Suche zurücksetzen

Inhalte

Akteure

  • Matter, Thomas (svp/udc, ZH) NR/CN
  • Kaufmann, Hans (svp/udc, ZH) NR/CN

Prozesse

50 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

In der Herbstsession 2019 beriet der Nationalrat die parlamentarische Initiative Matter (svp, ZH) für eine AHV-Finanzierung durch die SNB. Nachdem beide Seiten ihre Argumente noch einmal ausführlich dargelegt hatten, schritt der Rat zur Abstimmung und entschied sich – überaus knapp – gegen die Vorlage: Mit 71 zu 70 Stimmen verwarf der Nationalrat die Initiative. Die fast geschlossen stimmende SVP-Fraktion sowie eine Mehrheit der stimmenden SP-Fraktion – der grösste Teil der SP-Fraktion sowie die ganze Grünen-Fraktion enthielten sich in dieser Frage der Stimme – reichten nicht aus, um die übrigen bürgerlichen Parteien zu überstimmen.

AHV-Finanzierung durch die Schweizerische Nationalbank (Pa.Iv. 18.465)
Dossier: Was tun mit den Erträgen der Schweizerischen Nationalbank?

Im September 2019 nahm die Bundeskanzlei die Vorprüfung der Volksinitiative «Ja zu steuerfreien AHV- und IV-Renten» vor. Die Initiative eines Komitees um SVP-Nationalrätin Yvette Estermann (svp, LU) – dessen Mitglieder zuvor bereits die Initiative «Ja zu mehr Mitbestimmung der Bevölkerung bei der Kranken- und Unfallversicherung» eingereicht hatten –, beabsichtigt, AHV- und IV-Renten von Personen mit jährlichem Einkommen unter CHF 72'000 von den Steuern zu befreien. Mit der Initiative wolle man der steigenden finanziellen Belastung der Rentnerinnen und Rentner entgegenwirken, erklärte das Initiativkomitee. Zur Finanzierung, die im Initiativtext nicht geregelt ist, schlug Estermann im Rahmen einer Medienkonferenz vor, auf die Auszahlung der Kohäsionsmilliarde zu verzichten. Eine ähnliche Motion Estermann aus dem Jahr 2013 (Mo. 13.4074), die ihrerseits auf einer Motion Kaufmann (svp, ZH; Mo. 08.3726) beruhte, war unbehandelt abgeschrieben worden. Der Bundesrat hatte seine Ablehnungsempfehlung damals damit begründet, dass die AHV- und IV-Beziehenden gegenüber den übrigen Steuerzahlenden nicht bevorteilt werden sollten, eine Steuerbefreiung der Renten korrekterweise auch eine Besteuerung der AHV-Beiträge nach sich ziehen müsste und die hohen Kosten – 2014 sprach er von CHF 770 Mio. jährlich – gegenfinanziert werden müssten.
Sammelbeginn für die Unterschriften war der 24. September 2019, die Sammelfrist würde folglich bis zum 24. März 2021 laufen. Aufgrund des vom Bundesrat verhängten Fristenstillstands bei eidgenössischen Volksbegehren bis zum 31. Mai 2020 wird diese Frist entsprechend verlängert.

Eidgenössische Volksinitiative «Ja zu steuerfreien AHV- und IV-Renten»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Les récentes évolutions en matière de développement durable, avec notamment les Accords de Paris, ont placé au coeur du débat la finance durable. Ainsi, plusieurs pays, comme l'Allemagne, la France ou le Royaume-Uni, et des organisations internationales, comme l'ONU ou l'OCDE, ont inscrit la finance durable dans leurs agendas. Dans cette optique, Adèle Thorens Goumaz (verts, VD) demande un rapport du Conseil fédéral sur les évolutions des conditions-cadres des marchés financiers afin de maintenir la compétitivité et d'intégrer les évolutions internationales en matière de durabilité.
Le Conseil fédéral a proposé d'accepter le postulat. Il estime qu'il s'inscrit dans sa politique en matière de marchés financiers. Le débat en chambre a été reporté car le postulat est combattu par Thomas Matter (udc, ZH).

Comment maintenir la compétitivité de la secteur financier? (Po. 19.3127)
Dossier: Sustainable Finance

Thomas Matter (svp, ZH) wollte der AHV mit einer parlamentarischen Initiative eine einmalige Finanzspritze durch die Schweizerische Nationalbank zukommen lassen. Demnach sollte die SNB die Hälfte des Eigenkapitalzuwachses seit Ende 2007 an die AHV überweisen, sobald sich das internationale Finanzsystem und die Bilanzsumme der SNB normalisiert haben. Dadurch sollten die Eigentümerinnen und Eigentümer der Nationalbank, also die Bürgerinnen und Bürger der Schweiz, einen Teil des Volksvermögens zurückerstattet bekommen, nachdem sie zuvor unter den Negativzinsen der SNB gelitten hätten, erklärte Matter. Zwischen Ende 2007 und Mitte 2018 war das Eigenkapital der Nationalbank von CHF 66 Mrd. auf CHF 140 Mrd. angestiegen.
Im Mai 2019 beriet die WAK-NR die Initiative Matters und beantragte knapp mit 10 zu 9 Stimmen bei 5 Enthaltungen, ihr keine Folge zu geben. Selbst eine einmalige Änderung der Gewinnausschüttung bedürfe einer Verfassungsänderung sowie eines Verzichts der Kantone, erklärte die Kommission. Zudem solle ein allfälliger Abbau des Eigenkapitals besser schrittweise über längere Zeit erfolgen anstatt einmalig. Eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) beantragte hingegen, der Initiative Folge zu geben. Dadurch komme der Eigenkapitalzuwachs der Schweizer Bevölkerung zugute und man gewinne Zeit für eine Reform der AHV, erklärte Aeschi.

AHV-Finanzierung durch die Schweizerische Nationalbank (Pa.Iv. 18.465)
Dossier: Was tun mit den Erträgen der Schweizerischen Nationalbank?

Die Kampagne rund um die Selbstbestimmungsinitiative lief eigentlich schon seit der Lancierung des Begehrens Anfang 2015. Diverse Parteien und verschiedene Organisationen hatten sehr früh ihren Widerstand angekündigt. Schon im März 2015 hatte der Tages-Anzeiger getitelt «Alle gegen die Volkspartei»: Wirtschaftsverbände hatten Sorgen um Handelsverträge geäussert, Staatsrechtlerinnen und Staatsrechtler hatten einen Angriff auf die Menschenrechte befürchtet, Rechtshistorikerinnen und Rechtshistoriker hatten die Idee der «fremden Richter» bemüht, verschiedentlich war eine Instrumentalisierung des Initiativrechts moniert worden und vor den eidgenössischen Wahlen im Herbst 2015 hatte die Frage zur Beziehung von Völkerrecht und Landesrecht «unter Politikern für Polemiken und rote Köpfe» gesorgt (NZZ) – und das alles noch bevor die Initiative überhaupt zustande gekommen war. Die SVP wollte nach eigenem Ermessen Klarheit und Sicherheit hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Völkerrecht und Landesrecht herstellen, was freilich von den Gegnerinnen und Gegnern als «falsches Versprechen» (NZZ) oder «initiative simpliste» (Le Temps) bezeichnet und bestritten wurde. Rückenwind brachte die Initiative wohl auch ihrem Erfinder Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der während seines Ständeratswahlkampfes im Kanton Zürich für das Begehren geworben hatte.

Die Medienberichterstattung über die Selbstbestimmungsinitiative riss natürlich auch während ihrer parlamentarischen Behandlung 2017 und 2018 nicht ab. Diskutiert wurde dabei unter anderem auch schon früh über den Abstimmungstermin. Ob die SVP im Wahljahr 2019 von der Initiative profitieren könne oder nicht, hänge vor allem vom Arbeitstempo des Parlaments und davon ab, ob ein Gegenvorschlag ausgearbeitet würde oder nicht, berichtete die Presse. In den Medien wurden derweil auch verschiedentlich Fälle beschrieben, bei denen Gerichte internationalen Verträgen den Vorrang vor Verfassungsbeschlüssen gegeben hatten. Insbesondere die Ausnahmen, die in Einzelfällen bei der Anwendung des Ausführungsgesetzes zur Ausschaffungsinitiative gemacht wurden, waren ja auch Stein des Anstosses für die Selbstbestimmungsinitiative gewesen. Ob die Schweiz nun «Musterschülerin» sei (Tages-Anzeiger), die in vorauseilendem Gehorsam handle, oder sich als Vertragspartnerin an internationale Abkommen halten müsse, wie in der Presse ebenfalls argumentiert wurde, – die Diskussionen hielten die Selbstbestimmungsinitiative im Gespräch.

Bereits vor Abschluss der parlamentarischen Verhandlungen lancierten die Gegnerinnen und Gegner der Initiative Ende Mai 2018 mittels einer Medienkonferenz offiziell den Abstimmungskampf – obwohl dann noch nicht entschieden war, wann das Anliegen an die Urne kommen sollte. Unter dem Namen «Schutzfaktor M» – M stand bei der bereits 2013 ins Leben gerufenen Organisation für Menschenrechte – und der Bezeichnung «Allianz der Zivilgesellschaft» hatten sich laut Basler Zeitung über hundert Organisationen – darunter etwa der katholische Frauenbund, Pink Cross, Behinderten- und Jugendverbände oder Helvetas – und Tausende Einzelpersonen zusammengeschlossen. Vor der Presse bezeichneten verschiedene Vertreterinnen und Vertreter dieser Organisationen das SVP-Anliegen als «Selbstbeschneidungs-Initiative» oder «Anti-Menschenrechts-Initiative». Die ungewohnt frühe Organisation der Gegnerschaft sei mit der Bedeutung der Initiative zu erklären, aber auch damit, dass der «Abstimmungskampf kein Spaziergang» werde, so der Tages-Anzeiger. Darauf weise auch eine im März 2018 durchgeführte Umfrage hin, die zeige, dass 43 Prozent der Befragten die Initiative sicher oder eher annehmen würden und 48 Prozent dagegen oder eher dagegen seien.

Anfang Juli entschied der Bundesrat dann, die Abstimmung auf den frühest möglichen Zeitpunkt, den 25. November 2018, festzulegen. Anfang Oktober startete die SVP mit ihrem Abstimmungskampf, der zumindest hinsichtlich der verwendeten Bilder und verglichen mit früheren Kampagnen zur Minarett-, Ausschaffungs- oder Masseneinwanderungsinitiative etwa vom Sonntags-Blick als «völlig harmlos» bezeichnet wurden. Auf einem in orange gehaltenen Hintergrund hielten Personen ein Schild mit einem Ja «zur direkten Demokratie» und «zur Selbstbestimmung» in die Kamera. Das Logo der Partei war nicht sichtbar. Man habe die Botschaft bewusst simpel halten wollen. Eine aggressive Kampagne sei nicht nötig, weil die Botschaft klar sei, zudem wolle man einen sachlichen Abstimmungskampf führen, gab Kampagnenchef Thomas Matter (svp, ZH) zu Protokoll.

