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Akteure

  • Müller, Walter (fdp/plr, SG) NR/CN
  • Voruz, Eric (sp/ps, VD) NR/CN
  • Moret, Isabelle (fdp/plr, VD) NR/CN

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Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass auch der Parlamentsbetrieb mit verschiedenen Ratings und Rankings vermessen werden kann, welche die Arbeit, den Einfluss oder die ideologische Positionierung der Parlamentsmitglieder zu bestimmen versuchen. Der Versuch, anschauliche Ranglisten zu erstellen und so auch durch Personalisierung die Komplexität von Politik zu reduzieren, dient vor allem den Medien, die sich auch 2019 den verschiedenen Analysen widmeten.

Den Beginn machte Anfang Juli eine neue Plattform namens «politik.ch» mit einer Auswertung der Präsenz während der ganzen bisherigen 50. Legislatur. «Präsenz» wurde dabei mit der Teilnahme an den total 4'076 Abstimmungen, die im Nationalrat bis zur vorletzten Session durchgeführt wurden, gemessen. Zum «Absenzenkönig von Bern» – so die Aargauer Zeitung, die über die Studie berichtete – wurde Roger Köppel (svp, ZH) gekürt. Er habe 22.4 Prozent aller Abstimmungen «geschwänzt», gefolgt von Martin Bäumle (glp, ZH; 21.9%) und Hans Grunder (bdp, BE; 21.7%). Frauen stimmten tendenziell disziplinierter ab, schloss die Zeitung, weil sich am anderen Ende der Skala Andrea Geissbühler (svp, BE), Barbara Keller-Inhelder (svp, SG) und Sandra Sollberger (svp, BL) fanden, die alle weniger als sechs der über 4'000 Abstimmungen verpasst hatten. Die Aargauer Zeitung liess die Protagonisten zu Wort kommen. Bei wichtigen Abstimmungen sei er vor Ort, nicht aber, wenn «das ausufernde Berufsparlament mit sich selbst beschäftigt» sei, verteidigte sich Roger Köppel. «Das Volk» habe sie ins Parlament gewählt und erwarte, dass sie an den Abstimmungen teilnehme, befand hingegen Andrea Geissbühler. Im Schnitt hatten die Nationalrätinnen und Nationalräte drei Prozent der Abstimmungen verpasst. Im Tages-Anzeiger wurde daran erinnert, dass «immer brav auf dem ehrwürdigen Nationalratssessel zu sitzen» nicht mit politischem Einfluss gleichzusetzen sei. Die wichtigsten Entscheidungen fielen nicht im Ratssaal, sondern «in den Kommissionen, in den Hinterzimmern des Bundeshauses und den Salons des Bellevue-Hotels».

Einen Versuch, diese Art von Einfluss zu messen, unternahm die Sonntagszeitung mit ihrem alle zwei Jahre publizierten «Parlamentarier-Rating». Hier erhält Punkte, wer viele Reden hält, in wichtigen Kommissionen sitzt und erfolgreich Vorstösse einreicht; wer innerhalb der eigenen Partei wichtige Funktionen innehat, einer starken Fraktion angehört, hohe Medienpräsenz hat und ausserhalb des Parlaments gut vernetzt ist. Wie schon zwei Jahre zuvor wies die Zeitung SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) als «mächtigsten» Parlamentarier aus, gefolgt von Pirmin Bischof (cvp, SO) und Thomas Aeschi (svp, ZG). Levrat sei «immer dabei, wenn es in der Schweizer Politik etwas anzuschieben oder zu blockieren» gelte. Allerdings falle die SP-interne grosse Lücke hinter Levrat auf. In den Top Ten gebe es kein weiteres SP-Mitglied, was darauf hindeute, dass die parteiinterne Erneuerung wohl noch nicht geschafft sei. Ausgerechnet bei den Frauen schneide die SP schlecht ab. Unter den 15 höchst bewerteten Frauen – diese Liste wurde von Tiana Angelina Moser (glp, ZH; total Rang 6) und Lisa Mazzone (gp, GE; Rang 13) angeführt – fänden sich lediglich zwei Genossinen: Maria Carobbio Guscetti (sp, TI; Rang 23) und Barbara Gysi (sp, SG; Rang 34). Für das Rating berücksichtigt wurden nur jene Parlamentsmitglieder, die seit Beginn der Legislatur in den Räten gesessen hatten und bei den eidgenössischen Wahlen 2019 wieder antreten wollten. Entsprechend war der 173. Rang auch der letzte. Dort befand sich Bruno Walliser (svp, ZH). Indem die Sonntagszeitung die Rangierung hinsichtlich Medienpräsenz mit der Gesamtrangierung verglich, machte sie auch «die grössten Blender» aus. Die drei Zürcher Abgeordneten Claudio Zanetti (svp), Roger Köppel (svp) und Regine Sauter (fdp) seien zwar «Lieblinge der Medien», spielten im Parlament aber «eine bescheidene Rolle».

Auf der Basis der Abstimmungen im Nationalrat berechnete die Sonntagszeitung in einer weiteren Analyse, wie häufig alle Volksvertreterinnen und -vertreter bei Gesamtabstimmungen in der 50. Legislatur zur Mehrheit gehört hatten. Wenig überraschend fanden sich auf den vorderen Rängen – die Sonntagszeitung nannte sie «die Erfolgreichsten» – Mitglieder der CVP- und der BDP-Fraktion, die jeweils mit links oder rechts oder innerhalb einer grossen Koalition Mehrheiten schaffen. Angeführt wurde die Liste von Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL), die bei 98.5 Prozent aller Gesamtabstimmungen gleich wie die Mehrheit gestimmt hatte, was ihr in der Weltwoche den Titel «[d]ie mit dem Strom schwimmt» einbrachte. Auf Platz zwei und drei folgten Viola Amherd (cvp, VS; 98.3%) und Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS; 98.2%). Bei den 68 «Erfolglosesten» handelte es sich durchgängig um SVP-Fraktionsmitglieder, angeführt von Erich Hess (svp, BE; 46.8%), Toni Brunner (svp, SG; 48.8)%) und Pirmin Schwander (svp, SZ; 49.8%).

Mitte Oktober warteten dann schliesslich die NZZ und Le Temps mit ihrem alljährlich erscheinenden «Parlamentarier-Rating» auf. Erneut wiesen die auf der Basis des Abstimmungsverhaltens vorgenommenen Positionierungen der Parlamentsmitglieder auf einer Skala von -10 (ganz links) bis +10 (ganz rechts) auf eine zunehmende Homogenisierung innerhalb der Parteien hin. Insbesondere an den Polen habe die Fraktionsdisziplin ein noch nie gekanntes Ausmass erreicht, so die NZZ. So hätten sich die Mitglieder der SP-Fraktion vor den Wahlen 2015 auf einer Skalen-Spannweite von 3.4 Punkten verteilt, im aktuellen Rating betrage dieser Wert lediglich noch 1.2 Punkte. Die Extrempositionen in der SP besetzten im aktuellen Rating Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) und Adrian Wüthrich (sp, BE; -8.8). Eine im Vergleich zu 2015 wesentlich grössere Fraktionsdisziplin wiesen bei dieser Berechnung auch die Grünen auf. Lagen das am meisten linke und am meisten rechte grüne Fraktionsmitglied 2015 noch um 2.7 Skalenpunkte auseinander, trennten Maya Graf (gp, BL; -9.2) und die drei ganz am linken Rand politisierenden Michael Töngi (gp, LU; -10.0), Irène Kälin (gp, AG; -10.0) und Regula Rytz (gp, BE; -10.0) im Jahr 2019 lediglich noch 0.8 Skalenpunkte. Damit waren die Grünen im Durchschnitt erstmals seit 2011 wieder weiter links positioniert als die SP: «Les Verts n'ont jamais été aussi à gauche», war dies Le Temps gar die Überschrift der Analyse wert. Am anderen Ende der Skala, bei der SVP, verringerte sich der Wert der Spannweite von 3.7 auf 1.2 Punkte – ohne Berücksichtigung von Roberta Pantani (lega, TI), die zwar der SVP-Fraktion angehört, aber die Lega vertritt und mit einem Wert von 8.2 die am weitesten «linke» Position in der SVP-Fraktion im Nationalrat vertrat. Gleich drei SVP-Nationalräte politisierten ganz rechts aussen und wiesen einen Skalenwert von 10.0 aus: Toni Brunner, Luzi Stamm (svp, AG) und Adrian Amstutz (svp, BE). Jean-Pierre Grin (svp, VD) fand sich bei Position 8.8 und war damit das am weitesten links positionierte Mitglied der SVP im Nationalrat. Selbst bei der CVP war eine Disziplinierung festzustellen: Es zeigte sich im Vergleich zu 2015 ein Rückgang der Spannweite von 3.6 auf 2.6 Punkte, wobei die Fraktion im Vergleich zum Vorjahr zahlreiche Mitglieder leicht rechts von der Mitte aufwies und sich von -1.0 (Dominique de Buman; cvp, FR) bis 1.6 (Philipp-Matthias Bregy; cvp, VS) erstreckte. Die der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder waren wesentlich weiter links als ihre Fraktion: Niklaus Gugger (ZH) wurde auf der Skala bei -4.2 und Marianne Streiff-Feller (BE) bei -4.3 eingestuft. Die restlichen drei Fraktionen hingegen waren im Vergleich zu 2015 heterogener geworden. Bei der FDP war die Zunahme von 2.5 auf 2.6 Skalenpunkte freilich minim. Die Fraktionsgrenzen wurden bei den Freisinnigen von Walter Müller (fdp, SG; 4.5) und Christa Markwalder (fdp, BE; 1.9) eingenommen. Grössere Sprünge machten die BDP und die GLP. Während sich bei der BDP die Spannweite im Vergleich zu 2015 von 1.2 auf 2.0 fast verdoppelte – wie schon 2015 deckte Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; -1.7) die linke Flanke ab, während sich Hans Grunder (bdp, BE; 0.3) am rechten Rand der BDP positionierte – wuchs die Heterogenität innerhalb der traditionell eigentlich sehr homogenen GLP von 0.5 auf 2.7 Skalenpunkte an. Hauptgrund dafür war Daniel Frei (glp, ZH), der von der SP in die GLP gewechselt hatte und mit seiner Position von -5.7 zwar weit weg vom rechten Rand der SP (-8.8), aber auch weit weg vom linken Rand der bisherigen GLP-Mitglieder war. Dieser wurde von Kathrin Bertschy (glp, BE; -3.5) eingenommen, die in der Tat lediglich 0.5 Skalenpunkte von Martin Bäumle (-3.0), also dem rechten GLP-Rand, positioniert war. Die politische Landschaft verarme, schloss die NZZ aus diesen Zahlen. Vor allem zwischen den Mitte- und den Polparteien klaffe eine Lücke. Dort hätten früher moderate SVP- und SP-Vertreter als Brückenbauer gewirkt. Schuld für die zunehmende Fraktionsdisziplin seien aber nicht nur die Parteizentralen, sondern auch die wachsende Zahl an zu behandelnden Geschäften, bei denen Parlamentsmitglieder keine fundierte eigene Meinung mehr bilden könnten und deshalb gemäss der Empfehlung der Parteileitung stimmten.
Die zahlreichen auf die neue Legislatur 2019 bis 2023 hin angekündigten Rücktritte im Ständerat veranlasste die Verfasser des Ratings zur Spekulation eines Rechtsrutschs der kleinen Kammer nach den Wahlen 2019. Die politische Mitte des Ständerats befinde sich bei Pirmin Bischof, also bei -2.8. Da elf zurücktretende Kantonsvertreterinnen und -vertreter links und lediglich sieben rechts von Bischof seien und alle zurücktretenden im Schnitt deutlich linker (-5.3) positioniert seien als die wieder antretenden (-2.3), stellten die Ständeratswahlen vor allem für Mitte-Links eine Herausforderung dar, so die NZZ. Eindrücklich liess sich dies anhand von Raphaël Comte (fdp, NE) nachzeichnen. Der Neuenburger Freisinnige positionierte sich mit -5.7 näher bei Daniel Jositsch (sp, ZH), der mit -6.8 den rechten Rand der SP in der kleinen Kammer besetzte, als bei seinem am weitesten rechts positionierten Fraktionskollegen Philipp Müller (fdp, AG; 4.5) und dem Schnitt der FDP (2.3). Da Comte nicht mehr antrete, sei wohl auch in der FDP mit einem Rechtsrutsch in der kleinen Kammer zu rechnen.

Nationalratsrating

Die Schlussabstimmung zur Anpassung der Umweltverträglichkeitsprüfung fiel im Nationalrat in der Wintersession 2019 äusserst knapp aus. Nachdem die grosse Kammer bei einer ersten Abstimmung die Revision mit 98 zu 91 Stimmen bei 6 Enthaltungen abgelehnt hatte, reichte Nationalrat Marcel Dettling (svp, SZ) einen Rückkommensantrag zur erneuten Abstimmung aufgrund diverser falscher Stimmabgaben ein. Dieser Antrag wurde knapp (bei 100 zu 95 Stimmen bei 2 Enthaltungen) gutgeheissen und hatte zur Folge, dass Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (fdp, VD) schlussendlich in der zweiten Abstimmung bei 95 zu 95 Stimmen und 7 Enthaltungen den Stichentscheid treffen musste. Sie entschied sich, den Entwurf anzunehmen und drehte somit das ursprüngliche Resultat um. Im Ständerat fiel die Schlussabstimmung am selben Tag etwas weniger spektakulär aus. Mit 27 zu 16 Stimmen bei einer Enthaltung hiess die kleine Kammer die Anpassung ebenfalls gut.

Anpassung der Umweltverträglichkeitsprüfung bei Neukonzessionierungen von Wasserkraftanlagen (Pa.Iv 16.452)
Dossier: Sicherungsmassnahmen für den Erhalt der Schweizer Wasserkraft ab dem Jahr 2015
Dossier: Wasserkraft: Konzessionserneuerungen und Umweltmassnahmen
Dossier: Ausbau und Erhalt von erneuerbaren Energien versus Umweltschutz

Nach der Konstituierung und Vereidigung des Nationalrats, schritt dieser – noch einmal geleitet von der Alterspräsidentin Maya Graf (gp, BL) – zur Wahl des Nationalratspräsidiums 2019/20. Die amtierende erste Vizepräsidentin, Isabelle Moret (fdp, VD), wurde erwartungsgemäss als Präsidentin bestimmt. Von den 200 ausgeteilten Wahlzetteln waren 2 ungültig und 5 entfielen auf Diverse. Mit 193 Stimmen gelang der 14. Frau im Präsidentenamt ein Rekordresultat. Damit wurde zum 19. Mal eine Volksvertretung aus dem Kanton Waadt ins oberste Schweizer Amt gewählt.
Moret dankte in ihrer Rede ihrer Vorgängerin Marina Carobbio Guscetti (sp, TI), die die Repräsentation der Frauen in der Politik immer wieder thematisiert habe – mit Freude nehme sie auch die Zahl der Frauen im Saal zur Kenntnis. Es sei Moret auch hinsichtlich der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum der Einführung des Frauenstimmrechts ein Anliegen, die Bemühungen ihrer Ratskollegin weiterzuführen. Das neue Parlament habe die Chance, wichtige Themen anzupacken: So etwa die Familien- und Gleichstellungspolitik, die Reform der Sozialversicherungen, die Umweltpolitik, aber auch die Gesundheitspolitik, momentan eine der grössten Sorgen der Schweizerinnen und Schweizer. Mit ihrem Ausruf «Vive la Suisse! Es lebe die Schweiz! Viva la Svizzera! Viva la Svizra!» erntete die neue Präsidentin Applaus. Bevor sie zur Wahl des ersten Vizepräsidenten überleitete, verwies Moret auf den Umstand, dass das Parlament nicht nur noch nie so weiblich, sondern auch noch nie so jung gewesen sei. Als Zeichen, wie wichtig die Jugend sei, liess Moret die olympische Flamme der Jugend-Winterspiele, die im Januar 2020 im Kanton Waadt stattfinden werden, in den Saal tragen. Dies solle ein Ansporn für die Schweizer Jugend sein, über sich selbst hinauszuwachsen.
Zum ersten Vizepräsidenten wurde im Anschluss Andreas Aebi (svp, BE) gewählt. Für dieses Amt wäre eigentlich Heinz Brand (svp, GR) vorgesehen gewesen. Der Bündner, der im November 2018 zum ersten Vizepräsidenten gekürt worden war, war allerdings bei den eidgenössischen Wahlen nicht wiedergewählt worden. Aebi, der 2018 innerhalb der SVP neben Brand ebenfalls als Kandidat für das Amt gehandelt worden war und jetzt zum Handkuss kam, erhielt 178 Stimmen. Von den ausgeteilten Wahlzetteln blieben 9 leer und auf 13 standen andere Namen als jener des Berner SVP-Mitglieds.
In der Folge wurde Irène Kälin (gp, AG) zur zweiten Vizepräsidentin bestimmt. Die Aargauerin erhielt vergleichsweise wenige 112 Stimmen. Von den 195 eingelangten Wahlzetteln blieben 23 leer und 3 waren ungültig. Andere Personen erhielten 57 Stimmen, darunter Regula Rytz (gp, BE; 23 Stimmen) und Bastien Girod (gp, ZH; 11 Stimmen). Das magere Resultat dürfte – neben der Parteizugehörigkeit der neuen zweiten Vizepräsidentin – auch damit zusammenhängen, dass Kälin erst seit 2017 im Nationalrat sass. Kälin war von der Fraktion der grünen Partei Ende November 2019 nominiert worden.
Die vier Stimmenzählenden und die vier Ersatzstimmenzählenden wurden in globo gewählt. Auch hier zeigten sich aufgrund der Stimmenzahl einige ideologische Animositäten, alle acht wurden aber letztlich deutlich gewählt. Zu Stimmenzählerinnen und -zählern wurden Edith Graf-Litscher (sp, TG; 193 Stimmen), Roland Rino Büchel (svp, SG; 194 Stimmen), Daniel Brélaz (gp, VD; 179 Stimmen) und Benjamin Roduit (cvp, VS; 187 Stimmen) gewählt. Die vier sind damit Mitglieder des Büro-NR und sitzen dem Ratsplenum gegenüber, mit der Präsidentin im Rücken. Am gleichen Ort sitzen die Ersatzstimmenzählerinnen und -zähler, die aber nicht Mitglieder des Büros sind: Yvette Estermann (svp, LU; 191 Stimmen), Pierre-Alain Fridez (sp, JU; 193 Stimmen), Gerhard Andrey (gp, FR; 192 Stimmen) und Philipp Kutter (cvp, ZH; 190 Stimmen).

