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  • Rime, Jean-François (svp/udc, FR) NR/CN
  • Blocher, Christoph (svp/udc, ZH) NR/CN
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  • Gesellschaftliche Debatte
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Vom 23. bis zum 25. August 2019 fand in Zug das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) statt, über das in den Medien ausführlich berichtet wurde. In dem weltweit grössten temporären Stadion der Welt wurde Christian Stucki vor 56'500 Zuschauern zum Schwingerkönig gekrönt. Es handelte sich um das bislang grösste Schwingfest der Geschichte. Das Budget von CHF 36.5 Mio. entsprach gemäss Presse dem Sechsfachen von dem, was 1998 in Bern für das damalige Schwingfest budgetiert worden war. Doch nicht nur die Gelder, sondern auch die Anzahl Zuschauer und Zuschauerinnen hatte in den vergangenen 25 Jahren stetig zugenommen. Auf dem 105 Fussballfelder grossen Festgelände fanden sich in drei Tagen schätzungsweise 420'000 Personen ein. Im Vorfeld hatte man mit 85'000 Logiernächten gerechnet.
Entsprechend gross war auch die Nachfrage nach Tickets gewesen. Mehr als 180'000 Leute hatten sich für die der allgemeinen Öffentlichkeit zur Verfügung stehenden Eintrittskarten interessiert. Dies machten sich einige Billettinhaber und -inhaberinnen zunutze, indem sie die CHF 150 bis CHF 245 teuren Karten auf Internetplattformen wie Ricardo für bis zu CHF 1'600 für zwei Tickets weiterverkauften. Das Organisationskomitee ging gegen diese Weiterverkäufe mittels Drohungen vor, mit dem Ziel die Verkäufer und Verkäuferinnen zu belangen und die weiterverkauften Billette für ungültig zu erklären.
Der Grund für das breite Interesse der Allgemeinheit am Schwingsport schrieben die Medien dem Fernsehen zu. Hatte man 2001 noch vor dem Schlussgang zur Endphase eines Formel-1-Rennens umgeschaltet, so wäre dies 2019 undenkbar gewesen. Das SRF konnte mit über einer Million Fernsehzuschauerinnen und -zuschauern und einer Traumquote von siebzig Prozent einen grossen Erfolg verbuchen. Neben der hohen Einschaltquote konnte das Staatsfernsehen auch vom für sie ausserordentlich günstigen Deal mit dem Schwingverband profitieren. Rolf Gasser, Verbandsgeschäftsführer, wollte zwar keine Zahlen nennen, der Jahresrechnung lässt sich allerdings entnehmen, dass das SRF dem Verband für die TV-Rechte pro Jahr lediglich CHF 172'320 entrichten muss – die Verbände des Fussballs und Eishockeys kassieren vergleichsweise ca. CHF 30 Mio. pro Jahr. Dieser Vertrag läuft noch bis 2022, der Schwingverband hat allerdings nicht vor, danach an der momentanen Situation etwas zu verändern. Es sei eine «Win-win-Situation» für beide Seiten, so Gasser in der Aargauer Zeitung.
Auch die Schwinger – im Zusammenhang mit dem ESAF erhalten Schwingerinnen kaum Aufmerksamkeit – selber konnten vom wachsenden Interesse an ihrem Sport profitieren, denn nun waren auch Sponsoren an ihnen interessiert. 2010 wurde das Werbeverbot für Schwinger aufgehoben. Innerhalb der Arena mag sämtliche Werbung zwar immer noch verboten sein, die privaten Werbeeinkünfte wuchsen jedoch zwischen 2011 und 2019 von CHF 690'000 auf CHF 2.277 Mio. an. Das ESAF selber konnte dank dem Sponsoring CHF 17 Mio. einnehmen. Zudem gab es so viele Anfragen von Privaten oder Organisationen, die den Siegermuni Kolin sponsoren wollten, dass ausgelost werden musste, wem diese Ehre zuteil wurde.
Verschiedene Zeitungen befassten sich auch mit der Frage, ob Schwingen politisch sei oder nicht. Währenddem die Aargauer Zeitung feststellte, dass in den vergangenen 25 Jahren mit Ausnahme von Christoph Blocher 1999 alle Hauptredner des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests Bundesräte waren, griff der Tages Anzeiger einige Geschichten auf, unter anderem dass das Schwingen, welches ursprünglich verboten gewesen war, von Berner Aristokraten 1805 genutzt wurde, um die ländliche Bevölkerung des Oberlandes für sich zu gewinnen. Gemäss dem Autor dieses Artikels war der Schwingsport «stets politisch, wurde immer schon instrumentalisiert und eigennützig gefördert». Heinz Tännler (ZG, svp), OK-Präsident des ESAF Zug 2019 und Regierungsrat des Kantons Zug, kandidierte im Herbst 2019 für einen Sitz im Ständerat. Er selber erklärte im Vorfeld des Schwingfests, dass die Publizität des Schwingfests sicherlich nützlich sei, dass sich die beiden Termine aber zufällig kreuzten und er bereits seit sechs Jahren OK-Präsident des ESAF sei. Wie sich im November 2019 zeigen sollte, schaffte er trotz des gelungenen Schwingfests den Sprung ins Stöckli nicht.

Gesellschaftliche Debatte_Schwingfest Zug

Kurz nachdem das Referendum gegen die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie offiziell zustande gekommen war, gab die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) – wohl nicht vollends beabsichtigt – sowohl für die Gegner- als auch für die Befürworterseite den Startschuss zum Abstimmungskampf. An der Präsidentenkonferenz Ende Januar 2019 sprachen sich über dreissig anwesende Sektionen einstimmig gegen die Verschärfung des Waffenrechts aus und bewilligten darüber hinaus einen finanziellen Beitrag an das Referendumskomitee. Darin Einsitz nehmen wollte die SOG jedoch nicht, wie im entsprechenden Positionspapier zu lesen war, in dem sie ihre Nein-Position damit begründete, dass die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie das «liberale, dem Milizwesen verpflichtete Schweizer Waffenrecht» unnötig einschränke. Die Verschärfung treffe nicht den gefährlichen Handel mit illegalen Waffen, sondern die legalen Waffenbesitzerinnen und -besitzer und sei daher «keine nachhaltige Massnahme gegen die terroristische Bedrohung in der Schweiz». Die NZZ bezeichnete den Positionsbezug der SOG als wichtigen Erfolg für die Gegnerschaft des neuen Waffenrechts, insbesondere für die Schützenverbände, die im Referendumskomitee federführend waren. Bei Sicherheitspolitikerinnen und -Politikern der bürgerlichen Mitte kam die SOG damit jedoch schlecht an: Der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli zeigte sich gegenüber der NZZ «enttäuscht» von den Offizieren, denen wohl «der Stellenwert von Schengen nicht bewusst» sei. Die Luzerner CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler bedauerte an gleicher Stelle, dass die Offiziere «ins Boot der SVP» stiegen und sich für deren Kampf gegen Schengen einspannen liessen. In den Tagen darauf traten einige SOG-Mitglieder um die beiden GLP-Politiker Pascal Vuichard (GL) und Roland Fischer (LU) aus dem Schatten und verkündeten öffentlich, mit dem Positionsbezug der SOG nicht einverstanden zu sein. Vuichard äusserte Bedenken, die SOG verspiele mit diesem Statement ihre Glaubwürdigkeit, da die Armee von den Änderungen gar nicht betroffen sei. Das von den GLP-Offizieren gegründete Ja-Komitee setzte eine «Lawine der Kritik» (Tribune de Genève) an der SOG in Gang und erhielt auch parteiübergreifend weiteren Zulauf – so beispielsweise von FDP-Ständerat und Oberst im Generalstab Josef Dittli. Der «Krach der Offiziere» (BaZ) gründete darin, dass für die Ja-Komiteeangehörigen ein gutes Verhältnis zu Europa für die Schweiz aus sicherheitspolitischer Sicht absolut notwendig sei, weshalb die Schengen/Dublin-Mitgliedschaft nicht gefährdet werden dürfe, zumal die Änderung des Waffenrechts «sehr umsichtig und pragmatisch» erfolge. Dass sich auch Armeechef Philippe Rebord hinter das neue Waffenrecht stellte, befeuerte die Debatte zusätzlich. SOG-Präsident Stefan Holenstein gab derweil gegenüber der Presse zu Protokoll, das Waffenrecht sei «kein Kernthema» der SOG und der Entscheid sei «keine Abstimmungsparole», sondern «eine Position als Ergebnis der internen Beratungen».

