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  • Müller, Damian (fdp/plr, LU) SR/CE
  • Gapany, Johanna (plr/fdp, FR) SR/CE

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Auf Antrag des Bundesrates oder eines Viertels der Mitglieder des Nationalrats – sowie seit 2000 auch auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des Ständerats – werden beide eidgenössischen Räte zu einer ausserordentlichen Session einberufen. Seit 2000 verlangten die Mitglieder des Nationalrats insgesamt beinahe 40 Mal eine ausserordentliche Session, jedoch nur einmal ein Viertel der Ständeratsmitglieder und zwar im Frühling 2020 zur Bewältigung der Covid-19-Krise. Das Einberufungsrecht von fünf Kantonen war bis zu seiner Abschaffung im Jahr 1999 nie benutzt worden. Seit einer Revision des Parlamentsgesetzes (Pa.Iv. 10.440) können ausserordentliche Sessionen, sofern sie zu Vorstössen und nicht zu Erlassentwürfen, Wahlen oder Erklärungen des Bundesrates oder der Räte verlangt werden, nur beantragt werden, wenn in beiden Parlamentskammern gleichlautende Motionen hängig sind. Damit sollte gewährleistet werden, dass sich – wie es die Verfassung verlangt – beide Räte zur ausserordentlichen Session versammeln. In der Vergangenheit war es vereinzelt vorgekommen, dass der Ständerat zur ausserordentlichen Session zusammenfand, jedoch in diesem Rahmen gar keine Beschlüsse zu fassen hatte. Durch diese neue Regelung liegt die Traktandierung der ausserordentlichen Sessionen zumindest teilweise bei der Ratsminderheit, die diese beantragt: Neben den von den Antragsstellenden ausgewiesenen, in beiden Räten hängigen Beratungsgegenständen können die Büros der beiden Räte die ausserordentliche Session um weitere Beratungsgegenstände erweitern.

Im Jahr 2023 fanden in den eidgenössischen Räten insgesamt sechs ausserordentliche Sessionen statt. Damit schliesst das Jahr 2023 zu den Spitzenreitern auf; im Wahljahr 2011 sowie im Vorjahr 2022 gab es ebenso viele ausserordentliche Sessionen. Neben der dreitägigen ausserordentlichen Session zur CS im April 2023 wurden fünf weitere ausserordentliche Sessionen einberufen, die jedoch – was dem Regelfall entspricht – an eine ordentliche Session angehängt werden konnten. Neben einer ausserordentlichen Session zur Gleichstellung am Tag des feministischen Streiks vom 14. Juni sowie einer ausserordentlichen Session zum Thema «Wohnen und Mieten» angehängt an die Herbstsession 2023 führten National- und Ständerat auf Verlangen der SVP im Jahr 2023 drei ausserordentliche Sessionen zum Thema Asyl durch. Dies stellt einen alleinigen Rekord dar; bisher war es erst im Jahr 2015 beim Höchstwert an Asylgesuchen seit 1999 zu mehr als einer ausserordentlichen Session zu diesem Thema im gleichen Jahr gekommen.

Die während den drei ausserordentlichen Sessionen zum Thema Asyl behandelten Vorstösse aus der Feder der SVP waren kaum von Erfolg gekrönt. In der ausserordentlichen Session «Migration» im Anschluss an die Sommersession 2023 waren insgesamt fünf gleichlautende Motionen der SVP-Fraktion oder von deren Mitgliedern in beiden Räten traktandiert. Von diesen fünf Vorstössen wurden drei von beiden Räten abgelehnt (Mo. 22.4397 und Mo. 23.3086; Mo. 23.3074 und Mo. 23.3085; Mo. 23.3200 und Mo. 23.3211). Zwar vermochten die zwei verbleibenden Forderungen der SVP zur Aussetzung des Resettlement-Programms 2024/25 (Mo. 23.3096) und zur Erhöhung der Rückführungen und Ausweisungen (Mo. 23.3082) jeweils eine bürgerliche Mehrheit im Ständerat zu überzeugen, nicht so jedoch im Nationalrat, der die Forderungen ablehnte (Mo. 23.3072; Mo. 23.3073). Darüber hinaus behandelte der Nationalrat im Rahmen dieser ausserordentlichen Session drei weitere Vorstösse von Mitgliedern anderer Parteien, die allesamt angenommen wurden, darunter eine Motion Romano (mitte, TI; Mo. 22.4186) für ein Rückübernahmeabkommen mit Österreich, ein Postulat Marti (sp, BL; Po. 23.3203) zur Evaluation der privaten Unterbringung von Flüchtlingen oder vorläufig Aufgenommenen sowie ein Postulat Bellaiche (glp, ZH; Po. 23.3042) zum Aufzeigen von Chancen und Herausforderungen einer 10-Millionen-Schweiz.

In der im Anschluss an die Herbstsession 2023 stattfindenden ausserordentlichen Session «Zuwanderung und Asyl» lagen dem Ständerat zwei Motionen von Marco Chiesa (svp, TI) vor, während im Nationalrat zwei gleichlautende Vorstösse der SVP-Fraktion respektive von Gregor Rutz (svp, ZH) traktandiert waren. Weder die Forderung mit dem Titel «Keine 10-Millionen-Schweiz!» (Mo. 23.3777 und Mo. 23.3832) – ebenso lautet der Titel einer von der SVP aktuell lancierten Volksinitiative – noch die Forderung nach der Durchführung von Asylverfahren ausserhalb der Schweiz (Mo. 23.3851 und Mo. 23.3950) fanden in den Räten breitere Zustimmung über die Fraktionsgrenzen hinaus. Erfolgreich waren im September 2023 die beiden anderen, in der ausserordentlichen Session des Nationalrats traktandierten Geschäfte: eine Motion der FDP-Fraktion zur Verringerung der irregulären Sekundärmigration (Mo. 23.3533) sowie ein Postulat Pfister (mitte, ZG; Po. 23.3859) zur Auslotung der Chancen, die eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems für die Schweiz brächte. Vier weitere Vorstösse von Mitte-Links, insbesondere zur Erhöhung der humanitären Hilfe an die Ukraine – drei davon gleichlautend – waren vom Büro-NR ursprünglich ebenfalls für die ausserordentliche Session im Nationalrat traktandiert gewesen, wurden aufgrund eines erfolgreichen Ordnungsantrags Bregy (mitte, VS) jedoch zunächst an die zuständige Kommission zur Vorberatung zugewiesen (Mo. 23.3422; Mo. 23.3423; Mo. 23.3425; Mo. 23.3255).

Die in der Wintersession 2023 von Mitgliedern der SVP-Fraktion einberufene ausserordentliche Session war gegen eine im Sommer vom SEM beschlossene Praxisänderung gerichtet, gemäss welcher weiblichen afghanischen Asylsuchenden grundsätzlich die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Im Rahmen dieser ausserordentlichen Session behandelten beide Räte insgesamt je eine Motion, die diese Praxis rückgängig machen wollte: der Nationalrat die Motion Rutz (svp, ZH; Mo. 23.4241) und der Ständerat die gleichlautende Motion Bauer (fdp, NE; Mo. 23.4247), die nach den eidgenössischen Wahlen von Damian Müller (fdp, LU) übernommen worden war. Einen Beschluss fassten die Räte im Rahmen der ausserordentlichen Session indes nicht; zwecks vertiefter Abklärungen und der Erstellung einer grundlegenden Auslegeordnung stimmten die Räte aber je einem Ordnungsantrag auf Zuweisung an die Kommission zu.

Der nach den eidgenössischen Wahlen im Oktober 2023 neu zusammengesetzte Nationalrat beugte sich in der Wintersession über die beiden Motionen von SVP-Mitgliedern, die der Ständerat im Rahmen der ausserordentlichen Session im Juni befürwortet hatte. Während er die Motion zur Aussetzung des Resettlement-Programms 2024/2025 ablehnte, befürwortete er eine abgeänderte Version der Motion Salzmann (svp, BE) mit der Forderung nach einer Rückführungsoffensive (Mo. 23.3082), die nun zurück an den Ständerat geht. Der Nationalrat fasste diesen Beschluss auf Anraten einer breiten Kommissionsmehrheit, nachdem diese unter anderem die Kantone angehört hatte. Bereits definitiv überwiesen werden konnte die Motion Romano (Mo. 22.4186), die ein Rückübernahmeabkommen mit Österreich anstrebt: In der ersten Session der 52. Legislatur bekräftigte der Ständerat die im Rahmen der ausserordentlichen Session im Juni durch den Nationalrat ausgedrückte positive Haltung zum Anliegen. Damit gehört letzterer Vorstoss zu einer der wenigen der äusserst zahlreichen Motionen im Bereich Asyl, die 2023 Zustimmung in beiden Räten fanden – die meisten dieser Motionen scheiterten bereits im Erstrat.

Die SVP verlangt 2023 drei ausserordentliche Sessionen zu Asyl

Die Motion  «Intervention in Brüssel, damit Italien endlich das Dublin-Abkommen einhält» von Damian Müller (fdp, LU) wurde in der Wintersession 2023 vom Nationalrat behandelt. SPK-NR-Sprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) erläuterte, dass die Motion im Interesse der Schweiz sei, da sie darauf abziele, dass Italien seine Verpflichtungen zur Rücknahme von Asylsuchenden einhält. Dafür brauche es gemäss Kommissionsmehrheit eine stärkere Einflussnahme der Schweiz auf europäischer Ebene. Céline Widmer (sp, ZH) vertrat die Minderheit der Kommission, welche auf Ablehnung der Motion plädierte. Sie erachtete die Motion als erfüllt, da die verlangten Zahlen zum Rücknahmestop bereits geliefert worden seien und die Schweizer Regierung auf bilateraler sowie multilateraler Ebene bereits alles Mögliche unternehme, um «gegen diesen unschönen Zustand» vorzugehen. Auch Justizministerin Baume-Schneider empfahl die Motion zur Ablehnung, da sie bereits umgesetzt werde.
In der anschliessenden Abstimmungen wurde die Motion mit 124 zu 60 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen. Die ablehnenden Stimmen stammten von den geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen.

