren. Sie erhielt 145 von 163 gültigen Stimmen, von denen 18 auf Diverse entfielen. Von den 169 eingelangten Wahlzetteln blieben fünf leer und einer war ungültig.
Mit der Wahl des Nationalratspräsidiums waren fünf der sechs Präsidiumsmitglieder in den beiden Kammern nicht deutschsprachig; ein Umstand, den es so noch nie gegeben hat. Einzig die neue Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter (fdp, SG) spricht als Muttersprache Deutsch.

Wahl des Nationalratspräsidiums für 2017/18
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

In der ersten Sitzung der Wintersession 2017 schritt die kleine Kammer zur Wahl des Büros des Ständerats für 2017/18. Der scheidende Präsident, Ivo Bischofberger (cvp, AI) bedankte sich für das im vergangenen Jahr entgegengebrachte Vertrauen und wies auf die respektvolle Debattenkultur im Ständerat hin. Allerdings müsse dem persönlichen Gespräch auch weiterhin Beachtung geschenkt werden, da im Bundeshaus immer häufiger per E-Mail kommuniziert werde. Während im Jahr 2003 noch 3 Mio. Mails pro Monat versandt worden seien, seien es heute deren 30 Mio. Die Suche nach Konsens gelinge aber erfolgreicher mittels direktem, persönlichem Gespräch als über anonyme Korrespondenz.
Turnusgemäss wurde die amtierende Vizepräsidentin, Karin Keller-Sutter (fdp, SG) zur Ständeratspräsidentin gekürt. Von 45 eingelangten Wahlzetteln waren zwei leer und 43 mit ihrem Namen versehen. In ihrer Antrittsrede wies die St. Gallerin darauf hin, dass sie es einerseits dem Zufall verdanke, dass sie heute hier sitze – eigentlich wäre der Platz für den 2013 verstorbenen Pankraz Freitag (fdp, GL) vorgesehen gewesen –, andererseits habe ihr aber auch zu denken gegeben, dass bisher lediglich drei Frauen das Ständeratspräsidium besetzt hätten: Josi Meier (cvp, LU), Françoise Saudan (fdp, GE) und Erika Forster-Vannini (fdp, SG). Wenn Frauen gefragt würden, müssten sie bereit sein, eine Aufgabe zu übernehmen. Sie lasse sich auch leiten von der Überzeugung, dass die Kraft der Schweiz in den Institutionen liege. Dass die Schweizer Politik als langweilig gelte, sei gut, weil dies auch mit Berechenbarkeit und Stabilität einhergehe. In den Medien wurde spekuliert, dass die Ostschweizer Freisinnige wohl noch nicht am Ende ihrer Karriere sei, da sie als chancenreichste Nachfolgerin des wohl bald zurücktretenden Bundesrats Johann Schneider-Ammann gelte. Nach einem musikalischen Intermezzo wurden die weiteren Mitglieder des Büros gewählt. Jean-René Fournier (cvp, VS; 43 von 46 Stimmen) wurde zum ersten Vizepräsidenten und Géraldine Savary (sp, VD; 41 von 46 Stimmen) zur zweiten Vizepräsidentin gewählt. Ergänzt wurde das Präsidium durch den Stimmenzähler Alex Kuprecht (svp, SZ; 41 von 46 Stimmen) und den Ersatzstimmenzähler Thomas Hefti (fdp, GL; 43 von 46 Stimmen).

Wahl des Ständeratspräsidiums 2017/18
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Ziemlich überraschend – sogar für seine eigene Partei – gab Didier Burkhalter Mitte Juni 2017 seinen Rücktritt bekannt. Nach acht Jahren im Bundesrat – zwei Jahre als Innen- und sechs Jahre als Aussenminister – und vorher sechs Jahren im Nationalrat habe er das Bedürfnis, etwas anderes zu machen: „J'ai ressenti le besoin de changer de vie”. In den Medien war Burkhalter seit einiger Zeit zwar als etwas amtsmüde dargestellt worden – insbesondere seine häufige Absenz in Bundesbern und der Umstand, dass er lieber von Neuenburg aus arbeite, wurden moniert –, zudem habe er zunehmend den Rückhalt für das Europadossier verloren, der Rücktritt war aber doch nicht erwartet worden. Insbesondere auch, weil er wenige Tage vor einer EU-Standortbestimmung im Bundesrat erfolgte. Der Zeitpunkt des Rücktritts wurde denn auch als äusserst ungünstig bezeichnet, weil die Regierung dadurch aussenpolitisch während Monaten gelähmt sei, so etwa die Reaktion von CVP-Präsident Gerhard Pfister.
Die Bilanz zu Burkhalters Wirken, die in den Medien im Anschluss an die Rücktrittserklärung gezogen wurde, war gemischt. Burkhalter sei ein guter Bundesrat gewesen, „weltoffen und weltfremd zugleich” so etwa die BaZ. Zwar habe Burkhalter auf dem internationalen Parkett brilliert – von praktisch allen Medienbeiträgen erwähnt wurde immer wieder seine Rolle als Vorsitzender der OSZE in der Ukraine-Krise –, in der Innen- bzw. Europapolitik habe er sich aber immer wieder selbst ins Abseits gestellt. Die Erwartungen, die man in ihn gesetzt habe, etwa als Gegenspieler von Christoph Blocher das Rahmenabkommen mit der EU abzuschliessen, habe er nicht erfüllt. Dass das EU-Dossier an einem toten Punkt angelangt sei, sei „le gros point noir de son bilan”, schlussfolgerte die Tribune de Genève. Darüber hinaus habe er sich von seiner Partei immer mehr distanziert. Als Westschweizer Liberaler habe er eine Mitte-Links-Politik priorisiert, was ihm in der Partei angekreidet worden sei, so die NZZ. Als Indiz für das schlechte Verhältnis zwischen Partei und Magistrat wurde der Umstand gedeutet, dass die FDP erst rund zwei Stunden vor der Ankündigung vom Rücktritt in Kenntnis gesetzt worden sei. Vor allem von rechtsbürgerlicher Seite wurde der Vorwurf immer lauter, dass Burkhalter daran schuld sei, dass sich die SVP-FDP-Mehrheit in der Exekutive nicht deutlicher zeige.

