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Akteure

  • Rime, Jean-François (svp/udc, FR) NR/CN
  • Scherrer, Werner
  • Amstutz, Adrian (svp/udc, BE) NR/CN
  • Salzmann, Werner (svp/udc, BE) NR/CN

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Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass auch der Parlamentsbetrieb mit verschiedenen Ratings und Rankings vermessen werden kann, welche die Arbeit, den Einfluss oder die ideologische Positionierung der Parlamentsmitglieder zu bestimmen versuchen. Der Versuch, anschauliche Ranglisten zu erstellen und so auch durch Personalisierung die Komplexität von Politik zu reduzieren, dient vor allem den Medien, die sich auch 2019 den verschiedenen Analysen widmeten.

Den Beginn machte Anfang Juli eine neue Plattform namens «politik.ch» mit einer Auswertung der Präsenz während der ganzen bisherigen 50. Legislatur. «Präsenz» wurde dabei mit der Teilnahme an den total 4'076 Abstimmungen, die im Nationalrat bis zur vorletzten Session durchgeführt wurden, gemessen. Zum «Absenzenkönig von Bern» – so die Aargauer Zeitung, die über die Studie berichtete – wurde Roger Köppel (svp, ZH) gekürt. Er habe 22.4 Prozent aller Abstimmungen «geschwänzt», gefolgt von Martin Bäumle (glp, ZH; 21.9%) und Hans Grunder (bdp, BE; 21.7%). Frauen stimmten tendenziell disziplinierter ab, schloss die Zeitung, weil sich am anderen Ende der Skala Andrea Geissbühler (svp, BE), Barbara Keller-Inhelder (svp, SG) und Sandra Sollberger (svp, BL) fanden, die alle weniger als sechs der über 4'000 Abstimmungen verpasst hatten. Die Aargauer Zeitung liess die Protagonisten zu Wort kommen. Bei wichtigen Abstimmungen sei er vor Ort, nicht aber, wenn «das ausufernde Berufsparlament mit sich selbst beschäftigt» sei, verteidigte sich Roger Köppel. «Das Volk» habe sie ins Parlament gewählt und erwarte, dass sie an den Abstimmungen teilnehme, befand hingegen Andrea Geissbühler. Im Schnitt hatten die Nationalrätinnen und Nationalräte drei Prozent der Abstimmungen verpasst. Im Tages-Anzeiger wurde daran erinnert, dass «immer brav auf dem ehrwürdigen Nationalratssessel zu sitzen» nicht mit politischem Einfluss gleichzusetzen sei. Die wichtigsten Entscheidungen fielen nicht im Ratssaal, sondern «in den Kommissionen, in den Hinterzimmern des Bundeshauses und den Salons des Bellevue-Hotels».

Einen Versuch, diese Art von Einfluss zu messen, unternahm die Sonntagszeitung mit ihrem alle zwei Jahre publizierten «Parlamentarier-Rating». Hier erhält Punkte, wer viele Reden hält, in wichtigen Kommissionen sitzt und erfolgreich Vorstösse einreicht; wer innerhalb der eigenen Partei wichtige Funktionen innehat, einer starken Fraktion angehört, hohe Medienpräsenz hat und ausserhalb des Parlaments gut vernetzt ist. Wie schon zwei Jahre zuvor wies die Zeitung SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) als «mächtigsten» Parlamentarier aus, gefolgt von Pirmin Bischof (cvp, SO) und Thomas Aeschi (svp, ZG). Levrat sei «immer dabei, wenn es in der Schweizer Politik etwas anzuschieben oder zu blockieren» gelte. Allerdings falle die SP-interne grosse Lücke hinter Levrat auf. In den Top Ten gebe es kein weiteres SP-Mitglied, was darauf hindeute, dass die parteiinterne Erneuerung wohl noch nicht geschafft sei. Ausgerechnet bei den Frauen schneide die SP schlecht ab. Unter den 15 höchst bewerteten Frauen – diese Liste wurde von Tiana Angelina Moser (glp, ZH; total Rang 6) und Lisa Mazzone (gp, GE; Rang 13) angeführt – fänden sich lediglich zwei Genossinen: Maria Carobbio Guscetti (sp, TI; Rang 23) und Barbara Gysi (sp, SG; Rang 34). Für das Rating berücksichtigt wurden nur jene Parlamentsmitglieder, die seit Beginn der Legislatur in den Räten gesessen hatten und bei den eidgenössischen Wahlen 2019 wieder antreten wollten. Entsprechend war der 173. Rang auch der letzte. Dort befand sich Bruno Walliser (svp, ZH). Indem die Sonntagszeitung die Rangierung hinsichtlich Medienpräsenz mit der Gesamtrangierung verglich, machte sie auch «die grössten Blender» aus. Die drei Zürcher Abgeordneten Claudio Zanetti (svp), Roger Köppel (svp) und Regine Sauter (fdp) seien zwar «Lieblinge der Medien», spielten im Parlament aber «eine bescheidene Rolle».

Auf der Basis der Abstimmungen im Nationalrat berechnete die Sonntagszeitung in einer weiteren Analyse, wie häufig alle Volksvertreterinnen und -vertreter bei Gesamtabstimmungen in der 50. Legislatur zur Mehrheit gehört hatten. Wenig überraschend fanden sich auf den vorderen Rängen – die Sonntagszeitung nannte sie «die Erfolgreichsten» – Mitglieder der CVP- und der BDP-Fraktion, die jeweils mit links oder rechts oder innerhalb einer grossen Koalition Mehrheiten schaffen. Angeführt wurde die Liste von Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL), die bei 98.5 Prozent aller Gesamtabstimmungen gleich wie die Mehrheit gestimmt hatte, was ihr in der Weltwoche den Titel «[d]ie mit dem Strom schwimmt» einbrachte. Auf Platz zwei und drei folgten Viola Amherd (cvp, VS; 98.3%) und Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS; 98.2%). Bei den 68 «Erfolglosesten» handelte es sich durchgängig um SVP-Fraktionsmitglieder, angeführt von Erich Hess (svp, BE; 46.8%), Toni Brunner (svp, SG; 48.8)%) und Pirmin Schwander (svp, SZ; 49.8%).

Mitte Oktober warteten dann schliesslich die NZZ und Le Temps mit ihrem alljährlich erscheinenden «Parlamentarier-Rating» auf. Erneut wiesen die auf der Basis des Abstimmungsverhaltens vorgenommenen Positionierungen der Parlamentsmitglieder auf einer Skala von -10 (ganz links) bis +10 (ganz rechts) auf eine zunehmende Homogenisierung innerhalb der Parteien hin. Insbesondere an den Polen habe die Fraktionsdisziplin ein noch nie gekanntes Ausmass erreicht, so die NZZ. So hätten sich die Mitglieder der SP-Fraktion vor den Wahlen 2015 auf einer Skalen-Spannweite von 3.4 Punkten verteilt, im aktuellen Rating betrage dieser Wert lediglich noch 1.2 Punkte. Die Extrempositionen in der SP besetzten im aktuellen Rating Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) und Adrian Wüthrich (sp, BE; -8.8). Eine im Vergleich zu 2015 wesentlich grössere Fraktionsdisziplin wiesen bei dieser Berechnung auch die Grünen auf. Lagen das am meisten linke und am meisten rechte grüne Fraktionsmitglied 2015 noch um 2.7 Skalenpunkte auseinander, trennten Maya Graf (gp, BL; -9.2) und die drei ganz am linken Rand politisierenden Michael Töngi (gp, LU; -10.0), Irène Kälin (gp, AG; -10.0) und Regula Rytz (gp, BE; -10.0) im Jahr 2019 lediglich noch 0.8 Skalenpunkte. Damit waren die Grünen im Durchschnitt erstmals seit 2011 wieder weiter links positioniert als die SP: «Les Verts n'ont jamais été aussi à gauche», war dies Le Temps gar die Überschrift der Analyse wert. Am anderen Ende der Skala, bei der SVP, verringerte sich der Wert der Spannweite von 3.7 auf 1.2 Punkte – ohne Berücksichtigung von Roberta Pantani (lega, TI), die zwar der SVP-Fraktion angehört, aber die Lega vertritt und mit einem Wert von 8.2 die am weitesten «linke» Position in der SVP-Fraktion im Nationalrat vertrat. Gleich drei SVP-Nationalräte politisierten ganz rechts aussen und wiesen einen Skalenwert von 10.0 aus: Toni Brunner, Luzi Stamm (svp, AG) und Adrian Amstutz (svp, BE). Jean-Pierre Grin (svp, VD) fand sich bei Position 8.8 und war damit das am weitesten links positionierte Mitglied der SVP im Nationalrat. Selbst bei der CVP war eine Disziplinierung festzustellen: Es zeigte sich im Vergleich zu 2015 ein Rückgang der Spannweite von 3.6 auf 2.6 Punkte, wobei die Fraktion im Vergleich zum Vorjahr zahlreiche Mitglieder leicht rechts von der Mitte aufwies und sich von -1.0 (Dominique de Buman; cvp, FR) bis 1.6 (Philipp-Matthias Bregy; cvp, VS) erstreckte. Die der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder waren wesentlich weiter links als ihre Fraktion: Niklaus Gugger (ZH) wurde auf der Skala bei -4.2 und Marianne Streiff-Feller (BE) bei -4.3 eingestuft. Die restlichen drei Fraktionen hingegen waren im Vergleich zu 2015 heterogener geworden. Bei der FDP war die Zunahme von 2.5 auf 2.6 Skalenpunkte freilich minim. Die Fraktionsgrenzen wurden bei den Freisinnigen von Walter Müller (fdp, SG; 4.5) und Christa Markwalder (fdp, BE; 1.9) eingenommen. Grössere Sprünge machten die BDP und die GLP. Während sich bei der BDP die Spannweite im Vergleich zu 2015 von 1.2 auf 2.0 fast verdoppelte – wie schon 2015 deckte Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; -1.7) die linke Flanke ab, während sich Hans Grunder (bdp, BE; 0.3) am rechten Rand der BDP positionierte – wuchs die Heterogenität innerhalb der traditionell eigentlich sehr homogenen GLP von 0.5 auf 2.7 Skalenpunkte an. Hauptgrund dafür war Daniel Frei (glp, ZH), der von der SP in die GLP gewechselt hatte und mit seiner Position von -5.7 zwar weit weg vom rechten Rand der SP (-8.8), aber auch weit weg vom linken Rand der bisherigen GLP-Mitglieder war. Dieser wurde von Kathrin Bertschy (glp, BE; -3.5) eingenommen, die in der Tat lediglich 0.5 Skalenpunkte von Martin Bäumle (-3.0), also dem rechten GLP-Rand, positioniert war. Die politische Landschaft verarme, schloss die NZZ aus diesen Zahlen. Vor allem zwischen den Mitte- und den Polparteien klaffe eine Lücke. Dort hätten früher moderate SVP- und SP-Vertreter als Brückenbauer gewirkt. Schuld für die zunehmende Fraktionsdisziplin seien aber nicht nur die Parteizentralen, sondern auch die wachsende Zahl an zu behandelnden Geschäften, bei denen Parlamentsmitglieder keine fundierte eigene Meinung mehr bilden könnten und deshalb gemäss der Empfehlung der Parteileitung stimmten.
Die zahlreichen auf die neue Legislatur 2019 bis 2023 hin angekündigten Rücktritte im Ständerat veranlasste die Verfasser des Ratings zur Spekulation eines Rechtsrutschs der kleinen Kammer nach den Wahlen 2019. Die politische Mitte des Ständerats befinde sich bei Pirmin Bischof, also bei -2.8. Da elf zurücktretende Kantonsvertreterinnen und -vertreter links und lediglich sieben rechts von Bischof seien und alle zurücktretenden im Schnitt deutlich linker (-5.3) positioniert seien als die wieder antretenden (-2.3), stellten die Ständeratswahlen vor allem für Mitte-Links eine Herausforderung dar, so die NZZ. Eindrücklich liess sich dies anhand von Raphaël Comte (fdp, NE) nachzeichnen. Der Neuenburger Freisinnige positionierte sich mit -5.7 näher bei Daniel Jositsch (sp, ZH), der mit -6.8 den rechten Rand der SP in der kleinen Kammer besetzte, als bei seinem am weitesten rechts positionierten Fraktionskollegen Philipp Müller (fdp, AG; 4.5) und dem Schnitt der FDP (2.3). Da Comte nicht mehr antrete, sei wohl auch in der FDP mit einem Rechtsrutsch in der kleinen Kammer zu rechnen.

Nationalratsrating

Nachdem in der Presse und innerhalb des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV) erst darüber gemutmasst worden war, ob Verbandspräsident Jean-François Rime (svp, FR) im Frühling 2020 nochmals für das höchste Amt im Verband kandidieren würde, obwohl er damit gegen dessen Amtszeitbeschränkung verstossen hätte, war nach der Nicht-Wiederwahl Rimes bei den Nationalratswahlen im Herbst 2019 schnell klar, dass er als Konsequenz auch vom SGV-Präsidium zurücktreten wird. Wie die NZZ danach resümierte, seien die eidgenössischen Wahlen für den Verband ein Debakel gewesen und auch der Tages-Anzeiger hielt fest, der SGV stehe vor einem Scherbehaufen – denn nicht nur Verbandspräsident Rime, auch Verbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) sowie Vorstandsmitglied Hansjörg Brunner (fdp, TG) wurden nicht nochmals in den Nationalrat gewählt. Die Wiederwahl in die grosse Kammer schaffte einzig die Vizepräsidentin des Verbands, Daniela Schneeberger (fdp, BL).
Mehrere Kandidierende brachten sich sodann in Position, um das frei werdende Amt zu beanspruchen: Wie die Presse im Dezember 2019 berichtete, wollten sowohl Diana Gutjahr (svp, TG) als auch Fabio Regazzi (cvp, TI) im April 2020 für das Verbandspräsidium kandidieren. Mit Gutjahr könnte erstmals eine Frau, mit Regazzi erstmals ein Tessiner diese Position beim SGV einnehmen.

Regazzi wird neuer SGV-Präsident

Im Kanton Zürich kandidierten bei den Nationalratswahlen 2019 insgesamt 966 Personen auf 32 Listen. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden betrug 43 Prozent. Während die Anzahl Listen gegenüber 2015 leicht zurückging, bedeuteten die Zahl der Kandidierenden und der Frauenanteil neue Höchstwerte. Zu vergeben waren im bevölkerungsreichsten Kanton der Schweiz weiterhin 35 Sitze.