Die Gegnerschaft fuhr für ihre Kampagne schwereres Geschütz auf: So liess Economiesuisse 18 Frachtcontainer auf den Bundesplatz stellen mit dem Hinweis, dass darin 387 Tonnen Exportgüter Platz hätten, was der Menge entspreche, die von der Schweiz aus alle 10 Minuten in die Welt verkauft werde. Diese Ausfuhren seien aber bei einem Ja zur Selbstbestimmungsinitiative gefährdet. Nur dank zahlreicher internationaler Abkommen, die bei einem Ja alle auf der Kippe stünden, gehöre die Schweiz zu den 20 grössten Volkswirtschaften weltweit. Das «Gesicht der Operation Libero» (Blick), Flavia Kleiner, sprach von der «krassesten Initiative, über die wir je abgestimmt haben», mit ihr werde der Rechtsstaat fundamental angegriffen. Eine in den Medien häufig zu vernehmende Stimme gehörte Helen Keller, der Vertreterin der Schweiz am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Auch für sie entsprach die Initiative einem Angriff auf den Rechtsstaat und die Menschenrechte. Sie argumentierte, dass das Volksbegehren nicht hätte für gültig erklärt werden dürfen und fürchtete sich bei einer Annahme vor einer «Katastrophe», wie die Weltwoche ausführte. Plakate der Gegnerinnen und Gegner zeigten eine Kreissäge, die verschiedene Begriffe (z.B. Frauenrechte, Kinderrechte, Behindertenrechte) durchtrennte, verbunden mit dem Slogan «Nein zur Selbstbeschneidungsinitiative der SVP». In der Weltwoche wurden die Plakate als «krasser Ausdruck» von «Volksverachtung» bezeichnet, mit der die «antidemokratische Gesinnung der Selbstbestimmungsgegner» sichtbar werde. Volksentscheide würden mit «Kettensägenmassaker[n]» gleichgesetzt.
Auch auf Social Media hatten die Gegnerinnen und Gegner der Initiative «die Nase vorn» (Weltwoche). Mit einem Film zeigten sie als antike Soldaten verkleidete Mitglieder der SVP (Roger Köppel [ZH], Andreas Glarner [AG] und Magdalena Martullo-Blocher [GR]), die in einem Trojanischen Pferd versteckt das Bundesgericht entmachten wollten. Ein grosses Holzpferd wurde dann auch kurz vor dem Abstimmungstermin auf dem Berner Bahnhofsplatz präsentiert.

Die SVP – allen voran Christoph Blocher – verteidigte die Initiative mit dem Argument, dass die direkte Demokratie schleichend ausgehebelt werde. Bei der Abstimmung stünden nichts weniger als die Volksrechte auf dem Spiel. «Damit die Leute noch etwas zu sagen haben», müssten sie Ja stimmen, so der vom Blick als «SVP-Übervater» bezeichnete Blocher. Der alt-Bundesrat betrachtete die Selbstbestimmungsinitiative zudem als Vehikel, mit dem der EU-Rahmenvertrag verhindert werden könne. Sehr häufig trat auch Hans-Ueli Vogt vor die Medien, um «seine» Initiative zu verteidigen. Auch der «Architekt» des Begehrens, so die Aargauer Zeitung, argumentierte mit der Verteidigung der direkten Demokratie. Das Parlament setze angenommene Initiativen mit Verweis auf internationale Verpflichtungen nicht so um, wie dies von der Stimmbevölkerung verlangt werde. Mit der Initiative werde der Stellenwert der direkten Demokratie hingegen wieder gestärkt.

Für Wirbel sorgte ein Flyer, der von der SVP Mitte August 2018 an alle Schweizer Haushalte verteilt wurde. Darin trat alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey als Kronzeugin für die Selbstbestimmungsinitiative auf: «Das Schweizer Recht schützt besser als das europäische. Ich bin entschieden dagegen, dass europäisches Recht sämtliche Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU regeln soll», wurde die ehemalige Magistratin zitiert. Diese Aussage hatte Calmy-Rey im Rahmen einer Diskussion um das EU-Rahmenabkommen gemacht. Von der SVP sei sie aber nicht angefragt worden, sie sei schockiert über dieses Vorgehen. SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) sprach in diesem Zusammenhang von «Lügenpropaganda». Auch die «Buh-Rufe» und die «Schimpftiraden» (Aargauer Zeitung), die Bundesrätin Simonetta Sommaruga bei einem Podium in Suhr (AG) über sich ergehen lassen musste, zeugten von der immer aufgeheizteren Stimmung. Nicht nur die von der SVP immer wieder heftig attackierte Justizministerin, sondern auch die Bundesratsmitglieder Doris Leuthard, Alain Berset, Ignazio Cassis und Johann Schneider-Ammann engagierten sich mit verschiedenen Auftritten für die ablehnende Haltung des Bundesrates. Man habe Lehren aus dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative gezogen, bestätigte Simonetta Sommaruga der Aargauer Zeitung, und trete darum als Regierung stärker in Erscheinung.

Ende August zeigte eine Umfrage, dass zu diesem Zeitpunkt 53 Prozent der Befragten Nein zur Initiative gesagt hätten und 45 Prozent Ja. Als aussergewöhnlich wurde von den Befragenden der Umstand gewertet, dass das Ja-Lager über die Zeit nicht kleiner geworden sei; ein Muster, das sonst bei Initiativen im Verlauf einer Kampagne zu beobachten sei. Thomas Matter sprach bei seinem Kommentar zu diesen Zahlen in der Aargauer Zeitung von einem Kampf «David gegen Goliath». Er schätzte den finanziellen Aufwand der Gegnerschaft auf einen «zweistelligen Millionenbetrag». Die Gegnerinnen und Gegner führten eine «Märchenstundenkampagne mit unlimitierten Budgets», urteilte Matter. Die SVP selber habe weniger als CHF 3 Mio. ausgegeben. Eine Analyse von Media Focus ging hingegen aufgrund der gekauften Werbeflächen (Plakate, Inserate, Werbung auf Youtube) davon aus, dass das Befürworterlager mehr ausgegeben hatte als das Gegnerlager. Auch die APS-Inserateanalyse, mit der die Anzahl der in Printmedien geschalteten Inserate betrachtet wird, stellte ein grösseres Engagement der Befürwortenden- als der Gegnerseite fest. Zudem schalteten die Befürworterinnen und Befürworter deutlich mehr Inserate als noch bei der Masseneinwanderungs- oder der Durchsetzungsinitiative. Wer wie viel für den Abstimmungskampf ausgab, blieb zwar ein Geheimnis, die Kosten waren aber sicherlich überdurchschnittlich hoch.
Die Gegnerinnen und Gegner warnten aufgrund der Umfrageresultate davor, zu meinen, dass das Rennen bereits gelaufen sei. Demoskopen würden sich oft irren, so etwa der Blick. Als für das Nein-Lager nicht förderlich, wurde zudem die Absicht des Bundesrates bezeichnet, ausgerechnet kurz vor der Abstimmung eine Unterzeichnung des umstrittenen UNO-Migrationspaktes zu prüfen. Die Umfragen hatten zudem gezeigt, dass rund ein Drittel der FDP-Sympathisierenden die Initiative unterstützen würde. Auch die Ja-Parole der Jungfreisinnigen des Kantons Zürich zeige, dass durch den Freisinn ein Riss verlaufe, urteilte der Sonntags-Blick. Diesem wollte Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) auf Anfrage mit Aufklärung und Mobilisierung der eigenen Basis begegnen – so das Sonntagsblatt weiter.

Den «Rückenwind», den die Befürworterinnen und Befürworter durch die Debatte um den Migrationspakt noch einmal erhalten hatten, wie der Blick urteilte, versuchten sie kurz vor der Abstimmung dann noch mit «Brachial-Werbung» (Blick) zu verstärken. Auf der Titelseite der Pendlerzeitung «20 Minuten» warb das «Egerkinger Komitee» um Walter Wobmann (svp, AG) und Andreas Glarner (svp, AG) damit, dass mit der Annahme der Selbstbestimmungsinitiative der UNO-Migrationspakt verhindert werden könnte, dass hingegen bei einer Ablehnung die Minarett-Initiative wieder für ungültig erklärt werden würde. Eine Karikatur zeigte zudem Justizministerin Simonetta Sommaruga, die mit der Aussage «Hereinspaziert» an der Grenze Flüchtlinge in die Schweiz bittet.
Die heftige und ungewöhnliche lange Kampagne liess für den Abstimmungssonntag eine hohe Beteiligung erwarten.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Viele Gewerbe- und Unternehmerverbände, darunter auch Economiesuisse, lehnten die Selbstbestimmungsinitiative ab. Economiesuisse argumentierte etwa, dass rund 600 Wirtschaftsabkommen der Schweiz – darunter beispielsweise bilaterale Verträge mit der EU oder Freihandelsabkommen – bei einer Annahme der Initiative gefährdet seien. Gestört fühlte man sich ob diesem Argumentarium in der Weltwoche: Glaube man den Aussagen des Verbandes, so steuere die Schweiz bei einer Annahme der Initiative auf eine «wirtschaftliche Apokalypse» zu. Auch die SVP kritisierte den Wirtschaftsverband scharf: Thomas Matter (svp, ZH) warf der Economiesuisse gar vor, sie wolle die direkte Demokratie abschaffen, wie das St. Galler Tagblatt berichtete. Heinz Karrer, Präsident der Organisation, tat daraufhin die Kritik Matters als Polemik ab. Die einzige Gefahr für «unser funktionierendes System», so Karrer ebenfalls im St. Galler Tagblatt, sei die Initiative selbst.
Dass die Argumente von Economiesuisse «Quatsch» seien, fand aber auch FDP-Nationalrat Thierry Burkhart (fdp, AG), wie der Sonntags-Blick berichtete. Economiesuisse verwende stets die gleichen Argumente, wonach die Schweiz auf eine wirtschaftliche Katastrophe zusteuere, würde nicht entsprechend abgestimmt. Diese Rhetorik sei nicht glaubwürdig und verfehle die Wirkung. Dennoch, so Burkhart weiter, sei es wichtig, dass die Initiative auch von der Wirtschaft bekämpft werde.
Kaum Unterstützung erhielt die Initiative ferner vom SGV, dessen Delegierte die Nein-Parole beschlossen. Der Gewerbeverband des Kantons St. Gallen wich freilich ab und gab die Ja-Parole heraus.

