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  • Pieren, Nadja (svp/udc, BE) NR/CN
  • Grunder, Hans (bdp/pbd, BE) NR/CN

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In der Herbstsession 2020 beugte sich der Nationalrat über die Änderung des Nationalstrassenabgabegesetzes betreffend die Einführung der E-Vignette. Er sprach sich mehrheitlich für die Vorlage aus, einzig die SVP opponierte generell gegen die Einführung der elektronischen Vignette. Nadja Pieren (svp, BE) befürchtete, dass die Einführung der E-Vignette der erste Schritt in Richtung eines Mobility-Pricings sein könnte. Der Nationalrat schuf mit der Annahme einzelner Anträge gewisse Differenzen zum Ständerat. So beschloss er etwa, dass nur stichprobenartig mit mobilen Geräten kontrolliert werden dürfe, ob ein Fahrzeug über eine Vignette verfügt. Zudem entschied die grosse Kammer, dass die Klebevignette weiterhin auch im Ausland und nicht nur direkt an der Grenze verkauft werden soll.

Freiwillige digitale Vignette
Dossier: Mobility-Pricing
Dossier: Elektronische Vignette (Nationalstrassenabgabe)

Jahresrückblick 2019: Verkehr und Kommunikation

Ein zentraler Punkt der Verkehrspolitik war 2019 der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur: Das Parlament hatte über die nächsten Ausbauschritte der strategischen Entwicklungsprogramme (STEP) «Nationalstrassen» und «Eisenbahninfrastruktur» sowie über die Verpflichtungskredite des Programms Agglomerationsverkehr zu befinden. Dabei ging es bei jedem Geschäft über die Vorlagen des Bundesrates hinaus, nahm zusätzliche Projekte in die Ausbauschritte auf und erhöhte die Verpflichtungskredite. Dem Ausbauschritt 2019 STEP Nationalstrassen fügte das Parlament zwei Projekte hinzu – die Umfahrungen Näfels und La Chaux-de-Fonds – und erhöhte den Verpflichtungskredit für den Ausbauschritt um eine Milliarde auf CHF 5.651 Mrd. Zusätzliche Viertel- und Halbstundentakte, mehr Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit: Den Ausbau des Schienennetzes wollte der Bundesrat mit Investitionen von CHF 11.9 Mrd. vorantreiben. Doch auch beim Strategischen Entwicklungsprogramm Eisenbahninfrastruktur (Ausbauschritt 2035) nahmen beide Kammern weitere Projekte auf: Die kleine Kammer ergänzte den Ausbauschritt im März auf Antrag ihrer Verkehrskommission um die Projektierungen des Durchgangsbahnhofes Luzern und der trinationalen S-Bahn Basel sowie um den Neubau der Strecke Neuenburg – La-Chaux-de-Fonds anstelle der vom Bundesrat vorgeschlagenen Modernisierung der bestehenden Strecke. Der Ständerat erhöhte den Investitionsbetrag einstimmig um CHF 919 Mio. auf CHF 12.8 Mia. Im Juni ging der Nationalrat sogar noch weiter und nahm mit den Bahnhöfen Winterthur-Grüze und Thun Nord zwei weitere Projekte in das Geschäft auf. Einstimmig erhöhte die grosse Kammer den Kreditbetrag um CHF 69 Mio. auf insgesamt CHF 12.89 Mrd. Obschon Bundesrätin Sommaruga erklärte, die vom Nationalrat zuletzt hinzugefügten Bahnhofsprojekte seien verfrüht, stimmte der Ständerat der grossen Kammer einstimmig zu. Schliesslich zeigte sich das Parlament auch bei den Verpflichtungskrediten ab 2019 des Programms Agglomerationsverkehr spendabel: Der Bundesrat hatte CHF 1.35 Mrd. für die Mitfinanzierung von Projekten der dritten Generation im Programm Agglomerationsverkehr beantragt. Der Nationalrat, der im März über die Vorlage beriet, nahm wie von seiner Verkehrskommission gefordert vier zusätzliche Projekte auf: Die Projekte Aargau-Ost, Delémont und Luganese sowie die Umfahrung Oberburg (BE). Weil die grosse Kammer auch für die Programme in Grand Genève und Bulle den Beitragssatz des Bundes erhöhte, wuchs der Bundesbeitrag für den Agglomerationsverkehr um CHF 145 Mio. auf Total CHF 1.49 Mrd. Im Juni kippte der Ständerat die Umfahrung Oberburg (BE) wieder aus der Vorlage; danach ging das Geschäft wegen dieser Differenz zwischen den Räten hin und her, bis im September in der Einigungskonferenz ein Kompromiss gefunden wurde, dem beide Kammern einstimmig zustimmten: Die Umfahrung Oberburg wird folglich als integraler Bestandteil dem Projekt Burgdorf zugeschrieben und mit nicht ausgeschöpften Mitteln aus den Programmen 2019, 2014 und 2010 finanziert.

Die Zeitungsanalyse von Année Politique Suisse zeigt, dass die Berichterstattung der Tagespresse zur Verkehrspolitik im August besonders umfassend war. Dies lag zu einem guten Teil an der sogenannten SBB-Krise: Anfang August kam es zu einem tödlichen Arbeitsunfall eines Zugbegleiters der SBB. In der Folge kam aus, dass die Türschliess-, Einklemmschutz- und Kontrollmechanismen an den Einheitswagen IV oft nicht korrekt funktionierten. Das Bundesamt für Verkehr verpflichtete die SBB, diese Mechanismen zu überholen. Zu den Sicherheitsrisiken bei den Türschliesssystemen kam eine Häufung der Betriebsstörungen: Verspätungen, Stellwerkstörungen, Zugausfälle wegen Baustellen. In den Kommentarspalten der Tageszeitungen war zu lesen, die SBB habe sich vom einstigen Aushängeschild der Schweiz in Sachen Zuverlässigkeit zu einem Lotterbetrieb gewandelt, das Vertrauen der Bevölkerung in die Bundesbahnen habe Schaden genommen. Der öffentliche Druck wurde so gross, dass die Führung der SBB von der Verkehrskommission zu einem Hearing eingeladen wurde. SBB-CEO Andreas Meyer stand der KVF-SR Rede und Antwort und verteidigte dabei die SBB und die Arbeit der SBB-Führung. Rund zwei Wochen nach dem Hearing verkündete Meyer seinen Rücktritt im Jahr 2020. Dieser Schritt sei schon länger geplant gewesen und habe mit den Schwierigkeiten im Betrieb nichts zu tun. Ende September gaben die SBB bekannt, dass die Einsteigeroutine des Personals geändert worden sei und die Schliesssysteme sämtlicher Einheitswagen IV bis 2024 überholt würden.

Beim Strassenverkehr sorgten vor allem Anliegen zur Verkehrssicherheit und zur Elektromobilität für Gesprächsstoff im Parlament. Ein politischer Dauerbrenner bei der Verkehrssicherheit blieben die Strafbestimmungen der Via sicura: Auch 2019 wurden einige Änderungen der Strafbestimmungen beraten, so die parlamentarische Initiative Grin (svp, VD; Pa.Iv. 18.431) für verhältnismässige Sanktionen, die Motion Graf-Litscher (sp, TG; Mo. 17.3520) gegen die doppelte Strafe für Berufsfahrer und Berufsfahrerinnen sowie die Motion Giezendanner (svp, AG; Mo. 17.3590) für einen differenzierten Führerausweisentzug. Zwar hatte die KVF-SR im April der parlamentarischen Initiative Grin keine Folge gegeben, doch der Nationalrat stimmte allen Geschäften zu und sprach sich damit für mildere Regelungen beim Führerausweisentzug aus.
Mit dem wachsenden Anteil elektrisch betriebener Fahrzeuge im Strassenverkehr wurde die Elektromobilität vermehrt ein Thema im Parlament. Dabei ging es etwa um grüne Zonen für Elektrofahrzeuge (Mo. 17.4040), um Auswirkungen von Fahrassistenzsystemen auf die Verkehrssicherheit (Po. 17.4041), um die Möglichkeiten der «Mobilität 4.0» (Po. 17.4043) oder um die Finanzierungslücke bei der Strassenverkehrsinfrastruktur durch die Ausfälle bei der Mineralölsteuer infolge der Zunahme von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (Mo. 19.3741). Vorwärts ging es mit der digitalen Vignette: Im März nahm der Nationalrat die Motion Candinas (cvp, GR; Mo. 18.3701) knapp an, der Ständerat folgte im September – obschon der Bundesrat in der Zwischenzeit eine Vorlage betreffend einer freiwilligen digitalen Vignette ans Parlament verabschiedet hatte.

Im Nachgang des Postauto-Skandals stand das Controlling des Bundesamtes für Verkehr mehrfach in der Kritik. Im März kam aus, dass das Bahnunternehmen BLS über Jahre insgesamt rund CHF 45 Mio. zu viel an Abgeltungen erhalten hatte. Zwar lagen im Gegensatz zum Postauto-Skandal keine betrügerischen Machenschaften vor, sondern nur ein unzureichend angepasstes Zinsglättungsmodell, allerdings zeigte sich eine Parallele zum Postauto-Skandal: Im Bundesamt für Verkehr blieben Hinweise auf die Differenzen zu lange folgenlos. Nach einem Audit beim BAV durch das UVEK wurden im Mai fünf Massnahmen zur Verstärkung der Aufsicht bei Transportunternehmen vorgelegt. Im Rahmen der verstärkten Aufsicht wurden im Bundesamt für Verkehr für Controlling und Revision acht zusätzliche Stellen geschaffen. Mit ihrer Motion «Teurere Kontrollen durch das BAV sollen die Verursacher bezahlen» verlangte Nadja Pieren (svp, BE; Mo. 19.3502), dass der Bund die Mehrkosten dieser Stellen auf die Verursacher abwälze. Im September lehnte der Nationalrat die Motion Pieren jedoch diskussionslos ab.

Nachdem die Postgesetzgebung in den Räten schon in den Vorjahren ein grosses Thema gewesen war, führten insbesondere der Service public der Post und die Schliessung von Poststellen auch 2019 zu einigen Debatten. In den Vorjahren waren viele Vorstösse angenommen worden, 2019 zeigten sich die Räte aber zurückhaltender: Den Standesinitiativen von Genf (Kt.Iv. 18.312), Basel-Stadt (Kt.Iv. 18.314), Solothurn (Kt.Iv. 18.315) sowie Tessin (Kt.Iv. 16.320) und Wallis (Kt.Iv. 17.302) wurde keine Folge gegeben, weil 2018 die Standesinitiative Jura (Kt.Iv. 17.314) Zustimmung gefunden hatte und die Kommissionen bei der Umsetzung dieser Initiative alle Anliegen zur Postgesetzgebung überprüfen und einbeziehen wollten. Die KVF-SR kündigte an, die Umsetzung der Standesinitiative Jura nach einer Gesamtschau zur Post im Frühjahr 2020 an die Hand zu nehmen.
Der Ständerat lehnte weitere Vorstösse zur Post ab (Motion Berberat, sp, NE, Mo. 19.3749; Postulat Béglé, cvp, VD, Po. 17.3615; Motion Feller, fdp, VD, Mo. 17.3053), der Nationalrat nahm jedoch weitere Anliegen entgegen: Ein Postulat der KVF-NR zur «längerfristigen Weiterentwicklung des Zugangs zu Dienstleistungen der postalischen Grundversorgung» (Po. 19.3532) wurde im Nationalrat angenommen, weil die damit vom Bundesrat und der Post verlangte Planung auch über die Umsetzung der Standesinitiative Jura Auskunft geben könnte. Auch die Motionen Müller-Altermatt (cvp, SO; Mo. 17.3938) für eine «mittel- und langfristige Planung bei Poststellen und Postagenturen» und Grin (svp, VD; Mo. 17.3888) zur «Schliessung von Poststellen an zentralen Orten» fanden in der grossen Kammer Zustimmung.

