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Akteure

  • Rime, Jean-François (svp/udc, FR) NR/CN
  • Schmid, Kurt
  • de Buman, Dominique (cvp/pdc, FR) NR/CN

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Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass auch der Parlamentsbetrieb mit verschiedenen Ratings und Rankings vermessen werden kann, welche die Arbeit, den Einfluss oder die ideologische Positionierung der Parlamentsmitglieder zu bestimmen versuchen. Der Versuch, anschauliche Ranglisten zu erstellen und so auch durch Personalisierung die Komplexität von Politik zu reduzieren, dient vor allem den Medien, die sich auch 2019 den verschiedenen Analysen widmeten.

Den Beginn machte Anfang Juli eine neue Plattform namens «politik.ch» mit einer Auswertung der Präsenz während der ganzen bisherigen 50. Legislatur. «Präsenz» wurde dabei mit der Teilnahme an den total 4'076 Abstimmungen, die im Nationalrat bis zur vorletzten Session durchgeführt wurden, gemessen. Zum «Absenzenkönig von Bern» – so die Aargauer Zeitung, die über die Studie berichtete – wurde Roger Köppel (svp, ZH) gekürt. Er habe 22.4 Prozent aller Abstimmungen «geschwänzt», gefolgt von Martin Bäumle (glp, ZH; 21.9%) und Hans Grunder (bdp, BE; 21.7%). Frauen stimmten tendenziell disziplinierter ab, schloss die Zeitung, weil sich am anderen Ende der Skala Andrea Geissbühler (svp, BE), Barbara Keller-Inhelder (svp, SG) und Sandra Sollberger (svp, BL) fanden, die alle weniger als sechs der über 4'000 Abstimmungen verpasst hatten. Die Aargauer Zeitung liess die Protagonisten zu Wort kommen. Bei wichtigen Abstimmungen sei er vor Ort, nicht aber, wenn «das ausufernde Berufsparlament mit sich selbst beschäftigt» sei, verteidigte sich Roger Köppel. «Das Volk» habe sie ins Parlament gewählt und erwarte, dass sie an den Abstimmungen teilnehme, befand hingegen Andrea Geissbühler. Im Schnitt hatten die Nationalrätinnen und Nationalräte drei Prozent der Abstimmungen verpasst. Im Tages-Anzeiger wurde daran erinnert, dass «immer brav auf dem ehrwürdigen Nationalratssessel zu sitzen» nicht mit politischem Einfluss gleichzusetzen sei. Die wichtigsten Entscheidungen fielen nicht im Ratssaal, sondern «in den Kommissionen, in den Hinterzimmern des Bundeshauses und den Salons des Bellevue-Hotels».

Einen Versuch, diese Art von Einfluss zu messen, unternahm die Sonntagszeitung mit ihrem alle zwei Jahre publizierten «Parlamentarier-Rating». Hier erhält Punkte, wer viele Reden hält, in wichtigen Kommissionen sitzt und erfolgreich Vorstösse einreicht; wer innerhalb der eigenen Partei wichtige Funktionen innehat, einer starken Fraktion angehört, hohe Medienpräsenz hat und ausserhalb des Parlaments gut vernetzt ist. Wie schon zwei Jahre zuvor wies die Zeitung SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) als «mächtigsten» Parlamentarier aus, gefolgt von Pirmin Bischof (cvp, SO) und Thomas Aeschi (svp, ZG). Levrat sei «immer dabei, wenn es in der Schweizer Politik etwas anzuschieben oder zu blockieren» gelte. Allerdings falle die SP-interne grosse Lücke hinter Levrat auf. In den Top Ten gebe es kein weiteres SP-Mitglied, was darauf hindeute, dass die parteiinterne Erneuerung wohl noch nicht geschafft sei. Ausgerechnet bei den Frauen schneide die SP schlecht ab. Unter den 15 höchst bewerteten Frauen – diese Liste wurde von Tiana Angelina Moser (glp, ZH; total Rang 6) und Lisa Mazzone (gp, GE; Rang 13) angeführt – fänden sich lediglich zwei Genossinen: Maria Carobbio Guscetti (sp, TI; Rang 23) und Barbara Gysi (sp, SG; Rang 34). Für das Rating berücksichtigt wurden nur jene Parlamentsmitglieder, die seit Beginn der Legislatur in den Räten gesessen hatten und bei den eidgenössischen Wahlen 2019 wieder antreten wollten. Entsprechend war der 173. Rang auch der letzte. Dort befand sich Bruno Walliser (svp, ZH). Indem die Sonntagszeitung die Rangierung hinsichtlich Medienpräsenz mit der Gesamtrangierung verglich, machte sie auch «die grössten Blender» aus. Die drei Zürcher Abgeordneten Claudio Zanetti (svp), Roger Köppel (svp) und Regine Sauter (fdp) seien zwar «Lieblinge der Medien», spielten im Parlament aber «eine bescheidene Rolle».

Auf der Basis der Abstimmungen im Nationalrat berechnete die Sonntagszeitung in einer weiteren Analyse, wie häufig alle Volksvertreterinnen und -vertreter bei Gesamtabstimmungen in der 50. Legislatur zur Mehrheit gehört hatten. Wenig überraschend fanden sich auf den vorderen Rängen – die Sonntagszeitung nannte sie «die Erfolgreichsten» – Mitglieder der CVP- und der BDP-Fraktion, die jeweils mit links oder rechts oder innerhalb einer grossen Koalition Mehrheiten schaffen. Angeführt wurde die Liste von Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL), die bei 98.5 Prozent aller Gesamtabstimmungen gleich wie die Mehrheit gestimmt hatte, was ihr in der Weltwoche den Titel «[d]ie mit dem Strom schwimmt» einbrachte. Auf Platz zwei und drei folgten Viola Amherd (cvp, VS; 98.3%) und Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS; 98.2%). Bei den 68 «Erfolglosesten» handelte es sich durchgängig um SVP-Fraktionsmitglieder, angeführt von Erich Hess (svp, BE; 46.8%), Toni Brunner (svp, SG; 48.8)%) und Pirmin Schwander (svp, SZ; 49.8%).

Mitte Oktober warteten dann schliesslich die NZZ und Le Temps mit ihrem alljährlich erscheinenden «Parlamentarier-Rating» auf. Erneut wiesen die auf der Basis des Abstimmungsverhaltens vorgenommenen Positionierungen der Parlamentsmitglieder auf einer Skala von -10 (ganz links) bis +10 (ganz rechts) auf eine zunehmende Homogenisierung innerhalb der Parteien hin. Insbesondere an den Polen habe die Fraktionsdisziplin ein noch nie gekanntes Ausmass erreicht, so die NZZ. So hätten sich die Mitglieder der SP-Fraktion vor den Wahlen 2015 auf einer Skalen-Spannweite von 3.4 Punkten verteilt, im aktuellen Rating betrage dieser Wert lediglich noch 1.2 Punkte. Die Extrempositionen in der SP besetzten im aktuellen Rating Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) und Adrian Wüthrich (sp, BE; -8.8). Eine im Vergleich zu 2015 wesentlich grössere Fraktionsdisziplin wiesen bei dieser Berechnung auch die Grünen auf. Lagen das am meisten linke und am meisten rechte grüne Fraktionsmitglied 2015 noch um 2.7 Skalenpunkte auseinander, trennten Maya Graf (gp, BL; -9.2) und die drei ganz am linken Rand politisierenden Michael Töngi (gp, LU; -10.0), Irène Kälin (gp, AG; -10.0) und Regula Rytz (gp, BE; -10.0) im Jahr 2019 lediglich noch 0.8 Skalenpunkte. Damit waren die Grünen im Durchschnitt erstmals seit 2011 wieder weiter links positioniert als die SP: «Les Verts n'ont jamais été aussi à gauche», war dies Le Temps gar die Überschrift der Analyse wert. Am anderen Ende der Skala, bei der SVP, verringerte sich der Wert der Spannweite von 3.7 auf 1.2 Punkte – ohne Berücksichtigung von Roberta Pantani (lega, TI), die zwar der SVP-Fraktion angehört, aber die Lega vertritt und mit einem Wert von 8.2 die am weitesten «linke» Position in der SVP-Fraktion im Nationalrat vertrat. Gleich drei SVP-Nationalräte politisierten ganz rechts aussen und wiesen einen Skalenwert von 10.0 aus: Toni Brunner, Luzi Stamm (svp, AG) und Adrian Amstutz (svp, BE). Jean-Pierre Grin (svp, VD) fand sich bei Position 8.8 und war damit das am weitesten links positionierte Mitglied der SVP im Nationalrat. Selbst bei der CVP war eine Disziplinierung festzustellen: Es zeigte sich im Vergleich zu 2015 ein Rückgang der Spannweite von 3.6 auf 2.6 Punkte, wobei die Fraktion im Vergleich zum Vorjahr zahlreiche Mitglieder leicht rechts von der Mitte aufwies und sich von -1.0 (Dominique de Buman; cvp, FR) bis 1.6 (Philipp-Matthias Bregy; cvp, VS) erstreckte. Die der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder waren wesentlich weiter links als ihre Fraktion: Niklaus Gugger (ZH) wurde auf der Skala bei -4.2 und Marianne Streiff-Feller (BE) bei -4.3 eingestuft. Die restlichen drei Fraktionen hingegen waren im Vergleich zu 2015 heterogener geworden. Bei der FDP war die Zunahme von 2.5 auf 2.6 Skalenpunkte freilich minim. Die Fraktionsgrenzen wurden bei den Freisinnigen von Walter Müller (fdp, SG; 4.5) und Christa Markwalder (fdp, BE; 1.9) eingenommen. Grössere Sprünge machten die BDP und die GLP. Während sich bei der BDP die Spannweite im Vergleich zu 2015 von 1.2 auf 2.0 fast verdoppelte – wie schon 2015 deckte Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; -1.7) die linke Flanke ab, während sich Hans Grunder (bdp, BE; 0.3) am rechten Rand der BDP positionierte – wuchs die Heterogenität innerhalb der traditionell eigentlich sehr homogenen GLP von 0.5 auf 2.7 Skalenpunkte an. Hauptgrund dafür war Daniel Frei (glp, ZH), der von der SP in die GLP gewechselt hatte und mit seiner Position von -5.7 zwar weit weg vom rechten Rand der SP (-8.8), aber auch weit weg vom linken Rand der bisherigen GLP-Mitglieder war. Dieser wurde von Kathrin Bertschy (glp, BE; -3.5) eingenommen, die in der Tat lediglich 0.5 Skalenpunkte von Martin Bäumle (-3.0), also dem rechten GLP-Rand, positioniert war. Die politische Landschaft verarme, schloss die NZZ aus diesen Zahlen. Vor allem zwischen den Mitte- und den Polparteien klaffe eine Lücke. Dort hätten früher moderate SVP- und SP-Vertreter als Brückenbauer gewirkt. Schuld für die zunehmende Fraktionsdisziplin seien aber nicht nur die Parteizentralen, sondern auch die wachsende Zahl an zu behandelnden Geschäften, bei denen Parlamentsmitglieder keine fundierte eigene Meinung mehr bilden könnten und deshalb gemäss der Empfehlung der Parteileitung stimmten.
Die zahlreichen auf die neue Legislatur 2019 bis 2023 hin angekündigten Rücktritte im Ständerat veranlasste die Verfasser des Ratings zur Spekulation eines Rechtsrutschs der kleinen Kammer nach den Wahlen 2019. Die politische Mitte des Ständerats befinde sich bei Pirmin Bischof, also bei -2.8. Da elf zurücktretende Kantonsvertreterinnen und -vertreter links und lediglich sieben rechts von Bischof seien und alle zurücktretenden im Schnitt deutlich linker (-5.3) positioniert seien als die wieder antretenden (-2.3), stellten die Ständeratswahlen vor allem für Mitte-Links eine Herausforderung dar, so die NZZ. Eindrücklich liess sich dies anhand von Raphaël Comte (fdp, NE) nachzeichnen. Der Neuenburger Freisinnige positionierte sich mit -5.7 näher bei Daniel Jositsch (sp, ZH), der mit -6.8 den rechten Rand der SP in der kleinen Kammer besetzte, als bei seinem am weitesten rechts positionierten Fraktionskollegen Philipp Müller (fdp, AG; 4.5) und dem Schnitt der FDP (2.3). Da Comte nicht mehr antrete, sei wohl auch in der FDP mit einem Rechtsrutsch in der kleinen Kammer zu rechnen.

Nationalratsrating

Nachdem in der Presse und innerhalb des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV) erst darüber gemutmasst worden war, ob Verbandspräsident Jean-François Rime (svp, FR) im Frühling 2020 nochmals für das höchste Amt im Verband kandidieren würde, obwohl er damit gegen dessen Amtszeitbeschränkung verstossen hätte, war nach der Nicht-Wiederwahl Rimes bei den Nationalratswahlen im Herbst 2019 schnell klar, dass er als Konsequenz auch vom SGV-Präsidium zurücktreten wird. Wie die NZZ danach resümierte, seien die eidgenössischen Wahlen für den Verband ein Debakel gewesen und auch der Tages-Anzeiger hielt fest, der SGV stehe vor einem Scherbehaufen – denn nicht nur Verbandspräsident Rime, auch Verbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) sowie Vorstandsmitglied Hansjörg Brunner (fdp, TG) wurden nicht nochmals in den Nationalrat gewählt. Die Wiederwahl in die grosse Kammer schaffte einzig die Vizepräsidentin des Verbands, Daniela Schneeberger (fdp, BL).
Mehrere Kandidierende brachten sich sodann in Position, um das frei werdende Amt zu beanspruchen: Wie die Presse im Dezember 2019 berichtete, wollten sowohl Diana Gutjahr (svp, TG) als auch Fabio Regazzi (cvp, TI) im April 2020 für das Verbandspräsidium kandidieren. Mit Gutjahr könnte erstmals eine Frau, mit Regazzi erstmals ein Tessiner diese Position beim SGV einnehmen.

Regazzi wird neuer SGV-Präsident

Im Kanton Zürich kandidierten bei den Nationalratswahlen 2019 insgesamt 966 Personen auf 32 Listen. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden betrug 43 Prozent. Während die Anzahl Listen gegenüber 2015 leicht zurückging, bedeuteten die Zahl der Kandidierenden und der Frauenanteil neue Höchstwerte. Zu vergeben waren im bevölkerungsreichsten Kanton der Schweiz weiterhin 35 Sitze.