Bei den Wahlen vor vier Jahren hatte sich entgegen dem nationalen Trend die SP als Siegerin feiern lassen können. Sie hatte damals zwei zusätzliche Sitze gewonnen. Auch die SVP und die FDP hatten zulegen können. Die Verteilung der 35 Zürcher Nationalratssitze lautete seither: 12 SVP, 9 SP, 5 FDP, 3 GLP, 2 GPS, 2 CVP, 1 BDP, 1 EVP. Die Ergebnisse der Kantonsratswahlen im März 2019 deuteten darauf hin, dass es für die SVP schwierig werden könnte, bei den nationalen Wahlen im Oktober ihre zwölf Sitze zu halten. Nach der veritablen Wahlschlappe bei den kantonalen Wahlen war auf Druck von Parteidoyen Christoph Blocher fast die gesamte Parteileitung zurückgetreten. So stieg die SVP mit einem jungen Interimspräsidenten, Patrick Walder, in den Wahlkampf. Die Partei hatte zudem zwei Rücktritte zu verkraften – Jürg Stahl und Hans Egloff verzichteten auf einen erneute Legislatur. Dafür gab bei der Volkspartei der 2015 nicht wiedergewählte Christoph Mörgeli sein Comeback als Nationalratskandidat. Die SVP verband dieses Jahr ihre Listen einzig mit der EDU. Die Gewinner bei den Kantonsratswahlen waren die Grünliberalen und die Grünen gewesen. Die guten Resultate und das aktuell heisseste Thema – die Klimapolitik – machten beiden Parteien Hoffnung auf Sitzgewinne auch bei den nationalen Wahlen. Die beiden Zugpferde der Zürcher Grünen – der Fraktionspräsident Balthasar Glättli und der ehemalige Vizepräsident der Grünen Schweiz Bastien Girod – reihten sich auf der Hauptliste nur auf den Plätzen drei und vier ein. Angeführt wurde die Liste von zwei Frauen – der ehemaligen Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber sowie Parteipräsidentin Marionna Schlatter-Schmid. Auf der Liste vertreten war ursprünglich auch das bekannte Model Tamy Glauser. Allerdings zog Glauser ihre Kandidatur zurück, nachdem sie mit einer «sehr unbedarften Aussage» über die angeblich heilende Wirkung von Veganer-Blut auf einer Online-Plattform heftige Reaktionen ausgelöst hatte. Die andere Partei der Stunde, die Grünliberalen, hatten auf das Wahljahr hin ihre Parteispitze ausgewechselt. Das junge Duo Nicola Forster und Corina Gredig bildeten neu ein Co-Präsidium. Dank diesem frischen Wind und einer Listenverbindung mit der CVP, der BDP und der EVP erhoffte sich die GLP, die angestrebten Sitzgewinne zu realisieren. Eine gänzlich andere Stimmung herrschte derweil bei den Sozialdemokraten. Am meisten Schlagzeilen generierte die SP im Wahljahr durch das parteiinterne Seilziehen über die künftige politische Ausrichtung der Partei. Anhänger des sozialliberalen Flügels fühlten sich dabei zunehmend marginalisiert. Der Konflikt führte schliesslich dazu, dass zuerst die ehemalige Nationalrätin Chantal Galladé und danach der amtierende Nationalrat und ehemalige Parteipräsident Daniel Frei aus der Partei austraten und zur GLP wechselten. In Freis Fall geschah dies, nachdem die SP ihn bereits auf ihre Nationalratsliste gesetzt hatte. Frei verzichtete letztlich ganz auf eine Teilnahme an den Nationalratswahlen. Neben Verlusten von Parteiangehörigen und Wählerinnen und Wählern an die GLP befürchteten die Genossen zusätzlich, dass linke Wechselwähler bei der «Klimawahl» eher die Listenpartnerin, die Grünen, wählen würden und die SP so Sitze verlieren könnte. Auch im Lager der Christdemokraten kam es zu einem Wirbel um eine Personalie. Kathy Riklin (CVP) wurde nach zwanzig Jahren als Nationalrätin von ihrer Partei nicht mehr nominiert. Stattdessen kandidierte Riklin für die Christlichsoziale Vereinigung – mit geringen Chancen auf eine Wiederwahl. Bei der FDP kandidierte der aufstrebende Jungpolitiker und ehemalige Präsident der Jungfreisinnigen, Andri Silberschmidt. Da sämtliche fünf bisherigen Freisinnigen erneut zur Wahl antraten, erklärte die FDP offiziell den Gewinn eines Sitzes zum Ziel. Trotz dieses hochgesteckten Ziels ging die FDP keine Listenverbindung mit anderen Parteien ein. Die Zürcher EVP ist seit 100 Jahren fast ausnahmslos im Nationalrat vertreten, da sie auf eine treue Wählerschaft zählen kann. Ihr Sitz schien daher auch dieses Jahr nicht in Gefahr. Ganz anders sah die Ausgangslage bei der anderen Partei aus, welche 2015 einen Sitz geholt hatte: Bei der BDP ging es ums politische Überleben, nachdem die Partei im März bei den kantonalen Wahlen alle ihre fünf Sitze im Kantonsparlament verloren hatte.

Am Wahlsonntag dominierte die Farbe Grün. Sowohl die Grünen (+7.2 Prozentpunkte, neu 14.1%) als auch die Grünliberalen (+5.8 Prozentpunkte, neu 14.0%) konnten ihre Wähleranteile deutlich ausbauen und gewannen je drei zusätzliche Sitze. Für die Grünen zog neben den beiden Bisherigen und den Spitzenkandidatinnen Schlatter-Schmid und Perlicz-Huber auch noch Meret Schneider in die Grosse Kammer ein. Bei den Grünliberalen gab es nach dem Rücktritt von Thomas Weibel sogar Platz für vier neue Gesichter. Corina Gredig, Jörg Mäder, Judith Bellaïche und Barbara Schaffner vertreten neu den Kanton Zürich in Bundesbern. Co-Präsident Nicola Forster verpasste den Einzug ins Parlament nur knapp. Auf der Verliererseite befanden sich die SVP und die SP, welche je zwei Sitze abgeben mussten. Am meisten Wähleranteile verlor die SP (-4.1 Prozentpunkte, neu 17.3%). Trotzdem schaffte eine neue Sozialdemokratin den Sprung in den Nationalrat, denn Céline Widmer setzte sich gleich vor zwei bisherige Nationalräte – Martin Naef und Thomas Hardegger –, die beide die Wiederwahl verpassten. Die SVP verlor beinahe so viele Wählerprozente (-4.0 Prozentpunkte, neu 26.7%) wie die SP. Während Martin Haab, der erst im Juni für Jürg Stahl nachgerutscht war, sein Mandat verteidigen konnte, verpasste Claudio Zanetti nach nur einer Legislatur im Nationalrat seine Wiederwahl. Auch Christoph Mörgeli verpasste seinen Wiedereinzug in die Grosse Kammer. Ebenfalls zu den Verlierern des Tages gehörten die CVP und die BDP. Die CVP konnte ihren Wähleranteil zwar leicht ausbauen (+0.2 Prozentpunkte, neu 4.4%), verlor aber trotzdem einen ihrer beiden Sitze. Für die BDP verkam die Wahl zu einem veritablen Desaster. Sie verlor über die Hälfte ihres Wähleranteils (neu 1.6%) und mit der Nicht-Wiederwahl von Rosmarie Quadranti war die BDP Zürich ab sofort nicht mehr im Nationalrat vertreten. Die FDP verlor zwar 1.6 Prozentpunkte ihres Wähleranteils (neu 13.7%) und war damit neu nur noch die fünftstärkste Kraft im Kanton, doch immerhin konnte sie ihre fünf Sitze verteidigen. Andri Silberschmidt schaffte den Einzug ins Parlament und verdrängte damit den Direktor des SGV Hans-Ulrich Bigler – eine herbe Niederlage für den Gewerbeverband, da neben Bigler auch Verbandspräsident Jean-François Rime (svp, FR) abgewählt wurde. Die EVP (+0.2 Prozentpunkte, neu 3.3%) verteidigte den Sitz von Niklaus Gugger problemlos. Das beste Resultat aller Kandidierenden erzielte Roger Köppel (svp) mit 121'098 Stimmen. Die Zusammensetzung der Zürcher Nationalratsdelegation lautete damit neu: 10 SVP, 7 SP, 6 GLP, 5 GP, 5 FDP, 1 CVP, 1 EVP. Der Frauenanteil unter den Gewählten betrug neu 45.7 Prozent. Die Stimmbeteiligung fiel gegenüber 2015 um 2.8 Prozentpunkte (2019: 44.4%).

Nationalratswahlen 2019 – Zürich
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

À l'occasion des élections fédérales d'octobre 2019 dans le canton de Fribourg, Dominique de Buman (pdc) était le seul élu de la délégation au Conseil national qui ne briguait pas un nouveau mandat. Pressenti comme favori pour lui succéder, Eric Collomb (pdc), premier des viennent-ensuite sur la liste du PDC en 2011 et en 2015, a finalement renoncé à se porter candidat. Il espérait que de Buman se retire de la chambre basse avant la fin de la législature, ce qui lui aurait permis de faire campagne en tant que sortant, «gage d'un gain de plusieurs milliers de suffrages» selon la Liberté. Un retrait anticipé était cependant hors de question pour l'ancien président du Conseil national. Pour accompagner la sortante Christine Bulliard-Marbach (pdc), les démocrates-chrétiens ont finalement présenté 6 candidates et candidats.
Au total, ce sont 154 candidates et candidats qui se trouvaient sur la ligne de départ, parmi lesquel.le.s 40 pour cent étaient des femmes (61, contre 93 hommes). Quatre listes ne comportaient cependant aucune femme, dont celle de l'UDC. Le parti agrarien a pourtant certifié avoir fait de son mieux, en proposant à plusieurs candidates potentielles de figurer sur la liste et de soutenir leur candidature. Les personnes contactées auraient cependant toutes refusé pour diverses raisons, et le parti ne voulait pas proposer de «candidature alibi car une campagne exige un fort engagement», a expliqué le vice-président de la section cantonale au journal «la Liberté». Parmi les sept candidats UDC se trouvaient notamment les deux sortants Jean-François Rime (udc), «dinosaure du parlement» selon le journal Le Temps, et Pierre-André Page (udc). Valérie Piller Carrard (ps), Ursula Schneider Schüttel (ps) et Jacques Bourgeois (plr) figuraient également sur les listes de leurs partis respectifs pour garder leur place dans la Berne fédérale. Le parti socialiste a de son côté présenté deux listes plutôt originales: l'une, dite «internationale», était constituée de Fribourgeois.e.s résidant à l’étranger, alors que l'autre, la liste «intégration», comportait des candidat.e.s issu.e.s de la section PS Migrant-e-s fribourgeois, tous et toutes d'origine étrangère. Plusieurs petits partis ont également lancé des listes, sans grand espoir cependant de décrocher un siège, à l'image du PBD, qui avait récolté moins d'un pour cent des suffrages lors des dernières élections fédérales.
L'analyse des données récoltées par la plateforme Smartvote grâce au questionnaire soumis aux candidat.e.s a permis à la Liberté de dégager les grandes tendances en comparant notamment les résultats de 2015 avec ceux de 2019. Première constatation: les candidat.e.s se montraient plus favorables aux mesures de protection du climat qu'en 2015; une évolution en lien avec les grèves du climat et les nombreuses discussions à ce sujet dans les mois précédant les élections. D'autres questions de société ont témoigné d'une évolution: à l'exception de l'UDC, tous les partis étaient favorables à l'octroi aux couples de même sexe de droits identiques à ceux des hétérosexuels, alors qu'en 2015, seuls les Vert.e.s, les Vert'libéraux et le parti socialiste étaient en faveur de l'adoption pour les couples homosexuels sous le régime du partenariat enregistré.
Au cours de la campagne, l’affichage sauvage a fait parler dans la presse, où l'on déplorait que certain.e.s candidat.e.s se soient affiché.e.s un peu partout, faisant fi de la législation sur la publicité électorale, interdite à certains endroits, notamment par égard à la sécurité routière.
La Liberté a profité des élections pour dresser un bilan de l'action de la délégation fribourgeoise dans l'arène politique fédérale. La «Dream Team» s'est considérablement affaiblie ces dernières années, avec les départs d'Urs Schwaller (pdc), d'Alain Berset (ps), élu au Conseil fédéral en 2011 ou encore de Thérèse Meyer-Kaelin (pdc). Cependant, avec Bourgeois, directeur de l'USP, Rime, président de l'USAM, de Buman et Christian Levrat, président du PS et candidat à sa réélection au Conseil des États, il restait du beau monde pour défendre les intérêts du canton, malgré quelques déconvenues, telles que la fin de mandat pour Billag, entraînant la perte de 240 emplois, ou la perte d'un mandat de quatre millions sur quatre ans pour l'Institut du fédéralisme. En outre, le quotidien fribourgeois se faisait du souci quant à la relève, déplorant, dans une métaphore cycliste, que les autres parlementaires soient, à divers degrés, «noyés au sein du peloton», et ne voyant pas «se pointer», à l'heure actuelle, des politiciennes et politiciens «d'un niveau comparable» à leurs prédécesseur.e.s.

Le 20 octobre, l'élection a débouché sur une surprise retentissante, avec l'échec de Jean-François Rime, qui siégeait sous la coupole fédérale depuis 2003. Pourtant, l'UDC a terminé en tête des suffrages devant le PS, le PLR et le PDC, mais les spécificités du système proportionnel ne lui ont permis de ne s'assurer qu'un seul siège, qui est revenu à Pierre-André Page, le mieux élu avec 20'924 voix. De multiples apparentements – avec quatre listes jeunes, les Vert'libéraux, le PBD et le PEV – ont permis au PDC de conserver ses deux sièges. Christine Bulliard-Marbach (20'400 voix) a été réélue et Marie-France Roth Pasquier (12'344 voix) a pris la place de Dominique de Buman au nez et à la barbe de Bruno Boschung (11'034 voix), pourtant désigné comme favori dans la presse. Le singinois a probablement fait les frais de la surreprésentation germanophone dans son parti, dans un canton à majorité francophone. La vague verte n'a pas épargné le canton de Fribourg: Gerhard Andrey (14'417 voix) a décroché un mandat, permettant ainsi aux verts fribourgeois de faire pour la première fois leur entrée sous la coupole. Avec ce succès, la gauche fribourgeoise a récupéré son troisième siège perdu en 2015, lorsque Ursula Schneider Schüttel avait échoué à défendre le siège socialiste face à Page. Cette dernière avait cependant fait son retour à Berne en tant que première viennent-ensuite de la liste socialiste après l'élection de Jean-François Steiert au Conseil d'État fribourgeois. Elle a cette fois-ci été réélue avec 17'929 voix, tout comme sa colistière Valérie Piller Carrard (20'068 voix). Quant au PLR Jacques Bourgeois, il a conservé son siège en récoltant 19'838 suffrages.
La participation a été de 43.02 pour cent. Corollaire de ces résultats, la délégation fribourgeoise au Conseil national comptera donc une majorité de femmes – 4 sur 7 – pour la nouvelle législature, ce qui est également une première pour le canton et constitue, confiait au journal Le Temps le géographe et écologiste Laurent Bronchi, une nouvelle évidence que Fribourg «n’en finit plus de s’ouvrir et de se rurbaniser, un néologisme qui décrit la diffusion des modes de vie urbains dans les campagnes».