Im März schloss das Parlament die 2018 begonnene Revision des Fernmeldegesetzes ab. In vier Sitzungen wurden die verbliebenen Differenzen zur Netzneutralität, zur Meldepflicht der Provider bei verbotenen pornographischen Inhalten, zur Befreiung der Blaulichtorganisationen von den Verwaltungsgebühren der verwendeten Funkfrequenzen, zur Finanzierung von Anschlüssen in Gebäuden und zu weiteren, technischen Detailfragen beigelegt. Ende März nahmen beide Kammern die Revision an.

Der Ausbau des Mobilfunk-Netzes auf 5G wurde von Teilen der Bevölkerung sehr kritisch aufgenommen. Ausdruck fand diese kritische Haltung in zwei Volksinitiativen, die im Oktober von Privatpersonen lanciert wurden. Während die eine Initiative die Strahlungsbelastung reduzieren will, verlangt die andere, dass Mobilfunkbetreiber für Strahlungsschäden haften. Die Sammelfrist läuft bis zum 22. April 2021.

Jahresrückblick 2019: Verkehr und Kommunikation
Dossier: Jahresrückblick 2019

Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass auch der Parlamentsbetrieb mit verschiedenen Ratings und Rankings vermessen werden kann, welche die Arbeit, den Einfluss oder die ideologische Positionierung der Parlamentsmitglieder zu bestimmen versuchen. Der Versuch, anschauliche Ranglisten zu erstellen und so auch durch Personalisierung die Komplexität von Politik zu reduzieren, dient vor allem den Medien, die sich auch 2019 den verschiedenen Analysen widmeten.

Den Beginn machte Anfang Juli eine neue Plattform namens «politik.ch» mit einer Auswertung der Präsenz während der ganzen bisherigen 50. Legislatur. «Präsenz» wurde dabei mit der Teilnahme an den total 4'076 Abstimmungen, die im Nationalrat bis zur vorletzten Session durchgeführt wurden, gemessen. Zum «Absenzenkönig von Bern» – so die Aargauer Zeitung, die über die Studie berichtete – wurde Roger Köppel (svp, ZH) gekürt. Er habe 22.4 Prozent aller Abstimmungen «geschwänzt», gefolgt von Martin Bäumle (glp, ZH; 21.9%) und Hans Grunder (bdp, BE; 21.7%). Frauen stimmten tendenziell disziplinierter ab, schloss die Zeitung, weil sich am anderen Ende der Skala Andrea Geissbühler (svp, BE), Barbara Keller-Inhelder (svp, SG) und Sandra Sollberger (svp, BL) fanden, die alle weniger als sechs der über 4'000 Abstimmungen verpasst hatten. Die Aargauer Zeitung liess die Protagonisten zu Wort kommen. Bei wichtigen Abstimmungen sei er vor Ort, nicht aber, wenn «das ausufernde Berufsparlament mit sich selbst beschäftigt» sei, verteidigte sich Roger Köppel. «Das Volk» habe sie ins Parlament gewählt und erwarte, dass sie an den Abstimmungen teilnehme, befand hingegen Andrea Geissbühler. Im Schnitt hatten die Nationalrätinnen und Nationalräte drei Prozent der Abstimmungen verpasst. Im Tages-Anzeiger wurde daran erinnert, dass «immer brav auf dem ehrwürdigen Nationalratssessel zu sitzen» nicht mit politischem Einfluss gleichzusetzen sei. Die wichtigsten Entscheidungen fielen nicht im Ratssaal, sondern «in den Kommissionen, in den Hinterzimmern des Bundeshauses und den Salons des Bellevue-Hotels».

Einen Versuch, diese Art von Einfluss zu messen, unternahm die Sonntagszeitung mit ihrem alle zwei Jahre publizierten «Parlamentarier-Rating». Hier erhält Punkte, wer viele Reden hält, in wichtigen Kommissionen sitzt und erfolgreich Vorstösse einreicht; wer innerhalb der eigenen Partei wichtige Funktionen innehat, einer starken Fraktion angehört, hohe Medienpräsenz hat und ausserhalb des Parlaments gut vernetzt ist. Wie schon zwei Jahre zuvor wies die Zeitung SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) als «mächtigsten» Parlamentarier aus, gefolgt von Pirmin Bischof (cvp, SO) und Thomas Aeschi (svp, ZG). Levrat sei «immer dabei, wenn es in der Schweizer Politik etwas anzuschieben oder zu blockieren» gelte. Allerdings falle die SP-interne grosse Lücke hinter Levrat auf. In den Top Ten gebe es kein weiteres SP-Mitglied, was darauf hindeute, dass die parteiinterne Erneuerung wohl noch nicht geschafft sei. Ausgerechnet bei den Frauen schneide die SP schlecht ab. Unter den 15 höchst bewerteten Frauen – diese Liste wurde von Tiana Angelina Moser (glp, ZH; total Rang 6) und Lisa Mazzone (gp, GE; Rang 13) angeführt – fänden sich lediglich zwei Genossinen: Maria Carobbio Guscetti (sp, TI; Rang 23) und Barbara Gysi (sp, SG; Rang 34). Für das Rating berücksichtigt wurden nur jene Parlamentsmitglieder, die seit Beginn der Legislatur in den Räten gesessen hatten und bei den eidgenössischen Wahlen 2019 wieder antreten wollten. Entsprechend war der 173. Rang auch der letzte. Dort befand sich Bruno Walliser (svp, ZH). Indem die Sonntagszeitung die Rangierung hinsichtlich Medienpräsenz mit der Gesamtrangierung verglich, machte sie auch «die grössten Blender» aus. Die drei Zürcher Abgeordneten Claudio Zanetti (svp), Roger Köppel (svp) und Regine Sauter (fdp) seien zwar «Lieblinge der Medien», spielten im Parlament aber «eine bescheidene Rolle».

Auf der Basis der Abstimmungen im Nationalrat berechnete die Sonntagszeitung in einer weiteren Analyse, wie häufig alle Volksvertreterinnen und -vertreter bei Gesamtabstimmungen in der 50. Legislatur zur Mehrheit gehört hatten. Wenig überraschend fanden sich auf den vorderen Rängen – die Sonntagszeitung nannte sie «die Erfolgreichsten» – Mitglieder der CVP- und der BDP-Fraktion, die jeweils mit links oder rechts oder innerhalb einer grossen Koalition Mehrheiten schaffen. Angeführt wurde die Liste von Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL), die bei 98.5 Prozent aller Gesamtabstimmungen gleich wie die Mehrheit gestimmt hatte, was ihr in der Weltwoche den Titel «[d]ie mit dem Strom schwimmt» einbrachte. Auf Platz zwei und drei folgten Viola Amherd (cvp, VS; 98.3%) und Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS; 98.2%). Bei den 68 «Erfolglosesten» handelte es sich durchgängig um SVP-Fraktionsmitglieder, angeführt von Erich Hess (svp, BE; 46.8%), Toni Brunner (svp, SG; 48.8)%) und Pirmin Schwander (svp, SZ; 49.8%).

Mitte Oktober warteten dann schliesslich die NZZ und Le Temps mit ihrem alljährlich erscheinenden «Parlamentarier-Rating» auf. Erneut wiesen die auf der Basis des Abstimmungsverhaltens vorgenommenen Positionierungen der Parlamentsmitglieder auf einer Skala von -10 (ganz links) bis +10 (ganz rechts) auf eine zunehmende Homogenisierung innerhalb der Parteien hin. Insbesondere an den Polen habe die Fraktionsdisziplin ein noch nie gekanntes Ausmass erreicht, so die NZZ. So hätten sich die Mitglieder der SP-Fraktion vor den Wahlen 2015 auf einer Skalen-Spannweite von 3.4 Punkten verteilt, im aktuellen Rating betrage dieser Wert lediglich noch 1.2 Punkte. Die Extrempositionen in der SP besetzten im aktuellen Rating Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) und Adrian Wüthrich (sp, BE; -8.8). Eine im Vergleich zu 2015 wesentlich grössere Fraktionsdisziplin wiesen bei dieser Berechnung auch die Grünen auf. Lagen das am meisten linke und am meisten rechte grüne Fraktionsmitglied 2015 noch um 2.7 Skalenpunkte auseinander, trennten Maya Graf (gp, BL; -9.2) und die drei ganz am linken Rand politisierenden Michael Töngi (gp, LU; -10.0), Irène Kälin (gp, AG; -10.0) und Regula Rytz (gp, BE; -10.0) im Jahr 2019 lediglich noch 0.8 Skalenpunkte. Damit waren die Grünen im Durchschnitt erstmals seit 2011 wieder weiter links positioniert als die SP: «Les Verts n'ont jamais été aussi à gauche», war dies Le Temps gar die Überschrift der Analyse wert. Am anderen Ende der Skala, bei der SVP, verringerte sich der Wert der Spannweite von 3.7 auf 1.2 Punkte – ohne Berücksichtigung von Roberta Pantani (lega, TI), die zwar der SVP-Fraktion angehört, aber die Lega vertritt und mit einem Wert von 8.2 die am weitesten «linke» Position in der SVP-Fraktion im Nationalrat vertrat. Gleich drei SVP-Nationalräte politisierten ganz rechts aussen und wiesen einen Skalenwert von 10.0 aus: Toni Brunner, Luzi Stamm (svp, AG) und Adrian Amstutz (svp, BE). Jean-Pierre Grin (svp, VD) fand sich bei Position 8.8 und war damit das am weitesten links positionierte Mitglied der SVP im Nationalrat. Selbst bei der CVP war eine Disziplinierung festzustellen: Es zeigte sich im Vergleich zu 2015 ein Rückgang der Spannweite von 3.6 auf 2.6 Punkte, wobei die Fraktion im Vergleich zum Vorjahr zahlreiche Mitglieder leicht rechts von der Mitte aufwies und sich von -1.0 (Dominique de Buman; cvp, FR) bis 1.6 (Philipp-Matthias Bregy; cvp, VS) erstreckte. Die der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder waren wesentlich weiter links als ihre Fraktion: Niklaus Gugger (ZH) wurde auf der Skala bei -4.2 und Marianne Streiff-Feller (BE) bei -4.3 eingestuft. Die restlichen drei Fraktionen hingegen waren im Vergleich zu 2015 heterogener geworden. Bei der FDP war die Zunahme von 2.5 auf 2.6 Skalenpunkte freilich minim. Die Fraktionsgrenzen wurden bei den Freisinnigen von Walter Müller (fdp, SG; 4.5) und Christa Markwalder (fdp, BE; 1.9) eingenommen. Grössere Sprünge machten die BDP und die GLP. Während sich bei der BDP die Spannweite im Vergleich zu 2015 von 1.2 auf 2.0 fast verdoppelte – wie schon 2015 deckte Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; -1.7) die linke Flanke ab, während sich Hans Grunder (bdp, BE; 0.3) am rechten Rand der BDP positionierte – wuchs die Heterogenität innerhalb der traditionell eigentlich sehr homogenen GLP von 0.5 auf 2.7 Skalenpunkte an. Hauptgrund dafür war Daniel Frei (glp, ZH), der von der SP in die GLP gewechselt hatte und mit seiner Position von -5.7 zwar weit weg vom rechten Rand der SP (-8.8), aber auch weit weg vom linken Rand der bisherigen GLP-Mitglieder war. Dieser wurde von Kathrin Bertschy (glp, BE; -3.5) eingenommen, die in der Tat lediglich 0.5 Skalenpunkte von Martin Bäumle (-3.0), also dem rechten GLP-Rand, positioniert war. Die politische Landschaft verarme, schloss die NZZ aus diesen Zahlen. Vor allem zwischen den Mitte- und den Polparteien klaffe eine Lücke. Dort hätten früher moderate SVP- und SP-Vertreter als Brückenbauer gewirkt. Schuld für die zunehmende Fraktionsdisziplin seien aber nicht nur die Parteizentralen, sondern auch die wachsende Zahl an zu behandelnden Geschäften, bei denen Parlamentsmitglieder keine fundierte eigene Meinung mehr bilden könnten und deshalb gemäss der Empfehlung der Parteileitung stimmten.
Die zahlreichen auf die neue Legislatur 2019 bis 2023 hin angekündigten Rücktritte im Ständerat veranlasste die Verfasser des Ratings zur Spekulation eines Rechtsrutschs der kleinen Kammer nach den Wahlen 2019. Die politische Mitte des Ständerats befinde sich bei Pirmin Bischof, also bei -2.8. Da elf zurücktretende Kantonsvertreterinnen und -vertreter links und lediglich sieben rechts von Bischof seien und alle zurücktretenden im Schnitt deutlich linker (-5.3) positioniert seien als die wieder antretenden (-2.3), stellten die Ständeratswahlen vor allem für Mitte-Links eine Herausforderung dar, so die NZZ. Eindrücklich liess sich dies anhand von Raphaël Comte (fdp, NE) nachzeichnen. Der Neuenburger Freisinnige positionierte sich mit -5.7 näher bei Daniel Jositsch (sp, ZH), der mit -6.8 den rechten Rand der SP in der kleinen Kammer besetzte, als bei seinem am weitesten rechts positionierten Fraktionskollegen Philipp Müller (fdp, AG; 4.5) und dem Schnitt der FDP (2.3). Da Comte nicht mehr antrete, sei wohl auch in der FDP mit einem Rechtsrutsch in der kleinen Kammer zu rechnen.

