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  • Kuprecht, Alex (svp/udc, SZ) SR/CE

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  • Parlamentarische Initiative
12 Resultate
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In der Wintersession entschied sich eine für die kleine Kammer relativ knappe Mehrheit von 23 zu 18 Stimmen, auf die Vorlage zur Änderung des Geschäftsreglements des Ständerats einzutreten, mit der neu bei allen Abstimmungen auch im Ständerat Namenslisten veröffentlicht werden sollen – also nicht nur bei Gesamt- und Schlussabstimmungen, sondern bei allen Abstimmungen, die mit der 2014 eingeführten elektronischen Anlage getätigt werden. Für die SPK-SR, die den Entwurf mit 7 zu 6 Stimmen zur Annahme empfahl, sprach Thomas Minder (parteilos, TG), der Urheber der parlamentarischen Initiative, auf die der Entwurf zurückging: Die Befürchtung der Minderheit, dass sich die Debattenkultur mit Veröffentlichung der Abstimmungsresultate verschlechtere, könne er nicht nachvollziehen. Ganz im Gegenteil habe sie sich seit Einführung der Abstimmungsanlage sogar verbessert. Freilich gebe es in den Medien verbreitete Ratings und Auswertungen zum Abstimmungsverhalten. Die würden aber mit dem Einbezug von Detailabstimmungen zusätzlich «die Hunderte von spannenden Positionsbezügen, mit denen wir aufeinander zugehen, Differenzen zwischen den Räten abbauen, abseits der Parteilinie abstimmen», berücksichtigen und so eine wesentlich breitere Datengrundlage liefern.
Die Minderheit, die gegen Eintreten votierte, wurde von Daniel Jositsch (sp, ZH) vertreten. Es sei schwierig gegen die Vorlage und damit gegen die «Transparenz-Hysterie» anzutreten. Er befürchte aber, dass das Wesentliche, was den Ständerat vom Nationalrat unterscheide, durch die Neuregelung verloren ginge: die Debatte, von der die Abstimmungsresultate lediglich Resultat seien. Er habe überhaupt keine Probleme mit Ratings, wenn aber auch der Ständerat nur noch Abstimmungen für Ratings produziere, müssten sich Journalistinnen und Journalisten nicht mehr die Mühe machen, zu recherchieren, wie ein Resultat genau zustande gekommen sei und welche Argumente vorgebracht wurden. Er befürchte darüber hinaus, dass bald auch die Forderung nach Transparenz von Kommissionssitzungen kommen werde.
Die in der Folge vorgebrachten Meinungen verliefen nicht entlang der Fraktionsgrenzen. So sprach sich etwa Jositschs Fraktionskollege Hans Stöckli (sp, BE) für ein konsequentes Öffentlichkeitsprinzip aus und Lisa Mazzone (gp, GE) gab zu bedenken, dass vor allem den Bürgerinnen und Bürgern ein Dienst erwiesen werde, wenn ihnen Informationen einfacher zur Verfügung gestellt würden. Auf der anderen Seite warb Daniel Fässler (mitte, AI) mit dem Argument gegen Eintreten, dass parteitreues Abstimmen wohl zunehmen werde und man sein Abstimmungsverhalten gegenüber der eigenen Partei, dem Kanton, den Medien wesentlich häufiger rechtfertigen müsse. Auch Alex Kuprecht (svp, SZ) bedauerte, dass der «Ständerat immer nationalrätlicher geworden» sei, und befand, dass die Resistenz gegen den zunehmenden Druck der eigenen Partei nicht mehr so stark sei wie früher. Wichtig sei der Bevölkerung zudem nicht, wie man bei Detailfragen abstimme, sondern wie man zum gesamten Gesetz stehe, weshalb es die Veröffentlichung von Detailabstimmungen auch nicht brauche. Pointiert äusserte sich zum Schluss Roberto Zanetti (sp, SO): Er hätte wohl früher für Nichteintreten gestimmt, weil aber «aus der Chambre de Réflexion (...) eine Chambre der reflexartigen Vertretung der Einzelinteressen (...) und die Rumpelkammer der Steuerumgehung und Steueroptimierung geworden» sei, wolle auch er genauer nachverfolgen können, wer im Detail wie stimme.
Nachdem Eintreten beschlossen worden war, sprach sich auch eine 28 zu 14-Mehrheit für die Vorlage aus. Deutlicher war dann die Schlussabstimmung, bei der die Vorlage mit 32 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen gutgeheissen wurde. Die Gegenstimmen stammten erneut aus allen Fraktionen. Damit werden auch im Ständerat künftig sämtliche elektronisch erfassten Abstimmungsresultate veröffentlicht.

Öffentliche Abstimmungen im Ständerat (Pa.Iv. 19.498)
Dossier: Öffentliche Abstimmungen im Ständerat