Mitte Februar lancierte Bundesrätin Karin Keller-Sutter anlässlich einer Medienkonferenz den Abstimmungskampf offiziell. Mit dem Slogan «Niemand wird entwaffnet» platzierte sie das Hauptargument des Bundesrates landesweit prominent in den Schlagzeilen: Die Änderungen am Waffenrecht seien nur geringfügig und die Schiesstradition in der Schweiz bleibe erhalten. Die Gesetzesänderung rechtfertige es somit nicht, die Schengen-Mitgliedschaft der Schweiz aufs Spiel zu setzen; die Kosten der Beendigung der Schengen-Zusammenarbeit seien schlicht zu hoch – und zwar sowohl in Form von zusätzlichen Staatsausgaben als auch in Form von Sicherheitsverlust. Das SIS werde von Schweizer Sicherheitsbehörden 300'000 Mal täglich abgefragt und habe während zehn Jahren im Schnitt zu einer Verhaftung täglich verholfen; «ohne Schengen wären wir bildlich gesprochen blind», würdigte der stellvertretende Fedpol-Direktor René Bühler den Beitrag des Schengener Abkommens an die Sicherheit der Schweiz. Hinzu kämen gemäss der Justizministerin volkswirtschaftliche Kosten von mehreren Milliarden Franken pro Jahr – einerseits im Tourismussektor, weil die Schweiz nicht mehr mit dem Schengen-Visum bereist werden könnte, andererseits im Asylbereich, da die Schweiz nach Wegfall des mit Schengen verknüpften Dublin-Abkommens Asylbewerberinnen und -bewerber nicht mehr abweisen könnte, wenn sie bereits in einem anderen Schengen-Staat Asyl beantragt haben. Wie die Gegnerschaft des neuen Waffenrechts darauf zu hoffen, dass dieser Fall nicht eintrete, sei riskant, denn der Ausschluss der Schweiz aus Schengen/Dublin erfolge bei Verweigerung der Rechtsübernahme automatisch, es sei denn, der Gemischte Ausschuss, in dem die 28 EU-Staaten und die Schweiz vertreten sind, einigte sich innerhalb von 90 Tagen einstimmig auf einen weiteren gemeinsamen Weg. Eine solche Einigung hielt Keller-Sutter jedoch für unwahrscheinlich, da sich die EU zurzeit nicht in «Kompromisslaune» (St. Galler Tagblatt) befinde. Das gegnerische Argument, die Verschärfung des Waffenrechts trage nichts zur Terrorismusbekämpfung bei, konterte die Bundesrätin damit, die Richtlinie beabsichtige in erster Linie, den illegalen Waffenhandel zu erschweren und die Bevölkerung vor Waffenmissbrauch zu schützen, sie sei aber «kein Pakt zur Terrorbekämpfung».

Mit ihren Erläuterungen an der Medienkonferenz erntete die Justizministerin wiederum heftige Kritik aus den Reihen des Referendumskomitees. So kreideten ihr die Gegner an, der Bundesrat habe eine Kehrtwende vollzogen, indem er die Waffenrichtlinie explizit nicht mehr in Zusammenhang mit Terrorismusbekämpfung bringe, sondern nur noch von der Bekämpfung illegalen Waffenhandels und Waffenmissbrauchs spreche. Weiter bezichtigten sie verschiedene Exponenten der Gegnerschaft mehr oder weniger direkt der Irreführung und der Falschinformation. Sie störten sich vor allem daran, dass rund 80 Prozent der im Schiesssport verwendeten Waffen neu verboten würden, und auf etwas Verbotenes bestehe kein Rechtsanspruch; daran ändere auch die vorgesehene Ausnahmebewilligung nichts. Zudem fürchteten sie sich vor zukünftigen weiteren Verschärfungen des Waffenrechts; da die EU-Richtlinie alle fünf Jahre überprüft werden solle, seien weitere Verschärfungen vorprogrammiert. Die Debatte um die Kosten des angeblich drohenden Schengen-Ausschlusses sei nur ein «Ablenkungsmanöver», zitierte die «Südostschweiz» den Walliser SVP-Nationalrat und ProTell-Interimspräsidenten Jean-Luc Addor; die EU habe überhaupt kein Interesse daran, die Abkommen zu kündigen, weil sie davon mindestens so viel profitiere wie die Schweiz und die Schweiz ja bereits ein effizientes Waffenrecht besitze. In Wahrheit sei die Reform ein «trojanisches Pferd», mit dem die EU in Zukunft alle halbautomatischen Waffen verbieten könne, so Addor gegenüber der «Tribune de Genève». Anders als der Bundesrat den Leuten weismachen wolle, seien die Änderungen für die Schützen überhaupt nicht zumutbar, stellte auch IGS-Präsident Luca Filippini in der Presse klar und betonte einmal mehr, die Annahme der Waffenrichtlinie wäre «das Ende des Schiessens als Volkssport», ja sogar «der Beginn vom Ende unseres Rechtsstaates».

So klar, wie es auf den ersten Blick den Anschein erwecken mag, waren die Fronten jedoch nicht. Wie bei den Offizieren äusserten sich auch bei den Schützen nach und nach kritische Stimmen zur Haltung des nationalen Verbandes. Während diverse kantonale Schützenverbände an ihren Versammlungen finanziell und ideologisch zum Kampf gegen das «Entwaffnungsdiktat» aus Brüssel, von dem sie sich existenziell bedroht sahen, rüsteten, beschloss etwa der Schaffhauser Kantonalschützenverband Stimmfreigabe, da die neuen Bestimmungen laut Präsident Pascal Herren «den Schiesssport nicht beeinträchtigen» würden. Auch der Präsident der Ausserrhoder Schützen, Bruno Preisig, gab in der Aargauer Zeitung zu Protokoll, er habe «kein Problem mit den neuen Regelungen», im Gegenteil: «Es wäre klüger gewesen, das Geld in die Nachwuchsförderung, statt in eine grosse Nein-Kampagne zu investieren.» Für ein Ja zum neuen Waffenrecht setzten sich hingegen geschlossen die grossen Wirtschaftsverbände Economiesuisse, Hotelleriesuisse und der Gewerbeverband sowie kantonale Handelskammern ein. Auf Druck der Tourismusbranche hatte sich der Gewerbeverband Ende Januar zur Ja-Parole durchgerungen, obwohl der von SVP-Nationalrat Jean-François Rime (FR) präsidierte Verband die Vorlage vor Jahresfrist noch als unverhältnismässig abgelehnt hatte, wie das St. Galler Tagblatt berichtete. Bedeutend für die Wirtschaft seien gemäss der NZZ vor allem die Folgen eines Neins: Die Verbände befürchteten zusätzliche Kosten für das Asylwesen und die innere Sicherheit, höhere Staukosten im grenzüberschreitenden Verkehr infolge wiedereingeführter Grenzkontrollen sowie einen Rückgang der Tourismus-Nachfrage aufgrund des wegfallenden Schengen-Visums. Anlässlich ihrer Delegiertenversammlung schloss sich Ende März schliesslich noch die SVP, die sich im Abstimmungskampf bisher zurückgehalten hatte, offiziell dem Nein-Lager an. Der Berner SVP-Nationalrat Werner Salzmann begründete die Zurückhaltung seiner Partei gegenüber der NZZ damit, dass man sich in einem Wahljahr befinde und somit «nicht beliebig Geld zur Verfügung [habe], um die Kampagnen von Verbänden zu unterstützen». Hinter vorgehaltener Hand sei man in Schützenkreisen jedoch sogar froh um die Zurückhaltung der SVP, so die NZZ weiter, da ein klares Verständnis des Referendums als Angriff auf Schengen/Dublin wohl eher der Befürworterseite zum Vorteil gereicht hätte. Alle anderen grösseren nationalen Parteien gaben indes die Ja-Parole aus.

Anfang April zeugten erste Umfrageergebnisse von einer bereits starken Meinungsbildung an den beiden politischen Polen. Insgesamt hatten 53 Prozent der Befragten angegeben, (eher) für die Verschärfung des Waffenrechts stimmen zu wollen, 46 Prozent (eher) dagegen. In den Anhängerschaften der beiden grossen Polparteien sprachen sich je über drei Viertel klar dafür (SP) bzw. klar dagegen (SVP) aus. Bei den Mitte-Parteien betrug die Zustimmung hingegen trotz Ja-Parolen nur gerade 50 (FDP) bzw. 47 Prozent (CVP). Die Abstimmung werde somit in der Mitte entschieden, so die Experteneinschätzung. Das überparteiliche Ja-Komitee interpretierte den äusserst knappen Vorsprung als «Weckruf» (Tages-Anzeiger), die Stimmbevölkerung noch klarer von der Wichtigkeit von Schengen/Dublin überzeugen zu müssen. Dies schien der Befürworterschaft zunehmend zu gelingen, konnte das Ja-Lager in den folgenden Umfragen doch entscheidend zulegen. Zwei Wochen vor dem Abstimmungstermin verbuchte es mit einer Zustimmung von rund 60 Prozent einen komfortablen Vorsprung. Die Sympathisantinnen und Sympathisanten aller grosser Parteien ausser der SVP stellten sich mit klarer Mehrheit hinter die Vorlage, Frauen stärker als Männer und städtische Gebiete stärker als ländliche Regionen. Der Verbleib der Schweiz im Schengen-Raum zeichnete sich hingegen klar als das schlagende Argument der Debatte ab.