Wahl des Nationalratspräsidiums 2019/20
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

En vue des élections pour le Conseil national, 377 personnes, dont 145 femmes, se sont portées candidates dans le canton de Vaud. Représentant un nouveau record (il y en avait 327 en 2015), ces candidatures étaient réparties sur 24 listes. La part des femmes sur l'ensemble des candidatures s'est élevée à 38.5 pour cent, contre 34.7 quatre ans auparavant. Parmi les 18 parlementaires sortant.e.s, 16 ont brigué un nouveau mandat. En raison de la «prime» aux sortant.e.s, qui leur garantit un avantage en vue d'une réélection, il ne fallait pas s'attendre à de grands chambardements. Cependant, la campagne n'a pas manqué de sel, avec notamment la course au 19ème siège obtenu par le canton en raison de la croissance de sa population. Ce fauteuil supplémentaire a évidemment aiguisé l'appétit de plusieurs partis. Lors de la dernière législature, la délégation vaudoise, troisième plus importante après celles de Zurich et Berne, comptait sept élu.e.s de gauche (cinq PS et deux vert.e.s), deux du centre (un PDC et une verte libérale) et neuf de droite (cinq PLR et quatre UDC). Les partis écologistes, grâce à la prépondérance de la question climatique dans le débat public, espéraient se renforcer, alors que le PDC et l'UDC souhaitaient conserver leurs acquis. Du côté des mastodontes que sont le PS et le PLR, on rêvait d'un mandat supplémentaire. En parallèle, l'objectif était de conserver leurs sièges respectifs au Conseil des États.
Le PLR, en plus de ses quatre sortant.e.s Olivier Feller, Frédéric Borloz, Laurent Wehrli et Isabelle Moret, a présenté la conseillère d'État Jacqueline de Quattro pour conserver ses cinq sièges. En effet, Fathi Derder (plr) a souhaité se retirer de la vie politique, après deux mandats durant lesquels il s'est battu pour mettre en place une politique de soutien aux starts-up au niveau fédéral. Malgré cela, il a regretté que la Suisse ne se soit pas encore dotée d'un programme d'innovation clair. Sur la liste du parti libéral-radical a aussi figuré le sénateur Olivier Français, qui faisait face à la concurrence de la gauche en vue de sa réélection aux États. Si tout se passait comme prévu par les stratèges du parti, les élu.e.s sortant.e.s devaient conserver leur siège, alors que le fauteuil vacant semblait promis à Jacqueline de Quattro, dont l'élection ne faisait peu de doute en raison des scores élevés qu'elle a réalisés à plusieurs reprises lors des élections du gouvernement cantonal.
Chez les socialistes, la 50e législature (2015-2019) a vu le départ de trois élu.e.s en cours de route. En effet, en 2017, Cesla Amarelle (ps) a quitté le Conseil national pour reprendre le flambeau d'Anne-Catherine Lyon (ps) au gouvernement cantonal, tandis que Jean Christophe Schwaab (ps) a quitté son siège sous la coupole en 2017 pour s'occuper de son fils aîné souffrant de troubles du développement. Enfin, Rebecca Ruiz (ps) a pris la même direction que Cesla Amarelle, en remplaçant Pierre-Yves Maillard (ps) au Conseil d'État vaudois au début de l'année 2019. Leurs fauteuils sont revenus aux viennent-ensuite de 2015, Samuel Bendahan (ps), Brigitte Crottaz (ps) et Nicolas Rochat Fernandez (ps). Pour cette élection, les socialistes avaient comme objectif de conserver leurs cinq mandats, lorgnant même sur un sixième siège, comme c'était le cas entre 2011 et 2015. Leur résultat s'annonçait étroitement lié à la probable progression de leurs alliés écologistes, susceptibles de marcher sur les plates-bandes socialistes en cas de bon score. Comme l'a relevé 24Heures, la section vaudoise du parti à la rose disposait cependant de plusieurs locomotives électorales: Ada Marra, vice-présidente romande du PS suisse et candidate à la succession de Géraldine Savary au Conseil des États à côté de sa candidature au national, Roger Nordmann, chef de la fraction socialiste au Parlement, et Pierre-Yves Maillard, nouveau président de l'Union syndicale suisse (USS), semblaient capables de mobiliser l'électorat socialiste. Ce dernier, dont l'accession à la présidence de l'USS l'obligeait à obtenir un siège, avait déjà siégé au national entre 1999 et 2004, avant son entrée au Conseil d'État vaudois. Il a par ailleurs renoncé à viser la chambre haute pour soutenir la candidature féminine d'Ada Marra.
Du côté des vert.e.s, les auspices étaient favorables, les grèves pour le climat ayant notamment fait grand bruit au cours de l'année 2019. Alors qu'Adèle Thorens Goumaz (vert.e.s), à la chambre du peuple depuis 2007, a présenté une double candidature pour les deux chambres, Daniel Brélaz (vert.e.s) a visé un nouveau mandat au national. La candidature du premier écologiste mondialement élu dans un parlement national – c'était en 1979 – a créé des remous au sein de son parti. En effet, certains membres de la section vaudoise ont souhaité que Brélaz laisse sa place aux plus jeunes, pour permettre à une nouvelle génération d'émerger. Brélaz a assuré qu'il partirait en cours de mandat en cas d'élection. Stratégiquement, le retirer de la liste serait revenu à se priver d'une locomotive électorale. À ses côtés, la secrétaire générale de la fédération romande des consommateurs (FRC) Sophie Michaud Gigon (vert.e.s) s'est présentée. Parmi les papables, 24Heures a encore cité Léonore Porchet (vert.e.s), Alberto Mocchi (vert.e.s) – président de la section cantonale –, et Raphaël Mahaim (vert.e.s), dont les candidatures devaient permettre aux vert.e.s de récupérer le troisième siège perdu en 2015. Les plus optimistes se sont même mis à rêver d'un quatrième siège.
De l'autre côté de l'échiquier politique, la position de l'UDC était jugée fragile par de nombreux observateurs et observatrices. Alice Glauser-Zufferey (udc), élue entre 2007 et 2011 puis en 2016 suite à l'accession du Guy Parmelin au Conseil fédéral, n'a pas souhaité briguer un mandat supplémentaire. Aucune candidate n'ayant émergée pour prendre sa succession, ce sont donc sur des têtes – masculines – connues qu'ont reposées les ambitions agrariennes de conserver les quatre sièges. Jean-Pierre Grin (udc) et Michaël Buffat (udc), élus depuis 2007 et 2011, n'avaient pas de souci à se faire à l'idée de rempiler pour une nouvelle législature, selon 24Heures. Élu en 2015, Jacques Nicolet (udc) pouvait également légitimement viser une réélection, d'autant plus que le président de la section cantonale avait réussi à mettre de l'ordre dans les tensions internes qui ont miné l'UDC vaudoise ces dernières années, menant notamment à l'exclusion de Claude-Alain Voiblet. Celui-ci avait collé des affiches électorales personnelles par-dessus celles de son parti lors de la campagne fédérale de 2015. Derrières les sortants, quelques députés au Grand Conseil nourrissaient l'ambition de passer à l'échelon fédéral.
L'extrême-gauche a elle aussi affiché ses ambitions en vue de l'élection. Le POP a présenté 19 candidatures, avec comme têtes de liste Anaïs Timofte, déjà candidate au Conseil d'État lors de l'élection complémentaire pour succéder à Pierre-Yves Maillard, et Bernard Borel. Ensemble à gauche, qui a regroupé sous sa bannière SolidaritéS, Décroissance-Alternatives et Solidarité & Écologie, a présenté une liste complète de 19 candidatures. Un sous-apparentement a été conclu avec le POP. Celui-ci s'est inscrit dans la grande alliance de gauche qui comprenait également le PS, les vert.e.s ainsi que leurs listes jeunes. L'extrême-gauche vaudoise n'était plus représentée à Berne depuis le départ de Josef Zisyadis en 2011 et espérait donc faire son retour sous la coupole.
Le PDC avait pour but de conserver le siège de Claude Béglé. Ce dernier, élu en 2015 à la place de Jacques Neirynck (pdc), a – selon la presse – donné durant la législature une image d'élu isolé, dont l'avis ne pèse pas à Berne. Certes, son «esprit libre et franc du collier» a été apprécié, mais ses voyages diplomatiques «parallèles», selon ses propres termes, ont fait des vagues durant la campagne. En effet, à la suite d'un voyage privé en Corée du Nord, le membre de la commission de politique extérieure (CPE) s'est fait tirer dessus à boulets rouges par la presse: dans des tweets, il avait fait l'éloge du régime de Kim Jong-Un, saluant un système qui fonctionne «bien mieux qu'on pourrait l'imaginer», avec de bas salaires certes, mais où «tout est fourni gratuitement par l'État». Alors que son parti s'est distancé de ses propos, son comportement n'a pas plu parmi ses pairs. Le conseiller national genevois Carlo Sommaruga (ps) lui a notamment reproché de «profiter de son statut de parlementaire pour voyager et exister dans les médias, sans prendre aucune distance avec ce qu'il voit». Cette polémique n'a pas arrangé les affaires du PDC vaudois, déjà en perte de vitesse ces dernières années. Le parti n'est plus représenté que par un député au Grand Conseil, contre quatre lors de la législature précédente. Pour garder sa place à Berne, il a compté sur une alliance des partis du centre avec le PBD, le PEV et l'UDF. En revanche, le parti vert'libéral n'a pas souhaité s'associer aux démocrates-chrétiens. Les vert'libéraux se sont alliés au Parti Pirate. Espérant bénéficier d'une vague verte, le parti a visé un deuxième siège. Seule élue verte libérale romande lors de la dernière législature, Isabelle Chevalley, figure de proue du parti, avait bon espoir de recevoir du soutien pour mettre en avant une transition écologique qui se fait main dans la main avec l'économie. Ce point constituait le cœur du programme du parti vert'libéral, qui a indiqué compter sur une politique d'incitation et sur l'innovation pour résoudre le défi climatique.
Dans le grand jeu des alliances, le PLR a exclu tout accord avec les vert'libéraux, trop à gauche selon lui. Entre l'UDC et le PLR, les stratèges étaient conscients qu'un accord aurait augmenté les possibilités de conquérir un siège supplémentaire. Cependant, les positions de deux partis divergeaient fondamentalement sur la direction à prendre quant aux relations avec l'UE. L'accord-cadre, un des thèmes les plus discutés durant la campagne, était soutenu par le PLR, alors que l'UDC le rejetait. Finalement, la droite s'est donc lancée en ordre dispersé dans la bataille.
De manière générale, le thème au centre des discussions durant la campagne a été celui du climat. Tous les partis s'en sont emparé, y compris l'UDC, qui a souligné l'importance de défendre la production alimentaire locale. Le parti agrarien a critiqué les taxes, «seules solutions concrètes proposées par les autres partis, qui remplissent les caisses de l'État sans incidence sur l'environnement». Dans le camp opposé, la gauche radicale a émis le souhait d'atteindre la neutralité carbone d'ici à 2030. Ses objectifs principaux étaient d'une part la «justice climatique» et d'autre part l'égalité «pour tous», avec notamment la volonté de rendre les transports publics gratuits.
Concernant les budgets, le PLR (CHF 400'000) et le PS (CHF 294'000) sont les partis ayant alloués le plus de fonds à la campagne. Suivaient les vert.e.s avec CHF 220'000, l'UDC avec CHF 150'000 et le parti vert'libéral avec CHF 86'000.

Avec une participation de 41.4 pour cent (42.9% en 2015), les partis écologistes ont été les grands vainqueurs du dimanche électoral. Les vert.es et les vert'libéraux ont doublé leur députation, décrochant respectivement 4 et 2 sièges. Cette progression s'est faite au profit de l'UDC, qui est passé de quatre à trois fauteuils, et surtout du PDC, qui n'a pas décroché de mandat. Le PLR et le PS ont conservé leurs cinq sièges.
Pour être précis, la plus forte progression est à mettre au crédit des vert.e.s, qui ont récolté 19.7 pour cent des voix (+8.4 points de pourcentage (pp) par rapport à 2015). Adèle Thorens Goumaz (47'674 voix), Daniel Brélaz (37'667 voix), Sophie Michaud Gigon (32'205 voix) et Léonore Porchet (30'860 voix) ont gagné un ticket pour Berne. Avec l'élection de Thorens Goumaz à la chambre haute, Valentine Python a finalement accédé au Conseil national en tant que première viennent-ensuite (30'314 voix). Cette dernière a symbolisé à merveille le succès des écologistes: novice en politique et climatologue de profession, son élection était révélatrice d'un électorat à la recherche «de compétences scientifiques pour répondre aux préoccupations sur l'avenir de la planète», selon 24Heures. Avec une députation passant de 7 à 9 élu.e.s, la gauche a globalement été à la fête. Malgré une légère régression, le PS a recueilli 20.4 pour cent des suffrages (-1.8pp). Ada Marra (49'953 voix), Roger Nordmann (45'649 voix), Samuel Bendahan (37'923 voix) et Brigitte Crottaz (37'755 voix) ont conservé leur siège, alors que Pierre-Yves Maillard a caracolé en tête des suffrages. Le poids-lourd de la politique vaudoise a été le candidat le mieux élu, avec 59'514 voix. Nicolas Rochat Fernandez (31'050 voix) a fait les frais de l'élection de Maillard, ne conservant pas le siège qu'il aura occupé pendant deux sessions seulement. Avec 4.1 pour cent des suffrages (+1.2pp), la gauche de la gauche a apporté sa pierre à l'édifice mais n'a pas été récompensée par un siège.
En obtenant 8.3 pour cent des voix, le PVL a plus que doublé son score de 2015, qui était de 3.9 pour cent (+4.4pp). Son allié, le parti pirate, a engrangé 0.8 pour cent des voix. Ce résultat historique a donné le droit au président de la section cantonale François Pointet (13'390 voix) de rejoindre sa camarade Isabelle Chevalley (26'488 voix) dans les travées du parlement. Le PDC a fait les frais de la progression de son concurrent du centre. Son score – 2.4 pour cent (-2.2pp) – n'a pas suffi à conserver le siège de Claude Béglé, malgré l'apport, certes minime, du PEV (1.3%), du PBD (0.4%) et de l'UDF (0.3%). Béglé a sans doute payé ses propos sur la Corée du Nord. En effet, il n'a récolté que 5'459 bulletins, contre 12'367 en 2015. Comme pronostiqué dans la presse, l'UDC a également souffert en n'obtenant que 17.4 pour cent des suffrages (-5.2pp). Dépassé par les vert.e.s, le parti agrarien a dû abandonner un siège. Les sortants Jean-Pierre Grin (35'966 voix), Jacques Nicolet (33'537 voix) et Michaël Buffat (31'677 voix) ont été réélus. Enfin, le parti libéral-radical est resté le premier parti du canton. En récoltant 23.3 pour cent des suffrages, il a néanmoins enregistré un recul de 3.5pp par rapport à 2015. Cela ne lui a pas porté préjudice, puisqu'il a conservé ses cinq sièges. Olivier Français a reçu le plus de voix (50'328), mais comme celui-ci a ensuite été élu au Conseil des États, ce sont Isabelle Moret (48'664 voix), Olivier Feller (46'542 voix), Jacqueline de Quattro (44'996 voix), Frédéric Borloz (40'962 voix) et Laurent Wehrli (40'339 voix), en tant que premier viennent-ensuite, qui siégeront à la chambre du peuple. Suite à son élection, Jacqueline de Quattro a comme prévu quitté le Conseil d'État, ce qui a donné lieu à une élection complémentaire.
En résumé, la députation vaudoise pour la 51ème législature se compose de 5 PLR, 5 PS, 4 vert.e.s, 3 UDC et 2 vert'libéraux. 11 hommes et 8 femmes ont été élu.e.s par la population vaudoise.

Election Conseil national 2019 – Vaud
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Le groupe bourgeois-démocrate du Conseil national demandait de soumettre au peuple la question de principe de l'acquisition des nouveaux avions de combat, afin qu'il puisse s'exprimer sur le principe d'achat avant le choix du modèle. Le Conseil fédéral proposait d'accepter la motion, même si les acquisitions d'armement n'étaient pas, en tant que telles, soumises au référendum. Vu l'ampleur du renouvellement, il prévoyait d'édicter un arrêté de planification de l'Assemblée fédérale qui est lui, sujet au référendum.
La motion, à l'encontre du souhait des Verts, des socialistes et du groupe libéral-radical, a été adoptée par le Conseil national par 99 voix contre 77 et 4 abstentions. Walter Müller (plr, SG), au nom du groupe libéral-radical, questionnait l'utilité d'un référendum alors que le mandat du Parlement en la matière était réglementé dans la Constitution et dans la loi. Les Verts voulaient que le peuple vote également sur le choix du modèle.
Avec voix prépondérante de son président, la CPS-CE a proposé de rejeter la motion. La majorité des membres l'a jugée obsolète puisque le Conseil fédéral allait soumettre au Parlement un projet d'arrêté de planification. Une minorité craignait que la position de la commission soit interprétée comme une opposition à une votation populaire. Il fallait donc voter en faveur de la motion, afin de signaler l'appui de la commission à la démarche du Conseil fédéral consistant à présenter un projet sujet à référendum.
Lors du passage au Conseil des Etats, la motion a été adoptée par 22 voix contre 18 et 1 abstention. Elle sera par la suite classée, comme suggéré par le Conseil fédéral dans son message concernant l'arrêté de planification relatif à l'acquisition d'avions de combat.