Election Conseil national 2019 – Fribourg
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Als grösste Verliererin der Nationalratswahlen 2019 machten die Medien die SVP aus. Im Nationalrat verlor die Partei 12 Mandate (neu: 53 Sitze) und 3.8 Prozentpunkte Wähleranteile (neu: 25.6 Prozent). Die Partei bestätigte damit den negativen Trend, der schon in den kantonalen Erneuerungswahlen ersichtlich gewesen war, blieb aber trotzdem stärkste Kraft im Nationalrat. SVP-alt-Bundesrat Christoph Blocher nannte die Resultate auf Tele Blocher zwar «nicht schön», sie seien aber auch «keine Katastrophe». Die Medien vermuteten, dass die Partei wohl höhere Verluste erwartet habe. Trotz der Verluste erhielt Parteipräsident Albert Rösti (svp, BE) (svp, BE) von der Parteiführung viel Lob: Er sei im Wahlkampf sehr fleissig und präsent gewesen, zitierte die NZZ eine nicht namentlich genannte Person in der SVP-Führung. Auch Christoph Blocher bestätigte in einem Interview, dass ein Wechsel in der Parteileitung als Folge der schlechten Wahlresultate nicht geplant sei.

Im Wahlkampf hatte die SVP bereits im August 2019 für einige Beachtung gesorgt. Sie warb nämlich anfänglich auf einem Plakat für die National- und Ständeratswahlen 2019 mit dem Slogan «Sollen Linke und Nette die Schweiz zerstören?». Auf dem Plakat war ein Apfel zu sehen, der von fünf Würmern in den Parteifarben der politischen Gegner und einem Wurm mit einer EU-Flagge zerfressen wurde. Wie Albert Rösti in einem Blick-Interview erklärte, zeige das Plakat die zentrale Botschaft der SVP: Die SVP sei die einzige Partei, die keinen Rahmenvertrag mit automatischer Übernahme von EU-Recht wolle. Die Medien spekulierten, dass die SVP damit versuche, das EU-Thema anstelle des unter hoher Aufmerksamkeit stehenden, aber von der Volkspartei weniger stark bearbeiteten Klimawandels ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen, zumal ein weiteres Kernthema der SVP, nämlich die Asylpolitik aufgrund der niedrigen Asylquoten wohl zu wenig mobilisieren würde.
Das Plakat sorgte in den sozialen Medien für viel Kritik, wie der Tages-Anzeiger berichtete. Zudem wurde es auch parteiintern kritisiert: Franz Grüter argumentierte in den Medien Medien, dass es eine bessere Bildsprache gäbe, um die Botschaft zu transportieren. Auch der Berner SVP-Kantonalpräsident und Ständeratskandidat Werner Salzmann, der Nationalrat Thomas Burgherr und weitere SVP-Kantonalpolitiker und -politikerinnen äusserten ihre Skepsis gegenüber dem Plakat. Parteipräsident Alfred Rösti verteidigte die Affiche und bestätigte gegenüber dem Sonntags-Blick, dass der «schöne Schweizer Apfel tatsächlich ausgehöhlt wird!». So werde die Schweiz etwa auch durch Abgaben und Steuern oder die Zuwanderung im Innern ausgehöhlt. Auch der Verantwortliche für die Wahlkampagne der SVP, Adrian Amstutz (svp, BE), wies gegenüber der NZZ den Vorwurf zurück, die Partei sei mit dem Motiv zu weit gegangen, und bestätigte, dass der Apfel Hauptsujet der SVP-Wahlkampagne 2019 bleiben werde.

Resultate der SVP bei den Nationalratswahlen

Nach der medial breit begleiteten Empfehlung der Gerichtskommission (GK), Bundesanwalt Michael Lauber nicht für eine Wiederwahl zu empfehlen, starteten in den Medien die Spekulationen, wie sich das Parlament zur Frage entscheiden würde. Lauber habe in allen Fraktionen Gegner und Unterstützer, wusste etwa die NZZ zu berichten. Der Bundesanwalt selber wollte in Fraktions-Hearings seine Position darlegen.

In die Diskussionen schaltete sich auch die Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz ein. Sie forderte die Wiederwahl von Lauber. Nicht nur die Fortsetzung entscheidender Projekte würde ansonsten aufs Spiel gesetzt, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen gefährdet, die unter Lauber sehr gut funktioniere.

Die Wiederwahl Laubers wurde zudem vermehrt auch unter institutionellen Gesichtspunkten diskutiert. So weibelte etwa Daniel Jositsch (sp, ZH) für sein Postulat, mit dem er eine Evaluation von Struktur, Organisation, Zuständigkeit und Überwachung der Bundesanwaltschaft forderte. Auch der Tages-Anzeiger machte institutionelle Mängel aus: Es liege ein Systemfehler vor, wenn ein Bundesanwalt Wahlkampf betreiben müsse. In der Tat hatte Lauber laut Tages-Anzeiger ein PR-Büro engagiert, um die Parlamentsmitglieder von seiner Wiederwahl zu überzeugen. Zahlreich waren die Vorschläge, wieder zum alten System zurückzukehren, bei dem der Bundesrat für die Wahl des Bundesanwaltes verantwortlich gewesen war, bevor das Parlament 2011 einen Systemwechsel beschlossen hatte.

In den Medien wurde auch die Frage gestellt, weshalb sich Lauber das antue und nicht einfach zurücktrete. Die Aargauer Zeitung vermutete einen pekuniären Grund: Bei einer Abwahl winke ein Jahreslohn, bei einem Rücktritt ginge Lauber wohl leer aus. Der «Blick», der Lauber «gegen den Untergang» rudern sah, fragte sich zudem, wer die Kosten für das PR-Büro und den Anwalt Laubers bezahle. In der Tat eine offene Frage, wie auch die Bundesanwaltschaft selber bestätigte.

Mitte September, zwei Wochen vor dem vorgesehenen Wahltermin, trat Lauber vor der FDP- und der CVP-Fraktion auf. Die FDP empfahl ihn nach dem Gespräch deutlich zur Wiederwahl; dies aus Respekt gegenüber der Unabhängigkeit der Institutionen, wie die Partei, die als «Heimbasis Laubers gilt» (Aargauer Zeitung), verlauten liess. Die CVP, die neben Lauber auch den Präsidenten der Aufsichtsbehörde AB-BA, Hanspeter Uster, eingeladen hatte, gab hingegen keine Wahlempfehlung ab, um eine «Politisierung der Wahl» zu vermeiden, wie die Partei verlautbarte.
Der Vize-Präsident der SP, Beat Jans (sp, BS), verriet der Sonntags-Zeitung, dass seine Fraktion «grossmehrheitlich» gegen Lauber stimmen werde. Er sei für die meisten aufgrund seines Verhaltens nicht wählbar, zudem fehle ihm die Glaubwürdigkeit und Souveränität, um die Bundesanwaltschaft weiter zu führen. Weil auch die SVP in einer früheren Konsultativabstimmung mehrheitlich gegen Lauber gestimmt habe, die Grünen und die BDP den Antrag auf Nicht-Wiederwahl in die GK getragen hätten und auch die CVP gespalten sei, war für die Sonntags-Zeitung «die Rechnung schnell gemacht»: die nötigen 124 Stimmen für eine Abwahl kämen bei weitem zusammen.
Allerdings schien sich das Blatt eine Woche vor dem Wahltermin aufgrund weiterer Hearings von Lauber bei den Grünen und der SVP wieder zu wenden. Während die Grünen Stimmfreigabe beschlossen, um das Stimmgeheimnis zu wahren, nahm die SVP-Fraktion eine eigentliche Wende – die «Tribune de Genève» sprach von «tourner casaque» – vor und begründete wie die FDP eine Woche zuvor, dass die Kontinuität der Strafverfolgung gewährleistet werden müsse und sich die Fraktion deshalb mehrheitlich hinter Lauber stelle. In den Medien nicht genannte Insider wollten wissen, dass Lauber innerhalb der Partei nach wie vor umstritten sei. Für den Stimmungswandel habe Adrian Amstutz (svp, BE) gesorgt, der erklärt habe, man könne nicht jemanden wegen eines einzigen Fehlers in die Wüste schicken. Die SVP forderte zudem mittels parlamentarischer Initiative Reformen bei der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft.
Für eine weitere «Überraschung» (NZZ) sorgte dann einen Tag vor dem Wahltermin die SP. Obwohl die drei GK-Mitglieder der SP-Fraktion die Empfehlung für eine Nicht-Wiederwahl Laubers unterstützt hatten, empfahl eine knappe Mehrheit der sozialdemokratischen Fraktion, Lauber zu bestätigen. Allerdings seien bei der entsprechenden Fraktionsabstimmung zahlreiche Mitglieder nicht mehr anwesend gewesen – so die NZZ weiter. Nicht zu den Hearings äusserte sich die GLP und die BDP hatte ganz darauf verzichtet, Lauber anzuhören.

Am Wahltag legten die Sprecherin und der Sprecher der GK noch einmal die Gründe ihres Mehrheitsbeschlusses mit der Empfehlung der Nicht-Wiederwahl dar. Die Minderheitsposition wurde offiziell von der FDP- und der SVP-Fraktion gestützt. Christian Lüscher (fdp, GE) und Raphaël Comte (fdp, NE) verteidigten diese in ihren Voten. Auch der Fraktionschef der CVP ergriff das Wort. Er erinnerte daran, dass die CVP keine Empfehlung abgebe und plädierte an die Mitglieder der Vereinigten Bundesversammlung mit ihrem Gewissen zu entscheiden.
Die Wahl fiel schliesslich erwartet knapp aus und zwar zugunsten Laubers – was vor wenigen Tagen in den Medien kaum für möglich gehalten worden war. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier hatten die Möglichkeit, den Wahlzettel unverändert mit dem Namen Lauber einzulegen oder aber diesen Namen durchzustreichen. Letzteres war auf 114 Wahlzetteln der Fall gewesen. Weil aber 129 der 243 eingelangten Wahlzettel den Namen Lauber noch trugen, übersprang dieser das absolute Mehr von 122 Stimmen, wenn auch ziemlich knapp. Da von der Tribüne aus ziemlich gut sichtbar war, wer den Namen durchstrich, bzw. wer einen Stift zur Hand nahm und wer nicht, wurde in der Folge in den Medien von einem «Kugelschreiber-Gate» gesprochen, da das Wahlgeheimnis nicht gewahrt gewesen sei.

In den Medien wurde der Erfolg Laubers auch mit seinem ausgezeichneten Lobbying erklärt. Er habe wohl aber auch bei den Hearings überzeugt, wie zahlreiche Parlamentsmitglieder in den Medien bestätigten. Während die befürwortenden Parlamentsmitglieder vor den Medien die Institution betonten, deren Ruf verteidigt worden sei, machten die Gegnerinnen und Gegner der Wiederwahl keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen den Bundesanwalt. Fast die Hälfte des Parlaments misstraue Lauber, was keine guten Voraussetzungen für die nächsten vier Jahre seien, schrieb etwa Carlo Sommaruga (sp, GE) der NZZ ins Notizheft. Lauber selber bedankte sich in einem kurzen Statement bei Familie und Freunden für die Unterstützung. Er werde sich weiterhin für eine moderne Strafverfolgung einsetzen. Die knappe Wiederwahl wurde in den Medien auch als Denkzettel bezeichnet. Man müsse jetzt die Disziplinaruntersuchung abwarten, die allerdings an politischer Bedeutung verloren habe. Zudem verlangten die Kommentatorinnen und Kommentatoren ein Überdenken der institutionellen Strukturen. Die Bestätigung Laubers sei nur eine kurze Atempause – so die «Tribune de Genève». Ruhe werde so schnell keine einkehren, urteilte die Aargauer Zeitung. Der «Blick» prophezeite gar, dass der angeschlagene Bundesanwalt wohl kaum vier Jahre durchhalten werde. Das Parlament habe niemandem einen Gefallen getan. Der Tages-Anzeiger bezeichnete die Wiederwahl Laubers durch «das mutlose Parlament» gar als «Fehler». Die Aargauer Zeitung wusste tags darauf zu berichten, das Lauber bei der SP auch Stimmen geholt habe, weil er während des Hearings versprochen habe, zurückzutreten, wenn das Disziplinarverfahren für ihn negativ ausfallen werde.

Wahl des Bundesanwaltes für die Amtsperiode 2020-2023
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt

Die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates – im Volksmund «Abstimmungsbüchlein» genannt – sind ab und zu Gegenstand parlamentarischer Vorstösse. Meistens geht es dabei um inhaltliche Ausgewogenheit. Diese sei insbesondere bei den Abstimmungsempfehlungen, die auf der Rückseite der Broschüre aufgeführt werden, nicht gegeben, fand Adrian Amstutz (svp, BE). Die seit der Abstimmung vom September 2018 vorgenommene grafische Neugestaltung führe zu einer viel zu prominenten Darstellung der Empfehlungen der Parlamentsmehrheit und des Bundesrats, wodurch nicht nur die freie Willensbildung beeinflusst, sondern auch eine «eklatante» Benachteiligung der Minderheitsmeinungen in Kauf genommen werde. Mit seiner Motion wollte der Berner den Bundesrat deshalb auffordern, auf diese «Vorteilsnahme mit der völlig einseitigen Abstimmungsempfehlung» zu verzichten.
Bundeskanzler Walter Thurnherr informierte, dass mit der Neugestaltung keine neuen Informationen verwendet würden. Die Empfehlung von Parlament und Bundesrat befänden sich seit 1983 auf der Umschlagseite. Die Minderheiten bzw. die Initiativ- und Referendumskomitees hätten aber mit der Neugestaltung ebenfalls mehr Möglichkeiten erhalten. Insbesondere werde deren Argumenten gleich viel Platz eingeräumt wie den Argumenten des Bundesrats und der Parlamentsmehrheit. Die Motion wurde mit 111 zu 79 Stimmen (1 Enthaltung) abgelehnt. Neben der geschlossenen SVP-Fraktion hätten sich auch alle anwesenden Mitglieder der Grünen-Fraktion sowie Hans Grunder (bdp, BE) aus der BDP-Fraktion für die geforderte Änderung erwärmen können.