Nachdem die grosse Kammer der parlamentarischen Initiative von Sidney Kamerzin (mitte, VS) Folge gegeben hatte, musste sich das Büro-SR ein weiteres Mal über das Anliegen für ein papierloses Parlament beugen. Zum zweiten Mal empfahl es den Vorstoss zur Ablehnung. Die Möglichkeit, alle Unterlagen elektronisch zu erhalten, bestehe bereits heute, wovon allerdings erst 29 Mitglieder des Nationalrats und 7 des Ständerats Gebrauch machten. Ein Grund für diese geringe Anzahl seien die noch bestehenden Nachteile. Dabei sei nicht nur an die «E-Mailflut» zu denken, sondern an die Schwierigkeit, auf alle Unterlagen zugreifen zu können, so der Bericht des Büros. Dies sei erst ab 2023 mit «CuriaPlus» möglich. Mit dieser sich im Aufbau befindlichen Plattform seien alle Kommissions- und Ratsinformationen zu einem Geschäft zentral erhältlich, durchsuch- und bearbeitbar. CuriaPlus werde eine papierlose parlamentarische Arbeit ohne Zusatzaufwand ermöglichen.
In der ständerätlichen Ratsdebatte machte sich Ruedi Noser (fdp, ZH) für die Unterstützung des nationalrätlichen Beschlusses und für Folgegeben stark. Angelehnt an die Argumente des Büro-SR würde er bei der Ausarbeitung der parlamentarischen Initiative durch das Büro-NR empfehlen, dass nicht ein Verbot von Papier verlangt wird, sondern dass das Prinzip «digital first» eingeführt werde. Anders als heute würden die Unterlagen also nicht automatisch in Papierform verteilt («Papier first»), sondern wer dies wolle, müsse Papier nachfragen. Zudem würde er empfehlen, die Initiative auf die neue Legislatur hin umzusetzen, wenn auch die neue digitale Infrastruktur zur Verfügung stehen werde. Zwar fand Noser in Hans Wicki (fdp, NW), Matthias Michel (fdp, ZG) und Lisa Mazzone (gp, GE) Unterstützung – alle drei brachten in ihren Voten zum Ausdruck, mithelfen zu wollen, weniger Papier zu produzieren. Die Mehrheit des Ständerats wollte der Initiative aber mit 25 zu 15 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) keine Folge geben. Hauptargumente – vorgebracht von Werner Salzmann (svp, BE) und Alex Kuprecht (svp, SZ) – waren ebenfalls, dass CuriaPlus bereits im Entstehen sei und dass eine raschere Umsetzung auch mit Folgegeben der Initiative wohl kaum möglich wäre.

Papierloses Parlament (Pa.Iv. 20.442)

Am 13. September 2021 war die Covid-19-Zertifikatspflicht ausgeweitet worden. Dieses Zertifikat galt als Nachweis dafür, dass eine Person gegen Covid-19 geimpft, davon genesen oder negativ dagegen getestet worden war. Das Vorweisen eines solchen Zertifikats war zum Beispiel Bedingung für die Teilnahme an Veranstaltungen, den Besuch von Restaurants oder Kinos oder für Reisen in andere Länder. Explizit ausgenommen von der Zertifikatspflicht waren hingegen Parlamente und Gemeindeversammlungen, damit die politischen Rechte der Bürgerinnen und Bürger nicht eingeschränkt werden.
Bereits Ende August 2021 hatten sich Gesundheitspolitikerinnen der SP dafür starkgemacht, dass auch für das eidgenössische Parlament eine Zertifikatspflicht eingeführt wird; sie stiessen allerdings sogar in der eigenen Fraktion auf Widerstand. Dies wäre zwar gesundheitspolitisch sinnvoll, rechtlich aber wohl nicht machbar, so die ziemlich einhellige Meinung in allen Parteien. Eine solche Pflicht würde nicht nur gegen den Schutz der politischen Rechte verstossen, es müsste dafür wohl gar eine Gesetzesänderung beschlossen werden.
Darauf hin folgte jedoch ein ziemlich starkes mediales Gewitter: Es sei «absurd», dass das Parlament keine Zertifikatspflicht einführen und einen «Corona-Sonderzug für Politiker» fahren wolle, wetterte etwa der Tages-Anzeiger. Die «zertifikatsfreie Zone» sei ein «verheerendes Signal». Man werde so zudem den Verdacht nicht los, dass die Zertifikatspflicht wohl doch wesentlich einschneidender sei, als der Bundesrat jeweils betone. Selbst ansonsten eher massnahmenkritische SVP-Politikerinnen und -Politiker hätten gemerkt, dass «das Politikerprivileg im Volk schlecht ankommt», analysierte die Sonntags-Zeitung. Man könne nicht Gesetze machen und von den Bürgerinnen und Bürgern verlangen, diese einzuhalten, sich selbst als Parlament dann aber nicht daran halten, zitierte der Blick etwa Alex Kuprecht (svp, SZ). In der Folge forderten sämtliche Parteipräsidentinnen und -präsidenten mit Ausnahme des Präsidenten der SVP in einem offenen Brief an die Verwaltungsdelegation, für die Herbstsession eine Covid-19-Zertifikatspflicht für den Zutritt zum Parlamentsgebäude einzuführen. Es gebe «keinen überzeugenden Grund», Parlamentsmitglieder davon auszunehmen, so der Brief.

Die SPK-SR nahm in der Folge den Ball auf und reichte eine parlamentarische Initiative für eine für die Änderung der Zugangsbedingungen nötige Revision des Parlamentsgesetzes ein. Da für den Zugang nur mindestens ein Covid-19-Test nötig sei, sei es verhältnismässig, eine Covid-19-Zertifikatspflicht auch für den Eintritt zum Bundeshauses zu verlangen, begründete die Kommission ihr Vorgehen. Damit könnten auch Maskenpflicht und Plexiglaswände aufgehoben und somit die Kommunikation zwischen Parlamentsmitgliedern verbessert werden. Da die SPK-NR lediglich einen Tag nach ihrer Einreichung der parlamentarischen Initiative Folge gab, legte die ständerätliche Kommission ein paar Tage später bereits einen dringlichen Entwurf für eine entsprechende Revision des Parlamentsgesetzes vor, der vom Bundesrat begrüsst und noch in der Herbstsession 2021 von beiden Kammern beraten wurde.