Bereits am Tag der Rücktrittsmeldung stellten die Medien Spekulationen bezüglich potenzieller Nachfolger an. Gute Karten habe vor allem Ignazio Cassis, der aktuelle Fraktionspräsident der FDP, da der Anspruch des Kantons Tessin, nach 1999 wieder einen Sitz in der Regierung zu haben, kaum mehr umgangen werden könne und die Westschweiz auch mit nur noch zwei Magistraten adäquat vertreten sei. Werde der Sitz jetzt nicht dem Tessin zugesprochen, würden wohl weitere 10 Jahre vergehen, bis es eine neue Chance gäbe, rechnete Ex-FDP-Präsident Fulvio Pelli vor. Neben Cassis wurden auch dem Tessiner Staatsrat Christian Vitta und der ehemaligen National- und Staatsrätin Laura Sadis sowie Karin Keller-Sutter und Martin Schmid als Vertreterin oder Vertreter der Ostschweiz, die ebenfalls seit längerem Anspruch auf einen Bundesratssitz erhebt, gute Chancen eingeräumt. Die Romandie sei aber nicht zum Vornherein auszuschliessen, weil die Freisinnig-Liberalen in der Westschweiz deutlich auf dem Vormarsch seien. Den verlorenen Sitz werde die französische Schweiz wohl nicht kampflos preisgeben, war in den Medien zu lesen. Aus der Westschweiz fielen denn auch rasch die Namen des Genfer Regierungsrats Pierre Maudet und des Nationalrats Christian Lüscher. Die beiden Waadtländer Staatsräte Jacqueline de Quattro und Pascal Broulis, aber auch Nationalrätin Isabelle Moret und Ständerat Olivier Français wurden trotz ihres Handicaps, wie bereits Guy Parmelin aus dem Kanton Waadt zu stammen, ebenfalls als valable Kandidatinnen und Kandidaten auf das sich drehende Karussell gesetzt. Auch der Name Raphaël Comte wurde für den Kanton Neuenburg ins Spiel gebracht.

Dass die FDP einen Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz hat, war kaum umstritten. Die Parteileitung machte rasch klar, dass es sich beim Nachfolger von Burkhalter um einen „Lateiner” handeln soll – ob Tessiner oder Romand liess man bewusst offen. Die FDP-Frauen, die seit 1989 keine Vertretung mehr in der Landesregierung gehabt hatten, forderten per Kommuniqué bei dieser oder spätestens der nächsten Vakanz eine Bundesrätin. Auch die Grünen verlangten, dass die FDP eine Frau portiere. Die SVP forderte einen Kandidaten mit klar bürgerlichem Profil. Die Mitte-Rechts-Mehrheit müsse jetzt endlich auch im Bundesrat durchgesetzt werden. Die FDP machte früh deutlich, dass man sicher kein Einerticket präsentieren wolle. Bis Mitte August hatten die Kantonalsektionen Zeit, Vorschläge zu machen. Die Fraktion wollte sich dann Anfang September entscheiden.

Die Tessiner Kantonalsektion portierte – nach langer Diskussion, ob man ein Einer- oder ein Zweierticket präsentieren wolle – am 1. August einzig Ignazio Cassis. Sowohl Sadis als auch Vitta sagten Cassis ihre Unterstützung zu. Obwohl Sadis sowohl die Ansprüche aus dem Tessin, als auch der Frauenvertretung hätte erfüllen können, wurde sie nicht berücksichtigt. Vor allem ihre (zu) lange Absenz von der (nationalen) Politik dürfte hierfür mitentscheidend gewesen sein. Mit nur einem Kandidaten aus dem Tessin würde zudem das Risiko von Stimmenaufteilung minimiert, so die kantonale Parteileitung. Das Einerticket wurde auch als Referenz an die Romandie interpretiert; der Weg sei jetzt offen, um eine Frau aus der Romandie zu portieren. Die Frauenfrage wurde auch deshalb noch virulenter, weil Doris Leuthard ebenfalls am 1. August ihren Rücktritt ankündigte. Als Kandidatinnen aus der Romandie gerieten insbesondere Isabelle Moret und Jacqueline de Quattro in den Fokus. Der zweite offizielle Kandidat war dann allerdings doch wieder ein Mann: Am 8. August wurde Pierre Maudet von der Genfer Kantonalsektion einstimmig auf den Schild gehoben. Der Genfer Regierungsrat rechnete sich zwar nur geringe Chancen aus, wollte aber mit Jugend, Modernität und Urbanität punkten. Der zweite, lange ebenfalls als Kandidat gehandelte Genfer, Christian Lüscher, hatte sich kurz zuvor aus persönlichen Gründen selber aus dem Rennen genommen und eine Lanze für seinen jüngeren Genfer Parteikollegen gebrochen. Komplizierter gestaltete sich die offizielle Nominierung der dritten potenziellen Kandidatin. In der Presse wurde ein parteiinterner Zwist über und zwischen den drei Papabili der FDP-Sektion Waadt vermutet. Jacqueline de Quattro und Olivier Français zogen sich dann allerdings zurück, um den Platz für Isabelle Moret frei zu machen, die sich zwar erst spät – und später als die beide anderen – für eine Kandidatur entschieden hatte, am 10. August von ihrer Kantonalsektion aber als einzige Kandidatin aufgestellt wurde.

Nach Ablauf der Meldefrist standen also drei Kandidierende aus drei Kantonen fest. Sofort gingen die Spekulationen los, ob die FDP ein Zweierticket oder ein Dreierticket aufstellen würde. Dabei schien klar, dass Cassis gesetzt war, folglich entweder nur gegen Moret oder aber gegen Moret und Maudet antreten würde. Der Umstand, dass Moret zwar aus dem Kanton Waadt kommt, die FDP aber nicht auf eine mögliche Frauenvertretung verzichten konnte, sowie der umtriebige „Wahlkampf” von Maudet – der Blick sprach von schlechten Karten, die der Genfer aber brillant spiele – waren wohl die Hauptgründe für das Dreierticket, das die FDP-Fraktion offiziell am 1. September aufstellte. Das „tricket” (LT), das in der Fraktion knapp mit 22 zu 19 Stimmen beschlossen worden sei, stosse niemanden vor den Kopf, sei aber auch der Weg des geringsten Widerstands (NZZ) und ein klarer Etappensieg für Maudet (BaZ). Das Dreierticket wurde auch als gute Kunde für den Favoriten Cassis gewertet, dessen Chancen sich dadurch noch weiter erhöhten, weil sich die Stimmen seiner Gegner aufteilen dürften.