Insgesamt bot der Abstimmungskampf über die lange Zeitdauer wenig Abwechslung, verlief aber zugleich äusserst emotional. Vor allem auf der Gegnerseite war eine grosse Wut spürbar, sowohl über die vermeintliche Entwaffnung der Schweizer Bürgerinnen und Bürger als auch über die Fremdbestimmung aus Brüssel. Das Antasten des Rechts auf eine private Waffe wurde als Angriff auf die Identität des Schweizervolkes gesehen. Dagegen bot Bundesrätin Karin Keller-Sutter den Gegnern wenig Angriffsfläche, argumentierte sachlich und vornehm zurückhaltend, wie der Tages-Anzeiger den Auftritt der Justizministerin in der SRF-«Arena» Mitte April beurteilte. Indem sich die Befürworterseite hauptsächlich auf das Schengen-Argument beschränkte, wurden allerdings von beiden Seiten die immergleichen Argumente bis zum Abstimmungstermin schon fast gebetsmühlenartig wiederholt.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Eine Woche nach den Schlussabstimmungen in den eidgenössischen Räten zur Übernahme der EU-Waffenrichtlinie wurde die über lange Zeit immer wieder ausgesprochene Referendumsdrohung in die Tat umgesetzt. Am 5. Oktober 2018 präsentierte sich das Referendumskomitee, co-präsidiert von SSV- und IGS-Präsident Luca Filippini zusammen mit den drei SVP-Nationalräten Jean-Luc Addor (VS), Werner Salzmann (BE) und Jean-François Rime (FR) sowie SVP-Nationalrätin Silvia Flückiger-Bäni (AG), vor den Medien. Die IGS als Hauptträgerin des Referendums vereint 14 Verbände aus dem Umfeld des Schweizer Schiesswesens, darunter neben Sportschützen auch Jäger, Waffensammler und -händler. Der zentrale Kritikpunkt der IGS am neuen Waffenrecht war der «Paradigmenwechsel», dass der Waffenbesitz von einem generellen Recht für Schweizerinnen und Schweizer zu einem Privileg herabgestuft werde, das nur noch ausnahmsweise gewährt werde; die damit verbundene «Vorstellung, künftig mit einer verbotenen Waffe schiessen zu müssen», sei das Problem, so die NZZ. Darüber hinaus wurde diese Änderung vom Referendumskomitee jedoch auch als erster Schritt in Richtung Abschaffung des Privatwaffenbesitzes gesehen; es würden sicher weitere Verschärfungen folgen. Weiter wurde die Pflicht zur Nachmeldung von halbautomatischen Waffen kritisiert: Obwohl das Volk eine Nachregistrierung im Rahmen der Waffenschutz-Initiative 2011 abgelehnt habe, werde eine solche nun durch die «Brüsseler Hintertür» eingeführt, so Werner Salzmann in der BaZ. Die Beendigung der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit sei hingegen nicht das Ziel des Referendums, beteuerte das Komitee und zeigte sich überzeugt davon, dass die EU kein Interesse daran habe, die Zusammenarbeit mit der Schweiz zu beenden. Gleichzeitig präsentierte sich das Komitee im Internet unter dem Namen «Nein zum Entwaffnungsdiktat der EU» und portierte damit die europa- und schengenkritische Haltung der SVP.

So geeint, wie das Referendumskomitee vielleicht den Eindruck erwecken konnte, war die Waffenlobby jedoch nicht. ProTell und der SSV, die an vorderster Front und «mit schrillen Tönen» (AZ) gegen die Verschärfung des Waffenrechts kämpften, konnten nicht alle Lobbymitglieder für diesen Kampf begeistern. Sowohl die Schweizerische Offiziersgesellschaft, die selbst zwar nicht Mitglied der IGS, sondern nur Sympathisantin ist, als auch Jagd Schweiz, Mitglied der IGS, wollten das Referendum nur passiv unterstützen, d.h. ideell, aber weder mit Finanzen noch mit dem Sammeln von Unterschriften. Auch nicht alle kantonalen Schiesssportverbände zeigten sich überzeugt von der Argumentation ihres Dachverbandes. So erklärte etwa der Präsident des Bündner Schiesssportverbandes gegenüber der Aargauer Zeitung, man unterstütze das Referendum vor allem aus Solidarität mit dem SSV, nicht weil die Reform an sich ein grosses Problem sei. Kritisch zum Referendum äusserte sich in der Presse auch Lorenz Hess, Berner BDP-Nationalrat und ehemaliger Präsident eines Schützenvereins. Insbesondere die Kritik an der vorgesehenen Zwangsmitgliedschaft für Schützen in einem Schiessverein sei nicht nachvollziehbar – ein Vereinszwang habe bis 1996 bestanden, ohne dass sich die Schützenvereine dagegen gewehrt hätten. Was ProTell von in der Unterschriftensammlung zu wenig engagierten Schützenvereinspräsidenten hielt, berichtete der «Blick»: In Schützenvereinen, die einen «Ausredenkönig» als Präsidenten hätten, sei eine «Druckerhöhung von unten» durchaus erwünscht, habe die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht auf ihrer Facebook-Seite betont. Interimspräsident Jean-Luc Addor quittierte den Online-Post damit, es müssten verschiedene Tonalitäten möglich sein. Mit nahezu 200'000 Mitgliedern dürfte es für die IGS allerdings kein allzu grosses Problem sein, bis Mitte Januar 2019 die erforderlichen 50'000 Unterschriften zu sammeln.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Nach der Ankündigung der Kandidatur von Magdalena Martullo-Blocher für die Nationalratswahlen 2015 ging der Sonntagsblick der Frage nach, ob es in der Schweiz Politikerdynastien gebe. Die Zeitung stiess dabei auf zahlreiche Namen. Im Kanton Aargau prägen und prägten drei Generationen der Familie Binder-Keller für die CVP die Politik: Julius Binder (90) war National- und Ständerat, Andreas Binder (58) und dessen Frau Marianne Binder-Keller (56) sassen bzw. sitzen im Grossrat, wobei der Vater von Binder-Keller, Anton Keller (80), ebenfalls bereits Nationalrat war und der Sohn von Marianne und Andreas, Simon Binder (28) die CVP in Baden co-präsidiert. Ebenfalls im Kanton Aargau machen sich die Giezendanners einen Namen: Ulrich (61) ist seit 24 Jahren im Nationalrat, sein jüngerer Sohn Benjamin (33) im Grossrat und sein älterer Sohn, Stefan (37), im Einwohnerrat in Zofingen – alle drei für die SVP. Der Sohn des ehemaligen FDP-Bundesrats Fritz Honegger (1917-1999), Eric Honegger (69), war in Zürich Regierungsrat. Ebenfalls in Zürich wirkt Corine Mauch als Zürcher Stadtpräsidentin, sie ist die Tochter der ehemaligen ersten Nationalrätin für den Kanton Aargau Ursula Mauch (80).
Von weiteren sieben aktuellen Parlamentariern und einer aktuellen Parlamentarierin hätten bereits die Väter in Bundesbern gesessen: von Marina Carobbio (sp, TI), Max Chopard (sp, AG), Jean Christophe Schwaab (sp, VD), Alexander Tschäppät (sp, BE), Jean-François Rime (svp, FR), Christian Wasserfallen (fdp, BE), Jean-René Germanier (fdp, VS) sowie von Thomas Hefti (fdp, GL). Hinzu komme Eveline Widmer-Schlumpf (bdp, GR), deren Vater Leon Schlumpf (svp, GR) bereits Bundesrat war.
Verantwortlich sei wohl das politische Umfeld, in dem man aufwachse und das Kinder präge, zog das Sonntagsmedium den Schluss. Namen könnten durchaus eine Hilfe sein, um politische Karriere zu machen, sie können aber auch hinderlich sein. Der Sonntagsblick zitierte dazu den Ex-US-Präsidenten George W. Bush, Sohn des Ex-US-Präsidenten Georg Bush: „Ich habe die Hälfte der Freunde meines Vaters geerbt und alle seine Feinde.“

