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  • Müller, Walter (fdp/plr, SG) NR/CN
  • Kessler, Margrit (glp/pvl, SG) NR/CN
  • Giezendanner, Ulrich (svp/udc, AG) NR/CN

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Jahresrückblick 2019: Verkehr und Kommunikation

Ein zentraler Punkt der Verkehrspolitik war 2019 der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur: Das Parlament hatte über die nächsten Ausbauschritte der strategischen Entwicklungsprogramme (STEP) «Nationalstrassen» und «Eisenbahninfrastruktur» sowie über die Verpflichtungskredite des Programms Agglomerationsverkehr zu befinden. Dabei ging es bei jedem Geschäft über die Vorlagen des Bundesrates hinaus, nahm zusätzliche Projekte in die Ausbauschritte auf und erhöhte die Verpflichtungskredite. Dem Ausbauschritt 2019 STEP Nationalstrassen fügte das Parlament zwei Projekte hinzu – die Umfahrungen Näfels und La Chaux-de-Fonds – und erhöhte den Verpflichtungskredit für den Ausbauschritt um eine Milliarde auf CHF 5.651 Mrd. Zusätzliche Viertel- und Halbstundentakte, mehr Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit: Den Ausbau des Schienennetzes wollte der Bundesrat mit Investitionen von CHF 11.9 Mrd. vorantreiben. Doch auch beim Strategischen Entwicklungsprogramm Eisenbahninfrastruktur (Ausbauschritt 2035) nahmen beide Kammern weitere Projekte auf: Die kleine Kammer ergänzte den Ausbauschritt im März auf Antrag ihrer Verkehrskommission um die Projektierungen des Durchgangsbahnhofes Luzern und der trinationalen S-Bahn Basel sowie um den Neubau der Strecke Neuenburg – La-Chaux-de-Fonds anstelle der vom Bundesrat vorgeschlagenen Modernisierung der bestehenden Strecke. Der Ständerat erhöhte den Investitionsbetrag einstimmig um CHF 919 Mio. auf CHF 12.8 Mia. Im Juni ging der Nationalrat sogar noch weiter und nahm mit den Bahnhöfen Winterthur-Grüze und Thun Nord zwei weitere Projekte in das Geschäft auf. Einstimmig erhöhte die grosse Kammer den Kreditbetrag um CHF 69 Mio. auf insgesamt CHF 12.89 Mrd. Obschon Bundesrätin Sommaruga erklärte, die vom Nationalrat zuletzt hinzugefügten Bahnhofsprojekte seien verfrüht, stimmte der Ständerat der grossen Kammer einstimmig zu. Schliesslich zeigte sich das Parlament auch bei den Verpflichtungskrediten ab 2019 des Programms Agglomerationsverkehr spendabel: Der Bundesrat hatte CHF 1.35 Mrd. für die Mitfinanzierung von Projekten der dritten Generation im Programm Agglomerationsverkehr beantragt. Der Nationalrat, der im März über die Vorlage beriet, nahm wie von seiner Verkehrskommission gefordert vier zusätzliche Projekte auf: Die Projekte Aargau-Ost, Delémont und Luganese sowie die Umfahrung Oberburg (BE). Weil die grosse Kammer auch für die Programme in Grand Genève und Bulle den Beitragssatz des Bundes erhöhte, wuchs der Bundesbeitrag für den Agglomerationsverkehr um CHF 145 Mio. auf Total CHF 1.49 Mrd. Im Juni kippte der Ständerat die Umfahrung Oberburg (BE) wieder aus der Vorlage; danach ging das Geschäft wegen dieser Differenz zwischen den Räten hin und her, bis im September in der Einigungskonferenz ein Kompromiss gefunden wurde, dem beide Kammern einstimmig zustimmten: Die Umfahrung Oberburg wird folglich als integraler Bestandteil dem Projekt Burgdorf zugeschrieben und mit nicht ausgeschöpften Mitteln aus den Programmen 2019, 2014 und 2010 finanziert.

Die Zeitungsanalyse von Année Politique Suisse zeigt, dass die Berichterstattung der Tagespresse zur Verkehrspolitik im August besonders umfassend war. Dies lag zu einem guten Teil an der sogenannten SBB-Krise: Anfang August kam es zu einem tödlichen Arbeitsunfall eines Zugbegleiters der SBB. In der Folge kam aus, dass die Türschliess-, Einklemmschutz- und Kontrollmechanismen an den Einheitswagen IV oft nicht korrekt funktionierten. Das Bundesamt für Verkehr verpflichtete die SBB, diese Mechanismen zu überholen. Zu den Sicherheitsrisiken bei den Türschliesssystemen kam eine Häufung der Betriebsstörungen: Verspätungen, Stellwerkstörungen, Zugausfälle wegen Baustellen. In den Kommentarspalten der Tageszeitungen war zu lesen, die SBB habe sich vom einstigen Aushängeschild der Schweiz in Sachen Zuverlässigkeit zu einem Lotterbetrieb gewandelt, das Vertrauen der Bevölkerung in die Bundesbahnen habe Schaden genommen. Der öffentliche Druck wurde so gross, dass die Führung der SBB von der Verkehrskommission zu einem Hearing eingeladen wurde. SBB-CEO Andreas Meyer stand der KVF-SR Rede und Antwort und verteidigte dabei die SBB und die Arbeit der SBB-Führung. Rund zwei Wochen nach dem Hearing verkündete Meyer seinen Rücktritt im Jahr 2020. Dieser Schritt sei schon länger geplant gewesen und habe mit den Schwierigkeiten im Betrieb nichts zu tun. Ende September gaben die SBB bekannt, dass die Einsteigeroutine des Personals geändert worden sei und die Schliesssysteme sämtlicher Einheitswagen IV bis 2024 überholt würden.

Beim Strassenverkehr sorgten vor allem Anliegen zur Verkehrssicherheit und zur Elektromobilität für Gesprächsstoff im Parlament. Ein politischer Dauerbrenner bei der Verkehrssicherheit blieben die Strafbestimmungen der Via sicura: Auch 2019 wurden einige Änderungen der Strafbestimmungen beraten, so die parlamentarische Initiative Grin (svp, VD; Pa.Iv. 18.431) für verhältnismässige Sanktionen, die Motion Graf-Litscher (sp, TG; Mo. 17.3520) gegen die doppelte Strafe für Berufsfahrer und Berufsfahrerinnen sowie die Motion Giezendanner (svp, AG; Mo. 17.3590) für einen differenzierten Führerausweisentzug. Zwar hatte die KVF-SR im April der parlamentarischen Initiative Grin keine Folge gegeben, doch der Nationalrat stimmte allen Geschäften zu und sprach sich damit für mildere Regelungen beim Führerausweisentzug aus.
Mit dem wachsenden Anteil elektrisch betriebener Fahrzeuge im Strassenverkehr wurde die Elektromobilität vermehrt ein Thema im Parlament. Dabei ging es etwa um grüne Zonen für Elektrofahrzeuge (Mo. 17.4040), um Auswirkungen von Fahrassistenzsystemen auf die Verkehrssicherheit (Po. 17.4041), um die Möglichkeiten der «Mobilität 4.0» (Po. 17.4043) oder um die Finanzierungslücke bei der Strassenverkehrsinfrastruktur durch die Ausfälle bei der Mineralölsteuer infolge der Zunahme von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (Mo. 19.3741). Vorwärts ging es mit der digitalen Vignette: Im März nahm der Nationalrat die Motion Candinas (cvp, GR; Mo. 18.3701) knapp an, der Ständerat folgte im September – obschon der Bundesrat in der Zwischenzeit eine Vorlage betreffend einer freiwilligen digitalen Vignette ans Parlament verabschiedet hatte.

Im Nachgang des Postauto-Skandals stand das Controlling des Bundesamtes für Verkehr mehrfach in der Kritik. Im März kam aus, dass das Bahnunternehmen BLS über Jahre insgesamt rund CHF 45 Mio. zu viel an Abgeltungen erhalten hatte. Zwar lagen im Gegensatz zum Postauto-Skandal keine betrügerischen Machenschaften vor, sondern nur ein unzureichend angepasstes Zinsglättungsmodell, allerdings zeigte sich eine Parallele zum Postauto-Skandal: Im Bundesamt für Verkehr blieben Hinweise auf die Differenzen zu lange folgenlos. Nach einem Audit beim BAV durch das UVEK wurden im Mai fünf Massnahmen zur Verstärkung der Aufsicht bei Transportunternehmen vorgelegt. Im Rahmen der verstärkten Aufsicht wurden im Bundesamt für Verkehr für Controlling und Revision acht zusätzliche Stellen geschaffen. Mit ihrer Motion «Teurere Kontrollen durch das BAV sollen die Verursacher bezahlen» verlangte Nadja Pieren (svp, BE; Mo. 19.3502), dass der Bund die Mehrkosten dieser Stellen auf die Verursacher abwälze. Im September lehnte der Nationalrat die Motion Pieren jedoch diskussionslos ab.

Nachdem die Postgesetzgebung in den Räten schon in den Vorjahren ein grosses Thema gewesen war, führten insbesondere der Service public der Post und die Schliessung von Poststellen auch 2019 zu einigen Debatten. In den Vorjahren waren viele Vorstösse angenommen worden, 2019 zeigten sich die Räte aber zurückhaltender: Den Standesinitiativen von Genf (Kt.Iv. 18.312), Basel-Stadt (Kt.Iv. 18.314), Solothurn (Kt.Iv. 18.315) sowie Tessin (Kt.Iv. 16.320) und Wallis (Kt.Iv. 17.302) wurde keine Folge gegeben, weil 2018 die Standesinitiative Jura (Kt.Iv. 17.314) Zustimmung gefunden hatte und die Kommissionen bei der Umsetzung dieser Initiative alle Anliegen zur Postgesetzgebung überprüfen und einbeziehen wollten. Die KVF-SR kündigte an, die Umsetzung der Standesinitiative Jura nach einer Gesamtschau zur Post im Frühjahr 2020 an die Hand zu nehmen.
Der Ständerat lehnte weitere Vorstösse zur Post ab (Motion Berberat, sp, NE, Mo. 19.3749; Postulat Béglé, cvp, VD, Po. 17.3615; Motion Feller, fdp, VD, Mo. 17.3053), der Nationalrat nahm jedoch weitere Anliegen entgegen: Ein Postulat der KVF-NR zur «längerfristigen Weiterentwicklung des Zugangs zu Dienstleistungen der postalischen Grundversorgung» (Po. 19.3532) wurde im Nationalrat angenommen, weil die damit vom Bundesrat und der Post verlangte Planung auch über die Umsetzung der Standesinitiative Jura Auskunft geben könnte. Auch die Motionen Müller-Altermatt (cvp, SO; Mo. 17.3938) für eine «mittel- und langfristige Planung bei Poststellen und Postagenturen» und Grin (svp, VD; Mo. 17.3888) zur «Schliessung von Poststellen an zentralen Orten» fanden in der grossen Kammer Zustimmung.

Im März schloss das Parlament die 2018 begonnene Revision des Fernmeldegesetzes ab. In vier Sitzungen wurden die verbliebenen Differenzen zur Netzneutralität, zur Meldepflicht der Provider bei verbotenen pornographischen Inhalten, zur Befreiung der Blaulichtorganisationen von den Verwaltungsgebühren der verwendeten Funkfrequenzen, zur Finanzierung von Anschlüssen in Gebäuden und zu weiteren, technischen Detailfragen beigelegt. Ende März nahmen beide Kammern die Revision an.