Nationalratsrating

Obwohl der Kanton Bern aufgrund seines unterdurchschnittlichen Bevölkerungswachstums bei den Nationalratswahlen 2019 schon zum zweiten Mal in Folge ein Mandat in der Grossen Kammer abgeben musste, bewarben sich dieses Jahr deutlich mehr Personen auf einen der verbliebenen 24 Sitze als vor vier Jahren. Unter den total 651 Kandidierenden waren auch 274 Frauen gemeldet. Damit war der Frauenanteil ebenfalls höher als 2015 (2019: 42.1%; 2015: 37.4%). Die Anzahl der Wahllisten stieg von 26 auf 34.

Bei den letzten Nationalratswahlen hatte sich die SVP nach ihrem Sitzgewinn als Wahlsiegerin feiern lassen können. Je einen Sitz verloren hatten damals die BDP und die Grünen. Während der vergangenen Legislatur waren die Berner Nationalratssitze somit wie folgt auf die Parteien verteilt: 9 SVP, 6 SP, 3 BDP, 2 FDP, 2 Grüne, 2 GLP, 1 EVP. Aufgrund des Mandatsverlustes war schon von Beginn weg klar, dass mindestens eine Partei einen Sitz verlieren würde. Die beiden Parteien welche im Vorfeld am stärksten gefährdet schienen, waren die SVP und die BDP. Die Volkspartei hatte 2015 Proporzglück gehabt und den Sitzgewinn nur dank einem Überhangmandat geschafft. Auf kantonaler Ebene hatte die SVP seither Federn lassen müssen, auch weil sie bei den Grossratswahlen 2018 drei Sitze verloren hatte. Keine wirkliche Hilfe waren der Partei die Listenverbindungen – sie verband sich einzig mit der Liste «Gesundheit-Energie-Natur». Ausserdem musste die Volkspartei einen gewichtigen Abgang verkraften: Der langjährige Nationalrat Adrian Amstutz wurde Opfer der parteiinternen Amtszeitbeschränkung. Zwar hatten die SVP-Delegierten eigens eine «Lex Amstutz» beschlossen, die es erlaubt hätte die Beschränkung in einzelnen Fällen zu lockern. Doch Amstutz entschied sich trotz dieser Sonderregel, nicht erneut zu kandidieren. Auch die BDP musste bei den diesjährigen Wahlen auf bekannte Parteigrössen verzichten. Neben dem Rücktritt von Werner Luginbühl aus dem Ständerat kündigte auch Hans Grunder im Frühjahr an, im Oktober nicht erneut kandidieren zu wollen. Schon während der Legislatur war Urs Gasche aus dem Rat geschieden. Ohne ihre langjährigen Zugpferde musste die BDP um ihre drei Sitze bangen. Die Hoffnungen ruhten im Wahljahr deshalb vor allem auf Beatrice Simon. Zusätzlich zu ihrer Ständeratskandidatur figurierte die bekannte Berner Finanzdirektorin auch auf der BDP-Nationalratsliste als Wahllokomotive. Da in Bern ein Doppelmandat in der kantonalen Regierung und im nationalen Parlament verboten ist, hätte Simon im Falle eines Einzuges ins Bundesparlament ihr Regierungsratsmandat abgeben müssen. Da der Posten in der Regierung gemeinhin als erstrebenswerter angesehen wird, wurde Simon von politischen Gegnern vorgeworfen, sie täusche die Wähler, denn sie habe gar nicht vor, eine Wahl in den Nationalrat anzunehmen. Stattdessen habe sie sich nur aufstellen lassen, um der BDP-Liste zu mehr Stimmen zu verhelfen. Simon beteuerte jedoch, dass sie auch eine Wahl in den Nationalrat annehmen würde. Dies wiederum stiess den Bürgerlichen sauer auf, da sie dadurch die 2018 mühselig erkämpfte bürgerliche Mehrheit im Berner Regierungsrat bedroht sahen. Relativ ungefährdet schienen die sechs Sitze der SP zu sein. Die Sozialdemokraten waren bei den Kantonsratswahlen 2018 als Sieger hervorgegangen (+5 Sitze). Zwar hatte auch die SP einen Rücktritt zu vermelden – für Margret Kiener Nellen war wegen der Amtszeitbeschränkung Ende der Legislatur Schluss – doch die national bekannte ehemalige Juso-Chefin Tamara Funiciello sprang in die Bresche. Auch dieses Jahr führte die SP eine separate Frauen- und Männerliste. Bisher waren auf beide Listen je drei Nationalratssitze abgefallen. Doch aufgrund der starken Frauenliste wurde gemutmasst, dass die SP-Frauen ihren männlichen Kollegen einen Sitz wegschnappen könnten. Die männlichen SP-Vertreter, allen voran Adrian Wüthrich, der erst während der Legislatur für den verstorbenen Alexander Tschäppät nachgerutscht war, mussten daher um ihre Wiederwahl bangen. Obwohl in Bern ein Sitz weniger zu vergeben war, peilten 2019 einige Parteien einen Sitzgewinn an. Die FDP, ermutigt durch ihre drei Sitzgewinne bei den Kantonsratswahlen 2018, hatte sich 11 Prozent Wähleranteil und einen dritten Sitz als Ziel gesetzt. Sie ging dafür aber keine überparteiliche Listenverbindung ein. Die CVP strebte derweil nach achtjährigem Unterbruch ihre Rückkehr in den Nationalrat an. Dafür ging sie eine breite Mitte-Verbindung mit den Listen der GLP, EVP, BDP und den Piraten ein. Als aussichtsreichster CVP-Kandidat galt der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause. Ebenfalls nach achtjähriger Absenz in die Grosse Kammer zurückkehren wollte die EDU. Um die dazu nötigen Wählerprozente zu erreichen, verband sich die EDU mit sechs teilweise recht skurrilen Listen («Schweizer Demokraten», «Die Musketiere», «Landliste», «Partei der unbegrenzten Möglichkeiten», «5G ade!» und «JutziPhilipp.com»). Durch dieses breite Bündnis der Kleinsten wurden der EDU und ihrem Spitzenkandidat Andreas Gafner tatsächlich gute Chancen für den Einzug in den Nationalrat eingeräumt. Da das Thema der Stunde, die Klimapolitik, im Wahlkampf allgegenwärtig war, gehörten auch die Grünen und die Grünliberalen zu den Anwärtern auf einen Sitzgewinn. Beide Parteien wussten national bekannte Zugpferde in ihren Reihen – die Parteipräsidentin der Grünen Schweiz Regula Rytz, der Präsident der GLP Schweiz Jürg Grossen und die Co-Präsidentin der Frauendachorganisation «alliance F» Kathrin Bertschy (GLP). Bei den Grünen hoffte zudem die bisherige Nationalrätin Aline Trede darauf, dieses Mal den Einzug ins Parlament auf Anhieb zu schaffen, nachdem sie schon zwei Mal für aus dem Rat scheidende Parteikollegen nachgerutscht war. Während die GLP in der Mitteverbindung Unterschlupf fand, verbanden die Grünen ihre Listen mit der SP und der Partei der Arbeit (PdA).

Der Wahlsonntag brachte unerwartet grosse Verschiebungen. Die grossen Wahlsieger waren die Grünen und die Grünliberalen. Erstere bauten ihren Wähleranteil gegenüber 2015 um 5.1 Prozentpunkte aus (neu 13.6%) und gewannen zwei Sitze dazu. Neben Rytz und Trede zogen auch Christine Badertscher und Kilian Baumann in den Nationalrat ein. Die GLP vergrösserte ihren Wähleranteil um 3.7 Prozentpunkte (neu 9.7%), was für einen Sitzgewinn reichte. Melanie Mettler schaffte den Einzug ins Parlament zusammen mit den Bisherigen Grossen und Bertschy. Anders als die CVP, die ihren angestrebten Wiedereinzug in den Nationalrat verpasste, holte sich die EDU einen Sitz. Ihre Strategie der Listenverbindungen mit zahlreichen Kleinstgruppierungen war damit aufgegangen. Zwar verpasste sie die vier-Prozent-Marke ganz knapp, doch sie sicherte sich ein Überhangsmandat, womit der EDU-Spitzenkandidat Andreas Gafner ins Parlament einzog. Keine Verschiebungen gab es bei der FDP und der EVP: Die bisherigen Christian Wasserfallen (FDP), Christa Markwalder (FDP) und Marianne Streiff (EVP) wurden wiedergewählt. Ein Debakel waren die Wahlen hingegen für die SP, die SVP und die BDP. Die Sozialdemokraten verloren 2.9 Prozentpunkte ihres Wähleranteils (neu 16.8%) und dazu gleich zwei Sitze, wobei hauptsächlich die SP-Männer unter die Räder kamen. Von der Männerliste schaffte einzig Matthias Aebischer die Wiederwahl, Adrian Wüthrich und Corrado Pardini verpassten ihre Wiederwahl. Die SP-Frauen hielten ihre drei Sitze. Tamara Funiciello ersetzte Kiener Nellen und zog neben Nadine Masshardt und Flavia Wasserfallen in die Grosse Kammer ein. Die SVP (-3.1 Prozentpunkte, neu 30.0%) musste ebenfalls den Verlust von zwei Nationalratssitzen hinnehmen. Zusätzlich zum Rücktritt von Amstutz wurde noch Manfred Bühler abgewählt. Damit schied der einzige Vertreter des französischsprachigen Berner Jura aus dem Nationalrat. Für die SVP verblieben Albert Rösti, Andreas Aebi, Nadja Pieren, Erich von Siebenthal, Erich Hess und Andrea Geissbühler im Rat. Lars Guggisberg rutschte ausserdem für den Neo-Ständerat Werner Salzmann in den Nationalrat nach. Den grössten Wähleranteilverlust (-3.8 Prozentpunkte, neu 8.0%) erlitt die BDP. Trotzdem verlor sie «nur» einen ihrer drei Sitze. Neben Lorenz Hess schaffte auch Beatrice Simon die Wahl. Nach ihrer erfolglosen Ständeratskandidatur verzichtete sie allerdings – entgegen ihren Ankündigungen im Wahlkampf – auf ihr Nationalratsmandat und blieb stattdessen Regierungsrätin. Der Bisherige Heinz Siegenthaler rutschte für sie nach. Die Zusammensetzung der Berner Nationalratsdelegation lautet somit neu: 7 SVP, 4 SP, 4 GP, 3 GLP, 2 FDP, 2 BDP, 1 EVP und 1 EDU. Die Stimmbeteiligung fiel im Vergleich zu 2015 um 1.7 Prozentpunkte auf 47.4 Prozent.