Intervention in Brüssel, damit Italien endlich das Dublin-Abkommen einhält (Mo. 23.3031)

Die KVF-SR stellte sich grundsätzlich hinter die bundesrätlichen Anträge in der Botschaft zum Stand und zu Änderungen der Ausbauprogramme für die Bahninfrastruktur sowie zur Perspektive Bahn 2050. Um eine «über alle Regionen ausgewogene Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs» sicherzustellen, beantragte die Kommission ihrem Rat aber, in den Ausbauschritten 2025 und 2035 verschiedene Projekte anzupassen oder neu aufzunehmen.
Die Strategie Bahn 2050 nahm die Kommission zur Kenntnis. Kommissionssprecher Wicki (fdp, NW) erläuterte, dass die Kommission den Fokus der Strategie auf kurze und mittlere Strecken grundsätzlich begrüsse, die Strecken zwischen Städten und Agglomerationen sowie der langstreckenfokussierte Güterverkehr dabei aber nicht in den Hintergrund rücken dürften. Die Kantone hätten in der Anhörung der Kommission zudem verlauten lassen, dass sie den Ausbau internationaler Verbindungen zu den grossen Städten und Tourismuszentren begrüssen würden.
Die mitberichtende FK-SR stellte keine von der bundesrätlichen Botschaft abweichenden Anträge, merkte aber an, «dass die Finanzierung der Bahninfrastruktur angesichts des Bedarfs aller Regionen eine Herausforderung bleibt».

In der Wintersession 2023 stand die Beratung des Geschäfts auf der Traktandenliste des Ständerats. In der Eintretensdebatte wurden Fragen bezüglich der langfristigen Planung der Bahnentwicklung sowie der Auswahl der Projekte laut. Stefan Engler (mitte, GR) beispielsweise bemängelte die seines Erachtens geringe parlamentarische und demokratische Legitimation der Projektauswahl, die Stossrichtung der räumlichen Entwicklung der Bahn und die Ausgestaltung der Angebotskonzepte. Er stellte zudem die Frage, warum der Marktanteil der Bahn trotz grosser Investitionen in die Infrastruktur stagniere. Auch müsse in der Planung auf das nationale Zusammenspiel der verschiedenen Planungsregionen geachtet werden, wie Benedikt Würth (mitte, SG) ergänzte. Bundesrat Rösti erläuterte in Anbetracht dieser Fragen, dass die vorliegende Strategie Bahn 2050 eine erste Stossrichtung vorgebe. Eine Konkretisierung des angestrebten Bahnausbaus und des Angebotskonzepts sowie die Möglichkeit, diese im Parlament zu beraten, stellte er für die Botschaft 2026 in Aussicht.
Eintreten wurde in der Folge ohne Gegenantrag beschlossen.
In der Detailberatung gab der erste Teil der Vorlage bezüglich Anpassungen an den Ausbauschritten 2025 und 2035 Anlass zur Debatte. Die KVF-SR beantragte ihrem Rat beim Ausbauschritt 2025, am bisherigen Beschlusstext festzuhalten und die Entflechtung in Pratteln weiterzuführen, da deren Notwendigkeit unbestritten sei. Dafür beantragte sie eine Krediterhöhung um CHF 25 Mio. Laut Kommissionssprecher Wicki sei die Verwaltung der Meinung, dass im Projekt bereits genügend Mittel zur Verfügung stehen, um die Entflechtung weiterzuführen. Die Kommission habe sich jedoch einstimmig für die Krediterhöhung ausgesprochen, «damit das Projekt ernst genommen wird». Die kleine Kammer stellte sich stillschweigend hinter den Antrag der Kommission.
Beim Ausbauschritt 2035 empfahl die KVF-SR, der vom Bundesrat beantragten Aufnahme des Vollausbaus des Lötschberg-Basistunnels, der Projektierung des multifunktionalen Grimseltunnels und dem Bau des Tunnels Morges-Perroy zuzustimmen, was der Ständerat diskussionslos genehmigte.
Zusätzlich beantragte die Kommissionsmehrheit die Aufnahme von weiteren (Teil-)Projekten. Im Projekt zur Kapazitätserweiterung auf der Strecke Luzern-Zug-Zürich schlug die Kommission vor, vier Gleise des Bahnhofs Ebikon zu verlängern. Dies werde mit dem Bau des Durchgangsbahnhofs Luzern früher oder später ohnehin notwendig und mit der frühen Aufnahme des Ausbaus könnten längere Bautätigkeiten vermieden werden. Der Kreditrahmen sollte entsprechend um CHF 100 Mio. erhöht werden. Weiter sollte im Raum Basel die S-Bahn-Haltestelle Morgartenring realisiert werden. Bei der Strecke Zürich-Chur empfahl die KVF-SR, den bisher einspurigen Streckenabschnitt Tiefenwinkel auf zwei Spuren auszubauen. Der Ständerat sprach sich diskussionslos für diese drei Projektierungen aus.
Zudem beantragte die KVF-SR ihrem Rat zwei Änderungen im Raum Westschweiz. Erstens sollten Vorstudien bzw. Projektierungen für die Projekte Arc-Express und Bypass Bussigny erstellt werden, was die kleine Kammer stillschweigend guthiess. Zweitens sollten CHF 100 Mio. bereitgestellt werden, um «Verschlechterungen in der Westschweiz im Kontext des Fahrplanwechsels aufzufangen». Kommissionssprecher Wicki sprach von einer grossen Notwendigkeit und erklärte, dass sich die Kommission mit 6 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung für diesen Antrag ausgesprochen habe. Bundesrat Rösti stellte sich gegen die Bereitstellung dieser Mittel, da keine konkreten Projekte vorliegen würden. Rösti führte zudem aus, dass – sollten konkrete Massnahmen nötig sein – entsprechende Gelder auf dem ordentlichen Weg beantragt werden könnten. Der Ständerat stellte sich jedoch hinter die Meinung seiner Kommission und sprach sich mit 40 zu 2 Stimmen bei einer Enthaltung für die Sprechung der Mittel aus.
Auch ein Minderheitsantrag lag zum Ausbauschritt 2035 vor. Minderheitssprecher Mathias Zopfi forderte, dass im Rahmen des Ausbaus des Zimmerberg-Basistunnels II eine Abzweigung für den angedachten Meilibachtunnel gebaut wird. Der Ausbau des Meilibachtunnels sei einerseits von zentraler Bedeutung für die Kantone Zürich, St. Gallen, Graubünden, Glarus und Schwyz sowie auch für die internationalen Zugverbindungen. Andererseits könnte die Sperrung des Zimmerberg-Basistunnels, welche ohne die Vorinvestition in die Abzweigung nötig wäre, massive Engpässe im Bahnverkehr verursachen. Kommissionssprecher Wicki ergänzte dazu, dass sich der Bau des Zimmerberg-Basistunnels leicht verzögern und Mehrkosten von CHF 100 Mio. anfallen würden, wenn die Abzweigung in den Ausbauschritt aufgenommen würde. Die Kommissionsmehrheit sei aber der Ansicht, dass die Vorinvestition mit finanziellen Risiken behaftet sei. Da bisher keine konkrete Projektierung für den Meilibachtunnel vorliege, bestehe die Gefahr, dass die investierten Mittel bei einer Projektänderung verloren gingen. Dies sei bereits beim Lötschberg-Basistunnel der Fall gewesen, als eine Abzweigung an der falschen Stelle und im falschen Winkel realisiert wurde. Die kleine Kammer sprach sich – nachdem Bundesrat Rösti versichert hatte, dass der Ausbau der Abzweigung keine «epische» zeitliche Verzögerung mit sich bringen würde – mit 40 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen für den Minderheitsantrag aus und nahm die Vorinvestition in den Ausbauschritt 2035 auf.
In der Gesamtabstimmung stellte sich die kleine Kammer einstimmig hinter diesen ersten Teil der Vorlage.
Die drei weiteren Teile der bundesrätlichen Vorlage waren unumstritten. Der Ständerat genehmigte stillschweigend die Anpassung der ZEB sowie die Verpflichtungskredite für die Ausbauschritte 2025 und 2035, welche entsprechend den vorher genehmigten Projekten erhöht wurden. In den Gesamtabstimmungen herrschte Einstimmigkeit über die Annahme der drei Beschlüsse. Somit ging die Vorlage mit den Ergänzungen in beiden Ausbauschritten zur Beratung an den Nationalrat.

Der Ständerat genehmigte zudem die Abschreibung eines Postulats und einer Motion der KVF-SR. Den Antrag auf Abschreibung für ein drittes Postulat zog Bundesrat Rösti zurück, nach dem Johanna Gapany (fdp, FR) einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Gapany hatte argumentiert, dass in der vorliegenden Fassung der Strategie Bahn 2050 zwar ein Fokus auf einigen lokalen Projekten bestehe, ein umfassender Masterplan bezüglich der schweizweiten Vision des Eisenbahnnetzes aber noch nicht vorliege.

Stand und Änderungen bei Ausbauprogrammen der Bahninfrastruktur und neue Langfriststrategie «Perspektive Bahn 2050» (BRG 23.055)

Mit einer Motion forderte Olivier Français (fdp, VD) vom Bundesrat, dass im Rahmen der Botschaft zum Stand der Ausbauschritte und zur Perspektive Bahn 2050 Massnahmen zur Erhöhung der Redundanz und Zuverlässigkeit auf der Eisenbahnachse Lausanne–Genf ausgearbeitet werden. Der Streckenabschnitt sei zentral für den Bahnverkehr in der Romandie und die häufigen Unterbrechungen auf dieser Strecke würden zu massiven Störungen führen, auch über die Westschweiz hinaus.
In der Herbstsession 2023 genehmigte der Ständerat diskussionslos einen Ordnungsantrag, dass die Motion der KVF-SR zur Vorberatung zu überweisen sei. Antragsstellerin Eva Herzog (sp, BS) hatte das Anliegen der Motion als sehr dringlich angesehen. Da in der Zwischenzeit bereits die entsprechende bundesrätliche Botschaft zum Stand der Ausbauschritte und zur Perspektive Bahn 2050 präsentiert worden war, hatte sie eine rasche Vorberatung durch die Kommission als notwendig erachtet, um inhaltliche Zweigleisigkeiten auszuschliessen, so Herzog.

Nach der Behandlung durch die KVF-SR stand die Motion bereits in der darauffolgenden Wintersession wieder auf der Traktandenliste des Ständerats. Für die KVF-SR liess Marianne Maret (mitte, VS) verlauten, dass sich die Kommission einstimmig für die Annahme der Motion ausgesprochen habe. Mit der Aufnahme eines Tunnels auf der Strecke Morges-Perroy in den Bahn-Ausbauschritt 2035 sei die Motion bloss zu einem Teil erfüllt. Würde die Motion jetzt abgelehnt, würde der Anschein erweckt, dass die kleine Kammer den Ausbauschritt 2023 als ausreichend betrachten würde. Johanna Gapany (fdp, FR) – sie hatte die Motion von Français übernommen – ergänzte, dass mit dem Tunnel Morges-Perroy nur ein 9 Kilometer langes Teilstück der insgesamt 66 Kilometer langen Strecke zwischen Lausanne und Genf besser erschlossen würde.
Bundesrat Albert Rösti beantragte hingegen die Ablehnung der Motion. Der Bundesrat anerkenne die grosse Notwendigkeit des Ausbaus der Strecke Lausanne-Genf, sei aber auch der Ansicht, «dass die notwendigen Arbeiten eigentlich angelaufen sind». Im Rahmen einer Studie sei die erste Etappe zwischen Morges und Perroy vorgeschlagen worden. In einem zweiten Schritt soll laut Rösti die Projektierung des Streckenabschnitts Nyon-Genf aufgegleist werden, was im nächsten Ausbauschritt konkretisiert werden solle. Nun sei es eine Frage der Governance, ob eine laut dem Bundesrat erfüllte Motion wie üblich abgelehnt werde oder nicht.
Trotz Röstis Ausführungen fand Français' Anliegen im Ständerat grosse Zustimmung. Die Motion wurde mit 26 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen und somit an den Nationalrat überwiesen.