Bei den Wahlen vor vier Jahren hatte sich entgegen dem nationalen Trend die SP als Siegerin feiern lassen können. Sie hatte damals zwei zusätzliche Sitze gewonnen. Auch die SVP und die FDP hatten zulegen können. Die Verteilung der 35 Zürcher Nationalratssitze lautete seither: 12 SVP, 9 SP, 5 FDP, 3 GLP, 2 GPS, 2 CVP, 1 BDP, 1 EVP. Die Ergebnisse der Kantonsratswahlen im März 2019 deuteten darauf hin, dass es für die SVP schwierig werden könnte, bei den nationalen Wahlen im Oktober ihre zwölf Sitze zu halten. Nach der veritablen Wahlschlappe bei den kantonalen Wahlen war auf Druck von Parteidoyen Christoph Blocher fast die gesamte Parteileitung zurückgetreten. So stieg die SVP mit einem jungen Interimspräsidenten, Patrick Walder, in den Wahlkampf. Die Partei hatte zudem zwei Rücktritte zu verkraften – Jürg Stahl und Hans Egloff verzichteten auf einen erneute Legislatur. Dafür gab bei der Volkspartei der 2015 nicht wiedergewählte Christoph Mörgeli sein Comeback als Nationalratskandidat. Die SVP verband dieses Jahr ihre Listen einzig mit der EDU. Die Gewinner bei den Kantonsratswahlen waren die Grünliberalen und die Grünen gewesen. Die guten Resultate und das aktuell heisseste Thema – die Klimapolitik – machten beiden Parteien Hoffnung auf Sitzgewinne auch bei den nationalen Wahlen. Die beiden Zugpferde der Zürcher Grünen – der Fraktionspräsident Balthasar Glättli und der ehemalige Vizepräsident der Grünen Schweiz Bastien Girod – reihten sich auf der Hauptliste nur auf den Plätzen drei und vier ein. Angeführt wurde die Liste von zwei Frauen – der ehemaligen Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber sowie Parteipräsidentin Marionna Schlatter-Schmid. Auf der Liste vertreten war ursprünglich auch das bekannte Model Tamy Glauser. Allerdings zog Glauser ihre Kandidatur zurück, nachdem sie mit einer «sehr unbedarften Aussage» über die angeblich heilende Wirkung von Veganer-Blut auf einer Online-Plattform heftige Reaktionen ausgelöst hatte. Die andere Partei der Stunde, die Grünliberalen, hatten auf das Wahljahr hin ihre Parteispitze ausgewechselt. Das junge Duo Nicola Forster und Corina Gredig bildeten neu ein Co-Präsidium. Dank diesem frischen Wind und einer Listenverbindung mit der CVP, der BDP und der EVP erhoffte sich die GLP, die angestrebten Sitzgewinne zu realisieren. Eine gänzlich andere Stimmung herrschte derweil bei den Sozialdemokraten. Am meisten Schlagzeilen generierte die SP im Wahljahr durch das parteiinterne Seilziehen über die künftige politische Ausrichtung der Partei. Anhänger des sozialliberalen Flügels fühlten sich dabei zunehmend marginalisiert. Der Konflikt führte schliesslich dazu, dass zuerst die ehemalige Nationalrätin Chantal Galladé und danach der amtierende Nationalrat und ehemalige Parteipräsident Daniel Frei aus der Partei austraten und zur GLP wechselten. In Freis Fall geschah dies, nachdem die SP ihn bereits auf ihre Nationalratsliste gesetzt hatte. Frei verzichtete letztlich ganz auf eine Teilnahme an den Nationalratswahlen. Neben Verlusten von Parteiangehörigen und Wählerinnen und Wählern an die GLP befürchteten die Genossen zusätzlich, dass linke Wechselwähler bei der «Klimawahl» eher die Listenpartnerin, die Grünen, wählen würden und die SP so Sitze verlieren könnte. Auch im Lager der Christdemokraten kam es zu einem Wirbel um eine Personalie. Kathy Riklin (CVP) wurde nach zwanzig Jahren als Nationalrätin von ihrer Partei nicht mehr nominiert. Stattdessen kandidierte Riklin für die Christlichsoziale Vereinigung – mit geringen Chancen auf eine Wiederwahl. Bei der FDP kandidierte der aufstrebende Jungpolitiker und ehemalige Präsident der Jungfreisinnigen, Andri Silberschmidt. Da sämtliche fünf bisherigen Freisinnigen erneut zur Wahl antraten, erklärte die FDP offiziell den Gewinn eines Sitzes zum Ziel. Trotz dieses hochgesteckten Ziels ging die FDP keine Listenverbindung mit anderen Parteien ein. Die Zürcher EVP ist seit 100 Jahren fast ausnahmslos im Nationalrat vertreten, da sie auf eine treue Wählerschaft zählen kann. Ihr Sitz schien daher auch dieses Jahr nicht in Gefahr. Ganz anders sah die Ausgangslage bei der anderen Partei aus, welche 2015 einen Sitz geholt hatte: Bei der BDP ging es ums politische Überleben, nachdem die Partei im März bei den kantonalen Wahlen alle ihre fünf Sitze im Kantonsparlament verloren hatte.

Am Wahlsonntag dominierte die Farbe Grün. Sowohl die Grünen (+7.2 Prozentpunkte, neu 14.1%) als auch die Grünliberalen (+5.8 Prozentpunkte, neu 14.0%) konnten ihre Wähleranteile deutlich ausbauen und gewannen je drei zusätzliche Sitze. Für die Grünen zog neben den beiden Bisherigen und den Spitzenkandidatinnen Schlatter-Schmid und Perlicz-Huber auch noch Meret Schneider in die Grosse Kammer ein. Bei den Grünliberalen gab es nach dem Rücktritt von Thomas Weibel sogar Platz für vier neue Gesichter. Corina Gredig, Jörg Mäder, Judith Bellaïche und Barbara Schaffner vertreten neu den Kanton Zürich in Bundesbern. Co-Präsident Nicola Forster verpasste den Einzug ins Parlament nur knapp. Auf der Verliererseite befanden sich die SVP und die SP, welche je zwei Sitze abgeben mussten. Am meisten Wähleranteile verlor die SP (-4.1 Prozentpunkte, neu 17.3%). Trotzdem schaffte eine neue Sozialdemokratin den Sprung in den Nationalrat, denn Céline Widmer setzte sich gleich vor zwei bisherige Nationalräte – Martin Naef und Thomas Hardegger –, die beide die Wiederwahl verpassten. Die SVP verlor beinahe so viele Wählerprozente (-4.0 Prozentpunkte, neu 26.7%) wie die SP. Während Martin Haab, der erst im Juni für Jürg Stahl nachgerutscht war, sein Mandat verteidigen konnte, verpasste Claudio Zanetti nach nur einer Legislatur im Nationalrat seine Wiederwahl. Auch Christoph Mörgeli verpasste seinen Wiedereinzug in die Grosse Kammer. Ebenfalls zu den Verlierern des Tages gehörten die CVP und die BDP. Die CVP konnte ihren Wähleranteil zwar leicht ausbauen (+0.2 Prozentpunkte, neu 4.4%), verlor aber trotzdem einen ihrer beiden Sitze. Für die BDP verkam die Wahl zu einem veritablen Desaster. Sie verlor über die Hälfte ihres Wähleranteils (neu 1.6%) und mit der Nicht-Wiederwahl von Rosmarie Quadranti war die BDP Zürich ab sofort nicht mehr im Nationalrat vertreten. Die FDP verlor zwar 1.6 Prozentpunkte ihres Wähleranteils (neu 13.7%) und war damit neu nur noch die fünftstärkste Kraft im Kanton, doch immerhin konnte sie ihre fünf Sitze verteidigen. Andri Silberschmidt schaffte den Einzug ins Parlament und verdrängte damit den Direktor des SGV Hans-Ulrich Bigler – eine herbe Niederlage für den Gewerbeverband, da neben Bigler auch Verbandspräsident Jean-François Rime (svp, FR) abgewählt wurde. Die EVP (+0.2 Prozentpunkte, neu 3.3%) verteidigte den Sitz von Niklaus Gugger problemlos. Das beste Resultat aller Kandidierenden erzielte Roger Köppel (svp) mit 121'098 Stimmen. Die Zusammensetzung der Zürcher Nationalratsdelegation lautete damit neu: 10 SVP, 7 SP, 6 GLP, 5 GP, 5 FDP, 1 CVP, 1 EVP. Der Frauenanteil unter den Gewählten betrug neu 45.7 Prozent. Die Stimmbeteiligung fiel gegenüber 2015 um 2.8 Prozentpunkte (2019: 44.4%).

Nationalratswahlen 2019 – Zürich
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

À l'occasion des élections fédérales d'octobre 2019 dans le canton de Fribourg, Dominique de Buman (pdc) était le seul élu de la délégation au Conseil national qui ne briguait pas un nouveau mandat. Pressenti comme favori pour lui succéder, Eric Collomb (pdc), premier des viennent-ensuite sur la liste du PDC en 2011 et en 2015, a finalement renoncé à se porter candidat. Il espérait que de Buman se retire de la chambre basse avant la fin de la législature, ce qui lui aurait permis de faire campagne en tant que sortant, «gage d'un gain de plusieurs milliers de suffrages» selon la Liberté. Un retrait anticipé était cependant hors de question pour l'ancien président du Conseil national. Pour accompagner la sortante Christine Bulliard-Marbach (pdc), les démocrates-chrétiens ont finalement présenté 6 candidates et candidats.
Au total, ce sont 154 candidates et candidats qui se trouvaient sur la ligne de départ, parmi lesquel.le.s 40 pour cent étaient des femmes (61, contre 93 hommes). Quatre listes ne comportaient cependant aucune femme, dont celle de l'UDC. Le parti agrarien a pourtant certifié avoir fait de son mieux, en proposant à plusieurs candidates potentielles de figurer sur la liste et de soutenir leur candidature. Les personnes contactées auraient cependant toutes refusé pour diverses raisons, et le parti ne voulait pas proposer de «candidature alibi car une campagne exige un fort engagement», a expliqué le vice-président de la section cantonale au journal «la Liberté». Parmi les sept candidats UDC se trouvaient notamment les deux sortants Jean-François Rime (udc), «dinosaure du parlement» selon le journal Le Temps, et Pierre-André Page (udc). Valérie Piller Carrard (ps), Ursula Schneider Schüttel (ps) et Jacques Bourgeois (plr) figuraient également sur les listes de leurs partis respectifs pour garder leur place dans la Berne fédérale. Le parti socialiste a de son côté présenté deux listes plutôt originales: l'une, dite «internationale», était constituée de Fribourgeois.e.s résidant à l’étranger, alors que l'autre, la liste «intégration», comportait des candidat.e.s issu.e.s de la section PS Migrant-e-s fribourgeois, tous et toutes d'origine étrangère. Plusieurs petits partis ont également lancé des listes, sans grand espoir cependant de décrocher un siège, à l'image du PBD, qui avait récolté moins d'un pour cent des suffrages lors des dernières élections fédérales.
L'analyse des données récoltées par la plateforme Smartvote grâce au questionnaire soumis aux candidat.e.s a permis à la Liberté de dégager les grandes tendances en comparant notamment les résultats de 2015 avec ceux de 2019. Première constatation: les candidat.e.s se montraient plus favorables aux mesures de protection du climat qu'en 2015; une évolution en lien avec les grèves du climat et les nombreuses discussions à ce sujet dans les mois précédant les élections. D'autres questions de société ont témoigné d'une évolution: à l'exception de l'UDC, tous les partis étaient favorables à l'octroi aux couples de même sexe de droits identiques à ceux des hétérosexuels, alors qu'en 2015, seuls les Vert.e.s, les Vert'libéraux et le parti socialiste étaient en faveur de l'adoption pour les couples homosexuels sous le régime du partenariat enregistré.
Au cours de la campagne, l’affichage sauvage a fait parler dans la presse, où l'on déplorait que certain.e.s candidat.e.s se soient affiché.e.s un peu partout, faisant fi de la législation sur la publicité électorale, interdite à certains endroits, notamment par égard à la sécurité routière.
La Liberté a profité des élections pour dresser un bilan de l'action de la délégation fribourgeoise dans l'arène politique fédérale. La «Dream Team» s'est considérablement affaiblie ces dernières années, avec les départs d'Urs Schwaller (pdc), d'Alain Berset (ps), élu au Conseil fédéral en 2011 ou encore de Thérèse Meyer-Kaelin (pdc). Cependant, avec Bourgeois, directeur de l'USP, Rime, président de l'USAM, de Buman et Christian Levrat, président du PS et candidat à sa réélection au Conseil des États, il restait du beau monde pour défendre les intérêts du canton, malgré quelques déconvenues, telles que la fin de mandat pour Billag, entraînant la perte de 240 emplois, ou la perte d'un mandat de quatre millions sur quatre ans pour l'Institut du fédéralisme. En outre, le quotidien fribourgeois se faisait du souci quant à la relève, déplorant, dans une métaphore cycliste, que les autres parlementaires soient, à divers degrés, «noyés au sein du peloton», et ne voyant pas «se pointer», à l'heure actuelle, des politiciennes et politiciens «d'un niveau comparable» à leurs prédécesseur.e.s.

Le 20 octobre, l'élection a débouché sur une surprise retentissante, avec l'échec de Jean-François Rime, qui siégeait sous la coupole fédérale depuis 2003. Pourtant, l'UDC a terminé en tête des suffrages devant le PS, le PLR et le PDC, mais les spécificités du système proportionnel ne lui ont permis de ne s'assurer qu'un seul siège, qui est revenu à Pierre-André Page, le mieux élu avec 20'924 voix. De multiples apparentements – avec quatre listes jeunes, les Vert'libéraux, le PBD et le PEV – ont permis au PDC de conserver ses deux sièges. Christine Bulliard-Marbach (20'400 voix) a été réélue et Marie-France Roth Pasquier (12'344 voix) a pris la place de Dominique de Buman au nez et à la barbe de Bruno Boschung (11'034 voix), pourtant désigné comme favori dans la presse. Le singinois a probablement fait les frais de la surreprésentation germanophone dans son parti, dans un canton à majorité francophone. La vague verte n'a pas épargné le canton de Fribourg: Gerhard Andrey (14'417 voix) a décroché un mandat, permettant ainsi aux verts fribourgeois de faire pour la première fois leur entrée sous la coupole. Avec ce succès, la gauche fribourgeoise a récupéré son troisième siège perdu en 2015, lorsque Ursula Schneider Schüttel avait échoué à défendre le siège socialiste face à Page. Cette dernière avait cependant fait son retour à Berne en tant que première viennent-ensuite de la liste socialiste après l'élection de Jean-François Steiert au Conseil d'État fribourgeois. Elle a cette fois-ci été réélue avec 17'929 voix, tout comme sa colistière Valérie Piller Carrard (20'068 voix). Quant au PLR Jacques Bourgeois, il a conservé son siège en récoltant 19'838 suffrages.
La participation a été de 43.02 pour cent. Corollaire de ces résultats, la délégation fribourgeoise au Conseil national comptera donc une majorité de femmes – 4 sur 7 – pour la nouvelle législature, ce qui est également une première pour le canton et constitue, confiait au journal Le Temps le géographe et écologiste Laurent Bronchi, une nouvelle évidence que Fribourg «n’en finit plus de s’ouvrir et de se rurbaniser, un néologisme qui décrit la diffusion des modes de vie urbains dans les campagnes».

Election Conseil national 2019 – Fribourg
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Kurz nachdem das Referendum gegen die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie offiziell zustande gekommen war, gab die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) – wohl nicht vollends beabsichtigt – sowohl für die Gegner- als auch für die Befürworterseite den Startschuss zum Abstimmungskampf. An der Präsidentenkonferenz Ende Januar 2019 sprachen sich über dreissig anwesende Sektionen einstimmig gegen die Verschärfung des Waffenrechts aus und bewilligten darüber hinaus einen finanziellen Beitrag an das Referendumskomitee. Darin Einsitz nehmen wollte die SOG jedoch nicht, wie im entsprechenden Positionspapier zu lesen war, in dem sie ihre Nein-Position damit begründete, dass die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie das «liberale, dem Milizwesen verpflichtete Schweizer Waffenrecht» unnötig einschränke. Die Verschärfung treffe nicht den gefährlichen Handel mit illegalen Waffen, sondern die legalen Waffenbesitzerinnen und -besitzer und sei daher «keine nachhaltige Massnahme gegen die terroristische Bedrohung in der Schweiz». Die NZZ bezeichnete den Positionsbezug der SOG als wichtigen Erfolg für die Gegnerschaft des neuen Waffenrechts, insbesondere für die Schützenverbände, die im Referendumskomitee federführend waren. Bei Sicherheitspolitikerinnen und -Politikern der bürgerlichen Mitte kam die SOG damit jedoch schlecht an: Der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli zeigte sich gegenüber der NZZ «enttäuscht» von den Offizieren, denen wohl «der Stellenwert von Schengen nicht bewusst» sei. Die Luzerner CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler bedauerte an gleicher Stelle, dass die Offiziere «ins Boot der SVP» stiegen und sich für deren Kampf gegen Schengen einspannen liessen. In den Tagen darauf traten einige SOG-Mitglieder um die beiden GLP-Politiker Pascal Vuichard (GL) und Roland Fischer (LU) aus dem Schatten und verkündeten öffentlich, mit dem Positionsbezug der SOG nicht einverstanden zu sein. Vuichard äusserte Bedenken, die SOG verspiele mit diesem Statement ihre Glaubwürdigkeit, da die Armee von den Änderungen gar nicht betroffen sei. Das von den GLP-Offizieren gegründete Ja-Komitee setzte eine «Lawine der Kritik» (Tribune de Genève) an der SOG in Gang und erhielt auch parteiübergreifend weiteren Zulauf – so beispielsweise von FDP-Ständerat und Oberst im Generalstab Josef Dittli. Der «Krach der Offiziere» (BaZ) gründete darin, dass für die Ja-Komiteeangehörigen ein gutes Verhältnis zu Europa für die Schweiz aus sicherheitspolitischer Sicht absolut notwendig sei, weshalb die Schengen/Dublin-Mitgliedschaft nicht gefährdet werden dürfe, zumal die Änderung des Waffenrechts «sehr umsichtig und pragmatisch» erfolge. Dass sich auch Armeechef Philippe Rebord hinter das neue Waffenrecht stellte, befeuerte die Debatte zusätzlich. SOG-Präsident Stefan Holenstein gab derweil gegenüber der Presse zu Protokoll, das Waffenrecht sei «kein Kernthema» der SOG und der Entscheid sei «keine Abstimmungsparole», sondern «eine Position als Ergebnis der internen Beratungen».