Nationalratswahlen 2019 – Bern
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Im Nachgang des Postauto-Skandals wurden im Bundesamt für Verkehr für Controlling und Revision acht zusätzliche Stellen geschaffen. Mit ihrer Motion «Teurere Kontrollen durch das BAV sollen die Verursacher bezahlen» verlangte Nadja Pieren (svp, BE), dass der Bundesrat die Mehrkosten, die dem BAV wegen den zusätzlichen Stellen erwachsen, auf die Verursacher abwälze.
Der Bundesrat verwies jedoch darauf, dass Controlling und Revision in der Verantwortung des Bundes lägen, weshalb der Bund auch die Kosten trage. Zudem sei der Verpflichtungskredit für den regionalen Personenverkehr als Folge der Postauto-Affäre um CHF 9 Mio. gekürzt worden, was dem Bundesanteil der unrechtmässigen Abgeltungen entspreche. Innerhalb des gekürzten Verpflichtungskredits müssten Transportunternehmen zusätzlich anfallende Kosten selber tragen. Damit beantragte der Bundesrat die Ablehnung der Motion und der Nationalrat folgte diesem Antrag im September 2019 diskussionslos.

Teurere Kontrollen durch das BAV sollen die Verursacher bezahlen

Zwei Tage nach dem Ständerat verhandelte auch der Nationalrat erneut über die Verpflichtungskredite ab 2019 des Programms Agglomerationsverkehr. Nachdem der Ständerat an der Differenz festgehalten hatte, beantragte auch die Kommissionsmehrheit der KVF-NR Festhalten: Die umstrittene Umfahrung Oberburg war ursprünglich im Nationalrat auf Antrag der KVF-NR ins Programm aufgenommen worden und die Kommissionsmehrheit sah keinen Grund, von ihrer Haltung abzurücken. Ein Minderheitsantrag Hadorn (sp, SO) verlangte die Zustimmung zum Ständerat und damit das Fallenlassen der Umfahrung Oberburg. Gestritten wurde im Plenum hauptsächlich über den Baubeginn in Oberburg: Während Bundesrätin Sommaruga betonte, dass der Bau auch bei Aufnahme ins Programm nicht vor 2022/2023 beginne, vertrat Nationalrat Grunder (bdp, BE) die Ansicht, bei diesem Termin handle es sich um die sichtbaren Bauarbeiten, die Vorarbeiten inklusive dem Bau der Tunnelbohrmaschine würden sofort beginnen, weshalb eine Nicht-Aufnahme ins Agglomerationsprogramm eben doch zu Verzögerungen führen würde.
Obschon die Verkehrsministerin wie in bisher jeder Debatte zum Geschäft erneut die Wichtigkeit der Gleichbehandlung aller Regionen beschwor und bei der Umfahrung Oberburg eine Bevorzugung gegenüber Projekten in Schwyz, St. Gallen, Basel Stadt und Genf ausmachte, stimmte der Nationalrat mit 131 gegen 56 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) auch dieses Mal für Festhalten.

Agglomerationsverkehr. Verpflichtungskredite für die Beiträge ab 2019
Dossier: Programme Agglomerationsverkehr

Eine Woche nach der Streichung der Umfahrung Oberburg aus der Vorlage durch den Ständerat beriet der Nationalrat in der Sommersession 2019 diese Differenz bei den Verpflichtungskrediten ab 2019 des Programms Agglomerationsverkehr. Die KVF-NR beantragte ihrem Rat, an der Umfahrung festzuhalten, Nationalrätin Pieren (svp, BE) betonte im Plenum die Dringlichkeit des Projekts und Nationalrat Grunder (bdp, BE) bat um Unterstützung für dieses «gute, ausgereifte Projekt». Bundesrätin Sommaruga wies darauf hin, dass die ganze Schweiz auf Oberburg warten müsse, wenn das Parlament entscheide, das Projekt selber noch vertiefter zu prüfen. Genau dies – die vertiefte Prüfung der Umfahrung Oberburg durch die KVF-SR – schlug Thierry Burkart (fdp, AG) im Namen der Kommissionsmehrheit vor: Die KVF-NR beantragte ihrem Rat, am Projekt Oberburg festzuhalten und damit die Differenz aufrechtzuerhalten, damit die KVF-SR das Projekt nochmals prüfen könne. Der Nationalrat folgte seiner Kommission und hielt an seiner Version mit 132 gegen 55 Stimmen (keine Enthaltungen) fest. Damit ging das Geschäft wieder an den Ständerat.

Agglomerationsverkehr. Verpflichtungskredite für die Beiträge ab 2019
Dossier: Programme Agglomerationsverkehr

Die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates – im Volksmund «Abstimmungsbüchlein» genannt – sind ab und zu Gegenstand parlamentarischer Vorstösse. Meistens geht es dabei um inhaltliche Ausgewogenheit. Diese sei insbesondere bei den Abstimmungsempfehlungen, die auf der Rückseite der Broschüre aufgeführt werden, nicht gegeben, fand Adrian Amstutz (svp, BE). Die seit der Abstimmung vom September 2018 vorgenommene grafische Neugestaltung führe zu einer viel zu prominenten Darstellung der Empfehlungen der Parlamentsmehrheit und des Bundesrats, wodurch nicht nur die freie Willensbildung beeinflusst, sondern auch eine «eklatante» Benachteiligung der Minderheitsmeinungen in Kauf genommen werde. Mit seiner Motion wollte der Berner den Bundesrat deshalb auffordern, auf diese «Vorteilsnahme mit der völlig einseitigen Abstimmungsempfehlung» zu verzichten.
Bundeskanzler Walter Thurnherr informierte, dass mit der Neugestaltung keine neuen Informationen verwendet würden. Die Empfehlung von Parlament und Bundesrat befänden sich seit 1983 auf der Umschlagseite. Die Minderheiten bzw. die Initiativ- und Referendumskomitees hätten aber mit der Neugestaltung ebenfalls mehr Möglichkeiten erhalten. Insbesondere werde deren Argumenten gleich viel Platz eingeräumt wie den Argumenten des Bundesrats und der Parlamentsmehrheit. Die Motion wurde mit 111 zu 79 Stimmen (1 Enthaltung) abgelehnt. Neben der geschlossenen SVP-Fraktion hätten sich auch alle anwesenden Mitglieder der Grünen-Fraktion sowie Hans Grunder (bdp, BE) aus der BDP-Fraktion für die geforderte Änderung erwärmen können.

Abstimmungsbüchlein
Dossier: Abstimmungserläuterungen des Bundesrats

Die frühkindliche Förderung ist ein komplexes Themenfeld, in welches die WBK-NR mehr Klarheit bringen möchte. Die Kommission sprach sich daher mehrheitlich dafür aus, dass der Bundesrat eine Strategie zur Stärkung der frühen Förderung ausarbeiten soll. Darin soll eine gesamtschweizerische Übersicht erstellt, Defizite benannt und aufgezeigt werden, wie sie behoben werden können, um schliesslich die geforderte Strategie zu entwickeln, welche die Situation der frühkindlichen Förderung in der Schweiz verbessern kann. Zudem sollen die Verantwortlichkeiten (Bund, Kantone, Gemeinden, Private) geklärt werden und eventuell nötige gesetzliche Anpassungen aufgezeigt werden.
Während der Sommersession 2019 sprach sich in der nationalrätlichen Debatte namentlich die SVP gegen das Postulat aus. Nadja Pieren (svp, BE) monierte, dass die Kompetenzen im Bereich der frühkindlichen Förderung nicht beim Bund, sondern bei den Familien, Gemeinden und Kantonen liege und es daher nicht Aufgabe des Staates sei, hier aktiv zu werden. Verena Herzog (svp, TG) warf zudem die Frage der Kosten für die Ausarbeitung dieser Strategie auf.
Die Abstimmung fiel mit 87 zu 85 Stimmen sehr knapp aus; trotz der Vorbehalte der SVP und der FDP, die geschlossen, respektive nahezu geschlossen, gegen die Annahme stimmten, wurde das Postulat angenommen.

Strategie zur Stärkung der frühen Förderung
Dossier: Frühe Kindheit

Mit seinem Postulat «Neudefinition des abgeltungsberechtigten Personenverkehrs» wollte Nationalrat Egger (cvp, VS) den Bundesrat beauftragen, zu prüfen, wie die Definition des abgeltungsberechtigten Verkehrs geändert werden müsste, damit der Bund auch Angebote im Freizeitverkehr mitfinanzieren könnte. Der öffentliche Regionalverkehr wird gemäss den Bestimmungen der Verordnung über die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs nur vom Bund abgegolten, wenn das Angebot unter anderem eine Erschliessungsfunktion aufweist, keinen Nachtverkehr beinhaltet und ganzjährig erbracht wird. Damit seien Nachtangebote sowie Tourismus- und Freizeitangebote des öffentlichen Regionalverkehrs von vornherein von der Abgeltung durch den Bund ausgeschlossen, obschon diese Angebote den heutigen Mobilitätsbedürfnissen durchaus entsprechen würden. Zwar beantragte der Bundesrat die Annahme des Postulats und zeigte sich bereit, die Kriterien der Abgeltung zu überprüfen, die grosse Kammer folgte jedoch Nationalrätin Pieren (svp, BE), die das Postulat schon im Juni 2018 bekämpft hatte und auch im März 2019 argumentierte, die Finanzierung von Freizeitangeboten sei nicht Sache des Bundes. Mit 97 zu 91 Stimmen (keine Enthaltungen) wurde das Postulat abgelehnt.

Neudefinition des abgeltungsberechtigten Personenverkehrs

Das in der NZZ prominent platzierte, aber auch von anderen Medien aufgenommene Parlamentarierrating 2018, das von der Forschungsstelle Sotomo aufgrund des Abstimmungsverhaltens im National- und Ständerat berechnet wird, zeigte seit der letzten Ausgabe 2017 nur wenig Veränderungen hinsichtlich Positionierung der Parteien. Noch immer war eine deutliche Trennung der einzelnen Fraktionen im Nationalrat zu beobachten, mit Ausnahme der SP und der Grünen sowie der CVP und der BDP, bei denen sich die Positionierungen einzelner Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf einer Skala von -10 (ganz links) und +10 (ganz rechts) teilweise überlappten. Die Extrempole des Nationalrats wurden von Fraktionsmitgliedern der SP- bzw. der SVP eingenommen: Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) sowie Luzi Stamm (svp, AG; 10.0) und Toni Brunner (svp, SG; 10.0) besetzten die Skalengrenzen. Das Spektrum der SP-Fraktion reichte von dieser Extremposition bis -8.5. Dieser «rechte Flügel» der Sozialdemokraten wurde vom neu in den Nationalrat nachgerückten Adrian Wüthrich (sp, BE) besetzt. Die Spannweite der Grünen reichte von -9.5 (Regula Rytz; gp, BE) bis -8.6 (Bastien Girod; gp, ZH). Im Schnitt waren die Mitglieder der SP-Fraktion erneut etwas linker positioniert als jene der GP-Fraktion. Das war zwischen 1995 und 2011 umgekehrt. Zwischen dem links-grünen Pol und der Mitte tat sich eine ziemliche Lücke auf. Die beiden der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder Marianne Streiff-Feller (evp, BE) und Niklaus Gugger (evp, ZH), der Ende 2017 in den Nationalrat nachgerutscht war, waren mit ihren Werten von -4.1 bzw. -3.7 zwar deutlich am linken Fraktionsrand angesiedelt, damit aber noch immer mehr als vier Skalenpunkte von SP und GP entfernt positioniert. Immer noch links der Mitte reihte sich anschliessend die GLP-Fraktion ein, die sich erneut als sehr homogen präsentierte (-3.3 bis -3.0). Die CVP- und die BDP-Fraktion überlappten sich ebenfalls. Bei beiden kam dabei der rechte Rand genau bei der Position 0 zu liegen; bei der BDP wurde dieser von Hans Grunder (bdp, BE) und bei der CVP von Daniel Fässler (cvp, AI), Gerhard Pfister (cvp, ZG) und Fabio Regazzi (cvp, TI) besetzt. Den linken Rand besetzten bei der CVP Kathy Riklin (cvp, ZH: -1.5) und bei der BDP Rosmarie Quadranti (bdp, ZH: -1.9). Auch auf der rechten Ratsseite klaffte eine Lücke. Der Abstand zwischen der FDP, deren Spektrum sich zwischen 1.0 (Christa Markwalder; fdp, BE) und 3.4 (Walter Müller; fdp, SG) aufspannte und der SVP, deren linker Pol bei 7.4 zu liegen kam (Jean-Pierre Grin, svp, VD) betrug ebenfalls 4 Skalenpunkte.