Abstimmungsbüchlein
Dossier: Abstimmungserläuterungen des Bundesrats

Über die Zukunft von Feldschiessen und historischen Schiessen nach 2020 und über allfällige Subventionen befand der Nationalrat in der folgenden Sommersession. Der Minderheitsantrag Semadeni (sp, GR) auf Nichteintreten wurde von der Bündnerin gleich selbst vertreten. Sie stellte klar, dass Nichteintreten oder die Ablehnung der Vorlage nicht zum Aussterben historischer Schiessanlässe führen würde, sondern lediglich einen Einfluss auf die Bundessubventionen für diese Veranstaltungen nach 2020 hätte. Nach ihrem Ermessen sei die zweimalige Erstreckung der Frist für bauliche Massnahmen im Bereich der Kugelfänge ausreichend gewesen, um den Anlässen und ihren Veranstaltern entgegenzukommen. Es sei auch festzustellen, dass zahlreiche Anlagen die geforderten Bodenschutzmechanismen eingebaut hätten. Ein Beispiel aus ihrem Heimkanton Graubünden zeige ferner, dass der Einsatz von mobilen Kugelfängen möglich und zumutbar sei.
Die Befürworterinnen und Befürworter der Anpassung stammten vor allem aus den Reihen der SVP, zu der auch der Urheber der dieser Gesetzesänderung zugrunde liegenden parlamentarischen Initiative, Adrian Amstutz (svp, BE), gehört. Bereits während der Eintretensdebatte wurde deutlich, dass die Volkspartei nicht klein beigeben würde; sie zeigte sich auch gegenüber der anwesenden Umweltministerin angriffs- und fragefreudig. Eintreten wurde letztlich mit 129 zu 47 Stimmen klar beschlossen, die SP- und die Grünen-Fraktion stimmten geschlossen dagegen.
In der Detailberatung wurden drei Varianten diskutiert. Der Kommissionsmehrheit standen zwei Minderheitsanträge gegenüber, eine Minderheit I Rösti (svp, BE) und eine Minderheit II Vogler (csp, OW). SVP-Präsident Rösti wollte nicht nur die sogenannten historischen Schiessen berücksichtigen, sondern auch alle Feldschiessen einbeziehen. Dabei sollte gleichwohl präzisiert werden, dass nur bereits etablierte Anlässe unterstützt werden sollen. Deswegen sei nicht zu befürchten, dass die Anzahl derartiger Anlässe auf einmal drastisch zunehme, erklärte er. Er machte von dieser Änderung jedoch geradezu die Zukunft solcher Schiessanlässe abhängig. Die Minderheit Vogler stellte eine Präzisierung zur Debatte, wonach nur eine einmalige Sanierung finanziell unterstützt werden solle und nicht – nachdem wieder in den Boden geschossen worden sei – zusätzliche Sanierungen finanziert werden könnten. Ersterer Minderheitsantrag wurde der Kommissionsmehrheit vorgezogen. In einer zweiten Abstimmung entschied sich das Ratsplenum ebenfalls für die Variante Rösti und erteilte der Minderheit II mit 114 zu 67 Stimmen eine Abfuhr. Mit einem Gesamtabstimmungsresultat von 124 zu 57 Stimmen wurde das Geschäft der Ständekammer zur Weiterbearbeitung übertragen.

Feldschiessen und historische Schiessen auch nach 2020 ermöglichen
Dossier: Schiess- und Schützenwesen

Kurz nachdem das Referendum gegen die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie offiziell zustande gekommen war, gab die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) – wohl nicht vollends beabsichtigt – sowohl für die Gegner- als auch für die Befürworterseite den Startschuss zum Abstimmungskampf. An der Präsidentenkonferenz Ende Januar 2019 sprachen sich über dreissig anwesende Sektionen einstimmig gegen die Verschärfung des Waffenrechts aus und bewilligten darüber hinaus einen finanziellen Beitrag an das Referendumskomitee. Darin Einsitz nehmen wollte die SOG jedoch nicht, wie im entsprechenden Positionspapier zu lesen war, in dem sie ihre Nein-Position damit begründete, dass die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie das «liberale, dem Milizwesen verpflichtete Schweizer Waffenrecht» unnötig einschränke. Die Verschärfung treffe nicht den gefährlichen Handel mit illegalen Waffen, sondern die legalen Waffenbesitzerinnen und -besitzer und sei daher «keine nachhaltige Massnahme gegen die terroristische Bedrohung in der Schweiz». Die NZZ bezeichnete den Positionsbezug der SOG als wichtigen Erfolg für die Gegnerschaft des neuen Waffenrechts, insbesondere für die Schützenverbände, die im Referendumskomitee federführend waren. Bei Sicherheitspolitikerinnen und -Politikern der bürgerlichen Mitte kam die SOG damit jedoch schlecht an: Der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli zeigte sich gegenüber der NZZ «enttäuscht» von den Offizieren, denen wohl «der Stellenwert von Schengen nicht bewusst» sei. Die Luzerner CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler bedauerte an gleicher Stelle, dass die Offiziere «ins Boot der SVP» stiegen und sich für deren Kampf gegen Schengen einspannen liessen. In den Tagen darauf traten einige SOG-Mitglieder um die beiden GLP-Politiker Pascal Vuichard (GL) und Roland Fischer (LU) aus dem Schatten und verkündeten öffentlich, mit dem Positionsbezug der SOG nicht einverstanden zu sein. Vuichard äusserte Bedenken, die SOG verspiele mit diesem Statement ihre Glaubwürdigkeit, da die Armee von den Änderungen gar nicht betroffen sei. Das von den GLP-Offizieren gegründete Ja-Komitee setzte eine «Lawine der Kritik» (Tribune de Genève) an der SOG in Gang und erhielt auch parteiübergreifend weiteren Zulauf – so beispielsweise von FDP-Ständerat und Oberst im Generalstab Josef Dittli. Der «Krach der Offiziere» (BaZ) gründete darin, dass für die Ja-Komiteeangehörigen ein gutes Verhältnis zu Europa für die Schweiz aus sicherheitspolitischer Sicht absolut notwendig sei, weshalb die Schengen/Dublin-Mitgliedschaft nicht gefährdet werden dürfe, zumal die Änderung des Waffenrechts «sehr umsichtig und pragmatisch» erfolge. Dass sich auch Armeechef Philippe Rebord hinter das neue Waffenrecht stellte, befeuerte die Debatte zusätzlich. SOG-Präsident Stefan Holenstein gab derweil gegenüber der Presse zu Protokoll, das Waffenrecht sei «kein Kernthema» der SOG und der Entscheid sei «keine Abstimmungsparole», sondern «eine Position als Ergebnis der internen Beratungen».

Mitte Februar lancierte Bundesrätin Karin Keller-Sutter anlässlich einer Medienkonferenz den Abstimmungskampf offiziell. Mit dem Slogan «Niemand wird entwaffnet» platzierte sie das Hauptargument des Bundesrates landesweit prominent in den Schlagzeilen: Die Änderungen am Waffenrecht seien nur geringfügig und die Schiesstradition in der Schweiz bleibe erhalten. Die Gesetzesänderung rechtfertige es somit nicht, die Schengen-Mitgliedschaft der Schweiz aufs Spiel zu setzen; die Kosten der Beendigung der Schengen-Zusammenarbeit seien schlicht zu hoch – und zwar sowohl in Form von zusätzlichen Staatsausgaben als auch in Form von Sicherheitsverlust. Das SIS werde von Schweizer Sicherheitsbehörden 300'000 Mal täglich abgefragt und habe während zehn Jahren im Schnitt zu einer Verhaftung täglich verholfen; «ohne Schengen wären wir bildlich gesprochen blind», würdigte der stellvertretende Fedpol-Direktor René Bühler den Beitrag des Schengener Abkommens an die Sicherheit der Schweiz. Hinzu kämen gemäss der Justizministerin volkswirtschaftliche Kosten von mehreren Milliarden Franken pro Jahr – einerseits im Tourismussektor, weil die Schweiz nicht mehr mit dem Schengen-Visum bereist werden könnte, andererseits im Asylbereich, da die Schweiz nach Wegfall des mit Schengen verknüpften Dublin-Abkommens Asylbewerberinnen und -bewerber nicht mehr abweisen könnte, wenn sie bereits in einem anderen Schengen-Staat Asyl beantragt haben. Wie die Gegnerschaft des neuen Waffenrechts darauf zu hoffen, dass dieser Fall nicht eintrete, sei riskant, denn der Ausschluss der Schweiz aus Schengen/Dublin erfolge bei Verweigerung der Rechtsübernahme automatisch, es sei denn, der Gemischte Ausschuss, in dem die 28 EU-Staaten und die Schweiz vertreten sind, einigte sich innerhalb von 90 Tagen einstimmig auf einen weiteren gemeinsamen Weg. Eine solche Einigung hielt Keller-Sutter jedoch für unwahrscheinlich, da sich die EU zurzeit nicht in «Kompromisslaune» (St. Galler Tagblatt) befinde. Das gegnerische Argument, die Verschärfung des Waffenrechts trage nichts zur Terrorismusbekämpfung bei, konterte die Bundesrätin damit, die Richtlinie beabsichtige in erster Linie, den illegalen Waffenhandel zu erschweren und die Bevölkerung vor Waffenmissbrauch zu schützen, sie sei aber «kein Pakt zur Terrorbekämpfung».

Mit ihren Erläuterungen an der Medienkonferenz erntete die Justizministerin wiederum heftige Kritik aus den Reihen des Referendumskomitees. So kreideten ihr die Gegner an, der Bundesrat habe eine Kehrtwende vollzogen, indem er die Waffenrichtlinie explizit nicht mehr in Zusammenhang mit Terrorismusbekämpfung bringe, sondern nur noch von der Bekämpfung illegalen Waffenhandels und Waffenmissbrauchs spreche. Weiter bezichtigten sie verschiedene Exponenten der Gegnerschaft mehr oder weniger direkt der Irreführung und der Falschinformation. Sie störten sich vor allem daran, dass rund 80 Prozent der im Schiesssport verwendeten Waffen neu verboten würden, und auf etwas Verbotenes bestehe kein Rechtsanspruch; daran ändere auch die vorgesehene Ausnahmebewilligung nichts. Zudem fürchteten sie sich vor zukünftigen weiteren Verschärfungen des Waffenrechts; da die EU-Richtlinie alle fünf Jahre überprüft werden solle, seien weitere Verschärfungen vorprogrammiert. Die Debatte um die Kosten des angeblich drohenden Schengen-Ausschlusses sei nur ein «Ablenkungsmanöver», zitierte die «Südostschweiz» den Walliser SVP-Nationalrat und ProTell-Interimspräsidenten Jean-Luc Addor; die EU habe überhaupt kein Interesse daran, die Abkommen zu kündigen, weil sie davon mindestens so viel profitiere wie die Schweiz und die Schweiz ja bereits ein effizientes Waffenrecht besitze. In Wahrheit sei die Reform ein «trojanisches Pferd», mit dem die EU in Zukunft alle halbautomatischen Waffen verbieten könne, so Addor gegenüber der «Tribune de Genève». Anders als der Bundesrat den Leuten weismachen wolle, seien die Änderungen für die Schützen überhaupt nicht zumutbar, stellte auch IGS-Präsident Luca Filippini in der Presse klar und betonte einmal mehr, die Annahme der Waffenrichtlinie wäre «das Ende des Schiessens als Volkssport», ja sogar «der Beginn vom Ende unseres Rechtsstaates».

So klar, wie es auf den ersten Blick den Anschein erwecken mag, waren die Fronten jedoch nicht. Wie bei den Offizieren äusserten sich auch bei den Schützen nach und nach kritische Stimmen zur Haltung des nationalen Verbandes. Während diverse kantonale Schützenverbände an ihren Versammlungen finanziell und ideologisch zum Kampf gegen das «Entwaffnungsdiktat» aus Brüssel, von dem sie sich existenziell bedroht sahen, rüsteten, beschloss etwa der Schaffhauser Kantonalschützenverband Stimmfreigabe, da die neuen Bestimmungen laut Präsident Pascal Herren «den Schiesssport nicht beeinträchtigen» würden. Auch der Präsident der Ausserrhoder Schützen, Bruno Preisig, gab in der Aargauer Zeitung zu Protokoll, er habe «kein Problem mit den neuen Regelungen», im Gegenteil: «Es wäre klüger gewesen, das Geld in die Nachwuchsförderung, statt in eine grosse Nein-Kampagne zu investieren.» Für ein Ja zum neuen Waffenrecht setzten sich hingegen geschlossen die grossen Wirtschaftsverbände Economiesuisse, Hotelleriesuisse und der Gewerbeverband sowie kantonale Handelskammern ein. Auf Druck der Tourismusbranche hatte sich der Gewerbeverband Ende Januar zur Ja-Parole durchgerungen, obwohl der von SVP-Nationalrat Jean-François Rime (FR) präsidierte Verband die Vorlage vor Jahresfrist noch als unverhältnismässig abgelehnt hatte, wie das St. Galler Tagblatt berichtete. Bedeutend für die Wirtschaft seien gemäss der NZZ vor allem die Folgen eines Neins: Die Verbände befürchteten zusätzliche Kosten für das Asylwesen und die innere Sicherheit, höhere Staukosten im grenzüberschreitenden Verkehr infolge wiedereingeführter Grenzkontrollen sowie einen Rückgang der Tourismus-Nachfrage aufgrund des wegfallenden Schengen-Visums. Anlässlich ihrer Delegiertenversammlung schloss sich Ende März schliesslich noch die SVP, die sich im Abstimmungskampf bisher zurückgehalten hatte, offiziell dem Nein-Lager an. Der Berner SVP-Nationalrat Werner Salzmann begründete die Zurückhaltung seiner Partei gegenüber der NZZ damit, dass man sich in einem Wahljahr befinde und somit «nicht beliebig Geld zur Verfügung [habe], um die Kampagnen von Verbänden zu unterstützen». Hinter vorgehaltener Hand sei man in Schützenkreisen jedoch sogar froh um die Zurückhaltung der SVP, so die NZZ weiter, da ein klares Verständnis des Referendums als Angriff auf Schengen/Dublin wohl eher der Befürworterseite zum Vorteil gereicht hätte. Alle anderen grösseren nationalen Parteien gaben indes die Ja-Parole aus.