Der Ausbau des Mobilfunk-Netzes auf 5G wurde von Teilen der Bevölkerung sehr kritisch aufgenommen. Ausdruck fand diese kritische Haltung in zwei Volksinitiativen, die im Oktober von Privatpersonen lanciert wurden. Während die eine Initiative die Strahlungsbelastung reduzieren will, verlangt die andere, dass Mobilfunkbetreiber für Strahlungsschäden haften. Die Sammelfrist läuft bis zum 22. April 2021.

Jahresrückblick 2019: Verkehr und Kommunikation
Dossier: Jahresrückblick 2019

Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass auch der Parlamentsbetrieb mit verschiedenen Ratings und Rankings vermessen werden kann, welche die Arbeit, den Einfluss oder die ideologische Positionierung der Parlamentsmitglieder zu bestimmen versuchen. Der Versuch, anschauliche Ranglisten zu erstellen und so auch durch Personalisierung die Komplexität von Politik zu reduzieren, dient vor allem den Medien, die sich auch 2019 den verschiedenen Analysen widmeten.

Den Beginn machte Anfang Juli eine neue Plattform namens «politik.ch» mit einer Auswertung der Präsenz während der ganzen bisherigen 50. Legislatur. «Präsenz» wurde dabei mit der Teilnahme an den total 4'076 Abstimmungen, die im Nationalrat bis zur vorletzten Session durchgeführt wurden, gemessen. Zum «Absenzenkönig von Bern» – so die Aargauer Zeitung, die über die Studie berichtete – wurde Roger Köppel (svp, ZH) gekürt. Er habe 22.4 Prozent aller Abstimmungen «geschwänzt», gefolgt von Martin Bäumle (glp, ZH; 21.9%) und Hans Grunder (bdp, BE; 21.7%). Frauen stimmten tendenziell disziplinierter ab, schloss die Zeitung, weil sich am anderen Ende der Skala Andrea Geissbühler (svp, BE), Barbara Keller-Inhelder (svp, SG) und Sandra Sollberger (svp, BL) fanden, die alle weniger als sechs der über 4'000 Abstimmungen verpasst hatten. Die Aargauer Zeitung liess die Protagonisten zu Wort kommen. Bei wichtigen Abstimmungen sei er vor Ort, nicht aber, wenn «das ausufernde Berufsparlament mit sich selbst beschäftigt» sei, verteidigte sich Roger Köppel. «Das Volk» habe sie ins Parlament gewählt und erwarte, dass sie an den Abstimmungen teilnehme, befand hingegen Andrea Geissbühler. Im Schnitt hatten die Nationalrätinnen und Nationalräte drei Prozent der Abstimmungen verpasst. Im Tages-Anzeiger wurde daran erinnert, dass «immer brav auf dem ehrwürdigen Nationalratssessel zu sitzen» nicht mit politischem Einfluss gleichzusetzen sei. Die wichtigsten Entscheidungen fielen nicht im Ratssaal, sondern «in den Kommissionen, in den Hinterzimmern des Bundeshauses und den Salons des Bellevue-Hotels».

Einen Versuch, diese Art von Einfluss zu messen, unternahm die Sonntagszeitung mit ihrem alle zwei Jahre publizierten «Parlamentarier-Rating». Hier erhält Punkte, wer viele Reden hält, in wichtigen Kommissionen sitzt und erfolgreich Vorstösse einreicht; wer innerhalb der eigenen Partei wichtige Funktionen innehat, einer starken Fraktion angehört, hohe Medienpräsenz hat und ausserhalb des Parlaments gut vernetzt ist. Wie schon zwei Jahre zuvor wies die Zeitung SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) als «mächtigsten» Parlamentarier aus, gefolgt von Pirmin Bischof (cvp, SO) und Thomas Aeschi (svp, ZG). Levrat sei «immer dabei, wenn es in der Schweizer Politik etwas anzuschieben oder zu blockieren» gelte. Allerdings falle die SP-interne grosse Lücke hinter Levrat auf. In den Top Ten gebe es kein weiteres SP-Mitglied, was darauf hindeute, dass die parteiinterne Erneuerung wohl noch nicht geschafft sei. Ausgerechnet bei den Frauen schneide die SP schlecht ab. Unter den 15 höchst bewerteten Frauen – diese Liste wurde von Tiana Angelina Moser (glp, ZH; total Rang 6) und Lisa Mazzone (gp, GE; Rang 13) angeführt – fänden sich lediglich zwei Genossinen: Maria Carobbio Guscetti (sp, TI; Rang 23) und Barbara Gysi (sp, SG; Rang 34). Für das Rating berücksichtigt wurden nur jene Parlamentsmitglieder, die seit Beginn der Legislatur in den Räten gesessen hatten und bei den eidgenössischen Wahlen 2019 wieder antreten wollten. Entsprechend war der 173. Rang auch der letzte. Dort befand sich Bruno Walliser (svp, ZH). Indem die Sonntagszeitung die Rangierung hinsichtlich Medienpräsenz mit der Gesamtrangierung verglich, machte sie auch «die grössten Blender» aus. Die drei Zürcher Abgeordneten Claudio Zanetti (svp), Roger Köppel (svp) und Regine Sauter (fdp) seien zwar «Lieblinge der Medien», spielten im Parlament aber «eine bescheidene Rolle».

Auf der Basis der Abstimmungen im Nationalrat berechnete die Sonntagszeitung in einer weiteren Analyse, wie häufig alle Volksvertreterinnen und -vertreter bei Gesamtabstimmungen in der 50. Legislatur zur Mehrheit gehört hatten. Wenig überraschend fanden sich auf den vorderen Rängen – die Sonntagszeitung nannte sie «die Erfolgreichsten» – Mitglieder der CVP- und der BDP-Fraktion, die jeweils mit links oder rechts oder innerhalb einer grossen Koalition Mehrheiten schaffen. Angeführt wurde die Liste von Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL), die bei 98.5 Prozent aller Gesamtabstimmungen gleich wie die Mehrheit gestimmt hatte, was ihr in der Weltwoche den Titel «[d]ie mit dem Strom schwimmt» einbrachte. Auf Platz zwei und drei folgten Viola Amherd (cvp, VS; 98.3%) und Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS; 98.2%). Bei den 68 «Erfolglosesten» handelte es sich durchgängig um SVP-Fraktionsmitglieder, angeführt von Erich Hess (svp, BE; 46.8%), Toni Brunner (svp, SG; 48.8)%) und Pirmin Schwander (svp, SZ; 49.8%).

Mitte Oktober warteten dann schliesslich die NZZ und Le Temps mit ihrem alljährlich erscheinenden «Parlamentarier-Rating» auf. Erneut wiesen die auf der Basis des Abstimmungsverhaltens vorgenommenen Positionierungen der Parlamentsmitglieder auf einer Skala von -10 (ganz links) bis +10 (ganz rechts) auf eine zunehmende Homogenisierung innerhalb der Parteien hin. Insbesondere an den Polen habe die Fraktionsdisziplin ein noch nie gekanntes Ausmass erreicht, so die NZZ. So hätten sich die Mitglieder der SP-Fraktion vor den Wahlen 2015 auf einer Skalen-Spannweite von 3.4 Punkten verteilt, im aktuellen Rating betrage dieser Wert lediglich noch 1.2 Punkte. Die Extrempositionen in der SP besetzten im aktuellen Rating Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) und Adrian Wüthrich (sp, BE; -8.8). Eine im Vergleich zu 2015 wesentlich grössere Fraktionsdisziplin wiesen bei dieser Berechnung auch die Grünen auf. Lagen das am meisten linke und am meisten rechte grüne Fraktionsmitglied 2015 noch um 2.7 Skalenpunkte auseinander, trennten Maya Graf (gp, BL; -9.2) und die drei ganz am linken Rand politisierenden Michael Töngi (gp, LU; -10.0), Irène Kälin (gp, AG; -10.0) und Regula Rytz (gp, BE; -10.0) im Jahr 2019 lediglich noch 0.8 Skalenpunkte. Damit waren die Grünen im Durchschnitt erstmals seit 2011 wieder weiter links positioniert als die SP: «Les Verts n'ont jamais été aussi à gauche», war dies Le Temps gar die Überschrift der Analyse wert. Am anderen Ende der Skala, bei der SVP, verringerte sich der Wert der Spannweite von 3.7 auf 1.2 Punkte – ohne Berücksichtigung von Roberta Pantani (lega, TI), die zwar der SVP-Fraktion angehört, aber die Lega vertritt und mit einem Wert von 8.2 die am weitesten «linke» Position in der SVP-Fraktion im Nationalrat vertrat. Gleich drei SVP-Nationalräte politisierten ganz rechts aussen und wiesen einen Skalenwert von 10.0 aus: Toni Brunner, Luzi Stamm (svp, AG) und Adrian Amstutz (svp, BE). Jean-Pierre Grin (svp, VD) fand sich bei Position 8.8 und war damit das am weitesten links positionierte Mitglied der SVP im Nationalrat. Selbst bei der CVP war eine Disziplinierung festzustellen: Es zeigte sich im Vergleich zu 2015 ein Rückgang der Spannweite von 3.6 auf 2.6 Punkte, wobei die Fraktion im Vergleich zum Vorjahr zahlreiche Mitglieder leicht rechts von der Mitte aufwies und sich von -1.0 (Dominique de Buman; cvp, FR) bis 1.6 (Philipp-Matthias Bregy; cvp, VS) erstreckte. Die der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder waren wesentlich weiter links als ihre Fraktion: Niklaus Gugger (ZH) wurde auf der Skala bei -4.2 und Marianne Streiff-Feller (BE) bei -4.3 eingestuft. Die restlichen drei Fraktionen hingegen waren im Vergleich zu 2015 heterogener geworden. Bei der FDP war die Zunahme von 2.5 auf 2.6 Skalenpunkte freilich minim. Die Fraktionsgrenzen wurden bei den Freisinnigen von Walter Müller (fdp, SG; 4.5) und Christa Markwalder (fdp, BE; 1.9) eingenommen. Grössere Sprünge machten die BDP und die GLP. Während sich bei der BDP die Spannweite im Vergleich zu 2015 von 1.2 auf 2.0 fast verdoppelte – wie schon 2015 deckte Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; -1.7) die linke Flanke ab, während sich Hans Grunder (bdp, BE; 0.3) am rechten Rand der BDP positionierte – wuchs die Heterogenität innerhalb der traditionell eigentlich sehr homogenen GLP von 0.5 auf 2.7 Skalenpunkte an. Hauptgrund dafür war Daniel Frei (glp, ZH), der von der SP in die GLP gewechselt hatte und mit seiner Position von -5.7 zwar weit weg vom rechten Rand der SP (-8.8), aber auch weit weg vom linken Rand der bisherigen GLP-Mitglieder war. Dieser wurde von Kathrin Bertschy (glp, BE; -3.5) eingenommen, die in der Tat lediglich 0.5 Skalenpunkte von Martin Bäumle (-3.0), also dem rechten GLP-Rand, positioniert war. Die politische Landschaft verarme, schloss die NZZ aus diesen Zahlen. Vor allem zwischen den Mitte- und den Polparteien klaffe eine Lücke. Dort hätten früher moderate SVP- und SP-Vertreter als Brückenbauer gewirkt. Schuld für die zunehmende Fraktionsdisziplin seien aber nicht nur die Parteizentralen, sondern auch die wachsende Zahl an zu behandelnden Geschäften, bei denen Parlamentsmitglieder keine fundierte eigene Meinung mehr bilden könnten und deshalb gemäss der Empfehlung der Parteileitung stimmten.
Die zahlreichen auf die neue Legislatur 2019 bis 2023 hin angekündigten Rücktritte im Ständerat veranlasste die Verfasser des Ratings zur Spekulation eines Rechtsrutschs der kleinen Kammer nach den Wahlen 2019. Die politische Mitte des Ständerats befinde sich bei Pirmin Bischof, also bei -2.8. Da elf zurücktretende Kantonsvertreterinnen und -vertreter links und lediglich sieben rechts von Bischof seien und alle zurücktretenden im Schnitt deutlich linker (-5.3) positioniert seien als die wieder antretenden (-2.3), stellten die Ständeratswahlen vor allem für Mitte-Links eine Herausforderung dar, so die NZZ. Eindrücklich liess sich dies anhand von Raphaël Comte (fdp, NE) nachzeichnen. Der Neuenburger Freisinnige positionierte sich mit -5.7 näher bei Daniel Jositsch (sp, ZH), der mit -6.8 den rechten Rand der SP in der kleinen Kammer besetzte, als bei seinem am weitesten rechts positionierten Fraktionskollegen Philipp Müller (fdp, AG; 4.5) und dem Schnitt der FDP (2.3). Da Comte nicht mehr antrete, sei wohl auch in der FDP mit einem Rechtsrutsch in der kleinen Kammer zu rechnen.