Mitte Februar lancierte Bundesrätin Karin Keller-Sutter anlässlich einer Medienkonferenz den Abstimmungskampf offiziell. Mit dem Slogan «Niemand wird entwaffnet» platzierte sie das Hauptargument des Bundesrates landesweit prominent in den Schlagzeilen: Die Änderungen am Waffenrecht seien nur geringfügig und die Schiesstradition in der Schweiz bleibe erhalten. Die Gesetzesänderung rechtfertige es somit nicht, die Schengen-Mitgliedschaft der Schweiz aufs Spiel zu setzen; die Kosten der Beendigung der Schengen-Zusammenarbeit seien schlicht zu hoch – und zwar sowohl in Form von zusätzlichen Staatsausgaben als auch in Form von Sicherheitsverlust. Das SIS werde von Schweizer Sicherheitsbehörden 300'000 Mal täglich abgefragt und habe während zehn Jahren im Schnitt zu einer Verhaftung täglich verholfen; «ohne Schengen wären wir bildlich gesprochen blind», würdigte der stellvertretende Fedpol-Direktor René Bühler den Beitrag des Schengener Abkommens an die Sicherheit der Schweiz. Hinzu kämen gemäss der Justizministerin volkswirtschaftliche Kosten von mehreren Milliarden Franken pro Jahr – einerseits im Tourismussektor, weil die Schweiz nicht mehr mit dem Schengen-Visum bereist werden könnte, andererseits im Asylbereich, da die Schweiz nach Wegfall des mit Schengen verknüpften Dublin-Abkommens Asylbewerberinnen und -bewerber nicht mehr abweisen könnte, wenn sie bereits in einem anderen Schengen-Staat Asyl beantragt haben. Wie die Gegnerschaft des neuen Waffenrechts darauf zu hoffen, dass dieser Fall nicht eintrete, sei riskant, denn der Ausschluss der Schweiz aus Schengen/Dublin erfolge bei Verweigerung der Rechtsübernahme automatisch, es sei denn, der Gemischte Ausschuss, in dem die 28 EU-Staaten und die Schweiz vertreten sind, einigte sich innerhalb von 90 Tagen einstimmig auf einen weiteren gemeinsamen Weg. Eine solche Einigung hielt Keller-Sutter jedoch für unwahrscheinlich, da sich die EU zurzeit nicht in «Kompromisslaune» (St. Galler Tagblatt) befinde. Das gegnerische Argument, die Verschärfung des Waffenrechts trage nichts zur Terrorismusbekämpfung bei, konterte die Bundesrätin damit, die Richtlinie beabsichtige in erster Linie, den illegalen Waffenhandel zu erschweren und die Bevölkerung vor Waffenmissbrauch zu schützen, sie sei aber «kein Pakt zur Terrorbekämpfung».

Mit ihren Erläuterungen an der Medienkonferenz erntete die Justizministerin wiederum heftige Kritik aus den Reihen des Referendumskomitees. So kreideten ihr die Gegner an, der Bundesrat habe eine Kehrtwende vollzogen, indem er die Waffenrichtlinie explizit nicht mehr in Zusammenhang mit Terrorismusbekämpfung bringe, sondern nur noch von der Bekämpfung illegalen Waffenhandels und Waffenmissbrauchs spreche. Weiter bezichtigten sie verschiedene Exponenten der Gegnerschaft mehr oder weniger direkt der Irreführung und der Falschinformation. Sie störten sich vor allem daran, dass rund 80 Prozent der im Schiesssport verwendeten Waffen neu verboten würden, und auf etwas Verbotenes bestehe kein Rechtsanspruch; daran ändere auch die vorgesehene Ausnahmebewilligung nichts. Zudem fürchteten sie sich vor zukünftigen weiteren Verschärfungen des Waffenrechts; da die EU-Richtlinie alle fünf Jahre überprüft werden solle, seien weitere Verschärfungen vorprogrammiert. Die Debatte um die Kosten des angeblich drohenden Schengen-Ausschlusses sei nur ein «Ablenkungsmanöver», zitierte die «Südostschweiz» den Walliser SVP-Nationalrat und ProTell-Interimspräsidenten Jean-Luc Addor; die EU habe überhaupt kein Interesse daran, die Abkommen zu kündigen, weil sie davon mindestens so viel profitiere wie die Schweiz und die Schweiz ja bereits ein effizientes Waffenrecht besitze. In Wahrheit sei die Reform ein «trojanisches Pferd», mit dem die EU in Zukunft alle halbautomatischen Waffen verbieten könne, so Addor gegenüber der «Tribune de Genève». Anders als der Bundesrat den Leuten weismachen wolle, seien die Änderungen für die Schützen überhaupt nicht zumutbar, stellte auch IGS-Präsident Luca Filippini in der Presse klar und betonte einmal mehr, die Annahme der Waffenrichtlinie wäre «das Ende des Schiessens als Volkssport», ja sogar «der Beginn vom Ende unseres Rechtsstaates».

So klar, wie es auf den ersten Blick den Anschein erwecken mag, waren die Fronten jedoch nicht. Wie bei den Offizieren äusserten sich auch bei den Schützen nach und nach kritische Stimmen zur Haltung des nationalen Verbandes. Während diverse kantonale Schützenverbände an ihren Versammlungen finanziell und ideologisch zum Kampf gegen das «Entwaffnungsdiktat» aus Brüssel, von dem sie sich existenziell bedroht sahen, rüsteten, beschloss etwa der Schaffhauser Kantonalschützenverband Stimmfreigabe, da die neuen Bestimmungen laut Präsident Pascal Herren «den Schiesssport nicht beeinträchtigen» würden. Auch der Präsident der Ausserrhoder Schützen, Bruno Preisig, gab in der Aargauer Zeitung zu Protokoll, er habe «kein Problem mit den neuen Regelungen», im Gegenteil: «Es wäre klüger gewesen, das Geld in die Nachwuchsförderung, statt in eine grosse Nein-Kampagne zu investieren.» Für ein Ja zum neuen Waffenrecht setzten sich hingegen geschlossen die grossen Wirtschaftsverbände Economiesuisse, Hotelleriesuisse und der Gewerbeverband sowie kantonale Handelskammern ein. Auf Druck der Tourismusbranche hatte sich der Gewerbeverband Ende Januar zur Ja-Parole durchgerungen, obwohl der von SVP-Nationalrat Jean-François Rime (FR) präsidierte Verband die Vorlage vor Jahresfrist noch als unverhältnismässig abgelehnt hatte, wie das St. Galler Tagblatt berichtete. Bedeutend für die Wirtschaft seien gemäss der NZZ vor allem die Folgen eines Neins: Die Verbände befürchteten zusätzliche Kosten für das Asylwesen und die innere Sicherheit, höhere Staukosten im grenzüberschreitenden Verkehr infolge wiedereingeführter Grenzkontrollen sowie einen Rückgang der Tourismus-Nachfrage aufgrund des wegfallenden Schengen-Visums. Anlässlich ihrer Delegiertenversammlung schloss sich Ende März schliesslich noch die SVP, die sich im Abstimmungskampf bisher zurückgehalten hatte, offiziell dem Nein-Lager an. Der Berner SVP-Nationalrat Werner Salzmann begründete die Zurückhaltung seiner Partei gegenüber der NZZ damit, dass man sich in einem Wahljahr befinde und somit «nicht beliebig Geld zur Verfügung [habe], um die Kampagnen von Verbänden zu unterstützen». Hinter vorgehaltener Hand sei man in Schützenkreisen jedoch sogar froh um die Zurückhaltung der SVP, so die NZZ weiter, da ein klares Verständnis des Referendums als Angriff auf Schengen/Dublin wohl eher der Befürworterseite zum Vorteil gereicht hätte. Alle anderen grösseren nationalen Parteien gaben indes die Ja-Parole aus.

Anfang April zeugten erste Umfrageergebnisse von einer bereits starken Meinungsbildung an den beiden politischen Polen. Insgesamt hatten 53 Prozent der Befragten angegeben, (eher) für die Verschärfung des Waffenrechts stimmen zu wollen, 46 Prozent (eher) dagegen. In den Anhängerschaften der beiden grossen Polparteien sprachen sich je über drei Viertel klar dafür (SP) bzw. klar dagegen (SVP) aus. Bei den Mitte-Parteien betrug die Zustimmung hingegen trotz Ja-Parolen nur gerade 50 (FDP) bzw. 47 Prozent (CVP). Die Abstimmung werde somit in der Mitte entschieden, so die Experteneinschätzung. Das überparteiliche Ja-Komitee interpretierte den äusserst knappen Vorsprung als «Weckruf» (Tages-Anzeiger), die Stimmbevölkerung noch klarer von der Wichtigkeit von Schengen/Dublin überzeugen zu müssen. Dies schien der Befürworterschaft zunehmend zu gelingen, konnte das Ja-Lager in den folgenden Umfragen doch entscheidend zulegen. Zwei Wochen vor dem Abstimmungstermin verbuchte es mit einer Zustimmung von rund 60 Prozent einen komfortablen Vorsprung. Die Sympathisantinnen und Sympathisanten aller grosser Parteien ausser der SVP stellten sich mit klarer Mehrheit hinter die Vorlage, Frauen stärker als Männer und städtische Gebiete stärker als ländliche Regionen. Der Verbleib der Schweiz im Schengen-Raum zeichnete sich hingegen klar als das schlagende Argument der Debatte ab.

Insgesamt bot der Abstimmungskampf über die lange Zeitdauer wenig Abwechslung, verlief aber zugleich äusserst emotional. Vor allem auf der Gegnerseite war eine grosse Wut spürbar, sowohl über die vermeintliche Entwaffnung der Schweizer Bürgerinnen und Bürger als auch über die Fremdbestimmung aus Brüssel. Das Antasten des Rechts auf eine private Waffe wurde als Angriff auf die Identität des Schweizervolkes gesehen. Dagegen bot Bundesrätin Karin Keller-Sutter den Gegnern wenig Angriffsfläche, argumentierte sachlich und vornehm zurückhaltend, wie der Tages-Anzeiger den Auftritt der Justizministerin in der SRF-«Arena» Mitte April beurteilte. Indem sich die Befürworterseite hauptsächlich auf das Schengen-Argument beschränkte, wurden allerdings von beiden Seiten die immergleichen Argumente bis zum Abstimmungstermin schon fast gebetsmühlenartig wiederholt.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Christian Wasserfallen (fdp, BE) beantragte die Berufs-, Laufbahn- und Studienberatung (BLSB) zu stärken und forderte den Bundesrat in einem Postulat auf, eine nationale Strategie in diesem Bereich zu entwickeln und die Kantone in ihrer Eigeninitiative zu stärken. Ausserdem solle der Bundesrat prüfen, wie der Bund bei diesem Thema selbst aktiv werden könne und welche gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen werden müssten.
Der Bundesrat war bereit, zu prüfen, mit welchen Massnahmen die BSLB gestärkt werden könne und beantragte die Annahme des Postulates.
In der nationalrätlichen Debatte monierte Jean-François Rime (svp, FR), dass das Postulat der Verwaltung zwar einen Haufen Arbeit bringe, und dem Nationalrat später einen Bericht; dieser würde jedoch keinen grossen Mehrwert bringen. Zudem liege der BSLB-Bereich klar in der Zuständigkeit der Kantone und nicht des Bundes. Folglich stimmte die SVP gegen das Postulat, erhielt von anderen Fraktionen aber kaum Unterstützung: Der Nationalrat nahm das Anliegen mit 119 zu 63 Stimmen bei einer Enthaltung deutlich an.

Stärkung der Berufs-, Laufbahn- und Studienberatung

Obwohl der Bundesrat im März 2018 einen Vorschlag für eine «ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung», also für eine Abschaffung der Heiratsstrafe, vorgelegt hatte, empfahl die WAK-NR der grossen Kammer im Februar 2019 mit 12 zu 12 Stimmen bei Stichentscheid des Kommissionspräsidenten Jean-François Rime (svp, FR), der Standesinitiative des Kantons Aargau mit ebendiesem Ziel Folge zu geben. Dadurch solle der Druck auf den Bundesrat aufrechterhalten werden, argumentierte die Kommissionsmehrheit.

Verschiedene Vorstösse zur Ehepaar- oder Individualbesteuerung (Mo. 05.3299, Kt.Iv. 06.302 / 07.305 / 08.318, Pa. Iv. 05.468, Mo. 16.3006, Kt.Iv. 16.318)
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

Der Schweizerische Gewerbeverband fasste Ende Januar 2019 die Ja-Parole zur Abstimmung über die geänderte EU-Waffenrichtlinie im Mai. Dies, obwohl SGV-Präsident Jean-François Rime (svp, FR) dem Referendumskomitee angehörte. Nachdem der Verband anfänglich gegen eine Übernahme der geänderten Richtlinie gewesen war, hatte er in der Zwischenzeit eine Kehrtwende gemacht, wie die Aargauer Zeitung festhielt: Erst war man der Meinung, dass die Vorlage das «Verhältnismässigkeitsprinzip in krasser Weise» verletze – etwa ging dem Verein bei Waffenbesitz die regelmässige Überprüfung der Vereinsmitgliedschaft zu weit –, doch dann habe sich das Parlament des Gewerbeverbandes mit einer deutlichen Mehrheit über ihren Präsidenten hinweggesetzt und sich für die Übernahme der Richtlinie ausgesprochen. Druck gemacht hätten insbesondere die Tourismus- und Gastrobranchen: Diese befürchteten bei einer Nichtannahme den Ausschluss aus dem Schengen/Dublin-Verbund, was für den Tourismus gravierende Folgen gehabt hätte, weil dann etwa Reisende aus dem asiatischen Raum bei einer Europareise für die Schweiz ein separates Visum benötigt hätten.

Parole Gewerbeverband

Von einem «Vorstossrekord» schrieb das St. Galler Tagblatt rückblickend auf das Jahr 2018. In der Tat wurden in diesem Jahr total 2'352 Vorstösse eingereicht, was 9.6 Vorstössen pro Ratsmitglied entsprach (2017: 9.0). Im Vergleich zum Vorjahr stark zugenommen haben erneut die Interpellationen (764; 2017: 718) und die Fragen in der nationalrätlichen Fragestunde (750; 2017: 663). Aber auch Motionen wurden wesentlich häufiger eingereicht als noch ein Jahr zuvor (463; 2017: 403). Auch wenn dieser Wert der bisher höchste in der 50. Legislatur war, war man bei den Motionen noch weit vom Spitzenwert von 2009 entfernt, als ganze 614 Motionen eingereicht worden waren. Im Vergleich zum Vorjahr abgenommen hatten die eingereichten Anfragen (99; 2017: 102), die Postulate (183; 2017: 204) und insbesondere die parlamentarischen Initiativen (93; 2017: 129), deren Zahl gar unter das langjährige Mittel von 98 fiel.
In den Medien wurde die grössere Betriebsamkeit mit den nahenden Wahlen erklärt. Die Parlamentsmitglieder wollten sich vor den anstehenden Wahlen bemerkbar machen, meinte etwa Fabio Abate (fdp, TI), dessen Postulat gegen die «Vorstossflut» 2016 abgelehnt worden war. Zum «Vorstosskönig», wie ihn die Aargauer Zeitung (AZ) bezeichnete, wurde Carlo Sommaruga (sp, GE) mit 47 Vorstössen gekrönt. Es handle sich vor allem um Fragen in der Fragestunde, da er und die Bürgerinnen und Bürger mit diesen «schnell und unkompliziert die Haltung des Bundesrates zu aktuellen Themen» erfahren, erklärte der Genfer SP-Nationalrat. Bei höhere Kosten verursachenden Motionen und Postulaten sei er zurückhaltender. Weniger sei manchmal mehr, gab der ebenfalls in der AZ befragte Markus Ritter (cvp, SG) zu Protokoll, der 2018 keinen einzigen Vorstoss eingereicht hatte. Er frage den Bundesrat und die Verwaltung lieber direkt an. Davon erfahre die Öffentlichkeit zwar nichts, man erhalte aber sehr schnell eine präzise Antwort. Zudem habe er als Bauernpräsident genug Medienpräsenz. Dass es Schwergewichte nicht nötig hätten, mit Vorstössen Medienaufmerksamkeit zu erheischen, zeigten gemäss AZ auch FDP-Präsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) und SP-Präsident Christian Levrat (sp, FR) sowie Gewerkschaftschef Paul Rechsteiner (sp, SG) und Gewerbeverbandspräsident Jean-François Rime (svp, FR), die 2018 ebenfalls keinen einzigen Vorstoss eingereicht hatten. Freilich ist es verkürzt, Parlamentsmitgliedern zu unterstellen, dass sie Vorstösse lediglich als Aufmerksamkeitsinstrument nutzen. Vielmehr handelt es sich bei Motionen, Postulaten und parlamentarischen Initiativen um zentrale Instrumente der Legislative. Eine Zunahme an Vorstössen kann deshalb auch als Zeichen für ein aktives Parlament, das seine Aufgabe wahrnimmt, interpretiert werden.