Anfang April zeugten erste Umfrageergebnisse von einer bereits starken Meinungsbildung an den beiden politischen Polen. Insgesamt hatten 53 Prozent der Befragten angegeben, (eher) für die Verschärfung des Waffenrechts stimmen zu wollen, 46 Prozent (eher) dagegen. In den Anhängerschaften der beiden grossen Polparteien sprachen sich je über drei Viertel klar dafür (SP) bzw. klar dagegen (SVP) aus. Bei den Mitte-Parteien betrug die Zustimmung hingegen trotz Ja-Parolen nur gerade 50 (FDP) bzw. 47 Prozent (CVP). Die Abstimmung werde somit in der Mitte entschieden, so die Experteneinschätzung. Das überparteiliche Ja-Komitee interpretierte den äusserst knappen Vorsprung als «Weckruf» (Tages-Anzeiger), die Stimmbevölkerung noch klarer von der Wichtigkeit von Schengen/Dublin überzeugen zu müssen. Dies schien der Befürworterschaft zunehmend zu gelingen, konnte das Ja-Lager in den folgenden Umfragen doch entscheidend zulegen. Zwei Wochen vor dem Abstimmungstermin verbuchte es mit einer Zustimmung von rund 60 Prozent einen komfortablen Vorsprung. Die Sympathisantinnen und Sympathisanten aller grosser Parteien ausser der SVP stellten sich mit klarer Mehrheit hinter die Vorlage, Frauen stärker als Männer und städtische Gebiete stärker als ländliche Regionen. Der Verbleib der Schweiz im Schengen-Raum zeichnete sich hingegen klar als das schlagende Argument der Debatte ab.

Insgesamt bot der Abstimmungskampf über die lange Zeitdauer wenig Abwechslung, verlief aber zugleich äusserst emotional. Vor allem auf der Gegnerseite war eine grosse Wut spürbar, sowohl über die vermeintliche Entwaffnung der Schweizer Bürgerinnen und Bürger als auch über die Fremdbestimmung aus Brüssel. Das Antasten des Rechts auf eine private Waffe wurde als Angriff auf die Identität des Schweizervolkes gesehen. Dagegen bot Bundesrätin Karin Keller-Sutter den Gegnern wenig Angriffsfläche, argumentierte sachlich und vornehm zurückhaltend, wie der Tages-Anzeiger den Auftritt der Justizministerin in der SRF-«Arena» Mitte April beurteilte. Indem sich die Befürworterseite hauptsächlich auf das Schengen-Argument beschränkte, wurden allerdings von beiden Seiten die immergleichen Argumente bis zum Abstimmungstermin schon fast gebetsmühlenartig wiederholt.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Christian Wasserfallen (fdp, BE) beantragte die Berufs-, Laufbahn- und Studienberatung (BLSB) zu stärken und forderte den Bundesrat in einem Postulat auf, eine nationale Strategie in diesem Bereich zu entwickeln und die Kantone in ihrer Eigeninitiative zu stärken. Ausserdem solle der Bundesrat prüfen, wie der Bund bei diesem Thema selbst aktiv werden könne und welche gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen werden müssten.
Der Bundesrat war bereit, zu prüfen, mit welchen Massnahmen die BSLB gestärkt werden könne und beantragte die Annahme des Postulates.
In der nationalrätlichen Debatte monierte Jean-François Rime (svp, FR), dass das Postulat der Verwaltung zwar einen Haufen Arbeit bringe, und dem Nationalrat später einen Bericht; dieser würde jedoch keinen grossen Mehrwert bringen. Zudem liege der BSLB-Bereich klar in der Zuständigkeit der Kantone und nicht des Bundes. Folglich stimmte die SVP gegen das Postulat, erhielt von anderen Fraktionen aber kaum Unterstützung: Der Nationalrat nahm das Anliegen mit 119 zu 63 Stimmen bei einer Enthaltung deutlich an.

Stärkung der Berufs-, Laufbahn- und Studienberatung

Mit einem Postulat wollte die KVF-NR den Bundesrat beauftragen, aufzuzeigen, wie nichtfossilen Verkehrsträgern im öffentlichen Verkehr auf Strassen zum Durchbruch verholfen werden könnte. Die KVF-NR wünschte sich einen Prüfbericht, in dem Massnahmen zur finanziellen Förderung der Umstellung von Dieselbussen auf klimaneutrale Fahrzeuge untersucht werden. Mit der Begründung, dass heute weder Kosten noch Nutzen der Förderung von klimafreundlichen Bussen verlässlich beziffert werden könnten, befürwortete der Bundesrat die Annahme des Postulats. Gegen den Widerstand der SVP-Fraktion – für Adrian Amstutz (svp, BE) ist klimaneutrale Mobilität schlicht «gelogen» – nahm der Rat das Postulat mit 104 gegen 78 Stimmen (keine Enthaltungen) an.

Nichtfossilen Verkehrsträgern im öffentlichen Verkehr auf Strassen zum Durchbruch verhelfen (Po. 19.3000)

Obwohl der Bundesrat im März 2018 einen Vorschlag für eine «ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung», also für eine Abschaffung der Heiratsstrafe, vorgelegt hatte, empfahl die WAK-NR der grossen Kammer im Februar 2019 mit 12 zu 12 Stimmen bei Stichentscheid des Kommissionspräsidenten Jean-François Rime (svp, FR), der Standesinitiative des Kantons Aargau mit ebendiesem Ziel Folge zu geben. Dadurch solle der Druck auf den Bundesrat aufrechterhalten werden, argumentierte die Kommissionsmehrheit.

Verschiedene Vorstösse zur Ehepaar- oder Individualbesteuerung (Mo. 05.3299, Kt.Iv. 06.302 / 07.305 / 08.318, Pa. Iv. 05.468, Mo. 16.3006, Kt.Iv. 16.318)
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

Der Schweizerische Gewerbeverband fasste Ende Januar 2019 die Ja-Parole zur Abstimmung über die geänderte EU-Waffenrichtlinie im Mai. Dies, obwohl SGV-Präsident Jean-François Rime (svp, FR) dem Referendumskomitee angehörte. Nachdem der Verband anfänglich gegen eine Übernahme der geänderten Richtlinie gewesen war, hatte er in der Zwischenzeit eine Kehrtwende gemacht, wie die Aargauer Zeitung festhielt: Erst war man der Meinung, dass die Vorlage das «Verhältnismässigkeitsprinzip in krasser Weise» verletze – etwa ging dem Verein bei Waffenbesitz die regelmässige Überprüfung der Vereinsmitgliedschaft zu weit –, doch dann habe sich das Parlament des Gewerbeverbandes mit einer deutlichen Mehrheit über ihren Präsidenten hinweggesetzt und sich für die Übernahme der Richtlinie ausgesprochen. Druck gemacht hätten insbesondere die Tourismus- und Gastrobranchen: Diese befürchteten bei einer Nichtannahme den Ausschluss aus dem Schengen/Dublin-Verbund, was für den Tourismus gravierende Folgen gehabt hätte, weil dann etwa Reisende aus dem asiatischen Raum bei einer Europareise für die Schweiz ein separates Visum benötigt hätten.

Parole Gewerbeverband

Feldschiessen und historische Schiessen sollen nach dem Willen des Parlaments auch nach 2020 noch möglich sein, wobei im Fokus der Debatte eine Anpassung im Bereich der Subventionierung von Umweltschutzmassnahmen stand, die nach 2020 eingestellt würden. Dafür bedurfte es jedoch einer Anpassung im Umweltschutzgesetz (USG), wofür die UREK-NR im Juli 2018 eine Vernehmlassung eröffnete. Den Unterlagen war nicht nur zu entnehmen, was genau die anvisierten Änderungen waren, sondern auch die Ablehnung aus links-grünen Kreisen: Diverse Minderheitsanträge, darunter ein Antrag Semadeni (sp, GR) auf Nichteintreten, waren bereits im Revisionsentwurf abgedruckt.
Die Revision, die auf Anregung von Adrian Amstutz (svp, BE) an die Hand genommen worden war, soll es den Betreibern ermöglichen, weiterhin Bundesabgeltungen für die Sanierung von Schiessanlagen zu beziehen. Dies soll nach Ende 2020 nicht mehr möglich sein, wenn nicht sichergestellt ist, dass keine Geschosse in den Boden gelangen. Bei Schiessanlässen, die ausserhalb von Schiessplätzen stattfinden und an denen daher nur ausnahmsweise und an speziellen Anlässen geschossen wird, könne dies nicht verhindert werden, wurden argumentiert. Einige solcher ausserordentlichen Schützenfeste könnten deswegen dereinst nicht mehr organisiert werden, so die Argumentation von Amstutz. Der vorgelegte Entwurf sieht eine Sonderregelung für Standorte, an denen höchstens ein historisches Schiessen oder Feldschiessen pro Jahr stattfindet, vor. Deren Sanierung soll weiterhin subventioniert werden können. Ferner soll die neue Regelung nur auf jene Feste anwendbar werden, die bereits vor Ende 2020 regelmässig stattgefunden haben und deswegen quasi als etabliert gelten.
Die angesprochene Minderheit der UREK-NR zeigte sich mit der Gesetzesrevision nicht einverstanden, sie war der Ansicht, es solle überhaupt nicht mehr in den Boden geschossen werden. Im Wesentlichen warnte sie vor einer zu grossen Belastung der Böden durch Schwermetalle.

In der Vernehmlassung wurde der Entwurf ambivalent beurteilt. Die Schützen befürworteten die Anpassungen weitgehend und beschränkten ihre Änderungsvorschläge auf Begriffspräzisierungen. Auf Ablehnung stiess die Vorlage bei der Mehrheit der Kantone und bei den linken Parteien SP und Grüne. Deren Antrag ans Parlament war Nichteintreten. Wichtigste Kritikpunkte waren die Vereinbarkeit mit den Grundsätzen des USG und dem Vorsorge- und Verursacherprinzip. Ferner fürchteten einige Kantone insgesamt eine Verschlechterung beim Umweltschutz. Den Schützenvereinen und Veranstaltern solcher Schiessanlässe standen also mit den Kantonen wichtige Akteure gegenüber. Mit diesen Differenzen musste sich die UREK-NR also noch befassen, bevor ihr Entwurf zur Änderung des USG im Parlament behandelt werden konnte.

Feldschiessen und historische Schiessen auch nach 2020 ermöglichen
Dossier: Schiess- und Schützenwesen

Von einem «Vorstossrekord» schrieb das St. Galler Tagblatt rückblickend auf das Jahr 2018. In der Tat wurden in diesem Jahr total 2'352 Vorstösse eingereicht, was 9.6 Vorstössen pro Ratsmitglied entsprach (2017: 9.0). Im Vergleich zum Vorjahr stark zugenommen haben erneut die Interpellationen (764; 2017: 718) und die Fragen in der nationalrätlichen Fragestunde (750; 2017: 663). Aber auch Motionen wurden wesentlich häufiger eingereicht als noch ein Jahr zuvor (463; 2017: 403). Auch wenn dieser Wert der bisher höchste in der 50. Legislatur war, war man bei den Motionen noch weit vom Spitzenwert von 2009 entfernt, als ganze 614 Motionen eingereicht worden waren. Im Vergleich zum Vorjahr abgenommen hatten die eingereichten Anfragen (99; 2017: 102), die Postulate (183; 2017: 204) und insbesondere die parlamentarischen Initiativen (93; 2017: 129), deren Zahl gar unter das langjährige Mittel von 98 fiel.
In den Medien wurde die grössere Betriebsamkeit mit den nahenden Wahlen erklärt. Die Parlamentsmitglieder wollten sich vor den anstehenden Wahlen bemerkbar machen, meinte etwa Fabio Abate (fdp, TI), dessen Postulat gegen die «Vorstossflut» 2016 abgelehnt worden war. Zum «Vorstosskönig», wie ihn die Aargauer Zeitung (AZ) bezeichnete, wurde Carlo Sommaruga (sp, GE) mit 47 Vorstössen gekrönt. Es handle sich vor allem um Fragen in der Fragestunde, da er und die Bürgerinnen und Bürger mit diesen «schnell und unkompliziert die Haltung des Bundesrates zu aktuellen Themen» erfahren, erklärte der Genfer SP-Nationalrat. Bei höhere Kosten verursachenden Motionen und Postulaten sei er zurückhaltender. Weniger sei manchmal mehr, gab der ebenfalls in der AZ befragte Markus Ritter (cvp, SG) zu Protokoll, der 2018 keinen einzigen Vorstoss eingereicht hatte. Er frage den Bundesrat und die Verwaltung lieber direkt an. Davon erfahre die Öffentlichkeit zwar nichts, man erhalte aber sehr schnell eine präzise Antwort. Zudem habe er als Bauernpräsident genug Medienpräsenz. Dass es Schwergewichte nicht nötig hätten, mit Vorstössen Medienaufmerksamkeit zu erheischen, zeigten gemäss AZ auch FDP-Präsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) und SP-Präsident Christian Levrat (sp, FR) sowie Gewerkschaftschef Paul Rechsteiner (sp, SG) und Gewerbeverbandspräsident Jean-François Rime (svp, FR), die 2018 ebenfalls keinen einzigen Vorstoss eingereicht hatten. Freilich ist es verkürzt, Parlamentsmitgliedern zu unterstellen, dass sie Vorstösse lediglich als Aufmerksamkeitsinstrument nutzen. Vielmehr handelt es sich bei Motionen, Postulaten und parlamentarischen Initiativen um zentrale Instrumente der Legislative. Eine Zunahme an Vorstössen kann deshalb auch als Zeichen für ein aktives Parlament, das seine Aufgabe wahrnimmt, interpretiert werden.

Im Vergleich zu 2017 hatten auch die Aufgaben, die dem Parlament von aussen aufgegeben worden waren, zugenommen: So wurden den Parlamentsmitgliedern 2018 87 Bundesratsgeschäfte (2017: 67), 26 Standesinitiativen (2017: 22), 34 Wahlgeschäfte (2017: 23) und 30 Petitionen (2017: 22) neu vorgelegt.