Nationalratsrating

Die Motion Graf-Litscher (sp, TG) für ein Nein zur doppelten Strafe für Berufsfahrer und Berufsfahrerinnen beziehungsweise für eine Anpassung des Strassenverkehrsgesetzes und der Verkehrszulassungsverordnung und für die Möglichkeit, Sanktionen gegen Berufsfahrerinnen und Berufsfahrer stärker zu differenzieren, kam im Dezember vor den Zweitrat. Sie wurde vom Ständerat gemeinsam mit der inhaltlich sehr ähnlichen Motion Giezendanner (svp, AG; Mo. 17.3590) behandelt. Die KVF-SR hatte ihrem Rat die Annahme der Motion Graf-Litscher und die Ablehnung der Motion Giezendanner empfohlen. Die Kommissionsmehrheit lehnte die Motion Giezendanner ab, weil sie keinen Unterschied mache bezüglich der Schwere einer Verkehrsregelverletzung, für welche ein differenzierter Führerausweisentzug zu erwägen sei. Dies gehe eindeutig zu weit, erklärte die Kommission, man wolle «ausdrücklich nicht an den Grundpfeilern von Via sicura» rütteln. Eine Kommissionsminderheit Wicki (fdp, NW) beantragte hingegen auch die Annahme der Motion Giezendanner.
Bundesrätin Sommaruga schloss sich der Einschätzung der Kommission an und bat den Rat, sofern er bei Führerausweisentzügen stärker differenzieren wolle, die Motion Graf-Litscher anzunehmen und die Motion Giezendanner abzulehnen. Die Ratsmitglieder folgten dieser Empfehlung knapp: Die Motion Graf-Litscher wurde ohne Gegenstimmen angenommen und die Motion Giezendanner wurde mit 22 gegen 20 Stimmen (keine Enthaltungen) abgelehnt.

Nein zur doppelten Strafe für Berufsfahrer und Berufsfahrerinnen! (Mo. 17.3520)
Dossier: Wie soll mit Raserdelikten umgegangen werden?

Neben dem politischen gab es auch ein rechtliches Nachspiel in der Affäre zu der Schweizer Hochseeflotte. Bereits im Jahr 2016 hatte die EFK eine Strafanzeige wegen Unregelmässigkeiten bei den Bürgschaften eingereicht. Die Bundesanwaltschaft stellte das entsprechende Verfahren jedoch wegen fehlenden hinreichenden Anfangsverdachts und Verjährung vieler Vorwürfe ein. Dies kritisierten verschiedene Juristen später gegenüber den Medien, da eine Nichtanhandnahme-Verfügung nur in «sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen» möglich sei. Im August 2017 reichte auch Johann Schneider-Ammann Strafanzeige gegen die mutmasslichen Urheber des Millionenschadens ein, woraufhin die Bundesanwaltschaft das Verfahren mit neuem Beweismaterial und neuen Unterlagen wieder aufnahm. Die Bundesanwaltschaft konzentrierte ihre Untersuchungen gemäss Medien vor allem auf die Rolle von Michael Eichmann, dem ehemaligen BWL-Direktor, dem Amtsmissbrauch und ungetreue Geschäftsführung vorgeworfen wurden. Dabei war jedoch lange Zeit von Seiten der Bundesanwaltschaft kaum etwas zum Verfahren zu vernehmen – offenbar hatte sie Eichmann auf Anfrage der Medien bis Juni 2018 noch nicht befragt –, was zu Kritik von Seiten der Presse führte, insbesondere da im Laufe der Zeit immer mehr Informationen zu möglichen Ungereimtheiten im BWL ans Licht kamen. So berichteten die Medien von einem Vertrag zwischen der SCL-Reederei und einer kroatischen Werft für eine Rückzahlung von Projektkosten über CHF 12 Mio. für vier Schiffe sowie von zwei identischen Kaufverträgen für Schiffe, die sich lediglich im eingetragenen Kaufpreis unterschieden. Nach seiner zweiten Interpellation habe die Bundesanwaltschaft hingegen Ulrich Giezendanner (svp, AG; Ip. 18.3645) trotz seiner Immunität aufgeboten und aufgefordert, seine Informationen zu präzisieren und den Namen seines Informanten zu nennen, was dieser mit Verweis darauf, dass Bundesanwalt Michael Lauber «seine Arbeit gefälligst selber machen» solle, jedoch nicht tat.
Die Untersuchung zum Eigentümer der SCT-SCL-Gruppe, Hansjörg Grunder, übernahm die Abteilung Wirtschaftsdelikte der Berner Staatsanwaltschaft. Diese zeigte sich gemäss Medien deutlich aktiver als die Bundesanwaltschaft und gab Ende Juni 2018 bekannt, eine Person – die Medien vermuteten, es sei Grunder – verhaftet zu haben. Dabei habe sie auch Hausdurchsuchungen vorgenommen und dabei umfangreiche Akten und Vermögenswerte beschlagnahmt. Es bestehe der «Verdacht, dass die Täterschaft bei der Einreichung von Bürgschaftsgesuchen für die Finanzierung von Hochseeschiffen überhöhte Bau- und Erwerbspreise geltend gemacht hat, um widerrechtlich in den Genuss zu hoher Bürgschaften zu gelangen», wie die Staatsanwaltschaft verlauten liess. In der Folge erstellte sie Anzeige wegen Verdachts auf Leistungsbetrug und Beamtenbestechung. Mitte Dezember gab die «Nordwestschweiz» schliesslich bekannt, dass die Berner Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte Anklage gegen Grunder wegen Betrugs zum Nachteil des Bundes, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsführung erhoben habe. Der Bund trete als Privatkläger auf, um seine finanziellen Interessen zu wahren. Konkret solle Grunder seit 2005 in fünf Fällen zu hohe Bau- und Erwerbspreise für Hochseeschiffe vorgetäuscht haben, um überhöhte Bürgschaften für die Schiffe zu erhalten – es gehe um eine Deliktsumme von CHF 130 Mio. Zusätzliche Fälle seien zudem verjährt. Grunder bestritt die Vorwürfe und die Medien betonten, dass für ihn und Michael Eichmann die Unschuldsvermutung gelte.

Hochseeschifffahrt

Le groupe bourgeois-démocrate du Conseil national demandait de soumettre au peuple la question de principe de l'acquisition des nouveaux avions de combat, afin qu'il puisse s'exprimer sur le principe d'achat avant le choix du modèle. Le Conseil fédéral proposait d'accepter la motion, même si les acquisitions d'armement n'étaient pas, en tant que telles, soumises au référendum. Vu l'ampleur du renouvellement, il prévoyait d'édicter un arrêté de planification de l'Assemblée fédérale qui est lui, sujet au référendum.
La motion, à l'encontre du souhait des Verts, des socialistes et du groupe libéral-radical, a été adoptée par le Conseil national par 99 voix contre 77 et 4 abstentions. Walter Müller (plr, SG), au nom du groupe libéral-radical, questionnait l'utilité d'un référendum alors que le mandat du Parlement en la matière était réglementé dans la Constitution et dans la loi. Les Verts voulaient que le peuple vote également sur le choix du modèle.
Avec voix prépondérante de son président, la CPS-CE a proposé de rejeter la motion. La majorité des membres l'a jugée obsolète puisque le Conseil fédéral allait soumettre au Parlement un projet d'arrêté de planification. Une minorité craignait que la position de la commission soit interprétée comme une opposition à une votation populaire. Il fallait donc voter en faveur de la motion, afin de signaler l'appui de la commission à la démarche du Conseil fédéral consistant à présenter un projet sujet à référendum.
Lors du passage au Conseil des Etats, la motion a été adoptée par 22 voix contre 18 et 1 abstention. Elle sera par la suite classée, comme suggéré par le Conseil fédéral dans son message concernant l'arrêté de planification relatif à l'acquisition d'avions de combat.

Soumettre au peuple la question de principe de l'acquisition de nouveaux avions de combat (Mo. 17.3604)
Dossier: Air2030 – Schutz des Luftraumes
Dossier: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge

In der Herbstsession 2019 gelangte das Geschäft zur Genehmigung der Beteiligung an der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen in den Nationalrat. Die EU-Lisa ist für den Betrieb und die Weiterentwicklung zahlreicher zentraler Systeme des Schengenraums verantwortlich. Dazu gehören unter anderem das SIS, das Visa-Informationssysstem, die Fingerabdruck-Datenbank Eurodac und das Ein- und Ausreisesystem (EES). Hans-Peter Portmann (fdp, ZH), der Sprecher der APK-NR, wies darauf hin, dass die Schweiz seit 2012 als Beobachterin der Agentur an sämtlichen Projekten der EU-Lisa beteiligt sei und das Parlament der EU-Verordnung zur Errichtung der Agentur bereits zugestimmt habe. Gemäss der vorliegenden Vereinbarung solle die Schweiz sich zukünftig vollständig daran beteiligen und sich mit begrenztem Stimmrecht gleichberechtigt mit den EU-Mitgliedsstaaten engagieren können. Die Beteiligungskosten würden für die Schweiz wie bis anhin CHF 7-8 Mio. betragen, so Portmann weiter. Eine Kommissionsminderheit Estermann (svp, LU) hatte einen Nichteintretensantrag gestellt, obwohl man sich, so Estermann, der Vorteile des Abkommens bewusst sei. Jedoch sei die SVP-Delegation der Meinung, dass man keine weiteren Zahlungen an die EU leisten solle, solange man von dieser in verschiedener Hinsicht diskriminiert werde. Dieses Verhalten wurde von den anderen Ratsmitgliedern nicht goutiert. Walter Müller (fdp, SG) etwa befand das Ablehnen eines nach langer Verhandlung erarbeiteten Resultats für nicht konstruktiv. Der Rat beschloss mit 132 zu 51 Stimmen (bei 2 Enthaltungen), auf das Geschäft einzutreten, wobei nur Mitglieder der SVP-Fraktion dagegen stimmten, und nahm es kurz darauf mit 133 zu 49 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Auch in der Schlussabstimmung drei Tage später fiel das Ergebnis im Nationalrat mit 138 zu 52 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) eindeutig und im Ständerat gar einstimmig aus.