In der NZZ wurden auch die Positionen einzelner Parlamentsmitglieder diskutiert, die sich über die Jahre stark verändert hatten. So hatte etwa Thomas Müller (svp, SG) laut der Auswertung einen Sprung auf der Skala von 1.5 nach 9.5. gemacht. Müller war 2006 als CVP-Politiker gewählt worden und hatte 2011 in die SVP gewechselt, wo er dann mit den Jahren einen eigentlichen Rechtsrutsch vollzog. Die Gegenrichtung hatte Gerhard Pfister eingenommen, der von einer rechten Position (4.0) genau in die Mitte (0) gerückt war. Dies sei erst nach seiner Übernahme des CVP-Präsidiums passiert, was belege, so die NZZ, dass Pfister die CVP nicht nach rechts gezogen, sondern den rechten Flügel in die Partei integriert habe.

Im Ständerat waren die Lücken zwischen den Fraktionen geringer. Zwischen dem am weitesten «rechts» stehenden SP-Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH: -5.6) und der am weitesten «links» positionierten CVP-Ständerätin Anne Seydoux-Christe (JU) lagen knapp 2 Skalenpunkte. Mit Raphaël Comte (fdp, NE) fand sich gar ein FDP-Ständerat an dieser Position (-3.8). Allerdings war Comte damit relativ weit von seiner restlichen Ständeratsfraktion entfernt, bei der Philipp Müller (fdp, AG) bei 3.6 den rechten Rand einnahm. Auch hier war der Skalenabstand zur SVP, deren Spektrum sich zwischen den beiden Schwyzer Ständeräten, Alex Kuprecht (6.9) und Peter Föhn (10.0) erstreckte, mit 3.3 Punkten kleiner als im Nationalrat.

Nationalratsrating

Die Bundesverfassung (Art. 167) sieht ein Instruktionsverbot vor; mit anderen Worten kann einem Ratsmitglied von niemandem vorgeschrieben werden, wie es im Parlament zu wählen oder abzustimmen hat. Zwar schien die Fraktionsgeschlossenheit in den letzten Jahren eher zuzunehmen, sogenannte Abweichler von der Fraktionsdisziplin gab es aber nach wie vor. Sie sind vor allem in einer Konsensdemokratie wichtig, da Kompromisse nur gefunden werden können, wenn ideologische Differenzen keine zu grosse Rolle spielen. Die Plattform «politik.ch» lieferte den Medien eine Auswertung zu diesen Abweichlern. Sie errechnete für jedes Nationalratsmitglied den Anteil von der Parteilinie abweichenden Stimmverhaltens bei besonders knappen Abstimmungen (maximal 10 Stimmen Differenz) seit Legislaturbeginn. Als Abweichung wurde dabei auch Fehlen und Stimmenthaltung gewertet – total handelte es sich dabei um 53 in die Untersuchung einbezogene Abstimmungen.
Am häufigsten – nämlich in 20% aller 53 Fälle – wichen laut dieser Auswertung Hans Grunder (bdp, BE) und Daniel Fässler (cvp, AI) ab. Auffallend war, dass die vorderen Plätze dieser Rangliste von Angehörigen der Fraktionen der Mitte-Parteien besetzt wurden. Dies wurde damit erklärt, dass die Polparteien SP und SVP bei wichtigen und knappen Abstimmungen stärker auf Präsenz und Fraktionsdisziplin achteten.
Noch weiter ging die Weltwoche, die aus der Analyse herauslas, dass die Abweichlerinnen und Abweichler in ihren Parteien gemäss NZZ-Parlamentarierrating jeweils am linken Spektrum anzusiedeln seien. Das Wochenblatt kam deshalb zum Schluss: «Der nach den Wahlen 2015 befürchtete 'Rechtsrutsch' ist statistisch nachweisbar ausgeblieben.» Knappe Abstimmungen seien eher nach links entschieden worden.

Abweichler Fraktionsdisziplin

Nachdem die kleine Kammer die Motion «Investitionsanreize für den langfristigen Erhalt der Schweizer Stromproduktionsanlagen» ihrer UREK in der Frühlingssession 2018 angenommen hatte, beugte sich im Sommer 2018 die UREK-NR über das Geschäft. Eine Mehrheit der Kommission beantragte die Annahme der Motion und begründete dies mit der Notwendigkeit der Schaffung neuer Strategien und Regelungen vor Ablauf der aktuell befristeten Marktprämie im Jahr 2023. Die neuen Massnahmen sollten rechtzeitig in die Revision des StromVG Eingang finden. Eine Kommissionsminderheit Knecht (svp, AG) war jedoch der Ansicht, dass die bestehenden, ausdrücklich befristeten Unterstützungen für die Schweizer Wasserkraft ausreichend seien und lehnte deshalb neue Subventionen ab.
In der nationalrätlichen Diskussion meldete sich als erstes Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS) für die UREK-NR zu Wort. Sie sah drei grössere Probleme in den Versorgungssicherheitsannahmen des Bundesrates: Erstens könne zwar im Winter bei einer Versorgungslücke auf französische und deutsche Stromimporte zurückgegriffen werden, diese seien aber aufgrund der Produktionsmethoden – Kohle und Atom – nicht nachhaltig. Zweitens würden rund 40 Prozent der inländischen Stromproduktion durch den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie wegfallen. Diese Lücke müsse zwingend durch eine andere gesicherte Energiequelle gedeckt werden. Drittens sei die Wasserkraft derzeit nicht rentabel, da die internationalen Strompreise zu tief seien, um die Gestehungskosten der Schweizer Wasserkraft decken zu können. Zwar gebe es deswegen jährlich eine Marktprämie in der Höhe von CHF 120 Mio., diese sei jedoch beschränkt bis ins Jahr 2023 und verlange deshalb nach einer Nachfolgelösung. Zudem sei unklar, ob die Nachbarländer stets bereit seien, kurzfristige Stromlücken in der Schweiz zu schliessen, falls die erst kürzlich vom Nationalrat beschlossene strategische Reserve nicht ausreichen sollte, um den inländischen Energiehunger zu decken. Eine mögliche Unterstützungsmassnahme für die Wasserkraft – wie beispielsweise die Senkung des Wasserrechtszinses, die auch in der Kommission angesprochen worden sei – sei derzeit aber nicht mehrheitsfähig. Die Walliserin mahnte, es sei besser vorauszuplanen als in der Not handeln zu müssen und es sei kurz- bis mittelfristig nötig, sich aus der Abhängigkeit von Kohle- und Atomstrom loszulösen. Auch der Berner Nationalrat Hans Grunder (bdp, BE) zweifelte an den bundesrätlichen Annahmen zur Versorgungssicherheit, die auf der Strommarktliberalisierung und dem unsicheren Stromabkommen mit der EU basierten. Mit Verweis auf die Antwort des Bundesrates zu einer Interpellation Lehmann (14.3501) seien in naher Zukunft Investitionen in die Schweizer Wasserkraft in der Höhe von rund CHF 30 Mrd. zu tätigen. Sollten sich die Annahmen des Bundesrates zur Versorgungssicherheit nicht bewahrheiten, seien Alternativen erwünscht, um ebendiese nötigen Investitionen zu sichern, argumentierte Grunder. Solche Alternativen könnten mithilfe der Motion der UREK-SR vorbereitet werden.
Der Bundesrat hatte sich schon im Vorfeld gegen die Motion ausgesprochen. Gemäss Bundesrätin Doris Leuthard bestehe keine Notwendigkeit für neue Subventionen, da schon im Rahmen der Energiestrategie 2050 genügend Fördermittel vorhanden seien, nachdem das Parlament unbefristete Investitionsbeiträge für Zubauten und Erneuerungen gesprochen habe. Überdies bestehe bis ins Jahr 2023 die Marktprämie, die Strompreise entwickelten sich positiv und die geplante Marktöffnung werde eine noch bessere Versorgungssicherheit mit sich bringen.
In der grossen Kammer fand sich mit 102 zu 92 Stimmen schliesslich eine Mehrheit für die Annahme der Motion. Gegen das Anliegen stimmten vorwiegend Angehörige der Fraktionen der SVP, der GLP und der FDP. Die Motion wird somit in die bevorstehende Revision des StromVG einbezogen werden.

Investitionsanreize für den langfristigen Erhalt der Schweizer Stromproduktionsanlagen (Mo.18.3000)
Dossier: Sicherungsmassnahmen für den Erhalt der Schweizer Wasserkraft ab dem Jahr 2015

Ranglisten haben etwas Eingängiges: Mit ihrer Hilfe lassen sich vermeintliche Unterschiede fest- und darstellen. So versuchen öfters auch die Medien Parlamentarierinnen und Parlamentarier einzuordnen und zu vergleichen. 2017 präsentierte die Sonntagszeitung ein Parlamentarierrating, mit welchem der Einfluss aller Parlamentsmitglieder gemessen werden sollte, und die NZZ wartete mit ihrem jährlichen Links-Rechts-Rating auf.
Der Einfluss wurde in der Sonntagszeitung anhand der Kommissionszugehörigkeit, der in den Räten vorgebrachten Voten, der Anzahl erfolgreicher politischer Vorstösse, der Ämter im Rat und in der Partei, der Medienpräsenz und dem ausserparlamentarischen Beziehungsnetz gemessen. Zwar wies die Zeitung nicht aus, wie sie diese Elemente miteinander verknüpfte und gewichtete, die Rangliste diente ihr aber als Grundlage für immerhin drei ganze Zeitungsseiten. Laut den Berechnungen war SP-Parteipräsident Christian Levrat (FR) in den Jahren 2015–2017 der einflussreichste Parlamentarier, gefolgt von Pirmin Bischof (svp, SO) und Gerhard Pfister (cvp, ZG). Die «Flop 15» – so die Sonntagszeitung – wurden angeführt von Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS), Hermann Hess (fdp, TG) und David Zuberbühler (svp, AR). Die Rangierungen verleiteten die Zeitung zu weiteren Analysen: So sei der Einfluss der SVP und der FDP, gemessen am Anteil Fraktionsangehöriger unter den Top 50, verglichen mit dem Rating 2014 gestiegen und der Einfluss des Kantons Zürich gesunken. Mit einem Vergleich der Rangliste hinsichtlich Medienpräsenz und dem Gesamtrang konnte die Zeitung zudem «die grössten Blender» ausmachen. Zwar häufig in den Medien, aber sonst nur wenig einflussreich waren laut dieser Berechnung etwa Tim Guldimann (sp, ZH), Andreas Glarner (svp, AG) oder Benoît Genecand (fdp, GE). Einzelne Regionalzeitungen diskutierten in der Folge «ihre» kantonalen Vertreterinnen und Vertreter. Solche Ratings seien nicht entscheidend, aber es fühle sich immer gut an, wenn man vorne sei, beurteilte Christian Levrat die Auswertung.