Soumettre au peuple la question de principe de l'acquisition de nouveaux avions de combat (Mo. 17.3604)
Dossier: Air2030 – Schutz des Luftraumes
Dossier: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge

In der Herbstsession 2019 gelangte das Geschäft zur Genehmigung der Beteiligung an der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen in den Nationalrat. Die EU-Lisa ist für den Betrieb und die Weiterentwicklung zahlreicher zentraler Systeme des Schengenraums verantwortlich. Dazu gehören unter anderem das SIS, das Visa-Informationssysstem, die Fingerabdruck-Datenbank Eurodac und das Ein- und Ausreisesystem (EES). Hans-Peter Portmann (fdp, ZH), der Sprecher der APK-NR, wies darauf hin, dass die Schweiz seit 2012 als Beobachterin der Agentur an sämtlichen Projekten der EU-Lisa beteiligt sei und das Parlament der EU-Verordnung zur Errichtung der Agentur bereits zugestimmt habe. Gemäss der vorliegenden Vereinbarung solle die Schweiz sich zukünftig vollständig daran beteiligen und sich mit begrenztem Stimmrecht gleichberechtigt mit den EU-Mitgliedsstaaten engagieren können. Die Beteiligungskosten würden für die Schweiz wie bis anhin CHF 7-8 Mio. betragen, so Portmann weiter. Eine Kommissionsminderheit Estermann (svp, LU) hatte einen Nichteintretensantrag gestellt, obwohl man sich, so Estermann, der Vorteile des Abkommens bewusst sei. Jedoch sei die SVP-Delegation der Meinung, dass man keine weiteren Zahlungen an die EU leisten solle, solange man von dieser in verschiedener Hinsicht diskriminiert werde. Dieses Verhalten wurde von den anderen Ratsmitgliedern nicht goutiert. Walter Müller (fdp, SG) etwa befand das Ablehnen eines nach langer Verhandlung erarbeiteten Resultats für nicht konstruktiv. Der Rat beschloss mit 132 zu 51 Stimmen (bei 2 Enthaltungen), auf das Geschäft einzutreten, wobei nur Mitglieder der SVP-Fraktion dagegen stimmten, und nahm es kurz darauf mit 133 zu 49 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Auch in der Schlussabstimmung drei Tage später fiel das Ergebnis im Nationalrat mit 138 zu 52 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) eindeutig und im Ständerat gar einstimmig aus.

Participation à l'agence européenne pour la gestion opérationnelle des systèmes d'information à grande échelle
Dossier: Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands, Errichtung von IT-Grosssystemen

Die Totalrevision des BZG gelangte zuerst in den Nationalrat, dessen vorberatende SiK im Januar 2019 erstmals dazu Stellung nahm. Die Kommission stand geschlossen hinter der Vorlage, es gab jedoch einzelne Aspekte, die sie genauer geprüft haben wollte, weswegen sie eine Subkommission einsetzte. Trotz der weitgehend positiven Rückmeldungen aus dem Vernehmlassungsverfahren brachten die Kantone noch Vorbehalte vor, namentlich die Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr (RK MZF). Wichtige Fragen betrafen die Rechtsetzungsdelegation, die Transparenz der Kostenfolgen sowie strategische Grundlagen, wo es teilweise grössere Differenzen gab.

Im Mai tagte die Kommission erneut, wobei die inzwischen erzielten Fortschritte der Subkommission beraten wurden. Verschiedene Anliegen der Kantone wurden nun doch noch in die Vorlage eingearbeitet und dem Nationalrat als Änderungsanträge unterbreitet, so dass nun – in den Worten der Kommission – eine konsensfähige Vorlage geschmiedet worden sei. Die Anpassungen fielen bei den Partnerorganisationen, den Zivilschutzaufgaben, dem Durchdienermodell sowie bei den Ersatzbeiträgen und der Kostenteilung an.
Die Kommissionsmehrheit war der Ansicht, dass auch der Zivildienst als Partnerorganisation benannt werden solle, dies würde ihrer Ansicht nach die Durchhaltefähigkeit des Gesamtsystems erhöhen. Bei den Zivilschutzaufgaben beantragte die Kommission dem Plenum eine Kehrtwende: Der skizzierte Sanitätsdienst solle aus dem Entwurf gestrichen werden, weil es keine konzeptionellen Grundlagen zur Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems in Krisenlagen gebe. Das vom Bundesrat angestrebte Durchdienermodell stiess ebenfalls auf Ablehnung, da es eine erhebliche Aufstockung an Diensttagen für Schutzdienstpflichtige bedeuten würde – hier unterstützte nur eine Minderheit die bundesrätliche Version. In Sachen Schutzräume hatte sich eine längere Debatte entfacht, wobei letztlich der Status quo obsiegte. Eine Änderung wurde also zunächst verworfen. Die Kommission war der Meinung, dass das bisherige Modell den Schutz der Bevölkerung in Krisen- und Katastrophenlagen am besten gewährleiste. Eine Kommissionsminderheit wollte eine Abschaffung der Schutzräume-Pflicht beantragen. Die Finanzierung durch Bund und Kantonen wurde dahingehend angepasst, als der Bund die Auslagen für das Personalinformationssystem (PISA) tragen soll. Mit all diesen Anträgen war die Vorlage bereit für die Debatte durch den Nationalrat in der Sommersession.

Im Nationalrat löste die Vorlage denn auch eine lange Debatte aus. Kommissionssprecher Müller (fdp, SG) erläuterte summarisch die Vorarbeiten der Kommission. Die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen zeigten sich in einer Sache unanim: Eintreten war unbestritten. Hüben wie drüben zeigte man sich von der Notwendigkeit dieser Totalrevision überzeugt. Verschiedene Differenzen gab es aber bei einzelnen Artikeln. CVP-Sprecher Paganini (cvp, SG) sprach noch vor der Detailberatung einen wesentlichen Punkt in der vorparlamentarischen Entscheidfindung an. Er bemängelte den Prozess und die nötig gewordene Subkommission, die sich in mehreren Sitzungen mit dem Gesetzesentwurf zu befassen hatte und die Rolle einer Vermittlerin zwischen Bund und Kantonen übernehmen musste. Tatsächlich war es überraschend, dass einer weitgehend wohlwollenden Vernehmlassung derart starke Opposition durch die Kantone folgte.
In der Detailberatung galt es also zunächst sämtliche Anträge der Kommission und allfälliger Minderheiten zu klären. Erster Punkt war die Nennung und die Rolle des Zivildienstes im Bereich der Partnerorganisationen und deren Aufträge im Krisenfall. Der Nationalrat folgte hier der Kommissionsminderheit und verzichtete auf Antrag von Verteidigungsministerin Amherd auf die Erwähnung des Zivildienstes. Ausschlaggebendes Argument war, dass Zivildienstleistende nicht über die nötige Ausbildung und Ausrüstung verfügten und überdies in Notlagen auch gar nicht alarmiert werden könnten, weil entsprechende Kanäle fehlten. Damit blieb der Kreis der Partnerorganisationen unverändert und umfasst weiterhin die Polizei, die Feuerwehr, das Gesundheitswesen, technische Betriebe und den Zivilschutz. Auch in weiteren Punkten folgte das Plenum seiner Kommission. So wurde der vom Bundesrat vorgesehene Sanitätsdienst aus der Vorlage gestrichen sowie die Kosten für das PISA beim Bund belassen, statt die Kantone daran zu beteiligen. Die Möglichkeit des Durchdienens wurde verworfen und die Möglichkeit, aus dem Dienst ausgeschiedene Schutzdienstleistende wieder zu aktivieren, wurde nur für den Fall bewaffneter Konflikte ermöglicht. Zudem beschloss der Nationalrat eine Verkürzung der Dienstpflicht, sie soll neu vom 19. bis zum 36. Altersjahr gelten – hier ging der Rat mit der Regierung einig. Die Schutzraumpflicht war ein weiterer Punkt, der debattiert wurde. Letztlich wurde entgegen einem Antrag Glättli (gp, ZH) am bisherigen System festgehalten; der Grundsatz «eine Person, ein Schutzplatz» soll weiterhin bestand haben. Weitere Minderheitenanträge blieben chancenlos. Eine Minderheit Seiler Graf (sp, ZH) wollte eine Meldepflicht für Störfälle an kritischen Infrastrukturen einführen, womit sie vor allem auf die Herausforderungen und Bedrohungen im Cyberbereich fokussierte und eine «Kultur des Risikomanagements» vorantreiben wollte. Bundesrätin Amherd gab hierzu zu bedenken, dass derlei Fragen in der Bearbeitung der Nationalen Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen 2018-2022 bereits angegangen würden. Die Argumentation der Kommissionsmehrheit, dass so ein Aspekt nicht in das BZG gehöre, verfing offenbar.
Letztlich wurde der nationalrätliche Entwurf mit 181 Stimmen einstimmig dem Ständerat überwiesen. Gegen den Willen der Regierung entschied sich der Rat zudem, die Motion Müller (fdp, SG; Mo. 14.3590) bezüglich der Ausgestaltung der Wehrpflichtersatzabgabe für Zivilschutzleistende nicht abzuschreiben.

Zivilschutzgesetz. Änderung

Nachdem die SPK-NR im August 2018 noch eine Fristverlängerung für die Umsetzung der parlamentarischen Initiative Caroni (fdp, AR) verlangt hatte – weil der Appenzeller Freisinnige im Herbst 2015 in den Ständerat gewählt worden war, war der Vorstoss in der Zwischenzeit von Isabelle Moret (fdp, VD) übernommen worden –, die ihr der Nationalrat in der Sommersession 2018 gewährt hatte, schlug die Kommission Ende Mai 2019 vor, den Vorstoss für mehr Transparenz über Mandate von Lobbyisten abzuschreiben. Sie begründete den Abschreibungsantrag damit, dass der Ständerat in der Zwischenzeit einen von der SPK-SR ausgearbeiteten Entwurf angenommen hatte, der auf der sehr ähnlich lautenden parlamentarischen Initiative Berberat (sp, NE; 15.438) beruhte. Das Anliegen der Initiative Caroni sei in diesem ständerätlichen Erlassentwurf aufgenommen, weshalb es abzuschreiben sei, so die SPK-NR. Gleichzeitig empfahl sie mit 12 zu 8 Stimmen (3 Enthaltungen), auf den ständerätlichen Entwurf, der verlangt, dass Lobbyistinnen und Lobbyisten, die von einem Parlamentsmitglied mit einem Zutrittsausweis ausgerüstet werden, ihre Aufträge transparent machen müssen, nicht einzutreten.

Transparenz über Mandate von Lobbyisten (Pa. Iv. 15.433)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Le postulat, déposé par Yannick Buttet (pdc, VS), puis repris par Benjamin Roduit (pdc, VS), porte sur la lutte contre le dumping social et salarial. Le Conseil fédéral est chargé d'examiner les mesures prises par les Etats membres de l'UE en application de la directive sur les travailleurs détachés et de les mettre en parallèle avec les mesures d'accompagnement prises en Suisse dans le cadre de l'accord sur la libre-circulation des personnes. Les parlementaires valaisans doutent de l'application des directives européennes par les Etats membres.
Le Conseil fédéral propose de rejeter le postulat. D'une part, une nouvelle directive concernant le détachement de travailleurs a été élaborée par la Commission européenne afin d'en améliorer l'exécution. Elle rédige actuellement un premier rapport d'évaluation de la mise en œuvre dans les Etats membres. Ainsi, le rapport pourra être utilisé comme base de comparaison. D'autre part, le Conseil fédéral rappelle que les prescriptions de l'UE ont été respectées lors de sa réponse au postulat Müller (07.3901). Finalement, la comparaison est rendue difficile en raison de l'unicité de l'approche suisse, caractérisée par une exécution duale reposant sur une participation déterminante des partenaires sociaux, et de la reprise partielle des dispositions relatives à la libre prestation de services.
Lors du passage au Conseil national, le postulat est adopté par 142 voix contre 37 et 5 abstentions. Le Conseil fédéral devra donc procéder à la comparaison.

Lutte contre le dumping dans le cadre de l'application de la directive de l'UE sur les travailleurs détachés (Po. 17.3126)

«Vous avez aussi quelque part quelque chose qui ressemble à un cœur, je vous invite donc à donner suite à cette initiative parlementaire.» Lisa Mazzone (pes, GE) a ainsi conclu son plaidoyer pour l'initiative parlementaire qu'elle avait déposée en septembre 2017, et qui visait à mettre fin à la détention administrative de mineurs, dans le respect de l'intérêt supérieur de l'enfant. Elle a rappelé que la Suisse a ratifié en 1997 la Convention relative aux droits de l'enfant, qui se retrouve violée par l'incarcération entre 2015 et 2017 d'une centaine d'enfants. Selon un rapport de Terre des Hommes, la détention administrative, autorisée dans le droit suisse pour les mineurs de 15 à 18 ans, est en augmentation. Selon la conseillère nationale, cette mesure est inefficace et dangereuse, elle a des conséquences graves sur la santé physique et psychique des enfants. De plus, le rapport de Terre des Hommes dit que le plus souvent, les requérants et requérantes mineures à qui l'on a signifié un ordre de détention disparaissent dans la nature. Cette situation est problématique, notamment parce que cela les rend plus vulnérables face aux réseaux de traite humaine. La députée verte rappelle que des alternatives à la détention existent, comme par exemple l'obligation de se présenter régulièrement à une autorité. La preuve en est, selon elle, que neuf cantons ont renoncé à la détention de personnes mineures. Genève et Neuchâtel l'ont inscrit dans leur loi et le Valais, Vaud, Appenzell Rhodes-Intérieures, Argovie, Bâle-Campagne, Jura et Nidwald n'appliquent pas cette mesure sur le principe.
La CIP-CN est restée sourde à ces arguments. Selon elle, l'application des renvois est une compétence cantonale, et la législation en vigueur tient suffisamment compte de la situation des personnes migrantes mineures. Une ingérence dans les compétences cantonales serait aller trop loin, souligne la commission, qui estime qu'il est de la responsabilité des parents requérants d'asile de quitter la Suisse avec leurs enfants pour ne pas leur faire subir de séjour en prison. Une minorité de la commission (9 voix contre 15) s'oppose à la détention des enfants.
Lors du débat, Pierre-Alain Fridez (ps, JU) a pris la parole, et a déclaré ses liens d'intérêts: il est rapporteur général dans la campagne du Conseil de l'Europe contre la détention administrative des enfants migrants, dont la Suisse est le principal contributeur. Le socialiste a posé la question des risques face aux bénéfices: Vaut-il la peine de faire encourir aux enfants d'importants risques pour leur santé juste pour des raisons administratives? Le conseiller national Romano (pdc, TI) a balayé cette objection d'un geste: «Monsieur Fridez, en Suisse, on ne met pas des enfants en prison. C'est prévu seulement pour des personnes ayant déjà atteint l'âge de 16 ans.» Le rappel du texte de la Convention relative aux droits de l'enfant, qui dit que toute personne en dessous de 18 ans en est un, n'a pas fait le poids, l'initiative parlementaire a été refusée par 118 voix contre 57, avec 3 abstentions. Si l'habituelle opposition rose-verte contre le reste du Parlement était visible, il y a eu tout de même quelques voix dissidentes au sein du bloc bourgeois: Alfred Heer (udc, ZH), Isabelle Moret (plr, VD), Rosmarie Quadranti (pbd, ZH) les deux PEV Niklaus-Samuel Gugger (ZH), Marianne Streiff-Feller (BE) et le PDC Guillaume Barazzone (GE) ont refusé d'entrer en matière sur l'initiative. Les Verts'libéraux n'étaient pas au diapason sur la question: un seul député s'est prononcé contre l’initiative, trois pour, un s'est abstenu et deux n'ont pas participé au vote.