Redundanz und Zuverlässigkeit auf der Eisenbahnachse Lausanne–Genf (Mo. 23.3668)

Wie bereits der ständerätliche Entscheid zur Motion Müller (fdp, LU), welche Personen aus Eritrea mit einem negativen Asylentscheid aus der Schweiz in einen aufnahmebereiten Drittstaat wegweisen wollte, fiel auch der Entscheid im Nationalrat relativ knapp aus. Im Unterschied zum Erstrat entschied die grosse Kammer jedoch mit 96 zu 91 Stimmen (6 Enthaltungen) für Ablehnung der Motion. Sie folgte damit dem Antrag der Mehrheit der SPK-NR, die unter anderem nach Anhörung der Kantone zum Schluss gekommen war, dass die Wegweisung in einen Drittstaat aufgrund menschenrechtlicher Bedenken für sie keine Option sei. Zudem hob die Kommissionsmehrheit hervor, dass eine solche Lösung momentan durch keinen europäischen Staat praktiziert werde. Eine aus Mitgliedern der SVP und FDP zusammengesetzte Kommissionsminderheit hatte hingegen die Ansicht vertreten, dass die Motion die Wahl des Drittstaates offen lasse, was ihrer Meinung nach eine im Hinblick auf die Wahrung der Menschenrechte bedachte Auswahl des Aufnahmelandes ermöglichen könnte. Die Kommissionsminderheit stiess im Nationalrat ausserhalb der Fraktionen der SVP und der FDP jedoch kaum auf Gehör. Mit Ausnahme von sechs Enthaltungen, drei aus der Mitte- und drei aus der GLP-Fraktion, lehnten alle anderen Fraktionen den Vorstoss geschlossen ab.
Unmittelbar nach dem Scheitern der Motion im Nationalrat lancierte FDP-Ständerätin Petra Gössi (SZ) eine neue Motion mit einem weiteren Versuch, die Rückführung von abgewiesenen eritreischen Asylsuchenden mit der Unterstützung von Drittstaaten zu verstärken (Mo. 23.4440). Gemäss der Motion Gössi müsste der Drittstaat die Rolle eines Transitlandes und nicht eines Aufnahmestaates einnehmen.

Rückführung von abgewiesenen Personen eritreischer Staatsangehörigkeit in einen Drittstaat (Mo. 23.3176)

In der Wintersession 2023 befasste sich der Ständerat mit der parlamentarischen Initiative Nussbaumer (sp, BL) zur Ergänzung des Parlamentsgesetzes mit parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten in Europafragen. Damian Müller (fdp, LU) stellte das Geschäft vor und erläuterte, dass die Mehrheit der vorberatenden APK-SR dem zustimmenden Beschluss des Nationalrates folgen wolle. Eine Minderheit Gmür-Schönenberger (mitte, LU) forderte hingegen Nichteintreten. Die Mitte-Politikerin vertrat die Ansicht, dass der im Vorstoss verlangte Planungsbericht ein Ding der Unmöglichkeit sei, da sich die Verhandlungen zu den verschiedenen EU-Programmen jeweils in unterschiedlichen Stadien befänden. Der geforderte Bericht wäre daher lediglich «eine absolut unvollständige Momentaufnahme». Aussenminister Cassis hingegen betonte, dass der Bundesrat das Interesse des Parlaments anerkenne, über die notwendigen Informationen zu den gesamten Beziehungen Schweiz-EU zu verfügen und sprach sich daher für Eintreten und für die entsprechende Anpassung des Bundesgesetzes über die Bundesversammlung aus. In der Folge sprach sich der Ständerat mit 25 zu 18 Stimmen und 1 Enthaltung für Eintreten aus. In der Gesamtabstimmung nahm er den Entwurf mit demselben Stimmenverhältnis an.
In den Schlussabstimmungen sprach sich der Nationalrat schliesslich mit 131 zu 67 Gegenstimmen der SVP für den Entwurf aus. Der Ständerat nahm das Geschäft mit 31 zu 14 Stimmen an.

Planungsbericht über die Zusammenarbeit mit der EU in den Bereichen ausserhalb des Marktzugangs (Pa. Iv. 20.496)

Als Zweitrat diskutierte der Ständerat in der Wintersession 2023 den Entwurf für einen zwingenden Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorlagen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen sowie für eine Änderung der Behandlung des Bundesbeschlusses über die Planungsgrössen des Voranschlags. Die Kommissionssprecherin Johanna Gapany (fdp, FR) empfahl dem Rat, im ersten Teilprojekt zu den Planungsgrössen den Änderungen des Nationalrats zu folgen, was der Ständerat auch stillschweigend tat. Im zweiten Teilprojekt zur Einbeziehung der Finanzkommission empfahl sie ebenfalls dem Nationalrat zu folgen und somit der Streichung der Kompetenzerweiterungen für die Finanzkommission zuzustimmen. Der Ständerat folgte der Empfehlung der Kommissionssprecherin auch hier stillschweigend. Uneinigkeit herrschte jedoch bezüglich des Verfahrens bei Erlassentwürfen von Kommissionen, wobei die FK-SR vorschlug, dem Nationalrat zu folgen, welcher vorsah, die Finanzkommission bei Erlassentwürfen der Kommissionen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen stärker einzubeziehen und zeitgleich mit dem Bundesrat zur Stellungnahme einzuladen. Ein Gegenantrag der SPK-SR beantragte hingegen, bei geltendem Recht zu bleiben und den stärkeren Einbezug der Finanzkommission nicht gesetzlich zu verankern. Daniel Fässler (mitte, AI) begründete den Antrag der SPK-SR damit, dass Finanzkommissionen bereits heute das Recht hätten, Mitberichte zu erlassen, und die finanzpolitische Bewertung nicht nur Aufgabe der Finanzkommissionen, sondern auch der Sachbereichskommissionen sei. Ausserdem seien im Ständerat alle Mitglieder der Finanzkommissionen ebenfalls in Sachbereichskommissionen vertreten, womit die finanzpolitische Kompetenz in den Sachbereichskommissionen bereits sichergestellt sei. Peter Hegglin (mitte, ZG) hingegen argumentierte für die Finanzkommission, dass es im Nationalrat selten bis nie vorkomme, dass ein Mitglied sowohl in einer Sachbereichskommission als auch in der Finanzkommission vertreten sei. Daher könne es passieren, dass Vorlagen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen, die in Sachbereichskommissionen vorbereitet werden, der Finanzkommission nicht zur Kenntnis gebracht würden. Der Antrag der SPK-SR wurde schliesslich mit 20 zu 17 Stimmen gegenüber dem Antrag der Finanzkommission, dem Nationalrat zu folgen, angenommen. In der Gesamtabstimmung sprach sich der Ständerat mit 36 zu 1 Stimmen deutlich für den veränderten Entwurf aus, womit das Geschäft zurück an den Nationalrat ging.

Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorstössen und Erlassentwürfen von Sachbereichskommissionen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen sicherstellen (Pa.Iv. 22.483)

Die Stärkung der Kreislaufwirtschaft in Umsetzung der entsprechenden parlamentarischen Initiative der UREK-NR stand in der Wintersession 2023 auf der Agenda des Ständerats. Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) stellte die entsprechende Überarbeitung des USG vor und berichtete, dass die vorberatende UREK-SR in weiten Teilen dem Nationalrat gefolgt war. Eintreten auf die Vorlage war unbestritten. Dem Rat lagen bei der Detailberatung jedoch einige wenige vom Nationalrat abweichende Mehrheitsanträge sowie einige wenige Minderheitsanträge vor, wobei letztere allesamt erfolglos blieben.Eine erste kleine Differenz zum Nationalrat wurde geschaffen, indem die Mehrheit des Ständerats beschloss, die Möglichkeit des Bundes, Plattformen zur Ressourcenschonung und zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft zu betreiben oder zu unterstützen, zu streichen. Damian Müller wies darauf hin, dass bereits an anderer Stelle im Gesetz eine solche Möglichkeit aufgeführt werde. Eine weitere Differenz schuf der Ständerat durch die Einführung eines Messsystems für die Kreislauffähigkeit von Produkten. Hier setzte sich die Mehrheit knapp mit 20 zu 18 Stimmen durch. Mit 21 zu 20 Stimmen fiel eine Entscheidung zur Sammlung von Abfällen noch knapper aus: Hier beschloss der Ständerat im Gegensatz zum Nationalrat, auf eine Entpackungspflicht bei biogenen Produkten zu verzichten. Bei Artikel 30d zur Verwertung von Abfällen entschied sich die kleine Kammer dafür, nebst der stofflichen Verwertung auch die Wiederverwendung von Abfällen im Gesetz aufzuführen, wie es ursprünglich auch der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Ausserdem ergänzte die kleine Kammer Artikel 30d noch um einen ausführlichen Absatz zur Verwertung von Phosphor. Die letzte Differenz zur grossen Kammer wurde schliesslich mit einer Anpassung der Formulierung zur Entsorgung von Siedlungsabfällen geschaffen. Kommissionssprecher Müller wies im Übrigen darauf hin, dass die UREK-SR zur Problematik der Retouren im Online-Versandhandel, welche ebenfalls in der vorliegenden Revision des USG behandelt werden, ein Postulat eingereicht habe.
In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den Entwurf mit 37 zu 2 Stimmen an.

Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken (Pa. Iv. 20.433)
Dossier: Vorstösse zur Kreislaufwirtschaft seit Ablehnung der Volksinitiative «Grüne Wirtschaft»

Der Ständerat befasste sich in der Wintersession 2023 ein letztes Mal mit der Biodiversitätsinitiative sowie mit dem indirekten Gegenvorschlag. Aus der Kommission lag der Mehrheitsantrag auf erneutes Nichteintreten auf den Gegenvorschlag, sowie ein von links-grün getragener Minderheitsantrag Mazzone (gp, GE) auf Eintreten vor. Letzterer wurde auch von Jakob Stark (svp, TG) unterstützt.
Seitens der Kommission stellte Beat Rieder (mitte, VS) die Vorgeschichte und den Inhalt der Vorlage vor. Er bezeichnete den indirekten Gegenvorschlag als «fehlgeschlagene[n ] Versuch, einer extremen Initiative mit im Endeffekt noch einschneidenderen Massnahmen zu begegnen». Rieder kritisierte auch den Bericht der Verwaltung, den diese im Herbst 2023 auf Wunsch der UREK-NR erarbeitet hatte. Dieser habe gemäss Kommissionssprecher Rieder keine verlässliche Grundlage für einen valablen indirekten Gegenvorschlag dargestellt, da insbesondere noch keine Definition von Begrifflichkeiten vorgenommen und die Problematik der kantonalen Hoheiten nicht gelöst worden sei. Daniel Fässler (mitte, AI) ergänzte, dass sich einige Punkte, die im Verwaltungsbericht erwähnt worden seien, bereits in Umsetzung befänden. So hätten Bund und Kantone beispielsweise Programmvereinbarungen zum Schutz der Waldbiodiversität abgeschlossen. Für Werner Salzmann (svp, BE) schränkte der Gegenvorschlag ausserdem den «Handlungsspielraum der Kantone, der Landwirtschaft, des Energiesektors und des Tourismus massiv» ein. Heidi Z'graggen (mitte, UR) und Damian Müller (fdp, LU) plädierten zwar auf Nichteintreten, anerkannten aber einen gewissen Handlungsbedarf. Die Urner Standesvertreterin schlug vor, mittels einer parlamentarischen Initiative «den Weg noch einmal neu [zu] begehen», denn um eine seriöse Gesetzesvorlage zu erarbeiten, brauche das Parlament mehr Zeit. Für die links-grüne Minderheit stand ebenfalls die Zeit im Fokus. Im Gegensatz zu Heidi Z'graggen argumentierte Céline Vara (gp, NE) aber, dass für den Schutz der Biodiversität nicht mehr viel Zeit übrig bleibe. Es sei nötig, jetzt zu handeln und noch in dieser Session einen indirekten Gegenvorschlag zu verabschieden. Jakob Stark und Maya Graf (gp, BL) fügten hinzu, dass die vom Ständerat kritisierten Punkte Eingang in den Bericht der Verwaltung gefunden hätten; der Bericht fokussiere auf die funktionale Vernetzung und die Qualitätssteigerung bestehender Biodiversitätsgebiete sowie auf die Stärkung der Biodiversität im Siedlungsraum. Auch Umweltminister Rösti verteidigte die Arbeit der Verwaltung. Es sei ein Bericht, der nicht in aller Eile geschrieben worden sei, sondern auf der Debatte im Ständerat fusse. Rösti plädierte dafür, auf den Gegenvorschlag einzutreten.
In der Gesamtabstimmung entschied der Ständerat allerdings erneut, nicht auf die Vorlage einzutreten (18 zu 25 Stimmen, 1 Enthaltung). Ebenso wurde die Initiative – entgegen einem Antrag der Minderheit Crevoisier Crelier (sp, JU) – zur Ablehnung empfohlen.

In den Schlussabstimmungen äusserten sich beide Räte noch einmal abschliessend über die Volksinitiative. Der Nationalrat entschied mit 124 zu 72 Stimmen (2 Enthaltungen), das Begehren zur Ablehnung zu empfehlen. Die SP- und die Grünen-Fraktion, die Mehrheit der GLP-Fraktion und einige wenige Mitte-Mitglieder empfahlen die Volksinitiative zur Annahme. Der Ständerat empfahl die Initiative mit 33 Stimmen zu 12 Stimmen ebenfalls zur Ablehnung.

Biodiversitätsinitiative (BRG 22.025)
Dossier: Biodiversitätsinitiative und indirekter Gegenvorschlag

In der Wintersession 2023 behandelte das Parlament den Nachtrag II zum Voranschlag 2023 zusammen mit dem Voranschlag 2024. Als Kommissionssprecherin erläuterte Johanna Gapany (fdp, FR) dem Ständerat die Vorlage: Die zusätzlichen Kredite in Höhe von CHF 241 Mio. würden die Gesamtsumme der Nachträge auf über CHF 650 Mio. erhöhen. Zudem beantragte der Bundesrat durch eine verspätete Ankündigung einen zusätzlichen Kredit von CHF 86 Mio. für humanitäre Hilfe im Nahen Osten aufgrund der Ereignisse vom 7. Oktober 2023. Dieser war im November bereits von der Finanzdelegation genehmigt worden. Der bedeutendste Kredit von CHF 103.2 Mio. betreffe den Kauf eines Flugzeugs für den Bundeslufttransportdienst, hauptsächlich für den Transport von Richtern und Delegationen sowie für humanitäre Notfälle. Des Weiteren wurden zwei Zusatzkredite beantragt, die die zuvor genehmigten Verpflichtungskredite ergänzen sollen. Der erste in der Höhe von CHF 50 Mio. solle für die internationale humanitäre Hilfe eingesetzt werden und der zweite über CHF 2.1 Mio. solle den Schweizer Hochschulen die Teilnahme an den Ausschreibungen der «Europäischen Universitäten» im Jahr 2023 ermöglichen. Zusätzlich wurden drei neue Verpflichtungskredite beantragt. Der erste betraf das Bundesamt für Statistik mit CHF 11.67 Mio., der zweite Verpflichtungskredit über CHF 16.31 Mio. das Projekt «Nationale Datenverwaltung» zur besseren Nutzung verschiedener Daten und der letzte Verpflichtungskredit über CHF 16.8 Mio. das Bundeszentrum für Asylsuchende in Boudry, dessen Betriebsdauer bis 2033 verlängert werden soll. Weiter wurden zwei separate Bundesbeschlüsse präsentiert, um den Eisenbahninfrastrukturfonds um CHF 83.3 Mio. und den Fonds für Nationalstrassen und Agglomerationsverkehr um CHF 146.2 Mio. zu erhöhen, hauptsächlich aufgrund der gestiegenen Teuerung. In Abweichung zum bundesrätlichen Vorschlag stellte die Kommission einstimmig den Antrag, dem Bundesamt für Umwelt zusätzliche CHF 3 Mio. zuzuweisen. Diese Mittel sollten für Herdenschutzmassnahmen verwendet werden. Der Ständerat stimmte allen Krediten, einschliesslich des Antrags seiner Kommission, stillschweigend zu, nahm einstimmig alle Ausgaben an und genehmigte abschliessend den Entwurf ebenfalls einstimmig mit 41 zu 0 Stimmen.

Zwei Tage später beriet der Nationalrat über die Nachtragskredite in der Höhe von insgesamt CHF 241.1 Mio. Während sich die Kommissionsmehrheit im Nationalrat mit allen Nachkrediten und Nachmeldungen einverstanden zeigte und die Zustimmung zum Beschluss des Ständerats beantragte, lagen zwei Minderheitsanträge vor. So verlangte die Minderheit Friedl (sp, SG) eine Verdoppelung des Unterstützungsbeitrags zugunsten des IKRK-Hauptsitz, was jedoch ausschliesslich von den Fraktionen der Sozialdemokraten und den Grünen unterstützt wurde und somit keine Mehrheit im Rat fand. Einen Kürzungsantrag stellte hingegen die Minderheit Sollberger (svp, BL) zu den Betriebsausgaben der Bundesasylzentren, welcher lediglich von der SVP-Fraktion unterstützt und folglich ebenfalls abgelehnt wurde. Hingegen stimmte der Nationalrat einstimmig dem Antrag seiner Kommission auf Aufstockung um CHF 3 Mio. für Herdenschutzmassnahmen beim Bundesamt für Umwelt und somit auf Zustimmung zur Version des Ständerates zu. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 131 zu 62 Stimmen an. Die ablehnenden Stimmen stammten von den Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Nachtrag II zum Voranschlag 2023 (BRG 23.042)
Dossier: Bundeshaushalt 2023: Voranschlag und Staatsrechnung

Im Juni 2023 verlangte Damian Müller (fdp, LU) in einer Motion die Schaffung einer Regelung zur Finanzierung der Kosten für das Dolmetschen im Gesundheitswesen. So seien sachgerechte medizinische Behandlungen nur bei adäquater Verständigung gewährleistet, weshalb es möglich sein sollte, diese Kosten als Bestandteil der Leistungserbringung abzurechnen. Aktuell fehlten aber entsprechende Regelungen auf nationaler Ebene.
Dieser Darstellung widersprach der Bundesrat, der Übersetzungsdienste nicht als Leistungen erachtete, «die der direkten Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen». Folglich seien Dolmetschende auch keine Leistungserbringenden, könnten aber in bestimmten Fällen als «Teil der medizinischen Leistung» erachtet werden. Für diese Fälle müssten sich jedoch Versicherungen und Leistungserbringende über die Verrechnung einigen, etwa im Rahmen ihrer Verträge. Folglich bedürfe es keiner Gesetzesänderung, weshalb der Bundesrat die Motion zur Ablehnung empfehle.
In der Herbstsession 2023 nahm der Ständerat den Vorstoss mit 19 zu 14 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) an.

Finanzierung der Kosten für das Dolmetschen im Gesundheitswesen (Mo. 23.3673)

Die Revision des CO2-Gesetzes für die Periode 2025–2030 stand in der Herbstsession 2023 auf dem Programm des Ständerates, welcher die umfassende Vorlage als Erstrat beriet.
Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) erläuterte dem Rat die Ausgangslage dieser Gesetzesrevision: Die gesetzliche Lücke, die durch die Ablehnung der Totalrevision des CO2-Gesetzes im Juni 2021 an der Urne entstanden war, habe teilweise mit dem Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative, welcher seinerseits ein Referendum überstehen musste, geschlossen werden können. Da diese Vorlage jedoch vor allem die Ziele und weniger die Massnahmen für die Erreichung des Netto-Null-Ziels enthielt, liege nun der neue Gesetzesentwurf vor. Anschliessend stellte Müller die Vorlage des Bundesrates sowie die Anträge der Kommission kurz vor und betonte, dass mit diesen Anträgen das Ziel der Halbierung der CO2-Emissionen bis 2030 immer noch erreicht werden könne, es müsse nun jedoch zügig gehandelt werden. Für Lisa Mazzone (gp, GE), die sich als einziges Mitglied des Plenums im Rahmen der Eintretensdebatte äusserte, gingen der Gesetzesentwurf des Bundesrates und auch die Version der Kommissionsmehrheit zu wenig weit. Sie warnte davor, dass die Schweiz mit der CO2-Reduktion ins Hintertreffen geraten werde; ab 2030 müssten in der Folge drastischere Massnahmen ergriffen werden, falls man das Pariser Klimaziel noch erreichen wolle. Mazzone kritisierte die Kommissionsmehrheit auch dafür, dass sie zu viele CO2-Reduktionen im Ausland vornehmen lassen möchte. Dies sei eine verpasste Chance für die Schweizer Wirtschaft und koste die Bundeskasse viel Geld. Umweltminister Albert Rösti wiederum dankte der Kommission, dass sie das Gesetz zügig und «ohne grosses Aufladen» beraten habe. Er wies zudem darauf hin, dass auch der in derselben Session beschlossene Mantelerlass zur Revision des Energiegesetzes und des Stromversorgungsgesetzes einen wichtigen Meilenstein bei der Erreichung des Netto-Null-Ziels darstelle, denn nur wenn die Schweiz über genügend Strom verfüge, könne sie die Dekarbonisierung einleiten. Eintreten wurde anschliessend ohne Gegenantrag beschlossen.