Participation à l'agence européenne pour la gestion opérationnelle des systèmes d'information à grande échelle
Dossier: Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands, Errichtung von IT-Grosssystemen

Im August 2019 entschied sich die SGK-NR dafür, dass die Umsetzung der parlamentarischen Initiative Giezendanner (svp, AG) «Sicherstellung der Blutversorgung und die Unentgeltlichkeit der Blutspende» gemäss dem eingereichten Text erfolgen soll. Ende Juni 2020 beugte sich die Kommission erneut über den Vorstoss. Einstimmig beschloss sie, die Verwaltung mit der Erarbeitung eines Entwurfs zur Verankerung und Erweiterung des bisherigen Finanzhilfesystems bezüglich des Blutspendewesens zu betrauen.

Sicherstellung der Blutversorgung und Unentgeltlichkeit der Blutspende
Dossier: Blutspende

Nur zwei Tage nachdem die GPK auf die Stellungnahme des Bundesrates zu den Hochseeschifffahrts-Bürgschaften geantwortet hatten, veröffentlichte die FinDel ihren Bericht zur Untersuchung des Verkaufsprozesses der SCL- und SCT-Schiffe. Die FinDel habe im April 2018 entschieden, den Verkaufsprozess zu untersuchen, um Lehren für künftige Verkaufsprozesse ziehen zu können. Dazu hatte sie die EFK mit der Informationsbeschaffung und der Prüfung spezifischer Sachverhalte beauftragt, welche diese bis August 2018 vornahm. In der Folge führte die FinDel Befragungen bei den Vorstehenden des WBF, des EFD und des EDA, ihren Mitarbeitenden, externen Expertinnen und Experten sowie Vertretenden der SCL- und SCT-Gesellschaften durch, verlangte Unterlagen oder schriftliche Auskünfte und nahm Akteneinsicht. Die FinDel untersuchte darin den Verkaufsprozess sehr detailliert. Sie attestierte Johann Schneider-Ammann als Vorsteher des WBF, mit der Strategie der Verlustminimierung, mit der eingesetzten Krisenorganisation und mit der Einsetzung eines Liquidators korrekt gehandelt und so einen um CHF 30 bis 40 Mio. höheren Verlust verhindert zu haben. Es sei den involvierten Bundesstellen gelungen, eine Wettbewerbssituation unter den Kaufinteressenten zu schaffen. Zukünftig sollten jedoch nicht nur eine einzige Verkaufsstrategie verfolgt, sondern auch Alternativszenarien vorbereitet werden. So sei die Wahl eines Freihandverkaufs zwar nachvollziehbar, die Konsequenzen von Alternativszenarien wie eines Konkurses oder einer Nachlassstundung sollten nachträglich dennoch untersucht werden. Weiter sei der Verkaufszeitpunkt zwar nicht ideal gewesen, der Handlungsspielraum sei jedoch aufgrund exogener Faktoren stark eingeschränkt gewesen. Hingegen kritisierte die FinDel das Informationsleck im Januar 2017, welches die Höhe der Kaufangebote negativ beeinflusst habe. Der Bundesrat müsse dringend Massnahmen ergreifen, damit vertrauliche oder geheime Beratungen zukünftig nicht an die Öffentlichkeit dringen würden.
Aus dem Verkauf der SCT-SCL-Gruppe solle der Bundesrat verschiedene Lehren ziehen, betonte die FinDel. So empfahl sie ihm unter anderem, bei anderen Gesellschaften bereits vor einer Liquiditätskrise eine klare Abwicklungsstrategie für den Krisenfall zu erarbeiten, nachvollziehbare Bewertungskriterien für Offerten zu erstellen, zukünftig verschiedene Handlungsoptionen zu verfolgen und eine echte Wettbewerbssituation zwischen den Kaufinteressenten herzustellen. Auch bezüglich der Verkaufsverträge machte sie einige Empfehlungen und schlug schliesslich vor, zukünftig auf Solidarbürgschaften zu verzichten und die bestehenden wenn möglich in einfache Bürgschaften umzuwandeln. Auf diverse Fragen zum Verkauf der Schiffe, welche Ulrich Giezendanner (svp, AG) – den die FinDel überdies in dieser Sache angehört hatte – in einer Interpellation aufgenommen hatte, ging die FinDel hingegen nicht ein.

Hochseeschifffahrt

Die Totalrevision des BZG gelangte zuerst in den Nationalrat, dessen vorberatende SiK im Januar 2019 erstmals dazu Stellung nahm. Die Kommission stand geschlossen hinter der Vorlage, es gab jedoch einzelne Aspekte, die sie genauer geprüft haben wollte, weswegen sie eine Subkommission einsetzte. Trotz der weitgehend positiven Rückmeldungen aus dem Vernehmlassungsverfahren brachten die Kantone noch Vorbehalte vor, namentlich die Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr (RK MZF). Wichtige Fragen betrafen die Rechtsetzungsdelegation, die Transparenz der Kostenfolgen sowie strategische Grundlagen, wo es teilweise grössere Differenzen gab.

Im Mai tagte die Kommission erneut, wobei die inzwischen erzielten Fortschritte der Subkommission beraten wurden. Verschiedene Anliegen der Kantone wurden nun doch noch in die Vorlage eingearbeitet und dem Nationalrat als Änderungsanträge unterbreitet, so dass nun – in den Worten der Kommission – eine konsensfähige Vorlage geschmiedet worden sei. Die Anpassungen fielen bei den Partnerorganisationen, den Zivilschutzaufgaben, dem Durchdienermodell sowie bei den Ersatzbeiträgen und der Kostenteilung an.
Die Kommissionsmehrheit war der Ansicht, dass auch der Zivildienst als Partnerorganisation benannt werden solle, dies würde ihrer Ansicht nach die Durchhaltefähigkeit des Gesamtsystems erhöhen. Bei den Zivilschutzaufgaben beantragte die Kommission dem Plenum eine Kehrtwende: Der skizzierte Sanitätsdienst solle aus dem Entwurf gestrichen werden, weil es keine konzeptionellen Grundlagen zur Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems in Krisenlagen gebe. Das vom Bundesrat angestrebte Durchdienermodell stiess ebenfalls auf Ablehnung, da es eine erhebliche Aufstockung an Diensttagen für Schutzdienstpflichtige bedeuten würde – hier unterstützte nur eine Minderheit die bundesrätliche Version. In Sachen Schutzräume hatte sich eine längere Debatte entfacht, wobei letztlich der Status quo obsiegte. Eine Änderung wurde also zunächst verworfen. Die Kommission war der Meinung, dass das bisherige Modell den Schutz der Bevölkerung in Krisen- und Katastrophenlagen am besten gewährleiste. Eine Kommissionsminderheit wollte eine Abschaffung der Schutzräume-Pflicht beantragen. Die Finanzierung durch Bund und Kantonen wurde dahingehend angepasst, als der Bund die Auslagen für das Personalinformationssystem (PISA) tragen soll. Mit all diesen Anträgen war die Vorlage bereit für die Debatte durch den Nationalrat in der Sommersession.

Im Nationalrat löste die Vorlage denn auch eine lange Debatte aus. Kommissionssprecher Müller (fdp, SG) erläuterte summarisch die Vorarbeiten der Kommission. Die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen zeigten sich in einer Sache unanim: Eintreten war unbestritten. Hüben wie drüben zeigte man sich von der Notwendigkeit dieser Totalrevision überzeugt. Verschiedene Differenzen gab es aber bei einzelnen Artikeln. CVP-Sprecher Paganini (cvp, SG) sprach noch vor der Detailberatung einen wesentlichen Punkt in der vorparlamentarischen Entscheidfindung an. Er bemängelte den Prozess und die nötig gewordene Subkommission, die sich in mehreren Sitzungen mit dem Gesetzesentwurf zu befassen hatte und die Rolle einer Vermittlerin zwischen Bund und Kantonen übernehmen musste. Tatsächlich war es überraschend, dass einer weitgehend wohlwollenden Vernehmlassung derart starke Opposition durch die Kantone folgte.
In der Detailberatung galt es also zunächst sämtliche Anträge der Kommission und allfälliger Minderheiten zu klären. Erster Punkt war die Nennung und die Rolle des Zivildienstes im Bereich der Partnerorganisationen und deren Aufträge im Krisenfall. Der Nationalrat folgte hier der Kommissionsminderheit und verzichtete auf Antrag von Verteidigungsministerin Amherd auf die Erwähnung des Zivildienstes. Ausschlaggebendes Argument war, dass Zivildienstleistende nicht über die nötige Ausbildung und Ausrüstung verfügten und überdies in Notlagen auch gar nicht alarmiert werden könnten, weil entsprechende Kanäle fehlten. Damit blieb der Kreis der Partnerorganisationen unverändert und umfasst weiterhin die Polizei, die Feuerwehr, das Gesundheitswesen, technische Betriebe und den Zivilschutz. Auch in weiteren Punkten folgte das Plenum seiner Kommission. So wurde der vom Bundesrat vorgesehene Sanitätsdienst aus der Vorlage gestrichen sowie die Kosten für das PISA beim Bund belassen, statt die Kantone daran zu beteiligen. Die Möglichkeit des Durchdienens wurde verworfen und die Möglichkeit, aus dem Dienst ausgeschiedene Schutzdienstleistende wieder zu aktivieren, wurde nur für den Fall bewaffneter Konflikte ermöglicht. Zudem beschloss der Nationalrat eine Verkürzung der Dienstpflicht, sie soll neu vom 19. bis zum 36. Altersjahr gelten – hier ging der Rat mit der Regierung einig. Die Schutzraumpflicht war ein weiterer Punkt, der debattiert wurde. Letztlich wurde entgegen einem Antrag Glättli (gp, ZH) am bisherigen System festgehalten; der Grundsatz «eine Person, ein Schutzplatz» soll weiterhin bestand haben. Weitere Minderheitenanträge blieben chancenlos. Eine Minderheit Seiler Graf (sp, ZH) wollte eine Meldepflicht für Störfälle an kritischen Infrastrukturen einführen, womit sie vor allem auf die Herausforderungen und Bedrohungen im Cyberbereich fokussierte und eine «Kultur des Risikomanagements» vorantreiben wollte. Bundesrätin Amherd gab hierzu zu bedenken, dass derlei Fragen in der Bearbeitung der Nationalen Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen 2018-2022 bereits angegangen würden. Die Argumentation der Kommissionsmehrheit, dass so ein Aspekt nicht in das BZG gehöre, verfing offenbar.
Letztlich wurde der nationalrätliche Entwurf mit 181 Stimmen einstimmig dem Ständerat überwiesen. Gegen den Willen der Regierung entschied sich der Rat zudem, die Motion Müller (fdp, SG; Mo. 14.3590) bezüglich der Ausgestaltung der Wehrpflichtersatzabgabe für Zivilschutzleistende nicht abzuschreiben.

