Suche zurücksetzen

Inhalte

Akteure

  • Maurer, Ueli (svp/udc) BR VBS / CF DDPS

Prozesse

  • Wahlen
4 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Gleich fünf neue Ratsmitglieder wurden zu Beginn der Wintersession 2017 neu vereidigt. Diana Gutjahr (svp, TG), Jahrgang 1984, ersetzt Hansjörg Walter (svp, TG). Walter trat nach 18 Jahren als Nationalrat zurück. Der ehemalige Bauernverbands- und Nationalratspräsident wird als zweimaliger Bundesratskandidat in Erinnerung bleiben. 2008 war er, von Links-Grün sowie Teilen der FDP und der CVP als Sprengkandidat gesetzt, um lediglich eine Stimme Ueli Maurer unterlegen. 2011 wurde er, nachdem der eigentlich nominierte Bruno Zuppiger (svp, ZH) wegen Verdachts auf Veruntreuung nicht mehr antreten konnte, von seiner eigenen Partei nominiert, unterlag aber der amtierenden Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Seine Nachfolgerin ist Vizepräsidentin des Thurgauer Gewerbeverbandes. Die „Strahlefrau der Thurgauer SVP” (NZZ) gilt als Zögling des ehemaligen Nationalrats Peter Spuhler.
Mit Hansjörg Brunner (fdp, TG) rutschte gleich auch der Präsident des Thurgauer Gewerbeverbandes nach. Der 51-jährige Inhaber einer Druckerei nimmt den Platz von Hermann Hess (fdp, TG) ein, der nach lediglich zwei Jahren und ohne einen Vorstoss lanciert zu haben, wieder von der nationalen Politikbühne abtritt.
Dem Rücktritt von Jonas Fricker (gp, AG), der durch die 30-jährige Islamwissenschafterin Irène Kälin (gp, AG) ersetzt wird, ging ein – je nach medialer Lesart – „Eklat” (Aargauer Zeitung), ein „Schock” und „Skandal” (Blick) oder lediglich eine „verbale Entgleisung” (Tagesanzeiger) voraus. Fricker hatte in einem Votum zur Fair-Food-Initiative einen Schweinetransport mit der Deportation von Juden verglichen. Er habe bei einem Dokumentarfilm über den Transport von Schweinen unweigerlich an die Massendeportationen nach Auschwitz aus dem Film „Schindlers Liste” denken müssen. Fricker wörtlich: „Die Menschen, die dort deportiert wurden, die hatten eine kleine Chance zu überleben. Die Schweine, die fahren in den sicheren Tod.” Allerdings entschuldigte sich der Aargauer Grüne noch während der Debatte für seine Aussage und bat anschliessend auch den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund um Verzeihung. Dieser akzeptierte die Entschuldigung zwar, die Spitze der grünen Partei distanzierte sich allerdings von Frickers Vergleich, der „inakzeptabel” sei – so Balthasar Glättli (gp, ZH) im Blick. Besonders hart ins Gericht mit Fricker ging ebendiese Boulevardzeitung, die – sekundiert von alt-Nationalrat Josef Lang – relativ rasch den Rücktritt Frickers forderte. Eine Forderung, der Fricker schliesslich zwei Tage nach seiner Aussage nachkam. Er trete zurück, weil es für ihn das stärkste Zeichen sei, das er setzen könne. Der Rücktritt wurde allerdings unterschiedlich interpretiert. Während der „Blick” ihn als Grösse feierte, hinterfragten der Tagesanzeiger und die NZZ, ob dieser Rücktritt wirklich nötig gewesen sei. Schliesslich sei Fricker von der Aargauer Bevölkerung gewählt worden. Irène Kälin, seine Nachfolgerin und „neckischerweise mit einem bekannten Ringier-Mann liiert” (NZZ, 4.10.), politisiere pointierter links als Fricker. Der Abgang sei deshalb fragwürdig.
Auch in der EVP kam es zu einem Personalwechsel. Niklaus-Samuel Gugger (evp, ZH) rutschte für Maja Ingold (evp, ZH) nach, die seit 2010 im Nationalrat sass und damals, als Nachfolgerin von Ruedi Aeschbacher, die erste Frau der EVP auf nationaler Ebene war. Ingold – die aus Altersgründen zurücktreten wollte –, wie auch Gugger, stammen aus Winterthur. Gugger ist der erste Nationalrat mit indischen Wurzeln. Seine Eltern waren Entwicklungshelfer und adoptierten ihn als Baby in Indien.
Rocco Cattaneo (fdp, TI) rutschte für den in den Bundesrat gewählten Ignazio Cassis nach. Der 59-jährige ehemalige Veloprofi und Unternehmer machte gleich auf sich aufmerksam, weil er mit dem Velo bereits am Freitag aus dem Tessin an die Session fuhr – von Bironico am Monte Ceneri über den Gotthard nach Bern; also rund 250 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h, wie der Neo-Nationalrat betonte. Er verstehe seine Tour auch als Plädoyer für sichere Velowege – ein Vorgeschmack auf die Debatte um die Velo-Initiaitive, in deren Komitee Cattaneo sitzt.
Die fünf Neuen – bei Halbzeit der 50. Legislatur waren bisher 10 Mutationen zu verzeichnen – wurden vereidigt (Brunner, Cattaneo und Gugger) bzw. legten das Gelübde ab (Gutjahr und Kälin).