Man stehe vor einem staatspolitisch brisanten Entscheid, leitete Andrea Caroni (fdp, AR) die Debatte im Ständerat ein. Man müsse sich bewusst sein, dass man damit unter Umständen Ratsmitglieder von der Teilnahme an einer Session ausschliesse. Freilich sei auch das öffentliche Interesse gross, sei doch viel mediale Kritik auf das Parlament eingeprasselt, weil zwar für den Zugang zu zahlreichen Innenräumen, nicht aber für den Zugang zum Bundeshaus eine Zertifikatspflicht gelte. Die gesetzliche Grundlage für eine Zertifikatspflicht sei nun aber nötig, weil sie nicht nur die Handlungsfähigkeit des Parlaments verbessere, sondern weil man damit auch beweisen könne, dass die vom Parlament beschlossene Pflicht auch im Bundeshaus problemlos umgesetzt werden könne. Die Kommission empfehle die Vorlage mit 9 zu 2 Stimmen zur Annahme, so der Kommissionssprecher Caroni. Mit einem Einzelantrag warb Beat Rieder (mitte, VS) in der Folge für Nichteintreten. Statt auf «Selbstverantwortung, Solidarität und Eigenverantwortung» setze man mit der Zertifikatspflicht auf «einen staatlichen Kontrollmechanismus». All diese Massnahmen würden zudem mit einem Tempo durchgepeitscht, welches die Bevölkerung spalte. Ein Ja zur Vorlage könne zudem auch als Signal an den Bundesrat gelesen werden, ohne Grenzen «grundrechtswidrige Entscheide» treffen zu dürfen. Mit 35 zu 7 Stimmen entschied sich der Ständerat allerdings für Eintreten.
Der Entwurf der SPK-SR sah vor, dass Personen ab dem 16. Altersjahr nur dann Zutritt zum Parlamentsgebäude erhalten, wenn sie ein Covid-19-Zertifikat vorweisen. Die Kosten für notwendige Tests für die Ausstellung eines Zertifikats sollten jenen Personen vergütet werden, die zwingend Zutritt zum Parlamentsgebäude benötigten. Der Verwaltungsdelegation oblag die Definition dieser Personengruppe und die Organisation der Kontrolle. Ihr wurde auch das Entscheidungsrecht übertragen, die Zertifikatspflicht wieder aufzuheben, wenn die epidemiologische Lage dies erlaubt. Stefan Engler (mitte, GR) verlangte in der Detailberatung eine Ausnahmeregelung für Personen, die eine Maske tragen und sich für das Contact Tracing registrieren liessen. Mit 21 zu 14 Stimmen (7 Enthaltungen) hiess der Ständerat diesen Antrag gut. Mit 23 zu 18 Stimmen (2 Enthaltungen) abgelehnt wurde hingegen ein Antrag einer Kommissionsminderheit, die eine Zertifikatspflicht nicht nur für den Zugang zum Parlamentsgebäude, sondern auch zu Kommissionssitzungen und ausserparlamentarischen Aktivitäten verlangt hätte. Die Gesamtabstimmung passierte der so modifizierte Entwurf mit 36 zu 6 Stimmen (1 Enthaltung).

Auch im Nationalrat wurden, einen Tag nach dem ständerätlichen Entscheid, Eintreten und Detailberatung in einer einzigen Debatte durchgeführt. Wie aufgrund des oben erwähnten Briefes der Parteipräsidien zu erwarten, wurde die Einführung einer Zertifikatspflicht von allen Fraktionen ausser der SVP begrüsst. Er habe ein «ungutes Gefühl», argumentierte Gregor Rutz (svp, ZH) für seine Fraktion. Unter Zeitdruck beschlossene Gesetze seien selten gut, weil man in Krisensituationen zu «Flüchtigkeitsfehlern» neige. Dieses schlechte Gefühl nähre sich auch am Umstand, dass man hier aufgrund medialen Drucks agiere und nicht, weil es gesundheitspolitisch nötig sei. Der SVP-Fraktionssprecher erinnerte zudem an die Geschichtsbücher: 1932 seien sozialdemokratische und kommunistische Nationalratsmitglieder per Parlamentsbeschluss ausgeschlossen worden. Der Ausschluss von Parlamentarierinnen und Parlamentariern, die sich weder testen noch impfen lassen wollten, komme dieser «verfassungsrechtlich höchst fragwürdigen» Aktion sehr nahe. Die Fraktion sehe aber auch, dass das Gesetz den Parlamentsbetrieb erleichtern würde. Die Mehrheit der SVP-Fraktion werde sich deshalb der Stimme enthalten.
Eintreten wurde in der Folge ohne Gegenantrag beschlossen. In der Detailberatung lagen zwei Minderheitenanträge vor. Eine Minderheit Binder (mitte, AG) beantragte die Streichung der vom Ständerat gemachten Ausnahme. Die Zertifikatspflicht sei keine Impfpflicht. Man könne von Parlamentsmitgliedern verlangen, dass sie sich testen lassen, weshalb eine Ausnahme nicht nötig sei, so die Argumentation dieser durch Marianne Streiff-Feller (evp, BE) vertretenen Minderheit. Eine zweite Minderheit Rutz wollte die Verwaltungsdelegation verpflichten, alle acht Wochen zu prüfen, ob die Massnahme noch notwendig sei. Beide Minderheiten wurden deutlich abgelehnt. Mit 146 zu 27 Stimmen (bei 17 Enthaltungen) passierte der gegenüber dem Ständerat unveränderte Entwurf die Gesamtabstimmung. Sämtliche Nein-Stimmen und Enthaltungen stammten von der SVP-Fraktion (mit Ausnahme einer Enthaltung aus der grünen Fraktion). 10 SVP-Mitglieder stimmten für die Änderung des Parlamentsgesetzes.

Beide Kammern stimmten wiederum nur wenige Tage später der Dringlichkeitsklausel zu – der Ständerat mit 35 zu 4 Stimmen und der Nationalrat mit 143 zu 35 Stimmen (6 Enthaltungen). Die Stimmenverhältnisse änderten sich auch in den Schlussabstimmungen am Ende der Herbstsession nicht. Der Entwurf wurde im Ständerat mit 38 zu 5 Stimmen (1 Enthaltung) und im Nationalrat mit 149 zu 35 Stimmen (12 Enthaltungen) angenommen.