Mettre fin à la détention administrative de mineurs, dans le respect de l'intérêt supérieur de l'enfant

Das in der NZZ prominent platzierte, aber auch von anderen Medien aufgenommene Parlamentarierrating 2018, das von der Forschungsstelle Sotomo aufgrund des Abstimmungsverhaltens im National- und Ständerat berechnet wird, zeigte seit der letzten Ausgabe 2017 nur wenig Veränderungen hinsichtlich Positionierung der Parteien. Noch immer war eine deutliche Trennung der einzelnen Fraktionen im Nationalrat zu beobachten, mit Ausnahme der SP und der Grünen sowie der CVP und der BDP, bei denen sich die Positionierungen einzelner Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf einer Skala von -10 (ganz links) und +10 (ganz rechts) teilweise überlappten. Die Extrempole des Nationalrats wurden von Fraktionsmitgliedern der SP- bzw. der SVP eingenommen: Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) sowie Luzi Stamm (svp, AG; 10.0) und Toni Brunner (svp, SG; 10.0) besetzten die Skalengrenzen. Das Spektrum der SP-Fraktion reichte von dieser Extremposition bis -8.5. Dieser «rechte Flügel» der Sozialdemokraten wurde vom neu in den Nationalrat nachgerückten Adrian Wüthrich (sp, BE) besetzt. Die Spannweite der Grünen reichte von -9.5 (Regula Rytz; gp, BE) bis -8.6 (Bastien Girod; gp, ZH). Im Schnitt waren die Mitglieder der SP-Fraktion erneut etwas linker positioniert als jene der GP-Fraktion. Das war zwischen 1995 und 2011 umgekehrt. Zwischen dem links-grünen Pol und der Mitte tat sich eine ziemliche Lücke auf. Die beiden der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder Marianne Streiff-Feller (evp, BE) und Niklaus Gugger (evp, ZH), der Ende 2017 in den Nationalrat nachgerutscht war, waren mit ihren Werten von -4.1 bzw. -3.7 zwar deutlich am linken Fraktionsrand angesiedelt, damit aber noch immer mehr als vier Skalenpunkte von SP und GP entfernt positioniert. Immer noch links der Mitte reihte sich anschliessend die GLP-Fraktion ein, die sich erneut als sehr homogen präsentierte (-3.3 bis -3.0). Die CVP- und die BDP-Fraktion überlappten sich ebenfalls. Bei beiden kam dabei der rechte Rand genau bei der Position 0 zu liegen; bei der BDP wurde dieser von Hans Grunder (bdp, BE) und bei der CVP von Daniel Fässler (cvp, AI), Gerhard Pfister (cvp, ZG) und Fabio Regazzi (cvp, TI) besetzt. Den linken Rand besetzten bei der CVP Kathy Riklin (cvp, ZH: -1.5) und bei der BDP Rosmarie Quadranti (bdp, ZH: -1.9). Auch auf der rechten Ratsseite klaffte eine Lücke. Der Abstand zwischen der FDP, deren Spektrum sich zwischen 1.0 (Christa Markwalder; fdp, BE) und 3.4 (Walter Müller; fdp, SG) aufspannte und der SVP, deren linker Pol bei 7.4 zu liegen kam (Jean-Pierre Grin, svp, VD) betrug ebenfalls 4 Skalenpunkte.

In der NZZ wurden auch die Positionen einzelner Parlamentsmitglieder diskutiert, die sich über die Jahre stark verändert hatten. So hatte etwa Thomas Müller (svp, SG) laut der Auswertung einen Sprung auf der Skala von 1.5 nach 9.5. gemacht. Müller war 2006 als CVP-Politiker gewählt worden und hatte 2011 in die SVP gewechselt, wo er dann mit den Jahren einen eigentlichen Rechtsrutsch vollzog. Die Gegenrichtung hatte Gerhard Pfister eingenommen, der von einer rechten Position (4.0) genau in die Mitte (0) gerückt war. Dies sei erst nach seiner Übernahme des CVP-Präsidiums passiert, was belege, so die NZZ, dass Pfister die CVP nicht nach rechts gezogen, sondern den rechten Flügel in die Partei integriert habe.

Im Ständerat waren die Lücken zwischen den Fraktionen geringer. Zwischen dem am weitesten «rechts» stehenden SP-Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH: -5.6) und der am weitesten «links» positionierten CVP-Ständerätin Anne Seydoux-Christe (JU) lagen knapp 2 Skalenpunkte. Mit Raphaël Comte (fdp, NE) fand sich gar ein FDP-Ständerat an dieser Position (-3.8). Allerdings war Comte damit relativ weit von seiner restlichen Ständeratsfraktion entfernt, bei der Philipp Müller (fdp, AG) bei 3.6 den rechten Rand einnahm. Auch hier war der Skalenabstand zur SVP, deren Spektrum sich zwischen den beiden Schwyzer Ständeräten, Alex Kuprecht (6.9) und Peter Föhn (10.0) erstreckte, mit 3.3 Punkten kleiner als im Nationalrat.

Nationalratsrating

Die Armeebotschaft 2018 beschäftigte das Parlament noch ein letztes Mal; in der Wintersession galt es, die im Rüstungsprogramm verbliebenen Differenzen bezüglich der Schutzwesten zu tilgen. Die Mitglieder der SiK-NR waren sich diesbezüglich nicht einig geworden und unterbreiteten dem Plenum drei Varianten zur Auswahl: Die Kommissionsmehrheit wollte sich abermals über den Beschluss der Ständekammer hinwegsetzen und am vorangehenden nationalrätlichen Beschluss festhalten; dies entsprach dem ursprünglichen Vorschlag der Regierung, der Maximallösung. Die Minderheit I Gmür (cvp, SZ) wollte einlenken und die Änderung des Ständerates und somit eine reduzierte Beschaffung des ballistischen Körperschutzes akzeptieren. Eine Minderheit II Fridez (sp, JU) wollte auf den ersten Beschluss des Ständerates zurückkommen, nämlich die Halbierung der vom Bundesrat beantragten Mittel für die Schutzwesten. Diese drei Möglichkeiten legten somit alle bisher angedachten Varianten noch einmal auf den Tisch.
Minderheitssprecher Gmür (cvp, SZ) bewarb das Einlenken auf seine Lösung als tragbaren Kompromiss. Mit den dabei zu beschaffenden 85'000 Westen sei die angestrebte Vollausrüstung der Armee gewährleistet. Der auszugebende Betrag läge damit bei CHF 170 Mio. Minderheitssprecher Fridez (sp, JU) argumentierte mit einem Überbestand an Westen, weil bei einer dringenden Mobilmachung ohnehin lediglich 35'000 Soldatinnen und Soldaten aufgeboten würden. Das bedeutet, dass 50'000 Schutzwesten gar nicht gebraucht würden. Mehrheitssprecher Zuberbühler (svp, AR) äusserte sich erst nach dem Votum von Bundesrat Parmelin, der namens der Regierung die Minderheit I Gmür unterstützte und die zweite Minderheit klar ablehnte. Zuberbühler stützte sich in seinen Ausführungen auf die mit der WEA beschlossenen Grundsätze, wovon einer die generelle vollständige Ausrüstung aller AdA betraf. Dieses Argument brachten auch die bürgerlichen Votanten Hurter (svp, SH) und Müller (fdp, SG) vor. Zuberbühler (svp, AR) hielt sich an die Debatte in der Kommission und vertrat die Ansicht, dass Kompromisse im Bereich der Schutzausrüstungen der Dienstleistenden einen falschen Ansatz darstellten.
In der Ausmarchung wurde zunächst der Minderheitsantrag I (gemäss Ständerat) gegen den Mehrheitsantrag ausgemehrt. Mit 92 zu 81 Stimmen obsiegte der Minderheitsantrag. Damit war der Weg für diesen frei, denn der zweite Minderheitsantrag auf eine Kürzung – so hatte es sich bereits in der Plenardebatte abgezeichnet – hatte keine Chance. Mit 124 zu 49 Stimmen bestätigte der Nationalrat somit den Beschluss des Ständerates. Die Armeebotschaft 2018 konnte nun gesamthaft abgeschlossen werden.

Armeebotschaft 2018 (BRG 18.022)
Dossier: Armeebotschaften
Dossier: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge

Zu Beginn der Wintersession 2018 schritt der Nationalrat zur jährlichen Wahl des Nationalratspräsidiums. Der scheidende Präsident Dominique de Buman (cvp, FR) betonte in seiner Rede, dass er sich in seinem Präsidialjahr durch zahlreiche Kontakte im In- und Ausland bewusst geworden sei, wie gross das Privileg sei, in der Schweiz in Glück und Würde leben zu können. Dafür seien nicht zuletzt die Institutionen verantwortlich. Erwartungsgemäss wurde die amtierende erste Vizepräsidentin, Marina Carobbio (sp, TI), zur neuen Präsidentin der grossen Kammer gewählt. Zum ersten Mal wurde damit eine Tessiner Genossin höchste Schweizerin. Die sieben bisherigen Nationalratspräsidenten aus dem Südkanton hatten der CVP oder der FDP angehört. Carobbio wurde mit 154 von 183 Stimmen zur 198. Präsidentin bestimmt (9 leer, 2 ungültig, 18 Diverse). In ihrer Rede, die sie auf Italienisch hielt – Carobbio hatte angekündigt, die Sitzungen vor allem in der dritten Landessprache leiten zu wollen –, gab die Tessinerin ihrer Hoffnung Ausdruck, dass sie in ihrem Amt mehr Frauen und junge Menschen für die Politik interessieren könne. Ihre erste Amtshandlung war, nach einem kurzen musikalischen Intermezzo, die Leitung der Wahl der beiden Vizepräsidien. Zur ersten Vizepräsidentin stieg die amtierende zweite Vizepräsidentin, Isabelle Moret (fdp, VD), auf. Auf 162 der 188 eingelangten Wahlzetteln stand ihr Name (6 blieben leer, 2 waren ungültig und 18 fielen auf Diverse).
Für etwas Spannung sorgt im Vorfeld des nationalrätlichen Sesselrückens jeweils die fraktionsinterne Bestimmung der Kandidatin oder des Kandidaten für die Besetzung des zweiten Vizepräsidiums. Da die Person auf diesem Posten zuerst zum ersten Vizepräsidenten oder zur ersten Vizepräsidentin aufsteigt und ein Jahr später dann das Präsidium übernimmt, bestimmt eine Fraktion, wer in drei Jahren höchste Schweizerin oder höchster Schweizer wird. Turnusgemäss entfiel diese Aufgabe für die Periode 2018/19 auf die SVP. Nachdem sich der aussichtsreichste Kandidat Felix Müri (svp, LU) aus dem Rennen genommen hatte, bewarben sich vier SVP-Mitglieder für das begehrte Amt. Weil Pierre-André Page (svp, FR) wie der scheidende Präsident de Bumann aus dem Kanton Freiburg stammt, Andreas Aebi (svp, BE) wie die Präsidentin 2015/16, Christa Markwalder (fdp, BE), aus Bern stammt und David Zuberbühler (svp, AR) als zu jung und unerfahren galt, fiel die Wahl auf Heinz Brand (svp, GR), der von der SVP zum designierten Nationalratspräsidenten für das Jahr 2021 bestimmt wurde – gesetzt der Fall, dass er bei den eidgenössischen Wahlen 2019 auch wiedergewählt wird. Zumindest die Wahl von Brand zum zweiten Vizepräsidenten war in der grossen Kammer eher wenig umstritten: Er erhielt 146 von 169 möglichen Stimmen. Von den 182 eingelangten Wahlzetteln blieben 12 leer, einer ungültig und 23 Stimmen entfielen auf andere Personen.

Wahl des Nationalratspräsidiums für 2018/19
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Wie schon die Eintretensdebatte im Frühjahr 2018 begann auch die Differenzbereinigung zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie im Herbst desselben Jahres im Nationalrat mit einem Versuch, das Geschäft bis auf Weiteres zu sistieren. Mittels Ordnungsantrag wollte SVP-Nationalrat und ProTell-Interimspräsident Jean-Luc Addor (svp, VS) das Geschäft vom Sessionsprogramm streichen. Damit wolle er verhindern, dass die Schweiz ihr Waffenrecht aufgrund juristischer Verpflichtungen anpasse, die sich womöglich mit einem Entscheid des EuGH über die nach wie vor hängige Klage der Tschechischen Republik gegen die Rechtmässigkeit der Richtlinie in Luft auflösen könnten. Ausserhalb der SVP-Fraktion fand sein Antrag jedoch nur marginale Unterstützung, weshalb er mit 59 zu 118 Stimmen Schiffbruch erlitt.
Die drei grossen, inhaltlichen Differenzen räumte der Nationalrat allesamt aus, indem er sich hinter den Kompromissvorschlag des Ständerates stellte. Dabei handelte es sich erstens um die vom Ständerat eingefügte Regelung von Erwerb und Besitz grosser Magazine, die von der Volkskammer mit 101 zu 84 Stimmen bestätigt wurde. Eine Minderheit Salzmann (svp, BE) hatte am eigenen Beschluss festhalten und auf eine solche Regelung verzichten wollen. Zweitens hiess der Nationalrat mit 99 zu 85 Stimmen die Pflicht zur Markierung aller wesentlichen Waffenbestandteile gut. Auch hier konnte sich die Kommissionsmehrheit gegen dieselbe Minderheit Salzmann durchsetzen, die am nationalrätlichen Beschluss festhalten wollte, wonach bei zusammengesetzten Waffen eine Markierung genügte. Drittens bewahrte der Nationalrat mit 100 zu 84 Stimmen den Ermessensspielraum der Kantone bei Ausnahmebewilligungen für verbotene Waffen. Als Erstrat war er hier noch mehrheitlich der Ansicht gewesen, dass die Kantone Ausnahmebewilligungen erteilen müssten, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, und nicht nur erteilen können sollten. An der Muss-Formulierung festhalten wollte jetzt noch die Minderheit Salzmann, während sich die Mehrheit dem Ständerat anschloss und die ursprüngliche Kann-Formulierung beibehielt. Ein Minderheitsantrag Müller (fdp, SG), der bei beschlagnahmten, nicht fristgemäss gemeldeten, verbotenen Waffen eine kurze Nachmeldefrist gewähren wollte, wurde mit 104 zu 85 Stimmen ebenso abgelehnt. Die Kommissionsmehrheit und auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga vertraten die Ansicht, eine zusätzliche Nachmeldefrist sei nicht nötig, da man in einem solchen Fall ohnehin drei Monate Zeit habe, nachträglich eine Ausnahmebewilligung zu beantragen. Mit zwei kleinen, neu geschaffenen Differenzen formeller Natur ging die Vorlage zurück an den Ständerat, der beide stillschweigend bereinigte. In der Schlussabstimmung nahm der Ständerat das geänderte Waffengesetz mit 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen an; der Nationalrat stimmte dem Gesetz mit 120 zu 69 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu. Bis zuletzt leistete die SVP-Fraktion geschlossen Widerstand, konnte aber insgesamt nur drei Stimmen aus dem bürgerlichen Lager dazugewinnen; einige Vertreterinnen und Vertreter der CVP und der FDP enthielten sich der Stimme.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

In der Sommersession 2018 schritten die Räte zur Differenzbereinigung bei der Sammelvorlage zu den verschiedenen Änderungen des Parlamentsrechts. Zu reden gab dabei die vom Ständerat angepasste Regelung zur Offenlegung von bezahlten oder ehrenamtlichen Mandaten. Die SPK-NR schlug vor, hier einen Richtwert einzusetzen, um unterscheiden zu können, ob ein Mandat ehrenamtlich oder bezahlt ist: Nichtberufliche Mandate, für die pro Jahr inklusive Spesen nicht mehr als CHF 12'000 ausbezahlt werden, gälten als ehrenamtlich. Es gehe aber nicht darum, so Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG), dass man die konkret erhaltenen Beträge ausweisen müsse, sondern nur darum, anzugeben, ob man ehrenamtliche oder bezahlte Mandate habe. Dies ging freilich einer Minderheit Rutz (svp, ZH) zu weit. Gregor Rutz warnte, dass dies das Einlasstor für Forderungen nach völliger Transparenz aller Entschädigungen sei, die man als Parlamentsmitglied erhalte. Der Minderheitsantrag auf Streichung des gesamten Passus – inklusive der Deklarationspflicht zur Unterscheidung des ehrenamtlichen vom bezahlten Engagement – wurde in der Folge äusserst knapp mit 93 zu 92 Stimmen angenommen.
Hinsichtlich des Obligatoriums für Abstimmungen zu Einigungsanträgen entschied sich die grosse Kammer diskussionslos für Festhalten. Der Ständerat hatte die Forderung für ein solches Obligatorium abgelehnt. Für Diskussionen sorgte sodann die ständerätliche Idee, den Bundesrat zu verpflichten, bei jeder Gesetzesvorlage zu überlegen, ob das Gesetz zeitlich befristet werden könnte. Diese auf eine parlamentarische Initiative Vogt (svp, ZH; Pa.Iv. 16.437) zurückgehende Forderung wurde von einer Minderheit Barrile (sp, ZH) bekämpft und auch vom Bundesrat – vertreten durch Bundeskanzler Walter Thurnherr – als aufwändig und nicht sehr zielführend zur Ablehnung empfohlen. Mit 145 zu 42 Stimmen folgte der Nationalrat aber seiner Kommissionsmehrheit. Dies tat er auch bezüglich des Antrags der Streichung der vom Ständerat eingefügten Forderung, bei Erlassentwürfen die Folgen für Auslandschweizerinnen und -schweizer abzuschätzen. Mit 144 zu 39 Stimmen wurde ein Minderheitsantrag Moret (fdp, VD) abgelehnt, der den ständerätlichen Vorschlag aufnehmen wollte.
Die Verordnung wurde vom Nationalrat entsprechend den Änderungen des Ständerats gutgeheissen.
Die grosse Kammer hatte anschliessend auch noch über ihr Geschäftsreglement zu beraten. In einer zweiten Lesung gab vor allem die Frage der Sitzungszeiten zu diskutieren. Ein Minderheitsantrag Barrile (sp, ZH), die Ratssitzungen nicht um 8.00 Uhr, sondern um 8.15 Uhr zu beginnen, scheiterte aber auch in der zweiten Lesung ebenso wie ein Minderheitsantrag der SVP, aus Kostengründen ganz auf den Freitag in der letzten Sessionswoche zu verzichten.

Während die Verordnung und das Geschäftsreglement somit bereit waren für die Schlussabstimmungen, musste das Gesetz noch einmal zurück in den Ständerat, der in den drei verbleibenden gewichtigen Fragen auf Festhalten entschied. Die kleine Kammer pochte also darauf, dass Parlamentsmitglieder ausweisen müssen, ob sie ehrenamtliche oder entgeltliche Mandate ausüben, lehnte eine obligatorische Abstimmung bei Einigungsanträgen nach wie vor ab und wollte eine Abschätzung der Folgen von Erlassentwürfen auf Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben.