Wichtigste Erkenntnis der von der NZZ präsentierten Links-Rechts-Positionierung, die seit 1999 jährlich auf der Basis von in den Räten durchgeführten Abstimmungen von der Forschungsstelle Sotomo durchgeführt wird – auch in der NZZ wurde die Methode zur Messung von Links und Rechts lediglich sehr kryptisch mit den Begriffen «D-Nominate» und «Alpha-Nominate» angedeutet und dem Hinweis versehen, dass diese Methode für den amerikanischen Kongress entwickelt worden seien und die ideologische Position der Abgeordneten messe –, war die zunehmende Fraktionsdisziplin. Der Druck, auf Fraktionslinie zu stimmen, habe dazu geführt, dass es kaum noch Überlappungen in der ideologischen Positionierung zwischen den einzelnen Parteien gebe. Vor allem die CVP – sie variiert auf der Gesamtskala von -10 (links) bis +10 (rechts) zwischen 0.2 (Gerhard Pfister) und -1.7 (Barbara Schmid-Federer, ZH) – sei wesentlich geschlossener als früher, als sie noch Fraktionsmitglieder gehabt habe, die sich am rechten Rand bei der Position von (linken) FDP- und SVP-Mitgliedern befunden und am linken Rand die «rechten Ausläufer der SP» berührt hätten. Die FDP-Mitglieder, die Positionen zwischen 0.3 (Christa Markwalder, BE) und 2.4 (Bruno Pezzatti, ZG) einnahmen, sowie die SVP-Mitglieder (Jean-Pierre Grin, VD: 6.1 bis Erich Hess, BE: 10.0) lagen ziemlich weit auseinander. Der Median des gesamten Nationalrats verlief genau zwischen der CVP und der FDP. Auf der Ratslinken gab es mehr ideologische Gemeinsamkeiten: Zwar war die SP insgesamt etwas linker als die Grünen – die Werte variierten bei den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zwischen -8.2 (Chantal Galladé, ZH) und -9.9 (Silvia Schenker, BS) und bei den Grünen zwischen -9.4 (Lisa Mazzone, GE) und -7.8 (Bastien Girod, ZH) –, aber die Durchmischung war wesentlich stärker als im Block der Bürgerlichen. Die grösste Geschlossenheit wies die GLP auf, bei der sich Kathrin Bertschy (BE) und Tiana Angelina Moser (ZH) mit einem Wert von -3.0 ideologisch nur marginal von Martin Bäumle (ZH, -2.7) entfernt positionierten. Die BDP wies mehr Varianz auf: Sowohl Rosmarie Quadranti (ZH, -1.6) als auch Hans Grunder (BE, -0.2) fanden sich ideologisch leicht links der Mitte. Interessant war, dass sich die Kleinstparteien am Rand ihrer Fraktionen ansiedelten. Sowohl die Lega und das MCG bei der SVP-Fraktion, als auch die EVP bei der CVP-Fraktion wiesen im Rating ideologische Differenzen zu ihrer Fraktion auf.
Im Ständerat waren zwar die verschiedenen Parteien ebenfalls voneinander getrennt, es kam aber zwischen CVP und FDP zu Überlappungen und die Gesamtvarianz der Positionen in der kleinen Kammer war geringer. Sie reichte von Liliane Maury Pasquier (sp, GE; -8.3) bis Peter Föhn (svp, SZ; 9.8), wobei sich Letzterer am rechten Rand ziemlich alleine auf weiter Flur befand, gefolgt von Werner Hösli (svp, GL; 7.6). Bei der FDP gesellten sich Fabio Abate (TI, -0.2) und vor allem Raphaël Comte (NE; -1.6) zum Lager der CVP, das von -2.4 (Anne Seydoux-Christe, JU) bis 0 (Isidor Baumann, UR) reichte. Am rechten Rand der FDP politisierte Philipp Müller (AG, 3.4) und lag damit nahe bei Thomas Minder (SH, 4.8), der als Parteiloser der SVP-Fraktion angehört. Von der SP sassen mit Pascale Bruderer (AG, -5.2) , Claude Janiak (BL, -5.5), Hans Stöckli (BE, -5.6) und Daniel Jositsch (ZH, -5.6) vier im Vergleich zum Nationalrat ziemlich gemässigte Genossinnen und Genossen in der kleinen Kammer.

Nationalratsrating

In der Frühjahrssession 2017 behandelte der Nationalrat als Erstrat die Revision des Bundesgesetzes über die Unternehmens-Identifikationsnummer (UID). Dem BFS soll damit die Kompetenz gegeben werden, neben der inländischen UID auch den internationalen „legal entity identifier“ (LEI) zu vergeben. Der Entwurf des Bundesrates stiess in allen Punkten auf breite Unterstützung. Der Rat folgte mit grosser Mehrheit den einzigen zwei Änderungsanträgen seiner Kommissionsmehrheit und ergänzte die Vorlage an zwei Stellen dahingehend, dass der LEI von den Unternehmen (sog. UID-Einheiten) ausdrücklich beantragt werden muss. Dieses Vorgehen war vom Bundesrat ohnehin so vorgesehen worden, kam aber nach Meinung des Nationalrates im Gesetzesentwurf zu wenig deutlich zum Ausdruck. Einstimmig schickte die grosse Kammer die Vorlage an den Ständerat. Dieser stimmte der ersten Ergänzung des Nationalrates zu, die bekräftigt, dass das BFS einem Unternehmen nur auf Verlangen einen LEI zuweist. Die zweite von der grossen Kammer vorgenommene Anpassung sah der Ständerat jedoch als missverständlich, da die Ergänzung an jener Stelle den Eindruck erwecken könne, der LEI könne auch anders als auf Verlangen der Unternehmen zugeteilt werden. Eine solche Möglichkeit besteht jedoch nicht, weshalb der Ständerat diese Änderung verwarf und den Entwurf dann ebenfalls einstimmig guthiess. In der Schlussabstimmung im Sommer 2017 wurde das revidierte Gesetz vom Nationalrat mit einer Gegenstimme (Grunder, bdp, BE) und vom Ständerat einstimmig angenommen.

Bundesgesetz über die Unternehmens-Identifikationsnummer (UID; BRG 16.082)

„Eine sinnlose Bevormundung gegenüber dem Bürger und dem Gewerbe" sei das Verbot von Verkauf und Ausschank von Alkohol auf Autobahnraststätten, befand die KVF-NR und reichte im April 2017 eine Motion ein, welche die Benachteiligung des Gastgewerbes auf Autobahnraststätten aufheben soll. Verkauf und Ausschank von Alkohol soll auf den Autobahnraststätten mit den gleichen Auflagen wie im übrigen Gastgewerbe möglich sein. Die Konsumenten müssten sich eigenverantwortlich an die den Alkoholkonsum betreffenden Regeln des Strassenverkehrs halten. Das Anliegen in die Kommission gebracht hatten Kurt Fluri (fdp, SO), Fabio Regazzi (cvp, TI) und Nadja Pieren (svp, BE). Eine Kommissionsminderheit Hadorn (sp, SO) beantragte, die Motion abzulehnen, der Bundesrat empfahl hingegen die Annahme. Der Nationalrat nahm die Motion im Juni 2017 mit 115 gegen 62 Stimmen (3 Enthaltungen) an, dies obwohl vor allem aus dem Kreis der SP und der Grünen auf die erfolgreiche Alkoholprävention hingewiesen wurde, die sich in der Unfallstatistik zeige.

Verkauf und Ausschank von Alkohol auf Autobahnraststätten

Die von Hans Grunder (bdp, BE) selber als „Zwillingsinitiativen" bezeichneten parlamentarischen Initiativen wurden in der Sommersession im Nationalrat gemeinsam behandelt. Mit einer Amtszeitbeschränkung (Pa.Iv. 15.492) und einer Verlängerung der Amtsperiode (Pa.Iv. 15.491) wollte der Berner BDP-Abgeordnete zur Rettung des Milizsystems beitragen. Wenn Parlamentarierinnen und Parlamentarier wüssten, dass sie nur für eine bestimmte Zeit im Amt seien, würden sie den Bezug zu ihrem Beruf, den sie nach dem Mandat wieder ausführen müssten, nicht verlieren. Die Verlängerung des Mandats würde zudem dem permanenten Wahlkampf Einhalt gebieten.
In der Ratsdebatte wurde dem Anliegen durchaus Sympathie entgegengebracht. In der Tat sei eine Entwicklung hin zu einem Berufsparlament zu beobachten und es sei immer schwieriger, Amt, Beruf und Wahlkampf unter einen Hut zu bringen. Mit den Forderungen könne aber das Milizsystem nicht gestärkt werden. Sie würden vielmehr die Rechte von Wählerinnen und Wählern beschneiden: Mit Amtszeitbeschränkung würde die Auswahl verkleinert und die Amtszeitverlängerung würde dazu führen, dass gesellschaftliche Meinungsumschwünge nicht mehr so rasch via Wahlen im Parlament abgebildet werden könnten. Die Schwächung des Milizsystems und der permanente Wahlkampf sei vielmehr hausgemacht – so etwa Kommissionssprecher Jauslin (fdp, AG). Die Arbeitsbelastung steige vor allem auch deshalb, weil immer mehr Vorstösse eingereicht würden. Zudem könne man die wachsende Medienarbeit auch selber beeinflussen, wenn man nicht zu jedem Thema vor die Kamera trete.
Mit 59 zu 128 Stimmen (keine Enthaltung) wurde der Idee zur Verlängerung der Amtsperiode etwas mehr Sympathie zuteil als der Forderung für eine Amtszeitbeschränkung, der mit 31 zu 144 Stimmen (bei 12 Enthaltungen) ebenfalls keine Folge gegeben wurde. Die Unterstützung kam beide Male von der SP und der BDP. Eine Verlängerung der Amtsperiode begrüssten zusätzlich auch die Grünen.

Rettung des Milizparlaments (Pa. Iv. 15.491)
Dossier: Milizparlament in der Krise?

Noch vor den eidgenössischen Wahlen 2015 hatte die Grüne Fraktion zwei Motionen eingereicht, mit denen sie mehr Transparenz in der Parteien- und Abstimmungsfinanzierung forderte. Zum einen wurde die Kritik der Greco von 2011 an der nicht existierenden Transparenz bei der Parteienfinanzierung (Mo. 15.3715) als Begründung herangezogen: Parteien sollen mit der Motion verpflichtet werden, die Vergabe von Spenden, die einen zu bestimmenden Schwellenwert übersteigen, öffentlich zu machen. Diese Transparenz sei zum anderen auch nötig bei Abstimmungskampagnen (Mo. 15.3714), bei denen erschwerend hinzukomme, dass sie häufig nicht über eine Parteikasse, sondern über Abstimmungskomitees finanziert und organisiert würden. Auch diese parteiunabhängigen Akteure müssten zu einer Veröffentlichung von Zuwendungen verpflichtet werden.
Der Bundesrat zeigte in seiner Stellungnahme keine Absicht, bei der Parteien- und Abstimmungsfinanzierung für mehr Transparenz zu sorgen. Einerseits habe die Greco für Abstimmungen keine Handlungsempfehlungen gegeben und andererseits habe das Parlament erst kürzlich – die Regierung verwies auf eine parlamentarische Initiative der RK-NR – auf die Einführung von entsprechenden Massnahmen verzichtet. Zudem wären die Eigenheiten des politischen Systems mit einem Gesetz zu Partei- und Abstimmungsfinanzierung nicht vereinbar: privates Engagement im Rahmen des Milizsystems, die kantonale Autonomie in diesen Fragen, aber auch die direkte Demokratie, in deren Rahmen sich Parteien besonders stark auch finanziell betätigen müssten, würden durch mehr Transparenz eher behindert. Diese Ausführungen hatte der Bundesrat bereits bei seiner Antwort an die Greco verwendet.
In der Ratsdebatte machte Bundesrätin Simonetta Sommaruga zudem klar, dass die Idee bei den Parteien – mit Ausnahme der SP – auf wenig Gegenliebe stosse. Dies hätten die Von-Wattenwyl-Gespräche gezeigt, die 2014 mit den Parteien zu diesem Thema geführt worden waren. Die SP-Magistratin wies freilich auch auf die Transparenz-Initiative hin, die im April 2016 lanciert worden war und mit der es vielleicht möglich werde, dass die Bevölkerung über das Thema befinden könne. Die Nationalrätinnen und Nationalräte schienen in der Tat keine Lust zu haben, hier selber tätig zu werden. Beide Motionen wurden nur von 67 Stimmen aus den Fraktionen der GP, der SP, der GLP und der BDP (mit Ausnahme von Hans Grunder) und vereinzelten Stimmen aus der CVP unterstützt. Gegen mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung stimmten 122 Volksvertreterinnen und -vertreter (1 Enthaltung) und gegen ein Kampagnenfinanzierungsgesetz fanden sich 121 Stimmen (2 Enthaltungen).