Die Kandidatin und die beiden Kandidaten wurden in der Presse unterschiedlich porträtiert. Cassis galt von Anfang an als eigentlicher Kronfavorit. Einziges Manko des in Bundesbern bestens vernetzten Tessiner Arztes sei seine mit der Präsidentschaft beim Krankenkassenverband Curafutura verbundene Nähe zu den Krankenkassen. Insbesondere der Lega, aber auch der SP, war dieses Amt von „Krankencassis” (SGT, So-Bli, TA, WW) ein Dorn im Auge. Ausführlich diskutiert wurde zudem die politische Position des Tessiners. Das Parlamentarierrating der NZZ zeigte, dass er seit seinem Amtsantritt als Fraktionspräsident der FDP vom linken Rand der Partei leicht in die Mitte gerückt war. Insbesondere die SVP betrachtete Cassis freilich als den ihr am nächsten stehenden der drei Kandidierenden. Letztlich gab es aber kaum etwas, was die „occasione d'oro per il Ticino” (CdT) behindert hätte. Die zahlreichen giftigen Angriffe auf die Gesundheitspolitik von Cassis konnten ihm scheinbar nichts anhaben. Auch seine doppelte Nationalität bzw. der Umstand, dass er seinen italienischen Pass abgab und damit zwar Applaus von rechts, aber auch Kritik von links erhielt und eher unfreiwillig eine Debatte um die doppelte Nationalität von Mitgliedern von Bundesbehörden lancierte – diskutiert wurde sogar die Frage, ob man als Doppelbürger loyal sein könne –, schadete dem Südschweizer nicht.
Der grosse Trumpf von Isabelle Moret sei, dass sie eine Frau sei, war den Medien zu vernehmen. Die dezidiert bürgerlich politisierende 46-Jährige spreche drei Landessprachen fliessend, sei gut vernetzt, in den über 10 Jahren im Nationalrat aber kaum aufgefallen. Dies beinhalte immerhin auch, dass sie bisher keine Fehler gemacht habe (TA). Moret selber betonte von Anfang an, dass „Frausein” kein politisches Argument sei. Sie wolle lieber mit ihrer Dynamik punkten und frischen Wind ins Europadossier bringen. Sie betonte allerdings auch, dass sie die erste Mutter mit Schulkindern in der Exekutive wäre. Allerdings hinterliess die Anwältin laut verschiedenen Medien in ihrem Wahlkampf keinen überzeugenden Eindruck (WW), wurde von vielen Seiten angegriffen und wirkte ab und zu nicht wirklich souverän (NZZ). Ihr Wahlkampf sei „ungenügend” (SGT) und „harzig” (AZ) und wurde gar als chaotisch bezeichnet (24 Heures).
Pierre Maudet, 39 Jahre alt, wurde als politisches Naturtalent beschrieben. Der forsche und ambitionierte Regierungsrat habe sich innert kurzer Zeit vom Stadtpräsidenten zum Aushängeschild der Kantonsregierung entwickelt, was ihm auch Vergleiche mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron einbringe (AZ). Sein Nachteil sei allerdings die schwache Vernetzung in Bundesbern. In der Regel würden die Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier einen Bundesrat oder eine Bundesrätin aus den eigenen Reihen vorziehen. Sein Wahlkampf wurde hingegen als exzellent bezeichnet (Blick). Maudet sei vor allem in der Deutschschweiz unterschätzt worden, was das Beste sei, was einem Politiker passieren könne (TA). Vor allem inhaltlich konnte Maudet mit verschiedenen originellen Positionen überzeugen: Er spreche als einziger wirklich „Klartext” (BaZ), gelte in der Europafrage aber als EU-Turbo (WW), was ihn bei der Ratsrechten wohl Stimmen kosten werde.

Die „Kampagne” vor den Bundesratswahlen – eigentlich ein Unding, wenn man bedenkt, dass der Bundesrat von der Vereinigten Bundesversammlung und nicht von der Bevölkerung gewählt wird – nahm ein Ausmass an, das angesichts der Ausgangslage erstaunte. Da die Bundesratswahlen eine in der Schweizer Politik eher seltene Chance für eine Personalisierung der Politik bieten, liefen die Medien auf Hochtouren. In der APS-Zeitungsdokumentation finden sich von Burkhalters Rücktrittsankündigung Mitte Juni bis Ende September mehr als 800 Zeitungsartikel zum Thema Bundesratswahlen. Die FDP selber trug freilich mit geschicktem Politmarketing das Ihre dazu bei, dass die Berichterstattung am Kochen blieb. Mit einer FDP-Roadshow tingelten die Kandidierenden durch die Schweiz. Zahlreiche Homestories, Lifechats, Bevölkerungsbefragungen und gar graphologische Gutachten fanden den Weg in die Presse. Inhaltlich ging es letztlich primär um die Frage, ob die Vertretung der Sprachregion oder die Vertretung der Frauen höher gewichtet werden soll. Oder mit anderen Worten: ob die 20 Jahre Bundesrat ohne Tessiner oder die 30 Jahre ohne FDP-Frau beendet werden sollten. Wirklich inhaltliche Diskussionen wurden hingegen kaum geführt, auch wenn die Aussen- bzw. Europapolitik bzw. der Reset-Knopf, den Cassis in den Verhandlungen mit der EU zu drücken angekündigt hatte, sich angeboten hätten.

Nach der offiziellen Bekanntgabe des Dreiertickets standen am 12. und am 19. September die Hearings auf dem Programm, womit auch die anderen Parteien wieder stärker in den medialen Fokus gerieten. Den Auftakt machte die SVP, deren Parteipräsident Albert Rösti die beiden Romand.e.s stark kritisierte und sich früh für Cassis aussprach. Wichtigstes Kriterium für die Volkspartei sei die Haltung zum Rahmenabkommen mit der EU. Allerdings wurde gemutmasst, dass die Bauern in der SVP-Fraktion wohl eher auf Moret setzen würden, da diese mehr Sympathien für die Anliegen der Landwirtschaft gezeigt habe. Unzufrieden mit dem Dreierticket zeigte sich die SP: „Zwei Super-Lobbyisten und ein Hardliner in der Aussenpolitik” weckten keine Begeisterung (SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann in der BZ). Inhaltliche Kriterien stellten die Genossen aber – wie auch die CVP und die GP – nicht auf. Der CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister hatte sich allerdings ebenfalls schon früh für die Ansprüche des Tessins, also für Cassis, ausgesprochen. Dieser sei allerdings für einige CVP-Mitglieder zu weit rechts, mutmasste die Zeitung LeTemps. Nach den Hearings zeigten sich die Parteien zwar noch bedeckt – mit Ausnahme der SVP, die demonstrativ für Cassis Stellung bezog –, die Favoritenrolle des Tessiner Kandidaten schien sich allerdings noch einmal verstärkt zu haben. Maudet schien hingegen eher nicht auf Wohlwollen gestossen zu sein. Die SP und die CVP konnten sich nicht auf einen der drei Kandidierenden einigen und gaben entsprechend keine Wahlempfehlung ab – anders als die FDP- und die GLP-Fraktion, die alle drei Kandidierenden empfahlen, die SVP-Fraktion, die sich für Cassis aussprach, die GP-Fraktion, die Moret empfahl, und die BDP-Fraktion, die Maudet auf den Schild hob.