Die wichtigsten Änderungen im Vergleich zum Entwurf des Bundesrates nahm die kleine Kammer in der anschliessenden Detailberatung bei folgenden Punkten vor: Der Bundesrat und eine Minderheit Zanetti (sp, SO) forderten dazu auf, die Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge in Mehrparteien- und Firmengebäuden und auf öffentlichen Parkplätzen mit CHF 30 Mio. zu unterstützen. Die Mehrheit des Ständerates lehnte dies jedoch ab. Gegen eine Änderung sprachen sich die Mehrheit der Kommission sowie des Rates auch bei der LSVA aus: Wie bis anhin sollen Lastwagen, die mit Strom oder Wasserstoff fahren, von der LSVA befreit werden können. Man wollte hier für allfällige Anpassungen die Vernehmlassung des Bundes zu einer umfassenden Revision der LSVA abwarten. Angenommen wurde auch ein Mehrheitsantrag der UREK-SR, der verlangte, dass die EHS-Abgaben aus dem Luftverkehr nicht nur für die Förderung von Nachtzugangeboten, sondern auch für die Produktion von erneuerbaren, nachhaltigen Flugtreibstoffen eingesetzt werden können. Schliesslich darf die Teilzweckbindung der Erträge aus der CO2-Abgabe nicht vorübergehend angehoben werden, wie es der Bundesrat für die weitere Unterstützung des Gebäudeprogramms beantragt hatte – hier folgte die kleine Kammer einem Minderheitsantrag Knecht (svp, AG).

Diskussionen, aber keine Änderung des bundesrätlichen Entwurfs gab es in den folgenden Bereichen: Eine Minderheit Reichmuth (mitte, SZ) beantragte, dass die Emissionsreduktionen zu mindestens 75 Prozent in der Schweiz erfolgen sollen. Der Bundesrat, die Kommissionsmehrheit sowie auch die rechts-bürgerliche Mehrheit des Rates wollten indes, dass die Verminderung lediglich «in erster Linie mit Massnahmen in der Schweiz» geschieht. Abgelehnt wurde auch ein Minderheitsantrag Mazzone, welche mehr Druck auf den Bundesrat auszuüben versuchte, indem sie die Möglichkeit, bei Nichterreichen des Reduktionsziels für die Kompensation der restlichen CO2-Emissionen internationale Zertifikate zu erwerben, streichen wollte. Des Weiteren wollten die Mehrheit der Kommission sowie eine weitere Minderheit Mazzone den durchschnittlichen CO2-Ausstoss für Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern, die ab 2030 erstmals in Verkehr gesetzt werden, stärker reduzieren. Hier folgte der Rat jedoch einer Minderheit Schmid (fdp, GR) und blieb damit auf der Linie des Bundesrates. Im Bereich des Flugverkehrs lag erneut ein Minderheitsantrag von Lisa Mazzone vor, welche eine zusätzliche Abgabe auf Flüge von Privatjets verlangte. Bundesrat Rösti bat den Rat um Ablehnung des Antrags, da es dabei gemäss Schätzungen des BAZL nur um rund 1 Prozent der Emissionen im Flugverkehr gehe und der administrative Aufwand für die Abgabeerhebung sehr gross wäre. Die Ratsmehrheit schloss sich dem Umweltminister an und lehnte den Minderheitsantrag ab.

In der darauf folgenden Gesamtabstimmung wurde der Entwurf bei 2 Enthaltungen seitens der Grünen einstimmig angenommen. Als Nächstes wird sich die grosse Kammer mit dem Geschäft befassen.

CO2-Gesetz post 2024 (BRG 22.061)
Dossier: Wie geht es nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes an der Urne im Juni 2021 weiter?

In der Herbstsession 2023 setzte sich der Ständerat als Erstrat mit dem bundesrätlichen Entwurf zur Umsetzung der Tabakwerbeverbotsinitiative in Form einer Teilrevision des Tabakproduktegesetzes auseinander. Während Eintreten auf das Geschäft unbestritten war, fielen die Wortmeldungen bezüglich Umsetzung des Volksbegehrens doch sehr unterschiedlich aus. Gemäss dem Sprecher der SGK-SR, Damian Müller (fdp, LU), reichten die Anträge der Landesregierung über die Forderungen der Initiative hinaus. Esther Friedli (svp, SG) verlangte, dass «bei allen Abstimmungen die gleichen Massstäbe» angewandt werden sollten und verwies dabei auf die Zuwanderungsinitiative, die nicht gemäss Wortlaut des Verfassungsartikels umgesetzt worden sei. Hans Stöckli (sp, BE) vom Initiativkomitee und Pirmin Bischof (mitte, SO) wiederum setzten sich für ein striktes Verbot ein.
In der Detailberatung gab zuerst das vom Bundesrat angedachte komplette Tabakwerbeverbot in Presseerzeugnissen – unabhängig von der Leserschaft – zu reden. Einer Minderheit Bischof, welche diesen Punkt unterstützte, gelang es, sich mit 22 zu 17 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) gegen die Kommissionsmehrheit durchzusetzen. Diese wollte Werbung erlauben, sofern «das Presseerzeugnis mehrheitlich über Abonnemente an Erwachsene verkauft» werde.
Betreffend das Verkaufsverbot durch mobiles Verkaufspersonal an öffentlich zugänglichen und von Jugendlichen frequentierten Orten war es hingegen eine Kommissionsmehrheit, die eine im Vergleich zur Exekutive restriktivere Regelung forderte. Konkret beabsichtigte sie, es auch dem Verkaufspersonal wie etwa Kioskbetreibenden zu untersagen, bei erwachsenen Kunden Verkaufsförderung durchzuführen. Damit vermochte sie mit 18 zu 22 Stimmen jedoch nicht, eine Minderheit Hegglin (mitte, ZG) zu überstimmen, welcher die bundesrätliche Variante zu diesem Punkt streichen und entsprechend gar keine Regelung will.
Eine Abschwächung des Entwurfs der Landesregierung erfolgte zudem bezüglich Verkaufsförderung von Zigarren und Zigarillos bei Degustationen und Kundenpromotionen. Während die Exekutive vorsah, eine solche Verkaufsförderung nur bei Anlässen zu gestatten, die nicht von Minderjährigen besucht werden können, beantragte eine Kommissionsmehrheit, dies weiterhin zu erlauben, da diese Produkte bei Minderjährigen kaum Beliebtheit geniessen dürften. Hans Stöckli argumentierte vergebens, dass nirgends zwischen Zigaretten, Zigarren und Zigarillos unterschieden werde und es sich bei all diesen Produkten um Tabakprodukte handle, deren Werbung mittels der Initiative verboten werden soll. Mit 23 zu 17 Stimmen sprach sich der Ständerat für den Mehrheitsvorschlag aus.
Geschlagen geben mussten sich der Bundesrat und eine Minderheit Stöckli auch bei der Frage, ob Sponsoring nationaler Anlässe, die für Kinder und Jugendliche zugänglich sind, verboten werden sollen. Statt eines gänzlichen Verbots plädierte die Mehrheit der Kommission erfolgreich für die Einschränkung des Markenauftritts auf Bereiche, die für Minderjährige nicht sichtbar sind – beispielsweise in separaten Zelten (25 zu 14 Stimmen bei 2 Enthaltungen).
Weitere Anpassungen am Entwurf der Landesregierung wurden stillschweigend gutgeheissen. Dazu zählte unter anderem eine genauere Definition der Anforderungen an Alterskontrollen bei Online-Verkäufen und -Werbung.
In der Gesamtabstimmung sprach sich die kleine Kammer mit 37 zu 3 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) für den Entwurf aus. Die Gegenstimmen stammten allesamt aus dem Lager der SVP-Fraktion.

Umsetzung der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» (BRG 23.049)
Dossier: Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» und deren Umsetzung

Während der Herbstsession 2023 behandelte der Ständerat eine Motion Dobler (fdp, SG) zur Einführung von QR-Codes auf Arzneimitteln und Packungsbeilagen. Damian Müller (fdp, LU) erläuterte für die SGK-SR, welche den Vorstoss einstimmig unterstützte, dass durch die Forderung für zahlreiche Personen ein Mehrwert geschaffen werde, ohne dabei andere Personen, die einen physischen Beipackzettel bevorzugen, zu benachteiligen. Dank des QR-Codes könne der Text zum Beispiel vorgelesen werden, was gerade Personen mit Leseschwäche oder einer Sehbehinderung zugutekomme. Auch Gesundheitsminister Berset zeigte sich von der Motion überzeugt. So sei alles, was mögliche Barrieren zu den Arzneimittelinformationen aus dem Weg räume, eine gute Sache. Stillschweigend nahm das Stöckli den Vorstoss in der Folge an.

Die Einführung von QR-Codes auf Arzneimitteln und Packungsbeilagen soll komplementär die Patientensicherheit erhöhen (Mo. 22.4423)
Dossier: Digitalisierung im Arzneimittelbereich

Im Parlament war die Verlängerung der zinslosen und unentgeltlichen Anlage von Freizügigkeitsgeldern der Auffangeinrichtung gänzlich unbestritten. In der Sommersession 2023 setzte sich zuerst der Ständerat mit der Vorlage auseinander. Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) erläuterte, dass die Auffangeinrichtung aktuell aufgrund der gestiegenen Zinsen wohl nicht auf diese zinslose Anlage angewiesen sei, sich dies in den vier Jahren, in denen die Verlängerung gelte, aber wieder ändern könne. Da im regulären Gesetzgebungsprozess keine nahtlose Verlängerung der Regelung möglich sei, beantragte die Kommission einstimmig, die Verlängerung dringlich zu erklären. Einstimmig (mit 40 zu 0 Stimmen) hiess der Ständerat die Verlängerung gut, einige Tage später folgte ihm der Nationalrat ebenfalls stillschweigend und einstimmig (mit 170 zu 0 Stimmen). Genauso einstimmig erfolgte gegen Ende der Session auch die Dringlichkeitserklärung sowie die Annahme in den Schlussabstimmungen in beiden Räten, womit die Verlängerung per 26. September 2023 in Kraft trat.