Transparenz bei der Parteienfinanzierung (Mo. 15.3714)
Dossier: Finanzierung der Politik

Im Mai 2016 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament den Entwurf eines Bundesbeschlusses über den Zahlungsrahmen zur Finanzierung der schweizerischen Bahninfrastruktur für die Jahre 2017-2020. Der Bundesrat hatte den Gesamtbetrag gegenüber der Vorperiode um CHF 2,3 Mia. auf CHF 13,232 Mia. erhöht. Den Anstieg des Betrags begründete er mit einem „Mehrbedarf bei der Fahrbahn, dem Bahnzugang und den Kunstbauten”.
Der Ständerat stimmte dem Geschäft im September 2016 einstimmig mit 40 Stimmen ohne Enthaltung zu. Im Nationalrat, wo das Geschäft im Dezember 2016 verhandelt wurde, erklärte Nationalrätin Pieren (svp, BE) für die SVP-Fraktion, man sei mit den immer grösseren Beträgen für Unterhalt und Ausbau nicht einverstanden und enthalte sich der Stimme. Die übrigen Fraktionen erklärten ihre Zustimmung und verwiesen mehrfach auf den Volkswillen, da sich das Stimmvolk mit dem Ja zur Fabi-Vorlage deutlich für die Bahninfrastruktur ausgesprochen habe. Nationalrat Guhl (bdp, AG) konnte sich denn auch einen Seitenhieb auf die SVP-Fraktion nicht verkneifen: Wer den Volkswillen respektieren wolle, stimme dieser Vorlage zu und enthalte sich nicht der Stimme. Im Nationalrat wurde das Geschäft mit 138 zu 11 Stimmen bei 30 Enthaltungen angenommen, wobei sämtliche Gegenstimmen und Enthaltungen aus der SVP-Fraktion kamen. Immerhin 23 SVP-Fraktionsmitglieder missachteten die angekündigte Enthaltung und stimmten Ja.

Finanzierung der schweizerischen Bahninfrastruktur für die Jahre 2017-2020

Ende November erschien das NZZ-Parlamentarierrating 2016 und bildete das erste Jahr nach den Wahlen 2015 ab. Der Rechtsrutsch der Wahlen zeichnete sich im Rating deutlich ab. Der Median der Positionen aller Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die aufgrund paarweiser Vergleiche des Abstimmungsverhaltens während der vier vergangenen Sessionen errechnet werden, rückte auf der Skala von -10 (absolut links) bis + 10 (absolut rechts) von 0.8 (2015) auf 1.7. Gleich drei SVP-Fraktionsmitglieder nahmen die rechte Extremposition (10) ein: Marcel Dettling (SZ), Erich Hess (BE) und, wie bereits 2015, Pirmin Schwander (SZ). Lisa Mazzone (gp, GE) positionierte sich mit einem Wert von -9.6 am linken Extrempol.
Vom Rechtsrutsch habe – gemessen an der Anzahl gewonnener Abstimmungen im Rat – vor allem die FDP, kaum aber die SVP profitiert, so die Studie. Bei den Parteien zeigten sich insgesamt nur leichte Verschiebungen. So hatte sich die SVP noch einmal nach rechts verschoben und nahm insgesamt den Wert 8.0 ein (2015: 7.7.). Jean-Pierre Grin (VD) besetzte mit 6.3 die moderateste Position in der Volkspartei. Damit war er dennoch ziemlich weit vom am meisten rechts stehenden FDP-Fraktionsmitglied entfernt: Bruno Pezzatti (ZG) erreichte einen Wert von 3.4. Den linken Rand der FDP, die sich im Vergleich zu 2015 nicht verändert hatte und fraktionsübergreifend konstant bei 2.2 blieb, nahm erneut Christa Markwalder mit 1.4 ein. Damit war die Bernerin leicht linker positioniert als Daniel Fässler (AI), der mit 1.9 den rechten Rand der CVP besetzte. Den Gegenpol bei den Christlichdemokraten nahm Barbara Schmid-Federer (ZH) mit -0.9 ein. Auch die CVP blieb im Vergleich zu 2015 konstant bei 0.6. Innerhalb des Spektrums der CVP-EVP-Fraktion fand sich die BDP (0.9: Hans Grunder, BE bis -0.5: Rosmarie Quadranti, ZH), die leicht nach links gerutscht war (0.2). Deutlich am linken Rand der CVP-Fraktion positionierte sich die EVP mit Maja Ingold (ZH, -2.8) und Marianne Streiff-Feller (BE, -3.1). Einen Linksrutsch verzeichnete auch die GLP, die sich bei -2.7 positionierte und sich wie schon 2015 sehr geschlossen zeigte. Nur gerade 0.5 Skalenpunkte trennten Kathrin Bertschy (BE, -2.8) von Martin Bäumle (ZH, -2.3). Etwas geschlossener als 2015 zeigte sich auch die SP, die fraktionsübergreifend bei -8.3 zu liegen kam. Chantal Galladé (ZH, -6.6) fuhr dabei den sozialliberalsten Kurs. Gleich drei Fraktionsmitglieder positionierten sich beim linken Extremwert der SP, bei -9.1: Bea Heim (SO), Susanne Leutenegger Oberholzer (BL) und Silvia Schenker (BS). Die Grünen schliesslich positionierten sich insgesamt bei -9.0 und die Fraktionsmitglieder überlappten sich stark mit der SP: Daniel Brélaz (VD, -7.9) zeigte sich dabei sogar noch etwas rechter als die gesamte SP.
Die Forschungsstelle Sotomo, welche das Rating durchführte, wertete auch 2016 den Ständerat aus. Erneut zeigte sich eine geringere Polarisierung als in der grossen Kammer. Zwar lagen auch in der kleinen Kammer die Extremwerte weit auseinander, Lilian Maury Pasquier (sp, GE, -9.5) und Peter Föhn (svp, SZ, 9.8) fanden sich aber ziemlich alleine auf weiter Flur. Alle anderen Ständeratsmitglieder befanden sich zwischen -6.2 (Christian Levrat, sp, FR) und 7.3 (Hannes Germann, svp, SH).

Nationalratsrating

Nichts weniger als die Rettung des Milizsystems forderte Hans Grunder (bdp, BE) mittels zweier parlamentarischer Initiativen. Das Milizsystem gerate unter Druck und das Parlament verkomme schleichend zu einem Berufsparlament – so der Initiant. Dabei sichere nur ein Milizparlament Praxis- und Bürgernähe und werde den Gegebenheiten von Gesellschaft und Wirtschaft in einmaliger Weise gerecht. Damit der Entwicklung, die immer mehr Berufspolitiker hervorbringe, Einhalt geboten werden könne, schlug der Berner BDP-Nationalrat einerseits eine Amtszeitbeschränkung vor (Pa.Iv. 15.492). Wenn man wisse, dass die Zeit im Parlament begrenzt ist, müsse man sich vor, während und nach dem nationalen Mandat beruflich orientieren, was wiederum gewährleiste, dass Berufsleute Parlamentarierinnen und Parlamentarier würden. Als Obergrenze wurden 12 Jahre vorgeschlagen. Der von Grunder selber als „Zwillingsinitiative" bezeichnete zweite Vorstoss verlangte andererseits eine Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf sechs Jahre (Pa.Iv. 15.491). Damit würde die Politik versachlicht und miliztauglicher gemacht, weil die Parlamentsmitglieder nicht permanent teuren und aufwändigen Wahlkampf betreiben müssten. Zugleich würde dadurch die Bereitschaft steigen, neben einem Beruf auch ein Parlamentsmandat ausüben zu wollen.
Die SPK-NR lehnte Ende 2016 beide Anliegen ab. Mit 16 zu 4 Stimmen und dem Argument, dass eine mehrmalige Wiederwahl und somit die Länge der Amtszeit eines Parlamentsmitglieds den Wählerinnen und Wählern und den Parteien – z.B. mit parteiinternen Amtszeitbeschränkungen – selber zu überlassen sei, wurde für den Vorschlag für eine Amtszeitbeschränkung kein Folge geben empfohlen. Zudem zeigten international vergleichende Studien, dass die Mandatszeit in der Schweiz im Schnitt eher kurz sei. Der zweite Vorschlag erhielt mit 8 gegen 14 Stimmen zwar mehr Unterstützung in der Kommission, aber auch für ihn wurde beantragt, keine Folge zu geben. Hier wurde mit der „demokratiepolitischen Wirkung" argumentiert. Wahlen seien für Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, korrigierend in die politische Zusammensetzung einzugreifen. Sei die Legislaturperiode zu lang, würden Meinungsumschwünge in der Bevölkerung nur mit Verspätung im Parlament neu repräsentiert. Zudem sei eine Verlängerung kaum geeignet, um die Arbeitsbelastung zu senken. Es sei in einer Demokratie von Nöten, dass sich Mandatsträgerinnen und Mandatsträger über verschiedene Medienkanäle ihren Wählerinnen und Wählern präsentierten und die eigenen Entscheide erklärten. Permanenter Wahlkampf würde sich also auch bei sechsjähriger Amtsperiode ergeben.

Rettung des Milizparlaments (Pa. Iv. 15.491)
Dossier: Milizparlament in der Krise?

Eine im Dezember 2015 eingereichte Motion von Ständerat Lombardi (cvp, TI) sollte dazu führen, dass vor 2018 in eine Programmvereinbarung mit dem Bund aufgenommene Lärmschutzmassnahmen bei Strassen auch dann noch durch Bundesbeiträge unterstützt werden, wenn sie erst nach 2018 realisiert werden. Hintergrund ist die Befristung der Durchführung von Sanierungen und Schallschutzmassnahmen bis zum 31. März 2018 (Art. 17 der Lärmschutz-Verordnung). Der Motionär war der Meinung, der Lärmschutz sei eine Daueraufgabe und der Bund solle die Kantone auch dann noch unterstützen, wenn sie wegen Einsprachen oder fehlenden Planungskapazitäten die Frist nicht einhalten können. In seiner Antwort vom Februar 2016 hielt der Bundesrat fest, dass auch er den Lärmschutz als Daueraufgabe sehe. Mit der Art und Weise der Umsetzung in den Kantonen zeigte sich der Bundesrat aber nicht einverstanden: Die ergriffenen Massnahmen seien nicht wirksam genug und die Kantone seien mit der Lärmsanierung im Verzug. Der Bundesrat betrachtete deshalb eine Auszahlung von Beiträgen über das Jahr 2018 hinaus als nicht zielführend und beantragte, die Motion abzulehnen. In der Frühjahrssession 2016 vertrat Bundesrätin Leuthard die Bedenken des Bundesrates vor dem Ständerat. Dieser liess sich davon jedoch nicht bewegen und nahm die Motion mit 29 zu 5 Stimmen (0 Enthaltungen) an.

Im Vorfeld der Debatte im Nationalrat empfahl seine KVF im August 2016 dem Ratsplenum mit 15 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Motion anzunehmen. Die grosse Kammer folgte dieser Empfehlung in der Herbstsession 2016. Der Minderheit Pieren (svp, BE), welche die Ablehnung der Motion beantragte, folgte nur die SVP-Fraktion: Beim Abstimmungsresultat von 114 zu 61 Stimmen (0 Enthaltungen) entfielen alle Gegenstimmen auf die Volkspartei.

Lärmschutzmassnahmen bei Strassen nach 2018

Nach der Annahme durch den Nationalrat im Vorjahr kam die parlamentarische Initiative Pieren (svp, BE) für einen AHV-Freibetrag für Babysitting in der Frühlingssession 2016 zur Beratung in den Ständerat. Die SGK-SR empfahl dem Plenum erneut einstimmig, den Vorstoss abzulehnen, wobei sie insbesondere auf die Abgrenzungsprobleme hinwies, die zuvor auch schon im Nationalrat kritisiert worden waren. Die kleine Kammer folgte dieser Empfehlung diskussionslos und verwarf die parlamentarische Initiative.