Zivilschutzgesetz. Änderung

Nationalrat Mauro Tuena (svp, ZH) forderte mit einer im Dezember 2017 eingereichten parlamentarischen Initiative die Zulassung von allen anerkannten Ärztinnen und Ärzten zu verkehrsmedizinischen Untersuchungen. Der Initiant ortete im Strassenverkehrsgesetz und in der Verkehrszulassungsverordnung zuviel Bürokratie: Eine in der Verordnung vorgeschriebene Weiterbildung für zu verkehrsmedizinischen Untersuchungen zugelassene Ärztinnen und Ärzte sei kompliziert und teuer. Die Regelung der Zulassung führe «zu einer absurden und ausufernden Pathologisierung der betroffenen Verkehrsteilnehmer und zu einer völlig unverhältnismässigen Aufblähung der Disziplin Verkehrsmedizin». Nationalrat Tuena schlug stattdessen vor, dass alle anerkannten Ärztinnen und Ärzte zu verkehrsmedizinischen Untersuchungen zugelassen werden sollten.
Der Mehrheitsantrag der KVF-NR hiess, der Initiative keine Folge zu geben, eine Minderheit Giezendanner (svp, AG) wollte Folge geben.
In der Ratsdebatte vom 11. Juni 2019 äusserte sich auch der als Arzt und Ratsmitglied von Tuena in seinem Votum adressierte Pierre-Alain Fridez (sp, JU): Er hielt fest, die aktuelle Regelung entlaste die Ärzteschaft und schütze sie davor, Fehler zu begehen. Eine Mehrheit im Rat hielt eine Spezialisierung der Ärzte für verkehrsmedizinische Untersuchungen weiterhin für sinnvoll. Mit 102 zu 76 Stimmen (1 Enthaltung) beschloss der Rat, der Initiative keine Folge zu geben.

Zulassung von allen anerkannten Ärztinnen und Ärzten zu verkehrsmedizinischen Untersuchungen

Mit seiner Motion «Differenzierter Führerausweisentzug» stiess Nationalrat Giezendanner (svp, AG) ins selbe Horn wie seine Ratskollegin Edith Graf-Litscher (sp, TG) mit ihrer Motion. «Wer von Ihnen hat nicht auch schon beim Autofahren einen Fehler gemacht?» fragte der Motionär rhetorisch in den Saal und forderte seine Ratsmitglieder auf: «Seien Sie bitte menschlich!». Unmenschlich schien es Ulrich Giezendanner zu sein, dass Berufsfahrerinnen und Berufsfahrer mit dem Entzug des Führerausweises quasi ein Berufsverbot erhielten. Es sei deshalb ein differenzierter Ausweisentzug zu schaffen, bei dem das Verschulden der fahrenden Person gewichtet werden könne. Bundesrätin Sommaruga erwiderte, es sei heute schon möglich, Härtefällen genügend Rechnung zu tragen. Die Bundesrätin bat darum, die Motion abzulehnen. Der Rat nahm das Anliegen jedoch mit 131 zu 58 Stimmen (1 Enthaltung) an.

Differenzierter Führerausweisentzug (Mo. 17.3590)
Dossier: Wie soll mit Raserdelikten umgegangen werden?

Ulrich Giezendanner (udc, AG) demande la reprise des normes européennes en matière d'oxyde d'azote et de gaz d'échappement concernant les moteurs à combustion. En raison des différences de valeurs, les acheteurs suisses de moteurs à combustion paient des prix plus élevés que leurs voisins européens. La CEATE-CN propose, par 13 voix contre 11, de ne pas donner suite à l'initiative parlementaire. L'harmonisation des valeurs suisses avec celles appliquées en Europe serait déjà atteinte. Le Conseil national est donc appelé à statuer.

Reprise des valeurs limites européennes d'oxyde d'azote et de gaz d'échappement

Le postulat, déposé par Yannick Buttet (pdc, VS), puis repris par Benjamin Roduit (pdc, VS), porte sur la lutte contre le dumping social et salarial. Le Conseil fédéral est chargé d'examiner les mesures prises par les Etats membres de l'UE en application de la directive sur les travailleurs détachés et de les mettre en parallèle avec les mesures d'accompagnement prises en Suisse dans le cadre de l'accord sur la libre-circulation des personnes. Les parlementaires valaisans doutent de l'application des directives européennes par les Etats membres.
Le Conseil fédéral propose de rejeter le postulat. D'une part, une nouvelle directive concernant le détachement de travailleurs a été élaborée par la Commission européenne afin d'en améliorer l'exécution. Elle rédige actuellement un premier rapport d'évaluation de la mise en œuvre dans les Etats membres. Ainsi, le rapport pourra être utilisé comme base de comparaison. D'autre part, le Conseil fédéral rappelle que les prescriptions de l'UE ont été respectées lors de sa réponse au postulat Müller (07.3901). Finalement, la comparaison est rendue difficile en raison de l'unicité de l'approche suisse, caractérisée par une exécution duale reposant sur une participation déterminante des partenaires sociaux, et de la reprise partielle des dispositions relatives à la libre prestation de services.
Lors du passage au Conseil national, le postulat est adopté par 142 voix contre 37 et 5 abstentions. Le Conseil fédéral devra donc procéder à la comparaison.

Lutte contre le dumping dans le cadre de l'application de la directive de l'UE sur les travailleurs détachés (Po. 17.3126)

Die Motion Candinas (cvp, GR) vom Juni 2018 zur Schaffung einer freiwilligen digitalen Vignette fordert den Bundesrat auf, gesetzliche Grundlagen für die Wahlfreiheit zwischen der herkömmlichen Klebevignette und einer digitalen Vignette zu schaffen. Der Bundesrat anerkannte einen gewissen Handlungsbedarf, zumal es bereits zuvor Aufträge in diese Richtung gegeben habe (Postulat 14.4002 und Motion 16.3009). Wegen Kritik an hohen Investitionskosten und aus datenschützerischen Bedenken sei bisher noch kein entsprechendes Projekt umgesetzt worden. Der Bundesrat habe aber eine Aussprache zum weiteren Vorgehen durchgeführt und werde dem Parlament bis Ende Juni 2019 eine Botschaft vorlegen, erklärte die Regierung.
Im Nationalrat, der im März 2019 über die Motion zu befinden hatte, griff Nationalrat Giezendanner (svp, AG) den Motionär an und unterstellte ihm, mit dieser Motion das Road Pricing einführen zu wollen. Ulrich Giezendanner liess sich sogar dazu hinreissen, Kandidaten, die sich im kommenden Wahlherbst gegen Martin Candinas durchsetzen wollen, Tipps zu geben. Eine Debatte zur Sache fand jedoch nicht statt. Die geschlossene SVP-Fraktion und eine Mehrheit der FDP-Fraktion unterlagen bei der Annahme der Motion einer knappen Ratsmehrheit aus Mitte und Links-Grün mit 91 gegen 96 Stimmen (bei 4 Enhaltungen).

Freiwillige digitale Vignette
Dossier: Mobility-Pricing
Dossier: Elektronische Vignette (Nationalstrassenabgabe)

Das in der NZZ prominent platzierte, aber auch von anderen Medien aufgenommene Parlamentarierrating 2018, das von der Forschungsstelle Sotomo aufgrund des Abstimmungsverhaltens im National- und Ständerat berechnet wird, zeigte seit der letzten Ausgabe 2017 nur wenig Veränderungen hinsichtlich Positionierung der Parteien. Noch immer war eine deutliche Trennung der einzelnen Fraktionen im Nationalrat zu beobachten, mit Ausnahme der SP und der Grünen sowie der CVP und der BDP, bei denen sich die Positionierungen einzelner Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf einer Skala von -10 (ganz links) und +10 (ganz rechts) teilweise überlappten. Die Extrempole des Nationalrats wurden von Fraktionsmitgliedern der SP- bzw. der SVP eingenommen: Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) sowie Luzi Stamm (svp, AG; 10.0) und Toni Brunner (svp, SG; 10.0) besetzten die Skalengrenzen. Das Spektrum der SP-Fraktion reichte von dieser Extremposition bis -8.5. Dieser «rechte Flügel» der Sozialdemokraten wurde vom neu in den Nationalrat nachgerückten Adrian Wüthrich (sp, BE) besetzt. Die Spannweite der Grünen reichte von -9.5 (Regula Rytz; gp, BE) bis -8.6 (Bastien Girod; gp, ZH). Im Schnitt waren die Mitglieder der SP-Fraktion erneut etwas linker positioniert als jene der GP-Fraktion. Das war zwischen 1995 und 2011 umgekehrt. Zwischen dem links-grünen Pol und der Mitte tat sich eine ziemliche Lücke auf. Die beiden der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder Marianne Streiff-Feller (evp, BE) und Niklaus Gugger (evp, ZH), der Ende 2017 in den Nationalrat nachgerutscht war, waren mit ihren Werten von -4.1 bzw. -3.7 zwar deutlich am linken Fraktionsrand angesiedelt, damit aber noch immer mehr als vier Skalenpunkte von SP und GP entfernt positioniert. Immer noch links der Mitte reihte sich anschliessend die GLP-Fraktion ein, die sich erneut als sehr homogen präsentierte (-3.3 bis -3.0). Die CVP- und die BDP-Fraktion überlappten sich ebenfalls. Bei beiden kam dabei der rechte Rand genau bei der Position 0 zu liegen; bei der BDP wurde dieser von Hans Grunder (bdp, BE) und bei der CVP von Daniel Fässler (cvp, AI), Gerhard Pfister (cvp, ZG) und Fabio Regazzi (cvp, TI) besetzt. Den linken Rand besetzten bei der CVP Kathy Riklin (cvp, ZH: -1.5) und bei der BDP Rosmarie Quadranti (bdp, ZH: -1.9). Auch auf der rechten Ratsseite klaffte eine Lücke. Der Abstand zwischen der FDP, deren Spektrum sich zwischen 1.0 (Christa Markwalder; fdp, BE) und 3.4 (Walter Müller; fdp, SG) aufspannte und der SVP, deren linker Pol bei 7.4 zu liegen kam (Jean-Pierre Grin, svp, VD) betrug ebenfalls 4 Skalenpunkte.

In der NZZ wurden auch die Positionen einzelner Parlamentsmitglieder diskutiert, die sich über die Jahre stark verändert hatten. So hatte etwa Thomas Müller (svp, SG) laut der Auswertung einen Sprung auf der Skala von 1.5 nach 9.5. gemacht. Müller war 2006 als CVP-Politiker gewählt worden und hatte 2011 in die SVP gewechselt, wo er dann mit den Jahren einen eigentlichen Rechtsrutsch vollzog. Die Gegenrichtung hatte Gerhard Pfister eingenommen, der von einer rechten Position (4.0) genau in die Mitte (0) gerückt war. Dies sei erst nach seiner Übernahme des CVP-Präsidiums passiert, was belege, so die NZZ, dass Pfister die CVP nicht nach rechts gezogen, sondern den rechten Flügel in die Partei integriert habe.