Economiesuisse/SGV zur Selbstbestimmungsinitiative

In der Herbstsession 2018 behandelte der Nationalrat den AHV-Steuer-Deal. Die Eintretensdebatte drehte sich vor allem um die Frage, welche Gruppen von der Vorlage respektive ihrer Ablehnung profitieren würden: Sind es die Reichen, der Mittelstand, die «Büezer», Alte oder Junge? Eingangs wurden ein Minderheitsantrag Bertschy (glp, BE) auf Nichteintreten sowie ein Antrag Matter (svp, ZH) auf Rückweisung an die Kommission behandelt. Kathrin Bertschy begründete ihren Antrag damit, dass die Grünliberale Fraktion zwar für die Beratung der Steuervorlage 17 sei – diese sei ausgewogener als frühere Vorlagen und müsse der Bevölkerung entsprechend erklärt werden –, aber die Finanzspritze an die AHV ablehne. Damit werde die Steuervorlage schlechtgemacht und eine Reform der AHV aufgeschoben. Thomas Matter erklärte, dass die SVP-Fraktion die Vorlage mit dem Auftrag, eine schlankere Version ohne AHV-Zustupf auszuarbeiten, an die Kommission zurückweisen wolle. Die Verknüpfung sei ein «Affront gegenüber dem Souverän», da dieser durch die Verknüpfung der Vorlagen seinen Willen nicht klar äussern könne. Nicht begeistert zeigte sich Finanzminister Maurer vom Antrag Matter. Die Idee einer «schlanken» Vorlage sei bereits mehrfach eingebracht und abgelehnt worden, unter anderem 2014 von den Kantonen sowie im Rahmen der USR III von den Kommissionen. Da die nächste Vorlage nicht besser werde, solle man dem Kompromiss, der einen sozialen Ausgleich als Lehre aus der Ablehnung der USR III beinhalte, zustimmen. Eintreten wurde klar mit 188 zu 8 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gutgeheissen; der Antrag Matter stiess mit 119 Stimmen zu 63 Stimmen (bei 15 Enthaltungen) ausserhalb der SVP kaum auf Zustimmung.
Der Nationalrat beriet den AHV-Steuer-Deal aufgeteilt in vier Blöcke, schuf dabei aber bei 37 Minderheitsanträgen nur gerade zwei Differenzen zum Ständerat. Einerseits entschied er sich mit 110 zu 83 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) für den Minderheitsantrag Leutenegger Oberholzer (sp, BL). Demnach sollen die Kantone neu die Auswirkungen der Vorlage auf die Gemeinden nicht nur berücksichtigen müssen, wie es der Ständerat beschlossen hatte, sondern «angemessen abgelten». Gemäss der Minderheitensprecherin sei dies keine «semantische Variation der Formulierung, sondern [...] ein verbindlicher Auftrag», der nötig sei, da die Gemeinden die Revision mittragen müssten. Andererseits beschloss die grosse Kammer bezüglich des Kapitaleinlageprinzips (KEP), die Ausnahme für Zuzüge zeitlich zu verlängern. Der Ständerat hatte entschieden, dass die neuen Regelungen für Zuzüge seit dem Inkrafttreten der USTR II keine Geltung haben sollten, der Nationalrat nahm nun auch die Zuzüge ab dem Abstimmungsdatum zur USTR II von den Regelungen aus. Zudem beschloss er, dass sich die Ausnahme für Zuzüge nicht auf Teilliquidationen erstrecken soll.
Ansonsten stimmte der Nationalrat dem Erstrat in allen Belangen zu, wobei die meisten Minderheitsanträge deutlich scheiterten. Bezüglich der Zusatzfinanzierung der AHV wurden etwa Anträge zur Höhe des Bundesbeitrags an die AHV sowie zur Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 gestellt. Im Rahmen der Gegenfinanzierung der Unternehmenssteuerreform wurden alternative Mindestwerte für die Dividendenbesteuerung beim Bund (zwischen 50 und 90 Prozent) sowie in den Kantonen (zwischen 0 und 90 Prozent) diskutiert, die jedoch im Rat keine Mehrheit fanden. Zu den eigentlichen Massnahmen der Unternehmenssteuerreform lehnte der Rat verschiedene Minderheitsanträge für eine Verschärfung der Abzugsmöglichkeiten respektive für eine Verlängerung der Übergangsfristen ab.
Knapp wurde es einzig bei der Forderung einer Minderheit Rytz (gp, BE) nach einer formellen Trennung des AHV- und Unternehmenssteuerteils der Vorlage unter Beibehaltung der inhaltlichen Verknüpfung. Dadurch sollten zu beiden Teilen getrennte Referenden stattfinden können, die Inkraftsetzung der beiden Vorlagen sollte jedoch weiterhin verknüpft bleiben – sie sollten also weiterhin gemeinsam oder gar nicht in Kraft treten können. Dies lehnte der Nationalrat mit 101 zu 93 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) ab. Für eine formelle Trennung sprachen sich die SVP, GLP und BDP einstimmig, sowie die Grünen teilweise aus. Dadurch wurden auch zwei Anträge Grossen (glp, BE) und Moser (glp, ZH) auf Nichteintreten auf die AHV-Vorlage sowie auf vollständige rechtliche Trennung der beiden Vorlagen obsolet.
Mit 114 zu 68 Stimmen (bei 13 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat schliesslich deutlich für den AHV-Steuer-Deal aus. Dagegen stimmten die GLP-Fraktion, Mehrheiten der SVP- und der Grünen-Fraktion sowie einzelne Mitglieder der FDP-Fraktion.

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

Im Mai 2018 schlug die WAK-SR vor, als Gegenstück zur Unternehmenssteuerreform der AHV aus dem vollständigen Demografieprozent der Mehrwertsteuer, einer Erhöhung des Bundesbeitrags sowie der Lohnbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern neu zusätzlich ungefähr CHF 2 Mrd. jährlich zukommen zu lassen – was von den Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern im Mai 2019 angenommen wurde. Diese Idee einer Zusatzfinanzierung für die AHV kam jedoch nicht von ungefähr, hatten doch seit 2017 zahlreiche Mitglieder der eidgenössischen Räte Vorstösse für eine einmalige oder regelmässige Zusatzfinanzierung für die AHV eingereicht.
Den Anfang machte die FK-NR im Oktober 2017. Nachdem die Schweizer Stimmbevölkerung die Altersvorsorge 2020 kurz zuvor an der Urne abgelehnt hatte, beantragte die Kommission in einer parlamentarischen Initiative (Pa.Iv. 17.496), der AHV im Jahr 2018 den im Budget 2018 frei gewordenen Betrag von CHF 441.8 Mio., der zuvor für die AHV geplant gewesen war, ihr nun aufgrund der abgelehnten Altersvorsorge aber verwehrt werden sollte, zukommen zu lassen. Dieser Vorschlag fand jedoch in der FK-SR keine Mehrheit.
In der Folge waren insbesondere Forderungen, wonach die SNB eine Finanzzulage an die AHV leisten solle, prominent. Den ersten Schritt machte diesbezüglich Peter Keller (svp, NW; Ip. 18.3124) mit einer Interpellation. Da die SNB seit Januar 2015 einen Negativzins von 0.75 Prozent auf die Gelder, die bei ihr lagerten, kassiere und dadurch auf Kosten der Schweizer Sparenden sowie Rentnerinnen und Rentner 2015 bis 2017 fast CHF 5 Mrd. eingenommen habe, wollte er vom Bundesrat wissen, ob dieser ebenfalls der Meinung sei, dass die entsprechenden Gelder nach Beendigung der ausserordentlichen Massnahmen durch die SNB wieder der Schweizer Bevölkerung zurückgegeben werden sollten – etwa über die AHV. Der Bundesrat erklärte sich dabei mit der aktuellen Regelung, die eine Ausschüttung der Gewinne an die Bevölkerung ermögliche, aber auch die Unabhängigkeit der SNB gewährleiste, zufrieden. Ende 2018 folgte Alfred Heer (svp, ZH; Mo. 18.4327) mit einer Motion, die den Bundesrat beauftragen sollte, die Gewinnaufteilung der SNB so zu ändern, dass die von der Nationalbank erhobenen Negativzinsen vollständig auf Kosten des Bundes, dessen Auszahlungen entsprechend gekürzt werden sollten, an die AHV fliessen sollten. Da der Bund faktisch keine Schuldzinsen bezahle und stattdessen sogar ein Zinsüberschuss auf neuen Bundesobligationen erwirkt werde, sei er einer der Profiteure der Negativzinsen, argumentierte der Motionär. Thomas Matter (svp, ZH; Pa.Iv. 18.465) forderte in einer parlamentarischen Initiative – erfolglos –, dass die Nationalbank die Hälfte ihres Eigenkapitalzuwachses seit dem 31. Dezember 2007 einmalig an die AHV überweisen solle, sobald sich das internationale Finanzsystem und die Bilanzsumme der SNB normalisiert haben. Noch bevor sich der Nationalrat entschieden hatte, dem Vorstoss Matters keine Folge zu geben, wollte Maximilian Reimann (svp, AG; Pa.Iv. 19.481) ebenfalls mit einer parlamentarischen Initiative dafür sorgen, dass die Erträge aus Negativzinsen nicht als Reingewinn der SNB verbucht werden, sondern der AHV – sowie allenfalls den Pensionskassen und der dritten Säule – zugute kommen.
Doch nicht nur im Bereich der Nationalbank, auch in weiteren Bereichen sah die SVP Potenzial für eine Unterstützung der AHV. So reichte die SVP-Fraktion im September 2018 drei Motionen ein, mit denen die Rahmenkredite für die Entwicklungshilfe um CHF 1 Mrd. pro Jahr (Mo. 18.3755) respektive für den Asyl- und Flüchtlingsbereich vorgesehene Gelder um CHF 500 Mio. jährlich gekürzt (Mo. 18.3757) sowie die sogenannte Kohäsionsmilliarde für die EU gestrichen werden (Mo. 18.3756) und die frei werdenden Gelder der AHV zugeführt werden sollten. Mit entsprechenden Anträgen war sie zuvor im Nationalrat bei der Besprechung der STAF gescheitert. Die Motionen 18.3755 sowie 18.3756 fanden jedoch in der Herbstsession 2019 ausserhalb der SVP keinen Anklang und wurden entsprechend deutlich abgelehnt. Die Motion 18.3757 wurde bis zum Ende der Herbstsession 2019 noch nicht behandelt.
Einen weiteren Vorschlag für eine Zusatzfinanzierung für die AHV machte Luzi Stamm (svp, AG; Pa.Iv. 19.435) – und somit wiederum ein Mitglied der SVP-Fraktion – im Mai 2019 in einer parlamentarischen Initiative. Demnach sollen zukünftig aufgrund von fix installierten Überwachungsgeräten ausgestellte Bussen und Geldstrafen im Strassenverkehr in den AHV-Fonds fliessen. Dabei ging es ihm jedoch nicht in erster Linie um die Finanzierung der AHV, sondern vor allem um die Überwachungsgeräte. Durch eine solche Änderung würden diejenigen Stellen, die Überwachungsgeräte aufstellen, nicht direkt von diesen profitieren, wodurch sichergestellt werden könne, dass diese tatsächlich zur Sicherheit, nicht nur für den Profit installiert würden.
Im September 2018 reichte schliesslich mit Beat Flach (glp, AG; Po. 18.4009) auch ein Mitglied der Grünliberalen Fraktion ein Postulat ein, gemäss dem der Bundesrat die Höhe der Zusatzfinanzierung für die AHV und IV durch eine Legalisierung von Cannabis und eine Besteuerung analog zu Tabak berechnen sollte. Dieselbe Problematik nahm auch Fabian Molina (sp, ZH; Anfrage 19.1039) im Juni 2019 in seiner Anfrage an den Bundesrat auf.
Eine Unterstellung von Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs unter den reduzierten Mehrwertsteuersatz sowie eine Erhöhung des Normalsatzes zugunsten der AHV forderte die Jugendsession 2017 in einer Petition (Pet. 18.2006).