Kurz vor der Ersatzwahl bilanzierte die WOZ die vorherrschende Meinung, dass sich grundsätzlich keine Überraschung abzeichne: Die Bundesratswahlen hätten bisher viel Tamtam, aber nur wenig Spannung verheissen. Mit der Diskussion verschiedener Szenarios versuchten die Medien dieser Spannungslosigkeit entgegenzuwirken. Drei Möglichkeiten, Cassis zu verhindern, seien denkbar: Isabelle Moret könne dank ihrem Frauenbonus und der Unterstützung aller Bauernvertreter sowie mit Hilfe der Stimmen all jener Parlamentarierinnen und Parlamentarier, welche die Frauenfrage möglichst rasch klären wollten, gewinnen; ein Sieg von Pierre Maudet wäre dann möglich, wenn sich die Mehrheit der Bundesversammlung von seinen Fähigkeiten überzeugen liesse. Dies sei durchaus möglich, wenn es ab dem dritten Wahlgang zu einem Zweikampf zwischen Cassis und Maudet kommen würde. Ins Spiel gebracht wurde mit Laura Sadis auch eine Sprengkandidatin, die vor allem bei der Linken auf Unterstützung zählen könnte. Roger Nordmann gab zu Protokoll, dass die Tessinerin in der Tat die Synthese der drei aktuell Kandidierenden gewesen wäre: „Elle a une expérience d’exécutif, elle est italophone et elle a la capacité d’être une femme” (LT). Die Lust der SP auf Experimente halte sich allerdings in Grenzen.

Die Ersatzwahl am 20. September war schliesslich noch weniger spannend, als von den zahlreichen Medien vor Ort befürchtet worden war. Schon im zweiten Wahlgang wurde Ignazio Cassis zum 87. Bundesrat gewählt und zum Nachfolger von Didier Burkhalter gekürt. Der achte Bundesrat aus dem Kanton Tessin hatte bereits im ersten Wahlgang 109 Stimmen erhalten, damit allerdings das absolute mehr von 122 Stimmen verfehlt. Weil die Basler Nationalrätin Sibel Arslan (basta, BS) im ersten Durchgang fehlte, waren lediglich 245 Wahlzettel eingegangen. Die Baslerin erklärte ihr Fernbleiben als stillen Protest gegen den Rücktritt von Bundesrat Burkhalter, dessen Abschiedsrede sie bewegt habe. Wie erwartet splitteten sich die Stimmen für Maudet (62 Stimmen) und Moret (55 Stimmen) auf. Diverse erhielten 16 Stimmen und drei Stimmzettel waren leer geblieben. Weil von den Diversen niemand zehn Stimmen erreicht hatte, wurden keine Namen genannt. Ob also beispielsweise Laura Sadis im Rennen war oder nicht, wird das Geheimnis des Stimmbüros bleiben. Im zweiten Umgang fielen zahlreiche Stimmen für Moret auf Cassis. Die 125 Stimmen reichten dem Tessiner knapp für die absolute Mehrheit. Maudet konnte zwar noch einmal zulegen und erhielt 90 Stimmen, dies reichte allerdings nicht für einen dritten Wahlgang. Moret ihrerseits erhielt lediglich noch 28 Stimmen. Eine Stimme entfiel auf Diverse und zwei Stimmzettel blieben erneut leer – wahrscheinlich stammten sie von den beiden Lega-Parlamentariern, die zwar für eine Tessiner Vertretung waren, nicht aber für Cassis stimmen wollten.
In den Medien wurde gemutmasst, dass vor allem die Stimmen der SVP entscheidend gewesen seien, von denen im ersten Durchgang vereinzelte noch an Moret gegangen, dann aber geschlossen für Cassis eingelegt worden seien. Weil Moret im ersten Wahlgang auch von ihrer eigenen Partei zu wenig Unterstützung erhalten habe, hätte die SP im zweiten Wahlgang umgeschwenkt und ziemlich geschlossen für Maudet gestimmt, um die Wahl von Cassis zu verhindern. Den Namen Moret hätten lediglich noch die Grünen sowie einige Ratsmitglieder aus der BDP, der CVP, der GLP und der SVP auf den Wahlzettel geschrieben.

Cassis erklärte die Annahme der Wahl und bedankte sich bei allen Ratsmitgliedern, auch bei denen, die ihm die Stimme verwehrt hätten. Man könne anderer Meinung sein, letztlich würden aber alle die gleichen übergeordneten Ziele für die Schweiz anstreben. Freiheit sei auch immer die Freiheit der anders Denkenden, zitierte er Rosa Luxemburg, womit er vor allem die Ratslinke überraschte und sichtlich erfreute. Er verspreche vor allem seiner Frau, der Gleiche zu bleiben wie vor der Wahl. Er fühle sich vor allem der Kollegialität verpflichtet und werde als Brückenbauer die ganze Schweiz vertreten. Bereits um 9.30 nahm die Sitzung mit der Vereidigung des neuen Bundesratsmitglieds ihr Ende.

Die Regionen- und Sprachenfrage sei letztlich stärker gewichtet worden als die Frauenfrage, so die Bilanz in den Medien am Tag nach der Wahl. „E la Svizzera è più svizzera”, die Schweiz sei wieder ein bisschen mehr Schweiz, titelte der Corriere del Ticino. Die Wahl von Cassis sei keine Überraschung und Maudet habe eine ehrenvolle Niederlage eingefahren, so die ziemlich einhellige Meinung in den Deutsch- und Westschweizer Medien. Vor wenigen Wochen hätte niemand in Bundesbern den Genfer gekannt und jetzt habe er 90 Stimmen erhalten. Allerdings zeige seine Nichtwahl auch die Schwierigkeiten für einen Kandidierenden, der nicht der Bundesversammlung angehört. Für Moret hingegen, sowie für die Vertretung der Frauen im Bundesrat im Allgemeinen, sei der Ausgang der Wahlen eine Schmach. Verschiedene Politikerinnen kritisierten, dass das Beispiel Moret gezeigt habe, dass an Frauen wesentlich höhere Massstäbe gesetzt würden als an Männer. Die SP habe Cassis nicht verhindern können und müsse sich nun Vorwürfe gefallen lassen, weshalb sie auf Maudet gesetzt und so die Vertretung der Frauen hintergangen habe. Die SP wies die Kritik allerdings an die FDP zurück: Wäre Laura Sadis portiert worden, hätte die SP sie unterstützt. Während sich die Rechte auf einen Mitte-Rechts-Bundesrat freute – Cassis wisse, wem er seine Wahl zu verdanken habe, liess sich SVP-Präsident Rösti nach der Wahl zitieren –, winkte die Linke ab: Es müssten auch im neuen Gremium nach wie vor unterschiedliche Koalitionen geschmiedet werden, so etwa SP-Parteipräsident Christian Levrat. Die WOZ befürchtete allerdings eine Zunahme der Polarisierung. Mit der Wahl von Cassis sei die Kirche aber wieder im Dorf und die Sprachenfrage für eine Weile geregelt. Jetzt müssten die Regionen wieder besser vertreten werden – so der Tenor vor allem aus der Ostschweiz. Verschiedene Politikerinnen forderten zudem eine adäquatere Vertretung von Frauen. Die Idee einer parlamentarischen Initiative, mit der eine angemessene Frauenvertretung in der Verfassung festgeschrieben werden soll, verdichtete sich. Die FDP-Frauen forderten zudem bei der nächsten FDP-Vakanz ein Frauen-Zweierticket.