Politikerfamilien

Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) ergriff im Januar das Referendum gegen die Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG). Mit dem neuen Gesetz würde die Höhe der Billag-Gebühr für Unternehmen nicht mehr pauschal, sondern entsprechend der Höhe des erwirtschafteten Umsatzes festgelegt. Gemäss dem SGV müssten die Unternehmen dadurch jährlich CHF 200 Mio. anstatt CHF 40 Mio. bezahlen. Jean-François Rime, Präsident des SGV, sagte gegenüber der Tribune de Genève, dass er mit dem neuen Gesetz für seine Unternehmen Billag-Gebühren in der Höhe von CHF 4'500 bezahlen müsste, anstatt wie bisher CHF 700 bis 800. Jedoch wären den Erläuterungen des Bundesrates zugfolge vor allem grosse Unternehmen von der Revision betroffen. Rund drei Viertel der KMU, jene mit einem Umsatz unter CHF 500'000, müssten unter dem geänderten Gesetz keine Billag-Gebühren mehr bezahlen. Ironischerweise beschloss Economiesuisse, deren Mitglieder durch die Gesetzesänderung stärker zur Kasse gebeten würden, die Ja-Parole zum geänderten RTVG. Auch der SGV trat keineswegs geschlossen gegen das neue RTVG an; Gastrosuisse etwa, der Dachverband für Hotellerie und Restauration, war für die Einführung des neuen Gesetzes. Wann immer Hans-Ulrich Bigler, Direktor des SGV, gefragt wurde, wieso dem Verband die Bekämpfung des neuen RTVG so wichtig sei, verwies er auf die Verbandsstrategie, die vor sieben Jahren angepasst worden war und sich grundsätzlich gegen neue Steuern, Gebühren und Abgaben richtet. „Also müssen wir dagegen kämpfen, wenn man die Wirtschaft stärker belasten will“, wurde er im Tages-Anzeiger zitiert. Gegenüber der NZZ sagte Bigler, dass er seit seiner Wahl zum Direktor des SGV im Jahr 2008 den Verband zur Referendumskultur zurückführen und wieder zu jener Kampforganisation aufbauen wolle, die der SGV in den 1980er Jahren gewesen sei.

Was Bigler unter kämpfen versteht, zeigte sich in den drei Monaten vor der Referendumsabstimmung, die auf den 14. Juni angesetzt war. Die Kampagne des SGV wurde von diversen Politikern und Medien als gehässig aufgefasst und bediente sich teilweise unlauterer Mittel (siehe Abstimmungskampf zur RTVG-Vorlage). In den Medien kam der Verdacht auf, Bigler wolle sich mit der aggressiv geführten Kampagne insbesondere im Hinblick auf die Nationalratswahlen im Herbst profilieren. Der 57-Jährige war bereits 2011 als Nationalratskandidat auf der Zürcher FDP-Liste angetreten, hatte die Wahl aber als siebter von vier gewählten Zürcher FDP-Nationalräten verpasst. Er wehrte sich gegen den Vorwurf, das RTVG-Referendum für seine Nationalratskandidatur zu instrumentalisieren: Die Abstimmungskampagne sei im Team entwickelt worden und nicht von ihm alleine, zudem hätte man die Kampagne in einem Nicht-Wahljahr genau gleich geführt. Der SGV verlor die Referendumsabstimmung im Juni, wenn auch äusserst knapp. Bigler wurden aber gute Chancen auf einen Nationalratssitz ausgerechnet, weil er mittlerweile erster Ersatzmann auf der FDP-Liste war und weil der Zürcher FDP ein Sitzgewinn zugetraut wurde. Tatsächlich schaffte Bigler im Herbst den Sprung in den Nationalrat: Er rutschte nach, nachdem Ruedi Noser im zweiten Wahlgang in den Ständerat gewählt worden war.

Der Gewerbeverband ergriff das Referendum gegen das neue RTVG

Die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) führte zum Streit zwischen den beiden grössten Wirtschaftsverbänden Economiesuisse und dem Gewerbeverband (SGV). Gleich zu Beginn des Jahres knallte es zwischen den beiden, nachdem sich der Arbeitgeberverband und die Wirtschaftsverbände Economiesuisse, Swissmem und Scienceindustries in einem „Vorschlag der Wirtschaft“ zur Umsetzung der MEI anstatt für Kontingente für eine Schutzklausel stark machten. In ihren Augen soll die Zuwanderung grundsätzlich offengelassen und erst nach dem Erreichen einer gewissen Schwelle, die vom Bundesrat definiert werden soll, beschränkt werden. Noch gleichentags verschickte der SGV eine Medienmitteilung mit dem Titel „Keine Wirtschaft ohne Schweizer KMU und Gewerbe“. Der SGV zeigte sich darin verärgert, dass die vier Verbände ihren Vorschlag als generelle Position der Wirtschaft bezeichneten und deutete dies als eine „Irreführung der öffentlichen Meinung“. Denn der SGV, dessen KMU zwei Drittel aller Arbeitsplätze stellten und der damit die „Nummer 1“ unter den Wirtschaftsverbänden sei, unterstütze die Schutzklausel nicht, hiess es im Communiqué. Obwohl der SGV mit Economiesuisse einigging, dass die Kündigung der Bilateralen „schwerwiegende negative Folgen“ für die KMU hätte, glaubte der Verband nicht daran, dass die vier Verbände die Wirtschaft freiwillig beschränken würden. Der SGV befürchtete, dass mit einer Schutzklausel die Einwanderungsschwelle zu hoch angesetzt würde, was dem Volkswillen nicht gerecht werde und auch nicht im Interesse der KMU sei. Man wolle deshalb die Botschaft des Bundesrats abwarten und bis dahin dessen Verhandlungsposition nicht durch eine „wenig durchdachte Serie theoretischer Vorschläge“ unnötig schwächen. An einem Treffen der Wirtschaftsdachverbände Mitte Februar in Lausanne – die Stimmung wurde von einem Teilnehmer als unheimlich bezeichnet – konnten sich die beiden Verbände neben der Migrationsthematik auch bei der Rentenreform und beim neuen RTVG, gegen das der SGV das Referendum ergriffen hatte, nicht einigen. Obwohl die Medien den Schlagabtausch dankbar annahmen, wurde auch etwas wehmütig den Zeiten gedacht, als die vormaligen FDP-Nationalräte Gerold Bührer (Economiesuisse) und Edi Engelberger (SGV) die beiden Wirtschaftsverbände führten und ihre Differenzen jeweils beim Jassen klärten.

Ebenfalls zu Beginn des Jahres veröffentlichte der SGV im Hinblick auf die Parlamentswahlen im Herbst ein Rating, das die derzeitigen National- und Ständeräte betreffend ihrer KMU-Freundlichkeit bewertete. Zum Ärger der Mitte-Rechts-Parteien trat die SVP dabei mit Abstand als KMU-freundlichste Partei hervor: Gemäss dem Rating gehören 40 der 50 KMU-freundlichsten Nationalräte der SVP an; im Ständerat belegen vier der fünf SVP-Ständeräte die ersten vier Plätze. Weil bekannte KMU-nahe Politiker aus CVP und FDP zum Teil weit abgeschlagen waren, kritisierten CVP-Präsident Christophe Darbellay und FDP-Präsident Philipp Müller das Rating heftig. Es würden zu viele Geschäfte bewertet und deren Gewichtung sei unverhältnismässig, so ihr Fazit. So würde die Haltung eines Parlamentariers zur MEI als ebenso wichtig beurteilt wie die Haltung zur Einheitskrankenkasse oder zur Autobahnvignette, obwohl die MEI für die Wirtschaft „hundertmal wichtiger“ sei, sagte etwa Darbellay. Für Müller und Darbellay fiel im Rating, das 169 KMU-relevante Parlamentsgeschäfte bewertete, die unterstützende Haltung der SVP-Politiker zur MEI und damit die potenzielle Gefährdung der Bilateralen Verträge mit der EU zu wenig ins Gewicht.

In den Medien wurde daraufhin einerseits die Emanzipation des SGV von der Economiesuisse in den Fokus genommen, andererseits die Nähe des SGV zur SVP untersucht. Die Emanzipation des SGV setzte 2013 ein, als Economiesuisse als Kampagnenführerin gegen die Abzocker-Initiative an der Urne eine herbe Niederlage einstecken musste. Aufgrund der dadurch verursachten Krise bei Economiesuisse, übernahm in der Folge der SGV die Kampagnenführung gegen die 1:12- und gegen die Mindestlohn-Initiative – beides Male erfolgreich. Dadurch gewann der SGV an Selbstbewusstsein, was auch SGV-Präsident Jean-François Rime gegenüber der Zeitung Le Temps bezeugte: Die Zeiten, als der SGV als Kofferträger der Economiesuisse fungierte, seien vorbei. Der Machtkampf wurde von den Medien allerdings relativiert, weil die gegenseitige Abhängigkeit der Verbände offensichtlich war. Denn obwohl Economiesuisse die Kampagnenführung bei den jüngsten Abstimmungen dem SGV überliess, finanzierte sie zu grossen Teilen die Kampagnen und trug dadurch wesentlich zu deren Erfolgen bei. Das mediale Fazit lautete: Für den SGV sind die Giftpfeile gegen Economiesuisse identitätsstiftend, im Grunde wissen aber beide, dass es ohne den Anderen nicht geht.