Den Räten wurde aber 2018 nicht nur mehr Arbeit auferlegt; sie erledigten in diesem Jahr mit total 2'428 auch überdurchschnittlich viele Vorstösse und Geschäfte (2017: 2'396; Schnitt 2000 bis 2018: 2'403). Allerdings war die Arbeitslast dabei relativ ungleich verteilt. Die Zunahme an erledigten Vorlagen war nämlich praktisch ausschliesslich den im Vergleich zu den Vorjahren wesentlich häufiger beantworteten Interpellationen (725; 2017: 628) und Fragen in der Fragestunde (750; 2017: 663) geschuldet. Hier liegt die Arbeitslast aber insbesondere bei der Verwaltung und weniger beim Parlament. Dieses erledigte 2018 hingegen weniger Postulate (273; 2017: 303), weniger Motionen (360; 2017: 458) und auch weniger parlamentarische Initiativen (101; 2017: 104) als im Vorjahr. Zudem nahm auch die Zahl der erledigten Bundesratsgeschäfte (62; 2017: 74), Standesinitiativen (28; 2017: 26) und Petitionen (20; 2017: 26) im Vergleich zu 2017 ab. Einzig bei den Wahlgeschäften gab es 2018 (28) für das Parlament etwas mehr zu tun als 2017 (26).

Einen Einblick in den Arbeitsaufwand eines Parlamentariers gab Konrad Graber (cvp, LU) in einer Kolumne in der Luzerner Zeitung. Für die Sommersession seien 120 Geschäfte traktandiert, für die er rund drei Wochen vor Beginn der Session Unterlagen erhalte: Botschaften für Bundesratsgeschäfte, Berichte und Anträge der Kommissionen; «schätzungsweise ein Kilo Papier», das neben den zahlreichen Ratschlägen und Empfehlungen verschiedener Lobbyorganisationen bearbeitet werden müsse.

Von den 360 im Jahr 2018 erledigten Motionen wurden 110 angenommen (30.6%), was im langjährigen Schnitt (2000-2018: 21.7%) eine hohe Erfolgsquote darstellte. Je 43 Motionen wurden zurückgezogen (11.9%; 2017: 20.7%) bzw. unbehandelt abgeschrieben (11.9%; 2017: 10.7%) und ein Viertel (88, 24.4%; 2017: 18.3%) schaffte immerhin die Hürde des Erstrats. Auch die Erfolgsquote der Postulate war mit 68.9 Prozent im Jahr 2018 ausserordentlich hoch (2017: 54.1%; Schnitt: 49.3%): Von den 273 erledigten Postulaten wurden 188 angenommen. Von den 85 nicht erfolgreichen Postulaten lehnte das Parlament 40 (14.7%; 2017: 25.7%) ab; 18 (6.6%; 2017: 12.9%) wurden zurückgezogen und 27 (9.9%; 2017: 7.3) wegen Verjährung abgeschrieben.

Arbeitsbelastung 2018
Dossier: Geschäftsstatistik der Bundesversammlung

Die im Nationalrat angenommene Motion zu einem korrekten Einsatz der Bundesgelder für die Kugelfangsanierung wurde von der UREK-SR ebenfalls gutgeheissen. In ihrer Sitzung von Ende Oktober 2018 beantragte sie ihrem Rat mit neun zu einer Stimme, die Motion ebenfalls anzunehmen. Ausschlaggebend war auch in der Kommission, dass die pauschalisierte Abgeltung nicht für alle Schiessanlagen eine genügende finanzielle Unterstützung bedeutete. Der Antrag von Motionär Salzmann (svp, BE) auf eine Rückkehr zur prozentualen Abgeltung in der Höhe von 40 Prozent der tatsächlich anfallenden Kosten wurde deshalb begrüsst.
Weitgehend unbestritten blieb das Geschäft dann auch in der Plenardebatte. Kommissionssprecher Hösli (svp, GL) beschränkte sich im Grunde auf die Vorzüge der anvisierten Neuregelung. Einziger Wermutstropfen sei die Benachteiligung jener Kantone und Gemeinden, die bereits Sanierungen vorgenommen hätten. Diese hätten auch bei einer Neuregelung kein Anrecht auf eine rückwirkende höhere Kostenerstattung. Der Genfer Standesvertreter Cramer (gp, GE) ergriff daraufhin das Wort und bekannte sich zu der einen Gegenstimme in der Kommission. Genau in der ausbleibenden rückwirkenden Anpassung des Gesetzes ortete er eine Ungleichbehandlung. Dies sei frustrierend für die Musterschüler, die ihre Aufgaben auch ohne Anreize bereits erledigt hätten. Dies gesagt, verzichtete er jedoch auf einen Gegenantrag. Auch Umweltministerin hielt fest, dass hier die Spielregeln während des Spiels geändert würden, gab aber ihre Zustimmung zur Motion, weil der Handlungsbedarf auch innerhalb der Verwaltung erkannt worden sei. Stillschweigend folgte der Ständerat seiner Kommission und der Volkskammer, womit die Motion überwiesen war.

Korrekter Einsatz der Bundesgelder für die Kugelfangsanierung
Dossier: Schiess- und Schützenwesen

Eine Woche nach den Schlussabstimmungen in den eidgenössischen Räten zur Übernahme der EU-Waffenrichtlinie wurde die über lange Zeit immer wieder ausgesprochene Referendumsdrohung in die Tat umgesetzt. Am 5. Oktober 2018 präsentierte sich das Referendumskomitee, co-präsidiert von SSV- und IGS-Präsident Luca Filippini zusammen mit den drei SVP-Nationalräten Jean-Luc Addor (VS), Werner Salzmann (BE) und Jean-François Rime (FR) sowie SVP-Nationalrätin Silvia Flückiger-Bäni (AG), vor den Medien. Die IGS als Hauptträgerin des Referendums vereint 14 Verbände aus dem Umfeld des Schweizer Schiesswesens, darunter neben Sportschützen auch Jäger, Waffensammler und -händler. Der zentrale Kritikpunkt der IGS am neuen Waffenrecht war der «Paradigmenwechsel», dass der Waffenbesitz von einem generellen Recht für Schweizerinnen und Schweizer zu einem Privileg herabgestuft werde, das nur noch ausnahmsweise gewährt werde; die damit verbundene «Vorstellung, künftig mit einer verbotenen Waffe schiessen zu müssen», sei das Problem, so die NZZ. Darüber hinaus wurde diese Änderung vom Referendumskomitee jedoch auch als erster Schritt in Richtung Abschaffung des Privatwaffenbesitzes gesehen; es würden sicher weitere Verschärfungen folgen. Weiter wurde die Pflicht zur Nachmeldung von halbautomatischen Waffen kritisiert: Obwohl das Volk eine Nachregistrierung im Rahmen der Waffenschutz-Initiative 2011 abgelehnt habe, werde eine solche nun durch die «Brüsseler Hintertür» eingeführt, so Werner Salzmann in der BaZ. Die Beendigung der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit sei hingegen nicht das Ziel des Referendums, beteuerte das Komitee und zeigte sich überzeugt davon, dass die EU kein Interesse daran habe, die Zusammenarbeit mit der Schweiz zu beenden. Gleichzeitig präsentierte sich das Komitee im Internet unter dem Namen «Nein zum Entwaffnungsdiktat der EU» und portierte damit die europa- und schengenkritische Haltung der SVP.

So geeint, wie das Referendumskomitee vielleicht den Eindruck erwecken konnte, war die Waffenlobby jedoch nicht. ProTell und der SSV, die an vorderster Front und «mit schrillen Tönen» (AZ) gegen die Verschärfung des Waffenrechts kämpften, konnten nicht alle Lobbymitglieder für diesen Kampf begeistern. Sowohl die Schweizerische Offiziersgesellschaft, die selbst zwar nicht Mitglied der IGS, sondern nur Sympathisantin ist, als auch Jagd Schweiz, Mitglied der IGS, wollten das Referendum nur passiv unterstützen, d.h. ideell, aber weder mit Finanzen noch mit dem Sammeln von Unterschriften. Auch nicht alle kantonalen Schiesssportverbände zeigten sich überzeugt von der Argumentation ihres Dachverbandes. So erklärte etwa der Präsident des Bündner Schiesssportverbandes gegenüber der Aargauer Zeitung, man unterstütze das Referendum vor allem aus Solidarität mit dem SSV, nicht weil die Reform an sich ein grosses Problem sei. Kritisch zum Referendum äusserte sich in der Presse auch Lorenz Hess, Berner BDP-Nationalrat und ehemaliger Präsident eines Schützenvereins. Insbesondere die Kritik an der vorgesehenen Zwangsmitgliedschaft für Schützen in einem Schiessverein sei nicht nachvollziehbar – ein Vereinszwang habe bis 1996 bestanden, ohne dass sich die Schützenvereine dagegen gewehrt hätten. Was ProTell von in der Unterschriftensammlung zu wenig engagierten Schützenvereinspräsidenten hielt, berichtete der «Blick»: In Schützenvereinen, die einen «Ausredenkönig» als Präsidenten hätten, sei eine «Druckerhöhung von unten» durchaus erwünscht, habe die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht auf ihrer Facebook-Seite betont. Interimspräsident Jean-Luc Addor quittierte den Online-Post damit, es müssten verschiedene Tonalitäten möglich sein. Mit nahezu 200'000 Mitgliedern dürfte es für die IGS allerdings kein allzu grosses Problem sein, bis Mitte Januar 2019 die erforderlichen 50'000 Unterschriften zu sammeln.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Wie schon die Eintretensdebatte im Frühjahr 2018 begann auch die Differenzbereinigung zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie im Herbst desselben Jahres im Nationalrat mit einem Versuch, das Geschäft bis auf Weiteres zu sistieren. Mittels Ordnungsantrag wollte SVP-Nationalrat und ProTell-Interimspräsident Jean-Luc Addor (svp, VS) das Geschäft vom Sessionsprogramm streichen. Damit wolle er verhindern, dass die Schweiz ihr Waffenrecht aufgrund juristischer Verpflichtungen anpasse, die sich womöglich mit einem Entscheid des EuGH über die nach wie vor hängige Klage der Tschechischen Republik gegen die Rechtmässigkeit der Richtlinie in Luft auflösen könnten. Ausserhalb der SVP-Fraktion fand sein Antrag jedoch nur marginale Unterstützung, weshalb er mit 59 zu 118 Stimmen Schiffbruch erlitt.
Die drei grossen, inhaltlichen Differenzen räumte der Nationalrat allesamt aus, indem er sich hinter den Kompromissvorschlag des Ständerates stellte. Dabei handelte es sich erstens um die vom Ständerat eingefügte Regelung von Erwerb und Besitz grosser Magazine, die von der Volkskammer mit 101 zu 84 Stimmen bestätigt wurde. Eine Minderheit Salzmann (svp, BE) hatte am eigenen Beschluss festhalten und auf eine solche Regelung verzichten wollen. Zweitens hiess der Nationalrat mit 99 zu 85 Stimmen die Pflicht zur Markierung aller wesentlichen Waffenbestandteile gut. Auch hier konnte sich die Kommissionsmehrheit gegen dieselbe Minderheit Salzmann durchsetzen, die am nationalrätlichen Beschluss festhalten wollte, wonach bei zusammengesetzten Waffen eine Markierung genügte. Drittens bewahrte der Nationalrat mit 100 zu 84 Stimmen den Ermessensspielraum der Kantone bei Ausnahmebewilligungen für verbotene Waffen. Als Erstrat war er hier noch mehrheitlich der Ansicht gewesen, dass die Kantone Ausnahmebewilligungen erteilen müssten, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, und nicht nur erteilen können sollten. An der Muss-Formulierung festhalten wollte jetzt noch die Minderheit Salzmann, während sich die Mehrheit dem Ständerat anschloss und die ursprüngliche Kann-Formulierung beibehielt. Ein Minderheitsantrag Müller (fdp, SG), der bei beschlagnahmten, nicht fristgemäss gemeldeten, verbotenen Waffen eine kurze Nachmeldefrist gewähren wollte, wurde mit 104 zu 85 Stimmen ebenso abgelehnt. Die Kommissionsmehrheit und auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga vertraten die Ansicht, eine zusätzliche Nachmeldefrist sei nicht nötig, da man in einem solchen Fall ohnehin drei Monate Zeit habe, nachträglich eine Ausnahmebewilligung zu beantragen. Mit zwei kleinen, neu geschaffenen Differenzen formeller Natur ging die Vorlage zurück an den Ständerat, der beide stillschweigend bereinigte. In der Schlussabstimmung nahm der Ständerat das geänderte Waffengesetz mit 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen an; der Nationalrat stimmte dem Gesetz mit 120 zu 69 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu. Bis zuletzt leistete die SVP-Fraktion geschlossen Widerstand, konnte aber insgesamt nur drei Stimmen aus dem bürgerlichen Lager dazugewinnen; einige Vertreterinnen und Vertreter der CVP und der FDP enthielten sich der Stimme.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Im Rahmen einer breiten gesellschaftlichen Debatte, ob die Schweiz die verschärfte EU-Waffenrichtlinie übernehmen soll, reichte Werner Salzmann (svp, BE), Präsident der Berner SVP-Sektion und des Berner Schiesssportverbandes, im März 2017 eine Motion mit dem Titel «Der Bundesrat darf die Verschärfung des EU-Waffenrechts nicht unterzeichnen!» ein. Die Verschärfung des Waffenrechts schiesse völlig über das eigentliche Ziel der Verhinderung von Terroranschlägen hinaus und führe zu «einer Kriminalisierung aller Schützen, Jäger, Sammler und Waffenerwerber», lautete die Begründung des Motionärs zum geforderten Übernahmeverbot der neuen EU-Richtlinie. Dies bestärkte er gegenüber der Tageszeitung Blick mit dem Argument, dass sich Terroristen und Terroristinnen nicht an bürokratische Auflagen hielten und die Verschärfung des Waffenrechts somit keine zusätzliche Sicherheit biete.
Behandelt wurde das Geschäft im Nationalrat erst in der Herbstsession 2018 – laut Bundesrätin Simonetta Sommaruga «einfach definitiv zu spät», da die Umsetzungsgesetzgebung zum EU-Waffenrecht bereits beraten worden war. Der Bundesrat hatte zuvor in seiner Stellungnahme festgehalten, dass die Nichtübernahme der Neuerungen im EU-Waffenrecht die Teilnahme der Schweiz am Schengen- und Dublin-Abkommen aufs Spiel setzen könne und hatte deshalb die Ablehnung beantragt. Dieser Empfehlung folgend lehnte der Nationalrat den Vorstoss ab.

Der Bundesrat darf die Verschärfung des EU-Waffenrechts nicht unterzeichnen (Mo. 17.3152)

Im Nationalrat hatten beide parlamentarischen Initiativen (17.446 und 18.417), welche die Einführung eines Finanzreferendums forderten, keine Chance. Weil beide Vorstösse praktisch identisch waren, fand nur eine Abstimmung statt, bei der sich eine Mehrheit von 115 zu 79 Stimmen bei einer Enthaltung gegen Folge geben aussprach. Zu den Minderheiten-Stimmen aus den Fraktionen der Urheber gesellten sich je drei CVP- und BDP-Stimmen. Neben den Voten der Kommissionssprecher sowie der Urheber der Vorstösse – Adrian Amstutz (svp, BE) für die SVP-Fraktion bzw. Martin Bäumle (glp, ZH) – verlangte niemand das Wort. Die Idee eines Finanzreferendums dürfte damit wieder eine Weile vom Tisch sein.