In der Folge setzte die Verwaltungsdelegation die Zertifikatspflicht um. Ab dem 2. Oktober 2021 – also nach der Herbstsession 2021 – mussten alle Besucherinnen und Besucher des Bundeshauses ein Covid-19-Zertifikat vorlegen. Parlamentsmitglieder und Verwaltungsangestellte, die im Parlamentsgebäude ein- und ausgehen, konnten sich einmalig registrieren lassen, woraufhin ihr Covid-19-Zertifikat auf den elektronischen Zutrittsausweisen vermerkt wurde. Ratsmitglieder, die kein Zertifikat vorwiesen, mussten eine Maske tragen. Für die Wintersession 2021 beschloss die Verwaltungsdelegation dank der Zertifikatspflicht, die Plexiglasscheiben abzubauen und die Maskenpflicht aufzuheben.

Covid-Zertifikatspflicht im Bundeshaus

Wie der Nationalrat musste auch der Ständerat sein Geschäftsreglement anpassen, um ausserhalb des Bundeshauses tagen zu können. Um die Hygiene- und Sicherheitsmassnahmen im Rahmen der Coronavirus-Pandemie einhalten zu können, tagte auch der Ständerat während der ausserordentlichen Session Anfang Mai in den Räumlichkeiten der BernExpo. Das Büro-SR schlug analog zum Nationalrat vor, dass Vorstösse, parlamentarische Initiativen und die Unterstützung von Anträgen nicht mehr schriftlich, sondern per E-Mail erfolgen sollen. Auf eine physische Verteilung von Unterlagen solle verzichtet werden. Darüber hinaus war ein Votum vom Platz aus, wie dies im Bundeshaus praktiziert wird, nicht möglich. Auch die Ständerätinnen und Ständeräte mussten sich also für ihre Voten an ein stets von Neuem zu desinfizierendes Rednerpult begeben. Der Sprecher des Büros, Alex Kuprecht (svp, SZ) begründete dies mit der Videoübertragung, die sehr kompliziert geworden wäre, wenn die Voten vom Platz aus hätten abgegeben werden sollen. Ebenfalls wie im Nationalrat war vorgesehen, die Stimmabgabe mit dem elektronischen Ersatzsystem durchzuführen und die Stimme jeweils vom Platz aus abzugeben – die Ersatzanlage war nicht fix mit dem Arbeitsplatz verbunden und eine Abgabe der Stimme hätte darum auch anderswo geschehen können. Anders als der Nationalrat wollte das Büro-SR allerdings vorübergehend auf eine Veröffentlichung der Abstimmungsdaten verzichten, weil eine Anzeigetafel, wie sie im Ständerat angebracht sei, fehle.
Die entsprechende vorübergehende Streichung von Absatz 2, Artikel 44a des Geschäftsreglements weckte allerdings den Argwohn des Tagesanzeigers: «Ständeräte wollen geheim abstimmen», titelte die Zeitung am Tag der Sessionseröffnung. Man wolle «die geheime Stimmabgabe einführen.» Schon bisher sei das Stimmverhalten in der kleinen Kammer nur sehr mühsam eruierbar gewesen, weil die erhobenen Hände und später die Anzeigetafel fotografiert oder gefilmt werden müssten. In der Tat werden im Ständerat seit 2014 normalerweise nur die Gesamt- und Schlussabstimmungen, nicht aber die Detailabstimmungen namentlich veröffentlicht. Wenn aber die Resultate überhaupt nicht mehr veröffentlicht würden, so sei dies ein Vorgang, den es seit 1848 noch nie gegeben habe. Der ständerätliche Vorschlag, für die Session in der BernExpo auf jegliche Veröffentlichung zu verzichten, sei von der Öffentlichkeit noch nicht bemerkt, geschweige denn diskutiert worden.

In der Folge standen bei der Diskussion über die befristeten Änderungen des Geschäftsreglements – das erste Geschäft in der ausserordentlichen Session – zwei Anträge im Zentrum. Das Büro hatte seinen eigenen Antrag auf Streichung der Veröffentlichung in der Zwischenzeit zurückgezogen, um diese beiden Vorschläge diskutieren zu können. Der Antrag von Werner Salzmann (svp, BE) sah vor, dass alle Abstimmungen nachträglich mittels Namenslisten veröffentlicht werden sollen, und Daniel Jositsch (sp, ZH) beantragte, die Stimme durch Aufstehen abzugeben. Beide berichteten, durch die Medien aufgeschreckt geworden zu sein, und gaben zu, sich wohl im Vorfeld zu wenig genau mit dem vorliegenden Reglement auseinandergesetzt zu haben. Der Sprecher des Büros, Alex Kuprecht (svp, SZ), legte freilich dar, dass sich der Ständerat mit der Einführung der elektronischen Anlage im Bundeshaus ganz bewusst dagegen verwahrt habe, auch die individuellen Entscheidungen in den Detailabstimmungen namentlich auszuweisen. Es sei sinnvoll, dass dies im Nationalrat geschehe, «wo sich primär die parteipolitischen Positionen in ausgeprägter Form gegenüberstehen». Dies sei aber in der kleinen Kammer nicht so, weshalb man nur die Schluss- und Gesamtabstimmungen namentlich veröffentliche (es sei denn, die Veröffentlichung werde von 10 Mitgliedern verlangt). An dieser Position habe sich im Büro auch in erschwerten Verhältnissen nichts geändert – allerdings war zu dieser Frage noch eine parlamentarische Initiative Minder (parteilos, SH; Pa.Iv. 19.498) hängig, über die der Rat in einer der folgenden Sessionen zu befinden haben wird.
Unter Namensaufruf – 10 Ständeratsmitglieder hatten einen entsprechenden Antrag von Werner Salzmann mitunterzeichnet – gab die kleine Kammer dem Vorschlag Jositschs den Vorzug. 25 Mitglieder stimmten diesem zu, während 20 Mitglieder die Veröffentlichung aller Namenslisten, wie von Werner Salzmann gefordert, bevorzugt hätten. In der Schlussabstimmung standen dann 43 Ständeratsmitglieder für die Annahme des Entwurfs auf, während sich ein Mitglied dagegen erhob (1 Enthaltung).
Die Ersatzanlage kam im Ständerat damit also nicht zum Einsatz. Immerhin habe diese für beide Räte CHF 47'000 gekostet, doppelte der Tagesanzeiger nach. Wenigstens hätten die Räte «nach einem mittleren Shitstorm» kapituliert, so dass es dank der Zeitung nicht vollständig zu einer «eidgenössischen Blackbox» gekommen sei.