Anlage von Freizügigkeitsgeldern der Auffangeinrichtung (BRG 23.027)

In der Differenzbereinigung des Nachtrags Ib zum Voranschlag 2023 blieb nach etlichem hin und her zum Ende der Sommersession 2023 nur noch eine Differenz offen: die Frage, ob sowohl der ursprüngliche Nachtragskredit über CHF 139.9 Mio. für die Bundesasylzentren als auch die Nachmeldung über CHF 132.9 Mio. zur Planung von Containerdörfern für Asylsuchende gesprochen werden sollen.

Im Ständerat kritisierte Kommissionssprecherin Gapany (fdp, FR) die durch den Bundesrat spät und spärlich gelieferten Informationen zu dieser Nachmeldung und zeigte sich noch immer skeptisch. In Anbetracht der Zustimmung des Nationalrats und um negative Auswirkungen auf Kantone, Gemeinden, lokale Bevölkerung und Asylsuchende zu vermeiden, schlug die Kommissionsmehrheit jedoch einen Kompromiss vor: Statt insgesamt CHF 272.8 Mio. genehmige man CHF 206.4 Mio. – den Betrag des ursprünglichen Nachtrags plus die Hälfte der Nachmeldung –, wobei der Bundesrat bis zum Voranschlag 2024 eine Neubewertung des Bedarfs und der Aufnahmekapazitäten vornehmen solle. Eine Minderheit Würth (mitte, SG) wollte hingegen am ursprünglichen Entscheid des Ständerats festhalten und die Nachmeldung ablehnen. Stattdessen sollten die Kantone ihre Zivilschutzanlagen zur Verfügung stellen, wodurch man genügend Plätze bereitstellen könne. Mit 23 zu 19 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte der Ständerat knapp der Minderheit Würth und hielt somit an seinem ursprünglichen Beschluss fest.

In der Folge nahm die FK-NR den von ihrer Schwesterkommission eingebrachten Kompromissvorschlag über CHF 206.4 Mio. auf, um «dem Ständerat die Hand [zu] reichen», wie es Kommissionssprecherin Wyss (sp, BS) formulierte. Da die Kantone die für den Zweck sinnvollen Zivilschutzanlagen selbst «als eiserne Reserve» benötigten, müsse der Bund selbst zusätzliche Reserven schaffen, argumentierte sie. Eine Minderheit Schilliger (fdp, LU) beantragte, dem Ständerat zuzustimmen, und der Minderheitensprecher fasste dazu sämtliche bisher gegen die Schaffung der Containerdörfer aufgezählten Gründe zusammen: So könnten die Containerdörfer ohnehin ohne Baubewilligung für drei Jahre erstellt werden, bestünden derzeit 5140 Vollzugspendenzen von abgewiesenen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und gebe es noch immer ungenutzte Armeeanlagen. Mit 103 zu 76 Stimmen (bei 11 Enthaltungen) nahm der Nationalrat jedoch den Kompromissvorschlag an.

Nachdem in der Folge Stände- und Nationalrat an ihren bisherigen Beschlüssen festgehalten hatten, musste eine Einigungskonferenz einberufen werden, die sich für den nationalrätlichen Kompromissvorschlag aussprach. Dieser Antrag war jedoch im Ständerat nicht erfolgreich: Mit 23 zu 19 Stimmen (bei 1 Enthaltung) lehnte die kleine Kammer den Antrag der Einigungskonferenz und damit die Nachmeldung zum Nachtrag endgültig ab. Somit sprachen die Räte nur die im Nachtrag Ib vorgeschlagenen CHF 139.9 Mio. für die Bundesasylzentren, nicht aber einen Zusatzbetrag für allfällige Containerbauten.

Nachträge Ia und Ib zum Voranschlag 2023 (BRG 23.007)
Dossier: Übernahme der Credit Suisse durch die UBS
Dossier: Bundeshaushalt 2023: Voranschlag und Staatsrechnung

En juin 2023, la conseillère aux Etats Johanna Gapany (plr, FR) a déposé une motion chargeant le Conseil fédéral d'agir pour que l'Administration fédérale cesse d'assimiler un bénéfice de liquidation résultant d'une cessation d'activité à une sortie de liquidité. En effet, cette pratique est, selon Johanna Gapany, interdite par la réglementation relative aux aides pour les cas de rigueur. La sénatrice indique que les entreprises qui ont bénéficié d'aides pour les cas de rigueur sont soumises à des restrictions, telles que l'interdiction de distribuer des dividendes, de rembourser des apports de capital ou d'octroyer des prêts à leurs propriétaires. Cependant, ces restrictions sont levées en cas de remboursement des aides reçues. En revanche, les ordonnances en vigueur n'interdisent pas aux entreprises ayant reçu des aides pour les cas de rigueur de réaliser un bénéfice de liquidation suite à une cessation d'activité pour diverses raisons, telles que la fin de bail, la maladie ou la retraite planifiée depuis longtemps. L'objet de la motion porte donc sur le fait que l'Administration fédérale considère à tort qu'un bénéfice de liquidation après une cessation d'activité est similaire à une sortie de liquidité, ce qui est interdit par les ordonnances, et que cette interprétation ne trouve pas de fondement dans le texte de ces ordonnances.
Le Conseil fédéral a exprimé son avis le 6 septembre 2023, en proposant de rejeter la motion. La position de l'exécutif est motivée par le fait que la loi sur les subventions (LSu, art. 29) s'applique de manière subsidiaire, exigeant la restitution de l'aide en cas de non-respect des conditions. L'intention du Parlement était de soutenir les entreprises dans une période de forte baisse de chiffre d'affaires due à la pandémie. Ainsi, l'entreprise bénéficiaire doit pouvoir compter sur cette aide pendant l'exercice au cours duquel elle a été accordée et les trois exercices suivants. Selon la loi, si un bénéfice ou un dividende de liquidation imposable est réalisé avant la fin de cette période, alors l'aide n'a pas été utilisée conformément à son objectif initial, entraînant une demande de restitution. Le Conseil fédéral souligne finalement qu'étant donné que la LSu est applicable de manière subsidiaire, il n'y a pas de lacune légale.
Fin septembre 2023, par une motion d'ordre de Thierry Burkart (plr, AG), la motion de Johanna Gapagny a été transmise à la commission compétente pour un examen préalable. En octobre 2023, la Commission de l'économie et des redevances CER-CE a annoncé par voie de communiqué de presse qu'elle a décidé d'ajourner ses travaux sur la motion car elle a besoin de plus d'informations de la part de l'Administration. Les travaux sur la motion doivent reprendre dans le premier trimestre de 2024.

Cas de rigueur COVID-19. Un bénéfice de liquidation n'a pas à être assimilé à une sortie de liquidités interdite par le système d'aides pour les cas de rigueur (Mo. 23.3842)
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

Nachdem das Parlament in der Sommersession 2024 die erst fünfte Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) beschlossen hatte, gaben die Büros der beiden Kammern Mitte Juni die Mitglieder und das Präsidium der PUK bekannt. Die Untersuchungskommission, die sich den behördlichen Verantwortlichkeiten rund um den Zusammenbruch der Credit Suisse (CS) widme, werde, wie es der einfache Bundesbeschluss des Büro-NR vorgesehen habe, aus jeweils sieben Mitgliedern pro Rat bestehen, wobei sich das Präsidium aus jeweils einem Mitglied jeder Kammer zusammensetzen werde.

Die Vetretenden der beiden Räte wurden von ihren jeweiligen Büros gewählt. Der Nationalrat wird gemäss der Wahl des Büro-NR durch Alfred Heer (svp, ZH), Thomas Matter, (svp, ZH), Roger Nordmann (sp, VD), Leo Müller (mitte, LU), Franziska Ryser (gp, SG), Daniela Schneeberger (fdp, BL) und Roland Fischer (glp, LU) repräsentiert. Das Büro des Ständerats wählte folgende Ständeratsmitglieder in den Untersuchungsausschuss: Isabelle Chassot (mitte, FR), Heidi Z’graggen (mitte, UR), Philippe Bauer (fdp, NE), Andrea Caroni (fdp, AR), Werner Salzmann (svp, BE), Daniel Jositsch (sp, ZH) und Maya Graf (gp, BL).

Am 14. Juni fanden sich die beiden Büros schliesslich zu einer Koordinationskonferenz zusammen, bei welcher sie das Ratspräsidium wählten. Wie der Tages-Anzeiger nach dieser Konferenz rückblickend berichtete, «knackten drinnen im Bundeshaus die Frauen eine der letzten Männerbastionen der Schweizer Politik», während sich auf den Strassen der feministische Streiktag für mehr Gleichstellung abspielte. In der Koordinationskonferenz setzten sich noch im ersten Wahlgang Isabelle Chassot als erste Frau in einem PUK-Präsidium und Franziska Ryser als Vize-Präsidentin gegen die übrigen Kandidaten Roger Nordmann, der eigens für dieses von ihm angestrebte Amt das SP-Fraktionspräsidium aufgegeben hatte, und Alfred Heer durch.

Das PUK-Präsidium sei «eine der ganz grossen Weihen in der Schweizer Politik», denn mit Kurt Furgler und Moritz Leuenberger hatten in der Vergangenheit zwei der vier bisherigen PUK-Präsidenten in die Landesregierung Eingang gefunden, erklärte der Tages-Anzeiger im Nachgang der Wahl. Die Wahl Chassots, so mutmasste die Presse, die als Quereinsteigerin in die Finanzmarktthematik komme, sei teilweise auch ihrer Parteizugehörigkeit geschuldet. Denn die Mitte-Partei sei die einzige politische Gruppierung in Bundesbern, die im CS-Dossier nicht auf irgendeine Art und Weise vorbelastet sei, analysierte die NZZ. So richte sich die Untersuchung der PUK unter anderen gegen die Finanzministerin Karin Keller-Sutter und ihren Vorgänger Ueli Maurer, die von der FDP respektive von der SVP gestellt wurden. Wie der Tages-Anzeiger ausführte, habe die bürgerliche Mehrheit im Parlament den Posten zudem nicht der Ratslinken überlassen wollen. Denn gemäss Aargauer Zeitung (AZ) hatte sich die SP in den ersten Tagen des CS-Debakels zu klar positioniert und die NZZ war der Ansicht, dass sich die Partei in den vergangenen Monaten und Jahren als «Anti-Banken-Partei» profiliert habe. Den Grünen und der GLP fehlte es gemäss Presse an politischem Einfluss, den der «Posten dieser Gewichtsklasse» (AZ) voraussetze. Von den drei Mitte-Parlamentsmitgliedern in der PUK sei Chassot die Leitung dieser «höchst komplexen Untersuchung» schliesslich am ehesten zugetraut worden, so der Tages-Anzeiger.
Wenige Tage später eröffnete der Bundesrat in seiner Medienmitteilung, dass Karin Keller-Sutter die Landesregierung in der PUK vertreten werde. Es sei Usus, dass die Vorsteherin des Departements des zu untersuchenden Dossiers die Vertretung in der PUK übernehme.
Die damit vollständig besetzte PUK sollte ihre Arbeit nach Ablauf der Sommersession 2024 aufnehmen.