Zusatzfinanzierung für die AHV

Mit äusserst knappen 12 zu 11 Stimmen sprach sich die KVF-NR im Februar 2016 gegen eine parlamentarische Initiative Matter (svp, ZH) aus, die eine Lockerung des Werbeverbots für Privatradio und -fernsehen forderte. Das Erlauben der Schaltung von politischer und religiöser Werbung nach Art. 4 und 5 des RTVG würde den privaten Rundfunkanbietern erhebliche Zusatzeinnahmen generieren. Ferner würde sie dies mit den privaten Online-Anbietern rechtlich gleichstellen und so in ihrer Wettbewerbsfähigkeit stärken, so der Initiant. Die Mehrheit der Kommission sah mit einer Lockerung des Werbeverbots hingegen die politische Unabhängigkeit der Privatsender beeinträchtigt und warnte vor «amerikanischen Verhältnissen» im Vorfeld von Abstimmungen und Wahlen. Konkret fürchtete die Kommissionsmehrheit eine Beeinflussung der politischen Willensbildung durch wirtschaftlich einflussreiche Akteure – gerade im Privatfernsehen fliesse hier sehr viel Geld, führte Mehrheitssprecher Candinas (cvp, GR) dann auch in der darauffolgenden Plenumsdebatte aus. Nach einer kurzen Debatte im Nationalrat – unter anderem zur Qualität der Demokratie in den USA und in Nachbarländern der Schweiz, die kein solches Werbeverbot kennen – folgte der Rat in der Sommersession 2017 mit 94 zu 83 Stimmen bei 3 Enthaltungen dem Antrag der Kommissionsmehrheit und beschloss dem Anliegen nicht Folge zu geben. Die unterlegene Kommissionsminderheit erhielt im Rat Unterstützung von der SVP-Fraktion sowie einer beinahe geschlossenen Fraktion der FDP.Liberalen.

Werbeverbot für Privatradio und -fernsehen wird nicht gelockert (Pa.Iv. 15.482)

Im Januar 2016 hatte Toni Brunner (svp, SG), der amtierende Parteipräsident der SVP, angekündigt, sein Amt niederzulegen. Der Toggenburger hatte der Partei acht Jahre lang vorgestanden und machte sie in seinem letzten Präsidialjahr bei den eidgenössischen Wahlen 2015 mit einem Wählendenanteil von 29.4 Prozent zur stärksten Partei seit Einführung der Proporzwahlen. Brunner hatte das Amt angetreten, als Christoph Blocher (svp, ZH) im Bundesrat nicht mehr bestätigt worden war und die SVP kurze Zeit als reine Oppositionspartei angeführt. Bei seinem Abtritt verfügte die SVP wieder über zwei Bundesräte. Neben Toni Brunner gab auch Christoph Blocher bekannt, sein Amt als Vizepräsident abzugeben, und auch der langjährige Generalsekretär der Partei, Martin Baltisser, der bereits in den 1990er Jahren und dann ein zweites Mal seit 2009 das Generalsekretariat geführt hatte, gab seinen Rücktritt bekannt. Dies wurde in der Presse als «Ende einer Ära» (Liberté) oder gar als «Zeitenwende» (NZZ) beschrieben.

Gleichzeitig mit der Bekanntgabe des Rücktritts von Brunner schlug die SVP-Leitung als Nachfolger den Berner Nationalrat Albert Rösti (svp, BE) vor. In der Presse wurde der «Null-Charisma-Mann» als «brav» (BaZ) bezeichnet. Er sei zwar «sanft im Auftritt, aber absolut linientreu» wusste der Tages-Anzeiger. Es könne deshalb von Kontinuität ausgegangen werden. Auch die Zeitung «Der Bund» rechnete nicht damit, dass sich mit einem Berner Präsidenten an der Ausrichtung der Partei etwas ändern werde. Die Zeit in der «eine gemässigte Berner SVP gegen den neoliberalen Zürcher Flügel kämpfte» sei vorbei. Immerhin habe der «Hardliner [...] Berner Rundungen» meinte die BZ. Da er im Gegensatz zu Toni Brunner gut französisch spreche, wurden der SVP mit Rösti grössere Chancen in der Romandie prophezeit. Rösti selber sprach sich in Interviews für Kontinuität aus. Er sehe es als Herausforderung, die Stärke der Partei zu halten, und es sei nicht ohne Risiko, eine Partei auf ihrem Höhepunkt zu übernehmen. An der Delegiertenversammlung Ende April 2016 wählte die Delegiertenversammlung dann ein neues SVP-Präsidium. Einstimmig wurde Albert Rösti mit 511 Stimmen (ohne Enthaltungen) zum neuen Präsidenten gewählt. Gegenkandidierende hatten sich keine gemeldet.

Die grösseren personellen Veränderungen an der Parteispitze betrachtete die Partei auch als guten Zeitpunkt, die seit den 1990er Jahren und dem Aufstieg der Partei kaum veränderten Organisationsstrukturen anzupassen. Von den Delegierten wurde zudem eine Statutenänderung gutgeheissen, die drei (statt bisher sieben) Vizepräsidien vorsah, die gemeinsam mit dem Präsidenten den Parteileitungsausschuss bilden, der das Tagesgeschäft der Partei führen soll. Ins Vizepräsidium wurden Céline Amaudruz (svp, GE), Thomas Aeschi (svp, ZG) und Oskar Freysinger (VS, svp) gewählt. Diesem Ausschuss gehörten zudem neben Christoph Blocher als Strategieverantwortlichen auch Walter Frey als Kommunikationsverantwortlicher, Thomas Matter (svp, ZH) als Finanzchef sowie Fraktionspräsident Adrian Amstutz (svp, BE) an. Damit werde die strategische Führung gestärkt und die Fachkompetenz in den Gremien erweitert, so die Partei in ihrem Jahresbericht. Zum neuen Generalsekretär hatte der Zentralvorstand bereits einen Tag vor der Delegiertenversammlung Gabriel Lüchinger gewählt.

Neues SVP-Präsidium
Dossier: SVP-Präsidenten seit 2000

Im Jahr 2013 hatte der Bundesrat die Europaratskonvention zur Steueramtshilfe unterzeichnet. Die Konvention definierte drei Arten des steuerlichen Informationsaustausches: Beim Austausch um Ersuchen handelte es sich um den seit 2009 gültigen OECD-Standard. Der spontane Austausch wurde neu geschaffen und zeichnete sich dadurch aus, dass ein Vertragsstaat einem anderen Steuerinformationen zukommen lässt, sobald er davon ausgehen kann, damit im Interesse des Staates, an den die Informationen übermittelt werden, zu handeln. Drittens war auch der automatische Informationsaustausch (AIA) vorgesehen, wobei für die Einführung desselben eine über die Konvention herausgehende Vereinbarung notwendig war. Eine solche Vereinbarung war von den Vertragsstaaten in Form des Multilateral Competent Authority Agreement (MCAA) auch getroffen worden.
Damit die Vereinbarung auch ratifiziert werden konnte, war eine Änderung des Steueramtshilfegesetzes notwendig. Dabei lag der Schwerpunkt auf der rechtlichen Einbettung des spontanen Informationsaustausches. Da der Vertrag das Prinzip der Reziprozität vorsah, würde die Schweiz sowohl Daten ausliefern als auch vom Ausland erhalten.
Die Debatte im als Erstrat fungierenden Nationalrat machte deutlich, dass sich die SVP am Sachverhalt der Reziprozität störte: Ein Minderheitsantrag Matter verlangte, dass vom Ausland an die Schweiz gelieferte Daten nur im Verdachtsfall genutzt und darauf basierende weitergehende Abklärungen vorgenommen werden durften. Damit sollte, wie Nationalrat Aeschi (svp, ZG) ausführte, der "unbescholtene Bürger" vor dem "Überwachungsstaat" geschützt werden. Die Gegner dieses Antrags argumentierten, dass es jeglicher Logik widerspreche, automatisch erhaltenen Informationen nicht durch ein Gesuch weiter nachgehen zu dürfen. Obwohl die Volkspartei geschlossen, die FDP mehrheitlich und auch eine Minderheit der CVP das Begehren unterstützten, wurde es mit 92 zu 80 Stimmen abgewiesen. Auch in der Gesamtabstimmung unterlag die SVP: Der Nationalrat stimmte der Änderung des Steueramtshilfegesetzes mit 119 zu 51 Stimmen zu.
Im Ständerat war das Geschäft deutlich weniger umstritten als im Nationalrat. Die kleine Kammer nahm jedoch gegenüber der nationalrätlichen Fassung eine kleine Präzisierung vor, mit der "der Schutz nicht betroffener Personen konkretisiert und ausgeweitet" werden sollte, wie Kommissionssprecher Zanetti (sp, SO) erläuterte. Aufgrund dieses Abänderungsvorschlags gelangte das Geschäft ein weiteres Mal in den Nationalrat, der die ständerätliche Version mit 125 zu 53 Stimmen guthiess. In der Schlussabstimmung fand die Vorlage in beiden Ratskammern schliesslich eine komfortable Mehrheit: Der Nationalrat stimmte mit 122 zu 68, der Ständerat mit 38 zu 5 Stimmen zu.

Unterzeichnung der Europaratskonvention zur Steueramtshilfe
Dossier: Informationsaustausch - Steueramtshilfeverordnung (AIA)

Nachdem sich der Bundesrat im November 2014 im Rahmen des MCAA zur Einführung des automatischen Informationsaustausches in Steuersachen (AIA) verpflichtet hatte, gelangte das entsprechende AIA-Gesetz in der Herbstsession in den Nationalrat. Dieses war nötig, damit die international eingegangenen Verpflichtungen auch umgesetzt werden konnten.
Die Ratsdebatte in der grossen Kammer wurde stark von Vertretern der SVP geprägt. Nachdem Anträge aus SVP-Reihen auf Nichteintreten und Rückweisung an den Bundesrat zu Beginn der Beratung gescheitert waren, brachten Parlamentarier der Volkspartei zahlreiche verschiedene Anträge ein. Der Versuch, eine unabhängige Stelle zu schaffen, an welche im Rahmen des spontanen Informationsaustausches vom Ausland erhaltene Informationen hätten weitergeleitet werden sollen und dass diese nur im Verdachtsfall von den Steuerbehörden hätten verwendet werden dürfen, fand ebenso keine Mehrheit wie das Ansinnen, die geltende Rechtslage insofern zu erhalten, als dass jedes einzelne neu verhandelte AIA-Abkommen dem fakultativen Referendum zu unterstellen war. Eine Mehrheit, bestehend aus SVP, FDP und Teilen der CVP, fand sich hingegen für einen Minderheitsantrag Matter (svp, ZH), der aus Fahrlässigkeit verursachte inkorrekte Selbstauskünfte nicht unter Busse stellen wollte.
Ebenfalls erfolgreich war ein spontan eingebrachter Antrag Regazzi (cvp, TI), der die Einführung einer neuen Steueramnestie forderte. Eine im Jahre 2010 geschaffene Möglichkeit der Selbstanzeige, bei der neben den Nachsteuern der vergangenen zehn Jahre eine Busse anfiel, sei ein zu kleiner Anreiz, falsch deklarierte Gelder zu melden. Dies könne korrigiert werden, indem die Frist auf fünf Jahre halbiert werde. Eine bürgerliche Ratsmehrheit folgte dieser Argumentation entgegen dem Willen des Bundesrats und nahm den Antrag mit 85 zu 80 Stimmen an.
Der Ständerat, der die Vorlage in der Wintersession behandelte, konnte dem Antrag Regazzi nichts abgewinnen, er sprach sich für die vom Bundesrat vorgeschlagene Variante aus. Für Diskussionen sorgte in der kleinen Kammer auch die Frage, ob es notwendig sei, eine neue Steuererkennungsnummer zu schaffen oder aber die bereits bestehende AHV-Nummer zu verwenden. Für eine neu geschaffene Erkennungszahl sprach das Argument des besseren Datenschutzes, die Kantone befürchteten aber dadurch erhebliche Mehrkosten. Der Ständerat sprach sich klar im Sinne der Kantone dafür aus, die bestehende AHV-Nummer zu verwenden.
Aufgrund der bestehenden Differenzen zwischen National- und Ständerat gelangte das Geschäft wieder zurück in die grosse Kammer. Diese erklärte sich mit den vom Ständerat abgeänderten Punkten einverstanden, womit die Vorlage angenommen wurde.