Im Vergleich zu 2017 hatten auch die Aufgaben, die dem Parlament von aussen aufgegeben worden waren, zugenommen: So wurden den Parlamentsmitgliedern 2018 87 Bundesratsgeschäfte (2017: 67), 26 Standesinitiativen (2017: 22), 34 Wahlgeschäfte (2017: 23) und 30 Petitionen (2017: 22) neu vorgelegt.

Den Räten wurde aber 2018 nicht nur mehr Arbeit auferlegt; sie erledigten in diesem Jahr mit total 2'428 auch überdurchschnittlich viele Vorstösse und Geschäfte (2017: 2'396; Schnitt 2000 bis 2018: 2'403). Allerdings war die Arbeitslast dabei relativ ungleich verteilt. Die Zunahme an erledigten Vorlagen war nämlich praktisch ausschliesslich den im Vergleich zu den Vorjahren wesentlich häufiger beantworteten Interpellationen (725; 2017: 628) und Fragen in der Fragestunde (750; 2017: 663) geschuldet. Hier liegt die Arbeitslast aber insbesondere bei der Verwaltung und weniger beim Parlament. Dieses erledigte 2018 hingegen weniger Postulate (273; 2017: 303), weniger Motionen (360; 2017: 458) und auch weniger parlamentarische Initiativen (101; 2017: 104) als im Vorjahr. Zudem nahm auch die Zahl der erledigten Bundesratsgeschäfte (62; 2017: 74), Standesinitiativen (28; 2017: 26) und Petitionen (20; 2017: 26) im Vergleich zu 2017 ab. Einzig bei den Wahlgeschäften gab es 2018 (28) für das Parlament etwas mehr zu tun als 2017 (26).

Einen Einblick in den Arbeitsaufwand eines Parlamentariers gab Konrad Graber (cvp, LU) in einer Kolumne in der Luzerner Zeitung. Für die Sommersession seien 120 Geschäfte traktandiert, für die er rund drei Wochen vor Beginn der Session Unterlagen erhalte: Botschaften für Bundesratsgeschäfte, Berichte und Anträge der Kommissionen; «schätzungsweise ein Kilo Papier», das neben den zahlreichen Ratschlägen und Empfehlungen verschiedener Lobbyorganisationen bearbeitet werden müsse.

Von den 360 im Jahr 2018 erledigten Motionen wurden 110 angenommen (30.6%), was im langjährigen Schnitt (2000-2018: 21.7%) eine hohe Erfolgsquote darstellte. Je 43 Motionen wurden zurückgezogen (11.9%; 2017: 20.7%) bzw. unbehandelt abgeschrieben (11.9%; 2017: 10.7%) und ein Viertel (88, 24.4%; 2017: 18.3%) schaffte immerhin die Hürde des Erstrats. Auch die Erfolgsquote der Postulate war mit 68.9 Prozent im Jahr 2018 ausserordentlich hoch (2017: 54.1%; Schnitt: 49.3%): Von den 273 erledigten Postulaten wurden 188 angenommen. Von den 85 nicht erfolgreichen Postulaten lehnte das Parlament 40 (14.7%; 2017: 25.7%) ab; 18 (6.6%; 2017: 12.9%) wurden zurückgezogen und 27 (9.9%; 2017: 7.3) wegen Verjährung abgeschrieben.

Arbeitsbelastung 2018
Dossier: Geschäftsstatistik der Bundesversammlung

Nachdem die drei Motionen Cassis (fdp, TI; 14.3886), Regazzi (cvp, TI; 14.3872) und de Buman (cvp, FR; 12.3914), die allesamt eine sprachfreundlichere Vergabepraxis bei öffentlichen Aufträgen gefordert hatten, im Sommer 2015 beide Räte erfolgreich passiert hatten, waren sie vom Bundesrat 2017 im Rahmen seiner Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen zur Abschreibung beantragt worden. In der Sommer- bzw. Wintersession 2018 kamen sowohl der National- als auch der Ständerat schliesslich im Rahmen der Beratungen des Beschaffungswesens diesem Antrag nach.

Sprachenfreundlichere Vergabepraxis bei öffentlichen Aufträgen
Dossier: Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen. Totalrevision

Zu Beginn der Wintersession 2018 schritt der Nationalrat zur jährlichen Wahl des Nationalratspräsidiums. Der scheidende Präsident Dominique de Buman (cvp, FR) betonte in seiner Rede, dass er sich in seinem Präsidialjahr durch zahlreiche Kontakte im In- und Ausland bewusst geworden sei, wie gross das Privileg sei, in der Schweiz in Glück und Würde leben zu können. Dafür seien nicht zuletzt die Institutionen verantwortlich. Erwartungsgemäss wurde die amtierende erste Vizepräsidentin, Marina Carobbio (sp, TI), zur neuen Präsidentin der grossen Kammer gewählt. Zum ersten Mal wurde damit eine Tessiner Genossin höchste Schweizerin. Die sieben bisherigen Nationalratspräsidenten aus dem Südkanton hatten der CVP oder der FDP angehört. Carobbio wurde mit 154 von 183 Stimmen zur 198. Präsidentin bestimmt (9 leer, 2 ungültig, 18 Diverse). In ihrer Rede, die sie auf Italienisch hielt – Carobbio hatte angekündigt, die Sitzungen vor allem in der dritten Landessprache leiten zu wollen –, gab die Tessinerin ihrer Hoffnung Ausdruck, dass sie in ihrem Amt mehr Frauen und junge Menschen für die Politik interessieren könne. Ihre erste Amtshandlung war, nach einem kurzen musikalischen Intermezzo, die Leitung der Wahl der beiden Vizepräsidien. Zur ersten Vizepräsidentin stieg die amtierende zweite Vizepräsidentin, Isabelle Moret (fdp, VD), auf. Auf 162 der 188 eingelangten Wahlzetteln stand ihr Name (6 blieben leer, 2 waren ungültig und 18 fielen auf Diverse).
Für etwas Spannung sorgt im Vorfeld des nationalrätlichen Sesselrückens jeweils die fraktionsinterne Bestimmung der Kandidatin oder des Kandidaten für die Besetzung des zweiten Vizepräsidiums. Da die Person auf diesem Posten zuerst zum ersten Vizepräsidenten oder zur ersten Vizepräsidentin aufsteigt und ein Jahr später dann das Präsidium übernimmt, bestimmt eine Fraktion, wer in drei Jahren höchste Schweizerin oder höchster Schweizer wird. Turnusgemäss entfiel diese Aufgabe für die Periode 2018/19 auf die SVP. Nachdem sich der aussichtsreichste Kandidat Felix Müri (svp, LU) aus dem Rennen genommen hatte, bewarben sich vier SVP-Mitglieder für das begehrte Amt. Weil Pierre-André Page (svp, FR) wie der scheidende Präsident de Bumann aus dem Kanton Freiburg stammt, Andreas Aebi (svp, BE) wie die Präsidentin 2015/16, Christa Markwalder (fdp, BE), aus Bern stammt und David Zuberbühler (svp, AR) als zu jung und unerfahren galt, fiel die Wahl auf Heinz Brand (svp, GR), der von der SVP zum designierten Nationalratspräsidenten für das Jahr 2021 bestimmt wurde – gesetzt der Fall, dass er bei den eidgenössischen Wahlen 2019 auch wiedergewählt wird. Zumindest die Wahl von Brand zum zweiten Vizepräsidenten war in der grossen Kammer eher wenig umstritten: Er erhielt 146 von 169 möglichen Stimmen. Von den 182 eingelangten Wahlzetteln blieben 12 leer, einer ungültig und 23 Stimmen entfielen auf andere Personen.

Wahl des Nationalratspräsidiums für 2018/19
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Eine Woche nach den Schlussabstimmungen in den eidgenössischen Räten zur Übernahme der EU-Waffenrichtlinie wurde die über lange Zeit immer wieder ausgesprochene Referendumsdrohung in die Tat umgesetzt. Am 5. Oktober 2018 präsentierte sich das Referendumskomitee, co-präsidiert von SSV- und IGS-Präsident Luca Filippini zusammen mit den drei SVP-Nationalräten Jean-Luc Addor (VS), Werner Salzmann (BE) und Jean-François Rime (FR) sowie SVP-Nationalrätin Silvia Flückiger-Bäni (AG), vor den Medien. Die IGS als Hauptträgerin des Referendums vereint 14 Verbände aus dem Umfeld des Schweizer Schiesswesens, darunter neben Sportschützen auch Jäger, Waffensammler und -händler. Der zentrale Kritikpunkt der IGS am neuen Waffenrecht war der «Paradigmenwechsel», dass der Waffenbesitz von einem generellen Recht für Schweizerinnen und Schweizer zu einem Privileg herabgestuft werde, das nur noch ausnahmsweise gewährt werde; die damit verbundene «Vorstellung, künftig mit einer verbotenen Waffe schiessen zu müssen», sei das Problem, so die NZZ. Darüber hinaus wurde diese Änderung vom Referendumskomitee jedoch auch als erster Schritt in Richtung Abschaffung des Privatwaffenbesitzes gesehen; es würden sicher weitere Verschärfungen folgen. Weiter wurde die Pflicht zur Nachmeldung von halbautomatischen Waffen kritisiert: Obwohl das Volk eine Nachregistrierung im Rahmen der Waffenschutz-Initiative 2011 abgelehnt habe, werde eine solche nun durch die «Brüsseler Hintertür» eingeführt, so Werner Salzmann in der BaZ. Die Beendigung der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit sei hingegen nicht das Ziel des Referendums, beteuerte das Komitee und zeigte sich überzeugt davon, dass die EU kein Interesse daran habe, die Zusammenarbeit mit der Schweiz zu beenden. Gleichzeitig präsentierte sich das Komitee im Internet unter dem Namen «Nein zum Entwaffnungsdiktat der EU» und portierte damit die europa- und schengenkritische Haltung der SVP.

So geeint, wie das Referendumskomitee vielleicht den Eindruck erwecken konnte, war die Waffenlobby jedoch nicht. ProTell und der SSV, die an vorderster Front und «mit schrillen Tönen» (AZ) gegen die Verschärfung des Waffenrechts kämpften, konnten nicht alle Lobbymitglieder für diesen Kampf begeistern. Sowohl die Schweizerische Offiziersgesellschaft, die selbst zwar nicht Mitglied der IGS, sondern nur Sympathisantin ist, als auch Jagd Schweiz, Mitglied der IGS, wollten das Referendum nur passiv unterstützen, d.h. ideell, aber weder mit Finanzen noch mit dem Sammeln von Unterschriften. Auch nicht alle kantonalen Schiesssportverbände zeigten sich überzeugt von der Argumentation ihres Dachverbandes. So erklärte etwa der Präsident des Bündner Schiesssportverbandes gegenüber der Aargauer Zeitung, man unterstütze das Referendum vor allem aus Solidarität mit dem SSV, nicht weil die Reform an sich ein grosses Problem sei. Kritisch zum Referendum äusserte sich in der Presse auch Lorenz Hess, Berner BDP-Nationalrat und ehemaliger Präsident eines Schützenvereins. Insbesondere die Kritik an der vorgesehenen Zwangsmitgliedschaft für Schützen in einem Schiessverein sei nicht nachvollziehbar – ein Vereinszwang habe bis 1996 bestanden, ohne dass sich die Schützenvereine dagegen gewehrt hätten. Was ProTell von in der Unterschriftensammlung zu wenig engagierten Schützenvereinspräsidenten hielt, berichtete der «Blick»: In Schützenvereinen, die einen «Ausredenkönig» als Präsidenten hätten, sei eine «Druckerhöhung von unten» durchaus erwünscht, habe die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht auf ihrer Facebook-Seite betont. Interimspräsident Jean-Luc Addor quittierte den Online-Post damit, es müssten verschiedene Tonalitäten möglich sein. Mit nahezu 200'000 Mitgliedern dürfte es für die IGS allerdings kein allzu grosses Problem sein, bis Mitte Januar 2019 die erforderlichen 50'000 Unterschriften zu sammeln.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Nach wie vor befanden sich Projekte zur nächsten Landesausstellung «Expo 2027» in Bearbeitung. Neu hinzugekommen war mit dem Verein «Nexpo» ein drittes Projekt.

Der Verein «Svizra27» hatte anfänglich lediglich eine Ausstellung im Kanton Aargau geplant, unterdessen geniesse das Komitee aber grossen Rückhalt aus der Wirtschaft mehrerer Kantone: Es gebe bereits verbindliche «ideelle wie auch […] materielle Unterstützung», sagte Vereinspräsident Kurt Schmid gegenüber der Neuen Luzerner Zeitung (NLZ) im Dezember 2017. Schmid wie auch Vizepräsident Thierry Burkhart (fdp, AG) hatten aber zuvor gegenüber der Aargauer Zeitung versichert: «Wir wollen keinen Gigantismus und keinesfalls aus dem Ruder laufende Kosten». Am Konzept «Mensch-Arbeit-Zusammenhalt» halte man fest, denn die Arbeit gehöre zum täglichen Leben und die Schweiz sei ein dynamischer Wirtschaftsraum. Erst in einer nächsten Planungsphase würde man konkrete Umsetzungsideen besprechen und weitere Standorte bestimmen, denn noch müsse man sich abschliessend mit den Kantonsregierungen Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Jura und Solothurn und dem Bund absprechen.

Das zweite Projekt «X-27» stellte mit dem Untertitel «Rendez-vous der Schweiz» die zwischenmenschlichen Beziehungen in Zeiten der digitalisierten Kommunikation ins Zentrum. Dabei soll die Bevölkerung bereits in der Planungsphase direkt miteinbezogen werden, so wie dies nun auch bei der Finanzierung der Fall war: Über 800 Firmen und Einzelpersonen unterstützten ein Crowdfunding auf der Plattform «wemakeit», damit eine Machbarkeitsstudie sowie Konturen für die zukünftige Planung erstellt werden können.
Der Standort Flugplatz Dübendorf (ZH), so der «X-27»-Präsident Peter Sauter in der NLZ, erhalte eine zusätzliche Legitimation: Da in Dübendorf dereinst ein Innovationspark entstehen solle, plane man, gemeinsam an einer Infrastruktur zu arbeiten, die dann nach der Ausstellung wiederverwendet werden könne.

Mit der «Nexpo», dem neuen und dritten Projekt, will man eine Landesausstellung in den 10 grössten Städten realisieren. Die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch leitete den Projektausschuss und teilte gegenüber der NLZ mit, dass sich der Ansatz von den früheren Ausstellungen sowie den anderen Ausstellungsprojekten grundlegend unterscheide: Eine von den Städten getragene Expo umfasse das erste Mal die ganze Schweiz und drücke die Vielfalt des Landes aus. Bis jetzt sei nicht nur in Zürich, sondern auch in den anderen Städten «eine grosse Begeisterung» spürbar für die von den Städten getragene Expo, so Mauch. Im März 2018 hatte das St. Galler-Tagblatt berichtet, dass die zehn grössten Städte – also St. Gallen, Zürich, Basel, Biel, Genf, Lausanne, Lugano, Luzern und Winterthur – einen Verein gegründet hätten, um das Projekt gemeinsam voranzutreiben. Das Ziel sei es, nach Partnern zu suchen und bis 2022 zu eruieren, ob die «Nexpo» wirklich die nächste Landesausstellung werden könne. Zentrales Thema der Expo soll das Zusammenleben in der Schweiz des 21. Jahrhunderts werden. Indem, wie auch bei der «X-27», die Bevölkerung verstärkt in die Planung miteinbezogen werde, wolle man den Zusammenhalt in der Bevölkerung stärken sowie Stadt, Agglomeration und Land näher zusammenrücken. Damit werde auch dem Umstand entgegengewirkt, dass der Stadt-Land-Graben immer grösser werde, wie der Luzerner Stadtpräsident Beat Züsli verlautbarte.