Einsetzung einer PUK zur Untersuchung der Verantwortlichkeiten der Behörden und Organe rund um die Notfusion der Credit Suisse mit der UBS (Pa.Iv. 23.427)
Dossier: Übernahme der Credit Suisse durch die UBS

Als Erstrat befasste sich der Ständerat in der Sommersession 2023 mit der Änderung des Transplantationsgesetzes. Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) stellte die drei geplanten Änderungen zur Meldepflicht für Zwischenfälle und unerwünschte Reaktionen, zur Überkreuz-Lebendspende und zu den elektronischen Systemen im Bereich Transplantation vor. Die SGK-SR spreche sich für die vorgesehenen Änderungen aus. Einzig betreffend den Artikel 2b zu den nicht zugelassenen Transplantationsprodukten fordere die Kommission mit 9 zu 0 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) eine Ergänzung. Diese sehe vor, dass die Anwendung solcher Produkte nur erfolgen darf, wenn eine positive Nutzen-Risiko-Bewertung zu erwarten ist. Die ständerätliche SGK habe in der Gesamtabstimmung einstimmig dafür gestimmt, den so leicht veränderten Entwurf anzunehmen. Gesundheitsminister Berset erklärte, dass es sich trotz der gemessen an den Artikel recht umfangreichen Revision um keine umfassende Reform handle. Vielmehr werde gestützt auf Erfahrungen in der Umsetzung und auf Anfragen aus der Praxis eine Optimierung vorgenommen. Daher empfehle der Bundesrat dem Stöckli, den Kommissionsempfehlungen zu folgen, inklusive der Präzisierung des Artikels 2b. Dass das Geschäft in der kleinen Kammer unbestritten war, zeigte sich sowohl zu Beginn, als Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen wurde, als auch in der Detailberatung, in welcher die Anträge der Kommission stillschweigend angenommen wurden. Stillschweigend sprach sich der Ständerat schliesslich auch in der Gesamtabstimmung für die Annahme des Entwurfs aus. Damit war es am Nationalrat, über das Bundesratsgeschäft zu befinden.

Änderung des Transplantationsgesetzes (BRG 23.023)

FDP-Ständerat Damian Müller (fdp, LU) forderte im Februar 2023 mittels einer Motion eine «Intervention in Brüssel, damit Italien endlich das Dublin-Abkommen einhält». Müller monierte, dass Italien seit Dezember 2022 keine Überstellungen im Rahmen des Dublin-Abkommens mehr annehme, angeblich aus «plötzlich aufgetretenen technischen Gründen, die mit fehlenden Aufnahmekapazitäten» zusammenhängen. Er verlangte vom Bundesrat, dass dieser das Parlament über die genaue Anzahl der dadurch nicht rücküberführten Personen informiere; dass er Staaten des Dublin-Abkommens suche, die das Anliegen der Schweiz unterstützen; dass er formell beim Rat der Justiz- und Innenministerinnen und -ministern der EU interveniere, um eine Diskussion über die Einhaltung des Abkommens durch Italien zu lancieren; und dass er die Europäische Kommission dazu auffordere, Massnahmen zu ergreifen, um Italien zur Einhaltung des Abkommens zu zwingen.
Der Bundesrat gab in seiner Stellungnahme zu verstehen, dass er das Motionsanliegen teile, wandte jedoch ein, dass Italien aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen im Mittelmeerraum einen sechsmonatigen Ausnahmezustand erklärt habe. In dieser Zeit wolle die italienische Regierung besondere Massnahmen zur Steuerung der Migration ergreifen und finanzieren. Die Frist für die Überstellung von Dublin-Fällen laufe jedoch sowieso erst nach sechs Monaten aus und könne mittels einer Beschwerde oder im Falle eines Untertauchens der Betroffenen verlängert werden. Dementsprechend können die in der Schweiz betroffenen Asylsuchenden auch nach Ablauf des Ausnahmezustandes überstellt werden. Die Schweiz engagiere sich jedoch auf bilateraler und multilateraler Ebene dafür, die Überführungen möglichst rasch wieder aufzunehmen. Diese Forderung habe man gemeinsam mit anderen Dublin-Staaten bei der Europäischen Kommission deponiert. Zudem hätten Bundesrätin Baume-Schneider und Bundesrat Cassis das Thema auf Ministerstufe in Rom und Brüssel angesprochen, und des Weiteren stehe das SEM in Kontakt mit den zuständigen italienischen Behörden. Aufgrund der bereits laufenden Arbeiten beantragte der Bundesrat die Ablehnung des Vorstosses.

Der Ständerat setzte sich in der Sommersession 2023 mit der Motion auseinander. Damian Müller zeigte sich enttäuscht darüber, dass der Bundesrat unterdessen davon ausgehe, dass sich die Situation erst im Frühjahr 2024 normalisiere. Müller wies darauf hin, dass nicht nur Italien, sondern auch die Schweizer Kantone Mühe hätten, Unterbringungsmöglichkeiten für Asylsuchende zu finden, und forderte rasches Handeln. Auch SVP-Parteipräsident Chiesa (svp, TI) beklagte sich über den Verstoss Italiens gegen das Dublin-Abkommen und bezeichnete die in der Schweiz auf die Überführung wartenden Asylsuchenden als «illegale Migranten». Die SP-Ständeräte Sommaruga (sp, GE) und Stöckli (sp, BE) befanden die Motion indes für nicht erheblich, da ihr Anliegen durch den Bundesrat bereits aufgegriffen worden sei. Bundesrätin Baume-Schneider warb um Verständnis für die gravierende Situation in Italien, wo die Zahl Asylsuchender im Vergleich zum Vorjahr um 300 Prozent angestiegen sei. Die Schweiz müsse Solidarität zeigen, was aber nicht heisse, dass man sich nicht für die Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen starkmache. Die Bundesrätin versprach, das Parlament zu informieren, sobald es formelle Antworten von Italien oder der Europäischen Kommission gebe, und beantragte die Ablehnung der Motion. Damian Müller fand jedoch mit seinem Anliegen Gehör bei den Mitgliedern der FDP-, SVP- und einem Grossteil der Mitte-Fraktion, welche die Motion mit 23 zu 14 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) annahmen.

Intervention in Brüssel, damit Italien endlich das Dublin-Abkommen einhält (Mo. 23.3031)

Um Kapazitäten für Flüchtlinge in der Schweiz zu erhöhen, verlangte Damian Müller (fdp, LU) in einer Motion die Möglichkeit, Personen aus Eritrea mit einem negativen Asylentscheid aus der Schweiz in einen aufnahmebereiten Drittstaat zurückzuführen. Die momentane Situation sei für abgewiesenen Asylsuchenden aus anderen Ländern ungerecht, da deren Heimatstaaten eine Rückführung der eigenen Staatsangehörigen im Gegensatz zu Eritrea nicht ablehnten, so der Motionär. Da es aufnahmebereite Drittstaaten gebe, gemäss Müller etwa Ruanda, solle der Bundesrat ein Pilotprojekt lancieren, um in der Schweiz abgewiesene eritreische Staatsangehörige als ultima ratio in ein Drittland zurückzuführen. Damit würde auch verhindert, dass diese Personen «soziale[ ] Leistungen missbrauchen», zudem könne so die Ausschaffung eritreischer Straftäter vollzogen werden, schloss der FDP-Ständerat die Begründung seiner Motion.
Der Bundesrat erachtete die beschriebene Situation in seiner Stellungnahme als «nicht zufriedenstellend», empfahl die Motion jedoch zur Ablehnung: Aktuell befänden sich etwas mehr als 300 eritreische Personen mit abgewiesenem Asylentscheid in der Schweiz, wovon die Hälfte Nothilfe beziehe. Ferner seien diese Personen von der Sozialhilfe ausgeschlossen und die Nothilfe decke lediglich die Kosten für den unmittelbaren Erhalt des Lebens, relativierte die Exekutive die Problematik. Bislang sei eine zwangsweise Wegweisung in einen Drittstaat nur zulässig, wenn die wegzuweisende Person zu diesem Staat einen Bezug hat. Auch für ein Pilotprojekt, wie dies der Motionär forderte, fehlten die rechtlichen Grundlagen, so der Bundesrat. Nicht zuletzt gab er zu bedenken, dass die Schweiz die Garantie des Drittstaates einholen müsste, dass dieser menschenrechtliche Standards einhält. Versuche, diese Garantie einzuholen, seien jedoch bislang an der Ablehnung der betreffenden afrikanischen Staaten gescheitert. In diesem Zusammenhang verwies der Bundesrat auch auf den Erlass einer vorsorglichen Massnahme des EGMR gegenüber dem Vereinigten Königreich, um die Abschiebung von Asylsuchenden (ohne Asylentscheid) nach Ruanda zu verhindern.
Im Ständerat sah dies eine knappe Mehrheit jedoch anders. In der Sommersession 2023 nahm die kleine Kammer die Motion mit 20 zu 18 Stimmen bei 5 Enthaltungen an.

Rückführung von abgewiesenen Personen eritreischer Staatsangehörigkeit in einen Drittstaat (Mo. 23.3176)

Ebenso wie im Falle von Eritrea sorgte sich Damian Müller (fdp, LU) auch um Probleme bei der zwangsweisen Rückführung von abgewiesenen Asylsuchenden nach Algerien. Müller forderte den Bundesrat im Februar 2023 mittels einer Motion auf, in Brüssel mit Bezug auf den Schengener Kodex zu intervenieren und Massnahmen gegen Algerien wegen fehlender Kooperation bei der zwangsweisen Rückführung zu verlangen. In seiner Stellungnahme widersprach der Bundesrat dem Motionär und empfahl dem Parlament, die Motion abzulehnen. Nach zwei bilateralen Migrationsdialogen im Jahr 2022 zwischen der Schweiz und Algerien hätten entsprechende, bereits vorher begonnene Verhandlungen abgeschlossen werden können, womit die Rückkehr «auf allen Vollzugsstufen» nun funktioniere. Mittlerweile seien die Rückkehrwerte nicht nur so hoch wie noch nie für Algerien, sondern im Jahr 2022 sogar so hoch wie für fast kein anderes Land – abgesehen von den zahlenmässig noch höheren Ausreisen in die Ukraine.
In der ständerätlichen Ratsdebatte, die in der Sommersession 2023 stattfand, widersprach der Motionär jedoch der zuständigen Bundesrätin: Man müsse die Zahlen nicht nur absolut, sondern auch relativ betrachten. Aufgrund der stark zunehmenden Asylgesuche aus Algerien sei die Zahl der Fälle im Rückführungsunterstützungsprozess gar leicht gestiegen. Zudem erwähne die Regierung in ihrer Stellungnahme nicht, ob auch Rückführungen via Sonderflüge oder über den Seeweg möglich seien – Letzteres fordere eine überwiesene Motion aus seiner Feder (Mo. 20.4477), die noch nicht erfüllt sei. Die zuständige Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider war auch der Ansicht, dass die Asylgesuche aus Algerien zum gegebenen Zeitpunkt «extrêmement nombreuses» seien. Sie verwies jedoch auf die weiterhin positiven Entwicklungen bei den Ausreisen. Die geforderte Intervention könne sich aufgrund der stark verbesserten Situation kontraproduktiv auf die Beziehungen mit Algerien auswirken. Im Anschluss sprach sich jedoch eine klare bürgerliche Ratsmehrheit mit 28 zu 11 Stimmen (3 Enthaltungen) für die Motion aus.