Automatischen Informationsaustausch (AIA)
Dossier: Informationsaustausch - Steueramtshilfeverordnung (AIA)

Das geldpolitische Jahr 2015 begann mit einem regelrechten Paukenschlag. Am 15. Januar gab der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Thomas Jordan, die sofortige Aufhebung des seit 2011 bestehenden Euro-Mindestkurses von CHF 1.20 bekannt. Begründet wurde dieser Schritt vor allem mit der divergierenden wirtschaftlichen und geldpolitischen Entwicklung in den beiden grossen Währungsräumen, der EU und den USA. Während sich in den Vereinigten Staaten eine allmähliche Erholung und eine Straffung der Geldpolitik abzeichnete, wurde von der Europäischen Zentralbank (EZB) eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik durch ein Ankaufsprogramm von Staatsanleihen erwartet. Diese Massnahme der EZB hätte den Euro gegenüber dem Franken weiter abgeschwächt und die SNB gezwungen, zusätzlich erhebliche Interventionen am Devisenmarkt zu tätigen. Einige Experten interpretierten den Entscheid der SNB-Spitze deshalb auch dahingehend, dass die SNB nicht mehr bereit gewesen sei, eine neuerliche Ausweitung der Bilanz und damit grössere Risiken in Kauf zu nehmen. Parallel zur Aufhebung des Euro-Mindestkurses gab die Nationalbank bekannt, die im Dezember 2014 eingeführten Negativzinsen auf den Giroguthaben der Banken per 22. Januar um 0,5% auf -0,75% zu senken. Sie wollte damit Anlagen in Schweizer Franken unattraktiver gestalten, um eine übermässige Aufwertung des Frankens zu verhindern. Zudem behielt sich die SNB ausdrücklich die Möglichkeit vor, weiterhin am Devisenmarkt einzugreifen, sollte dies aus ihrer Sicht notwendig sein.
Die Reaktionen auf den Entscheid der SNB fielen heftig aus, sowohl von Seiten der Finanzmärke als auch von Seiten der Politik. Während die Linke die Nationalbank vornehmlich kritisierte, zeigten die Bürgerlichen mehr Verständnis für die SNB und zollten ihr teilweise, zum Beispiel in der Person von Nationalrat Matter (svp, ZH), gar Respekt für ihren "mutigen Entscheid". Auch der Bundesrat zeigte sich überrascht von der Entscheidung der SNB. Wirtschaftsminister Schneider-Ammann anerkannte die zusätzlichen Schwierigkeiten, die den Unternehmen durch den Wegfall der Kursuntergrenze erwachsen würden, warnte aber gleichzeitig davor, in Alarmismus zu verfallen. Umso wichtiger sei es nun, den Unternehmen mit guten Rahmenbedingungen in anderen Bereichen (Beziehung zu Europa, Steuern, flexibler Arbeitsmarkt) Unterstützung und Planungssicherheit zu bieten.
Mit seinem Appell stiess der Bundesrat bei den Parteien jedoch auf taube Ohren. Sowohl das linke wie auch das rechte Lager wartete mit eigenen Rezepten auf, wie der Situation nach Aufhebung des Euromindestkurses zu begegnen sei. Nationalrätin Rytz (gp, BE) äusserste sich dahingehend, dass ein Eingriff des Staates in Form von vermehrten Investitionen in die Infrastruktur, von der konsequenten Umsetzung der Energiewende und von neuen Regeln im Finanzmarktbereich angezeigt sei; ihre Ratskollegin Leutenegger Oberholzer verlangte, mit einer dringlichen Revision des Kartellrechts einem übermässigen Einkaufstourismus entgegenzuwirken und einen Staatsfonds zu äufnen. Die bürgerliche Seite vermochte diesen Vorschlägen nichts abzugewinnen. Sie negierte die Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffs deutlich und verwies, ähnlich wie der Bundesrat, auf die Wichtigkeit von wirtschaftlich guten Rahmenbedingungen, gewährleistet durch Ausbau des Freihandels, durch Bewahrung der bilateralen Beziehungen zur EU und durch steuerliche Entlastungen. Der Versuch, aus den Folgen der Aufgabe der Kursuntergrenze durch die SNB Profit zu schlagen und die Politik im eigenen Sinne zu beeinflussen, manifestierte sich auch in der grossen Anzahl im Laufe des Jahres eingereichter parlamentarischer Vorstösse, die die Problematik der Frankenstärke in der einen oder anderen Weise aufgriffen.

Aufhebung des seit 2011 bestehenden Euro-Mindestkurses
Dossier: Kurs des Schweizer Franken seit 2011

Auch 2014 kam es im Parlament zu einigen Mutationen. Insgesamt wurden im Berichtsjahr elf neue Parlamentsmitglieder vereidigt. Tragisch war dies im Falle beider Ständeräte aus dem Kanton Glarus. Für den 2013 überraschend verstorbenen Pankraz Freitag (fdp, GL) und den 2014 zurückgetretenen und kurz darauf aufgrund seines Krebsleidens aus dem Leben geschiedenen This Jenny (svp, GL) wurden in Ersatzwahlen Thomas Hefti (fdp, GL) und Werner Hösli (svp, GL) als Nachfolger bestimmt (vgl. Kapitel 1e, Wahlen). Gleich vier Nationalräte rutschten aus dem Kanton Zürich nach: Christoph Blocher (svp, ZH) und Hans Kaufmann (svp, ZH) wollten eigentlich jüngeren SVP-Mitgliedern Platz machen, aber Ernst Schibli (svp, ZH; Jahrgang 1952), der 2011 nach 10 Jahren nicht mehr in den Nationalrat gewählt worden, aber erster Ersatz auf der SVP-Liste war, entschied sich für eine Rückkehr nach Bern. Für Blocher rutschte dann freilich der 15 Jahre jüngere Thomas Matter (svp, ZH) nach. Markus Hutter (fdp, ZH) trat zurück, weil er sich seinem Unternehmen widmen wollte. Für ihn kam Beat Walti (fdp, ZH) zum Handkuss. Der zweite neue Zürcher FDP-Vertreter war Hans-Peter Portmann (fdp, ZH). Er wurde Nachfolger von Filippo Leutenegger (fdp, ZH), der in die Zürcher Stadtexekutive gewählt wurde. Auch der ehemalige Präsident der FDP, Fulvio Pelli (fdp, TI) hatte seinen Rücktritt eingereicht und machte Platz für Giovanni Merlini (fdp, TI). Der fünfte Abgeordnetenaustausch für die FDP wurde zwischen Pierre-André Monnard (fdp, NE) und Laurent Favre (fdp, NE) getätigt. Favre war bei Ersatzwahlen in die Neuenburger Regierung gewählt worden. Neben Blocher, Jenny und Kaufmann trat für die SVP mit Caspar Baader (svp, BL) ein weiteres Schwergewicht zurück. Er wurde durch Christian Miesch (svp, BL) ersetzt. Die SP – Rebecca Ruiz (sp, VD) rutschte für Josiane Aubert (sp, VD) nach – und die BDP – mit Heinz Siegenthaler (bdp, BE) für Ursula Haller (bdp, BE) – hatten je eine Mutation vorzunehmen. Die 49. Legislatur war damit bis Ende 2014 bereits von 24 Wechseln geprägt. Fast jeder zehnte Sitz im nationalen Parlament wurde damit ausserhalb der regulären Wahlen getauscht.

Mutationen 2014
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Eine Motion Kaufmann (svp, ZH) betreffend Eigenmittelanforderungen für Versicherungen in Tiefzinsphasen kam 2014 in den Ständerat (Zweitrat). Die Motion forderte unter anderem die Erhöhung des Diskontierungssatzes für künftige Verpflichtungen der Lebensversicherungsbranche in Tiefzinsphasen. Die grosse Kammer hatte 2013 diesem Anliegen (Punkt 1) zugestimmt. Demgegenüber war die vorgeschlagene Senkung des BVG-Umwandlungssatzes während Tiefzinsphasen (Punkt 2) abgelehnt worden. Der Bundesrat, der das Anliegen betreffend Erhöhung des Diskontierungssatzes ebenfalls gutgeheissen hatte, veranlasste noch 2013 die Anpassung der Verordnung über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen. Dies erlaubte der Finma, den Diskontierungssatz zu erhöhen. Diese Änderung führte zu temporär tieferen Eigenmittelanforderungen für die Lebensversicherungsbranche. Die WAK-SR erachtete das Anliegen der Motion Kaufmann als erfüllt und lehnte den Vorstoss ohne Gegenantrag ab.

