Die Wahlen im Kanton Bern waren geprägt von der Finanzaffäre, wobei sich der Verlust des Vertrauens in die Regierungsparteien unterschiedlich auswirkte: Während bei den Regierungsratswahlen die Freisinnigen beide Mandate an die Freie Liste verloren und die SVP und die SP ihre Vertreter schon im ersten Wahlgang durchbrachten, musste bei den Grossratswahlen in erster Linie die SVP die Zeche für die bernische Staatskrise bezahlen; die FDP hingegen kam hier glimpflich davon. Als grosse Siegerin ging die Freie Liste (FL) aus den Wahlen hervor, die auf Anhieb 11 Abgeordnete in den Grossen Rat entsandte, darunter den ehemaligen Finanzrevisor Rudolf Hafner, der die Berner Finanzaffäre ins Rollen gebracht hatte. Dass die Freie Liste mit den beiden ehemaligen Freisinnigen Leni Robert und Rosmarie Bär gleich zur viertstärksten Kraft im Kantonsparlament wurde, zeugt von einem recht bedeutenden liberal-grünen Wählerpotential, das sich nicht nur auf die städtischen Agglomerationen beschränkte. Der in diesem Ausmass unerwartete Erfolg der Freien Liste ging vor allem auf Kosten der SVP, die 9 Mandate einbüsste. Sitze verloren auch die SP (-3), die FDP (-2) sowie CVP und EVP (je -1). Dagegen konnte der LdU seine Präsenz im Grossen Rat auf 4 Mandate verdoppeln. Zu den Gewinnern gehörte weiter die POCH, die einen zweiten Sitz eroberte, sowie die SAP, die erstmals eine Kandidatin ins Kantonsparlament brachte. Für die NA zeitigte der Hauskrach zwischen den Nationalräten Ruf und Oehen Folgen, indem sich der erhoffte Wahlsieg auf den Gewinn eines einzigen Mandates beschränkte. Die übrigen kleinen Parteien konnten ihren Besitzstand wahren. Mit 30 gewählten Frauen vergrösserte sich der Anteil der weiblichen Abgeordneten auf 15% (1982: 12%).
Kantonale Wahlen Bern 1986Dossier: Kantonale Wahlen - Bern
Dossier: Kantonale Wahlen 1986