Die Differenzen wurden dann schliesslich in der gleichen Session ausgeräumt. Während der Nationalrat bei den Fragen nach mehr Transparenz beim Ausweisen der Mandate sowie bei der Folgeabschätzung für Auslandschweizerinnen und -schweizer einlenkte, gab der Ständerat bei der Frage nach namentlichen Abstimmungen bei Einigungsanträgen nach.

Bei den Schlussabstimmungen stiessen Gesetz und Verordnung in beiden Kammern auf Opposition von rechts. Mit 124 zu 86 Stimmen bei 6 Enthaltungen (Gesetz) bzw. 126 zu 70 Stimmen bei 2 Enthaltungen (Verordnung) passierten die Änderungen die grosse Kammer aber doch deutlich. Und auch in der kleinen Kammer waren die Mehrheiten klar: 36 zu 8 Stimmen, bzw. 37 zu 7 Stimmen und eine Enthaltung. Die Änderungen des Geschäftsreglements des Nationalrats wurden von diesem mit 196 zu 1 Stimme (bei 1 Enthaltung) angenommen.

Änderungen des Parlamentsrechts (Sammelvorlage; Pa. Iv. 16.457)
Dossier: Parlamentarische Initiativen für verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts

In der Sommersession 2018 beschäftigte sich der Nationalrat mit der Änderung des KVG zur Steigerung der Qualität und Wirtschaftlichkeit. Ein Antrag Moret (fdp, VD) auf Rückweisung an die Kommission wurde abgelehnt. Ihr Argument, man sollte besser die Zusammenarbeit mit bestehenden Institutionen wie dem ANQ fördern, statt eine Qualitätskommission zu schaffen, welche einen verstärkenden Bürokratisierungseffekt zur Folge habe, stiess in der grossen Kammer nicht auf offene Ohren.
Kommissionssprecherin Bea Heim (sp, SO) gab einen Einblick in die getätigte Kommissionsarbeit und betonte den Handlungsbedarf, welcher bezüglich Qualität und Patientensicherheit im schweizerischen Gesundheitswesen und speziell im ambulanten Bereich bestehe. Für die SGK-NR seien die Ziele des Bundesrates – die Qualitätssicherung und Verbesserung der Leistungen im stationären und ambulanten Bereich sowie die Stärkung der Patientensicherheit und die Kostendämpfung in der OKP – unbestritten wichtig, man habe nach den kritischen Stimmen aus dem Ständerat das bundesrätliche Modell allerdings überarbeitet. Resultat der Kommissionsarbeit sei die Schaffung einer Eidgenössischen Qualitätskommission, die durch den Bundesrat eingesetzt werde und sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Kantone, Leistungserbringer, Versicherer sowie Versicherten und Fachpersonen zusammensetze. Diese sollte unter anderem für die Beratung und Koordination der in der Qualitätsentwicklung involvierten Akteure verantwortlich sein und dem Bundesrat bei der Festlegung von Zielen und Massnahmen beratend zur Seite stehen. Ferner sollten die Tarifpartner stärker eingespannt und verpflichtet werden, nationale Qualitätsverträge abzuschliessen. Bundesrat Berset zeigte sich darüber zufrieden, dass ein Vorschlag auf dem Tisch lag. Es sei zwar nicht das Modell, welches vom Bundesrat stamme, man unterstütze den von der Kommission ausgearbeiteten Vorschlag jedoch. Qualität dürfe nicht mit den hohen Leistungen des Schweizer Gesundheitswesen verwechselt werden. Bei Ersterem sei es dringend nötig, zu handeln, zeigten Studien doch, dass rund die Hälfte aller medizinischen Fehler vermeidbar wäre.
Uneinig war man sich in der SGK-NR bezüglich der Finanzierung der Qualitätskommission. Anders als der Bundesrat, der vorgeschlagen hatte, die Versicherten mit einem Anteil von maximal 0.07 Prozent der durchschnittlichen Jahresprämie für die Kosten aufkommen zu lassen, forderte die Kommissionsmehrheit die Übernahme der Kosten zu gleichen Teilen von Bund und Kantonen. Eine Minderheit Humbel (cvp, AG) wollte, dass sich auch die Versicherer mit einem Drittel an den Kosten beteiligen. Der Minderheitsantrag wurde jedoch in der Detailberatung mit 119 zu 66 Stimmen abgelehnt. Bei der Gesamtabstimmung stimmte der Nationalrat dem von seiner Kommission überarbeiteten Entwurf mit 159 zu 24 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) zu und segnete mit 164 zu 26 Stimmen den Gesamtkredit in der Höhe von CHF 45.2 Mio., der für 2019 bis 2022 gelten soll, ab.

KVG. Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit (BRG 15.083)
Dossier: Qualität und Transparenz in der Gesundheitsversorgung

Noch in der gleichen Woche wie die erste nationalrätliche Debatte fand das Differenzbereinigungsverfahren statt, wobei nicht mehr viele Fragen zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Überwachung von Versicherten offen waren. Der Ständerat zeigte sich grösstenteils mit den Vorschlägen des Nationalrats einverstanden: Er hiess die Notwendigkeit eines Antrags auf Überwachung mit technischen Hilfsmitteln zur Standortbestimmung sowie die Schweigepflicht für die Mitarbeitenden der externen Unternehmen gut. Er bestand jedoch darauf, Observationen nur durch Personen mit Direktionsfunktion erlauben zu lassen. Da eine Observation „einen beachtlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person” darstelle, sei diese Entscheidung auf Stufe Direktion zu treffen, erklärte Pirmin Bischof (cvp, SO) für die SGK-SR. Er ergänzte, dass die Kommission aufgrund der vorgängigen nationalrätlichen Diskussion noch zwei Fragen bei der Verwaltung habe abklären lassen. Demnach würden erstens Drohnen gemäss Verwaltung ebenfalls zu den technischen Hilfsmitteln der Standortbestimmung zählen, wenn sie für die Standortbestimmung eingesetzt würden – nicht aber, wenn sie für die konkrete Observation verwendet würden. Zweitens stellte die Verwaltung klar, dass gemäss ihrer Auffassung die Rahmenfrist von sechs Monaten für die Überwachung durch das Einreichen eines Antrages zur Verwendung der Hilfsmittel zur Standortbestimmung nicht neu zu laufen beginne.
Noch an demselben Tag beschäftigte sich auch der Nationalrat erneut mit der Vorlage. Nachdem die Problematik des Drohneneinsatzes auf Nachfrage von Silvia Schenker (sp, BS) durch Isabelle Moret (fdp, VD) geklärt wurde – Drohnen seien bewilligungspflichtig für die Standortfeststellung einsetzbar, jedoch nicht um Ton- und Bildaufnahmen zu machen, betonte sie – nahm sich die grosse Kammer der letzten Differenz an: Auf Antrag der SGK-NR lenkte sie ein und akzeptierte die Bestimmung des Ständerats; somit dürfen nur Personen mit Direktionsfunktion zukünftig Observationen anordnen.
Tags darauf folgten die Schlussabstimmungen in beiden Räten. Der Nationalrat nahm die Vorlage mit 141 zu 51 Stimmen an, wobei sich an den Lagern nichts geändert hatte: Die SP- und die Grünen-Fraktion waren einstimmig gegen die Schaffung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen, die übrigen Fraktionen sprachen sich einstimmig dafür aus. Im Ständerat fiel das Bild ähnlich aus, hier standen 29 zustimmende 10 ablehnenden Stimmen und 3 Enthaltungen gegenüber.

Damit war das Geschäft innert dreier Monate durch das Parlament „gepeitscht” worden, wie es Balthasar Glättli (gp, ZH) gleichentags formulierte; zuletzt wurde es in einer Woche dreimal vom National- und zweimal vom Ständerat beraten. „Wahnsinn. Raserei. Eskalation” titelte der Tages Anzeiger bereits am Tag der Schlussabstimmungen und sprach dabei nicht vom Resultat, sondern vom Behandlungstempo. „Warum diese Eile, dieses Politisieren nahe am Notrecht?” fragte er weiter und gab die Antwort gleich selber: Die Beteuerungen zahlreicher Politikerinnen und Politiker – namentlich erwähnt wurden Josef Dittli (fdp, UR), Alex Kuprecht (svp, SZ), Roland Eberle (svp, TG), Lorenz Hess (bdp, BE) und Ruth Humbel (cvp, AG) –, wonach ein vehementer Zeitdruck herrsche und die Missbrauchsbekämpfung für die Sozialversicherungen immens wichtig sei, stünden in Zusammenhang mit den Mandaten der Sprechenden bei Versicherern, „die direkt vom Gesetz profitier[t]en”. Diesen Vorwurf liess Lorenz Hess nicht gelten; er argumentierte, das Gesetz betreffe vor allem die Suva und die IV, für die Visana, deren Präsident er ist, seien Observationen nebensächlich. Gerade die Suva hatte aber gemäss Tages Anzeiger bei der Beratung dieser Vorlage eine wichtige Rolle gespielt, wie auch der Basler Strafrechtsprofessor Markus Schefer bestätigte. Ihre Vorschläge seien im Gesetzgebungsprozess „willig aufgenommen“ worden, erklärte er.
Mit Bezug auf diesen Artikel des Tages Anzeigers reichte Balthasar Glättli noch am selben Tag eine Interpellation (Ip. 18.3330) ein und wollte wissen, ob andere Gesetzesrevisionen ähnlich schnell vom Parlament verabschiedet worden waren, ob Beratungs- und Verwaltungsratsmandate bei von der Vorlage betroffenen Versicherern als relevante Interessenbindungen gelten und welche Konsequenzen allfällige in den Kommissionsdiskussionen oder im Plenum nicht offengelegte Interessenbindungen hätten. Für ihn sei „klar, dass die Versicherungsvertreter im Rat auf ihre Interessenbindungen hätten hinweisen sollen“. Anfang Mai beantwortete das Büro-NR die Interpellation: Seit der Wintersession 2011 seien 110 von 400 Bundesgesetzen und Bundesbeschlüssen innert zweier aufeinanderfolgender Sessionen fertig behandelt worden. Das Büro bestätigte, dass die erwähnten Mandate offenzulegen seien und die Betroffenen dies getan hätten – die entsprechenden Mandate seien in einem Register der Parlamentsdienste öffentlich zugänglich aufgeführt. Dadurch würden sie als bekannt vorausgesetzt und müssten im Rahmen von einzelnen Geschäften nicht genannt werden. Somit kam es bei der Beratung des Observationsartikels zu keinen Unregelmässigkeiten bezüglich der Offenlegung von Interessenbindungen. Bestehen bleibt jedoch der grosse potenzielle Einfluss der Versicherer, was nicht zuletzt auch Alex Kuprecht bestätigte: „Hätten alle Politiker in den Ausstand treten müssen, die bei einer Krankenkasse, einer Versicherung oder einer Pensionskasse ein Mandat haben, hätten wir das Gesetz gar nicht beraten können”, erklärte er gegenüber dem Tages Anzeiger.

Parlament schafft eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten (Pa. Iv. 16.479)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Mit 160 von 179 gültigen Stimmen, ein Resultat, das zeige, dass er den Respekt bei seinen Kolleginnen und Kollegen auch nach 13 Jahren im Rat nicht verloren habe (Le Matin), wurde der erste Vizepräsident Dominque de Buman (cvp, FR) zum Nationalratspräsidenten gewählt. Von den 189 eingelangten Wahlzetteln waren 10 leer, Diverse erhielten 19 Stimmen. Der Fribourger CVP-Volksvertreter, der seit 2003 im Nationalrat sitzt, löste damit Jürg Stahl (svp, ZH) ab, der für die SVP das höchste Amt im Nationalrat inne gehabt hatte.
In seiner Abschiedsrede fasste Stahl seine Emotionen des intensiven Jahres mit der ihn beeindruckenden Vielfalt und Vielseitigkeit der Schweiz zusammen, die er habe erleben dürfen. Er habe gelernt, dass man als Politiker zwar naturgemäss dorthin schauen müsse, wo etwas nicht funktioniere, dass es aber gut tue, sich Musse, Zeit und Mut zu nehmen, „auch dorthin zu schauen, wo es funktioniert”. Dies sei vor allem dank Menschen möglich, die nicht im Rampenlicht stünden.
De Buman seinerseits kündigte an, sein Amt in einem Geist der Unparteilichkeit, des Wohlwollens und der Effizienz ausüben zu wollen. Er bemühte die Schweizer Geschichte und zitierte Bruder Klaus, einen der ersten Garanten der nationalen Kohäsion der Willensnation Schweiz. Er sprach die Herausforderungen des kommenden Jahres an: Das Scheitern der Rentenreform und der Unternehmenssteuerreform III zeige, dass den Bürgerinnen und Bürgern noch mehr Gehör geschenkt werden müsse und mehrheitsfähige Lösungen ausgearbeitet werden müssen. Zwischen den Reden wurde Jazzmusik gespielt.
In der Presse wurde der Freiburger Neo-Nationalratspräsident als Politiker mit Witz und Charme beschrieben, der in seiner Partei beliebt sei, obwohl er am linken Rand ziemlich einsam sei. Sich kurz zu fassen sei für den dossiersicheren „homme de culture” allerdings nicht einfach (NZZ). Für den einst von seiner Partei als Bundesratskandidaten verschmähten Welschfreiburger sei das Präsidium die Krönung der Karriere (TA), auch weil die Politkarriere des erfolgreichen Tourismus-Lobbyisten mutmasslich 2019 zu Ende gehe, kenne doch die Freiburger CVP eine Amtszeitbeschränkung von 16 Jahren (BZ).
Ins Amt der ersten Vizepräsidentin stieg die Tessiner Genossin Marina Carobbio Guscetti auf. Sie wurde mit 154 von 179 gültigen Stimmen gewählt. Diverse erhielten 10 Stimmen und Chantal Galladé (sp, ZH), die 2016 in der SP-fraktionsinternen Ausmarchung nicht berücksichtigt worden war, erhielt 15 Stimmen. Sieben der 186 eingelangten Wahlzettel wurden leer eingelegt.
Zur zweiten Vizepräsidentin wurde Isabelle Moret (fdp, VD) gekürt. Ihre Wiederwahl bei den Nationalratswahlen 2019 vorausgesetzt, wird Moret also voraussichtlich 2019/2020 den Nationalrat präsidieren. Sie erhielt 145 von 163 gültigen Stimmen, von denen 18 auf Diverse entfielen. Von den 169 eingelangten Wahlzetteln blieben fünf leer und einer war ungültig.
Mit der Wahl des Nationalratspräsidiums waren fünf der sechs Präsidiumsmitglieder in den beiden Kammern nicht deutschsprachig; ein Umstand, den es so noch nie gegeben hat. Einzig die neue Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter (fdp, SG) spricht als Muttersprache Deutsch.

Wahl des Nationalratspräsidiums für 2017/18
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Am 14. Oktober 2017 trat ProTell, die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht, in den Fokus der Öffentlichkeit, weil bekannt wurde, dass Bundesratskandidat Ignazio Cassis (fdp, TI) im September 2017, rund eine Woche vor seiner Wahl in den Bundesrat, dem Verein beigetreten war. ProTell hatte die drei FDP-Bundesratskandidaten Pierre Maudet (GE, fdp), Isabelle Moret (fdp, VD) und Ignazio Cassis vor der Bundesratswahl zu ihrer Haltung zum Waffenrecht befragt und sie eingeladen, Vereinsmitglied zu werden. Cassis hatte dem Verein mitgeteilt, dass er gerne Mitglied werde, und war ProTell am 11. September 2017 beigetreten, wie der Generalsekretär von ProTell, Robin Udry, der Nachrichtenagentur SDA mitteilte. Brisant war diese Meldung, weil ProTell vehement die Übernahme der verschärften EU-Waffenrichtlinie bekämpft und bei deren Nicht-Übernahme ein Ausschluss der Schweiz aus dem Schengen-Raum drohen würde. Bisher hatte sich Cassis jedoch stets für die bilateralen Verträge mit der EU und das Schengen-Abkommen ausgesprochen. Politiker jeglicher Couleur reagierten prompt. CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) etwa zeigte sich „erstaunt“, dass Cassis ProTell so kurz vor der Bundesratswahl beigetreten war. Als Aussenminister müsse Cassis die Bilateralen vertreten, dazu gehöre auch Schengen, sagte Pfister im St. Galler Tagblatt und schlussfolgerte: „Eine Mitgliedschaft bei ProTell ist mit dem Amt eines Bundesrates nicht kompatibel.“ Die FDP bemühte sich derweil, die Wogen zu glätten: Die Partei stehe weiterhin zu Schengen, versicherte FDP-Präsidentin Petra Gössi im gleichen Artikel.
Nur wenige Tage nach dem öffentlichen Bekanntwerden seiner ProTell-Mitgliedschaft kündigte Cassis diese am 17. Oktober 2017 wieder. „Angesichts der laufenden öffentlichen Diskussion und der Instrumentalisierung seines damaligen Beitritts hat Bundesrat Cassis seine Mitgliedschaft bei ProTell und Libertà e valori (Freiheit und Werte, das Tessiner Pendant zu ProTell; Anmerkung des Autors) aufgegeben“, liess Cassis über die Bundeskanzlei ausrichten. Es folgte erneut Kritik von Medien und Politikern: Die Zeitung Nordwestschweiz und der Tages-Anzeiger warfen Cassis Opportunismus vor, Beat Arnold (svp, UR) äusserte Zweifel an Cassis' Rückgrat, weil er im Vorfeld der Wahl „den Rechten“ habe gefallen wollen und jetzt „den Linken“. Silvia Schenker (sp, BS) verglich Cassis mit einer „Fahne im Wind“. Nur Cassis' Parteikollegen zeigten Verständnis: Der Beitritt und Austritt bei ProTell sei ein „Lapsus, der aufgrund der enormen Drucksituation während des Wahlkampfs verzeihbar ist“, so Joachim Eder (fdp, ZG) in der „Nordwestschweiz“. Auch ProTell wollte die Kündigung ihres prominentesten Mitglieds nicht überbewerten. ProTell-Vizepräsident Jean-Luc Addor (svp, VS) sagte gegenüber dem St. Galler Tagblatt, dass Cassis aufgrund seines langjährigen Engagements für Libertà e valori echte Überzeugungen für ein liberales Waffenrecht habe. Es gebe keinen Grund zu glauben, dass sich das ändern werde, so Addor.