Finanzreferendum (Pa.Iv. 17.446 und Pa.Iv. 18.417)
Dossier: Einführung eines Finanzreferendums auf nationaler Ebene

Im Dezember 2017 hatte der Bundesrat entschieden, den seit 1978 bestehenden Abstimmungserläuterungen erstmals seit 2004 wieder ein neues Erscheinungsbild zu gönnen. Ein neues Layout und insbesondere mehr Platz für die Argumente von Befürworterinnen und Gegnern von Vorlagen sollte dem sogenannten Abstimmungsbüchlein ein moderneres Kleid verschaffen. Eine neue Schrift und vermehrt auch Infographiken sollten einem neuen Leserschaftsbedürfnis entsprechen Die Neugestaltung kostete rund CHF 80'000, wobei CHF 50'000 für einen Wettbewerb mit drei Bewerbungen und CHF 30'000 auf die Befragung von Stimmberechtigten entfielen.
Zum ersten Mal wurden die neu designten Erläuterungen für den Urnengang vom 23. September 2018 mit einer Auflage von rund 5.4 Mio. gedruckter Exemplare aufgelegt. Doppelseiten gleich zu Beginn der Broschüre fassten jeweils die Abstimmungsvorlagen zusammen. Den Komitees der Fair-Food-Initiative und der Initiative «für Ernährungssouveränität» wurde für ihre Argumente gleich viel Platz eingeräumt wie für jene des Bundesrats. Beim obligatorischen Referendum zum Gegenentwurf zur «Velo-Initiative» wurden den Beratungen im Parlament mehr Platz eingeräumt – ein Umstand, wie er teilweise von einem Postulat Tuena (svp, ZH) gefordert worden war, das aber zugleich auch für obligatorische Referenden Raum für die Gegenpositionen wünschte.
Rund drei Viertel der Stimmberechtigten nutzen laut Abstimmungsnachbefragungen die Erläuterungen als Grundlage für ihre Meinungsbildung. Das neue Design wurde von «Hochparterre», der Zeitschrift für Architektur und Design, für seine Klarheit und Übersicht gelobt. Allerdings erwuchs der Neuauflage auch relativ rasch Kritik. Eine Studie der Universität Bern zeigte auf, dass die Informationen nach wie vor komplex sind. Rund 50 Prozent der Befragten der Studie gaben an, die Erklärungen von «easyvote», die eine starke Vereinfachung der Abstimmungserläuterung primär für Jugendliche darstellen, sowie die Informationen aus Video-Clips des Bundesrates und von easyvote besser zu verstehen als die schriftlichen Erläuterungen des Bundesrates. Darüber hinaus störte sich die SVP an der letzten Seite der Broschüre, auf der wie bisher die Abstimmungsempfehlungen von Bundesrat und Parlament aufgeführt sind, freilich aber mehr Platz einnehmen als bisher. Dieses «Gratisinserat für den Bundesrat» müsse abgeschafft werden, forderte etwa Adrian Amstutz (svp, BE).

Überarbeitete Abstimmungserläuterungen
Dossier: Abstimmungserläuterungen des Bundesrats

Der Berner Nationalrat Werner Salzmann (svp, BE), seines Zeichens auch Präsident des kantonalbernischen Schiesssportverbandes, forderte mittels Motion einen korrekten Einsatz der Bundesgelder für die Kugelfangsanierung. Mit einer kurz gehaltenen Forderung wollte er bei der Regierung auf eine Änderung des Umweltschutzgesetzes hinwirken, so dass für alle Schiessanlagen 40 Prozent der anfallenden Kosten vom Bund übernommen werden. Stein des Anstosses waren die zu hohen Ausgaben, die für die Sanierung von Altlasten auf 300m-Schiessplätzen anfallen. Gegenwärtig wurden diese entsprechend des Beschlusses des Parlaments im Rahmen einer parlamentarischen Initiative Büchler (cvp, SG) mit einer Pauschale von CHF 8'000 vom Bund abgegolten, was gemäss damaliger Rechnung 40 Prozent der Gesamtkosten entsprechen sollte. Nun zeigten die Erfahrungen aus ebensolchen Sanierungen, dass die CHF 8'000 nicht ausreichten und in vielen Fällen nicht einmal den Anteil von 40 Prozent abdeckten. Bis zu CHF 25'000 fielen pro Scheibe an, wie eine Auswertung in diversen Kantonen zeige, erklärte der Motionär. Zwar würden bei grösseren Anlagen mit mehr als 15 Scheiben auch Einsparungen möglich, aber weil das Gros der Schiessplätze eben über weniger als 15 Scheiben verfüge, gebe es dort eine Ungleichbehandlung. Das Bafu teile die Erkenntnisse aus dieser Bestandsaufnahme. Weil Gelder für diese Sanierungen in einem zweckgebundenen Fonds ohnehin schon bereitgestellt würden, argumentierte Salzmann weiter, müsse die gesetzliche Regelung dahingehend angepasst werden, dass eben alle Schiessanlagen (und nicht nur die grossen) von den bereitgestellten Mitteln profitieren könnten. Die Festsetzung der Beiträge auf 40 Prozent der Kosten erachtete der Motionär als besseren Weg gegenüber einem Pauschalbetrag.
Der Bundesrat unterstützte die Forderung, die in der Sommersession 2018 im Nationalrat traktandiert war. Dort gab es keinen Anlass zur Diskussion, weswegen die Motion stillschweigend angenommen wurde.

Korrekter Einsatz der Bundesgelder für die Kugelfangsanierung
Dossier: Schiess- und Schützenwesen

Im Ständerat war die Motion Amstutz (svp, BE), die eine verbindliche Vorladungskompetenz für den NDB forderte, chancenlos. Stillschweigend folgte die kleine Kammer in der Sommersession 2018 dem Antrag ihrer SiK und lehnte den Vorstoss ab. Es müssten zuerst Erfahrungen mit dem Instrumentarium des neuen NDG gesammelt und ausgewertet werden, bevor Anpassungen vorgenommen werden, die so tief in die Grundrechte eingreifen. Ausserdem komme dem NDB eine präventive Rolle zu, während verbindliche Befragungen in den Aufgabenbereich der Polizei fielen. Die Befugnisse des NDB und der Polizei sollten auch weiterhin getrennt bleiben.

Mo. Amstutz: Vorladungskompetenz für den Nachrichtendienst des Bundes

Selbst Wochen nach der Verabschiedung der Botschaft zur Umsetzung der geänderten EU-Waffenrichtlinie durch den Bundesrat Anfang März 2018 ebbte die gesellschaftliche Debatte über die geplante Verschärfung des Schweizer Waffenrechts nicht ab. Mitte März schloss sich der schweizerische Büchsenmacher- und Waffenfachhändlerverband (SBV) medienwirksam der Front um den schweizerischen Schiesssportverband (SSV) an und liess durch seinen Präsidenten Daniel Wyss abermals verkünden, man werde das Referendum ergreifen, sollte die Gesetzesänderung wie vom Bundesrat vorgeschlagen vom Parlament gutgeheissen werden. Für den SBV habe die neue Regelung «eine riesige, existenzgefährdende Auswirkung», da sich der Aufwand für die Waffengeschäfte durch die auf sämtliche Transaktionen ausgedehnte Meldepflicht sowie die Markierungspflicht aller wesentlichen Waffenbestandteile schätzungsweise um eine Stunde pro Tag erhöhe; «und wir bekämpfen damit keinen einzigen Verbrecher», empörte sich Wyss gegenüber der Aargauer Zeitung. Der Schaden durch die Gesetzesänderung wäre so massiv, dass der SBV diesen höher gewichte als die Abkommen von Schengen und Dublin. Am besten wäre es jedoch, wenn das Parlament die Vorlage so abänderte, dass kein Referendum nötig wäre.

Gut zwei Wochen später drängten die Befürworter der Vorlage ins Rampenlicht, indem die SP zusammen mit dem Verband Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB), der Verbindung der psychiatrisch-psychotherapeutisch tätigen Ärztinnen und Ärzte und den Evangelischen Frauen Schweiz vor den Medien die «Plattform für ein zukunftsfähiges Waffenrecht» präsentierte. Als gemeinsames Ziel nannten sie ein striktes Waffenrecht für eine sichere Schweiz; das schweizerische Waffenrecht solle dazu enger an die Vorgaben der EU-Richtlinie angepasst werden als dies der Bundesrat vorsah. Die SP hatte 14 Änderungsanträge vorbereitet, um den Entwurf des Bundesrates zu verschärfen, u.a. betreffend die Nachregistrierung und die Aufbewahrung von Waffen, die Marktpreise für Armeewaffen sowie die Möglichkeit für Kantone, ein psychologisches Gutachten zu verlangen, wenn die Gefahr von Selbst- oder Fremdgefährdung mit der Waffe besteht. Während sich die Ärztinnen und Ärzte in erster Linie zur Verhinderung von häuslicher Gewalt und Suiziden für eine Verschärfung des Waffenrechts einsetzten, war das Hauptanliegen der Polizeibeamten ein lückenloses, schweizweites Waffenregister, um vor einem Polizeieinsatz wissen zu können, ob mit Waffen zu rechnen ist. Die kantonalen Waffenregister seien unvollständig, da eine Registrierungspflicht erst seit 2008 bestehe, argumentierte VSPB-Generalsekretär Max Hofmann in der NZZ. Er wünschte sich deshalb die Nachregistrierung sämtlicher Waffen, nicht nur der halbautomatischen. Ausserdem betonte er im «Blick» die Unverzichtbarkeit des Schengener Informationssystems für die Polizeiarbeit.
Damit stellte sich der VSPB offen gegen der Polizei im Grunde wohlgesinnte Kreise wie die Schützen. Die Polizeibeamten liessen sich von der SP instrumentalisieren, kritisierten SVP-Nationalrat Werner Salzmann (svp, BE) und ProTell-Generalsekretär Robin Udry denn auch postwendend. Für Letzteren wäre die Nachregistrierung aller Schusswaffen gemäss NZZ «der Orwellsche Albtraum eines Überwachungsstaats». Hofmann entgegnete darauf, es gehe nicht um Ideologie, sondern um die Sache und der VSPB unterstütze auch nicht alle Visionen seiner Allianzpartner. Wenige Tage nach seinem Auftritt an der Medienkonferenz der «Plattform für ein zukunftsfähiges Waffenrecht» erntete Hofmann jedoch auch aus den eigenen Reihen Kritik. Erwin Rommel, Mitglied des Zentralvorstandes des VSPB, äusserte sich in der BaZ dahingehend, dass er vom Vorgehen der Geschäftsleitung nichts gewusst habe. Ein solcher Auftritt stehe Hofmann nicht an, da der Verband laut Statuten politisch neutral bleiben müsse. Ausserdem seien die Verbandsmitglieder nicht über ihre Meinung zur Waffenrechtsverschärfung befragt worden. Der interne Knatsch bei den Polizisten fand wohl ihren Höhepunkt, als sich die KKPKS vor der SiK-NR dezidiert gegen die Vorlage des Bundesrats aussprach. Die Gesetzesänderung bringe «viel Bürokratie bei wenig Nutzen», monierte sie in der Anhörung. Ob sie jedoch den zusätzlichen Aufwand in Kauf nähme, um das Schengen-Abkommen zu schützen, sei gemäss der NZZ unklar geblieben. Die SiK entschied in der Folge, zusätzlich auch noch die Polizeibeamten und die KKJPD zu einer schriftlichen Stellungnahme einzuladen. Derweil sah sich der VSPB zu einer Rechtfertigung gezwungen und stellte in einer Mitteilung klar, man fordere entgegen der Darstellung in den Medien keine striktere Umsetzung als die vom Bundesrat angedachte und unterstütze die weitergehenden Forderungen seitens der SP nicht.

Inzwischen herrschte aber auch aufseiten der Waffenlobby nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen: «Immer mehr bürgerliche Waffenfreunde gehen auf Distanz zur neuen Führungscrew um den interimistischen ProTell-Präsidenten Jean-Luc Addor, die radikale Tendenzen zeigt», schrieb die Aargauer Zeitung Mitte April. Presseberichten zufolge sei selbst Ständerat Josef Dittli (fdp, UR), seines Zeichens – notabene neben Addor – Co-Präsident der «Parlamentarischen Gruppe für ein freiheitliches Waffenrecht», der radikale Kurs der ProTell-Führung nicht geheuer. Er unterstütze die Forderung von Addor und «gleichgesinnten Protagonisten» nach öffentlichem Waffentragen nicht. «Die Schweiz ist nicht der Wilde Westen!», zitierte ihn beispielsweise die Luzerner Zeitung. Auch SVP-Nationalrat und Wortführer der Waffenfreunde, Werner Salzmann, stecke diesbezüglich «im Dilemma», berichtete dieselbe Zeitung. Zu Wort meldete sich ebenfalls Alt-Nationalrat Willy Pfund (fdp, SO), seinerzeit Präsident von ProTell, der dieses Amt 2016 jedoch «im Zorn über den Kurs des Addor-Lagers» (Aargauer Zeitung) niedergelegt hatte. Er bezeichnete den Wunsch nach Waffentragen in der Öffentlichkeit als «unsinnige und gefährliche Forderung»: Die Öffentlichkeit reagiere heute sensibler auf solche Fragen als noch vor einigen Jahren, weshalb man damit letztlich das liberale Schweizer Waffenrecht gefährde. Die Aargauer Nationalrätin Silvia Flückiger-Bäni (svp, AG) war gar so erbost über die ProTell-Führung um Addor, dass sie nach 14-jähriger Mitgliedschaft kurzerhand den Austritt aus der Organisation gab. Einig waren sich die waffenfreundlichen Bürgerlichen und ProTell einzig darin, dass die EU-Waffenrichtlinie bekämpft werden müsse. Dies kam denn auch an der Generalversammlung von ProTell am 14. April zum Ausdruck: Nachdem die SiK-NR wenige Tage zuvor auf die Vorlage des Bundesrates zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie eingetreten war, beschlossen die ProTell-Mitglieder vorsorglich einstimmig das Referendum. Zur Bekämpfung der Gesetzesvorlage werde man nächstens eine «sehr starke und einflussreiche» nationale Allianz gründen, gab ProTell-Generalsekretär Robin Udry in der Sonntagszeitung zu Protokoll.