Die SVP-Nähe des Gewerbeverbands fand nicht erst mit dem umstrittenen KMU-Rating im Januar den Weg in die öffentliche Debatte: Mitte-rechts-Parteien monierten schon länger, der SGV stehe unter zunehmendem Einfluss der SVP. Erste Hinweise gab es 2010: Jahrelang war der SGV von einem FDP-Vertreter präsidiert worden, bis 2010 mit Bruno Zuppiger ein SVP-Nationalrat das Präsidium übernahm. Nach der politischen Affäre Zuppiger und dessen Rücktritt sowohl als Nationalrat als auch als SGV-Präsident konnte mit Jean-François Rime das Spitzenamt in SVP-Hand behalten werden. Es war aber insbesondere die MEI, die Nährboden für Zweifel an der Unabhängigkeit des SGV von der SVP bot. Zwar sprach sich der SGV an der Seite der restlichen Wirtschaftsverbände im Vorfeld der Abstimmung klar gegen die Initiative aus, allerdings büsste der Verband an Glaubwürdigkeit ein, weil Rime Mitglied des Initiativkomitees der MEI war. Auch dass der SGV bei der Umsetzung der MEI den Alleingang antrat und nicht eine gemeinsame Position mit den anderen Wirtschaftsverbänden vertrat, wurde auf die SVP-Nähe des Verbands zurückgeführt. Direktor Hans-Ulrich Bigler, der selber im Herbst des gleichen Jahres für die FDP in den Nationalrat gewählt wurde, widersprach dieser Auslegung. Der Vorstand und die Gewerbekammer – das Parlament des SGV – seien beide parteipolitisch breit abgestützt und ausgewogen mit Vertretern aller wichtigen bürgerlichen Parteien besetzt, sagte er gegenüber der Sonntagszeitung.

Streit zwischen Economiesuisse und dem Gewerbeverband über die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative
Dossier: Masseneinwanderungsinitiative

Johann Schneider-Ammann (plr), ministre de l’économie, de la formation et de la recherche, a indiqué qu’il souhaitait encourager financièrement la formation professionnelle supérieure. En effet, tout comme Jean-François Rime (udc, FR), président de l’Union suisses des arts et des métiers, il a déploré des inégalités de traitement entre formation professionnelle supérieure et formation académique. Le but est l’encouragement et l’amélioration de la reconnaissance à l’échelle nationale et internationale de telles formations.

encourager financièrement la formation professionnelle supérieure

Gewohnt dezidiert richtete sich die SVP in ihrer Europapolitik gegen alle Annäherungsversuche an die EU. Der Bundesrat sei mit seinen Vorschlägen zu institutionellen Fragen bereits im Jahr 2012 viel zu weit gegangen. Die Schweiz sei jedoch auf keine neuen Abkommen mit der EU angewiesen. Harsch fiel die Reaktion der Volkspartei denn auch aus, als die EU-Kommission Anfang 2013 vorschlug, über eine Weiterführung der Kohäsionszahlungen zu diskutieren. Als der Bundesrat Ende August ein Mandat zu Verhandlungen mit der EU über institutionelle Reformen vorstellte, sprach Parteipräsident Brunner an der Delegiertenversammlung in Genf von „Landesverrat“ und „nötigem Widerstand“. Das Mandat sei nicht nur eine Selbstaufgabe, mit der fremde Richter akzeptiert würden, sondern es käme einem schleichenden EU-Beitritt gleich. Der Widerstand müsse wie schon vor 20 Jahren gegen den EWR stark sein und die Kräfte gebündelt werden. Ruhiger wurde es im Berichtjahr um die im Vorjahr von Christoph Blocher angekündigte Anti-EU-Gruppe. Mitte Januar wurde in der Presse vermeldet, dass das Vorhaben gescheitert sei, weil von den anderen Parteien zu wenig Sukkurs komme. Man wolle sich deshalb eher auf eine reine SVP-Denkfabrik konzentrieren. Ende November wurde dann allerdings bekannt, dass die SVP, vor allem auf Antrieb von Christoph Blocher, mit dem Aufbau von Strukturen für eine Kampfgruppe gegen eine allfällige Abstimmung zu neuen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU schon weit fortgeschritten war. Ein entsprechender Verein „Nein zum schleichenden EU-Beitritt“ war am 23. Oktober von Christoph Blocher, Ulrich Schlüer und Thomas Aeschi gegründet worden. Blocher nahm Einsitz im Präsidium. Bereits seien 40 zivilgesellschaftliche Organisationen beigetreten, darunter auch die Auns, die im Kampf gegen den EWR-Beitritt in den 1990er Jahren gegründet worden war.

Europapolitik

"L’Expérience Blocher", ein Dokumentarfilm des Westschweizer Filmemachers Jean-Stéphane Bron („Mais im Bundeshuus“) über den SVP-Übervater, löste schon vor der Uraufführung am Filmfestival in Locarno Mitte August Unmut aus. Es gehe nicht an, dass der Staat einen Film über einen derart umstrittenen Politiker finanziere, äusserten sich Exponenten der SP. Tatsächlich hatte die eidgenössische Filmförderung die Hälfte des Filmbudgets übernommen. Der Film zeigt die wenig spektakuläre Aufzeichnung verschiedener Wahlkampfauftritte vor den nationalen Wahlen 2011. Bron begleitete Blocher in stundenlangen Autofahrten zwischen diesen Auftritten und – so die NZZ-Filmkritik – verleihe dem Politiker Blocher, wohltuend entkrampfend, ein menschliches, sympathisches Gesicht. Der Mitte Oktober in den Kinos anlaufende Film vermochte die Zuschauer allerdings nicht zu überzeugen. Die Besucherzahlen blieben unter den Erwartungen.

L’Expérience Blocher

L’été 2011 avait été marqué par la découverte de 7'000 à 10'000 demandes d’asile irakiennes gelées dans les ambassades de Suisse en Syrie et en Egypte. Aucune suite n’avait été donnée à ces demandes. En 2012, l’ancien juge fédéral Michel Féraud a rendu un rapport expliquant qu’en ne traitant pas ces demandes, l’Office fédéral des migrations avait clairement violé le droit sur l’asile et d’autres garanties constitutionnelles de procédure. Malgré cette faute, le rapport exclut d’éventuelles sanctions envers les responsables. Il reste cependant des zones d’ombres notamment quant à savoir quels ministres étaient au courant de ces pratiques. En effet, le rapport n’a pas pu établir clairement qui, de Christoph Blocher, Eveline Widmer-Schlumpf ou Simonetta Sommaruga, était au courant de cette affaire.

demandes d’asile irakiennes gelées

Mit dem Rücktritt der SP-Bundesrätin Calmy-Rey veränderte sich die Ausgangslage für die Bundesratserneuerungswahlen im Dezember nur unwesentlich, da sich die Diskussionen insbesondere um die Nichtbestätigung von Eveline Widmer-Schlumpf oder allenfalls einer der beiden FDP-Bundesräte drehte. Die SVP pochte zwar auf einen zweiten Sitz und drohte auch der SP mit einem Angriff, falls diese die Wiederwahl von Eveline Widmer-Schlumpf unterstütze. Eine Sanktionierung der SP wurde aber insgesamt als wenig wahrscheinlich betrachtet. Als realistischere Szenarien wurden – neben dem Status Quo – in den Medien die Ersetzung von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf oder von einem der beiden FDP-Bundesräte durch einen zweiten SVP-Sitz erwogen. Johann Schneider-Ammann musste in der Presse viel Kritik an seiner Amtsführung einstecken und der Sitz von Didier Burkhalter wurde als wacklig betrachtet, weil mit Jean-François Rime ein SVP-Sprengkandidat aus der Romandie antrat, der schon früh seine Ambitionen angemeldet hatte. Der geplante und lange vorher angekündigte Angriff der SVP, aber auch die zunehmende Personalisierung der medialen Politikberichterstattung brachten es mit sich, dass die Erneuerungswahlen in den Medien zum Grossereignis stilisiert wurden.