Noch habe der Bund zur Finanzierung der drei Projekte kein grünes Licht gegeben. Zuletzt erklärte der Bundesrat seine Bereitschaft zur Finanzierung einer Landesausstellung beim mittlerweile aufgegebenen Expo-Projekt «Bodensee-Ostschweiz». Dort sprach er sich für eine Finanzierung von 50 Prozent der Gesamtkosten «und höchstens einer Milliarde Franken» aus. Gegenüber dem Vorstand der «Svizra27» habe der Bundesrat aber verlauten lassen, eine Finanzierung künftiger Projekte sei noch zu beurteilen. Möglich sei, wie die Aargauer Zeitung im Juni 2018 argumentierte, dass mit dem Nein zur Olympiade in Sion 2026 für eine Expo 2027 womöglich Gelder frei würden.

Expo 2027 – évolution des divers projets en lice
Dossier: Landesausstellung Expo 2027

Da Initiativen der Beratungskategorie der sogenannten «freien Debatte» zugeordnet werden, haben grundsätzlich alle Parlamentsmitglieder das Recht auf Wortmeldung. In den anderen, seit 1990 geltenden Beratungskategorien äussern sich in der Regel – neben den Vertreterinnen und Vertretern des Bundesrates – lediglich Kommissionssprecherinnen und -sprecher, Antragstellerinnen und Antragsteller von Vorstössen oder Minderheitsanträgen und allenfalls Fraktionssprecherinnen und -sprecher. Schon früher uferte die freie Debatte bei Volksinitiativen gerne auch in einem ziemlichen Redemarathon aus, so etwa bei der «No-Billag»-Initiative. Immer häufiger wird in solchen Debatten zudem auch das Recht genutzt, Zwischenfragen zu stellen. So war es auch wenig verwunderlich, dass im Nationalrat nicht weniger als 83 Ratsmitglieder einen Antrag gestellt hatten, um in einem Votum die eigene Position zur Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» verdeutlichen zu können. Aufgrund der grossen Zahl an Rednerinnen und Rednern, aber eben auch aufgrund der zahlreichen vor allem von SVP-Vertreterinnen und -vertretern gestellten Zwischenfragen dauerte die Debatte schliesslich insgesamt über neun Stunden – auf drei verschiedenen Sessionstage verteilt.

In der Tat stellten die Fraktionsmitglieder der SVP den Hauptharst der Rednerinnen und Redner, nämlich deren 42; von der SP-Fraktion meldeten sich 17 Mitglieder zu Wort, von der FDP deren acht, von der CVP sieben, von den Grünen vier und von GLP und BDP je zwei. Nicht weniger als 82 der 102 Zwischenfragen stammten zudem von der Volkspartei (FDP: 9; SP: 7; BDP: 2; CVP: 1; GP: 1), wobei die SVP-Fraktionsvertreterinnen und -vertreter sich häufig auch innerhalb der Fraktion selber befragten, was Roger Nordmann (sp, VD) zur Zwischenfrage veranlasste, ob es sich hier nicht eher um die «Selbstbefragungs-Initiative» handle. Den von verschiedenen Ratsmitgliedern geäusserte Verdacht, dass die Volkspartei versuche, die Ratsabstimmung über die Initiative so zu verzögern, dass das Begehren nicht bereits im November 2018, sondern im Wahljahr 2019 an die Urne gelangt – Beat Jans (sp, BS) sprach von «Filibustern» und Nadine Masshardt (sp, BE) staunte darüber, dass die SVP so viele Fragen zur eigenen Initiative habe – konnte die SVP nicht ganz ausräumen. Freilich können Zwischenfragen nur gestellt werden, wenn der Ratspräsident oder die Ratspräsidentin – aktuell Dominique de Buman (cvp, FR) – unmittelbar nach einem Votum die Rednerin oder den Redner fragt, ob diese oder dieser die Zwischenfrage zulasse. Wird diese Frage verneint, darf die Zwischenfrage nicht gestellt werden. Die meisten Votantinnen und Votanten – mit Ausnahme der SVP-Abgeordneten – liessen denn die Zwischenfragen gar nicht zu. Weil einige darob erzürnte SVP-Zwischenfragerinnen und -frager ihre Frage trotzdem in den Saal riefen, musste de Buman einige Ermahnungen aussprechen.

Der Verdacht, dass es der SVP mit ihrer Redner- und Zwischenfragestrategie in der Tat nicht nur um einen Kampf gegen die «Diskussionsverweigerung [...] der Demokratieabschaffer in diesem Saal» ging, wie sich etwa Roger Köppel (svp, ZH) echauffierte, sondern um eine Verschleppungstaktik, «damit das Geschäft erst im Wahljahr vors Volk kommt», wie Roger Nordmann vermutete, wurde durch einen von Fraktionssprecher Thomas Aeschi (svp, ZG) vorgebrachten Ordnungsantrag weiter erhärtet. Die SVP wehrte sich nämlich dagegen, dass für den dritten Debattenteil eine Nachtsitzung anberaumt wurde, was in der Regel nur bei hoher Geschäftslast oder dringlichen Geschäften erfolge. Mit ihrem Ordnungsantrag wollte die SVP ihr Begehren zu den normalen Sitzungszeiten weiter beraten, was wohl eine Verschiebung in die Herbstsession bedeutet hätte. Die Sprecherin des Büros, Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) wies darauf hin, dass mit der überdurchschnittlichen Zahl an Rednerinnen und Rednern das Kriterium der hohen Geschäftslast sehr wohl erfüllt sei. Der Ordnungsantrag wurde dann mit 121 zu 67 Stimmen abgelehnt. Die 67 Stimmen stammten allesamt aus den Reihen der Volkspartei.
Auch der am dritten Verhandlungstag gestellte Antrag der SVP, die Anwesenden zu zählen, um das nötige Quorum nachzuprüfen, verhalf nicht wirklich zu einer Beschleunigung der Debatte. Freilich verliessen zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier nach dem Drücken des blauen Knopfes – der der Anwesenheitskontrolle dient – den Nationalratssaal wieder, was Toni Brunner (svp, SG) derart erzürnte, dass er als Antwort auf eine entsprechende Zwischenfrage von Thomas Aeschi von einem «Kindergarten» sprach und seine Tirade gegen die nicht anwesenden Ratskolleginnen und -kollegen vom Nationalratspräsidenten erst durch Abschalten des Mikrofons unterbrochen wurde.

Nebst all diesem Geplänkel wurden freilich auch Argumente ausgetauscht. In der Tat dienen die freie Debatte wie auch die Zwischenfragen ja durchaus auch dazu, den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen, welche Begründungen für den Bezug der verschiedenen Fronten geltend gemacht werden. Die ab und zu ziemlich emotional, ja gar gehässig geführte Debatte – der Sonntags-Blick sprach von einer von der SVP geplanten und zelebrierten Entgleisung, der Tages-Anzeiger von einem eigentlichen Politikspektakel und die Aargauer Zeitung warf der SVP vor, statt einer inhaltlichen Debatte auf Klamauk zu setzen – liess in der Tat deutliche Positionsbezüge erkennen. Während alle Mitglieder der SVP-Fraktion das Begehren vehement verteidigten, lehnten alle anderen Fraktionen die Initiative einhellig ab.

Die Kommissionssprecherin Valérie Piller Carrard (sp, FR) und der Kommissionssprecher Kurt Fluri (fdp, SO) berichteten, dass alle von der SPK-NR angehörten Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter sowie sämtliche Rechtsexperten die Initiative ablehnten. Es werde befürchtet, dass das Begehren dem Wirtschaftsstandort Schweiz schade und in juristischer Hinsicht mehr Probleme schaffe als löse. In der Kommission sei zudem die Gefahr einer Kündigung wichtiger Menschenrechtsabkommen, ja gar der Europäischen Menschenrechtskonvention, diskutiert worden. Klar sei einzig, dass bei einem Konflikt zwischen Völker- und Landesrecht bestehende Verträge neu verhandelt oder gekündigt werden müssten. Wer allerdings in welchem Verfahren feststelle oder entscheide, wann ein Normenkonflikt bestehe und wann nicht bzw. wann dieser Konflikt genügend gravierend sei, bleibe völlig unklar. Dies würde bei Annahme des Volksbegehrens eine grosse Rechtsunsicherheit schaffen. Die Kommission empfehle deshalb mit 16 zu 9 respektive 14 zu 11 Stimmen, die Initiative abzulehnen und nicht auf den Gegenvorschlag einzutreten. Letzterer war von Gerhard Pfister (cvp, ZG) eingebracht worden und entsprach im Grossen und Ganzen dem schon im Ständerat gescheiterten Vorschlag von Andrea Caroni (fdp, AR). Pfister zog seinen Antrag gleich zu Beginn der nationalrätlichen Debatte zurück, weil die Initianten keinerlei Bereitschaft zeigen würden, auf seinen Vorschlag für eine alternative Lösung überhaupt einsteigen zu wollen.

Die Befürworterinnen und Befürworter der Initiative begründeten ihr Anliegen mit vier Hauptargumenten: (I) Die Initiative wolle Rechtssicherheit schaffen, indem die Hierarchie von Völker- und Landesrecht geklärt werde. Dies sei auch angesichts einer immer stärkeren Einmischung rechtlicher Normen in die Politik (sogenannte Justizialisierung) von Nöten. (II) Damit werde zudem die (direkte) Demokratie gestärkt und die Abhängigkeit vom Ausland gemindert. (III) Häufig wurde argumentiert, dass mit der Initiative nur ein Zustand wiederhergestellt werde, wie er fünf Jahre zuvor schon geherrscht habe. Damit wurde auf ein Bundesgerichtsurteil vom 12. Oktober 2012 rekurriert, mit welchem die Schubert-Praxis faktisch ausser Kraft gesetzt und wodurch festgelegt worden sei, dass internationales Recht generell nationalem Recht vorgezogen werden müsse. Konkret hatte das Bundesgericht in einem Fall die Menschenrechtskonvention der Regelung der Ausschaffungsinitiative vorgezogen. Damit sei die direkte Demokratie gleichsam ausgehebelt worden, so die SVP. Kein anderer Staat gebe aber internationalem Recht Vorrang vor Landesrecht. (IV) Gewarnt wurde in diesem Zusammenhang auch vor der Einmischung der EU, die mit dem viel diskutierten Rahmenabkommen und dem Vorrang von internationalem Recht faktisch zum «obersten Souverän der Schweizerischen Eidgenossenschaft» werde – so etwa Hans-Ueli Vogt (svp, ZH). Die Schweiz werde zu einer Marionette und Volksentscheide verkämen zu einer Art Umfrageergebnis, was letztlich nur noch eine Scheinselbstbestimmung sei, erklärte Thomas Aeschi. Andreas Glarner (svp, AG) verklebte sich den Mund mit blauen Klebestreifen, um zu demonstrieren, dass man sich den Mund verbieten lasse. Roger Köppel warnte gar von einer «kalten Entmachtung des Volkes» und Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR) stellte die Anschuldigung in den Raum, dass die «sogenannten Volksvertreter im Saal», denen man im Gegensatz zum Volk nicht vertrauen könne, dem süssen Gift der Macht verfallen seien, die Souveränität des Volkes an sich rissen und ins Ausland verkauften. Dies sei der Untergang der Schweiz.

Die Gegnerinnen und Gegner des Begehrens betonten neben den bereits von der Kommission vorgebrachten Argumenten auch den nötigen Spielraum, den Gerichte im Einzelfall bräuchten, der aber mit einer Annahme der Initiative stark eingeschränkt würde. Zahlreiche Plädoyers machten sich zudem für die Menschenrechte stark, die mit der Annahme einer Initiative gefährdet wären, weil die Kündigung der Menschenrechtskonvention durch die Schweiz einen fatalen Vorbildcharakter hätte. Balthasar Glättli (gp, ZH) sprach etwa von einer «Antimenschenrechts-Initiative». Das Volksbegehren stelle die Werte der Schweiz – laut Nadine Masshardt (sp, BE) «Verlässlichkeit, Stabilität und Menschenrechte» – fundamental infrage. Die kleine Schweiz sei auf Vertragssicherheit und auf Völkerrecht angewiesen, damit sie nicht dem Recht des Stärkeren ausgesetzt sei. Aber wer – so fragte sich Matthias Jauslin (fdp, AG) – gehe mit einem unverlässlichen Partner noch einen Vertrag ein? Völkerrechtliche Verträge würden von der Schweiz freiwillig eingegangen, weil sie von grossem Nutzen seien, betonte Ruth Humbel (cvp, AG). Die Stimmbevölkerung werde nicht durch Völkerrecht entmachtet, weil wichtige Verträge ja immer direktdemokratisch legitimiert seien, gab Eric Nussbaumer (sp, BL) zu bedenken.

Das Schlussvotum gehörte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Sie führte aus, dass sich Souveränität und globale Vernetzung nicht widersprechen, weil die Schweiz souverän bestimme, mit wem sie internationale Verträge abschliesse. Wie diese Verträge abzuschliessen seien und dass man sie einzuhalten habe, stehe eigentlich in der von Volk und Ständen abgesegneten Bundesverfassung. Ebenfalls festgehalten sei, dass es den Gerichten zu überlassen sei, bei Normenkonflikten flexibel und pragmatisch zu entscheiden. Mit der Selbstbestimmungsinitiative würde dies allerdings auf den Kopf gestellt. Das Begehren fordere nicht nur, dass Völkerrecht nicht mehr zählen solle, sondern dass die Gerichte im Konfliktfall rechtswidrige Entscheide fällen müssten. Die Neuaushandlung von Verträgen würde damit zu einer Obligation und bleibe nicht Option. Die Initiative, weil sie nur Schwarz und Weiss kenne, zwänge die Schweiz in ein Korsett. Nicht nur die eigene Handlungsfähigkeit würde eingeschränkt, sondern auch die Zuverlässigkeit der Schweiz als Vertragspartnerin werde aufs Spiel gesetzt. Zudem sei die Initiative nicht genügend deutlich bei der Definition von «Widerspruch». Wann ein Konflikt zwischen Völkerrecht und Landesrecht bestehe, wie gross dieser sein müsse und wer dies entscheide, bleibe unklar. Die Justizministerin versuchte auch die Meinung zu entkräften, dass das Bundesgericht seit 2012 auf die Schubert-Praxis verzichtet habe; es sei im Gegenteil in mehreren Fällen Bezug genommen worden auf diese Praxis. Die Schweiz sei erfolgreich, weil sie beweglich und pragmatisch immer wieder neue Antworten auf neue Herausforderungen gefunden habe. Die im Gegenteil dazu starre und dogmatische Initiative werde vom Bundesrat deshalb zur Ablehnung empfohlen.