Über die nach der Ersatzwahl anstehende Departementsverteilung war bereits früh spekuliert worden. Insbesondere Alain Berset waren Ambitionen auf das frei gewordene EDA nachgesagt worden. Allerdings hätte der Departementswechsel von Berset einen unangenehmen Beigeschmack gehabt, weil kurz nach der Departementsverteilung die Abstimmung zur Altersreform 2020 anstand, für die Berset mit Herzblut geworben hatte. Der Wechsel ins Aussendepartement hätte von der Stimmbevölkerung als Flucht interpretiert werden können. Der Bundesrat solle deshalb mit der Departementsverteilung warten, forderte der ehemalige SVP-Präsident Toni Brunner (svp, SG) kurz vor den Bundesratswahlen in der Presse. Wenn nämlich die AHV-Vorlage verloren ginge, wäre Berset nicht mehr der richtige Innenminister. Ende September kam es dann aber schliesslich zur mehrheitlich erwarteten Departementsverteilung. Das freie EDA wurde vom neuen Kollegiumsmitglied Ignazio Cassis übernommen. Er setzte damit eine eigentliche Tradition fort, da Tessiner Bundesräte sehr häufig als Aussenminister amteten. Die Italianità und seine Vielsprachigkeit dürften Vorteile des neuen EDA-Chefs sein. Mit ein Grund dafür, dass sonst alles beim Alten blieb, dürfte auch die im Vorfeld der Bundesratswahl gemachte Aussage von Cassis gewesen sein, dass es vielleicht nicht gut sei, wenn er mit seinen Verbindungen das Innendepartement übernehmen würde. Cassis werde als Aussenminister „der bessere Burkhalter” sein, weil er mehr Verständnis für die Deutschschweiz habe, besser kommuniziere und mehr Kampfgeist habe, urteilte der Tages-Anzeiger. Auf ihn wartet nun das komplexe Europadossier – und zahlreiche Erwartungen von links bis rechts.

Bundesratsersatzwahl 2017 – Nachfolge Didier Burkhalter
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

In der Herbstsession 2017 wehrte sich die kleine Kammer ein weiteres Mal gegen die Einführung von Namenslisten bei allen Abstimmungen. Die SPK-SR hatte sich dem Druck des Nationalrats gebeugt und eine Vorlage ausgearbeitet, mit der mehr Transparenz für die Wählerinnen und Wähler geschaffen werden sollte – wie sich die Kommissionssprecherin Pascale Bruderer (sp, AG) ausdrückte. Seit 2014 würden auch in der kleinen Kammer alle Abstimmungen erfasst, aber nicht alle veröffentlicht, nämlich lediglich die Gesamt- und die Schlussabstimmungen, sowie Abstimmungen mit qualifiziertem Mehr und solche, bei denen mindestens zehn Ratsmitglieder dies verlangten. Die Veröffentlichung aller Abstimmungen sei keine Kostenfrage. Da das Abstimmungsverhalten via Livestream sowieso eruierbar sei, sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Resultate nicht gänzlich veröffentlicht würden. Zudem, so die Aargauerin weiter, habe die bisherige Erfahrung gezeigt, dass sich die Debattenkultur in der kleinen Kammer nicht verändert habe – eine Befürchtung, die immer wieder gegen die Einführung einer elektronischen Abstimmungsanlage in der „chambre de reflexion“ vorgebracht worden war. Das Büro-SR, vertreten durch Karin Keller-Sutter (fdp, SG), lehnte die parlamentarische Initiative allerdings einstimmig ab. Die bisherige Regelung habe sich bewährt, Transparenz sei bereits gegeben und man wolle mit einer vollständigen Veröffentlichung eben eine „Vermessung der Ratsmitglieder durch Politbeobachter und -beobachterinnen“ verhindern. Diese Masse seien zu oberflächlich und könnten das differenzierte Abstimmungsverhalten nicht nachzeichnen. Nach lediglich drei Jahren könne man auch noch nicht sagen, ob sich an der Debattenkultur etwas geändert habe oder nicht. Thomas Minder (parteilos, SH) machte geltend, dass die Vermessung bereits heute stattfinde und zwar entweder mittels der wenig aussagekräftigen Schluss- und Gesamtabstimmungen oder aber mittels des gesamten Datensatzes über alle Abstimmungen, der zu Forschungszwecken abgegeben werde. Diese Vermessung sei aber richtig und wichtig, damit die Wählerinnen und Wähler nachschauen könnten, wie ihre Ständevertreterinnen und -vertreter abstimmen. In der weiteren Debatte hielten sich die Vertreter der ständerätlichen Kultur und die Modernisierer in etwa die Waage. Zur Abstimmung stand schliesslich die Frage, ob auf die Vorlage der SPK-SR eingetreten werden soll. Mit 27 zu 17 Stimmen und einer Enthaltung entschied sich der Rat dagegen, womit das Thema wieder eine Weile vom Tisch sein dürfte. In den Medien wurde der Entscheid mit Unverständnis aufgenommen. Der Ständerat bleibe eine Dunkelkammer. Im Tagesanzeiger wurde das Stimmverhalten der Rätinnen und Räte demonstrativ aufgrund des Livestreams abgebildet. Es zeigten sich dabei keine deutlichen Parteilinien. Aus allen Fraktionen gab es sowohl Befürworterinnen und Befürworter als auch Gegnerinnen und Gegner der Neuerung.