Zur Debatte stand insbesondere die Konkordanz. Der Begriff wird in der Politikwissenschaft zur Bezeichnung eines Demokratiesystems verwendet, in dem die wichtigsten Kräfte in die Regierungsverantwortung eingebunden werden und Entscheide eher konsensorientiert als mittels Mehrheit gefällt werden. Die Parteien zeigten sich jedoch hinsichtlich der Deutung des Begriffs wenig konsensual. Je nachdem wurde mit arithmetischer oder inhaltlicher Logik argumentiert, wobei die Wählerstärke, die Fraktionsstärke oder programmatische Ähnlichkeit als Grundlage gewählt wurden.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2011 – Nachfolge Micheline Calmy-Rey
Dossier: Wahlen des Bundespräsidiums
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Die SVP verstärkte zu Jahresbeginn ihre Kritik an der Politik des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV). Unmittelbar vor einer Aussprache zwischen der SGV-Spitze und gewerbenahen SVP-Politikern warf sie in ihrem Pressedienst dem Verbandspräsidenten Edi Engelberger (fdp, NW) vor, die Interessen des Gewerbes namentlich in Fragen der Sozialpolitik und der Wettbewerbspolitik nicht gut vertreten, wenn nicht gar verraten zu haben und generell zu kompromissbereit aufzutreten. Grundsätzlich werde die Ausrichtung des SGV zu sehr von Politikern der FDP und der CVP bestimmt. Mit ihrem Nationalrat Jean-François Rime (FR) brachte die SVP auch einen möglichen Gegenkandidaten für die Präsidentenwahl vom Frühjahr ins Gespräch. Für den Fall, dass der SGV nicht auf die Forderungen der SVP eingehe, drohte Nationalrat Füglistaller (svp, AG) mit der Gründung einer Konkurrenzorganisation. Der SGV gab der SVP in Bezug auf die personelle Untervertretung in seinen Organen recht. Zu diesem Zeitpunkt gehörte nur eines der elf Vorstandsmitglieder der SVP an. Er machte aber die SVP dafür mitverantwortlich, da sich ihre Vertreter zu wenig in den Branchenverbänden engagieren würden. Die Kritik an seiner Politik wies der SGV jedoch energisch zurück. Nach der Aussprache mit den SVP-Vertretern konzedierte die Verbandsleitung, dass die SVP im Vorstand des SGV besser vertreten sein sollte. Zudem einigte man sich auch darauf, dass die SVP die Wiederwahl des 68-jährigen Präsidenten Engelberger nicht bekämpft, dass er aber 2010 vorzeitig von seinem Amt zurücktreten wird. Da die letzten drei Präsidenten aus der FDP und CVP stammten, soll nach Aussage Engelbergers dann jemand von der SVP zum Zuge kommen. Nicht einverstanden mit diesen personalpolitischen Absprachen zeigte sich die CVP. Sie monierte ebenfalls eine Untervertretung und kritisierte zudem die wirtschafts- und gewerbefeindliche Politik der SVP im Zusammenhang mit der Personenfreizügigkeit. Der Gewerbekongress vom 30. Mai in Freiburg bestätigte Engelberger in seinem Amt bis 2010. In den von elf auf dreizehn Mitglieder erweiterten Vorstand wurden sechs Neue gewählt, davon vier Bundesparlamentarier. Zwei von diesen gehören der SVP, je einer der CVP und der FDP an.

Schweizerischen Gewerbeverbandes Forderungen der SVP

Nationalrat Blocher (svp, ZH) hatte in seiner traditionellen Albisgüetli-Rede die Sozialdemokratie in die Nähe zum Faschismus gerückt. Die SP drohte darauf hin mit dem Boykott der Bundesratsparteiengespräche und verlangte von der SVP eine klare Distanzierung von den Aussagen Blochers. Mitte März machte die SP ihre Drohung war. Im Berichtsjahr fanden daher zwei separate Dreiergespräche statt; SP und SVP verhandelten getrennt voneinander mit FDP und CVP. Nach einer formellen Entschuldigung durch SVP-Präsident Maurer beteiligte sich die SP wieder an den Vierergesprächen.

Blocher wirft SP Nähe zum Faschismus vor

Nachdem die Umstände des Todes von Prinzessin Diana eine Welle der Empörung und heftige Kritik am Sensationsjournalismus ausgelöst hatten, erarbeitete der SVJ-Presserat berufsethische Leitlinien für den Umgang mit Schock- und People-Bildern. Neu wurden das Bild und die “Wahrung der Menschenwürde” als Begriff explizit in den Ehrenkodex der Schweizer Medienschaffenden miteinbezogen. Im weiteren empfahl der Presserat den Medienunternehmen, Regeln für die Behandlung politischer Inserate schriftlich festzulegen. Der Schriftsteller Adolf Muschg war an den Presserat gelangt, weil er in einem Inserat des Zürcher SVP-Nationalrats Christoph Blocher mit dem nazifreundlichen Schweizer Schriftsteller Jakob Schaffner verglichen worden war. Der Presserat kam zum Schluss, dass politische Inserate die Medienschaffenden aus publizistischen Gründen etwas angehen, auch wenn der redaktionelle Teil und der Werbeteil voneinander getrennt sind.

berufsethische Leitlinien für den Umgang mit Schock- und People-Bildern Regeln für die Behandlung politischer Inserate

Dans l’ensemble, les conclusions du rapport Brunner ont suscité des réactions favorables dans la presse et lors de sa mise en consultation. Les partis gouvernementaux ont salué l’ouverture du débat sur la politique de sécurité et le renforcement de la collaboration internationale. Seule l’UDC a émis des réserves face à un engagement plus grand à l’étranger. La CPS du Conseil national s’est prononcée de façon positive et celle du Conseil des Etats a annoncé que la réforme de l’armée devrait avoir lieu avant 2005. La SSO a rappelé que le cœur de compétences de l’armée doit rester la défense. Parmi les détracteurs, l’USS et le GSsA ont critiqué la possibilité de confier à l’armée certaines tâches de police. Le conseiller national Blocher (udc, ZH), seul membre de la Commission Brunner a avoir refusé l’adoption du rapport, a lui présenté ses propres conclusions dans un document intitulé «Mutations stratégiques». Il s’y oppose à «un activisme international déguisé en entreprise morale» et combat une politique de sécurité qu’il estime naïve, hâbleuse et pastichée.

Rapport de la Commission d’étude pour les questions stratégiques («Rapport Brunner»)
Dossier: Armee XXI

Quatre mouvements proeuropéens (Mouvement européen suisse, Mouvement né le 7 décembre 1992, Jeunes fédéralistes européens et Action Europa-Dialogue) de Suisse ont fusionné afin de rassembler leurs forces dans la lutte contre l’ASIN (Action pour une Suisse indépendante et neutre) de Christoph Blocher. Cette nouvelle structure dirigée par le conseiller national Marc Suter (prd, BE) compte désormais 4000 membres. Elle a pris le nom de Nouveau mouvement européen suisse (NOMES) et s’est définie pour tâche immédiate de soutenir l’initiative «Oui à l’Europe». Le conseiller fédéral Jean-Pascal Delamuraz a été élu Président d’honneur en compagnie de Christiane Brunner (ps, GE).

Nouveau mouvement européen suisse (NOMES)

La brochure d’informations «La Suisse et l’Europe, cinq ans après le rejet de l’EEE», envoyée à 3,6 millions de ménages helvétiques a la fin 1997 par Christoph Blocher (udc, ZH), a été sévèrement critiquée par le Conseil fédéral. Estimant que cette publication ne contribuait pas à une discussion franche et sereine, le gouvernement a relevé que les chiffres cités avaient été choisis en dehors de leur contexte de manière à accréditer les thèses de l’auteur et s’est prononcé fermement contre cette vision revendiquant un avenir optimiste pour une Suisse en dehors de l’UE. La Société pour le développement de l’économie suisse (Sdes) a également réfuté les données utilisées par Christoph Blocher.

le Conseil fédéral s’est prononcé fermement contre cette vision revendiquant un avenir optimiste pour une Suisse en dehors de l’UE

Trois ans après son entrée en vigueur, le Traité sur l'Espace économique européen (EEE) a fait l'objet d'un bilan extrêmement positif à l'occasion d'une conférence de presse donnée par le secrétaire général de l'AELE, Kjartan Johannsson. Reconnaissant que les pays de l'AELE membres de l'EEE - à savoir la Norvège, l'Islande et le Liechtenstein - sont contraints de s'aligner sur le droit européen, le diplomate islandais a cependant déclaré que cette absence de droit de codécision était en grande partie compensée grâce à la participation active de ces trois Etats aux travaux des quelque 200 comités chargés d'élaborer la législation communautaire. Concernant la Suisse, Johannsson a regretté que celle-ci ne profite pas davantage de la possibilité qui lui est offerte de faire entendre son point de vue lors des réunions internes de l'AELE consacrées à l'EEE. A l'occasion de la commémoration du 5e anniversaire du refus par le peuple suisse d'adhérer à l'EEE, le député UDC et président de l'ASIN, Christoph Blocher, a pour sa part apprécié d'une toute autre manière la valeur de cet accord. Qualifiant ce dernier de "contrat colonial" qui aurait non seulement conduit en Suisse à une restriction des droits populaires, mais aussi à une diminution de la prospérité et du niveau des salaires, le tribun zurichois s'est dès lors réjoui de la voie en solitaire empruntée par la Confédération depuis 1992. Il l'a d'ailleurs fait savoir dans le cadre d'une opération de relations publiques sans précédent au cours de laquelle une brochure d'information louant les vertus de l'"Alleingang" a été acheminée auprès de 3,6 millions de ménages. L'appréciation de la situation portée par le député UDC n'a cependant pas manqué de trancher avec les constats nettement plus pessimistes dressés par le monde économique et la classe politique dans sa majorité.