Mutationen 2017
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Die Wahlschlappe der BDP bei den Wahlen im Kanton Bern wurde von der Parteispitze unter anderem damit erklärt, dass sich die BDP zu stark an die SVP und die FDP angenähert habe. Der Slogan „erfrischend anders“ sei von der eigenen Partei nicht richtig umgesetzt worden und man habe sich zu sehr auf bisherigen Erfolgen ausgeruht. Man könne nicht einfach eine „SVP-light“ sein, sondern müsse sich als Mittepartei neu positionieren. Mit mehreren, teilweise sehr harschen Angriffen auf die SVP versuchte Parteichef Martin Landolt seine Partei von der Volkspartei abzugrenzen. Mitte November forderte er gar, dass die SVP bei einem allfälligen Rücktritt von Bundesrat Ueli Maurer nicht mehr in der Regierung vertreten sein dürfe. Landolt sprach davon, gleichzeitig modern und konservativ sein zu wollen. Er rief Anfang April die Delegierten auf, mehr auf die Inhalte der Partei aufmerksam zu machen. Die BDP sei eine Partei, die sich ökologischen Herausforderungen stelle und dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung trage. Man müsse zeigen, dass man konstruktiv und vernünftig und eben nicht rechtskonservativ sei.

Inhaltliche Entwicklung der BDP
Dossier: Gründung und Entwicklung der BDP

Deutlich weniger präsent im Wahlkampf als vor vier Jahren waren die Bundesrätinnen und Bundesräte. Bei den Wahlen 2007 liessen sich Bundesrätin Leuthard (cvp) und Bundesrat Blocher (svp) von ihren Parteien noch als eigentliche Lokomotiven einsetzen. Bundesrat Maurer (svp) gab bereits im Januar des Berichtjahres bekannt, dass er diese Rolle nicht übernehmen werde. Das Exekutivgremium entschied sich in der Folge zwar gegen neue Regeln im geltenden Aide-Mémoire, das die Rolle der Regierung im Wahlkampf spezifiziert, mahnte aber für die einzelnen Mitglieder Zurückhaltung an. Zudem machte der Bundesrat seinen Entscheid von vor vier Jahren rückgängig, der es Regierungsmitgliedern erlaubt hatte, mit ihrem Konterfei auf Wahlplakaten für die eigene Partei Werbung zu machen. Auch die Bundesratswahlen waren im Vorfeld der Parlamentswahlen weit weniger prominentes Thema als noch vor vier Jahren.

Nationaler Wahlkampf 2011
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2011 - Übersicht