Im Ständerat waren die Lücken zwischen den Fraktionen geringer. Zwischen dem am weitesten «rechts» stehenden SP-Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH: -5.6) und der am weitesten «links» positionierten CVP-Ständerätin Anne Seydoux-Christe (JU) lagen knapp 2 Skalenpunkte. Mit Raphaël Comte (fdp, NE) fand sich gar ein FDP-Ständerat an dieser Position (-3.8). Allerdings war Comte damit relativ weit von seiner restlichen Ständeratsfraktion entfernt, bei der Philipp Müller (fdp, AG) bei 3.6 den rechten Rand einnahm. Auch hier war der Skalenabstand zur SVP, deren Spektrum sich zwischen den beiden Schwyzer Ständeräten, Alex Kuprecht (6.9) und Peter Föhn (10.0) erstreckte, mit 3.3 Punkten kleiner als im Nationalrat.

Nationalratsrating

Die Armeebotschaft 2018 beschäftigte das Parlament noch ein letztes Mal; in der Wintersession galt es, die im Rüstungsprogramm verbliebenen Differenzen bezüglich der Schutzwesten zu tilgen. Die Mitglieder der SiK-NR waren sich diesbezüglich nicht einig geworden und unterbreiteten dem Plenum drei Varianten zur Auswahl: Die Kommissionsmehrheit wollte sich abermals über den Beschluss der Ständekammer hinwegsetzen und am vorangehenden nationalrätlichen Beschluss festhalten; dies entsprach dem ursprünglichen Vorschlag der Regierung, der Maximallösung. Die Minderheit I Gmür (cvp, SZ) wollte einlenken und die Änderung des Ständerates und somit eine reduzierte Beschaffung des ballistischen Körperschutzes akzeptieren. Eine Minderheit II Fridez (sp, JU) wollte auf den ersten Beschluss des Ständerates zurückkommen, nämlich die Halbierung der vom Bundesrat beantragten Mittel für die Schutzwesten. Diese drei Möglichkeiten legten somit alle bisher angedachten Varianten noch einmal auf den Tisch.
Minderheitssprecher Gmür (cvp, SZ) bewarb das Einlenken auf seine Lösung als tragbaren Kompromiss. Mit den dabei zu beschaffenden 85'000 Westen sei die angestrebte Vollausrüstung der Armee gewährleistet. Der auszugebende Betrag läge damit bei CHF 170 Mio. Minderheitssprecher Fridez (sp, JU) argumentierte mit einem Überbestand an Westen, weil bei einer dringenden Mobilmachung ohnehin lediglich 35'000 Soldatinnen und Soldaten aufgeboten würden. Das bedeutet, dass 50'000 Schutzwesten gar nicht gebraucht würden. Mehrheitssprecher Zuberbühler (svp, AR) äusserte sich erst nach dem Votum von Bundesrat Parmelin, der namens der Regierung die Minderheit I Gmür unterstützte und die zweite Minderheit klar ablehnte. Zuberbühler stützte sich in seinen Ausführungen auf die mit der WEA beschlossenen Grundsätze, wovon einer die generelle vollständige Ausrüstung aller AdA betraf. Dieses Argument brachten auch die bürgerlichen Votanten Hurter (svp, SH) und Müller (fdp, SG) vor. Zuberbühler (svp, AR) hielt sich an die Debatte in der Kommission und vertrat die Ansicht, dass Kompromisse im Bereich der Schutzausrüstungen der Dienstleistenden einen falschen Ansatz darstellten.
In der Ausmarchung wurde zunächst der Minderheitsantrag I (gemäss Ständerat) gegen den Mehrheitsantrag ausgemehrt. Mit 92 zu 81 Stimmen obsiegte der Minderheitsantrag. Damit war der Weg für diesen frei, denn der zweite Minderheitsantrag auf eine Kürzung – so hatte es sich bereits in der Plenardebatte abgezeichnet – hatte keine Chance. Mit 124 zu 49 Stimmen bestätigte der Nationalrat somit den Beschluss des Ständerates. Die Armeebotschaft 2018 konnte nun gesamthaft abgeschlossen werden.

Armeebotschaft 2018 (BRG 18.022)
Dossier: Armeebotschaften
Dossier: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge

Mittels parlamentarischer Initiative wollte Ulrich Giezendanner (svp, AG) Ende 2016 die Sicherstellung der Blutversorgung und die Unentgeltlichkeit der Blutspende auf Gesetzesebene erreichen. So sei Ersteres rechtlich kaum geregelt. Es handle sich dabei zwar um eine «landesweite gesundheitspolitische Aufgabe», für welche hauptsächlich das SRK zuständig sei, jedoch anerkenne der Gesetzgeber den Blutspendedienst nicht ausdrücklich als eine öffentliche Aufgabe und es bestehe kein Leistungsauftrag zwischen dem Bund und der Blutspende SRK Schweiz AG. Dies sei allerdings notwendig, um die nachhaltige Sicherstellung von Blut und Blutprodukten zu gewährleisten, zumal durch die Aufgabenerfüllung verursachte ungedeckte Kosten auf diese Weise abgegolten werden könnten. Die Unentgeltlichkeit von Blutspenden sei hinsichtlich Vermeidung kontaminierter Blutspenden, aber auch aus ethischer Sicht zentral. Es existiere zwar sowohl in der Bundesverfassung als auch im Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin ein Unentgeltlichkeitsgebot, welches auch für die Blutspende gelte, auf Gesetzesebene seien diese Bestimmungen bislang jedoch noch nicht umgesetzt worden.
Im Januar 2018 beschäftigte sich die SGK-NR mit dem Geschäft. Angesichts des demographischen Wandels, welcher Engpässe bei der Blutversorgung zur Folge haben könne, solle die Blutversorgung als Aufgabe des Bundes definiert werden, wobei die Aufgabe auch in Zukunft durch eine geeignete Organisation getragen werden könne. Mit 16 zu 2 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) gab die Kommission der parlamentarischen Initiative Folge. Einstimmig folgte die SGK-SR ihrer Schwesterkommission im Oktober 2018.

Sicherstellung der Blutversorgung und Unentgeltlichkeit der Blutspende
Dossier: Blutspende

Wie schon die Eintretensdebatte im Frühjahr 2018 begann auch die Differenzbereinigung zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie im Herbst desselben Jahres im Nationalrat mit einem Versuch, das Geschäft bis auf Weiteres zu sistieren. Mittels Ordnungsantrag wollte SVP-Nationalrat und ProTell-Interimspräsident Jean-Luc Addor (svp, VS) das Geschäft vom Sessionsprogramm streichen. Damit wolle er verhindern, dass die Schweiz ihr Waffenrecht aufgrund juristischer Verpflichtungen anpasse, die sich womöglich mit einem Entscheid des EuGH über die nach wie vor hängige Klage der Tschechischen Republik gegen die Rechtmässigkeit der Richtlinie in Luft auflösen könnten. Ausserhalb der SVP-Fraktion fand sein Antrag jedoch nur marginale Unterstützung, weshalb er mit 59 zu 118 Stimmen Schiffbruch erlitt.
Die drei grossen, inhaltlichen Differenzen räumte der Nationalrat allesamt aus, indem er sich hinter den Kompromissvorschlag des Ständerates stellte. Dabei handelte es sich erstens um die vom Ständerat eingefügte Regelung von Erwerb und Besitz grosser Magazine, die von der Volkskammer mit 101 zu 84 Stimmen bestätigt wurde. Eine Minderheit Salzmann (svp, BE) hatte am eigenen Beschluss festhalten und auf eine solche Regelung verzichten wollen. Zweitens hiess der Nationalrat mit 99 zu 85 Stimmen die Pflicht zur Markierung aller wesentlichen Waffenbestandteile gut. Auch hier konnte sich die Kommissionsmehrheit gegen dieselbe Minderheit Salzmann durchsetzen, die am nationalrätlichen Beschluss festhalten wollte, wonach bei zusammengesetzten Waffen eine Markierung genügte. Drittens bewahrte der Nationalrat mit 100 zu 84 Stimmen den Ermessensspielraum der Kantone bei Ausnahmebewilligungen für verbotene Waffen. Als Erstrat war er hier noch mehrheitlich der Ansicht gewesen, dass die Kantone Ausnahmebewilligungen erteilen müssten, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, und nicht nur erteilen können sollten. An der Muss-Formulierung festhalten wollte jetzt noch die Minderheit Salzmann, während sich die Mehrheit dem Ständerat anschloss und die ursprüngliche Kann-Formulierung beibehielt. Ein Minderheitsantrag Müller (fdp, SG), der bei beschlagnahmten, nicht fristgemäss gemeldeten, verbotenen Waffen eine kurze Nachmeldefrist gewähren wollte, wurde mit 104 zu 85 Stimmen ebenso abgelehnt. Die Kommissionsmehrheit und auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga vertraten die Ansicht, eine zusätzliche Nachmeldefrist sei nicht nötig, da man in einem solchen Fall ohnehin drei Monate Zeit habe, nachträglich eine Ausnahmebewilligung zu beantragen. Mit zwei kleinen, neu geschaffenen Differenzen formeller Natur ging die Vorlage zurück an den Ständerat, der beide stillschweigend bereinigte. In der Schlussabstimmung nahm der Ständerat das geänderte Waffengesetz mit 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen an; der Nationalrat stimmte dem Gesetz mit 120 zu 69 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu. Bis zuletzt leistete die SVP-Fraktion geschlossen Widerstand, konnte aber insgesamt nur drei Stimmen aus dem bürgerlichen Lager dazugewinnen; einige Vertreterinnen und Vertreter der CVP und der FDP enthielten sich der Stimme.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-NR) forderte den Bundesrat mittels Motion dazu auf, zusammen mit den Kantonen, den Krankenkassen, Gesundheitsfachpersonen sowie Patientenorganisationen und der Stiftung Patientensicherheit betreffend Schadensprävention und Umgang mit Schäden bei medizinischen Behandlungen Schritte zu unternehmen. So solle die Entwicklung einer «Sicherheits- und Fehlerlernkultur», welche mit Regressmöglichkeiten und einer durch die Behandlungstransparenz ermöglichten Vereinfachung der Beweissituation gekoppelt ist, gestärkt werden. Weitere Forderungen bestanden in der Optimierung des Medizinal-Haftpflichtrechts und der Klärung von Fragen bezüglich des Haftungsrechtes auf Bundes- und Kantonsebene.
In der Nationalratsdebatte erklärte Bea Heim (sp, SO) für die Kommission, dass die Kommissionsmotion auf die parlamentarische Initiative Giezendanner (svp, AG) zurückzuführen sei (Pa.Iv. 16.468). Diese wurde eingereicht, weil der Initiant der Auffassung war, das Bundesratsgeschäft «KVG. Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit» beziehe keine Position zum Thema «Rückforderung von Kosten aus Behandlungsfehlern» ein. Da es neben der Vermeidung unnötiger Kosten insbesondere um den Patientinnen- und Patientenschutz gehe, sehe auch die SGK-NR einen unbestrittenen Handlungsbedarf, so Heim. Jedoch werfe Giezendanners Vorstoss viele Fragen auf, unter anderem betreffend Sicherheit und Rechte der Patientinnen und Patienten, Haftungsrecht und Nachweisbarkeit von Behandlungsfehlern. Daher habe die Kommission mit 22 zu 0 Stimmen (bei 1 Enthaltung) beschlossen, eine Kommissionsmotion einzureichen, worauf Giezendanner seine parlamentarische Initiative zurückgezogen hatte.
Alain Berset führte aus, was bereits in der im März 2018 publizierten Stellungnahme des Bundesrates geschrieben worden war: Auch für den Bundesrat sei es wichtig, die Schadensprävention und die Patientensicherheit zu stärken, jedoch stehe dabei «der Handlungsbedarf im Bereich der Qualitätsentwicklung» im Zentrum. So wolle man präventive Massnahmen aufseiten der Leistungserbringer unterstützen, weil man der Meinung sei, dass eine «sich aus der Transparenz ergebende, selbstmotivierte Qualitätsentwicklung» effektiver sei als die auf Schadenausgleich abzielenden Erleichterungen im Regress- sowie im Haftpflichtrecht. Zudem habe das Geschäft «KVG. Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit» vom Nationalrat Unterstützung erfahren, müsse allerdings noch vom Ständerat diskutiert werden. Daher erscheine es dem Bundesrat zurzeit nicht angemessen, die in der Kommissionsmotion beschriebenen Massnahmen umzusetzen. Vielmehr gelte es nun, die Diskussion über besagtes Bundesratsgeschäft abzuwarten. Folglich empfehle er, den Vorstoss abzulehnen.
Die grosse Kammer schenkte den Argumenten Bersets jedoch kein Gehör und unterstützte die Haltung ihrer Kommission, indem sie die Motion mit 178 zu 1 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) annahm.