Wie aufgrund der Debatte nicht anders zu erwarten war, stimmten die 67 anwesenden Mitglieder der SVP-Fraktion – einzig Ulrich Giezendanner (svp, AG) war abwesend – für und die restlichen 127 bei der Abstimmung anwesenden Nationalrätinnen und Nationalräte gegen Annahme der Initiative.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Als Reaktion auf die Vernehmlassung wurde in den Medien anfänglich insbesondere der sogenannte «Plan C», der Vorschlag der CVP zur Aufteilung der Reform, diskutiert. Eva Herzog (BS, sp) erklärte als Vizepräsidentin der FDK, dass die Kantone eine Aufteilung der Reform nicht goutieren würden. Da nicht alle von ihnen die Gewinnsteuern beliebig senken könnten, seien spezifische Steuerinstrumente wie die Patentbox und die zinsbereinigte Gewinnsteuer vonnöten. Ausführlich debattiert wurde auch die Problematik des Zeitdrucks. Im Dezember 2017 war bekannt geworden, dass die EU die Schweiz auf die sogenannte «graue Liste» der steuerlich nicht konformen Drittstaaten gesetzt hatte. Würden die verpönten Privilegien nicht bis Ende 2018 abgeschafft, wozu sich die Schweiz 2014 verpflichtet hatte – jedoch ohne einen zeitlichen Rahmen zu nennen –, seien Sanktionen durch die EU-Mitgliedstaaten möglich. Ebenfalls verstärkt wurde der Zeitdruck durch den internationalen Trend zur Senkung der Unternehmenssteuern – besonders prominent in den Medien behandelt wurde der Entscheid der USA, die Konzerngewinnsteuern per 1. Januar 2018 von 35 auf 20 Prozent zu senken. Die Schweiz müsse somit bezüglich Unternehmenssteuern möglichst rasch Rechts- und Planungssicherheit schaffen, erklärte zum Beispiel Eva Herzog. Dem pflichtete auch Finanzminister Maurer bei: Falls möglich sei die SV17 in nur zwei Sessionen vom Parlament zu verabschieden. Man müsse zudem darum besorgt sein, dass kein Referendum gegen das Gesetz ergriffen werde. Dadurch könnten erste Massnahmen anfangs 2019, der Hauptteil des Gesetzes anfangs 2020 in Kraft treten.
Inhaltlich wurde in den Medien insbesondere über die Massnahmen zur sozialen Kompensation diskutiert. Die Vernehmlassungsteilnehmenden hatten sich mit der Erhöhung der minimalen Kinderzulagen nicht zufrieden gezeigt. Der Vorschlag sei sachfremd und habe auch mit Sozialpolitik nichts zu tun, war zum Beispiel in der NZZ zu lesen. Als Alternative hatten TravailSuisse und Centre Patronal in der Vernehmlassung die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs – wie ihn ihre Initiative vorsieht – vorgeschlagen. Ein Vaterschaftsurlaub von 20 Tagen, bezahlt über die Erwerbsersatzordnung, in die Arbeitgeber und Arbeitnehmer je 0.0275 Lohnprozente zusätzlich zu bezahlen hätten, würde gemäss Adrian Wüthrich (BE, sp), Präsident der TravailSuisse, einen regelrechten «Referendumsblocker» darstellen. Der Vorschlag fand in den Medien jedoch kaum Anklang: Jean-François Rime (svp, FR) zum Beispiel betonte als Präsident des Gewerbeverbandes, dass durch eine solche Regelung die SV17 den KMU nur noch mehr Nachteile bringen würde. Auch die SP zeigte sich mit dem Vorschlag nicht zufrieden: Man unterstütze zwar einen Vaterschaftsurlaub, dieser müsse jedoch nicht in Kombination mit der Steuervorlage 17 eingeführt werden, erklärte SP-Vizepräsident Beat Jans (sp, BS). Auch Pirmin Bischof (cvp, SO) schlug eine alternative Massnahme zur sozialen Kompensation vor: Der Bund solle den Kantonen Geld für soziale Massnahmen bezahlen, die Kantone sollen aber selbst entschieden können, für welche sozialen Zwecke sie dieses Geld einsetzten.
Die grössten Chancen schrieben die Medien gemeinhin einer Korrektur des Kapitaleinlageprinzips (KEP) zu: In der Unternehmenssteuerreform II war eine Möglichkeit für Unternehmen geschaffen worden, Kapitaleinlagen an die Aktionäre zurückzuzahlen, ohne dass diese verrechnungs- oder einkommenssteuerpflichtig sind – was faktisch eine steuerfreie Auszahlung von Dividenden bedeutet. Dadurch entstehen dem Bund, wie eine Schätzung der ESTV zeigte, Steuerausfälle zwischen CHF 400 Mio. und CHF 600 Mio. pro Jahr, wobei Neuzuzüge nicht berücksichtigt sind. Werden diese eingerechnet, geht die ESTV trotz mangelnder Daten davon aus, dass die Steuerausfälle durch eine Steigerung des BIP und der Steuereinnahmen kompensiert werden können. Eine Korrektur des KEP sei im Parlament nicht chancenlos, erklärte zum Beispiel der Tages-Anzeiger, zumal Pirmin Bischof 2011 mit seiner Motion (Mo. 11.3462), die ebenfalls eine Einschränkung des KEP gefordert hatte, nur knapp gescheitert war. Sollte es dadurch gelingen, die SP ins Boot zu holen und von der Ergreifung eines Referendums abzubringen, wäre das womöglich für die Bürgerlichen ein gangbarer Weg, war mehrfach zu lesen. Beat Jans zumindest nannte die Korrektur des KEP «eine der wichtigsten Massnahmen» zur Findung eines Kompromisses bei der Steuervorlage 17. Andererseits befürchtete zum Beispiel Hannes Germann (svp, SH), dass eine solche Regelung grosse Verunsicherung bei den Unternehmen, insbesondere bei denjenigen, die unter anderem aufgrund der bestehenden Regelung zum KEP in die Schweiz gekommen waren, auslösen würde.
Thematisiert wurden in den Medien schliesslich auch Auswirkungen auf die NFA: Um Verzerrungen in der NFA durch Änderungen der Unternehmenssteuern zu verhindern, muss das Gewicht der Unternehmenssteuern im Finanzausgleich reduziert werden. Dies soll in der NFA zu Verschiebungen in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe führen, wovon gemäss Berechnungen des Tages-Anzeigers mit Zahlen der Finanzverwaltung vor allem Geberkantone profitierten. Die Nehmerkantone würden demnach deutlich weniger erhalten als bisher, teilweise seien ihre Verluste in der NFA sogar grösser als die zusätzlichen Einnahmen durch die Erhöhung des Kantonsanteils. Um diese Problematik abzuschwächen, enthält die SV17 einen Ergänzungsbeitrag für ressourcenschwache Kantone in der Höhe von CHF 180 Mio., der aus dem auslaufenden Härteausgleich finanziert wird und die Situation der betroffenen Kantone während sieben Jahren verbessert.

Im März 2018 präsentierte der Bundesrat schliesslich seine Botschaft zur Steuervorlage 17. Dabei nahm er nur eine gewichtige Änderung gegenüber der Vernehmlassungsvorlage vor: Er steigerte den Kantonsanteil an den direkten Steuern von 20.5 Prozent auf 21.2 Prozent, wie es unter anderem die Kantone in der Vernehmlassung deutlich gefordert hatten. Überrascht zeigten sich die Medien vor allem darüber, dass der Bundesrat trotz breiter Forderungen auf eine Einführung der zinsbereinigten Gewinnsteuer verzichtete. Die Version der Steuervorlage 17, die der Bundesrat dem Parlament zur Beratung vorlegte, beinhaltete somit als Ausgleich zur Abschaffung der Steuerprivilegien für Statusgesellschaften eine Steigerung des Kantonsanteils an den direkten Bundessteuern von 17 auf 21.2 Prozent, was den Kantonen CHF 990 Mio. pro Jahr einbringt und es ihnen erlauben soll, ihre Gewinnsteuern zu senken. Ressourcenschwache Kantone erhalten im Rahmen der NFA zudem während sieben Jahren zusätzlich CHF 180 Mio. Die Kantone führen obligatorisch Patentboxen für in der Schweiz patentierte Erfindungen sowie fakultativ einen Steuerabzug von maximal 50 Prozent auf in der Schweiz getätigte Forschung und Entwicklung ein. Im Vergleich zur Unternehmenssteuerreform III wird auf die stark umstrittene zinsbereinigte Gewinnsteuer verzichtet. Die Steuerabzüge dürfen zusammen nicht mehr als 70 Prozent des steuerbaren Gewinns ausmachen (USR III: 80%). Ebenfalls im Unterschied zur USR III wird eine Gegenfinanzierung durch die Unternehmen eingeführt: Die Dividendenbesteuerung wird beim Bund auf 70 Prozent (Status Quo: 60%) und bei den Kantonen auf mindestens 70 Prozent erhöht (Status Quo: zwischen 35% und 70%). Zudem werden als sozialpolitische Kompensation die Mindestvorgaben für die Kinder- und Ausbildungszulage um CHF 30 auf CHF 230 respektive CHF 280 erhöht. Im Unterschied zum abgelehnten Vorschlag der USR III enthält die Steuervorlage 17 somit deutlich weniger neue Steuerprivilegien sowie eine Erhöhung der Dividendenbesteuerung und der minimalen Kinderzulagen. Infolgedessen weist diese Version der SV17 eine gewisse Ähnlichkeit mit dem kurz nach Ablehnung der USR III als «Plan B» bezeichneten Szenario auf.
Die Voto-Analyse zur USR III hatte gezeigt, dass die Stimmbürger sich insbesondere auch vor den unsicheren Konsequenzen der Vorlage gefürchtet hatten. Aus diesem Grund hatte Bundesrat Maurer die Kantone im Rahmen der SV17 beauftragt, ihm ihre Reformpläne mitzuteilen, so dass diese bei der Berechnung der finanziellen Auswirkungen ebenfalls berücksichtigt werden können. Ausser den Kantonen Obwalden, Luzern und Appenzell-Ausserrhoden, die schon über tiefe bis rekordtiefe Gewinnsteuern verfügen, gaben alle Kantone an, eine Reduktion ihrer Gewinnsteuern zu planen. In 17 Kantonen sollen die Gewinnsteuern sogar unter 14 Prozent gesenkt werden, wodurch diese gemäss Tages-Anzeiger weltweit zu den steuergünstigsten Standorten gehören würden. Durchschnittlich planen die Kantone, ihre Gewinnsteuern von 19.6 auf 14.5 Prozent zu senken. Dies bringe gemäss Berechnungen, welche die ESTV als Grundlage für die bundesrätliche Botschaft vorgenommen hatte, jährliche statische Kosten von CHF 1.8 Mrd. mit sich: CHF 700 Mio. auf Bundes- und CHF 1.1 Mrd. auf Kantonsebene. Diese Schätzung ergänzte die ESTV durch dynamische Elemente wie steigende Investitionsvolumen der Unternehmen durch die tieferen Steuern, Standortverlagerungen verschiedener Unternehmen in die Schweiz oder die Umleitung von Gewinnen in die Schweiz und erstellte 40 Szenarien zur Entwicklung der Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden. Im schlechtesten Szenario wird der Bund auch langfristig Verluste von CHF 1 Mrd. pro Jahr einfahren. Im mittleren Szenario, das Finanzminister Maurer präsentierte, werden durch die SV17 langfristig Mehreinnahmen von CHF 1.4 Mrd. pro Jahr generiert, im besten Szenario sogar Mehreinnahmen von CHF 6 Mrd. Ab wann genau diese positiven Effekte eintreten, ist unsicher; kurz- und mittelfristig rechnet die ESTV im mittleren Szenario jedoch mit Mindereinnahmen in der Höhe von CHF 2.5 Mrd. jährlich.
Diese Schätzungen wurden von mehreren Seiten kritisiert, da sie neben Annahmen zu den Reaktionen der Unternehmen auch auf Annahmen zu Gewinnsteuersätzen und Steuerprivilegien im Ausland beruhen. Zudem gehe die Studie gemäss Gewerkschaftsbund davon aus, dass die staatliche Bildung irrelevant sei oder nicht von der Steuerreform beeinflusst werde. Sie berücksichtige den kantonalen Steuerwettbewerb nicht und überschätze die Kosten einer Ablehnung der SV17 – diese werden von der Studie im mittleren Szenario auf CHF 9 Mrd. geschätzt. Finanzminister Maurer nannte die Studie «wissenschaftlich erhärtet», aus Zeitgründen sei sie jedoch nicht von Externen überprüft worden. Was die Studie gemäss SGB jedoch gut aufzeige, sei, dass die Steuerbelastung für bisher «normal» besteuerte Unternehmen – für inlandorientierte KMU, wie es die NZZ erklärte – deutlich sinke, während sie für die bisher steuerprivilegierten Firmen – für internationale Grosskonzerne – steige.

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

Par l'intermédiaire d'une motion, Dominique de Buman (cvp/pdc, FR) charge le Conseil fédéral de créer un cadre légal pour faciliter la collecte des taxes de séjour directement sur les plateformes de réservation. Alors que l'économie collaborative, avec en tête d'affiche AirBnB, s'impose sur le marché du tourisme, et que le nombre de nuitées réservées sur ces plateformes ne cesse d'augmenter, encore 30 à 50 pour cent des logeurs ne paient pas la taxe de séjour au niveau de la parahôtellerie. Par conséquent, de Buman considère qu'un système d'imputation national réduirait la bureaucratie et faciliterait la perception de la taxe de séjour. En effet, des systèmes similaires, en collaboration avec AirBnB, existent déjà dans plusieurs grandes villes, comme Paris, Amsterdam ou San Francisco.
Néanmoins, le Conseil fédéral a proposé de rejeter la motion. S'il admet la nécessité d'une égalité de traitement entre la parahôtellerie et l'hôtellerie traditionnelle, il rappelle que les cantons demeurent souverain en matière de taxe de séjour. Une grande diversité existe. Dès lors, un service centralisé serait presque impossible à établir sans menacer la souveraineté cantonale.
Lors du vote, le Conseil national a rejeté la motion par 112 voix contre 73 et 4 abstentions. Le PLR et l'UDC, à droite de l'échiquier politique, ont fait parler leur poids en terme de sièges.

Taxes de séjour

Ende November 2017 löste ein Artikel in der Zeitung Le Temps über Yannick Buttet (cvp, VS) eine Debatte aus, mit der die aktuellen Diskussionen um #metoo – ein Kürzel, das im Rahmen der Anklage gegen den US-amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein aufgekommen war und auf sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe aufmerksam machen will – auch in Bundesbern virulent wurden und die letztlich zur Demission des Walliser Nationalrats führten.

Le Temps berichtete, dass gegen Buttet eine Klage wegen Stalking eingereicht worden sei. Er habe eine Frau, mit der er eine aussereheliche Beziehung gehabt habe, seit dem Ende dieser Beziehung über ein Jahr lang mit Sprachnachrichten und Telefonanrufen eingedeckt. Als er sie an ihrem Wohnort aufgesucht habe, habe die Frau die Polizei gerufen, die Buttet im Garten der ehemaligen Geliebten verhaftet habe.
Buttet bestritt die Vorwürfe nicht. Eine Ehekrise habe sein Verhalten beeinflusst und er entschuldige sich bei all jenen, «que j’ai pu blesser involontairement» (Le Temps). Anlass zu den Diskussionen gaben allerdings weniger das Privatleben von Buttet und der Stalking-Vorwurf – auch wenn zahlreiche Medien dem als wertkonservativ bezeichneten CVP-Vizepräsidenten, der sich für ein traditionelles Familienbild einsetze, Heuchelei vorwarfen («Ausgerechnet der Saubermann» titelte etwa der Tages-Anzeiger). Eine Debatte lösten vielmehr die von Le Temps in Bundesbern eingeholten Reaktionen verschiedener Politikerinnen und Journalistinnen auf die Affäre Buttet aus: Buttet habe «des pulsions sexuelles incontrôlées»; wenn er trinke, ändere sich seine Persönlichkeit: «Il se comporte mal et il a des gestes déplacés»; «il va trop loin et il ne connaît plus de limites», gaben die befragten Frauen zu Protokoll. Gar von «dérapages choquants» war die Rede. «Si tu couches, je vote pour ta motion» sei einer Parlamentarierin angeboten worden. Die Interviewten wollten allerdings anonym bleiben. Sie müssten um ihre Karriere fürchten, wenn sie sich öffentlich äussern würden. In der Folge nahm die Deutschschweizer Presse den Fall auf und weitete ihn aus. Anscheinend wisse nicht nur Buttet nicht, wo die Grenzen seien. Mehrere Parlamentarierinnen kamen zu Wort und berichteten über «unangebrachte Gesten, die sie wirklich darüber nachdenken lassen, wohin sie gehen oder ob sie es noch wagen, mit gewissen Personen den Lift zu nehmen» (Céline Amaudruz; svp, GE), über «sexistische Sprüche» (Yvonne Feri; sp, AG) oder gar Vergewaltigungsdrohungen in Kommissionssitzungen (Maria Roth-Bernasconi; sp, GE). Viele Parlamentarierinnen erhielten Bemerkungen zu ihrer Kleidung, ihrem Make-Up, ihren Beinen, ihren Brüsten; viele wüssten nicht, wie sie reagieren sollten, würden resignieren und versuchten, damit zu leben.
Maya Graf (gp, BL) forderte als Präsidentin des Frauendachverbandes Alliance F eine Meldestelle für Parlamentsmitglieder, bei der sexuelle Belästigung gemeldet werden könne. Sexismus gehöre leider immer noch zur Tagesordnung; das sei im Parlament nicht anders. Freilich gab es auch Stimmen, die ein Sexismus-Problem im Bundeshaus als «Blödsinn» bezeichneten (Verena Herzog; svp, TG) und keinen Handlungsbedarf sahen. Um gewählte Nationalrätin zu sein, müsse man stark und durchsetzungsfähig sein und könne sich wohl zur Wehr setzen, befand Andrea Gmür (cvp, LU). Natalie Rickli (svp, ZH) warnte davor, nun gleich alle Männer im Bundeshaus unter Generalverdacht zu stellen. Auch Kathrin Bertschy (glp, BE) betonte im Tages-Anzeiger, dass sich die grosse Mehrheit der männlichen Kollegen auch bei informelleren Anlässen, in denen Alkohol fliesse, «normal und anständig» verhalten würde. Wie überall gebe es aber auch hier «ein paar Typen, die enthemmter sind und die Grenzen nicht kennen.»