Pro Tell und Cassis

Eine Studie zeigte 2015 auf, dass die Fraktionsgeschlossenheit in den letzten rund 30 Jahren in der Schweiz auch aufgrund einer Professionalisierung der Parteien zugenommen hatte. Am deutlichsten haben sich dabei die Polparteien SP und SVP, aber auch die FDP diszipliniert. Im Vergleich zu anderen westeuropäischen Parlamenten sei die Fraktionsdisziplin in der Schweiz aber nach wie vor gering.
In den Medien wurde die Studie breit aufgenommen. Das St. Galler Tagblatt wusste zu berichten, dass die Fraktionen Regeln einführten, um die Fraktionsdisziplin zu erhöhen. Bei der FDP würden etwa Geschäfte als strategisch erklärt, was für die Fraktionsmitglieder bedeute, dass entweder mit der Mehrheit gestimmt oder sich der Stimme enthalten werden müsse. Auch die CVP und die BDP würden solche Regeln kennen, wobei eine Zweidrittelmehrheit (bei der BDP eine einfache Mehrheit) bestimme, ob ein Geschäft strategisch sei. Bei den Polparteien gebe es keine solche Regeln, sie stimmten «naturgemäss» geschlossener, oder der soziale Druck oder allenfalls persönliche Gespräche mit potenziellen Abweichlern würden hier reichen.
Allerdings beschrieb der «Blick» einen Vorfall, bei dem ein SVP-Parlamentarier von Fraktionschef Adrian Amstutz (BE) im Parlament lautstark in die Schranken gewiesen worden sei, weil er als einziger anders als die Fraktion abgestimmt habe. Das Boulevardblatt zitierte einen Passus im Fraktionsreglement der Volkspartei, nach dem Mitglieder, die den Interessen der SVP zuwiderhandelten, ausgeschlossen würden. Bei den Grünen wiederum herrsche der Grundsatz, dass eine abweichende Position vorgängig transparent gemacht werde, kommentierte die Aargauer Zeitung.

Mitte Oktober 2017 wertete der «Blick» aus, wie häufig Nationalrätinnen und Nationalräte von der Fraktionsmeinung abweichen. Wenig überraschend waren dies jene Parlamentarierinnen und Parlamentarier, deren Partei zu klein war für eine eigene Fraktion. So wies die Analyse Marianne Streiff-Feller (evp, BE; bei 78.5% der Abstimmungen gleicher Meinung wie die Fraktion) und Maja Ingold (evp, ZH; 80%), die als EVP-Mitglieder der CVP-Fraktion angehören, sowie Roberta Pantani (lega, TI; 88.2%), die sich als Lega-Mitglied der SVP-Fraktion angeschlossen hatte, als häufigste Abweichlerinnen aus. Interessanterweise fanden sich unter den Top 10 auch fünf FDP-Mitglieder. Allerdings stimmten Walter Müller (fdp, SG: 89.4%), Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH; 89.5%), Philippe Nantermod (fdp, VS: 89.9%), Hans-Peter Portmann (fdp, ZH: 91.4%) und Bruno Pezzatti (fdp, ZG: 91.7%) noch immer bei 9 von 10 Abstimmungen wie die Mehrheit ihrer Fraktion. Abweichler seien wichtig, so der «Blick», weil mit ihnen Allianzen über die Parteigrenzen hinweg geschmiedet würden. Unter den zehn fraktionstreusten Parlamentsmitgliedern fanden sich je vier GLP-Mitglieder (Tiana Angelina Moser, ZH: 99.7%; Beat Flach, AG: 99.6%; Thomas Weibel, ZH: 99.5% und Kathrin Bertschy, BE: 99.5%) sowie fünf SP-Mitglieder (Martin Naef, ZH: 99.5%; Claudia Friedl, SG: 99.5%; Martina Munz, SH: 99.4%; Silvia Schenker, BS: 99.4% und Yvonne Feri, AG: 99.4%). Sie alle stimmten – wie auch Sibel Arslan (basta, BS: 99.4%) von der Fraktion der Grünen – in mehr als 99 von 100 Abstimmungen wie die Mehrheit ihrer Fraktionen.

Fraktionsdisziplin

Le 17 mai 2017, le Conseil fédéral soumettait au Parlement le projet d'arrêté fédéral concernant la reprise du règlement (UE) 2016/1624, relatif au corps européen de garde-frontières et de garde-côtes. Le règlement en question s'inscrit dans la lignée de l'acquis de Schengen, dont la Suisse s'est engagée, lors de son association en 2004, à reprendre les développements successifs. Adopté en septembre 2016 par le Parlement européen et le Conseil de l'Union européenne dans le contexte d'une pression accrue aux frontières extérieures de l'Europe et de l'augmentation du flux migratoire, le règlement en question dote l'Agence européenne de garde-frontières et de garde-côtes ("Frontex") de nouvelles compétences. Tel que spécifié dans le message du Conseil fédéral du 17 mai 2017, l'objectif consiste alors, à faire coïncider au mieux sécurité et libre circulation des personnes sur le territoire de l'UE.
A l'échelon helvétique, le Conseil fédéral se prononce, dès le mois d'octobre 2016, en faveur de la reprise du règlement européen 2016/1624, dont découle une nécessaire adaptation de la Loi fédérale sur les étrangers, de la Loi fédérale sur les offices centraux de police criminelle de la Confédération et les centres communs de coopération policière et douanière avec d'autres États, ainsi que de la Loi sur les douanes.

Le Conseil national était le premier à se prononcer sur cet objet, lors de la session d'automne 2017, le mot d'ordre d'une majorité de la CPS-CN plaidant en faveur de l'entrée en matière. Opposée à l'entrée en matière, la minorité Glättli (verts, ZH) rassemblait les voix contestataires des élus UDC et Verts. Dénonçant les faiblesses démocratiques de Schengen, les élus du parti nationaliste conservateur ont tenu à rappeler que la Suisse, en tant qu’État associé, participe certes aux discussions entourant le développement de l'acquis de Schengen, mais ne dispose pas de véritable droit de co-décision. Rapportant la parole du groupe des Verts, Lisa Mazzone (verts, GE) s'est pour sa part exprimée en faveur d'une politique d'asile plus humaine: "Frontex Plus, c'est plus de compétences, plus de moyens, plus de personnel pour bafouer un droit humain, le droit qui prévoit que chacun a la possibilité de quitter le pays dans lequel il se trouve."
La minorité Arnold (udc, UR), composée d'une majorité de conseillers nationaux UDC et du libéral-radical Walter Müller (plr, SG), était quant à elle favorable à un renvoi du projet au Conseil fédéral, afin que soit inscrite noir sur blanc la priorité de "prévenir le franchissement illégal de la frontière déjà aux frontières extérieures de l'espace Schengen".
Précisons également que le groupe socialiste, invoquant une nécessaire coopération à l'échelle européenne, s'est prononcé pour l'entrée en matière et contre le renvoi de l'objet au Conseil fédéral, une position finalement acceptée par une majeure partie du Conseil national lors du vote sur l'entrée en matière.

Lors de la discussion par article, la chambre basse a une nouvelle fois suivi la majorité de sa Commission et procédé à une double modification du projet du Conseil fédéral: d’abord par la proposition d'un plafonnement de 12 millions à la participation annuelle de la Suisse au projet Frontex, ensuite par l'ajout d'un article 1a, spécifiant que: "l’association de la Suisse [au nouveau règlement] ne doit pas entraîner une dégradation de la surveillance des frontières suisses".
Lors du vote sur l'ensemble, la majorité du Conseil national s'est prononcé, en définitive, en faveur de l'adoption du projet modifiant la version du Conseil fédéral (102 voix pour, 75 contre et 10 abstentions).

Développement de l'acquis de Schengen. Reprise du règlement (UE) 2016/1624 relatif au corps européen de garde-frontières et de garde-côtes

Ziemlich überraschend – sogar für seine eigene Partei – gab Didier Burkhalter Mitte Juni 2017 seinen Rücktritt bekannt. Nach acht Jahren im Bundesrat – zwei Jahre als Innen- und sechs Jahre als Aussenminister – und vorher sechs Jahren im Nationalrat habe er das Bedürfnis, etwas anderes zu machen: „J'ai ressenti le besoin de changer de vie”. In den Medien war Burkhalter seit einiger Zeit zwar als etwas amtsmüde dargestellt worden – insbesondere seine häufige Absenz in Bundesbern und der Umstand, dass er lieber von Neuenburg aus arbeite, wurden moniert –, zudem habe er zunehmend den Rückhalt für das Europadossier verloren, der Rücktritt war aber doch nicht erwartet worden. Insbesondere auch, weil er wenige Tage vor einer EU-Standortbestimmung im Bundesrat erfolgte. Der Zeitpunkt des Rücktritts wurde denn auch als äusserst ungünstig bezeichnet, weil die Regierung dadurch aussenpolitisch während Monaten gelähmt sei, so etwa die Reaktion von CVP-Präsident Gerhard Pfister.
Die Bilanz zu Burkhalters Wirken, die in den Medien im Anschluss an die Rücktrittserklärung gezogen wurde, war gemischt. Burkhalter sei ein guter Bundesrat gewesen, „weltoffen und weltfremd zugleich” so etwa die BaZ. Zwar habe Burkhalter auf dem internationalen Parkett brilliert – von praktisch allen Medienbeiträgen erwähnt wurde immer wieder seine Rolle als Vorsitzender der OSZE in der Ukraine-Krise –, in der Innen- bzw. Europapolitik habe er sich aber immer wieder selbst ins Abseits gestellt. Die Erwartungen, die man in ihn gesetzt habe, etwa als Gegenspieler von Christoph Blocher das Rahmenabkommen mit der EU abzuschliessen, habe er nicht erfüllt. Dass das EU-Dossier an einem toten Punkt angelangt sei, sei „le gros point noir de son bilan”, schlussfolgerte die Tribune de Genève. Darüber hinaus habe er sich von seiner Partei immer mehr distanziert. Als Westschweizer Liberaler habe er eine Mitte-Links-Politik priorisiert, was ihm in der Partei angekreidet worden sei, so die NZZ. Als Indiz für das schlechte Verhältnis zwischen Partei und Magistrat wurde der Umstand gedeutet, dass die FDP erst rund zwei Stunden vor der Ankündigung vom Rücktritt in Kenntnis gesetzt worden sei. Vor allem von rechtsbürgerlicher Seite wurde der Vorwurf immer lauter, dass Burkhalter daran schuld sei, dass sich die SVP-FDP-Mehrheit in der Exekutive nicht deutlicher zeige.

Bereits am Tag der Rücktrittsmeldung stellten die Medien Spekulationen bezüglich potenzieller Nachfolger an. Gute Karten habe vor allem Ignazio Cassis, der aktuelle Fraktionspräsident der FDP, da der Anspruch des Kantons Tessin, nach 1999 wieder einen Sitz in der Regierung zu haben, kaum mehr umgangen werden könne und die Westschweiz auch mit nur noch zwei Magistraten adäquat vertreten sei. Werde der Sitz jetzt nicht dem Tessin zugesprochen, würden wohl weitere 10 Jahre vergehen, bis es eine neue Chance gäbe, rechnete Ex-FDP-Präsident Fulvio Pelli vor. Neben Cassis wurden auch dem Tessiner Staatsrat Christian Vitta und der ehemaligen National- und Staatsrätin Laura Sadis sowie Karin Keller-Sutter und Martin Schmid als Vertreterin oder Vertreter der Ostschweiz, die ebenfalls seit längerem Anspruch auf einen Bundesratssitz erhebt, gute Chancen eingeräumt. Die Romandie sei aber nicht zum Vornherein auszuschliessen, weil die Freisinnig-Liberalen in der Westschweiz deutlich auf dem Vormarsch seien. Den verlorenen Sitz werde die französische Schweiz wohl nicht kampflos preisgeben, war in den Medien zu lesen. Aus der Westschweiz fielen denn auch rasch die Namen des Genfer Regierungsrats Pierre Maudet und des Nationalrats Christian Lüscher. Die beiden Waadtländer Staatsräte Jacqueline de Quattro und Pascal Broulis, aber auch Nationalrätin Isabelle Moret und Ständerat Olivier Français wurden trotz ihres Handicaps, wie bereits Guy Parmelin aus dem Kanton Waadt zu stammen, ebenfalls als valable Kandidatinnen und Kandidaten auf das sich drehende Karussell gesetzt. Auch der Name Raphaël Comte wurde für den Kanton Neuenburg ins Spiel gebracht.

Dass die FDP einen Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz hat, war kaum umstritten. Die Parteileitung machte rasch klar, dass es sich beim Nachfolger von Burkhalter um einen „Lateiner” handeln soll – ob Tessiner oder Romand liess man bewusst offen. Die FDP-Frauen, die seit 1989 keine Vertretung mehr in der Landesregierung gehabt hatten, forderten per Kommuniqué bei dieser oder spätestens der nächsten Vakanz eine Bundesrätin. Auch die Grünen verlangten, dass die FDP eine Frau portiere. Die SVP forderte einen Kandidaten mit klar bürgerlichem Profil. Die Mitte-Rechts-Mehrheit müsse jetzt endlich auch im Bundesrat durchgesetzt werden. Die FDP machte früh deutlich, dass man sicher kein Einerticket präsentieren wolle. Bis Mitte August hatten die Kantonalsektionen Zeit, Vorschläge zu machen. Die Fraktion wollte sich dann Anfang September entscheiden.

Die Tessiner Kantonalsektion portierte – nach langer Diskussion, ob man ein Einer- oder ein Zweierticket präsentieren wolle – am 1. August einzig Ignazio Cassis. Sowohl Sadis als auch Vitta sagten Cassis ihre Unterstützung zu. Obwohl Sadis sowohl die Ansprüche aus dem Tessin, als auch der Frauenvertretung hätte erfüllen können, wurde sie nicht berücksichtigt. Vor allem ihre (zu) lange Absenz von der (nationalen) Politik dürfte hierfür mitentscheidend gewesen sein. Mit nur einem Kandidaten aus dem Tessin würde zudem das Risiko von Stimmenaufteilung minimiert, so die kantonale Parteileitung. Das Einerticket wurde auch als Referenz an die Romandie interpretiert; der Weg sei jetzt offen, um eine Frau aus der Romandie zu portieren. Die Frauenfrage wurde auch deshalb noch virulenter, weil Doris Leuthard ebenfalls am 1. August ihren Rücktritt ankündigte. Als Kandidatinnen aus der Romandie gerieten insbesondere Isabelle Moret und Jacqueline de Quattro in den Fokus. Der zweite offizielle Kandidat war dann allerdings doch wieder ein Mann: Am 8. August wurde Pierre Maudet von der Genfer Kantonalsektion einstimmig auf den Schild gehoben. Der Genfer Regierungsrat rechnete sich zwar nur geringe Chancen aus, wollte aber mit Jugend, Modernität und Urbanität punkten. Der zweite, lange ebenfalls als Kandidat gehandelte Genfer, Christian Lüscher, hatte sich kurz zuvor aus persönlichen Gründen selber aus dem Rennen genommen und eine Lanze für seinen jüngeren Genfer Parteikollegen gebrochen. Komplizierter gestaltete sich die offizielle Nominierung der dritten potenziellen Kandidatin. In der Presse wurde ein parteiinterner Zwist über und zwischen den drei Papabili der FDP-Sektion Waadt vermutet. Jacqueline de Quattro und Olivier Français zogen sich dann allerdings zurück, um den Platz für Isabelle Moret frei zu machen, die sich zwar erst spät – und später als die beide anderen – für eine Kandidatur entschieden hatte, am 10. August von ihrer Kantonalsektion aber als einzige Kandidatin aufgestellt wurde.

Nach Ablauf der Meldefrist standen also drei Kandidierende aus drei Kantonen fest. Sofort gingen die Spekulationen los, ob die FDP ein Zweierticket oder ein Dreierticket aufstellen würde. Dabei schien klar, dass Cassis gesetzt war, folglich entweder nur gegen Moret oder aber gegen Moret und Maudet antreten würde. Der Umstand, dass Moret zwar aus dem Kanton Waadt kommt, die FDP aber nicht auf eine mögliche Frauenvertretung verzichten konnte, sowie der umtriebige „Wahlkampf” von Maudet – der Blick sprach von schlechten Karten, die der Genfer aber brillant spiele – waren wohl die Hauptgründe für das Dreierticket, das die FDP-Fraktion offiziell am 1. September aufstellte. Das „tricket” (LT), das in der Fraktion knapp mit 22 zu 19 Stimmen beschlossen worden sei, stosse niemanden vor den Kopf, sei aber auch der Weg des geringsten Widerstands (NZZ) und ein klarer Etappensieg für Maudet (BaZ). Das Dreierticket wurde auch als gute Kunde für den Favoriten Cassis gewertet, dessen Chancen sich dadurch noch weiter erhöhten, weil sich die Stimmen seiner Gegner aufteilen dürften.