Schadensprävention und Umgang mit Schäden bei medizinischen Behandlungen

Mittels Motion forderte die SGK-NR den Bundesrat im Mai 2018 auf, eine Gesetzesanpassung vorzunehmen, so dass Chronischkranken Medizinalcannabis ärztlich verordnet werden kann. Dies sei wünschenswert, weil Cannabis auf verschiedenste Weise positive Wirkungen entfalte und Schmerzen lindern sowie die Lebensqualität der Betroffenen verbessern könne. Anders als in diversen Nachbarländern sei der Zugang zu medizinischem Cannabis in der Schweiz mit langen Wartezeiten, bürokratischen Hindernissen und hohen Kosten verbunden. Als Patient benötige man eine Ausnahmebewilligung des BAG, um mit Cannabis behandelt werden zu dürfen. Zudem müsse der verantwortliche Arzt oder die verantwortliche Ärztin darlegen, dass andere Therapieansätze zu keinem positiven Ergebnis geführt hätten. Teuer sei das ganze Unterfangen deshalb, weil sich die Krankenkassen nur in gut der Hälfte aller Fälle dazu bereit erklärten, die Kosten zu übernehmen. Die Kommission erklärte in ihrem eingereichten Text weiter, dass Cannabis als «probates Mittel» diene, um Nebenerscheinungen bei Krankheitsbildern wie Multiple Sklerose, Aids und Krebsleiden entgegenzuwirken. Daher bezögen gemäss nationalen Erhebungen 100'000 Patientinnen und Patienten auf illegale Weise Cannabis und würden somit Gefahr laufen, «kriminalisiert und bestraft zu werden». Da bereits in verschiedenen Ländern Arzneimittel aus Cannabisblüten, welche einen standardisierten und kontrollierten Wirkstoffgehalt aufwiesen, zugelassen seien, diese nach internationalen Richtlinien hergestellt würden und folglich schon Erfahrungswerte vorliegen würden, sollte man nicht noch Jahre mit einem Pilotprojekt – wie es in der Motion Kessler (glp, SG; Mo. 14.4164) gefordert wurde – verlieren. Die straffreie Nutzung von Cannabis zu medizinischen Zwecken, verordnet durch einen Arzt oder eine Ärztin, solle so rasch als möglich erlaubt werden. Nachdem der Bundesrat bereits im Vorfeld die Annahme der Motion beantragt hatte, nahm die grosse Kammer den Vorstoss während der Herbstsession 2018 diskussionslos und stillschweigend an.

Ärztliche Abgabe von Cannabis als Medikament an Chronischkranke. Tiefere Gesundheitskosten und weniger Bürokratie

Im Mai 2018 diskutierte die SGK-NR erneut über die parlamentarische Initiative Kessler (glp, SG), mit deren Hilfe die Risikoselektion durch die Krankenkassen von Patienten mit teuren Medikamenten unterbunden werden soll. Seit der Verlängerung der Behandlungsfrist 2016 war der Risikoausgleich in zwei Schritten verfeinert worden: Seit Anfang 2017 wird auch der Indikator «Arzneimittelkosten im Vorjahr» – sofern diese CHF 5'000 übersteigen – zur Errechnung des Krankheitsrisikos miteinbezogen. Dadurch sank die durchschnittliche Abweichung der Prämien von der regionalen oder kantonalen Durchschnittsprämie von CHF 25 auf CHF 20 im Monat. Per Anfang 2020 wird dieser Indikator durch den Indikator «Pharmazeutische Kostengruppen (PCG)» ersetzt, welcher für die Behandlung besonders kostenintensiver Krankheitsbilder eingesetzte Arzneimittel umfasst. Um die Auswirkungen dieser Massnahmen beobachten zu können, beantragte die SGK-NR eine weitere Verlängerung der Behandlungsfrist um zwei Jahre. Stillschweigend stimmte die grosse Kammer der Verlängerung zu.

Risikoselektion von Patienten mit teuren Medikamenten

Da Initiativen der Beratungskategorie der sogenannten «freien Debatte» zugeordnet werden, haben grundsätzlich alle Parlamentsmitglieder das Recht auf Wortmeldung. In den anderen, seit 1990 geltenden Beratungskategorien äussern sich in der Regel – neben den Vertreterinnen und Vertretern des Bundesrates – lediglich Kommissionssprecherinnen und -sprecher, Antragstellerinnen und Antragsteller von Vorstössen oder Minderheitsanträgen und allenfalls Fraktionssprecherinnen und -sprecher. Schon früher uferte die freie Debatte bei Volksinitiativen gerne auch in einem ziemlichen Redemarathon aus, so etwa bei der «No-Billag»-Initiative. Immer häufiger wird in solchen Debatten zudem auch das Recht genutzt, Zwischenfragen zu stellen. So war es auch wenig verwunderlich, dass im Nationalrat nicht weniger als 83 Ratsmitglieder einen Antrag gestellt hatten, um in einem Votum die eigene Position zur Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» verdeutlichen zu können. Aufgrund der grossen Zahl an Rednerinnen und Rednern, aber eben auch aufgrund der zahlreichen vor allem von SVP-Vertreterinnen und -vertretern gestellten Zwischenfragen dauerte die Debatte schliesslich insgesamt über neun Stunden – auf drei verschiedenen Sessionstage verteilt.

In der Tat stellten die Fraktionsmitglieder der SVP den Hauptharst der Rednerinnen und Redner, nämlich deren 42; von der SP-Fraktion meldeten sich 17 Mitglieder zu Wort, von der FDP deren acht, von der CVP sieben, von den Grünen vier und von GLP und BDP je zwei. Nicht weniger als 82 der 102 Zwischenfragen stammten zudem von der Volkspartei (FDP: 9; SP: 7; BDP: 2; CVP: 1; GP: 1), wobei die SVP-Fraktionsvertreterinnen und -vertreter sich häufig auch innerhalb der Fraktion selber befragten, was Roger Nordmann (sp, VD) zur Zwischenfrage veranlasste, ob es sich hier nicht eher um die «Selbstbefragungs-Initiative» handle. Den von verschiedenen Ratsmitgliedern geäusserte Verdacht, dass die Volkspartei versuche, die Ratsabstimmung über die Initiative so zu verzögern, dass das Begehren nicht bereits im November 2018, sondern im Wahljahr 2019 an die Urne gelangt – Beat Jans (sp, BS) sprach von «Filibustern» und Nadine Masshardt (sp, BE) staunte darüber, dass die SVP so viele Fragen zur eigenen Initiative habe – konnte die SVP nicht ganz ausräumen. Freilich können Zwischenfragen nur gestellt werden, wenn der Ratspräsident oder die Ratspräsidentin – aktuell Dominique de Buman (cvp, FR) – unmittelbar nach einem Votum die Rednerin oder den Redner fragt, ob diese oder dieser die Zwischenfrage zulasse. Wird diese Frage verneint, darf die Zwischenfrage nicht gestellt werden. Die meisten Votantinnen und Votanten – mit Ausnahme der SVP-Abgeordneten – liessen denn die Zwischenfragen gar nicht zu. Weil einige darob erzürnte SVP-Zwischenfragerinnen und -frager ihre Frage trotzdem in den Saal riefen, musste de Buman einige Ermahnungen aussprechen.

Der Verdacht, dass es der SVP mit ihrer Redner- und Zwischenfragestrategie in der Tat nicht nur um einen Kampf gegen die «Diskussionsverweigerung [...] der Demokratieabschaffer in diesem Saal» ging, wie sich etwa Roger Köppel (svp, ZH) echauffierte, sondern um eine Verschleppungstaktik, «damit das Geschäft erst im Wahljahr vors Volk kommt», wie Roger Nordmann vermutete, wurde durch einen von Fraktionssprecher Thomas Aeschi (svp, ZG) vorgebrachten Ordnungsantrag weiter erhärtet. Die SVP wehrte sich nämlich dagegen, dass für den dritten Debattenteil eine Nachtsitzung anberaumt wurde, was in der Regel nur bei hoher Geschäftslast oder dringlichen Geschäften erfolge. Mit ihrem Ordnungsantrag wollte die SVP ihr Begehren zu den normalen Sitzungszeiten weiter beraten, was wohl eine Verschiebung in die Herbstsession bedeutet hätte. Die Sprecherin des Büros, Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) wies darauf hin, dass mit der überdurchschnittlichen Zahl an Rednerinnen und Rednern das Kriterium der hohen Geschäftslast sehr wohl erfüllt sei. Der Ordnungsantrag wurde dann mit 121 zu 67 Stimmen abgelehnt. Die 67 Stimmen stammten allesamt aus den Reihen der Volkspartei.
Auch der am dritten Verhandlungstag gestellte Antrag der SVP, die Anwesenden zu zählen, um das nötige Quorum nachzuprüfen, verhalf nicht wirklich zu einer Beschleunigung der Debatte. Freilich verliessen zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier nach dem Drücken des blauen Knopfes – der der Anwesenheitskontrolle dient – den Nationalratssaal wieder, was Toni Brunner (svp, SG) derart erzürnte, dass er als Antwort auf eine entsprechende Zwischenfrage von Thomas Aeschi von einem «Kindergarten» sprach und seine Tirade gegen die nicht anwesenden Ratskolleginnen und -kollegen vom Nationalratspräsidenten erst durch Abschalten des Mikrofons unterbrochen wurde.