Négociations sectorielles avec l’UE (1993-1998)
Dossier: Die Bilateralen Verträge I und die sektoriellen Verhandlungen mit der EU 1993 bis 1998

Als engagiertester Gegner dieser Solidaritätsstiftung profilierte sich der Zürcher Nationalrat Blocher (svp). Bereits eine Woche vor deren Ankündigung hatte er in einer Ansprache vor mehr als 1000 Personen seine Sicht der Dinge vorgetragen. Seiner Meinung nach habe die Schweiz als Staat in der damaligen Zeit keine Fehler begangen. Auch die Behörden hätten ihre Hauptaufgabe, die Wahrung der Unabhängigkeit und das Vermeiden der Verwicklung in Kriegshandlungen, erfüllt. Fehler seien zwar gemacht worden, aber nicht vom Staat und seinen Behörden, und schon gar nicht vom Volk als Ganzem, sondern von einzelnen Personen, von Banken und Unternehmen. Dieser historische Teil seiner Rede wurde auch von ihm kritisch gesinnten Medien als einigermassen akzeptabel gewürdigt. Unter heftigen Beschuss geriet er jedoch wegen Äusserungen, in denen er Parallelen zog zwischen der damaligen Bedrohung und der aktuellen Situation der Schweiz als von der Europäischen Union umschlossenes Land. Anlässlich der Mitte März von einer dringlichen Interpellation ausgelösten Debatte im Nationalrat kritisierte Blocher, dass die Solidaritätsstiftung als Wiedergutmachung für angebliche Fehler, welche die Schweiz während des 2. Weltkriegs begangen habe, konzipiert sei und auf jeden Fall im Ausland so interpretiert werde. Da der Staat und das Volk aber keine derartigen Fehler begangen haben, gebe es auch keinen Grund für Entschuldigungen und staatliche Wiedergutmachungszahlungen.

Schaffung einer Solidaritätsstiftung

Zu Beginn des Jahres erschien in der Zentralschweiz erstmals das Fusionsprodukt von "Luzerner Neuste Nachrichten" (LNN) und "Luzerner Zeitung" (LZ), die "Neue Luzerner Zeitung" (NLZ) mit fünf Regionalausgaben für die Kantone Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden und Zug. Noch im Januar kam ausserdem die als Alternative zur NLZ konzipierte Tageszeitung "Luzern heute", auf den Markt, die vor allem die Agglomeration Luzern abdecken will und dreimal wöchentlich erscheint. Auch im Kanton Zug wurde ein Konkurrenzblatt zur NLZ aus der Taufe gehoben: im August debutierte die "Zuger Presse", die sich auf das Geschehen in der Region Zug beschränkt und ebenfalls dreimal wöchentlich erscheint.

Im Aargau kam es ebenfalls zu einer Konzentration in der Presselandschaft. Die beiden grössten aargauischen Tageszeitungen "Aargauer Tagblatt" und "Badener Tagblatt" fusionierten zur "Aargauer Zeitung", die mit einer Startauflage von 120 000 Exemplaren im November als sechstgrösste Schweizer Tageszeitung erstmals erschien. Am neuen Unternehmen sind die Aargauer Tagblatt AG und die Badener Tagblatt Holding AG zu je 50% beteiligt. Anders als letztes Jahr in der Innerschweiz fielen die Reaktionen zur Zeitungsfusion im Aargau moderat aus, da beide Tageszeitungen eine ähnliche, bürgerlich-konservative Linie verfolgten. Opposition gegen die Fusion regte sich jedoch anfänglich von Teilen der Aktionäre des "Aargauer Tagblatts" um die beiden SVP-Parlamentarier Maximilian Reimann und Christian Speck, die eine Vormachtstellung der Badener Tagblatt Holding und insbesondere von deren Besitzer Peter Wanner befürchteten.

Die Aargauer Zeitungsfusion hatte auch Konsequenzen für die seit Anfang 1994 bestehende "Mittelland-Zeitung", der das "Aargauer Tagblatt", das "Oltner Tagblatt" und das "Zofinger Tagblatt" angehörten. Der Verleger der neuen "Aargauer Zeitung" kündigte die Kooperation des "Aargauer Tagblatt", das bis dahin den gemeinsamen Mantelteil der "Mittelland-Zeitung" geliefert hatte. Nachdem die beiden verbliebenen Partner mit rechtlichen Schritten wegen Vertragbruchs drohten, zog die Aargauer Zeitung AG die Kündigung zwar zurück. Die in Zugzwang geratenen "Oltner Tagblatt" und "Zofinger Tagblatt" fanden aber mit der "Solothurner Zeitung" eine neue Partnerin und schlossen sich zu dritt zur "Neue Mittelland-Zeitung" zusammen. Damit entstand im Kanton Aargau wieder eine zweite grössere Tageszeitung, dem Kanton Solothurn ging jedoch seine zweite Pressestimme verloren. Neu liefert die "Solothurner Zeitung" den überregionalen Mantelteil. Die vorerst auf fünf Jahre befristete, am 4. November begonnene Kooperation soll den drei Zeitungen - Gesamtauflage 85 000 Exemplare - den Zugang zum nationalen Inseratemarkt sichern. Die drei Verlage sind bereits gemeinsam am Solothurner Lokalsender "Radio 32" beteiligt.

Zu einem Zweititelsystem unter einem Verlagsdach ab 1. November entschieden sich das "Bündner Tagblatt" und die "Bündner Zeitung". Die Gasser Media AG, Herausgeberin der "Bündner Zeitung", übernahm die operative Führung beider Tageszeitungen, die neu einen gemeinsamen Inserateteil, aber weiterhin getrennte Redaktionen haben werden. Ab 1997 werden sich die beiden Blätter inhaltlich stärker unterscheiden: Während die "BZ" einen liberalen Kurs fährt und sich der vertieften Information verschreibt, wird das "Bündner Tagblatt" einen pointiert konservativen Kurs fahren und sich auf die kurze, schnelle Information konzentrieren. Das im 144. Jahrgang erscheinende "Bündner Tagblatt" war vor zehn Jahren vom Zürcher SVP-Nationalrat Christoph Blocher übernommen und von ihm seither jährlich mit Millionenbeträgen über Wasser gehalten worden. Nun leitete Blocher seinen Rückzug aus dem Graubündner Zeitungsmarkt ein. Kritische Stimmen gaben dem Bündnerischen "wirtschaftlichen Zeitungsmonopol mit Pressevielfalt" keine längerfristigen Überlebenschancen.

Dem jahrelangen Feilschen um eine romanische Tageszeitung in Graubünden setzte die Gasser Media AG Anfang November überraschend ein Ende und kündigte die Lancierung von "La Quotidiana", der ersten romanischen Tageszeitung, auf Januar 1997 an. Im Gegensatz zu früheren Projekten wird die Tageszeitung nicht in Zusammenarbeit mit den romanischen Sprachorganisationen, sondern im Alleingang herausgegeben. Das Zweititelsystem von "BZ" und "BT" mutiert damit zum Dreititelsystem. Der Lia Rumantscha und der Pro Svizra Rumantscha warf der Gasser-Verlag vor, dass sie eine "rätoromanische Staatszeitung" produzieren und diese zu einem Mittel der Sprachenpolitik ausbauen wollten. Die Sprachorganisationen begrüssten die neue Tageszeitung grundsätzlich. Mit der Realisierung von "La Quotidiana" verbunden ist ein Kahlschlag in der romanischen Presselandschaft: Die "Gasetta Romontscha" aus Disentis, bereits seit längerer Zeit in der Hand der Gasser AG, wird ebenso in der neuen Tageszeitung aufgehen wie die kleineren romanischen Blätter "Casa Paterna/La Punt" und "Fegl ufficial da Surselva". Auch das bisher zweimal wöchentlich erscheinende Engadiner Lokalblatt "Fögl Ladin" wird in die "Quotidiana" integriert werden. Die Engadin Press AG verkaufte der Gasser AG ihre Verlagsrechte, da sie neben der neuen Konkurrenz keine Überlebenschancen mehr sah. "La Quotidiana", deren Auflage 10 000 Exemplare beträgt, soll unabhängig und politisch neutral sein und will grundsätzlich jedem Idiom Platz einräumen.