Im Kanton Bern standen die Grossratswahlen ganz im Zeichen des Wahlkampfes zwischen der SVP und der BDP, deren Abspaltung von der SVP in Bern mit ihren eigentlichen Ursprung hatte. Für die junge BDP waren die Wahlen in Bern besonders wichtig, sollte sich doch hier auch zeigen, ob die Partei auf nationaler Ebene eine Zukunft hat. Die SVP hingegen wollte ihren Besitzstand gegenüber der BDP wahren. Aufgrund der Spaltung hatte sie 17 der ehemals 48 Sitze verloren. Der Zwist führte auch dazu, dass es keine bürgerliche Liste gab. Die SVP und die BDP weigerten sich, eine Listenverbindung einzugehen, was die FDP ihrerseits als Voraussetzung für eine gemeinsame bürgerliche Liste gefordert hätte. Listenverbindungen gingen hingegen die SP und die Grünen, sowie die EVP, die EDU und die CVP ein. Die SVP kooperierte mit den Schweizer Demokraten und den Eidgenossen. Eine Rekordzahl von 1937 Kandidatinnen und Kandidaten bewarb sich um die 160 Grossratssitze, darunter 32% Frauen. Von den Bisherigen traten lediglich 24 Grossrätinnen und Grossräte nicht mehr an, darunter nicht weniger als zehn Sozialdemokraten. Neben den erwähnten Parteien suchten auch die Grünliberalen, deren Berner Kantonalsektion 2008 gegründet worden war, die SD und die Freiheitspartei/Autopartei sowie zahlreiche Kleingruppierungen (Piratenpartei, PNOS, Kein Klimaschaden aus Bern, Die Eidgenossen, Pro Freiheit + IG Freie Schweizer Wirte) Grossratssitze zu erobern. Für die zwölf für den Berner Jura reservierten Sitze bewarben sich 102 Kandidierende aus elf verschiedenen Parteien, darunter die bisherigen PSA (3 Sitze), FDP und SP (je 2 Sitze), GP, Entente (PDC/PLJ), EDU, SVP und BDP (alle je ein Sitz). Im Berner Jura gingen die SVP und die FDP – ohne die BDP – eine Listenverbindung ein. Neu wurde in neun und nicht mehr wie 2006 in acht Wahlkreisen gewählt. Grossräte aus kleinen Amtsbezirken, die nun in einem grösseren Wahlkreis antreten mussten, befürchteten dadurch Nachteile. Die Auseinandersetzungen zwischen der BDP und der SVP prägten den bernischen Wahlkampf. Sowohl Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf als auch Bundesrat Ueli Maurer traten mehrmals als Zugpferde für die jeweilige kantonale Partei in Erscheinung.

Das Duell zwischen der BDP und der SVP brachte schliesslich zwei Sieger hervor. Sowohl die BDP als auch die SVP konnten ihre Sitzanteile stark ausbauen: die SVP gewann 14 Sitze (neu 44 Sitze) und konnte die mit der Abspaltung der BDP erlittenen Verluste praktisch kompensieren. Die BDP übertraf ihr Wahlziel und legte um acht Sitze zu (neu 25 Sitze). Sie ist damit neu drittstärkste Kraft im bernischen Grossen Rat. Auch die GLP konnte mit vier Sitzgewinnen einen Erfolg verbuchen. Alle anderen Parteien, mit Ausnahme der PSA und der CVP, die ihre Sitzanteile halten konnten, mussten teilweise herbe Verluste in Kauf nehmen. Allen voran die FDP und die SP, die neun bzw. sieben Sitze abgeben mussten (SP neu mit 35 Sitzen; FDP neu mit 17 Sitzen). Die Grünen und die EVP verloren drei Sitze (neu 16 bzw. 10 Sitze), während die EDU einen Sitz abgeben musste und neu mit fünf Mandaten im Grossen Rat vertreten ist. Die PDC/PLJ, die SD und die Freiheitspartei verloren ihre Sitze. Im Berner Jura errang die SVP zwei zusätzliche Mandate und die EVP neu einen Sitz und zwar auf Kosten der BDP, der EDU und der PDC/PLJ. Die Wahlbeteiligung lag bei 32.4% (2006: 31.1%). Insgesamt wurden 27 Bisherige, darunter überdurchschnittlich viele Frauen abgewählt. Der Frauenanteil im Grossen Rat ist deshalb auf 26% gesunken (2006: 31%). Alles in allem verzeichnete das Berner Kantonsparlament einen Rechtsrutsch. Die bürgerlichen Parteien SVP, BDP und BDP stellen mit 86 von 160 Sitzen eine relativ deutliche Mehrheit und dürften die links-grün dominierte Regierung stärker als bisher auf einen bürgerlichen Kurs zwingen.

Grossratswahlen Bern 2010
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2010
Dossier: Kantonale Wahlen - Bern