Beratungen ausserhalb des Parlamentsgebäudes - Änderungen des Geschäftsreglements des Ständerats (Pa.Iv. 20.408)

Wie bereits in ihrer ersten Stellungnahme zur parlamentarischen Initiative Kuprecht (svp, SZ) zur Stärkung der Autonomie der kantonalen und regionalen Stiftungsaufsichten über das BVG verwies die SGK-NR auch in ihrem Kommissionsbericht vom Mai 2019 auf die Bundesratsvorlage, die im Sommer 2019 ins Parlament kommen soll. Die Ausgangslage habe sich im Vergleich zum Mai 2017 nicht verändert, erklärte die Kommission und beantragte mit 20 zu 2 Stimmen, im Gegensatz zum Ständerat der Initiative keine Folge zu geben. Trotz eines Antrags Gmür-Schönenberger (cvp, LU) auf Folgegeben, der von einer Mehrheit der CVP-, einer Minderheit der SVP-Fraktion sowie von einzelnen Mitgliedern der anderen Fraktionen unterstützt wurde, befürwortete der Nationalrat den Kommissionsantrag in der Sommersession 2019 mit 143 zu 43 Stimmen und verwarf die parlamentarische Initiative.

Stärkung der Kantonsautonomie bei den regionalen Stiftungsaufsichten über das BVG

Die Grüne Fraktion forderte mit einer im Juni 2017 eingereichten parlamentarischen Initiative die Einsetzung einer PUK für die Aufklärung der Spionageaffäre um Daniel M. Die PUK sollte die Rollen von mutmasslich in den Fall involvierten Akteuren und Institutionen (Nachrichtendienst, Bundesrat, Bundeskriminalpolizei/Fedpol, Bundesanwaltschaft, GPDel) gründlich durchleuchten. Im Mai 2017 hatte die GPDel angekündigt, den Fall «Daniel M.» im Rahmen einer Inspektion vertiefter zu untersuchen. Die Grüne Fraktion war jedoch der Meinung, die GPDel könne eine Aufklärung der Affäre nicht mehr glaubwürdig vornehmen, nachdem einzelne Mitglieder der GPDel sich öffentlich mit widersprüchlichen Angaben zur Affäre positioniert hätten und nachdem gemäss verschiedenen Medienquellen die GPDel den Einsatz von Daniel M. selber gutgeheissen habe. Stattdessen müsse die GPDel selbst kritisch untersucht werden, forderten die Initianten.
Das Büro des Nationalrates sprach im Rahmen der Prüfung der Initiative mit dem Präsidenten der GPDel, Ständerat Alex Kuprecht (svp, SZ). Dieser habe laut dem Büro glaubhaft aufzeigen können, dass die GPDel sowohl über den notwendigen Sachverstand als auch die Kompetenzen verfüge, um die Untersuchung zügig und seriös zu führen. Der im März 2018 veröffentlichte Bericht der GPDel bestätigte diesen Eindruck in den Augen des Büros und es empfahl deshalb die Ablehnung der parlamentarischen Initiative. Auch der Fraktionspräsident der Grünen, Balthasar Glättli (ZH), zeigte sich zufrieden ob der Arbeit der GPDel, die entgegen der Befürchtungen der Grünen sehr gute Arbeit geleistet habe. Die Grünen zogen ihre Initiative daraufhin im Sommer 2018 zurück.

Parlamentarische Untersuchungskommission im Fall Daniel M. (Pa.Iv. 17.464)