Die Kandidatin und die beiden Kandidaten wurden in der Presse unterschiedlich porträtiert. Cassis galt von Anfang an als eigentlicher Kronfavorit. Einziges Manko des in Bundesbern bestens vernetzten Tessiner Arztes sei seine mit der Präsidentschaft beim Krankenkassenverband Curafutura verbundene Nähe zu den Krankenkassen. Insbesondere der Lega, aber auch der SP, war dieses Amt von „Krankencassis” (SGT, So-Bli, TA, WW) ein Dorn im Auge. Ausführlich diskutiert wurde zudem die politische Position des Tessiners. Das Parlamentarierrating der NZZ zeigte, dass er seit seinem Amtsantritt als Fraktionspräsident der FDP vom linken Rand der Partei leicht in die Mitte gerückt war. Insbesondere die SVP betrachtete Cassis freilich als den ihr am nächsten stehenden der drei Kandidierenden. Letztlich gab es aber kaum etwas, was die „occasione d'oro per il Ticino” (CdT) behindert hätte. Die zahlreichen giftigen Angriffe auf die Gesundheitspolitik von Cassis konnten ihm scheinbar nichts anhaben. Auch seine doppelte Nationalität bzw. der Umstand, dass er seinen italienischen Pass abgab und damit zwar Applaus von rechts, aber auch Kritik von links erhielt und eher unfreiwillig eine Debatte um die doppelte Nationalität von Mitgliedern von Bundesbehörden lancierte – diskutiert wurde sogar die Frage, ob man als Doppelbürger loyal sein könne –, schadete dem Südschweizer nicht.
Der grosse Trumpf von Isabelle Moret sei, dass sie eine Frau sei, war den Medien zu vernehmen. Die dezidiert bürgerlich politisierende 46-Jährige spreche drei Landessprachen fliessend, sei gut vernetzt, in den über 10 Jahren im Nationalrat aber kaum aufgefallen. Dies beinhalte immerhin auch, dass sie bisher keine Fehler gemacht habe (TA). Moret selber betonte von Anfang an, dass „Frausein” kein politisches Argument sei. Sie wolle lieber mit ihrer Dynamik punkten und frischen Wind ins Europadossier bringen. Sie betonte allerdings auch, dass sie die erste Mutter mit Schulkindern in der Exekutive wäre. Allerdings hinterliess die Anwältin laut verschiedenen Medien in ihrem Wahlkampf keinen überzeugenden Eindruck (WW), wurde von vielen Seiten angegriffen und wirkte ab und zu nicht wirklich souverän (NZZ). Ihr Wahlkampf sei „ungenügend” (SGT) und „harzig” (AZ) und wurde gar als chaotisch bezeichnet (24 Heures).
Pierre Maudet, 39 Jahre alt, wurde als politisches Naturtalent beschrieben. Der forsche und ambitionierte Regierungsrat habe sich innert kurzer Zeit vom Stadtpräsidenten zum Aushängeschild der Kantonsregierung entwickelt, was ihm auch Vergleiche mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron einbringe (AZ). Sein Nachteil sei allerdings die schwache Vernetzung in Bundesbern. In der Regel würden die Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier einen Bundesrat oder eine Bundesrätin aus den eigenen Reihen vorziehen. Sein Wahlkampf wurde hingegen als exzellent bezeichnet (Blick). Maudet sei vor allem in der Deutschschweiz unterschätzt worden, was das Beste sei, was einem Politiker passieren könne (TA). Vor allem inhaltlich konnte Maudet mit verschiedenen originellen Positionen überzeugen: Er spreche als einziger wirklich „Klartext” (BaZ), gelte in der Europafrage aber als EU-Turbo (WW), was ihn bei der Ratsrechten wohl Stimmen kosten werde.

Die „Kampagne” vor den Bundesratswahlen – eigentlich ein Unding, wenn man bedenkt, dass der Bundesrat von der Vereinigten Bundesversammlung und nicht von der Bevölkerung gewählt wird – nahm ein Ausmass an, das angesichts der Ausgangslage erstaunte. Da die Bundesratswahlen eine in der Schweizer Politik eher seltene Chance für eine Personalisierung der Politik bieten, liefen die Medien auf Hochtouren. In der APS-Zeitungsdokumentation finden sich von Burkhalters Rücktrittsankündigung Mitte Juni bis Ende September mehr als 800 Zeitungsartikel zum Thema Bundesratswahlen. Die FDP selber trug freilich mit geschicktem Politmarketing das Ihre dazu bei, dass die Berichterstattung am Kochen blieb. Mit einer FDP-Roadshow tingelten die Kandidierenden durch die Schweiz. Zahlreiche Homestories, Lifechats, Bevölkerungsbefragungen und gar graphologische Gutachten fanden den Weg in die Presse. Inhaltlich ging es letztlich primär um die Frage, ob die Vertretung der Sprachregion oder die Vertretung der Frauen höher gewichtet werden soll. Oder mit anderen Worten: ob die 20 Jahre Bundesrat ohne Tessiner oder die 30 Jahre ohne FDP-Frau beendet werden sollten. Wirklich inhaltliche Diskussionen wurden hingegen kaum geführt, auch wenn die Aussen- bzw. Europapolitik bzw. der Reset-Knopf, den Cassis in den Verhandlungen mit der EU zu drücken angekündigt hatte, sich angeboten hätten.

Nach der offiziellen Bekanntgabe des Dreiertickets standen am 12. und am 19. September die Hearings auf dem Programm, womit auch die anderen Parteien wieder stärker in den medialen Fokus gerieten. Den Auftakt machte die SVP, deren Parteipräsident Albert Rösti die beiden Romand.e.s stark kritisierte und sich früh für Cassis aussprach. Wichtigstes Kriterium für die Volkspartei sei die Haltung zum Rahmenabkommen mit der EU. Allerdings wurde gemutmasst, dass die Bauern in der SVP-Fraktion wohl eher auf Moret setzen würden, da diese mehr Sympathien für die Anliegen der Landwirtschaft gezeigt habe. Unzufrieden mit dem Dreierticket zeigte sich die SP: „Zwei Super-Lobbyisten und ein Hardliner in der Aussenpolitik” weckten keine Begeisterung (SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann in der BZ). Inhaltliche Kriterien stellten die Genossen aber – wie auch die CVP und die GP – nicht auf. Der CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister hatte sich allerdings ebenfalls schon früh für die Ansprüche des Tessins, also für Cassis, ausgesprochen. Dieser sei allerdings für einige CVP-Mitglieder zu weit rechts, mutmasste die Zeitung LeTemps. Nach den Hearings zeigten sich die Parteien zwar noch bedeckt – mit Ausnahme der SVP, die demonstrativ für Cassis Stellung bezog –, die Favoritenrolle des Tessiner Kandidaten schien sich allerdings noch einmal verstärkt zu haben. Maudet schien hingegen eher nicht auf Wohlwollen gestossen zu sein. Die SP und die CVP konnten sich nicht auf einen der drei Kandidierenden einigen und gaben entsprechend keine Wahlempfehlung ab – anders als die FDP- und die GLP-Fraktion, die alle drei Kandidierenden empfahlen, die SVP-Fraktion, die sich für Cassis aussprach, die GP-Fraktion, die Moret empfahl, und die BDP-Fraktion, die Maudet auf den Schild hob.

Kurz vor der Ersatzwahl bilanzierte die WOZ die vorherrschende Meinung, dass sich grundsätzlich keine Überraschung abzeichne: Die Bundesratswahlen hätten bisher viel Tamtam, aber nur wenig Spannung verheissen. Mit der Diskussion verschiedener Szenarios versuchten die Medien dieser Spannungslosigkeit entgegenzuwirken. Drei Möglichkeiten, Cassis zu verhindern, seien denkbar: Isabelle Moret könne dank ihrem Frauenbonus und der Unterstützung aller Bauernvertreter sowie mit Hilfe der Stimmen all jener Parlamentarierinnen und Parlamentarier, welche die Frauenfrage möglichst rasch klären wollten, gewinnen; ein Sieg von Pierre Maudet wäre dann möglich, wenn sich die Mehrheit der Bundesversammlung von seinen Fähigkeiten überzeugen liesse. Dies sei durchaus möglich, wenn es ab dem dritten Wahlgang zu einem Zweikampf zwischen Cassis und Maudet kommen würde. Ins Spiel gebracht wurde mit Laura Sadis auch eine Sprengkandidatin, die vor allem bei der Linken auf Unterstützung zählen könnte. Roger Nordmann gab zu Protokoll, dass die Tessinerin in der Tat die Synthese der drei aktuell Kandidierenden gewesen wäre: „Elle a une expérience d’exécutif, elle est italophone et elle a la capacité d’être une femme” (LT). Die Lust der SP auf Experimente halte sich allerdings in Grenzen.

Die Ersatzwahl am 20. September war schliesslich noch weniger spannend, als von den zahlreichen Medien vor Ort befürchtet worden war. Schon im zweiten Wahlgang wurde Ignazio Cassis zum 87. Bundesrat gewählt und zum Nachfolger von Didier Burkhalter gekürt. Der achte Bundesrat aus dem Kanton Tessin hatte bereits im ersten Wahlgang 109 Stimmen erhalten, damit allerdings das absolute mehr von 122 Stimmen verfehlt. Weil die Basler Nationalrätin Sibel Arslan (basta, BS) im ersten Durchgang fehlte, waren lediglich 245 Wahlzettel eingegangen. Die Baslerin erklärte ihr Fernbleiben als stillen Protest gegen den Rücktritt von Bundesrat Burkhalter, dessen Abschiedsrede sie bewegt habe. Wie erwartet splitteten sich die Stimmen für Maudet (62 Stimmen) und Moret (55 Stimmen) auf. Diverse erhielten 16 Stimmen und drei Stimmzettel waren leer geblieben. Weil von den Diversen niemand zehn Stimmen erreicht hatte, wurden keine Namen genannt. Ob also beispielsweise Laura Sadis im Rennen war oder nicht, wird das Geheimnis des Stimmbüros bleiben. Im zweiten Umgang fielen zahlreiche Stimmen für Moret auf Cassis. Die 125 Stimmen reichten dem Tessiner knapp für die absolute Mehrheit. Maudet konnte zwar noch einmal zulegen und erhielt 90 Stimmen, dies reichte allerdings nicht für einen dritten Wahlgang. Moret ihrerseits erhielt lediglich noch 28 Stimmen. Eine Stimme entfiel auf Diverse und zwei Stimmzettel blieben erneut leer – wahrscheinlich stammten sie von den beiden Lega-Parlamentariern, die zwar für eine Tessiner Vertretung waren, nicht aber für Cassis stimmen wollten.
In den Medien wurde gemutmasst, dass vor allem die Stimmen der SVP entscheidend gewesen seien, von denen im ersten Durchgang vereinzelte noch an Moret gegangen, dann aber geschlossen für Cassis eingelegt worden seien. Weil Moret im ersten Wahlgang auch von ihrer eigenen Partei zu wenig Unterstützung erhalten habe, hätte die SP im zweiten Wahlgang umgeschwenkt und ziemlich geschlossen für Maudet gestimmt, um die Wahl von Cassis zu verhindern. Den Namen Moret hätten lediglich noch die Grünen sowie einige Ratsmitglieder aus der BDP, der CVP, der GLP und der SVP auf den Wahlzettel geschrieben.

Cassis erklärte die Annahme der Wahl und bedankte sich bei allen Ratsmitgliedern, auch bei denen, die ihm die Stimme verwehrt hätten. Man könne anderer Meinung sein, letztlich würden aber alle die gleichen übergeordneten Ziele für die Schweiz anstreben. Freiheit sei auch immer die Freiheit der anders Denkenden, zitierte er Rosa Luxemburg, womit er vor allem die Ratslinke überraschte und sichtlich erfreute. Er verspreche vor allem seiner Frau, der Gleiche zu bleiben wie vor der Wahl. Er fühle sich vor allem der Kollegialität verpflichtet und werde als Brückenbauer die ganze Schweiz vertreten. Bereits um 9.30 nahm die Sitzung mit der Vereidigung des neuen Bundesratsmitglieds ihr Ende.

Die Regionen- und Sprachenfrage sei letztlich stärker gewichtet worden als die Frauenfrage, so die Bilanz in den Medien am Tag nach der Wahl. „E la Svizzera è più svizzera”, die Schweiz sei wieder ein bisschen mehr Schweiz, titelte der Corriere del Ticino. Die Wahl von Cassis sei keine Überraschung und Maudet habe eine ehrenvolle Niederlage eingefahren, so die ziemlich einhellige Meinung in den Deutsch- und Westschweizer Medien. Vor wenigen Wochen hätte niemand in Bundesbern den Genfer gekannt und jetzt habe er 90 Stimmen erhalten. Allerdings zeige seine Nichtwahl auch die Schwierigkeiten für einen Kandidierenden, der nicht der Bundesversammlung angehört. Für Moret hingegen, sowie für die Vertretung der Frauen im Bundesrat im Allgemeinen, sei der Ausgang der Wahlen eine Schmach. Verschiedene Politikerinnen kritisierten, dass das Beispiel Moret gezeigt habe, dass an Frauen wesentlich höhere Massstäbe gesetzt würden als an Männer. Die SP habe Cassis nicht verhindern können und müsse sich nun Vorwürfe gefallen lassen, weshalb sie auf Maudet gesetzt und so die Vertretung der Frauen hintergangen habe. Die SP wies die Kritik allerdings an die FDP zurück: Wäre Laura Sadis portiert worden, hätte die SP sie unterstützt. Während sich die Rechte auf einen Mitte-Rechts-Bundesrat freute – Cassis wisse, wem er seine Wahl zu verdanken habe, liess sich SVP-Präsident Rösti nach der Wahl zitieren –, winkte die Linke ab: Es müssten auch im neuen Gremium nach wie vor unterschiedliche Koalitionen geschmiedet werden, so etwa SP-Parteipräsident Christian Levrat. Die WOZ befürchtete allerdings eine Zunahme der Polarisierung. Mit der Wahl von Cassis sei die Kirche aber wieder im Dorf und die Sprachenfrage für eine Weile geregelt. Jetzt müssten die Regionen wieder besser vertreten werden – so der Tenor vor allem aus der Ostschweiz. Verschiedene Politikerinnen forderten zudem eine adäquatere Vertretung von Frauen. Die Idee einer parlamentarischen Initiative, mit der eine angemessene Frauenvertretung in der Verfassung festgeschrieben werden soll, verdichtete sich. Die FDP-Frauen forderten zudem bei der nächsten FDP-Vakanz ein Frauen-Zweierticket.

Über die nach der Ersatzwahl anstehende Departementsverteilung war bereits früh spekuliert worden. Insbesondere Alain Berset waren Ambitionen auf das frei gewordene EDA nachgesagt worden. Allerdings hätte der Departementswechsel von Berset einen unangenehmen Beigeschmack gehabt, weil kurz nach der Departementsverteilung die Abstimmung zur Altersreform 2020 anstand, für die Berset mit Herzblut geworben hatte. Der Wechsel ins Aussendepartement hätte von der Stimmbevölkerung als Flucht interpretiert werden können. Der Bundesrat solle deshalb mit der Departementsverteilung warten, forderte der ehemalige SVP-Präsident Toni Brunner (svp, SG) kurz vor den Bundesratswahlen in der Presse. Wenn nämlich die AHV-Vorlage verloren ginge, wäre Berset nicht mehr der richtige Innenminister. Ende September kam es dann aber schliesslich zur mehrheitlich erwarteten Departementsverteilung. Das freie EDA wurde vom neuen Kollegiumsmitglied Ignazio Cassis übernommen. Er setzte damit eine eigentliche Tradition fort, da Tessiner Bundesräte sehr häufig als Aussenminister amteten. Die Italianità und seine Vielsprachigkeit dürften Vorteile des neuen EDA-Chefs sein. Mit ein Grund dafür, dass sonst alles beim Alten blieb, dürfte auch die im Vorfeld der Bundesratswahl gemachte Aussage von Cassis gewesen sein, dass es vielleicht nicht gut sei, wenn er mit seinen Verbindungen das Innendepartement übernehmen würde. Cassis werde als Aussenminister „der bessere Burkhalter” sein, weil er mehr Verständnis für die Deutschschweiz habe, besser kommuniziere und mehr Kampfgeist habe, urteilte der Tages-Anzeiger. Auf ihn wartet nun das komplexe Europadossier – und zahlreiche Erwartungen von links bis rechts.