Namenslisten bei allen Abstimmungen im Ständerat (Pa. Iv. 17.432)
Dossier: Öffentliche Abstimmungen im Ständerat

Anfang 2017 publizierte der Bundesrat seine Botschaft zur Medicrime-Konvention, einem internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung des illegalen Arzneimittelhandels. Die Übernahme dieser Norm bedeutete eine Änderung des HMG sowie der StPO und hatte zum Ziel, den internationalen Informationsaustausch zu verbessern, letztlich zum Gesundheitsschutz der Patientinnen und Patienten. Der Bundesrat wollte sich im Zuge dieser Anpassungen auch offen halten, Massnahmen für den schweizerischen Arzneimittelmarkt einzuführen. Namentlich sollten auf den Medikamentenpackungen Sicherheitsmerkmale angebracht werden, um die Echtheit der Heilmittel überprüfen zu können. Dazu gehörte im Weiteren auch die mögliche Verpflichtung der Hersteller, die Packungen mit Siegeln zu versehen, damit geprüft werden kann, ob sie bereits einmal geöffnet wurden. Bezüglich illegalen Medikamentenhandels ging der Bundesrat von jährlich bis zu 20'000 Arzneimittelsendungen in die Schweiz aus. Dieser eigentliche Schwarzmarkt würde hauptsächlich im Internet stattfinden, über das Ausland abgewickelt und bringe hohe Gewinne ein. Daraus würden erhebliche gesundheitliche Risiken erwachsen, da unklar ist, ob die Dosierung und die Zusammensetzung der Bestandteile korrekt sind.
Die Schweiz hatte das Abkommen bereits im Oktober 2011 unterzeichnet, in der EU war es per Anfang 2016 in Kraft getreten. Mit dieser Botschaft galt es, dem Parlament die Genehmigung und Umsetzung der damit nötig werdenden Anpassungen in der Bundesgesetzgebung zu beantragen.

Es handelte sich dabei um eine wenig umstrittene Angelegenheit. Kommissionssprecherin Keller-Sutter (fdp, SG) beschränkte sich in ihrem Votum an den Ständerat, der sich zuerst mit der Vorlage befasste, vor allem auf die vorzunehmenden Gesetzesänderungen, die jedoch marginal waren. Die hiesige Gesetzgebung erfülle die wichtigsten Anforderungen der Medicrime-Konvention bereits weitgehend und die vom Bundesrat beantragten Neuerungen seien in der SGK mehrheitlich unbestritten gewesen. Der Ständerat sah keine Hindernisse und verabschiedete das Paket mit nur einer Enthaltung einstimmig.

Medicrime-Konvention. Genehmigung und Umsetzung

Die APK-SR hatte vor der Sommersession 2016 Stellung zur Motion Reimann (svp, SG) mit dem Titel «EU-Beitrittsgesuch, Klarheit schaffen» genommen und nach Stichentscheid des Präsidenten die Ablehnung ebenjener beantragt. Die Mehrheit der Kommission hatte die Motion für überflüssig befunden, während eine Minderheit Keller-Sutter (fdp, SG) gehofft hatte, durch die Annahme endlich Klarheit in der Sache schaffen zu können.
In der Beratung des Geschäfts während der Sommersession 2016 äusserte sich Ständerätin Seydoux-Christe (cvp, JU) als Sprecherin der Kommissionsmehrheit und bezeichnete den Inhalt der Motion als «unnötig», «bizarr» und «lächerlich». Die Vertreterin der Kommissionsminderheit – Karin Keller-Sutter – wies darauf hin, dass der Rückzug des Gesuchs aus Brüssel zwar keinen Vorteil, aber auch keinen Nachteil mit sich bringe und man dennoch nachdrücklich einen Schlussstrich ziehen würde. Der Ständerat tat es schliesslich dem Nationalrat gleich und nahm die Motion mit 27 zu 13 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an.

Der Bundesrat beantragte im darauffolgenden Jahr die Abschreibung der Motion. Durch ein offizielles Schreiben setzte Bundespräsident Johann Schneider-Ammann den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker davon in Kenntnis, dass das Gesuch gegenstandslos sei und als zurückgezogen angesehen werden müsse. Die EU nahm davon Kenntnis, womit die Motion erfüllt worden war. National- und Ständerat schrieben das Geschäft in der Sommersession 2017 ab.

EU Beitrittsgesuch, Klarheit schaffen

Avec l'initiative parlementaire pour la libération du personnel dirigeant et des spécialistes de l’obligation de saisie du temps de travail déposée par Karin Keller-Sutter (plr, SG) en mars 2016, la loi sur le travail (LTr) serait complétée d'un article 46a. Ce nouvel article précise que la saisie du temps de travail n’est pas obligatoire pour les salariés ayant une fonction dirigeante et pour les spécialistes possédant une position similaire et faisant preuve d’autonomie quant à l’organisation de leur travail. Par cet ajout, la référence à la réserve de l'article 46a est introduite dans l'article 46 LTr. L’obligation de saisir le temps de travail a été relativisée pour certaines catégories de personnel afin de permettre l’introduction d’un régime d’horaire plus flexible. Cela est possible depuis l'entrée en vigueur le 1er janvier 2016 des articles 73a et 73b de l'Ordonnance 1 relative à la loi sur le travail (OLT 1). Cependant, toutes les catégories du personnel ne peuvent bénéficier de cet assouplissement, notamment les salariés et spécialistes cités précédemment. L’initiative parlementaire vise donc à ce qu’ils soient également concernés. En août 2016, la Commission de l’économie et des redevances du Conseil des Etats (CER-CE) a donné suite à l’initiative parlementaire par 10 voix contre 3. Relevant la nécessité d’adapter la loi sur le travail aux réalités actuelles, l’assouplissement de la saisie du temps de travail doit profiter à tous les secteurs d’activité et le seuil à partir duquel les mesures visant à assouplir la saisie du temps de travail s'appliquent est jugé trop élevé, selon l'avis de la majorité. Une minorité considère que les dispositions en vigueur sont suffisantes en terme de flexibilisation du temps de travail et suppose que peu d'entreprise en ont connaissance. Son homologue au Conseil national (CER-CN), a suivi sa position avec 18 voix contre 6 en février 2017, et charge donc l'autre chambre de la rédaction d’un projet concret.

Libérer le personnel dirigeant et les spécialistes de l’obligation de saisie du temps de travail (Iv.pa.16.423)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)
Dossier: Arbeitszeitliberalisierung