Erhöhung des Diskontierungssatzes für zukünftige Verpflichtungen der Lebensversicherungsbranche (Mo. 12.3557)

Nachdem in der Presse schon 2013 kolportiert worden war, dass die SVP-Parteileitung Druck auf ältere, langjährige Parlamentarier ausübe, damit diese noch während der Legislatur jüngeren Nachwuchshoffnungen Platz machten, traten im Berichtjahr gleich drei gestandene SVP-Parlamentarier zurück. Der Rücktritt von Hans Kaufmann (ZH) Ende Februar kam dabei einigermassen überraschend. Kaufmann begründete ihn mit der wenig erbaulichen Zusammenarbeit mit dem Bundesrat in Finanzthemen. Als Nachfolger von Kaufmann wäre eigentlich Thomas Matter vorgesehen gewesen. Matter war wie Kaufmann in der Finanzbranche tätig und gehörte der jüngeren SVP-Generation an. Auf dem Listenplatz, der zum Nachrücken berechtigte, fand sich allerdings Ernst Schibli noch vor Matter; Schibli übernahm das Amt trotz gegenteiligem Wunsch der Zürcher Parteileitung. Mit dem Rücktritt von Christoph Blocher im Mai 2014 rückte Matter dann doch noch nach. Mit seiner Ankündigung, auf sein Nationalratssalär verzichten zu wollen, erregte Matter auch deshalb Aufsehen, weil Blocher bei seinem Rücktritt eine Beschneidung der Parlamentarierentschädigungen gefordert hatte, um die Entwicklung hin zu einem Berufsparlament zu verhindern. Der geschätzt 200-fache Millionär Matter konnte sich den Verzicht auf seine Mandatsentschädigung freilich gut leisten. Mitte Juli kündigte Fraktionschef Caspar Baader (BL) an, im August zurückzutreten. Seine Nachfolge trat jedoch ebenfalls niemand aus der jüngeren Generation, sondern der 66-jährige Christian Miesch an, der von 1991 bis 1995 für die FDP und von 2003 bis 2011 für die SVP in der grossen Kammer gesessen hatte. Nach wie vor weigerte sich ein weiteres Urgestein der Zürcher SVP – Toni Bortoluzzi – standhaft, vorzeitig zurückzutreten. Ende Jahr kündigte allerdings Hansruedi Wandfluh (BE) seinen vorzeitigen Rücktritt per Anfang 2015 an. Auch hier fand sich nicht der eigentliche Wunschkandidat, der Berner SVP-Kantonalpräsident Werner Salzmann, auf dem nächsten Listenplatz, sondern der ebenfalls altgediente Jean-Pierre Graber.

Altersrücktrittsdiskussion in der SVP-Fraktion

Am Jahresende war im Ständerat eine 2012 vom Nationalrat zu Teilen angenommene Motion Kaufmann (svp, ZH) hängig. Der Vorstoss wollte die Eigenmittelanforderungen für die Versicherungen in Tiefzinsphasen anpassen. Der von den Volksvertretern angenommene Teil 1 der Motion hatte die Erhöhung des Diskontierungssatzes für zukünftige Verpflichtungen der Lebensversicherungsbranche gefordert, weil das sehr tiefe Zinsniveau die Eigenmittelanforderungen der Branche nach Ansicht des Motionärs über Gebühr erhöhte.

Erhöhung des Diskontierungssatzes für zukünftige Verpflichtungen der Lebensversicherungsbranche (Mo. 12.3557)

Mindestens in der Presse wurde diskutiert, ob die SVP ein Altersproblem habe. Ein Ende September erschienener Bericht behauptete, die Zürcher Kantonalpartei mache Druck auf ältere Nationalräte, ihren Sitz vorzeitig für Thomas Matter (ZH) zu räumen, der den zweiten Ersatzplatz auf der SVP-Liste hielt. Bereits 2012 war es diesbezüglich zu parteiinternen Auseinandersetzungen gekommen, weil Toni Bortoluzzi seinen Sitz auch deshalb nicht räumen wollte, weil sich sein potentieller Nachfolger Gregor Rutz gegen die Managed Care-Vorlage eingesetzt hatte, für die Bortoluzzi weibelte. Rutz rückte schliesslich für den geschassten Bruno Zuppiger nach. Ein zweiter Zürcher Nationalrat im Pensionsalter – Hans Kaufmann – hegte zwar Rücktrittsgedanken, allerdings stand Matter noch der erste Ersatzkandidat Ernst Schibli – ebenfalls bereits 61-jährig – vor der Sonne. Schibli hatte früh angekündigt, im Falle eines Rücktrittes nicht zugunsten von Matter verzichten zu wollen. Ende Jahr dachte ein Teil der Zürcher SVP über die Möglichkeit einer SVP-Seniorenliste für die Wahlen 2015 nach.

Altersrücktrittsdiskussion in der SVP-Fraktion

Im Dezember 2013 reichte Yvette Estermann (svp, LU) eine Motion für eine steuerfreie AHV ein. AHV-Renten sollten demnach auf Bundesebene vollständig steuerbefreit werden, wobei den Kantonen und Gemeinden eine Besteuerung weiterhin möglich bleiben sollte. Sie reiche damit die im Jahr 2010 vom Nationalrat abgelehnte Motion Kaufmann (svp, ZH; Mo. 08.3726) erneut ein, da sich die Situation der älteren Bevölkerung laufend verschlechtere. Statt immer mehr Geld dem Ausland zukommen zu lassen, solle man sich auf die eigenen Bürgerinnen und Bürger konzentrieren, erklärte sie. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung. Eine Steuerbefreiung der AHV-Renten sei nur korrekt, wenn man umgekehrt auch auf einen Steuerabzug der AHV-Beiträge verzichten würde, erklärte er. Zudem würden die AHV-Beziehenden dadurch gegenüber den übrigen Steuerzahlenden massiv begünstigt und damit das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verletzt. Schliesslich müssten auch die Mindereinnahmen von CHF 770 Mio. pro Jahr gegenfinanziert werden. Ende 2015 wurde die Motion unbehandelt abgeschrieben.

Für eine steuerfreie AHV

Neben der Marginalisierung der Weissgeldvorlage hatte der bundesrätliche Entscheid für den automatischen Informationsaustausch eine zweite mittelbare Auswirkung, nämlich die Unterzeichnung der Europaratskonvention zur Steueramtshilfe durch den Bundesrat im Oktober des Berichtsjahrs. Die Konvention sah gegenüber den damals geltenden Regelungen (Amtshilfe auf Ersuchen, Gruppenanfragen möglich) eine weitere Aufweichung der Amtshilferegelungen vor. Neu sollte auch „spontan“ - nicht jedoch „automatisch“ - Amtshilfe geleistet werden. Die Schweiz verpflichtete sich mit der Übernahme der Konvention dazu, Drittstaaten zu informieren, wenn sie auf unversteuerte, ausländische Gelder stossen sollte. Solche Daten musste die Schweiz jedoch nicht aktiv aufspüren; um der Konvention zu genügen, reichte die Weitergabe zufällig erlangter Informationen. Die SVP und die FDP kritisierten die Übernahme der Konvention, weil die Schweiz so zur „freiwilligen Steuerpolizei“ (Thomas Matter, svp, ZH) für das Ausland würde. Obwohl einiges darauf hindeutete, dass die Konvention Teil der zukünftigen internationalen Regelungen sein würde, teilte die FDP mit, das Abkommen im Rat abzulehnen, weil es über die globalen Standards hinausgehe. Alle anderen Parteien unterstützten die Unterzeichnung, verwiesen aber teilweise darauf, dass die Konvention erst umgesetzt werden sollte, wenn andere Staaten die Regelung ebenfalls umsetzten. Der Bundesrat erhoffte sich von der Ratifikation der Europaratskonvention zur Steueramtshilfe unter anderem, dass er damit die Anforderungen des Global Forum der OECD teilweise erfüllen konnte.

Unterzeichnung der Europaratskonvention zur Steueramtshilfe
Dossier: Informationsaustausch - Steueramtshilfeverordnung (AIA)

Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge im Rahmen des Projektes Tiger-Teilersatz war auch im Berichtsjahr wieder vorherrschendes Thema in der Verteidigungspolitik. Angesichts der aufzuwendenden CHF 3,126 Mia. war dieses Rüstungsgeschäft auch eines der grossen Traktanden der gesamten Bundespolitik des Berichtjahrs. Nachdem 2011 der Typenentscheid gefällt wurde und sich der Bundesrat nach einer langwierigen und nicht reibungslos verlaufenen Evaluation für den schwedischen Gripen entschieden hatte, galt es 2012 diesen Entscheid zu verteidigen, die Beschaffung voranzutreiben sowie die wichtigsten Eckpunkte zu sichern. Nicht nur der Beschaffungskredit von über drei Milliarden Franken musste geplant werden, sondern auch der Rückhalt im Parlament gewonnen und die Zusammenarbeit mit dem Lieferanten Saab und dem Schwedischen Staat koordiniert, respektive mit dem Kauf einher gehende Kompensationsgeschäfte vereinbart. Dass dies keine einfache Aufgabe für Verteidigungsminister Maurer war, zeigte nicht nur der Verlauf der Geschichte dieses Vorhabens, sondern legten auch die Erfahrungen früherer Kampfjetbeschaffungen nahe, welche aus diversen Gründen jeweils für viel Unmut auf allen Ebenen sorgten. Bis ins Spätjahr hinein sorgte eine intensiv geführte, durchaus kritische mediale Kampagne für Kontroversen. Dabei wurde immer wieder in Frage gestellt, ob der Gripen überhaupt das richtige Flugzeug sei. Mit denkbar schlechten Voraussetzungen musste der Verteidigungsminister im Berichtsjahr die Gripen-Beschaffung im Parlament vertreten. Diese war mit der bundesrätlichen Botschaft zum Rüstungsprogramm 2012 Mitte November 2012 den eidgenössischen Räten beantragt worden. Für die Beschaffung von 22 Kampfflugzeugen des Typs Gripen E war ein Verpflichtungskredit von besagten rund CHF 3 Mia. zu beschliessen. Ein referendumfähiges Gripen-Fondsgesetz sollte die Finanzierung legitimieren und sicherstellen.

Bevor das Rüstungsgeschäft im Parlament besprochen wurde, waren einige Nebenschauplätze in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Im Januar wurde bekannt, dass einer der an der Typenevaluation beteiligten Flugversuchsingenieure seine Arbeitsstelle nach über 30 Jahren bei der Luftwaffe verlassen musste. Durch eine Amtsgeheimnisverletzung fand ein vertrauliches Protokoll der Gripen-Subkommission den Weg an die Öffentlichkeit. Darin festgehaltene, kritische Äusserungen des Ingenieurs über den Gripen gaben den Ausschlag zu seiner Entlassung. Nachdem bekannt wurde, dass bereits 2012 ein weiterer Flugversuchsingenieur seinen Posten räumen musste, wurde von einer Art „Säuberungsaktion unter Gripen-Kritikern“ berichtet. Eine den Betroffenen auferlegte Schweigepflicht zur Sache war ein gefundenes Fressen für die Medien. Beim VBS erbetene Stellungnahmen blieben jedoch vorerst ebenfalls aus, womit die Angelegenheit einen weiteren Knick in der Gripen-Story darstellte. Bevor diese Indiskretionen aufgeklärt werden konnten, wie von SiK-Präsidentin Galladé (sp, ZH) und Subkommissionspräsident Hurter (svp, SH) gefordert, waren die Ingenieure quasi Bauernopfer in einer nunmehr unwürdigen „Indiskretionenflut“. Später wurde bekannt, dass es zwischen dem Gripen-Projektleiter bei armasuisse und dem Flugwaffen-Experten zum Zwist kam, worauf anscheinend auch von Seiten Saab eine personelle Veränderung verlangt wurde.