AHV-Freibetrag Babysitting

In der Frühlingssession 2016 nahm der Nationalrat die Differenzbereinigung zur Energiestrategie 2050 auf. In der ersten Differenz, der Höhe des Richtwertes für den Zubau an erneuerbaren Energien, beantragte die Kommissionsmehrheit das Festhalten an den 14 500 Gigawattstunden, während eine Minderheit Schilliger (fdp, LU) das vom Ständerat gesetzte Ziel von 11 400 Gigawattstunden übernehmen wollte. Mit dem knappen Resultat von 98 zu 95 Stimmen (keine Enthaltungen) blieb die grosse Kammer bei ihrem Richtwert und liess die Differenz bestehen. In der Frage der Abwägung von nationalen Interessen wollte die Mehrheit der UREK-NR auf die bundesrätliche Fassung zurückgreifen, welche dem Bau oder Ausbau einer Anlage zur Gewinnung von erneuerbarer Energie ein nationales Interesse zuschreibt und dieses als grundsätzlich gleichwertig zu anderen nationalen Interessen sieht. Eine Minderheit I Wasserfallen (fdp, BE) wollte an der nationalrätlichen Version festhalten, welche das Wort "grundsätzlich" und auch den ständerätlichen Zusatz, das Bauvorhaben dürfe ein Objekt nicht im Kern seines Schutzwertes verletzen, nicht enthält. Eine Minderheit II Grunder (bdp, BE) schliesslich wollte den Absatz 3 des Artikels 14 ohne das Wort "grundsätzlich", aber mit der ständerätlichen Formulierung zum "Kern des Schutzwertes". Nachdem die Minderheit II der Minderheit I deutlich unterlag, obsiegte mit der Minderheit I die Ratsrechte mit 101 zu 93 Stimmen (keine Enthaltungen) zugunsten einer Formulierung, die namentlich auch Pumpspeicherkraftwerken das gleiche nationale Interesse bescheinigt, wie beispielsweise dem Landschaftsschutz. In den Differenzen bezüglich der Abnahme- und Vergütungspflicht bei der Einspeisung netzgebundener Energie schlug die Kommissionsmehrheit nur minime Änderungen in den Formulierungen vor, stimmte aber inhaltlich grösstenteils dem Ständerat zu. Eine Minderheit Schilliger (fdp, LU) wollte die bundesrätliche Fassung der ständerätlichen vorziehen, unterlag der Mehrheit aber mit 95 zu 98 Stimmen bei einer Enthaltung. Eine Minderheit Semadeni (sp, GR) verlangte erfolgreich, die Untergrenze von 1 Megawatt Leistung für Wasserkraftanlagen zur Beteiligung am Einspeisevergütungssystem wieder aufzunehmen, die in der ersten Lesung vom Nationalrat eingeführt, vom Ständerat aber gestrichen worden war. In den übrigen Differenzen bezüglich Einspeisevergütungssystem stimmte die Minderheit Semadeni aber dem Ständerat zu. Bei Artikel 21 zur Direktvermarktung der Energie schuf der Nationalrat weitere Differenzen zum Ständerat, indem er Detailregelungen vornahm, die es erlauben, kleinere Produzenten von der Pflicht zur Direktvermarktung zu befreien. Der Nationalrat hielt ausserdem an der Streichung der Regelungen von Auktionen und Auktionsverfahren (Artikel 25-27) fest. Da der Ständerat in diesen Punkten dem Bundesrat zugestimmt hatte, blieb eine Differenz bestehen. Die vom Ständerat aufgenommene Finanzhilfe für die Grosswasserkraft wurde im Nationalrat kontrovers diskutiert. Die Kommissionsmehrheit wollte die Marktprämie für Grosswasserkraftanlagen übernehmen, änderte aber einige Formulierungen und strich die Absätze zu den Detailregelungen. Eine Minderheit Wasserfallen (fdp, BE) wollte hingegen das ganze Konzept streichen. Schliesslich zog der Rat einen Einzelantrag Grüter (svp, LU), welcher dem Mehrheitsvorschlag entsprach, aber zudem eine Zweckbindung der Marktprämie zur Sicherung des langfristigen Weiterbetriebs enthielt, dem Mehrheitsvorschlag vor. Für das Streichen der Marktprämie trat nur eine Minderheit der grossen Kammer ein: Mit 112 zu 77 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) stimmte der Rat der Finanzhilfe für Grosswasserkraftanlagen zu. Er tat dies zwar in Abweichung vom Ständerat, baute mit der gewählten Formulierung aber eine Brücke zur kleinen Kammer. Artikel 39 zum Netzzuschlagsfonds - vom Ständerat gestrichen - bestätigte der Nationalrat gemäss Bundesrat. Beim "Sunset-Klausel" genannten Artikel 39a betreffend dem Auslaufen der Unterstützungsbeiträge setzte sich die Kommissionsmehrheit gegen zwei Minderheiten durch: Der Rat stimmte der Fassung des Ständerates zu und verwarf sowohl den Vorschlag der Minderheit I Wasserfallen (fdp, BE), welche das Auslaufen der Unterstützungsbeiträge auf 2025 statt auf 2031 festlegen wollte, als auch jenen der Minderheit II Nussbaumer (sp, BL), welche ein vorzeitiges Auslaufen der Unterstützungsbeiträge bei Erreichen des Richtwertes im Zubau erneuerbarer Energien vorsah. Mit der Annahme eines Einzelantrags Knecht (svp, AG) schuf der Nationalrat eine neue Differenz: Forschungsanlagen im internationalen Wettbewerb sollen vom Netzzuschlag ausgenommen sein. Als Erstrat hatte der Nationalrat Regelungen für Grossfeuerungen und Heizungen aufgenommen, die vom Ständerat aber gestrichen wurden. Der Nationalrat hielt in der Differenzbereinigung jedoch daran fest, wenn auch in allgemeiner gehaltenen Formulierungen und gegen eine Minderheit Knecht (svp, AG), die dem Ständerat zustimmen wollte. Bei der Differenz bezüglich der rationellen Energienutzung im Gebäudebereich übernahm der Nationalrat im Wesentlichen die ständerätliche Fassung. Eine Minderheit Jans (sp, BS) wollte die Zielvorgaben bezüglich Energieeffizienz für die Elektrizitätslieferanten beibehalten, der Rat folgte aber seiner Kommission und stimmte dem Ständerat zu, welcher die Artikel 48 bis 50 gestrichen hatte. Einige Differenzen schuf der Nationalrat bei den Gesetzesartikeln zum Monitoring von Energiespar- und Effizienzmassnahmen, dies vor allem bezüglich Personendaten und Vollzugsstelle. Die Differenz bezüglich der Koppelung von Energiestrategie und Atomausstiegsinitiative blieb bestehen, der Nationalrat hielt an seiner Streichung des entsprechenden Artikels fest, obschon der Ständerat in dieser Sache dem Bundesrat gefolgt war. Auch bezüglich der Steuerabzüge für Gebäudesanierungen und Ersatzneubauten blieb der Nationalrat auf seiner Linie und prononcierte diese gar, indem etwa Bedingungen für den Abzug gestrichen wurden. Eine Minderheit Badran (sp, ZH), die den gesamten Steuerabzug-Artikel gemäss dem Ständerat streichen wollte, unterlag in der Abstimmung mit 68 zu 123 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Eine Differenz beilegen konnte der Nationalrat mit der Streichung der Langzeitbetriebskonzepte für Atomkraftwerke. Eine Minderheit I Bäumle (glp, ZH), welche dieses Konzept beibehalten wollte, fand Zustimmung bei Grünen, SP, GLP und Teilen von CVP und BDP, unterlag aber mit 77 gegen 118 Stimmen (keine Enthaltungen). Eine Minderheit II Jans (sp, BS) wollte eine Laufzeitbeschränkung auf 50 Jahre ins Kernenergiegesetz aufnehmen, fand aber über die Grünen, SP und GLP hinaus kaum Unterstützung und wurde mit 64 zu 131 Stimmen abgelehnt. Eine Differenz blieb im Stromversorgungsgesetz erhalten, wo sich eine Minderheit Grunder (bdp, BE) durchsetzte und die allgemeiner gehaltene Formulierung des Bundesrates jener des Ständerates vorzog. In allen übrigen Differenzen übernahm der Nationalrat die ständerätliche Fassung.

Stratégie énergétique 2050
Dossier: Ausbau und Erhalt von erneuerbaren Energien versus Umweltschutz

In der Wintersession 2015 beschäftigten sich die Räte mit dem Voranschlag 2016, der vom Bundesrat im August verabschiedet worden war und Einsparungen im Umfang von CHF 1,3 Mrd., davon nach Angaben von Finanzministerin Widmer-Schlumpf rund CHF 870 Mio. Querschnittkürzungen, vorsah. Der als Erstrat fungierende Ständerat schuf in der ersten Lesung nur gerade eine Differenz zum Budgetvorschlag des Bundesrates. Auf Antrag seiner Finanzkommission (FK-SR) hiess er diskussionslos eine Aufstockung des Budgets für die Dachverbände der Familienorganisationen um CHF 770'000 auf neu CHF 2 Mio. gut. Ein Minderheitsantrag Häberli-Koller (cvp, TG), der die Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte („Schoggigesetz“) um CHF 26,7 Mio. auf CHF 94,6 Mio. erhöhen wollte, scheiterte knapp mit 21 zu 23 Stimmen. Ebenso wurden Einzelanträge der Ständeräte Engler (cvp, GR), der die Beiträge an Schweiz Tourismus (19 zu 25 Stimmen) und für die Exportförderung (18 zu 23 Stimmen) aufstocken wollte, und Baumann (cvp, UR), der die Direktzahlungen an die Landwirtschaft auf dem Niveau des Vorjahres (CHF 2,8 Mrd.) belassen wollte (19 zu 21 Stimmen), abgelehnt. Grössere Anpassungen am bundesrätlichen Vorschlag nahm der Nationalrat vor. Gleich zu Beginn der Verhandlungen nahm die grosse Kammer mit 103 zu 84 Stimmen den Antrag einer von SVP, FDP und GLP unterstützen Minderheit Vitali (fdp, LU) an, die die Sach- und Betriebsausgaben des Bundes um CHF 125 Mio. kürzen und damit auf das Niveau des Jahres 2014 zurückschrauben wollte. Die von einer Minderheit Schibli (svp, ZH) geforderten Querschnittskürzungen bei den Bundesausgaben (CHF 3,1 Mrd.) und beim Personalaufwand (CHF 162 Mio.) gingen dem Nationalrat dann aber zu weit und wurden deutlich abgelehnt. Hingegen hiess die grosse Kammer mit 92 zu 91 Stimmen eine von einer Minderheit Pieren (svp, BE) geforderte Reduktion der Mittel für Massnahmen im Bereich der Geschlechtergleichstellung um CHF 2 Mio. gut. Der Landwirtschaft sprach der Nationalrat für 2016 indes mehr Mittel zu, als vom Bunderat vorgesehen gewesen war. Bei den Direktzahlungen an die Bauern und beim Schoggigesetz folgte die grosse Kammer mit 125 zu 56 Stimmen bzw. 117 zu 72 Stimmen den Mehrheitsanträgen ihrer Finanzkommission (FK-NR) und sprach sich dafür aus, die Beiträge im Vergleich zu 2015 nicht zu kürzen. In der zweiten Lesung hielt der Ständerat in sämtlichen Punkten am Vorschlag des Bundesrates fest, wobei bei den landwirtschaftlichen Differenzen wiederum nur wenige Stimmen den Ausschlag gaben. Der Nationalrat schwenkte seinerseits in der zweiten Lesung bei einer Differenz auf die Linie des Ständerates um. Mit 112 zu 77 Stimmen sprach er sich gegen die Budgetkürzung bei den Massnahmen zur Gleichstellung aus. Die gesamte SVP und ein Drittel der FDP-Liberalen-Fraktion hatten für die Kürzung gestimmt. Von den verbleibenden Differenzen konnte in der dritten und letzten Beratungsrunde dann nur noch eine bereinigt werden. Die kleiner Kammer folgte mit 23 zu 21 Stimmen einer Minderheit Hösli (svp, GL) und stimmte damit dem Vorschlag des Nationalrats zu, die Landwirtschaft nach 2015 auch 2016 mit Direktzahlungen in der Höhe von CHF 2,8 Mrd. zu unterstützen. Damit musste der Voranschlag wie bereits im Vorjahr vor die Einigungskonferenz.

Voranschlag 2016 (BRG 15.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2016: Voranschlag und Staatsrechnung