Noch in der gleichen Woche wie die erste nationalrätliche Debatte fand das Differenzbereinigungsverfahren statt, wobei nicht mehr viele Fragen zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Überwachung von Versicherten offen waren. Der Ständerat zeigte sich grösstenteils mit den Vorschlägen des Nationalrats einverstanden: Er hiess die Notwendigkeit eines Antrags auf Überwachung mit technischen Hilfsmitteln zur Standortbestimmung sowie die Schweigepflicht für die Mitarbeitenden der externen Unternehmen gut. Er bestand jedoch darauf, Observationen nur durch Personen mit Direktionsfunktion erlauben zu lassen. Da eine Observation „einen beachtlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person” darstelle, sei diese Entscheidung auf Stufe Direktion zu treffen, erklärte Pirmin Bischof (cvp, SO) für die SGK-SR. Er ergänzte, dass die Kommission aufgrund der vorgängigen nationalrätlichen Diskussion noch zwei Fragen bei der Verwaltung habe abklären lassen. Demnach würden erstens Drohnen gemäss Verwaltung ebenfalls zu den technischen Hilfsmitteln der Standortbestimmung zählen, wenn sie für die Standortbestimmung eingesetzt würden – nicht aber, wenn sie für die konkrete Observation verwendet würden. Zweitens stellte die Verwaltung klar, dass gemäss ihrer Auffassung die Rahmenfrist von sechs Monaten für die Überwachung durch das Einreichen eines Antrages zur Verwendung der Hilfsmittel zur Standortbestimmung nicht neu zu laufen beginne.
Noch an demselben Tag beschäftigte sich auch der Nationalrat erneut mit der Vorlage. Nachdem die Problematik des Drohneneinsatzes auf Nachfrage von Silvia Schenker (sp, BS) durch Isabelle Moret (fdp, VD) geklärt wurde – Drohnen seien bewilligungspflichtig für die Standortfeststellung einsetzbar, jedoch nicht um Ton- und Bildaufnahmen zu machen, betonte sie – nahm sich die grosse Kammer der letzten Differenz an: Auf Antrag der SGK-NR lenkte sie ein und akzeptierte die Bestimmung des Ständerats; somit dürfen nur Personen mit Direktionsfunktion zukünftig Observationen anordnen.
Tags darauf folgten die Schlussabstimmungen in beiden Räten. Der Nationalrat nahm die Vorlage mit 141 zu 51 Stimmen an, wobei sich an den Lagern nichts geändert hatte: Die SP- und die Grünen-Fraktion waren einstimmig gegen die Schaffung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen, die übrigen Fraktionen sprachen sich einstimmig dafür aus. Im Ständerat fiel das Bild ähnlich aus, hier standen 29 zustimmende 10 ablehnenden Stimmen und 3 Enthaltungen gegenüber.

Damit war das Geschäft innert dreier Monate durch das Parlament „gepeitscht” worden, wie es Balthasar Glättli (gp, ZH) gleichentags formulierte; zuletzt wurde es in einer Woche dreimal vom National- und zweimal vom Ständerat beraten. „Wahnsinn. Raserei. Eskalation” titelte der Tages Anzeiger bereits am Tag der Schlussabstimmungen und sprach dabei nicht vom Resultat, sondern vom Behandlungstempo. „Warum diese Eile, dieses Politisieren nahe am Notrecht?” fragte er weiter und gab die Antwort gleich selber: Die Beteuerungen zahlreicher Politikerinnen und Politiker – namentlich erwähnt wurden Josef Dittli (fdp, UR), Alex Kuprecht (svp, SZ), Roland Eberle (svp, TG), Lorenz Hess (bdp, BE) und Ruth Humbel (cvp, AG) –, wonach ein vehementer Zeitdruck herrsche und die Missbrauchsbekämpfung für die Sozialversicherungen immens wichtig sei, stünden in Zusammenhang mit den Mandaten der Sprechenden bei Versicherern, „die direkt vom Gesetz profitier[t]en”. Diesen Vorwurf liess Lorenz Hess nicht gelten; er argumentierte, das Gesetz betreffe vor allem die Suva und die IV, für die Visana, deren Präsident er ist, seien Observationen nebensächlich. Gerade die Suva hatte aber gemäss Tages Anzeiger bei der Beratung dieser Vorlage eine wichtige Rolle gespielt, wie auch der Basler Strafrechtsprofessor Markus Schefer bestätigte. Ihre Vorschläge seien im Gesetzgebungsprozess „willig aufgenommen“ worden, erklärte er.
Mit Bezug auf diesen Artikel des Tages Anzeigers reichte Balthasar Glättli noch am selben Tag eine Interpellation (Ip. 18.3330) ein und wollte wissen, ob andere Gesetzesrevisionen ähnlich schnell vom Parlament verabschiedet worden waren, ob Beratungs- und Verwaltungsratsmandate bei von der Vorlage betroffenen Versicherern als relevante Interessenbindungen gelten und welche Konsequenzen allfällige in den Kommissionsdiskussionen oder im Plenum nicht offengelegte Interessenbindungen hätten. Für ihn sei „klar, dass die Versicherungsvertreter im Rat auf ihre Interessenbindungen hätten hinweisen sollen“. Anfang Mai beantwortete das Büro-NR die Interpellation: Seit der Wintersession 2011 seien 110 von 400 Bundesgesetzen und Bundesbeschlüssen innert zweier aufeinanderfolgender Sessionen fertig behandelt worden. Das Büro bestätigte, dass die erwähnten Mandate offenzulegen seien und die Betroffenen dies getan hätten – die entsprechenden Mandate seien in einem Register der Parlamentsdienste öffentlich zugänglich aufgeführt. Dadurch würden sie als bekannt vorausgesetzt und müssten im Rahmen von einzelnen Geschäften nicht genannt werden. Somit kam es bei der Beratung des Observationsartikels zu keinen Unregelmässigkeiten bezüglich der Offenlegung von Interessenbindungen. Bestehen bleibt jedoch der grosse potenzielle Einfluss der Versicherer, was nicht zuletzt auch Alex Kuprecht bestätigte: „Hätten alle Politiker in den Ausstand treten müssen, die bei einer Krankenkasse, einer Versicherung oder einer Pensionskasse ein Mandat haben, hätten wir das Gesetz gar nicht beraten können”, erklärte er gegenüber dem Tages Anzeiger.