Bundesratsersatzwahl 2017 – Nachfolge Didier Burkhalter
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates hatte Anfang 2017 eine Motion eingereicht, um die Attraktivität des Zivildienstes gegenüber der Armeedienstleistung zu verringern. Mit dem Vorstoss sollte das Zivildienstgesetz angepasst werden, um die Anrechenbarkeit von Militärdiensttagen an den Zivildienst einzuschränken. Die Massnahme zielte auf Dienstleistende, die eine Rekrutenschule begonnen haben, zu einem späteren Zeitpunkt jedoch noch in den Zivildienst wechseln wollen. Mit der Änderung soll nur noch die Hälfte der bereits geleisteten Diensttage angerechnet werden können. Die übrigen verbleibenden Tage würden danach mit dem Faktor 1,5 multipliziert, was die „neue” Anzahl zu leistender Tage ergäbe. Damit würde sich die Berechnung der Gesamtanzahl an zu leistenden Diensttagen verändern. Die Motion trug die Handschrift der bürgerlichen Mehrheit in der SiK, entsprechend stellte sich eine linke Minderheit Fridez (sp, JU) gegen die Motion.
Der Bundesrat hielt den Vorschlag für eine effektive Lösung, um die Wechsel von der Armee zum Zivildienst zu moderieren, dennoch wurde die Motion zur Ablehnung empfohlen. Nicht nur weil die Departemente (WBF und VBS) bereits daran seien, Mutationen im Dienstpflichtsystem zu beobachten und geeignete Instrumente zu prüfen, sondern auch, weil die Regierung den vorgeschlagenen Weg als unverhältnismässig erachtete: es käme einer eigentlichen Sanktion gleich. Ferner bezweifelte der Bundesrat die Einhaltung des Rechtsgleichheitsgebots. Das Ziel, die Tauglichkeitsquote der Stellungspflichtigen zwischen 64% und 67% einzupendeln, blieb jedoch für den Bundesrat gültig, weswegen andere Massnahmen, als die in der Motion vorgeschlagenen, geprüft werden sollten, um diese Vorgabe einhalten zu können.
In der Sommersession befasste sich der Nationalrat mit dem Vorstoss und SiK-Sprecher Clottu (svp, NE) äusserte die Absicht der Motion unverblümt: Es ginge darum, den Wechsel in den Zivildienst für Armeeangehörige unattraktiver zu gestalten. Er beanstandete ferner die mannigfaltigen Gründe, die von den Wechselnden angegeben würden und sah darin durchaus auch Bequemlichkeit und andere Motive, die nichts mit Gewissenskonflikten zu tun hätten. Die Zahl der Armeeangehörigen, die in den Zivildienst wechselten sei zunehmend, was die Armeebestände gefährde. Clottu sah darin auch einen Konflikt mit dem Willen des Gesetzgebers, der die Dienstpflicht eingeführt hatte, um Sicherheit zu schaffen. Auf dieses Votum hin gab es ein Wortgefecht zwischen Clottu und Mitgliedern der Kommissionsminderheit, die gegen die Motion waren. Gerade die physische und psychische Intensität des Zivildienstes und der Wert für die Gesellschaft wurden dabei angesprochen. Es ging im gleichen Stil weiter, auch nachdem der zweite Kommissionssprechers Müller (fdp, SG) versuchte hatte, sich in seinem Votum auf Zahlen und Fakten zu beschränken. Gemäss Ansicht des Kommissionssprechers handelte es sich bei den vorgeschlagenen Massnahmen der Motion – der Verlängerung der Dienstpflicht bei einem Wechsel – um ein Korrektiv und nicht um eine Strafe. Seine Argumentation umfasste auch einen ökonomischen Aspekt, nämlich dass der Staat in die Ausbildung der Rekruten investiere. Folglich bedeute jeder Wechsel eines vormaligen Armeeangehörigen eine Fehlinvestition, die es zu beheben gelte. Nach diesem Votum gab es eine regelrechte Fragenkaskade an Müller, der sich jedoch nicht ins Bockshorn jagen liess. Motionsgegner, vorwiegend aus der linken Ratsecke, deuteten in ihren Fragen an, dass seitens der Kommissionsmehrheit versucht werde, den Zivildienst schlechtzureden. Diese Unterstellung stritt der St. Galler jedoch vehement ab und er berief sich auch auf den Standpunkt, dass sowohl die SiK-Mehrheit als auch die Regierung Handlungsbedarf sähen.
Bundesrat Schneider-Ammann (zur Erinnerung: die Zuständigkeit über den Zivildienst obliegt immer noch dem WBF) schloss die Debatte mit seinem Votum. Es gelang ihm aber nicht, dem Plenum die ablehnende Haltung der Regierung überzeugend zu schildern, denn die grosse Kammer stimmte der Motion schliesslich zu. Mit 110 zu 66 Stimmen und 6 Enthaltungen ging das Geschäft an den Ständerat.

Änderung des Zivildienstgesetzes (Mo. 17.3006)
Dossier: Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst

Die Zusammensetzung des Bundesrates ist immer wieder Gegenstand von Debatten. Sei es die regionale, die sprachliche oder eine gendergerechtere Vertretung – die Diskussionen drehen sich in der Regel um die deskriptive Repräsentation des Exekutivgremiums und weniger um die substanzielle, also die Frage, ob das Kollegium inhaltlich die Interessen der Bevölkerung zu vertreten im Stande ist.
Besonders virulent und medial begleitet werden diese Debatten jeweils bei anstehenden Bundesratswahlen. Bei der Wahl von Guy Parmelin 2015 machte sich etwa Unmut in der Ostschweiz breit, da die sieben Kantone der Ostschweiz (SG, TG, GR, SH, GL, AR, AI), und damit rund 1.1 Mio. Einwohner, zum zweiten Mal seit 1848 nicht in der Bundesregierung vertreten sind, wohingegen die Romandie mit etwa der Hälfte an Einwohnerinnen und Einwohnern mit Parmelin, Burkhalter und Berset sogar dreifach vertreten sei. Roland Eberle (svp, TG) gab in der NZZ zu Protokoll, dass fünf der sieben Bundesräte nun „Burgunder” seien, die wesentlich zentralistischer und etatistischer dächten als „Alemannen”. Die Ostschweiz, die sich „an den Rand gedrängt” fühle (SGT), fordere deshalb eine Korrektur bei der nächsten Vakanz. In der Tat stellte die Ostschweizer Regierungskonferenz diese Forderung in einem Schreiben, um die Parteispitzen zu sensibilisieren.

Bei der Sprachenfrage drehte sich die Debatte bis zur Wahl von Ignazio Cassis 2017 lange um den Aspekt der Vertretung des Tessins in der Landesregierung. Der Südkanton war seit 1999 und dem Rücktritt von Flavio Cotti nicht mehr im Bundesrat vertreten. Zwar hatte die SVP mit Norman Gobbi (TI, lega) bei der Besetzung des leer gewordenen Sitzes von Eveline Widmer-Schlumpf auch einen Tessiner Kandidaten aufgestellt, um die Untervertretung der Südschweiz beheben zu helfen. Weil es sich um einen Lega-Politiker handelte – der im Parlament als kaum wählbar galt –, wurde dieses Manöver allerdings als „wenig glaubhaft” bezeichnet (NZZ). Mit der Wahl von Cassis ebbte die Diskussion um die Vertretung der Sprachregion wieder ab.

Ein zentraler Bestandteil der Debatten ist schliesslich die Frage der Vertretung der Frauen im Bundesrat. Waren Ende September 2010 die Frauen im Bundesrat erstmals in der Mehrheit – das Interregnum dauerte allerdings lediglich 14 Monate –, sieht es nach dem Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf Ende 2015 und der Rücktrittsankündigung von Doris Leuthard Mitte 2017 so aus, als könnte Simonetta Sommaruga bald die einzige Frau im Kollegium sein. Ein Bundesrat mit nur einer Frau sei kein Abbild der Gesellschaft mehr, liess sich Yvonne Feri (sp, AG), Präsidentin der SP-Frauen, in der NZZ protokollieren. Bereits nach der Wahl von Guy Parmelin hegte Alliance F – der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen – die Idee einer Verfassungsbestimmung, gemäss der nicht nur die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen im Bundesrat vertreten sein sollen, wie dies die Verfassung bereits vorsieht, sondern auch die Frauen. Zwar hatte die GP bei der Wahl von Parmelin versucht, mit ihren Stimmen für Viola Amherd (cvp, VS) ein Zeichen zu setzen, und die FDP hatte neben dem gewählten Ignazio Cassis und Pierre Maudet (GE) mit Isabelle Moret (VD) auch eine Frau auf das Dreierticket gesetzt – was von verschiedener Seite mit Nachdruck gefordert worden war –, die Wahl fiel letztlich aber in beiden Fällen auf einen Mann. Damit der Bundesrat seine Vorbildfunktion wahrnehmen könne – nur eine ausreichende Frauenvertretung zeige, dass Regieren kein Männerberuf sei – setzte Alliance F Anfang 2017 ihre Idee in die Tat um: Maya Graf (gp, BL), die Präsidentin von Alliance F, reichte eine entsprechende parlamentarische Initiative ein.

Freilich gibt es in diesen Debatten allerdings auch immer wieder etwas leisere Stimmen, die eher den substanziellen Aspekt der Vertretung betonen und die Qualifikation der Magistratinnen und Magistraten höher gewichten als deren regionale oder sprachliche Herkunft. Das beste Argument einer regionalen Vertretung sei eine überzeugende Kandidatur – so etwa ein Kommentar in der NZZ. Darüber hinaus zeigt eine langfristige Betrachtung, dass von einer Untervertretung der verschiedenen Landesteile kaum gesprochen werden kann. Eine stärkere Betonung substanzieller Repräsentation würde auch den Zugang zur Exekutive für andere Parteien öffnen. Mit den Erfolgen der Grünen in den kantonalen Wahlen und einer möglichen „Öko-Allianz” (AZ) zwischen GP und GLP, die nach den Wahlen 2015 zusammen über 11.7 Wähleranteil verfügen, also 0.1 Prozent mehr als die CVP, könnte aus einer Umweltschutz-Perspektive auch ein Anspruch dieser beiden Parteien auf einen Regierungssitz erhoben werden. Auch in dieser Hinsicht werden die eidgenössischen Wahlen 2019 spannend werden.

Nächster Bundesrat aus der Ostschweiz

Im Nachgang einer Recherche der SDA fiel das Schlaglicht der öffentlichen Debatte im Februar 2016 plötzlich auf die schon seit Monaten geplante Verschärfung des EU-Waffenrechts. Als Reaktion auf die Terroranschläge von Paris im vergangenen Jahr solle mit der Einschränkung des Waffenbesitzes und -handels nun verhindert werden, «dass Waffen in die Hände von Terroristen fallen», wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von der NZZ zitiert wurde. Sofern die Richtlinie tatsächlich zustande kommt, muss die Schweiz als Schengen-Vertragsstaat diese übernehmen, um ihre Mitgliedschaft im Schengener und damit verbunden auch im Dubliner Abkommen nicht zu gefährden. Dies erläuterte der Bundesrat in seiner Antwort auf eine entsprechende Interpellation Ruiz (sp, VD; Ip. 15.4199). Die Schweiz sei jedoch in der zuständigen Expertengruppe des Ministerrates vertreten, wenn auch ohne formales Stimmrecht und nur mit beratender Funktion, was eine gewisse Einflussnahme ermögliche. Von der Kommission vorgesehen sind unter anderem strengere Registrierungspflichten, ein Verbot des Onlinehandels von Waffen und Munition, strengere Regeln für unbrauchbar gemachte Waffen, ein Bedürfnisnachweis – sei es als Jäger, Sportschütze oder Sammler – und eine medizinische Untersuchung als Vorbedingungen für den Waffenerwerbsschein sowie ein Verbot von zivilen halbautomatischen Feuerwaffen, die wie vollautomatische Kriegswaffen aussehen. Diese werden von der EU nicht nur wegen des relativ leicht möglichen Umbaus zu vollautomatischen Waffen, sondern auch aufgrund ihrer hohen Munitionskapazität als sehr gefährlich angesehen. Waffen ebendieser Kategorie kommen im ausserdienstlichen Schiesswesen in der Schweiz jedoch zu breitem Einsatz. Die verschärften Regeln liessen es in der Folge auch nicht mehr zu, dass Armeeangehörige Ordonnanzwaffen nach dem Ende der Dienstpflicht mit nach Hause nehmen.
So liess denn auch die Kritik aus dem Umfeld der Waffenlobby nicht lange auf sich warten. Dora Andres, Präsidentin des Schweizerischen Schiesssportverbandes (SSV), erklärte in den Medien, der SSV lehne die Vorschläge der Europäischen Kommission vollumfänglich ab. Die Schweiz brauche kein schärferes Waffenrecht und nötigenfalls werde man dagegen politisch aktiv werden. Mit rund 133'000 Mitgliedern wäre der SSV problemlos referendumsfähig. Schützenhilfe erhielt Andres auch von bürgerlichen Politikerinnen und Politikern, darunter CVP-Präsident Christophe Darbellay (VS), welcher die vorgesehenen Regeln gegenüber dem Sonntags-Blick als «nicht kompatibel» mit dem schweizerischen Schützenwesen und der Milizarmee bezeichnete. FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger (AG) erachtete gegenüber der Aargauer Zeitung eine Verschärfung des Waffenrechts als schlicht nicht in der Lage, mehr Sicherheit zu garantieren; es sei ein «Irrglaube», dass mit strengeren Regeln der kriminelle Waffenmissbrauch verhindert werden könne. Die Milizarmee und die Armeewaffen zu Hause seien sogar Teil der «schweizerischen DNA», liess sie im Sonntags-Blick verlauten.

Im März 2016 gab Bundesrätin Simonetta Sommaruga nach einem Treffen der EU-Innenminister erste Entwarnung: «Die EU wird der Schweiz das Sturmgewehr nicht verbieten», wurde sie in der Presse zitiert. Neben der Schweiz hätten sich auch andere EU-Länder, darunter v.a. baltische und nordische Staaten mit Schützen- und Jägertradition, gegen zu zentralistische Verschärfungen gewehrt. In der Folge verabschiedete der Rat der Innenminister Mitte Juni einen entschärften Entwurf mit einer eigens auf die Schweiz zugeschnittenen Ausnahmebestimmung. Diese «Schutzklausel für das Schweizer Sturmgewehr» (Tages-Anzeiger) ermöglicht es Schweizer Armeeangehörigen weiterhin, die Waffe nach Ende der Dienstpflicht zu behalten. Bedingungen dafür sind allerdings die Mitgliedschaft in einem Schützenverein, der Nachweis von jährlichen Schiessübungen sowie die regelmässige medizinische und psychologische Beurteilung des Waffenbesitzers.
Ebendiese Bedingungen waren es denn auch, welche die Freude über den Schweizer Verhandlungserfolg zumindest auf Seiten der Waffenlobby erheblich trübten. So schrieb die Basler Zeitung weiterhin von der «Entwaffnung Hunderttausender Schweizer Bürgerinnen und Bürger»; alle seien auf die Entwarnung Sommarugas hereingefallen, denn durch die von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Bedingungen würden «unbescholtene Schweizerinnen und Schweizer, die eine Waffe besitzen», kriminalisiert und «der Grundsatz, wonach der Staat seinen Bürgern so lange vertraut, bis ihnen eine Straftat bewiesen werden kann, [...] ausgehebelt». Stattdessen müssten ehemalige Soldaten nun beweisen, «dass sie keine Gewalttäter sein wollen». Nicht zuletzt sah sie darin über Umwege die Umsetzung der 2011 abgelehnten Initiative gegen Waffengewalt. Auch bürgerliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier übten abermals Kritik an der Richtlinie und nun insbesondere an den Bedingungen im «Schweizer Paragraphen». Von einer «schlimme[n] Einmischung in die Schweizer Gesetzgebung» (Walter Müller, fdp, SG) und der Gefährdung der Souveränität der Schweiz (Adrian Amstutz, svp, BE) war die Rede. Die Urteile über die Richtlinie im Allgemeinen wie auch über die medizinisch-psychologischen Tests im Besonderen reichten von «inakzeptabel und lächerlich» (Yannick Buttet, cvp, VS) bis zu «absurd» (Dora Andres, SSV). Der neue CVP-Präsident Gerhard Pfister (ZG) forderte von Bundesrätin Sommaruga gar eine Erklärung und allfällige Nachverhandlungen in Brüssel. Der SVP-Nationalrat und Präsident des Berner Schützenverbandes Werner Salzmann reichte indes Ende September eine Motion mit dem Titel «Wir lassen uns nicht durch die EU entwaffnen!» ein. Dem Vorstoss zufolge sollte die Schweiz gemeinsam mit jenen EU-Staaten, die dem neuen Waffenrecht ebenfalls kritisch gegenüberstehen, die «unannehmbaren Änderungen» bekämpfen.

Im Dezember 2016 einigten sich Vertreter der EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments auf eine Fassung der Waffenrichtlinie, über die als nächstes das Europäische Parlament befinden wird. Unterdessen war es der europäischen Waffenlobby gelungen, die Vorlage weiter abzuschwächen. So sieht der Antrag zuhanden des Europäischen Parlaments kein Verbot halbautomatischer Waffen mehr vor, sondern lediglich Einschränkungen betreffend den Verkauf und die maximale Patronenzahl. Den Mitgliedstaaten ist es nun ausserdem freigestellt, ob für den Waffenerwerb medizinisch-psychologische Tests erforderlich sind oder nicht. Bei der Überführung in nationales Recht bietet die Richtlinie daher einen gewissen Spielraum. Was jedoch geblieben ist, sind die Mitgliedschaft in einem Schützenverein und die regelmässige Teilnahme an Schiessanlässen als Voraussetzungen, damit Schweizer Armeeangehörige das Sturmgewehr behalten dürfen. Diese Punkte waren im ausgehenden 2016 denn auch die meistkritisierten, denn mit Vereinspflicht und Schiesszwang wolle die EU die Freiheit und Selbstbestimmung der Schweizer beschränken, zeigte sich Werner Salzmann gegenüber der Luzerner Zeitung besorgt. Mit mehr Dramatik bezeichnete Jean-Luc Addor (VS), SVP-Nationalrat und Vizepräsident von ProTell, die Schusswaffe als «das Symbol des freien Mannes» und die Reform daher als unverhältnismässig. ProTell kündigte bereits das Referendum an; man toleriere keine Verschärfung des Schweizer Waffenrechts. Auch ein Ausschluss aus Schengen/Dublin würde gemäss diversen Zeitungsberichten von der Waffenlobby damit bewusst in Kauf genommen.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)