Gleichzeitig erreichten positive Signale aus Schweden die Schweiz: Schwedens Regierung gab der Militärleitung den Auftrag, 60 Jets des Typs Gripen E bei Saab zu bestellen. Diese Beschaffung wurde jedoch an die Bedingung geknüpft, dass mindestens ein Partner mitmache. Falls die Schweiz, oder ein anderes Land, nicht folgt und bis Ende 2014 ebenfalls mindestens 20 Jets ebendiesen Typs bestellt, kann die Regierung von einer Ausstiegsklausel Gebrauch machen und die Bestellung stornieren. Schwedens Vertrauen in den (eigenen) Jet gab der Debatte in der Schweiz zwar Aufwind, aber noch schienen zu viele Vertragsklauseln zu unsicher: Das VBS sollte sich im Auftrag des Parlaments gegen Nichterfüllen der Verträge absichern. Schweden solle mit der Herstellerfirma Saab einen Vertrag über 82 Jets abschliessen, die Schweiz ihrerseits einen mit Schwedens Regierung über den Kauf von 22 dieser Jets. So machte etwa die FDP ihre Zustimmung im Parlament davon abhängig, dass Strafzahlungen fällig werden sollen, wenn Saab einzelne Leistungen nicht erbringe.

Noch bevor die Vorlage im Parlament besprochen wurde, formierte sich Mitte Februar ein linkes Anti-Gripen-Bündnis, welches sich für den Referendumskampf vorbereiten wollte. Die Grüne Partei, mit alt Nationalrat Jo Lang (gp, ZG) als prominentem Jet-Gegner, die SP, JUSO, Junge Grüne, die GSoA und andere Organisationen schlossen sich der Allianz an. Das Zeichen war deutlich: bei einer Annahme im Parlament sollte das Referendum ergriffen werden.

Als Erstrat hatte sich Anfang März der Ständerat mit dem Geschäft zur Beschaffung auseinanderzusetzen. Die Mehrheit der sicherheitspolitischen Kommission (SiK) sprach sich (mit neun zu vier Stimmen) für Eintreten auf die Vorlage aus. Aus der Finanzkommission kamen ebenfalls positive Signale: diese hatte der Finanzierung mit sieben zu zwei Stimmen grünes Licht gegeben. Es gab aber auch den erwarteten Widerstand: Eine Minderheit Zanetti (sp, SO) beantragte Nichteintreten mit der Begründung, die ganze Beschaffung sei zu unsicher. Zudem stellte sie die Notwendigkeit neuer Flugzeuge grundsätzlich in Frage und schlug vor, die Schweiz solle sich am Luftraumüberwachungsprogramm der NATO beteiligen. Ein weiterer Antrag Recordon (gp, VD) verlangte Rückweisung an die Kommission mit der Aufgabe, den Erwerbsvertrag genauer zu prüfen. Die Eintretensdebatte war von Bekenntnissen zu Armee und Sicherheit geprägt, jedoch auch seitens bürgerlicher Politiker mit kritischen Voten versehen. Die finanziellen Risiken seien zu gross, so beispielsweise Ständerat Jenny (svp, GL). Der Flugzeugbeschaffung gegenüber kritisch eingestellte, bürgerliche Räte sahen im grossen finanziellen Aufwand zu grosse Einschnitte ins ordentliche Armeebudget, welches in den nächsten zehn Jahren zusätzlich den vom Bundesrat vorgesehenen Gripen-Fonds speisen müsse. Sämtliche Gegenanträge hatten schliesslich in den Eintretensabstimmungen keine Chance: Der Nichteintretensantrag scheiterte zwar mit 22 zu 20 Stimmen nur knapp, der Rückweisungsantrag etwas deutlicher mit 25 zu elf Stimmen. Der Bundesbeschluss wurde im Ständerat damit grundsätzlich gutgeheissen, scheiterte aber am fehlenden qualifizierten Mehr zur Lösung der Ausgabenbremse. Die SiK beantragte überdies einen zusätzlichen Artikel, wonach der Bundesrat den SiK beider Räte jährlich einen Bericht über den Stand der Beschaffung unterbreiten muss. Damit schuf der Ständerat einen neuen, vom Bundesratsentwurf abweichenden Passus. Mit 22 zu 20 Stimmen in der Gesamtabstimmung überwies der Ständerat das Geschäft an den Nationalrat. Die FDP Fraktion hatte sich schliesslich zu einem Ja durchringen können, nachdem früher monierte Verbesserungen in den Verträgen angebracht worden waren. Das gleichzeitig traktandierte Gripen-Fondsgesetz war ebenfalls von einem Rückweisungsantrag Recordon (gp, VD) betroffen, welcher jedoch deutlich abgelehnt wurde. In der Schlussabstimmung nahm der Ständerat das Gesetz mit 23 zu 15 Stimmen deutlich an. Dass die Vorlage am qualifizierten Mehr vorerst gescheitert war, wurde in den medialen Berichterstattungen als eigentliche „Ohrfeige“ betitelt. Das daraus resultierende mindestens vorübergehende Nein wurde auch als Quittung für mangelhafte Kommunikation seitens des VBS bezeichnet, jedoch auch als Zeichen gegen eine unentschlossene Regierung, welche noch 2010 im Armeebericht von einer Kampfjetbeschaffung absehen wollte. Konsterniert konstatierte der Verteidigungsminister denn auch, dass das Geschäft ins Wanken gerate.

In der Folge wurde der Entscheid der sicherheitspolitischen Kommission (SiK) des Nationalrates mit Spannung erwartet. Nach dem Votum im Ständerat und im Wissen um die kritische Haltung des Meinungsführers und Gripen-Subkommissionspräsidenten Thomas Hurter (svp, SH), war nicht klar, wie andere bürgerliche Kommissionsangehörige stimmen würden. Bundesrat Maurer trug zudem mit brisanten Aussagen weiter zur Unruhe bei: In einer Rede bei der Schweizerischen Offiziersgesellschaft sprach der Verteidigungsminister unter anderem von der Beschaffung unbemannter Flugkörper (Drohnen), welche just in der Auslieferungsphase der ersten Gripen-Jets beantragt werden sollen. In ihrer Sitzung Anfang April beschloss die SiK dann allerdings, erst im August zu entscheiden und bis dahin zusätzliche Forderungen zu stellen – was gleichzeitig eine zeitliche Verzögerung von mehreren Monaten bedeutete. Die grösste Baustelle orteten die Sicherheitspolitiker in den Zahlungsmodalitäten: Über einen Rückbehalt eines Teils der Zahlungen an Schweden solle sich die Schweiz absichern. Zusätzlich sollen als Grundbedingung nicht mehr als 15 Prozent des Gesamtkaufpreises als Anzahlung nach Schweden überwiesen werden. Als zweite Massnahme soll das VBS bei jeder fällig werdenden Teilzahlung für die Kampfflieger jeweils acht Prozent zurückbehalten. Die Hälfte dieser acht Prozent erhält Schweden bei korrekter Auslieferung einer Tranche, den Restbetrag beim erfolgreichen Abschluss des ganzen Geschäfts. Die zurückbehaltenen Gelder sollen als Druckmittel dienen, falls die Herstellerfirma Saab die vereinbarten Anforderungen nicht erfülle oder die Jets zu spät ausliefere. Die Forderungen zwangen das Verteidigungsdepartement zu Nachverhandlungen – und wurden von SVP Politikern als „Misstrauensvotum gegen Schweden“ kritisiert. Trotz Verzögerungen innerhalb des Berichtsjahres änderte sich die Agenda aber nicht grundsätzlich. Statt in der Sommersession hatte sich der Nationalrat erst im Herbst mit dem Geschäft auseinanderzusetzen, eine allfällige Referendumsabstimmung würde jedoch gleichwohl 2014 stattfinden können.

Vor der wegweisenden zweiten Sitzung der SiK im August wurde bekannt, dass das VBS die gewünschten Forderungen nicht hatte aushandeln können. Statt der verlangten Verringerung der Akontozahlungen an Schweden auf 15 Prozent, pochte der Vertragspartner auf 40 Prozent oder rund CHF 1 Mia. Da Schweden jedoch ursprünglich rund zwei Drittel des Kaufpreises als Akontozahlung forderte, konnte die Einigung auf den genannten Betrag als Kompromiss betrachtet werden. In anderen Belangen wie der Regelung einer Konventionalstrafe wurden jedoch Fortschritte gemacht. Ende August wurden in einer SiK-Sitzung die aufgeschobenen Traktanden zur Gripen-Beschaffung nachgeholt. Dass im VBS weiter verhandelt worden war, hatte sich gelohnt: die Sicherheitspolitiker konnten sich zu einem Ja zum Gripen durchringen, wenn auch gegen die geschlossene Linke innerhalb der Kommission. Damit erhielt das Geschäft einen positiven Schub für die anstehende Debatte in der Volkskammer.

Der Nationalrat beschäftigte sich in der Herbstsession mit dem Geschäft. Die SiK beantragte dem Plenum mit 14 zu neun Stimmen, auf die Vorlage einzutreten und ihr zuzustimmen. Die Finanzkommission des Nationalrates hatte die Vorlage bereits im Frühjahr gutgeheissen. Dennoch stand das Geschäft wie in der kleinen Kammer von Beginn weg im Gegenwind. Ein Nichteintretensantrag und zwei Rückweisungsanträge standen im Raum. Eine Minderheit Allemann (sp, BE) fasste unter dem Begriff „Geldverschwendung“ ihren Unmut über diese Beschaffung zusammen. Drei Argumente wurden vorgebracht: Erstens sprach sie dem Geschäft jegliche Berechtigung ab. Es sei unnötig Jets zu beschaffen, wenn man von Freunden umzingelt sei. Zweitens sei der Gripen nicht der richtige Typ, weil er im Luftpolizeidienst – seiner designierten Hauptaufgabe – schlechte Testresultate generiert habe. Als drittes und mit Verweis auf die Mirageaffäre wurde vorgebracht, dass das Risiko zu hoch sei, einen noch nicht fertigentwickelten „Papierflieger“ einzukaufen. Auch von bürgerlichen Politikern wurde Widerstand geleistet. Eine Minderheit Walter Müller (fdp, SG) sorgte sich um finanzielle Risiken. Mit einer Anzahlung über CHF 1 Mia. an Schweden bis zum Jahr 2016 begebe sich die Schweiz zu stark in eine Abhängigkeit von den Vertragspartnern. Gleichzeitig wurde die Leistungsfähigkeit des Saab-Fliegers angezweifelt. Im Rückweisungsantrag wurde verlangt, die anderen Angebote der Hersteller EADS und Dassault ebenfalls einer Nachevaluation zu unterziehen. Saab hatte zur Verbesserung des Jets in einzelnen Punkten nachbessern können. Der zweite Rückweisungsantrag Fischer (glp, LU) basierte auf der Idee einer generellen Sistierung von Kampfjetbeschaffungen. Es solle in der gewonnenen Zeit im Rahmen der Weiterentwicklung der Armee (WEA) eine grundsätzliche Standortbestimmung und ein Gesamtkonzept für den Einsatz der Luftwaffe erarbeitet werden, welches Basis für zukünftige Beschaffungen sein soll. Die Antragsteller forderten insbesondere, dass diese Beschaffung besser mit anderen wegweisenden und strategischen Geschäften (WEA, Rüstungsprogrammen) koordiniert wird. Die erwarteten Links-Rechts-Gegensätze zeigten sich bereits in der Eintretensdebatte. Sämtliche Gegenanträge wurden vom geschlossen abstimmenden bürgerlichen Block mit komfortabler Mehrheit abgewiesen. Die folgende Detailberatung war lediglich durch eine kleine Änderung einer Minderheit Allemann (sp, BE) geprägt. Diese wollte auf technische Vorkehrungen für die Luft-Boden-Kampffähigkeit zum Zeitpunkt der Beschaffung noch verzichten und dadurch rund CHF 70 Mio. einsparen. Das zentrale Argument war jedoch nicht diese Einsparung sondern sicherheitspolitische Bedenken, welche mit Einsätzen von solchen Waffen einhergehen. Die Schweiz hat seit 1994 und der Ausmusterung der Hunter-Flotte keine solchen Waffen mehr an den Kampfflugzeugen. Dieser Antrag blieb jedoch im Plenum chancenlos und der Vorlage wurde mit 113 zu 68 Stimmen zugestimmt. Die Ausgabenbremse wurde mit ähnlichem Stimmverhältnis ebenfalls gelöst.
Das Gripen-Fondsgesetz wurde mit zwei Änderungsanträgen bekämpft. Eine Minderheit Roland Fischer (glp, LU) wollte die Fondseinlagen auf höchstens CHF 3,126 Mia. begrenzen. Eine Minderheit II Flach (gp, AG) wollte Kreditverschiebungen verhindern. Die Einlagen sollten ausschliesslich für die Flugzeugbeschaffung verwendet werden und nicht via Globalbudget für Armeeimmobilien aufgewendet werden können. Der Vorschlag Fischer wurde auf Antrag der SiK und mit Unterstützung des Verteidigungsministers deutlich abgelehnt, mit der Begründung er sei unnötig, da der zu genehmigende Betrag festgeschrieben und zudem an dieses Rüstungsgeschäft gebunden sei. Der Antrag der Minderheit Flach wurde ebenfalls abgelehnt. Die Vorlage wurde in der Gesamtabstimmung mit 118 zu 67 Stimmen angenommen.