Auch bei den beiden Neuenburger Tageszeitungen "L'Express" und "L'Impartial" kam es ab November zu einer Konzentration der Kräfte. Die beiden Zeitungen beschlossen eine enge Zusammenarbeit in Redaktion und Druck, neu werden lediglich noch die Regional- und Lokalredaktionen selbständig bleiben. Den beiden Blättern wurde seit Jahren die baldige Fusion prognostiziert. Die Option einer Fusion der beiden defizitären welschen Blätter "Le Nouveau Quotidien" und "Journal de Genève" prüften auch die beiden Verlagshäuser Edipresse und Journal de Genève. Das vom Journal de Genève initierte Projekt scheiterte jedoch nicht zuletzt am Streit um die Meinungsführerschaft.

Die katholische Kirche entzog dem links-katholischen Genfer "Le Courrier" ihre finanzielle Unterstützung von bisher jährlich 250 000 Fr., weil dieser sich weigerte, seinen gemäss der Kirche zu wenig linientreuen Chefredaktor zu entlassen. Unterstützung erhielt die kleinste Genfer Tageszeitung daraufhin von neuen Abonnenten aus linken Kreisen sowie von Edipresse, die ihr 150 000 Fr. schenkte.

Die einzige noch verbliebene linksgrüne Tageszeitung in der Ostschweiz, die im 92. Jahrgang stehende "Ostschweizer Arbeiterzeitung", musste ihren Betrieb einstellen. Damit verschwand das fünftletzte Organ der einst 19 Titel zählenden sozialdemokratischen Presse in der Schweiz. Dem AZ-Ring gehören nun noch die Berner "Tagwacht", die Zürcher "DAZ", die "Winterthurer AZ" und die "Schaffhauser AZ" an; neu dazu kam "Luzern heute".

Das älteste Presseerzeugnis der italienischen Schweiz, die "Gazzetta Ticinese", musste sein Erscheinen ebenfalls einstellen.

Im Kanton Genf lehnten die Stimmberechtigten eine Volksinitiative für die Pressevielfalt, die nach dem Untergang der "La Suisse" eingereicht worden war, deutlich ab. Der Initiativtext hatte verlangt, dass der Staat Massnahmen zur Förderung von Medien und zur Verhinderung von Medienmonopolen ergreife.

Entwicklungen in der Presselandschaft Schweiz

La confrontation entre opposants et partisans d'une intégration de la Suisse au sein de l'Europe a atteint une intensité toute particulière à l'occasion de trois manifestations d'ampleur nationale qui se sont déroulées dans les villes de Zurich, puis Bienne. C'est tout d'abord à l'appel du conseiller national et président de l'ASIN Christoph Blocher (udc, ZH) que quelque 10 000 défenseurs d'une Suisse indépendante se sont rassemblés, fin septembre, dans les rues de la ville bordant la Limmat sous le slogan "Oui à la Suisse - Non à une adhésion à l'EEE/UE". L'après-midi du même jour, le parti socialiste zurichois - désireux de contrecarrer l'aile dure de l'UDC à quelques semaines des élections fédérales - a mis sur pied une contre-manifestation sur le Platzspitz qui devait à son tour rassembler près de 10 000 participants favorables à une "Suisse ouverte et tolérante", dont le conseiller fédéral démissionnaire Otto Stich. La présence, en marge des deux manifestations, de nombreux casseurs issus de la droite et de la gauche extrémistes a été à l'origine d'importantes échauffourées provoquant des dégâts matériels non-négligeables. Clairement placée sous le signe de l'apaisement, puisque organisée une semaine plus tard dans la ville bilingue de Bienne, une seconde manifestation pro-européenne a réuni environ 3000 personnes, sous la houlette du mouvement "Né le 7 décembre". Outre le PSS, le PLS, les grands syndicats, l'UNES ainsi que les jeunes libéraux, radicaux, démocrates-chrétiens et écologistes, de nombreuses personnalités du monde politique - dont la conseillère fédérale Ruth Dreifuss - ont apporté leur soutien à la manifestation. Quelque 700 anti-Européens devaient parallèlement se rendre à Morgarten (ZG) à l'occasion d'une rencontre de l'UDC de Suisse centrale durant laquelle Christoph Blocher a rappelé son attachement à une Suisse indépendante et neutre.

Manifestations d'ampleur nationale des opposants et des partisans (1995)
Dossier: Reaktionen auf das EWR-Nein (1992–2001)

La controverse concernant la construction d'un ou de deux tunnels ainsi que leur financement s'est poursuivie en 1995. En début d'année, deux événements ont notamment contribué à échauffer les esprits. D'une part, la prise de position du conseiller national zurichois Blocher (udc) en faveur, pour des raisons financières, de la construction du seul tunnel du Gothard n'a pas manqué de susciter de vives réactions tant de la part du conseiller fédéral Ogi que des cantons bernois et romands. Les cantons romands et bernois ont dénoncé - notamment lors d'une manifestation de soutien au Lötschberg qui s'est tenue à Berne et qui a réuni les milieux économiques et politiques des cantons concernés - le fait que cette proposition ne prenne en compte que les intérêts du pôle économique zurichois, négligeant totalement ceux de la Suisse occidentale. Ils ont en outre souligné que, si seules des considérations d'équilibre budgétaire devaient être prises en compte, la construction du Lötschberg s'imposait, son coût étant moins élevé et sa réalisation plus rapide.

D'autre part, la publication d'un rapport commandé à un bureau londonien par le DFTCE a confirmé les craintes de ceux qui, à l'instar du chef des finances Otto Stich, doutaient fortement de la rentabilité des NLFA. L'étude des experts anglais a en effet souligné que la rentabilité des transversales alpines reposait sur certaines conditions, dont la réalisation ne pouvait de loin pas être tenue pour garantie. Plus précisément, l'expertise a mis en évidence le fait que, pour avoir une chance de rembourser les prêts en 2070, il serait indispensable d'augmenter de 15 pour cent les tarifs du transport ferroviaire et d'accroître, dans la même mesure, les coûts du transport routier afin que le rail conserve sa compétitivité. De plus et surtout, ces hausses devraient être valables à l'échelle européenne - ce qui présuppose une politique de coordination en la matière - afin d'éviter que les transporteurs routiers ne préfèrent contourner la Suisse. En conclusion de leur étude, les experts londoniens ont souligné que si ces conditions devaient ne pas être remplies, les intérêts mêmes des emprunts pourraient être difficiles à rembourser, ce qui signifierait un accroissement incontrôlable de la dette. Outre le coût global des NLFA, l'étude londonienne a également analysé la rentabilité des différentes variantes en discussion. Ainsi, elle a estimé que la construction de la seule galerie de base du Gothard, à laquelle s'ajouteraient uniquement dans un second temps les voies d'accès, était la solution la plus économique. Les autres alternatives retenues par l'étude londonienne se classent ainsi (par ordre de coût croissant): la construction simultanée du Gothard et des voies d'accès, la construction du Lötschberg suivie de celle du Gothard, la construction échelonnée inverse des deux axes, la construction simultanée des deux axes.

Mise en œuvre de la NLFA: Concurrence entre les tunnels (1993)
Dossier: Geschichte der neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT)

Unter den mehr als 140 National- und Ständeräten, welche sich zum befürwortenden Komitee zusammenfanden, waren ausser der AP sämtliche Fraktionen vertreten. Im gegnerischen "Abstimmungskomitee gegen die verdeckte Einführung des Berufsparlaments" machten neben zwölf aktiven Nationalräten aus SVP (u.a. Blocher, ZH), AP und FDP (Stucky, ZG) auch einige ehemalige Bundesparlamentarier mit. Von den Parteien sprachen sich nur gerade die AP und die SVP (ohne einige ihrer wichtigeren Kantonalparteien, welche die Ja-Parole ausgaben) gegen die Parlamentsreform aus.

Referenda gegen Parlamentsreform 1992 (90.228/90.229)
Dossier: Parlamentsreform 1992