Mit ihrer breit diskutierten Aussage kurz vor der Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III (USR III), entfachte die ehemalige Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf eine interessante Diskussion darüber, ob sich Alt-Bundesrätinnen und -Bundesräte in die aktuelle politische Debatte einmischen dürfen oder nicht. In der Tat bestehen keine Regeln zum Verhalten ehemaliger Regierungsmitglieder. Im Aide-Mémoire ist einzig festgehalten, dass auf eine Ämterübernahme verzichtet werden soll, wenn die neue Tätigkeit zu Interessenkonflikten mit der früheren Regierungstätigkeit führen könnte. Einen Maulkorb müssen sich ehemalige Magistratinnen und Magistraten aber zumindest aus juristischer Perspektive keinen umlegen. Die Aussage der ehemaligen BDP-Bundesrätin wurde denn auch insbesondere von den bürgerlichen Befürwortern der USR III eher aus moralischer Perspektive kritisiert – so bezeichnete etwa Karin Keller-Sutter (fdp, SG) in einem Interview mit der LZ das Vorgehen Widmer-Schlumpfs als „Schuss in den Rücken“ von Ueli Maurer, dem Nachfolger im EFD und Verantwortlichen für die USR-Vorlage.
Freilich mischten und mischen sich ehemalige Landesmütter und -väter immer wieder in politische Auseinandersetzungen ein. In den Medien wurde etwa Otto Stich erwähnt, der immer wieder für Kommentare zu haben gewesen sei. Nicht weniger als elf ehemalige Regierungsmitglieder hatten sich gegen die Durchsetzungsinitiative ausgesprochen. Alt-Bundesrat Christoph Blocher lässt die Schweiz allwöchentlich auf seinem privaten TV-Sender wissen, was seine Meinung zu verschiedensten Bereichen ist. Je nach Thema meldeten sich auch schon Ruth Dreifuss oder Micheline Calmy-Rey zu Wort. Pascal Couchepin nimmt insbesondere bezüglich der Politik im Kanton Wallis in der Regel auch kein Blatt vor den Mund. Und auch Arnold Koller (Aus der Werkstatt eines Bundesrates) oder Kaspar Villiger (Die Durcheinanderwelt) machten mit Buchbeiträgen auf ihre Lösungsvorschläge aufmerksam.

Einmischen ehemaliger Bundesräte

Nach einer Phase fast jährlicher Rücktritte aus dem Bundesrat zwischen 2005 und 2011 zeichnete sich das Bundesratskollegium seit der Wahl von Alain Berset 2011 durch eine relativ lange Phase der Stabilität aus. Zwar trat dann auf die Wahlen 2015 Eveline Widmer-Schlumpf zurück, die im Vergleich wenigen Wechsel regten Pressevertreterinnen und -vertreter aber zu zahlreichen Spekulationen an. Gerüchte über Rückritte und mögliche Nachfolger betrafen insbesondere Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann. Wie nachhaltig solche Spekulationen sind, lässt sich an einer nicht abschliessenden kleinen Retrospektive für das Jahr 2016 aufzeigen:
Bei der Nomination von Walter Thurnherr zum Bundeskanzler wurde bereits 2015 gemutmasst, dass Doris Leuthard bald zurücktreten werde, weil sie mit Thurnherr einen engen Mitarbeiter ziehen lasse. Als mögliche Nachfolger der amtsältesten Magistratin wurden der damalige CVP-Präsident Christoph Darbellay sowie Filippo Lombardi und Pirmin Bischof gehandelt. Vor der Abstimmung über die Atomausstiegsinitiative ortete die Sonntagszeitung im Oktober 2016 Fehltritte bei der Energieministerin, die darauf hindeuteten, dass sie wohl bald ihren Rücktritt ankündigen werde. Ende 2016 spekulierte der Sonntags-Blick über einen Rücktritt der Aargauerin nach ihrem zweiten Präsidialjahr 2017. Als Nachfolger brachte das Sonntagsblatt neben Konrad Graber und Gerhard Pfister auch Bundekanzler Thurnherr ins Gespräch.
Ein Insider gab im nachrichtenarmen Sommer 2016 mehreren Westschweizer Medien zu Protokoll, dass Johann Schneider-Ammann bald zurücktreten werde. Der Berner sei amtsmüde und mehrere dynamischere potenzielle Nachfolger stünden bereit. Genannt wurden etwa Karin Keller-Sutter, Andrea Caroni, Martin Schmid oder Ruedi Noser. Auch die Zeitung Blick stimmte im September 2016 in diesen Chor mit ein und sprach von einem lethargischen Magistraten, der innerlich bereits gekündigt habe. Freilich stellte sich einige Tage darauf heraus, dass der Berner unter einer gebrochenen Rippe zu leiden hatte und deshalb etwas müde war. Der Sitz des Berner FDP-Bundesrats kam dann mit dem im Oktober lauter werdenden Anspruch der Ostschweiz auf einen Bundesratssitz zumindest medial ins Wackeln. Als Ostschweizer Vertretung kämen laut St. Galler Tagblatt eigentlich nur Karin Keller-Sutter oder Martin Schmid, beide von der FDP, in Frage. Dies setzte freilich einen Rücktritt von Schneider-Ammann voraus. Auch die BaZ sprach im November von sich mehrenden Gerüchten eines baldigen Rücktritts – es sei nicht unwahrscheinlich, dass Schneider-Ammann auf das Ende seines Präsidialjahres 2016 noch seinen Austritt aus der Landesregierung bekannt geben werde.

Spekulationen Rücktritt Bundesräte, Nachfolge Leuthard, etc.

In der ersten Sitzung der Wintersession findet im Ständerat jeweils die Wahl des Büros statt. Mit Raphaël Comte (fdp, NE) räumte der jüngste Ständeratspräsident seit 140 Jahren seinen Stuhl, um seinem ersten Vizepräsidenten, Ivo Bischofberger (cvp, AI), Platz zu machen. Das vergangene Jahr sei den Rätinnen und Räten der kleinen Kammer wahrscheinlich sehr lange vorgekommen, er selber habe den Eindruck, erst vor wenigen Sekunden auf dem Präsidentensessel Platz genommen zu haben – so der scheidende Comte. Zum Glück entspreche die Schweiz nicht dem von Brecht beklagten unglücklichen Land, das Helden brauche. Vielmehr sei der ständige Wechsel im Präsidium eben auch ein Zeichen dafür, dass die Macht in vielen Händen liege und kollektiv ausgeübt werde. Präsidenten kämen und gingen und seien letztlich nur Diener der Institutionen, die alleine zählten und Freiheit und Recht garantierten.
Die Streichmusik Neff, die – so Comte abschliessend – „donne vraiment envie d'aller à Appenzell“, umrahmte die Wahl von Bischofberger, der mit 43 von 43 gültigen Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt wurde; einer der 45 eingelangten Wahlzettel blieb leer und einer war ungültig.
Der 194. Ständeratspräsident nahm den Ball seines Vorgängers auf und erinnerte an die beiden Bronzestatuen beim Haupteingang des Parlamentsgebäudes. Der alte Mann und der Jüngling gemahnten daran, dass alles, was im Parlament geschehe, bald Teil der Vergangenheit sei. Auch sein Präsidialjahr werde in einem Jahr Geschichte sein. Er werde es unter das Motto „Klein, aber wertvoll“ stellen. Auch kleine Kantone würden wichtige und nützliche Beiträge für den Zusammenhalt des Landes liefern. Föderalismus habe einen hohen Stellenwert, was sich nicht zuletzt in der Debattenkultur im Ständerat zeige, der Sorge zu geben sei. Vom Zeitgeist der Effekthascherei und dem einfachen Schwarz-Weiss-Schema dürfe sich die kleine Kammer nicht anstecken lassen.
In der Presse wurde Bischofberger als beharrlich und engagiert beschrieben. Konkordanz und Kompromiss würden beim Appenzell-Innerrhoder gross geschrieben. Allerdings wolle er es auch allen recht machen, was nicht immer nur positiv sei (TA). Der „naturfröhliche“ und bodenständige Bischofberger reiche nur sehr sparsam, aber immer sehr gut vorbereitete Vorstösse ein, er sei ein akribischer Schaffer (NZZ).
Im Anschluss wurden die weiteren Mitglieder des Büros gewählt. Zur ersten Vizepräsidentin wurde Karin Keller-Sutter (fdp, SG) gekürt. Sie erhielt 39 von 40 gültigen Stimmen. Eine Stimme ging auf Diverse, vier der 44 eingelangten Wahlzettel blieben leer. Die Reihe war erneut an der CVP, die mit Jean-René Fournier (cvp, VS) den zweiten Vizepräsidenten stellt. Fournier, der also nach Keller-Sutter im Jahr 2017/2018 das Präsidium 2018/2019 übernehmen wird, erhielt 41 von 43 gültigen Stimmen. Auf zwei Wahlzetteln standen andere Namen und zwei der 45 eingelangten Wahlzettel blieben weiss. Als Nächstes stand die Wahl der Stimmenzählerin an, die ebenfalls zum Büro gehört und – unter der Bedingung ihrer Wiederwahl bei den eidgenössischen Wahlen 2019 – die kleine Kammer 2019/2020 präsidieren wird: Géraldine Savary (sp, VD) erhielt 37 von 41 gültigen Stimmen, von denen vier an Diverse gingen. Bei der Genossin aus der Waadt blieben vier der 45 eingelangten Wahlzettel leer. Abgeschlossen wurde der Reigen mit der Wahl von Alex Kuprecht (svp, SZ) zum Ersatzstimmenzähler. Auch er erhielt 37 Stimmen, allerdings von 39 gültigen. Auf sechs der 45 eingelangten Wahlzettel fand sich kein Name.