Wie ambivalent die Debatte um #metoo ist und wie schwierig es eben ist, sich zu wehren, zeigten die Auseinandersetzungen um die Anschuldigungen von Céline Amaudruz zu den unangebrachten Gesten und ihren Bedenken, mit gewissen Personen den Lift zu benutzen. Nachdem der Sonntags-Blick kolportiert hatte, dass ihre Andeutung wohl Buttet gegolten haben müsse – der Walliser soll sie beim Apéro nach der Wahl von Ignazio Cassis in stark angetrunkenem Zustand belästigt haben –, wurde die Genferin laut Medien in ihrer Fraktion von Adrian Amstutz (svp, BE) heftig kritisiert. Sie schade der Partei und allen Parlamentariern, wenn sie Äusserungen mache ohne konkret zu werden und Namen zu nennen. Laut Sonntags-Blick habe die Genferin darauf unter Tränen das Fraktionszimmer verlassen. In seinem Editorial in der Weltwoche doppelte Roger Köppel (svp, ZH) nach: Das Klima im Bundeshaus sei «sexismusfeindlich», Männer stünden unter Generalverdacht. Und weiter: «Eine Politikerin, die ich noch nie ohne kurzen Rock oder hautenge Bluse gesehen habe, beschwert sich, sie würde mit gewissen Herren niemals in den Lift steigen.» Das Problem sei, so die Tribune de Genève, dass Frauen von Opfern zu Täterinnen gemacht würden – auch im Bundeshaus. Die «manipulierende Wirkung der medialen Öffentlichkeit» – so die Wochen-Zeitung – sei vor allem für Frauen verheerend, denen, wenn sie eine Anschuldigung vorbrächten, eine mediale Hetzjagd und die Ausleuchtung ihres Privatlebens drohe: «Kann eine Situation juristisch nicht eindeutig geklärt werden, bleibt die Geschichte vor allem an der Frau kleben. Sie kriegt den Schlampenstempel aufgedrückt.»

Buttet wurde kurz nach Bekanntwerden der Anschuldigungen von seinem Amt als CVP-Vizepräsident suspendiert. Einen Rücktritt als Nationalrat schloss Buttet vorerst allerdings aus, auch wenn sich gar CVP-Bundesrätin Doris Leuthard in die Debatte einbrachte. Falls die Vorwürfe korrekt seien, habe Herr Buttet ein Problem, sagte die Magistratin bei einem TV-Interview: «Alle diese Herren, die sich nicht zu benehmen wissen, nerven mich [...]. In der Politik ist das inakzeptabel», wurde das Interview bei RTS im Blick zitiert. Rund fünf Tage nach Bekanntwerden des Stalking-Vorwurfs liess sich Buttet krank schreiben. Er wolle eine Kur beginnen, um sein Alkoholproblem in den Griff zu kriegen, liess er über seinen Anwalt verkünden. Damit vermied er eine geplante Anhörung durch die Parteileitung. CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) nahm in der Folge vor der Presse Stellung. Buttets Verhalten sei in der Tat inakzeptabel, aber auch für ihn gelte die Unschuldsvermutung.
Freilich wurden nicht nur die Rücktrittsforderungen, sondern auch die Forderungen nach einem Parteiausschluss lauter. Insbesondere nachdem in Le Temps sechs weitere Frauen zu Wort gekommen waren, die detailliert sexuelle Belästigungen von Buttet beschrieben, und nachdem bekannt wurde, dass die Walliser Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Nötigung eingeleitet hatte. Ohne mit seiner Partei das Gespräch gesucht zu haben, zog Buttet wohl auch deshalb die Reissleine und gab am Sonntag, 18. Dezember 2017 seine Demission als Nationalrat bekannt. Er erklärte via Communiqué, im Interesse der CVP und seiner Familie zurückzutreten. Er wolle sein Umfeld schützen und die notwendige Ruhe für den Heilungsprozess von seiner Alkoholabhängigkeit schaffen. Für Buttet, der Gemeindepräsident von Collombey-Muraz (VS) blieb, rutschte Benjamin Roduit (cvp, VS) in den Nationalrat nach.

Eine rasche Reaktion auf die Debatten zeigten die beiden Ratspräsidien. Karin Keller-Sutter (fdp, SG) und Dominique de Buman (cvp, FR) fassten eine «Lex Buttet» (Blick) ins Auge. Sexuelle Belästigung müsse verurteilt werden und gegen sie sei «mit aller Entschiedenheit» vorzugehen, so die Ständeratspräsidentin und der Nationalratspräsident in einem gemeinsamen Communiqué. Mitte Dezember legte die Verwaltungsdelegation in Absprache mit den Rats- und den Fraktionspräsidien dann ein Dokument vor, in dem den Parlamentsmitgliedern geraten wurde, sich bei sexueller Belästigung künftig an die Fraktionsspitzen oder eine externe Beratungsstelle zu wenden. Das Dokument hielt zudem den Unterschied zwischen einem Flirt und sexueller Belästigung fest, wie er auch im Ratgeber für Arbeitnehmende des Bundes vermerkt ist: Ein Flirt sei «aufbauend», «von beiden Seiten erwünscht» und löse «Freude aus», während sexuelle Belästigung «erniedrigend», «von einer Person nicht erwünscht» sei und «Ärger» auslöse. Mit diesem Dokument drifte die Debatte ins Lächerliche ab, bedauerte Natalie Rickli, als «fausse bonne idée» bezeichnete Doris Fiala (fdp, ZH) das Unterfangen laut Tages-Anzeiger. Leider mache man nur noch Witze, wenn man «wie Schulbuben» behandelt werde, obwohl es bei Stalking und sexuellen Belästigungen um wichtige Themen ginge. Géraldine Savary (sp, VD) befand es hingegen für nützlich, in Erinnerung zu rufen, «was normal sein sollte, es aber offenbar nicht für alle ist». Es sei gut darüber zu reden, weil das vor allem den Frauen helfe, sich bewusst zu werden, dass man Grenzen setzen dürfe und müsse, gab sie dem Tages-Anzeiger zu Protokoll.

Einige Medien reflektierten ihre eigene Rolle in der Affäre: Buttets Karriere ende, bevor erwiesen sei, ob und was er sich zuschulden habe kommen lassen – so etwa die Basler Zeitung. Die Unschuldsvermutung habe keinen Wert mehr und in den letzten drei Wochen habe eine «veritable Hetzjagd» mit zahlreichen anonymen Beschuldigungen stattgefunden. Nur eine Frau habe aber genug Rückgrat gehabt, Buttet anzuzeigen, seine ehemalige Geliebte. Die «tolérance zéro» sei zur Norm im Parlament geworden, urteilte die Tribune de Genève und stellte einen Vergleich mit dem Rücktritt von Jonas Fricker (gp, AG), dem Wirbel um ein aussereheliches Kind von Christophe Darbellay (VS, cvp) und der Affäre um Geri Müller (gp, AG) her. Jemand mache einen Fehler, es komme zu einem Mediengewitter und zu grossem politischen Druck, dem nur noch durch einen Rücktritt begegnet werden könne. Man müsse sich fragen, ob die immer schneller agierenden Medien Meinungen abbildeten oder selber formten. Sie hätten auf jeden Fall die Macht, zu definieren, was moralisch vertretbar sei. Die Vermischung von privatem und öffentlichem Leben nehme zu. Man müsse freilich unterscheiden zwischen moralischen und strafrechtlichen Verfehlungen – so die Tribune de Genève.

Mitte August 2018 wurde bekannt, dass Buttet wegen Nötigung und unrechtmässiger Aneignung zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Er selber bezeichnete die damals publik gewordene Verhaftung laut der NZZ als Resultat einer politischen Verschwörung. Er überlege sich, im Herbst 2019 für den Ständerat zu kandidieren.

Affäre Buttet

Mit 160 von 179 gültigen Stimmen, ein Resultat, das zeige, dass er den Respekt bei seinen Kolleginnen und Kollegen auch nach 13 Jahren im Rat nicht verloren habe (Le Matin), wurde der erste Vizepräsident Dominque de Buman (cvp, FR) zum Nationalratspräsidenten gewählt. Von den 189 eingelangten Wahlzetteln waren 10 leer, Diverse erhielten 19 Stimmen. Der Fribourger CVP-Volksvertreter, der seit 2003 im Nationalrat sitzt, löste damit Jürg Stahl (svp, ZH) ab, der für die SVP das höchste Amt im Nationalrat inne gehabt hatte.
In seiner Abschiedsrede fasste Stahl seine Emotionen des intensiven Jahres mit der ihn beeindruckenden Vielfalt und Vielseitigkeit der Schweiz zusammen, die er habe erleben dürfen. Er habe gelernt, dass man als Politiker zwar naturgemäss dorthin schauen müsse, wo etwas nicht funktioniere, dass es aber gut tue, sich Musse, Zeit und Mut zu nehmen, „auch dorthin zu schauen, wo es funktioniert”. Dies sei vor allem dank Menschen möglich, die nicht im Rampenlicht stünden.
De Buman seinerseits kündigte an, sein Amt in einem Geist der Unparteilichkeit, des Wohlwollens und der Effizienz ausüben zu wollen. Er bemühte die Schweizer Geschichte und zitierte Bruder Klaus, einen der ersten Garanten der nationalen Kohäsion der Willensnation Schweiz. Er sprach die Herausforderungen des kommenden Jahres an: Das Scheitern der Rentenreform und der Unternehmenssteuerreform III zeige, dass den Bürgerinnen und Bürgern noch mehr Gehör geschenkt werden müsse und mehrheitsfähige Lösungen ausgearbeitet werden müssen. Zwischen den Reden wurde Jazzmusik gespielt.
In der Presse wurde der Freiburger Neo-Nationalratspräsident als Politiker mit Witz und Charme beschrieben, der in seiner Partei beliebt sei, obwohl er am linken Rand ziemlich einsam sei. Sich kurz zu fassen sei für den dossiersicheren „homme de culture” allerdings nicht einfach (NZZ). Für den einst von seiner Partei als Bundesratskandidaten verschmähten Welschfreiburger sei das Präsidium die Krönung der Karriere (TA), auch weil die Politkarriere des erfolgreichen Tourismus-Lobbyisten mutmasslich 2019 zu Ende gehe, kenne doch die Freiburger CVP eine Amtszeitbeschränkung von 16 Jahren (BZ).
Ins Amt der ersten Vizepräsidentin stieg die Tessiner Genossin Marina Carobbio Guscetti auf. Sie wurde mit 154 von 179 gültigen Stimmen gewählt. Diverse erhielten 10 Stimmen und Chantal Galladé (sp, ZH), die 2016 in der SP-fraktionsinternen Ausmarchung nicht berücksichtigt worden war, erhielt 15 Stimmen. Sieben der 186 eingelangten Wahlzettel wurden leer eingelegt.
Zur zweiten Vizepräsidentin wurde Isabelle Moret (fdp, VD) gekürt. Ihre Wiederwahl bei den Nationalratswahlen 2019 vorausgesetzt, wird Moret also voraussichtlich 2019/2020 den Nationalrat präsidieren. Sie erhielt 145 von 163 gültigen Stimmen, von denen 18 auf Diverse entfielen. Von den 169 eingelangten Wahlzetteln blieben fünf leer und einer war ungültig.
Mit der Wahl des Nationalratspräsidiums waren fünf der sechs Präsidiumsmitglieder in den beiden Kammern nicht deutschsprachig; ein Umstand, den es so noch nie gegeben hat. Einzig die neue Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter (fdp, SG) spricht als Muttersprache Deutsch.

Wahl des Nationalratspräsidiums für 2017/18
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Nachdem der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) bereits 2015 die Radio- und TV-Gebühren bekämpft hatte, wollte er zwei Jahre später die Billag-Gebühren ganz abschaffen. Im Oktober 2017 beschloss die Schweizerische Gewerbekammer – das Parlament des SGV – mit einer Zweidrittelmehrheit die Ja-Parole zur No-Billag-Initiative und unterstützte in der Folge auch die Abstimmungskampagne des überparteilichen Komitees „Ja zu No-Billag“ an vorderster Front. Der SGV begründete das Engagement für die No-Billag-Initiative damit, dass Unternehmer für die Billag zwei Mal aufkommen müssten, einmal als Privatperson und einmal als juristische Person. „Diese Abzockerei akzeptiert das Gewerbe nicht“, wurde der SGV-Präsident Jean-François Rime (svp, FR) in einer Medienmitteilung des SGV zitiert. Allerdings wurde in der Mitteilung verschwiegen, dass diese „Abzocke“, wie Rime und SGV-Direktor Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) die Billag-Gebühren in den darauffolgenden drei Monaten unermüdlich bezeichneten, nur jenes Viertel der Unternehmen betraf, deren jährlicher Umsatz CHF 500'000 übersteigt; alle anderen Unternehmen waren mit der sehr knapp angenommenen RTVG-Revision im Jahr 2015 von der Billag-Gebühr befreit worden. An einer von den Medien mit Spannung erwarteten Medienkonferenz am 9. Januar 2018 präsentierte der SGV einen „Plan B“ für die SRG, falls die No-Billag-Initiative am 4. März 2018 angenommen werden sollte. Bigler zeigte sich überzeugt, dass die SRG bei einer Annahme der Initiative nicht verschwinden würde, sondern dass Kunden ein Grundabo für Flaggschiff-Sendungen der SRG, etwa die Tagesschau, 10 vor 10 und Echo der Zeit, lösen oder auch einfach Einzelsendungen kaufen könnten. Werbeeinnahmen würden die zweite grosse Einnahmequelle ausmachen, denn mit einem Ja zu No-Billag könne die SRG auch online und im Radio Werbung schalten. Sendungen für Randregionen und sprachliche Minderheiten könnten gemäss Bigler über Subventionen finanziert werden.
Im Verlaufe des Januars zeigte sich jedoch: Die Unterstützung des SGV für die No-Billag-Initiative war bei der Basis des Schweizer Gewerbes sehr umstritten. Die Gewerbeverbände der Kantone Freiburg, Genf, Jura, Schwyz, Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden und Aargau beschlossen die Nein-Parole zur No-Billag-Initiative und stellten sich damit diametral gegen den Dachverband. Zudem beschlossen die Gewerbeverbände der Kantone Bern, Basel-Landschaft, Luzern, Zug, Nidwalden, St. Gallen und Schaffhausen Stimmfreigabe. Im Gewerbeverband des Kantons St. Gallen etwa sei „angeregt und engagiert“ diskutiert worden, bevor am Ende 18 Ja- zu 18 Nein-Stimmen resultierten, sagte Felix Keller, Geschäftsführer des Gewerbeverbands St. Gallen im St. Galler Tagblatt. Die Doppelbesteuerung sei tatsächlich „ein Ärgernis“, so Keller. Auf der anderen Seite habe aber die Sorge um die Medienvielfalt, insbesondere in den Randregionen, überwogen. Die gleiche Sorge gab auch den Ausschlag für die Nein-Parole des Gewerbeverbands des Kantons Jura. Dessen Präsident Patrick Riat fürchete, dass bei einem Ja zur No-Billag-Initiative das Westschweizer Fernsehen von einem einzigen privaten Anbieter übernommen werden könnte und sich das Informationsangebot auf die urbanen Zentren fokussieren würde. „Dann hören wir ganz einfach auf zu existieren“, sagte Riat in der Luzerner Zeitung. Auch im aargauischen Gewerbeverband glaubte man Biglers Beteuerungen, die SRG würde bei einem Ja weiterhin bestehen bleiben, nicht recht. „Die Doppelbesteuerung ist tatsächlich störend, aber die SRG muss man deswegen nicht gerade ‚wegputzen‘“, sagte Kurt Schmid, Präsident des Aargauer Gewerbeverbandes, im gleichen Artikel der Luzerner Zeitung.
Nachdem die Volksabstimmung über die No-Billag-Initiative am 4. März 2018 für den SGV sehr deutlich verloren gegangen war (71.6 Prozent der Stimmenden sagten Nein zur Abschaffung der Billag-Gebühren), erwartete die Verbandsspitze bereits die nächste Ohrfeige, diesmal verbandsintern. Kurz nach der Abstimmung berichtete die Handelszeitung, dass sechs Verbände des Ausbaugewerbes am Gewerbekongress 2018, der Mitgliederversammlung des SGV, einen Antrag auf eine Statutenänderung stellen wollten. Gemäss diesem Antrag soll die Amtszeit der SGV-Vorstandsmitglieder auf 14 Jahre beschränkt werden; zudem soll eine Wahl in den Vorstand nur bis zum Alter von 68 Jahren möglich sein. „Wir sehen die Gefahr, dass der Vorstand zunehmend verkrustet“, sagte Hans-Peter Kaufmann, Direktor des Gebäudetechnikverbands Suissetec, in der NZZ. Der Vorstand verliere den Draht zu den einzelnen Verbänden und solle sich in Zukunft wieder mehr um die Kernanliegen des Gewerbes kümmern, so Kaufmann. Dieser Antrag auf Amtszeit- und Altersbeschränkung des 15-köpfigen SGV-Vorstands wurde am Gewerbekongress Mitte Mai in Bern gegen den Willen des Vorstands überraschend angenommen. Die NZZ sprach von einem „Misstrauensvotum gegen den Gewerbevorstand“, der Tages-Anzeiger von einem „kleinen Putsch gegen den Präsidenten“, denn der Präsident, Jean-François Rime, war der prominenteste Betroffene der „Altersguillotine“. Rime wurde am Kongress zwar für weitere zwei Jahre als Präsident bestätigt, da er aber bei der nächsten Wahl 2020 das Alter von 68 überschritten haben wird, ist dies seine letzte Amtszeit. Von der Alterslimite direkt betroffen war Robert Gubler, der bei den Vorstandswahlen 2018 nicht mehr antreten durfte. Die Nordwestschweiz rechnete zudem vor, dass in den nächsten zwei Jahren neben Rime zwei weitere Vorstandsmitglieder der Alterslimite zum Opfer fallen werden. 2018 mussten drei SGV-Vorstandsmitglieder ersetzt werden: Neu ins 15-köpfige Gremium gewählt wurden Ivo Bischofberger (cvp, AI), Werner Scherrer (Präsident KMU- und Gewerbeverband Kanton Zürich) und Hansjörg Brunner (fdp, TG).