Nebst all diesem Geplänkel wurden freilich auch Argumente ausgetauscht. In der Tat dienen die freie Debatte wie auch die Zwischenfragen ja durchaus auch dazu, den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen, welche Begründungen für den Bezug der verschiedenen Fronten geltend gemacht werden. Die ab und zu ziemlich emotional, ja gar gehässig geführte Debatte – der Sonntags-Blick sprach von einer von der SVP geplanten und zelebrierten Entgleisung, der Tages-Anzeiger von einem eigentlichen Politikspektakel und die Aargauer Zeitung warf der SVP vor, statt einer inhaltlichen Debatte auf Klamauk zu setzen – liess in der Tat deutliche Positionsbezüge erkennen. Während alle Mitglieder der SVP-Fraktion das Begehren vehement verteidigten, lehnten alle anderen Fraktionen die Initiative einhellig ab.

Die Kommissionssprecherin Valérie Piller Carrard (sp, FR) und der Kommissionssprecher Kurt Fluri (fdp, SO) berichteten, dass alle von der SPK-NR angehörten Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter sowie sämtliche Rechtsexperten die Initiative ablehnten. Es werde befürchtet, dass das Begehren dem Wirtschaftsstandort Schweiz schade und in juristischer Hinsicht mehr Probleme schaffe als löse. In der Kommission sei zudem die Gefahr einer Kündigung wichtiger Menschenrechtsabkommen, ja gar der Europäischen Menschenrechtskonvention, diskutiert worden. Klar sei einzig, dass bei einem Konflikt zwischen Völker- und Landesrecht bestehende Verträge neu verhandelt oder gekündigt werden müssten. Wer allerdings in welchem Verfahren feststelle oder entscheide, wann ein Normenkonflikt bestehe und wann nicht bzw. wann dieser Konflikt genügend gravierend sei, bleibe völlig unklar. Dies würde bei Annahme des Volksbegehrens eine grosse Rechtsunsicherheit schaffen. Die Kommission empfehle deshalb mit 16 zu 9 respektive 14 zu 11 Stimmen, die Initiative abzulehnen und nicht auf den Gegenvorschlag einzutreten. Letzterer war von Gerhard Pfister (cvp, ZG) eingebracht worden und entsprach im Grossen und Ganzen dem schon im Ständerat gescheiterten Vorschlag von Andrea Caroni (fdp, AR). Pfister zog seinen Antrag gleich zu Beginn der nationalrätlichen Debatte zurück, weil die Initianten keinerlei Bereitschaft zeigen würden, auf seinen Vorschlag für eine alternative Lösung überhaupt einsteigen zu wollen.

Die Befürworterinnen und Befürworter der Initiative begründeten ihr Anliegen mit vier Hauptargumenten: (I) Die Initiative wolle Rechtssicherheit schaffen, indem die Hierarchie von Völker- und Landesrecht geklärt werde. Dies sei auch angesichts einer immer stärkeren Einmischung rechtlicher Normen in die Politik (sogenannte Justizialisierung) von Nöten. (II) Damit werde zudem die (direkte) Demokratie gestärkt und die Abhängigkeit vom Ausland gemindert. (III) Häufig wurde argumentiert, dass mit der Initiative nur ein Zustand wiederhergestellt werde, wie er fünf Jahre zuvor schon geherrscht habe. Damit wurde auf ein Bundesgerichtsurteil vom 12. Oktober 2012 rekurriert, mit welchem die Schubert-Praxis faktisch ausser Kraft gesetzt und wodurch festgelegt worden sei, dass internationales Recht generell nationalem Recht vorgezogen werden müsse. Konkret hatte das Bundesgericht in einem Fall die Menschenrechtskonvention der Regelung der Ausschaffungsinitiative vorgezogen. Damit sei die direkte Demokratie gleichsam ausgehebelt worden, so die SVP. Kein anderer Staat gebe aber internationalem Recht Vorrang vor Landesrecht. (IV) Gewarnt wurde in diesem Zusammenhang auch vor der Einmischung der EU, die mit dem viel diskutierten Rahmenabkommen und dem Vorrang von internationalem Recht faktisch zum «obersten Souverän der Schweizerischen Eidgenossenschaft» werde – so etwa Hans-Ueli Vogt (svp, ZH). Die Schweiz werde zu einer Marionette und Volksentscheide verkämen zu einer Art Umfrageergebnis, was letztlich nur noch eine Scheinselbstbestimmung sei, erklärte Thomas Aeschi. Andreas Glarner (svp, AG) verklebte sich den Mund mit blauen Klebestreifen, um zu demonstrieren, dass man sich den Mund verbieten lasse. Roger Köppel warnte gar von einer «kalten Entmachtung des Volkes» und Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR) stellte die Anschuldigung in den Raum, dass die «sogenannten Volksvertreter im Saal», denen man im Gegensatz zum Volk nicht vertrauen könne, dem süssen Gift der Macht verfallen seien, die Souveränität des Volkes an sich rissen und ins Ausland verkauften. Dies sei der Untergang der Schweiz.

Die Gegnerinnen und Gegner des Begehrens betonten neben den bereits von der Kommission vorgebrachten Argumenten auch den nötigen Spielraum, den Gerichte im Einzelfall bräuchten, der aber mit einer Annahme der Initiative stark eingeschränkt würde. Zahlreiche Plädoyers machten sich zudem für die Menschenrechte stark, die mit der Annahme einer Initiative gefährdet wären, weil die Kündigung der Menschenrechtskonvention durch die Schweiz einen fatalen Vorbildcharakter hätte. Balthasar Glättli (gp, ZH) sprach etwa von einer «Antimenschenrechts-Initiative». Das Volksbegehren stelle die Werte der Schweiz – laut Nadine Masshardt (sp, BE) «Verlässlichkeit, Stabilität und Menschenrechte» – fundamental infrage. Die kleine Schweiz sei auf Vertragssicherheit und auf Völkerrecht angewiesen, damit sie nicht dem Recht des Stärkeren ausgesetzt sei. Aber wer – so fragte sich Matthias Jauslin (fdp, AG) – gehe mit einem unverlässlichen Partner noch einen Vertrag ein? Völkerrechtliche Verträge würden von der Schweiz freiwillig eingegangen, weil sie von grossem Nutzen seien, betonte Ruth Humbel (cvp, AG). Die Stimmbevölkerung werde nicht durch Völkerrecht entmachtet, weil wichtige Verträge ja immer direktdemokratisch legitimiert seien, gab Eric Nussbaumer (sp, BL) zu bedenken.

Das Schlussvotum gehörte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Sie führte aus, dass sich Souveränität und globale Vernetzung nicht widersprechen, weil die Schweiz souverän bestimme, mit wem sie internationale Verträge abschliesse. Wie diese Verträge abzuschliessen seien und dass man sie einzuhalten habe, stehe eigentlich in der von Volk und Ständen abgesegneten Bundesverfassung. Ebenfalls festgehalten sei, dass es den Gerichten zu überlassen sei, bei Normenkonflikten flexibel und pragmatisch zu entscheiden. Mit der Selbstbestimmungsinitiative würde dies allerdings auf den Kopf gestellt. Das Begehren fordere nicht nur, dass Völkerrecht nicht mehr zählen solle, sondern dass die Gerichte im Konfliktfall rechtswidrige Entscheide fällen müssten. Die Neuaushandlung von Verträgen würde damit zu einer Obligation und bleibe nicht Option. Die Initiative, weil sie nur Schwarz und Weiss kenne, zwänge die Schweiz in ein Korsett. Nicht nur die eigene Handlungsfähigkeit würde eingeschränkt, sondern auch die Zuverlässigkeit der Schweiz als Vertragspartnerin werde aufs Spiel gesetzt. Zudem sei die Initiative nicht genügend deutlich bei der Definition von «Widerspruch». Wann ein Konflikt zwischen Völkerrecht und Landesrecht bestehe, wie gross dieser sein müsse und wer dies entscheide, bleibe unklar. Die Justizministerin versuchte auch die Meinung zu entkräften, dass das Bundesgericht seit 2012 auf die Schubert-Praxis verzichtet habe; es sei im Gegenteil in mehreren Fällen Bezug genommen worden auf diese Praxis. Die Schweiz sei erfolgreich, weil sie beweglich und pragmatisch immer wieder neue Antworten auf neue Herausforderungen gefunden habe. Die im Gegenteil dazu starre und dogmatische Initiative werde vom Bundesrat deshalb zur Ablehnung empfohlen.

Wie aufgrund der Debatte nicht anders zu erwarten war, stimmten die 67 anwesenden Mitglieder der SVP-Fraktion – einzig Ulrich Giezendanner (svp, AG) war abwesend – für und die restlichen 127 bei der Abstimmung anwesenden Nationalrätinnen und Nationalräte gegen Annahme der Initiative.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Ein Postulat Giezendanner (svp, AG) zur Nutzlastkompensation für Elektronutzfahrzeuge wurde im Juni 2018 vom Nationalrat auf Antrag des Bundesrates abgeschrieben, nachdem entsprechende Änderungen der Verkehrsregelverordnung und der Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge am 7. Mai 2017 in Kraft getreten waren.

Nutzlastkompensation für Elektronutzfahrzeuge

La motion de la CSSS-CN est une réponse à deux événements: l'opération Papyrus dans le canton de Genève et l'initiative parlementaire Giezendanner (16.467). Les deux ayant remis au centre des débats la complexité de la thématique des sans-papiers, la commission souhaite s'y atteler une bonne fois pour toute, en demandant une législation cohérente sur les sans-papiers. Il s'agirait de supprimer l'obligation de s'assurer pour les sans-papiers, tout en assurant un service de l'Etat en cas de problèmes de santé, de punir plus sévèrement les personnes employant des travailleurs et travailleuses sans statut légal, de mieux échanger les informations entre services étatiques et enfin de préciser les critères de régularisation du séjour, appelée «cas de rigueur». Une minorité féminine socialiste, verte et démocrate-chrétienne de la commission propose de rejeter la motion. Le Conseil fédéral s'est prononcé en défaveur de l'objet. La CIP-CN, à 12 voix contre 12 et une abstention, avec la voix prépondérante de son président, a également recommandé de rejeter la motion, par crainte de répercussions imprévisibles sur les finances des cantons et des communes. C'est pour cette raison que la CIP-CN a lancé son postulat «Pour un examen global de la problématique des sans-papiers». La motion a donc été retirée le 18 mai 2018.

Pour une législation cohérente sur les sans-papiers

In einer grossen Aussprache zu den dringlichen Interpellationen betreffend den Postauto-Skandal äusserten sich in der Frühjahrssession 2018 zahlreiche Parlamentsmitglieder. Bundesrätin Leuthard wies darauf hin, dass die Strukturen im öffentlichen Verkehr dem Willen des Parlaments entsprächen, und es sahen sich denn auch viele Nationalratsmitglieder in der Verantwortung. Kritisiert wurde die Eidgenössische Finanzkontrolle, deren Mitglieder von Nationalrat Giezendanner (svp, AG) als «Schlafmützen» bezeichnet wurden. Bürgerliche Parteien tönten an, dass die (Teil-)Privatisierung der Postauto AG ein Thema werden könnte. Stimmen aus der SP und von den Grünen zielten hingegen auf die Gewinnbestrebungen der Post und auf die Boni der Geschäftsführung. Es wurden verschiedene Motionen und parlamentarische Initiativen zum Postauto-Skandal angekündigt, etwa die von Regula Rytz (gp, BE) eingereichten Motionen 18.3364 und 18.3370 sowie ihre parlamentarische Initiative 18.418 oder die Motion 18.3051 von der BDP-Fraktion.

Postauto-Skandal
Dossier: Postauto-Skandal