Die SiK-NR schrieb in ihrer Medienmitteilung, sie sei mit 15 zu 9 Stimmen auf die Vorlage eingetreten, um einerseits das Schengen-Assoziierungsabkommen nicht zu gefährden und andererseits mit einer möglichst pragmatischen Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie die Traditionen des schweizerischen Schiesswesens wahren zu können. Das Volk solle überdies die Möglichkeit haben, sich im Rahmen eines fakultativen Referendums zur Frage zu äussern. Die Minderheit habe indes keinen Revisionsbedarf im schweizerischen Waffenrecht geortet, keinen Nutzen für die Terrorbekämpfung gesehen und den hohen administrativen Umsetzungsaufwand gefürchtet. Einen Rückweisungs- und eine Sistierungsantrag hatte die Kommission abgelehnt. Neben der schon erwähnten KKPKS hatte die Kommission auch den SBV, ProTell, den SSV, die schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) und die Organisation «Stop Suicide» angehört, was die NZZ zur Bemerkung veranlasste, bei den Anhörungen seien fast nur Gegner der Vorlage zu Wort gekommen.

Während sich der SBV, ProTell, der SSV und die AUNS – sowie auch die GSoA als explizite Befürworterin der Waffenrechtsverschärfung – schon auf den «wohl unausweichlichen Referendumskampf» (BaZ) vorbereiteten, zeigte sich die SOG in dieser Sache wenig enthusiastisch. Ihr Präsident Stefan Holenstein geizte gegenüber der BaZ zwar nicht mit Kritik an der Vorlage und an deren Befürwortern, erachtete das Referendum jedoch nicht als zwingend. So attestierte er der CVP und der FDP eine «übertriebene Angst vor einer Kündigung des Schengen/Dublin-Abkommens» und stellte sich auf den Standpunkt, es gebe bei der Umsetzung der EU-Richtlinie durchaus noch ungenutzten Spielraum. Die Pflicht, entweder Mitglied in einem Schiessverein zu sein oder die Waffe regelmässig für das sportliche Schiessen zu nutzen, bezeichnete er als «unverhältnismässig und eine Bevormundung». Die Vorlage bekämpfe so nicht den gefährlichen Handel mit illegalen Waffen, sondern treffe legale Waffenbesitzer und indirekt, über das ausserdienstliche Schiesswesen, auch die Armee. Es sei indes möglich, das Gesetz freiheitlich auszugestalten und dem «eigenständigen Staats- und Milizwesen» der Schweiz anzupassen. An das Parlament richtete er deshalb die Forderung, auf «vorauseilenden Gehorsam gegenüber der EU» zu verzichten. Es bestehe kein Anlass, «panikartig von Schengen-Rauswurf» zu reden, sei das Abkommen doch in gegenseitigem Interesse. In dieser Hinsicht sei die von Bundesrat und Verwaltung proklamierte «Entweder-Oder-Strategie» nicht richtig. Für die SOG stehe das Referendum daher nicht im Vordergrund, sondern komme nur als Ultima Ratio in Frage.

Frischen Wind in die Debatte brachte Mitte Mai schliesslich das Bekanntwerden des genaueren Inhalts der tschechischen Klage beim EuGH betreffend die EU-Waffenrichtlinie. Die Tschechische Republik zweifelte eben nicht nur wie bisher angenommen an deren Rechtmässigkeit, sondern machte mit Hinblick auf die Schweizer Sonderregelung für Armeewaffen auch eine Verletzung des Diskriminierungsverbots geltend. Sollte der EuGH der Klägerin in diesem Punkt Recht geben, bedeutete dies wohl das Aus für die von der Schweiz ausgehandelte Ausnahmeklausel. Aufgrund der so veränderten Ausgangslage wollte die SVP die Sistierung der Vorlage in der Kommission noch einmal zum Thema machen. Die Presse berichtete zudem, das Fedpol verfolge das Verfahren mit, für eine Stellungnahme sei es jedoch noch zu früh.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Insgesamt wollte bei den Wahlen in den Berner Grossrat 2018 eine rekordhohe Zahl von 2'110 Kandidierenden (2014: 1'905), darunter 730 Frauen (34.5%; 2014: 33.3%), einen der 160 Sitze erobern. In den neun Wahlkreisen füllten die Anwärterinnen und Anwärter total 146 Listen, mit denen insgesamt 34 Listenverbindungen erstellt wurden. 137 amtierende Grossrätinnen und Grossräte traten als Bisherige an.
Die Berner Zeitung hatte ausgerechnet, dass die Wahlchancen im französischsprachigen Wahlkreis «Jura Bernois», der 12 garantierte Sitze hat, fast doppelt so gross seien (9 Kandidierende pro Sitz) wie im Wahlkreis «Stadt Bern» (20 Sitze; 17 Kandidierende pro Sitz). Neben der repräsentativen Untervertretung der Frauen im Kandidierendenfeld rechnete die Zeitung zudem eine starke Übervertretung der unter 40-jährigen Bevölkerung, aber eine deutliche Untervertretung der über 65-Jährigen unter den Kandidierenden aus.
Die Medien berichteten auch über die Situationen der einzelnen Parteien. Erklärtes Ziel der SVP war es, ihren Wähleranteil auszubauen und damit die 49 Grossratssitze mindestens zu verteidigen. Zudem müsse die bürgerliche Regierungsmehrheit verteidigt werden, betonte Parteipräsident Werner Salzmann (svp, BE). Allerdings musste die Volkspartei gleich 16 Rücktritte ersetzen, darunter etwa alt Nationalrat Thomas Fuchs (BE, svp), der aufgrund einer parteiinternen Amtszeitbeschränkung nicht mehr antrat. Die SVP schickte 55 Frauen und 189 Männer ins Rennen und weitete ihre Kampagne erstmals auch auf Telefonanrufe aus.
Mit dem Motto «Zukunft statt Abbau» stieg die SP in den kantonalen Wahlkampf. Man wolle sich gegen die Sparmassnahmen wehren, gab Parteipräsidentin Ursula Marti (BE, sp) zu Protokoll. Mit einem angestrebten Wähleranteil von 22 Prozent wollte die SP zwei bis vier Sitze zu den bestehenden 33 hinzugewinnen. Dies sollte mit einem Wahlkampfbudget von CHF 350'000 und der erprobten Telefonkampagne erreicht werden, mit der Unentschlossene mobilisiert werden sollten. Die SP ging in den meisten Wahlkreisen Listenverbindungen mit den Grünen ein.
Die FDP (2014: 17 Sitze) verband ihre Liste in sechs Wahlkreisen mit derjenigen der SVP. Diese Listenverbindungen und der positive Trend, der sich in den letzten Jahren bei mehreren kantonalen Wahlen für die FDP gezeigt hatte, liessen die Freisinnigen auf erfolgreiche Wahlen hoffen.
Für die Grünen bzw. die Grüne Freie Liste und das Grüne Bündnis, die für die kantonalen Wahlen unter dem Namen «Grüne» gemeinsam auftraten, trat unter anderem Aline Trede (BE, gp) an, die bei den eidgenössischen Wahlen 2015 aus dem Nationalrat ausgeschieden war. In der Presse wurde spekuliert, ob die ehemalige Nationalrätin allenfalls nicht ins kantonale, sondern wieder ins nationale Parlament wechseln könnte: Wenn die amtierende Nationalrätin Christine Häsler (gp. BE) in den Regierungsrat gewählt würde, würde Trede ins nationale Parlament nachrutschen. Ziel der Grünen war der Gewinn von zwei Sitzen (bisher: 15 Sitze).
Die BDP (2014: 14 Sitze) wollte es bei diesen Wahlen besser machen als vor 4 Jahren, als sie nicht weniger als elf Sitze verloren hatte. Da die Verluste 2014 zum Teil auf fehlende Listenverbindungen zurückgeführt worden waren, versuchte die Partei 2018 ihre Listen in allen Wahlkreisen zu verbinden. Dies gelang ihr ausser im Emmental und im Oberaargau auch; in den meisten Wahlkreisen mit den Mitteparteien (GLP, EVP, CVP) und/oder der FDP (in Thun und Biel-Seeland), im Wahlkreis Mittelland-Nord allerdings nur mit der Piratenpartei. Im Berner Jura trat sie nicht an. In den Medien war man sich einig, dass diese Berner Wahlen zehn Jahr nach ihrer Gründung einen Stresstest für die BDP darstellten und die Partei auf Schadensbegrenzung hoffen müsse.
Die EVP, die im Kanton Bern mit 12 Sitzen im Grossen Rat schweizweit am stärksten vertreten ist, wollte an ihre Erfolge von 2006 anknüpfen und wieder 7 Prozent der Wählerinnen und Wähler hinter sich scharen. Damit könnte sie einen Sitz zulegen. Insbesondere in den Regionen Thun und Langenthal erhoffte man sich einen Zuwachs.
Die GLP (2014: 11 Sitze) korrigierte ihr Ziel für die Grossratswahlen Anfang Februar nach oben. Aufgrund der grossen Nachfrage nach Listenplätzen, aber auch wegen der positiven nationalen Trends sei in der Partei eine Aufbruchstimmung zu spüren, die nicht nur zu einem, sondern zu zwei zusätzlichen Sitzen verhelfen solle, gaben die Grünliberalen bekannt.
Für die EDU (5 Sitze), die PSA (3 Sitze) und die Grün alternative Partei (GaP; 1 Sitz), die ehemalige Grüne Partei Bern - Demokratische Alternative (GPB-DA), ging es vor allem um Besitzstandswahrung. Zudem traten zahlreiche weitere, im Grossrat aktuell nicht vertretene Parteien mit eigenen Listen an, darunter auch die im Kanton Bern seit der Loslösung des Kantons Jura und des Laufenthals praktisch unbedeutende CVP, die seit 2014 auch kein Grossratsmandat mehr hatte. Ein in den Medien beachtetes Comeback gab zudem Jürg Scherrer (BE, fps): Der ehemalige Nationalrat und Gemeinderat von Biel und letzter gewählter Vertreter der Autopartei kandidierte auf der «Freien Liste» im Wahlkreis Biel-Seeland. Auch die Pnos, die insbesondere im Oberaargau über einige Mitglieder verfügt, trat zu den Wahlen an. Zu reden gab allerdings vor allem ein SVP-Kandidat mit Pnos-Vergangenheit. Schliesslich trat die Bieler Bürgerbewegung «Passerelle» mit der Liste «loswahl.ch» an. Auf dieser Liste figurierte mit Ruth Tennenbaum (BE, parteilos) eine Kandidatin, die im Falle ihrer Wahl sofort zugunsten einer aus einem Topf von Freiwilligen auszulosenden Person zurücktreten würde. Die Diskussionen um ein Losverfahren in der Demokratie erhielten damit eine zumindest kantonale mediale Plattform. Mit von der Partie waren zudem die Piraten, die Schweizer Demokraten, die PdA und die Alternative Linke Bern (AL).

Die Berner Wahlen gelten eineinhalb Jahre vor den eidgenössischen Wahlen vielen Medien als Gradmesser für die Form der Parteien, so dass den Resultaten der Wahl viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Dabei interessierte insbesondere das Abschneiden der BDP, die mit Beatrice Simon (BE, bdp) bei den Regierungswahlen das beste Resultat einfahren konnte und im Parlament lediglich einen ihrer 14 Sitze (neu: 13 Sitze; 9.0%; 2014: 11.2%) abgeben musste. In den Medien wurde kommentiert, dass die BDP damit ihren Testlauf für die nationalen Wahlen knapp bestanden habe. Insgesamt kam es zu Verschiebungen in den Lagern. Die drei Sitzgewinne der FDP (neu: 20 Sitze; 11.6%; 2014: 10.7%) gingen wohl auch auf Kosten der SVP, die allerdings mit 46 Sitzen und einem Anteil an Wählern und Wählerinnen von 26.8 Prozent (2014: 29.0%) deutlich die stärkste Partei blieb. Da die Bürgerlichen damit insgesamt einen Sitz verloren – die GLP konnte ihre 11 Sitze (6.9%; 2014: 6.7%) und die EDU ihre 5 Sitze halten (3.6%; 2014: 4.1%) – sprachen einige Medien von einem leichten Linksrutsch. In der Tat konnte die SP gleich um 5 Sitze (neu: 38 Sitze) und um mehr als 3 Prozentpunkte zulegen (22.2%; 2014: 19.1%). Diese Gewinne gingen teilweise auf Kosten der Grünen (neu: 14 Sitze; 9.9%; 2014: 9.8%) und der PSA (neu: 2 Sitze; 0.7%; 2014: 0.7%), die je einen Sitz verloren, aber wohl auch auf Kosten der EVP (neu: 10 Sitze; 6.2%; 2014: 6.4%), die zwei Sitze einbüsste. Zu einer Verschiebung kam es auch im extrem-linken Parteienspektrum: Die GaP (0.3%; 2014: 0.3%) wurde von der AL (0.5%; 2014: 0.4%) im Wahlkreis Bern überholt und musste ihren einzigen Sitz zugunsten eben dieser Alternativen Linken räumen. Die restlichen Parteien gingen leer aus; darunter auch die CVP, bei der sich einige Berner Medien fragten, ob sie bei den Wahlen 2018 vielleicht zum letzten Mal angetreten sei. Insgesamt blieb das Parlament damit deutlich bürgerlich geprägt. SVP, FDP, BDP und EDU hielten 84 von 160 Sitzen, die Mitte aus EVP und GLP hatte noch 21 Mandate inne und Links-Grün kam auf 55 Sitze.
Einige mediale Aufmerksamkeit erhielt schliesslich auch Erich Hess (BE, svp), der mit seiner Wahl in den Grossrat nun in den drei Legislativen aller föderalen Stufen sitzt. Hess war von 2005 bis 2010 und seit 2013 bereits Berner Stadtrat und seit 2015 Nationalrat. Als enttäuschend wurde die Wahlbeteiligung gewertet. Nur 2002 nahmen noch weniger als die aktuellen 30.5 Prozent der Bernerinnen und Berner ihr Wahlrecht wahr. Die Wahlbeteiligung wurde sowohl für die Verluste der SVP als auch für die Gewinne der SP verantwortlich gemacht. Es sei vor allem eine Frage der Mobilisierung gewesen, kommentierte etwa SVP-Kantonalpräsident Werner Salzmann das schlechte Abschneiden seiner Partei. Der Frauenanteil im Grossen Rat betrug neu 35.6 Prozent (2014: 31.9%). Von den 33 neu gewählten Parlamentsmitgliedern waren 17 Frauen.

Wahlen in den Berner Grossrat 2018
Dossier: Kantonale Wahlen - Bern
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2018