Probleme bei der zwangsweisen Rückführung nach Algerien angehen (Mo. 23.3032)

In der Sommersession 2023 beriet das Parlament die Staatsrechnung 2022. Im Ständerat übernahm Kommissionssprecherin Gapany (fdp, FR) die Präsentation der ganzen Vorlage, während sich in früheren Debatten der Staatsrechnung jeweils auch die Präsidentinnen und Präsidenten der Subkommissionen zu Wort gemeldet hatten. Im Zentrum ihres Votums standen die verschiedenen Krisen – die Covid-19-Pandemie, die Energie-Krise sowie der Krieg in der Ukraine –, welche sie kumuliert als Hauptschuldige dafür ausmachte, dass das ordentliche Finanzierungsdefizit höher ausfiel, als es die Schuldenbremse erlaubte. Finanzministerin Keller-Sutter stellte hingegen vor allem die tieferen Einnahmen bei der Verrechnungssteuer in den Mittelpunkt: Diese würden zwar in den einzelnen Jahren teilweise deutlich von den Prognosen abweichen, über die Jahre glichen sich die Mehr- und Mindereinnahmen jedoch wieder aus. Das sei auch zum gegebenen Zeitpunkt zu erwarten. Einig waren sich die Kommissionsprecherin und die Bundesrätin darin, dass es der Schweiz im internationalen Vergleich noch immer gut gehe. Während Gapany im Namen der FK-SR eine «rigorose und bedarfsorientierte Haushaltsführung» forderte, verwies die Finanzministerin auf die Motion der ständerätlichen Finanzkommission zur Überprüfung der staatlichen Aufgaben und Leistungen. Einstimmig (mit 39 zu 0 Stimmen) nahm der Ständerat die drei Bundesbeschlüsse über die Eidgenössische Staatsrechnung für das Jahr 2022, über die Rechnung des Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2022 sowie über die Rechnung des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2022 an.

Die Frage nach den Hauptschuldigen für das strukturelle Defizit stellten sich auch die Fraktionen Im Nationalrat. Laurence Fehlmann Rielle (sp, GE) verwies für die SP-Fraktion vor allem auf die Unsicherheiten bei der Verrechnungssteuer und forderte zur Behebung der Finanzierungsprobleme einen Ausbau der Steuereinnahmen anstelle der vom Bundesrat bereits geplanten Querschnittskürzungen. Gerhard Andrey (gp, FR) kritisierte ergänzend das asymmetrische Schuldenmanagement des Bundes – Defizite würden abgebaut, aber Gewinne nicht genutzt –, wodurch die Schulden abgebaut würden, anstatt dass man Einnahmen und Ausgaben im Gleichgewicht halte. Als «nicht weiter tragisch» erachtete Roland Fischer (glp, LU) das strukturelle Defizit, zumal der Bund seit Einführung der Schuldenbremse trotz aller Krisen nur CHF 800 Mio. mehr ausgegeben als eingenommen habe. Weniger erfreut zeigte sich Jean-Paul Gschwind (mitte, JU) für die Mitte-Fraktion. Er betonte die Relevanz von Ausgabenkontrollen, Einhaltung der Schuldenbremse und Stabilisierung oder Abbau der Schulden im Hinblick auf die zukünftigen Finanzierungsprobleme. Auch Anna Giacometti (fdp, GR) stellte die Schuldenbremse ins Zentrum, diese sei «der Garant für eine wettbewerbsfähige Schweiz», weshalb man ihre Aufweichung verhindern wolle. Lars Guggisberg (svp, BE) kritisierte schliesslich vor allem die «masslose[...] Ausgabenpolitik dieses Parlamentes in den letzten Jahren», das für den «erheblichen» Anstieg der Ausgaben verantwortlich sei, wobei die Ausgaben zur Umgehung der Schuldenbremse immer häufiger ausserordentlich verbucht würden. In der Folge sprach sich der Nationalrat mit 132 zu 52 Stimmen – letztere stammten von den Mitgliedern der SVP-Fraktion – für Annahme der Staatsrechnung 2022 aus. Nur vereinzelte ablehnende Stimmen aus der SVP-Fraktion gab es gegen den Bundesbeschluss über die Rechnung des Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2022, einstimmig nahm der Nationalrat den Bundesbeschluss über die Rechnung des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2022 an.

Staatsrechnung 2022 (BRG 23.003)
Dossier: Bundeshaushalt 2022: Voranschlag und Staatsrechnung
Dossier: Staatsrechnungen (seit 1991)

Nach den ausführlichen Debatten um den Nachtrag Ia zum Voranschlag 2023 in der ausserordentlichen Session 2023 zeichnete sich ab, dass auch der Nachtrag Ib nicht ohne grössere Diskussionen über die Bühne gehen würde. Mit ein Grund dafür war, dass der Bundesrat in einer Nachmeldung Ende April 2023 zusätzliche CHF 132.9 Mio. für die Unterbringung von Asylsuchenden beantragt hatte, wie Johanna Gapany (fdp, FR) als Kommissionssprecherin in der Sommersession 2023 ausführte. Aufgrund des befürchteten Platzmangels sollten die Unterbringungskapazitäten durch temporäre Containerdörfer auf Grundstücken der Armee um 3000 zusätzliche Plätze erhöht werden. Die Kommissionsmehrheit lehne den Antrag aufgrund von Bedenken bezüglich der Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung sowie auf die Asylsuchenden selber ab. Stattdessen verlange man eine strategische Planung der Kapazitäten für die Erstunterbringung im Rahmen eines Postulats Minder (parteilos, SH; Po. 23.3084). Eine von Eva Herzog (sp, BS) angeführte Minderheit befürwortete hingegen die Schaffung dieser Platzreserve, zumal sie auf der Notfallplanung Asyl von 2016 als Vereinbarung zwischen Bund und Kantonen beruhe und folglich auch von den Kantonen befürwortet werde. Finanzministerin Keller-Sutter hob in der Folge die Reservefunktion dieses Kredits hervor: Das EJPD könne damit vorausschauend planen. Mit 29 zu 13 Stimmen lehnte der Ständerat den Antrag dennoch ab, hiess aber die bereits im ordentlichen Nachtrag Ib für die Bundesasylzentren beantragten CHF 139.9 Mio. gut.
Umstritten war auch der vom Bundesrat von 2 Prozent auf 2.5 Prozent erhöhte Lohnausgleich an das Bundespersonal (CHF 31.2 Mio.). Kommissionssprecherin Gapany verdeutlichte das Unverständnis der Kommissionsmehrheit darüber, dass diese Lohnmassnahme nicht bereits im Rahmen des Voranschlags 2023 vorgeschlagen worden sei – nun war sie bereits seit Januar 2023 in Kraft, was die Handlungsmöglichkeiten des Parlaments schmälerte: Eine Ablehnung würde die Auszahlung des Lohnausgleichs nicht verhindern, sondern nur eine Kompensation dieser Kosten innerhalb der Bundesfinanzen nötig machen. Während die Kommissionsmehrheit den Kredit ablehnen wollte, sprach sich eine Minderheit Herzog für Annahme aus. Die Erhöhung um 2.5 Prozent sei das Resultat der Verhandlungen mit den Personalverbänden, das bei Beratung des Voranschlags noch nicht vorgelegen habe, erklärte Eva Herzog. Mit 27 zu 12 Stimmen folgte der Ständerat aber auch hier seiner Kommissionsmehrheit.
Eine Änderung nahm der Ständerat auch am Kredit von CHF 12.7 Mio. für das EFD-Generalsekretariat vor: Dieser Kredit soll dazu dienen, die dem EFD durch die Übernahme der CS durch die UBS zusätzlich entstehenden Kosten zu decken. Die FK-SR hatte jedoch einstimmig eine Reduktion auf CHF 7 Mio. beantragt und überdies in den Rahmenbedingungen der Kreditvergabe eine Prüfung von «Verantwortlichkeitsklagen gegen die Organe der Credit Suisse» sowie eine Aufarbeitung der Geschehnisse und eine Weiterentwicklung der Rechtsgrundlagen verlangt, wie bereits im Nachtrag Ia diskutiert worden war.
Stillschweigend befürwortete die kleine Kammer in der Folge die übrigen Anträge des Bundesrates und hiess den Bundesbeschluss über den Nachtrag Ib zum Voranschlag 2023 sowie denjenigen über die Planungsgrössen einstimmig (mit 41 zu 0 Stimmen) gut.

Nachträge Ia und Ib zum Voranschlag 2023 (BRG 23.007)
Dossier: Übernahme der Credit Suisse durch die UBS
Dossier: Bundeshaushalt 2023: Voranschlag und Staatsrechnung

Ende Mai 2023 beschäftigte sich der Ständerat als Zweitrat mit der Motion Sauter (fdp, ZH) zur Einführung eines E-Rezepts. Im Namen der SGK-SR legte Hans Stöckli (sp, BE) seinen Ratskolleginnen und Ratskollegen die Annahme des Geschäfts nahe. Im Gegensatz zu einer Motion Müller (fdp, LU; Mo. 20.3209), welche die kleine Kammer bereits gutgeheissen hatte, beinhalte das vorliegende Geschäft noch präzisiere Angaben bezüglich der Umsetzung. Gesundheitsminister Berset empfahl hingegen, den Vorstoss abzulehnen, da bereits entsprechende Gesetzesgrundlagen existierten. Sein Votum war im Ständerat allerdings chancenlos. Mit 34 zu 2 Stimmen (bei 1 Enthaltung) stimmte das Stöckli der Motion zu.

Einführung eines E-Rezepts (Mo. 20.3770)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen
Dossier: Digitalisierung im Arzneimittelbereich