Parlament schafft eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten (Pa. Iv. 16.479)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Wie erhofft konnte der Ständerat den Erlassentwurf zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Überwachung von Versicherten, der in Erfüllung einer Kommissionsinitiative der SGK-SR durch das Kommissionssekretariat erarbeitet worden war, in der Wintersession 2017 behandeln. Mittels der Kommissionsinitiative war der Observationsartikel aus der Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechtes (ATSG) herausgenommen worden, um den Prozess zu beschleunigen. Konrad Graber (cvp, LU) ging dennoch auf die Rückmeldungen aus der Vernehmlassung des ATSG ein. So wiesen die Vernehmlassungsantworten zwei Grundstossrichtungen auf: Den Behinderten- und Arbeitnehmerorganisationen, der SP und den Grünen gingen die vorgeschlagenen Regelungen zu weit, den Kantonen, Arbeitgeberorganisationen und bürgerlichen Parteien hingegen nicht weit genug. Ein ähnliches Muster zeigte sich in der Folge auch in der Ständeratsdebatte zum Erlassentwurf. Alex Kuprecht (svp, SZ) akzentuierte den Handlungsbedarf, der durch betrügerisch erworbene Renten in Millionenhöhe entstehe. Er betonte zudem, dass die im Erlassentwurf aufgeführten Observationen nicht leichtfertig durchgeführt würden, sondern zahlreiche Verdachtsmomente dazu notwendig seien. Letzterem widersprachen Hans Stöckli (sp, BE), Paul Rechsteiner (sp, SG) und Géraldine Savary (sp, VD) vehement: So hätten sich ein Drittel aller bisherigen Observationen als falsch, unnötig oder nicht zielführend erwiesen. Im neuen Erlass habe das Kommissionssekretariat die bundesrätliche Vorlage und damit die Möglichkeiten zur Überwachung erheblich verschärft. Neu sollen auch Tonaufzeichnungen und GPS-Tracker zur Ergänzung der Überwachung verwendet werden können und die Überwachung soll auf alle von öffentlichen Orten einsehbaren Bereiche ausgeweitet werden.
Die linke Ratsseite kritisierte insbesondere, dass diese Massnahmen zur Anwendung kämen, bevor ein begründeter Verdacht auf einen Straftatbestand bestehe, also bevor die Sozialversicherer Strafanzeige erstatten könnten. Somit erlaube die Revision strengere Observationsmöglichkeiten für den zivilen Teil eines Vergehens als für den strafrechtlichen Teil, was der Verhältnismässigkeit zuwiderlaufe. Diese kritische Meinung zur Reform teilte auch eine Gruppe von vier Staatsrechtlern, welche die Reform in einem Schreiben aufgrund der vielen Blankettnormen ohne erforderliche rechtsstaatliche Sicherungen als ausserordentlich problematisch bezeichneten. Stöckli kritisierte neben dem Erlasstext auch dessen Ausarbeitung: Beim Nachrichtendienstgesetz habe man „sehr seriös und unter Einbezug aller Eventualitäten eine rechtsstaatlich korrekte Gesetzgebung vorgenommen”, während hier in kürzester Zeit Massnahmen geschaffen worden seien, die wesentlich weiter gingen als die Massnahmen zum Staatsschutz und zur Terrorismusbekämpfung. Zudem sei der bundesrätliche Vorschlag nach der Vernehmlassung verschärft worden, ohne dass es nochmals Anhörungen gegeben hätte. Rechsteiner wies überdies auf die Rechtsungleichheit hin, welche diese Änderungen in Kombination mit der zwei Tage zuvor abgelehnten Verschärfung der staatlichen Mittel gegenüber Steuerdelinquenten bewirkten.
Um diese zahlreichen Bedenken klären zu können, schlug Raphaël Comte (fdp, NE) vor, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen. Dies lehnten aber zahlreiche Sprecherinnen und Sprecher ab, da eine Rückweisung zu einer Verzögerung von mindestens drei Monaten führen und keinen Mehrwert bringen würde. Stattdessen könnten diese Fragen auch im Plenum geklärt werden. Folglich wurde der Antrag Comte mit 15 zu 23 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) abgelehnt. In der Detailberatung wurde zuerst geklärt, inwiefern richterliche Bewilligungen für Observationen nötig sein sollen. Der kleinen Kammer ging der Minderheitsantrag Rechsteiner zu weit, wonach für alle Observationen neben konkreten Anhaltspunkten auf einen unrechtmässigen Leistungsbezug sowie der Aussichtslosigkeit oder der unverhältnismässigen Erschwerung von Abklärungen ohne Observationen auch eine richterliche Genehmigung vorliegen müsse. Stattdessen folgte sie dem Antrag Caroni (fdp, AR) und verlangte nur für den Einsatz von technischen Instrumenten zur Standortbestimmung eine richterliche Bewilligung. Ansonsten sollen Personen mit Direktionsfunktion beim Versicherungsträger die Berechtigung zur Anordnung von Observationen erhalten. Ein weiterer umstrittener Punkt betraf die Frage, ob Observationen ausschliesslich im öffentlich zugänglichen Raum oder in einer weiteren Fassung auch an einer von einem allgemein zugänglichen Ort frei einsehbaren Stelle erlaubt sein sollen. Stöckli sprach sich dafür aus, die bestehende Gesetzgebung im Strafprozess zu übernehmen und damit auch die Vernehmlassungskritik ernst zu nehmen, in der befürchtet worden war, dass neu auch Observationen im Privatbereich möglich werden würden. Bundesrat Berset bestätigte jedoch, dass eine weitere Fassung der Regelung die geltende Praxis kodifiziere, die überdies gemäss Kuprecht auch vom Bundesgericht gestützt worden war (BGE 8C 272/2011). Folglich entschied sich auch der Ständerat mit 33 zu 10 Stimmen für diese Fassung. Der Bundesrat solle die Anforderungen an mit Observationen beauftragte Personen definieren können, entschied der Ständerat abschliessend. In der Gesamtabstimmung zeigten sich die meisten Mitglieder des Ständerats mit den Änderungen einverstanden und nahmen die Vorlage mit 32 zu 8 Stimmen (bei einer Enthaltung) an.