Die im Herbst im Ständerat behandelte Differenzbereinigung betraf lediglich die Ausgabenbremse, welche noch im Frühjahr am nötigen Quorum gescheitert war. Ohne viele Wortmeldungen, jedoch nach einem Vortrag von Bundesrat Maurer, in dem er noch offene Punkte zu klären versuchte, wurde das Geschäft auch im Ständerat abgeschlossen und mit 27 gegen 17 Stimmen wurde auch die Ausgabenbremse gelöst. Das Bundesgesetz über den Fonds zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen wurde in den Schlussabstimmungen mit 25 zu 17 Stimmen im Ständerat und mit 117 zu 71 Stimmen im Nationalrat angenommen. Damit nahm die Kampfjetbeschaffung zur Umsetzung des Tiger-Teilersatzes die Hürde Parlament.

Durch die Finanzierungslösung über das Gripen-Fondsgesetz, stand die Flugzeugbeschaffung unter Vorbehalt eines fakultativen Referendums. Bereits vor den Debatten um Preis und Flugzeugtyp hatte die Grüne Partei verlauten lassen, sie werde gegen den Kauf neuer Flugzeuge das Referendum ergreifen. Noch vor der Schlussdebatte im Ständerat hatten sich zwei Komitees gegen den Gripen gebildet. Ein linkes um SP und GP sowie ein bürgerliches Komitee, welches vorwiegend aus GLP-Politikern zusammengesetzt war. Dies stellte ein Novum dar: In Armeefragen hatte sich noch nie eine bürgerliche Partei gegen ein Armeegeschäft gestellt. Die Referendumsfrist lief ab Anfang Oktober bis zum 16. Januar 2014. Lange brauchten die Gripen-Gegner allerdings nicht: Nach knapp zwei Monaten und rund sechs Wochen vor Ablauf der Referendumsfrist hatte das linke Komitee 80'000 Unterschriften beisammen. Damit zeichnete sich ab, dass eine Abstimmung bereits im Mai 2014 erfolgen dürfte. Dass das bürgerliche GLP-Komitee kaum 10'000 Unterschriften zu sammeln vermochte und die eigene Sammelaktion abgebrochen hatte, schmälerte dessen Wille, gegen den Gripen zu agieren nicht. Fortan bestritten die beiden Komitees einen je eigenen Abstimmungskampf gegen den Gripen. Kurz vor Jahreswechsel lancierte der Verteidigungsminister den Abstimmungskampf für den Gripen. Mit der Metapher eines Chalets mit löchrigem Dach warnte Maurer fortan vor einer mangelhaft ausgerüsteten Luftwaffe nach Ausserdienststellung der Tiger F-5 Jets. Die Gripen-Beschaffung sei essentiell für die Sicherheit der Schweiz. Bemerkenswert am teuren Rüstungsgeschäft war dass die Armeeführung und allen voran Bundesrat Ueli Maurer trotz allen Unstimmigkeiten während der Typenevaluation, trotz Indiskretionen, trotz Gegenangeboten der unterlegenen Jet-Hersteller Dassault und EADS und ungeachtet jeglicher Kritik am favorisierten Typen auf den schwedischen Gripen beharrte. Weder eine Neuevaluation noch eine Prüfung von Alternativen waren jemals in Betracht gezogen worden. Das Stimmvolk wird 2014 das letzte Wort haben. Im Verlauf der parlamentarischen Debatte wurden neben mehreren Interpellationen und Anfragen zwei Motionen behandelt, die im Nationalrat allerdings keine Chance hatten: Eine Motion Kaufmann (svp, ZH) (Mo. 12.3278) aus dem Jahr 2012 wollte die neuen Kampfflugzeuge mit einer Militärpflicht-Ersatzabgabe für Ausländer finanzieren. Mit einer Motion Allemann (sp, BE) (Mo. 11.4021) sollte bereits seit 2011 und hinsichtlich einer Anschaffung von neuen Jets der Fluglärm auf dem Flugplatz Meiringen (BE) eingedämmt werden. Beide Vorstösse wurden jeweils recht deutlich abgelehnt.

Beschaffung des Kampfflugzeuges Gripen (BRG 12.085)
Dossier: Armee-Rüstungsprogramme
Dossier: Gripen-Beschaffung
Dossier: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge
Dossier: Teilersatz der Tiger F-5 Kampfflugzeuge und Beschaffung des Gripen

Der Nationalrat nahm 2012 Teile einer Motion Kaufmann (svp, ZH) an, die sich mit den Problemen der Lebensversicherungsbranche im herrschenden Tiefzinsumfeld befasste. Der Motionär forderte in Teil 1 seiner Motion die Erhöhung des Diskontierungssatzes für zukünftige Verpflichtungen der Lebensversicherungsbranche. Dieser sei momentan zu tief, weil er auf der Rendite von Schweizer Bundesanleihen basiere. Dies erhöhe die Eigenkapitalanforderungen an die Branche über Gebühr, so die Argumentation. Der Bundesrat unterstützte das Anliegen. Der Vorstoss passierte in der Grossen Kammer diskussionslos. Teil 2 der Motion, der die Anpassung des BVG-Umwandlungssatzes im Angesicht der tiefen Zinsen forderte, wurde hingegen abgelehnt.

Erhöhung des Diskontierungssatzes für zukünftige Verpflichtungen der Lebensversicherungsbranche (Mo. 12.3557)

Die Kontroverse um die von den Banken zu haltenden Eigenmittel war nach der Verabschiedung der Revision des Bankengesetzes (2011) sowie der Genehmigung der zugehörigen Verordnungen (2012) allerdings noch nicht beendet. Bürgerliche Politiker, angeführt von ZKB-Bankrat Hans Kaufmann (svp, ZH), bemängelten, dass unter dem neuen Regime die systemrelevanten Grossbanken aufgrund der ihnen möglicherweise gewährten Eigenmittelrabatten weniger Eigenkapital halten müssten als die nicht systemrelevanten Banken zweiter Kategorie (ZKB und Raiffeisen Gruppe). Eigenmittelrabatte waren unter anderem für interne Risikomodelle vorgesehen, die allerdings fast ausschliesslich von den Grossbanken unterhalten wurden. Eine Motion der WAK-NR verlangte deshalb, dass die Eigenmittelanforderungen an systemrelevante Banken und an die übrigen Banken in einem korrekten Verhältnis stehen müssten. Der Bundesrat lehnte die Motion ab. Er argumentierte, dass die Eigenmittelrabatte, die den systemrelevanten Banken möglicherweise gewährt würden, praktisch nicht dazu führen könnten, dass diese weniger Eigenkapitel halten müssten als andere Banken. Der Nationalrat folgte der bundesrätlichen und von der Ratslinken unterstützten Argumentation jedoch nicht und nahm die Motion mit 114 zu 50 Stimmen an.

Eigenmittelanforderungen an systemrelevante Banken (Mo. 12.3656)
Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008

Par le biais d’une initiative parlementaire, Kaufmann (udc, ZH) espérait modifier la loi fédérale sur la formation professionnelle (LFPr). Dans son initiative, il montrait du doigt les distorsions de concurrence que subissent les prestataires privés de la formation professionnelle. Il a ainsi démontré qu’une concurrence déloyale s’est installée entre les prestataires privés de formation professionnelle et ceux du secteur public subventionnés par la Confédération. En outre, Kaufmann (udc, ZH) a démontré l’aberrance économique de telles subventions qui grèvent inutilement les finances publiques, alors que, selon lui, les prestations privées garantissent une formation suffisante et d’une qualité remarquable. La CSEC-CN a rappelé que l’article 11 de la LFPr empêche déjà cette inégalité. De plus, elle a ajouté que ce même article charge les cantons, et non pas la Confédération, d’agir en cas de distorsions de concurrence. Dans l’esprit de sa commission, le Conseil national a refusé cette initiative parlementaire par 131 voix contre 56.

les distorsions de concurrence que subissent les prestataires privés de la formation professionnelle

Der Bundesrat legte dem Parlament einen Mantelerlass über den Einkauf von Waren in Zollfreiläden auf Flughäfen vor. Dieses neue Bundesgesetz geht auf eine Motion Kaufmann (svp, ZH) aus dem Jahr 2006 zurück. Mit einer Anpassung der Zoll-, Mehrwertsteuer-, Alkohol- und Tabaksteuergesetzgebung soll es ermöglicht werden, in Zukunft auch bei der Ankunft aus dem Zollausland abgabefrei einzukaufen. Der Nationalrat befasste sich als Erstrat mit dem Geschäft. Nachdem ein Nichteintretens- und ein Rückweisungsantrag der Ratslinken gescheitert war, wurde das Gesetz ohne weitere Diskussion nach dem Entwurf des Bundesrates verabschiedet. Im Ständerat wurde der Zweck eines solchen Gesetzes von den Sozialdemokraten erneut hinterfragt. Die Präventionsbemühungen des Bundes würden unterlaufen, wenn nun staatlich gefördert Alkohol und Tabak verkauft würde. Allerdings passierte das Gesetz auch den Ständerat und wurde in der Schlussabstimmung von beiden Raten angenommen.

Bundesgesetz über den Einkauf von Waren in Zollfreiläden auf Flughäfen