Ständerat - Wahl Präsidium / Büro 2016
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Nach dem Nationalrat nahm im Herbst 2016 auch der Ständerat eine Motion der RK-NR für einheitliche Bestimmungen zum Strafvollzug bei gefährlichen Tätern an. Die Minderheit der vorberatenden RK-SR, bestehend aus Daniel Jositsch (sp, ZH), Robert Cramer (gp, GE) und Thomas Minder (parteilos, SH) konnte – mit Hilfe eines flammenden Plädoyers von Karin Keller-Sutter (fdp, SG) – eine Ratsmehrheit von 28 zu 14 Stimmen davon überzeugen, dass mit der Überweisung dieses Vorstosses ein Beitrag an die öffentliche Sicherheit geleistet werden kann. Damit ist der Bund beauftragt, Kriterien und Mindeststandards für den Umgang mit gefährlichen Tätern festzulegen.

Einheitliche Bestimmungen zum Strafvollzug bei gefährlichen Tätern (Mo. 16.3002)
Dossier: Straf- und Massnahmenvollzug bei gefährlichen Tätern
Dossier: Massnahmenpaket Sanktionenvollzug

Die SGK-NR befürwortete die Revision der Bestimmungen mit internationalem Bezug im KVG einstimmig, nahm jedoch zuvor eine Änderung vor: Sie ergänzte die Vorlage um eine Verpflichtung der Kantone, den Kantonsanteil an stationären Aufenthalten auch für in der Schweiz versicherte Personen aus dem EU-/Efta-Raum zu übernehmen. Diese Bestimmung war aufgrund negativer Rückmeldungen der Kantone in der Vernehmlassung vom Bundesrat gestrichen worden. Die SGK-NR und in der Herbstsession 2016 auch der Nationalrat wiesen aber darauf hin, dass die Kantone mit Einnahme der Quellensteuern der Grenzgänger auch die durch diese entstehenden Kosten – CHF 12 Mio. pro Jahr für stationäre Aufenthalte von Grenzgängerinnen, Grenzgänger und ihren Familien sowie weitere CHF 11 Mio. pro Jahr für Rentnerinnen, Rentner und ihre Angehörigen – zu tragen hätten. Der Nationalrat bestätigte diese Änderungen der SGK-NR ohne Gegenanträge und stimmte auch der Vorlage insgesamt einstimmig (183 Stimmen, 1 Enthaltung) zu.

Noch in der Herbstsession 2016 bereinigte der Ständerat das Anliegen. Die SGK-SR hatte sich zuvor von den Argumenten bezüglich einer rechtsgleichen Behandlung aller Versicherten und der durch die Erhebung der Quellensteuer entstandenen Verantwortung der Kantone überzeugen lassen. Zudem hätten die Kantone gemäss Karin Keller-Sutter (fdp, SG) nach der Medienmitteilung der SGK-NR und dem Entscheid des Nationalrats keine entsprechenden Bedenken mehr geäussert. Mit dieser Begründung nahm der Ständerat die Änderung stillschweigend an. Auch die Schlussabstimmungen passierte die Vorlage souverän: Sowohl im Stände- als auch im Nationalrat wurde die Revision einstimmig verabschiedet.

Bestimmungen mit internationalem Bezug im KVG

Afin de répondre à plusieurs objets parlementaires – outre le postulat Aebi 15.3862, les postulats Knecht 14.3514, Aebi 14.3618, de Buman 14.3991, Keller-Sutter 14.4046 ainsi que la motion Müller 14.4098 sont concernés – traitant de la question de l'allègement de la charge administrative des agricultrices et agriculteurs, l'OFAG a initié un projet participatif ayant débouché à un rapport proposant diverses solutions. Plus de 800 projets ont été récoltés dans le cadre de cette démarche regroupant les différents acteurs concernés (agriculteurs et agricultrices, organisations agricoles, cantons, etc.), dont environ 50 qui ont été rapidement mis en œuvre. Par la suite, 19 propositions supplémentaires ont été intégrées au train d'ordonnances 2016. Ainsi, il n'est – pour donner un exemple concret – plus exigé des agriculteurs et agricultrices qu'ils documentent les emplacements des poulaillers mobiles. La simplification administrative n'est pourtant pas simple et a soulevé de nombreuses questions lors du projet participatif. En effet, l'allégement ne doit, par exemple, pas se faire au détriment de dispositions claires permettant aux organes de contrôle de constater certains manquements. Pour cela, l'OFAG intégrera une analyse détaillée de la simplification administrative dans ses rapports annuels et prévoit de mener une analyse de fond quant à la relation entre secteur agricole et Etat dans le cadre de l'élaboration de la PA 22+.

Agriculture. Réduire la charge administrative et supprimer les contrôles inutiles (Po. 15.3862)