Parlament schafft eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten (Pa. Iv. 16.479)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Da die SGK-NR der parlamentarischen Initiative Kuprecht zur Stärkung der Autonomie der kantonalen und regionalen Stiftungsaufsichten über das BVG keine Zustimmung gegeben hatte, hörte sich die SGK-SR im September 2017 die OAK-BV und die Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht an. Anschliessend entschied sie, die parlamentarische Initiative zu sistieren und im Rahmen der bundesrätlichen Botschaft zur Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und zur Optimierung in der 2. Säule zu behandeln. Da sich aber bald abzeichnete, dass die Ausarbeitung dieser Botschaft mehr Zeit in Anspruch nehmen würde als geplant, bestätigte die SGK-SR in ihrer Sitzung von Ende April 2018 kurz vor Ablauf der Behandlungsfrist des Vorstosses ihren früheren Beschluss und gab der Initiative mit 6 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen erneut Folge.
Damit gelangte das Anliegen von Kuprecht in der Sommersession 2018 in den Ständerat. Dort fasste Josef Dittli (fdp, UR) die Position der Kommission noch einmal zusammen: Da die OAK BV in den letzten Jahren durch Weisungen, Gleichschaltungsabsichten und Anträge auf Verordnungsänderungen immer mehr Einfluss genommen habe, müsse den regionalen und kantonalen Aufsichtsbehörden die Berechtigung gegeben werden, selber über die Zusammensetzung ihrer Organe zu bestimmen. Dem stimmte die kleine Kammer zu und nahm die Initiative stillschweigend an.

Stärkung der Kantonsautonomie bei den regionalen Stiftungsaufsichten über das BVG

Im Mai 2017 beschloss die SGK des Nationalrates mit 16 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen, einer Initiative Kuprecht (svp, SZ) für die Stärkung der Autonomie der kantonalen und regionalen Stiftungsaufsichten über das BVG keine Folge zu geben. Für die Unabhängigkeit der Aufsichtsorgane und die Vermeidung von Konflikten sei die Oberaufsicht notwendig. Die Kommission verwies zudem auf das laufende Vernehmlassungsverfahren zur Aufsicht in der ersten und zweiten Säule, das den Ausschluss von Mitgliedern der Kantonsregierungen aus den entsprechenden Aufsichtsgremien vorsieht. Die parlamentarische Initiative ging somit ans Plenum des Ständerates.

Stärkung der Kantonsautonomie bei den regionalen Stiftungsaufsichten über das BVG

Eine parlamentarische Initiative Kuprecht (svp, SZ) verlangte eine Stärkung der Autonomie der kantonalen und regionalen Stiftungsaufsichten über das BVG. Sie sollen ihre Aufsichtsorgane in eigener Verantwortung bestimmen und der Oberaufsicht lediglich Jahresberichte zur Kenntnisnahme unterbreiten müssen. In der Begründung des Vorstosses war zu lesen, die Oberaufsichtskommission OAK über das BVG habe ihren Einfluss in den letzten Jahren stark ausgeweitet und würde zu viele und zu weitgehende Eingriffe vornehmen. Insbesondere sei es stossend, dass die OAK bei der Nomination von Personen für die Leitungsorgane mitrede und kantonalen Exekutivmitgliedern bisweilen die Einsitznahme verbiete. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates gab der parlamentarischen Initiative im November 2016 Folge, mit 9 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Man erhoffe sich damit mehr Klarheit über die Kompetenzen der regionalen und kantonalen Aufsichtsbehörden gegenüber der Oberaufsichtskommission BVG.

Stärkung der Kantonsautonomie bei den regionalen Stiftungsaufsichten über das BVG

Die parlamentarische Initiative Fasel (csp, FR), welche bereits 2006 eingereicht wurde, fordert eine Änderung des Familienzulagengesetzes, so dass der Grundsatz „Ein Kind, eine Zulage“ gewahrt würde. Damit sollen zukünftig auch Selbständigerwerbende von Familienzulagen profitieren können. Der Ständerat hatte 2010 erst im zweiten Anlauf beschlossen, auf die Vorlage einzutreten. Die zuständige ständerätliche Kommission lehnte die Gesetzesänderung per Stichentscheid des Kommissionspräsidenten Kuprecht (svp, SZ) ab. In der Beratung während der Frühlingssession im Ständerat gab insbesondere die Frage nach den Familienzulagen für selbständig tätige Landwirte zu reden. Die Kommission hatte gefordert, Bauern ebenfalls zur Zahlung von Kinderzulagen zu verpflichten. Eine Minderheit Schwaller (cvp, FR) verlangte in der kleinen Kammer, dass diese Zulagen weiterhin von Bund und Kantonen gedeckt werden sollten. Diese Abänderung der landwirtschaftlichen Finanzierung sei nicht Ziel und Sinn der parlamentarischen Initiative Fasel und würde zu einer Verschlechterung der finanziellen Lage von Bauernfamilien führen. Die Gegner dieses Antrags argumentierten, es sei aus Gleichbehandlungsgründen nicht vertretbar, wenn Bauern ihren Beitrag an diese Sozialabgaben nicht auch leisten müssten. Eine ständerätliche Mehrheit hiess dann aber den Minderheitenantrag gut und überwies das Gesetz zur Differenzenbereinigung an den Nationalrat, welcher die Änderungen des Ständerates, die unter anderem auch die Einflussnahme der Kantone auf die Beitragssätze der Selbständigerwerbenden betraf, annahm. Der Gesetzesentwurf wurde im Nationalrat in der Gesamtabstimmung mit 98 zu 88 Stimmen gutgeheissen. Dagegen waren die gesamte SVP- und die überwiegende Mehrheit der FDP-Fraktion. In der Schlussabstimmung ebenfalls nur knapp angenommen wurde der Entwurf im Ständerat, nämlich mit 23 zu 20 Stimmen bei einer Enthaltung.

„Ein Kind, eine Zulage“
Dossier: Vereinheitlichung der Kinderzulagen