Gewerbeverband No Billag

Zwar wurde das Postulat von Cédric Wermuth (sp, AG) letztlich mit 125 zu 58 Stimmen recht deutlich abgelehnt, es erlaubte jedoch eine interessante Auseinandersetzung zur Debattenkultur im Nationalrat. In der Tat forderte der SP-Nationalrat das Büro-NR auf, in einem Bericht aufzuzeigen, wie „echte” Debatten in der grossen Kammer ermöglicht werden könnten. Er sei sich bewusst, dass es sich beim Schweizer Parlament um ein Arbeitsparlament handle – im Gegensatz etwa zum britischen Parlament, in welchem als Redeparlament politische Fragen im Plenum diskutiert werden, werden diese in einem Arbeitsparlament in Kommissionen debattiert und die Reden im Plenum erfüllen eher eine Informationsfunktion – nichts desto trotz müsse die Debattenkultur neu gepflegt werden. Wermuth monierte nicht nur, dass Nicht-Kommissionsmitglieder kaum ihre Meinung kundtun könnten und somit eine starke Abhängigkeit von den Spezialistinnen und Spezialisten in den Kommissionen entstehe, sondern dass die Kommissionssprecherinnen und -sprecher häufig lediglich schriftlich verfasste Statements vorläsen. Die von den Besucherinnen und Besuchern des Nationalratssaals immer wieder monierte Unruhe beruhe nicht zuletzt auch auf dieser schwachen Redekultur. Im Gegensatz dazu würden Debatten der Kategorie 1 zu einem eigentlichen Schaulaufen verkommen – Wermuth verwies auf die 70 Wortmeldungen bei der Debatte um die No-Billag-Initiative –, bei dem zwar zahlreiche Argumente vorgeführt würden, aber kaum diskutiert würde. Die Debatten sind in Kategorien eingeteilt. Kategorie 1 – die so genannte freie Debatte, der jeweils auch die Botschaften des Bundesrates zu Volksinitiativen zugeordnet werden – erlaubt eine freie Wortmeldung aller Parlamentsmitglieder. In den restlichen vier Kategorien (2: Organisierte Debatte, 3a: Fraktionsdebatte, 3b: verkürzte Fraktionsdebatte, 4: Kurzdebatte; 5: schriftliches Verfahren) sind neben den Kommissionssprecherinnen und -sprechern nur die Vertreterinnen und Vertreter des Bundesrats, die Antragsstellerinnen und Antragssteller von Minder- und Mehrheitsvorschlägen, je nachdem die Urheberinnen und Urheber von Vorstössen und die Fraktionssprecherinnen und -sprecher redeberechtigt. Zusätzliche Wortmeldungen müssen schriftlich eingereicht werden. Zudem wird mit den Kategorien auch die Redezeit geregelt. Wermuth schlug in seinem Postulat unter anderem vor, die Möglichkeiten für die so genannte Zwischenfrage auszubauen: Nach dem Votum einer Rednerin oder eines Redners dürfen alle Ratsmitglieder zu bestimmten Punkten eine präzise und kurze Frage stellen – ohne jedoch selber inhaltliche Ausführungen anzubringen. Eine weitere Möglichkeit für eine lebendigere Diskussionskultur wäre laut Wermuth die Einschränkung der Berichterstattung, die jeweils von zwei Kommissionsmitgliedern mit unterschiedlicher Muttersprache vorgetragen wird. Zudem müsse die Ungleichbehandlung der kleineren Fraktionen und der Kommissionsmitglieder von weniger bedeutenden Kommissionen überdacht werden.
Das Büro-NR hiess zwar die Idee einer lebendigeren Debatte grundsätzlich gut, wies aber darauf hin, dass schriftliche Voten und Notizen aufgrund der teilweise komplizierten Geschäfte kaum vermeidbar und zudem abhängig von den Fähigkeiten einer Votantin oder eines Votanten seien. Die Kommissionssprecherinnen und Kommissionssprecher seien zudem verpflichtet, gut und umfassend zu informieren. Man wolle hier deshalb keine Vorschriften machen. Beim Ausbau der Zwischenfrage und der Einschränkung der Berichterstattung befürchtet das Büro eine einseitige Konzentration auf die deutsche Muttersprache, was die Gefahr der Diskriminierung der anderen Sprachen mit sich brächte. Das Postulat sei auch deshalb abzulehnen, weil man vielmehr an die Eigenverantwortung der Parlamentarierinnen und Parlamentarier appellieren wolle.
In der Debatte wünschte sich Wermuth weniger Technokratie und mehr inhaltliche Auseinandersetzung und Peter Keller (svp, NW) bezeichnete – nota bene mittels Zwischenfrage – die Zwischenfrage als „unwürdige[n] Kastrationsvorgang der parlamentarischen Möglichkeiten und Debattenkultur”. Der Sprecher des Büros, Adrian Amstutz (svp, BE), wies darauf hin, dass auch er gerne „vom Leder ziehen” würde, als Sprecher des Büros aber eben richtigerweise nicht dürfe, sondern die Aufgabe habe, sachlich und faktentreu zu informieren. Der französischsprachige Sprecher des Büros, Dominque de Buman (cvp, FR), verwies seinerseits auf die Geschichte des Parlaments und zitierte Benjamin Constant, der die schlechte Debattenkultur in Parlamenten bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts moniert habe. Das Parlamentsreglement von 1850 habe gar ein Verbot des Vorlesens schriftlich verfasster Reden vorgesehen. Mittlerweile sei man aber im 21. Jahrhundert und die Komplexität der Geschäfte würde andere Rede- und Stilmittel bedingen. Ausser bei der CVP- und der GLP-Fraktion vermochte das Anliegen Wermuths in allen Fraktionen einige Sympathien zu wecken.

Debattenkultur im Nationalrat

Gemäss Nationalrat de Buman (cvp, FR) sind die Zeitschriftenpreise in der Schweiz im Vergleich zum Ausland stark überhöht. Um angemessene Zeitschriftenpreise in der Schweiz zu ermöglichen, forderte er mittels parlamentarischer Initiative eine Ausnahmeregelung zum Verbot von Kartellabsprachen. Eine solche Regelung habe die WAK-NR bereits im Rahmen der Arbeiten zur Revision des Kartellrechts diskutiert, die 2014 im Nationalrat gescheitert war. Nach Anhörung des Preisüberwachers und der Wettbewerbskommission (WEKO) ortete die für die Initiative zuständige WAK-NR Handlungsbedarf, war aber nicht einverstanden mit dem Lösungsweg. Da die Preise von ausländischen Verlagen festgelegt werden, wäre eine Regelung im Kartellgesetz formell nicht korrekt, wenig effektiv und schwer durchsetzbar. Aus diesem Grund beschloss sie die Lancierung einer Kommissionsmotion, bei deren Annahme der Bundesrat in der Pflicht wäre, mit dem Preisüberwacher und der WEKO eine «unbürokratische und effiziente Lösung» zu finden. Mit 12 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschloss die Kommission, der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben. Eine starke Minderheit erachtete den Weg der parlamentarischen Initiative als effizienter in Bezug auf die Ausarbeitung einer Gesetzesänderung als eine Motion. Ferner lasse die Initiative genügend Spielraum, um auch nach alternativen Lösungen ausserhalb des Kartellgesetzes zu suchen. In der Herbstsession 2017 folgte der Nationalrat der Kommissionsmehrheit und gab der Initiative mit 108 zu 82 Stimmen keine Folge.

Für angemessene Zeitschriftenpreise in der Schweiz (Pa.Iv. 16.420)

In seinem Bericht über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2016 beantragte der Bundesrat die Abschreibung der Motion de Buman (cvp, FR) zur Lancierung und Umsetzung einer Schneesportoffensive. Durch Aktivitäten des 2014 gegründeten Vereins «Schneesportinitiative Schweiz» wie der Führung einer Geschäftsstelle und einer Website mit Angeboten für Schneesportlager, der Sensibilisierung von Behörden und Lehrkräften sowie durch die breite finanzielle Abstützung des Vereins würden die Anliegen der Motion erfüllt. In der Sommersession 2017 folgten National- und Ständerat dem bundesrätlichen Antrag und schrieben das Geschäft ab.

Lancierung und Umsetzung einer Schneesportoffensive (Mo. 13.3616)
Dossier: Promotion des Wintersports

Die WAK-SR hatte noch vor dem Entscheid des Nationalrats zugunsten einer unbefristeten Festlegung des Mehrwertsteuersondersatzes für Beherbergungsleistungen beschlossen, sich in Übereinstimmung mit der WAK-NR für eine zeitlich auf zehn Jahre begrenzte Festsetzung des Sondersatzes auszusprechen. Kommissionssprecher Schmid (fdp, GR) erläuterte in der ständerätlichen Beratung die turbulente bisherige Geschichte des Sondersatzes und erklärte, dass der Bundesrat 2003 bereits einmal versucht hatte, den Sondersatz fürs Gastgewerbe aufzuheben. Der Entschluss des Parlaments, diesen erneut zu verlängern, sei jedoch anschliessend durch das Volk bestätigt worden, was ihm eine besondere Legitimation verleihe. Wie bereits bei der Diskussion im Nationalrat wurde der Kompromissvorschlag auch im Ständerat von beiden Seiten angegriffen: Eine Minderheit Caroni (fdp, AR) beantragte die Aufhebung des Sondersatzes, während ein Antrag Engler (cvp, GR) die Zustimmung zum nationalrätlichen Beschluss und somit zu einer unbeschränkten Festlegung des Sondersatzes forderte. Der Ständerat entschied sich aber dafür, dem Kompromissvorschlag der beiden WAK zuzustimmen, und lehnte die Aufhebung des Sondersatzes mit 36 zu 8 Stimmen (keine Enthaltungen) und seine dauerhafte Verankerung mit 32 zu 12 Stimmen (keine Enthaltungen) ab.
Einen Tag später, die WAK-NR hatte in der Zwischenzeit Zustimmung zum Beschluss des Ständerats empfohlen, stimmte auch der Nationalrat der zehnjährigen Verlängerung des Mehrwertsteuersondersatzes für Beherbergungsleistungen zu. Zuvor hatte eine Minderheit de Buman (cvp, FR) ihren Antrag auf Festhalten am nationalrätlichen Entscheid zurückgezogen.

Dauerhafte Verankerung des MWST-Sondersatzes für Beherbergungsleistungen

Corrado Pardini (sp/ps, BE) affirme que les risques de conflit d'intérêt, entre l'entreprise de révision et une banque ou assurance, lors d'un audit comptable ou prudentiel, sont omniprésents étant donné la taille limitée du marché des entreprises de révision. Dès lors, plusieurs irrégularités n'arriveraient jamais à l'oreille de la FINMA. Une motion souhaite donc étendre le rôle de la FINMA dans le cadre de la loi sur la surveillance des marchés financiers (LFINMA). Quatre mesures sont proposées pour élargir les compétences de la FINMA. Elle deviendrait responsable de fixer l'étendue et le contenue de la révision, de définir le mandat et l'entreprise de révision, de facturer les frais à la société auditée et de réceptionner le rapport de révision.
Pour sa part, le Conseil fédéral a estimé que les risques de conflits d'intérêts avaient été résorbés lors des récentes modifications de la loi sur la surveillance de la révision (LSR). En effet, les entreprises de révision sont désormais sous la loupe de l'Autorité fédérale de surveillance en matière de révision (ASR). De plus, il a précisé que le rapport sur l'activité de la FINMA, en réponse aux postulats de Konrad Graber (cvp/pdc, LU) 12.4095, de Thomas de Courten (svp/udc, BL) 12.4121, de Daniela Schneeberger (fdp/plr, BL) 12.4122 et Dominique de Buman (cap/pdc, FR) 13.3282 évaluait positivement la surveillance de la FINMA. Lors du vote à la chambre du peuple, la motion a été rejetée par 137 voix contre 51. Les voix du Parti socialiste et des Verts n'ont pas été suffisantes.

Transparence en matière de révision. La FINMA doit pouvoir déterminer l'étendue, le contenu et l'entreprise de révision

Das erste Geschäft der Wintersession im Nationalrat ist jeweils die Wahl des Nationalratspräsidiums. Die scheidende Präsidentin, Christa Markwalder (fdp, BE), blickte in ihrer Rede auf „ein reichhaltiges und spannendes Jahr” zurück. Bei ihren Reisen und zahlreichen Auftritten ausserhalb des Parlaments habe sie viel Berührendes erlebt. Sie sei zudem stolz, dass das Parlament in ihrem Präsidialjahr grosse und zukunftsweisende Reformen beschlossen habe – konkret sprach die Bernerin die Unternehmenssteuerreform III, die Altersvorsorge 2020 und die Energiestrategie 2050 an.
Ihr Nachfolger wurde turnusgemäss der amtierende Vizepräsident, Jürg Stahl (svp, ZH). Der Zürcher SVP-Parlamentarier erhielt 157 von 172 gültigen Stimmen. 15 Stimmen entfielen auf Diverse, 14 der 187 ausgeteilten Wahlzettel blieben leer und einer war ungültig.
Der seit 17 Jahren im Nationalrat sitzende Zürcher wurde in der Presse als stiller Schaffer beschrieben, der anders als viele seiner Parteikollegen nicht auf die polternde Art politisiere (TA); als unauffälliger (BaZ) und unspektakulärer Politiker (NZZ) liege ihm die Arbeit im Hintergrund eher als die Politik mit dem Zweihänder.
In seiner Rede zeigte Stahl Respekt vor der anstehenden Aufgabe. Es sei ihm ein Anliegen, sich immer wieder an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger zu erinnern. Stahl appellierte zudem bereits in seiner ersten Rede an die Disziplin im Rat: Wenn der Lärmpegel tief und Respekt und Aufmerksamkeit hoch seien, lasse es sich konstruktiver arbeiten. Schliesslich sässen im Rat insgesamt über 10'000 Jahre an Lebenserfahrung. Mit einem Song von Elvis Presley, vorgetragen von einem Jugendfreund Stahls, Kunstturnübungen am Pferdpauschen durch drei Kunstturner – Stahl ist als ehemaliger Zehnkämpfer und seit dem Tod von This Jenny als Dauersieger des Parlamentarierskirennens dem Sport stark verbunden – und der Intonation des Schweizerpsalms wurde auf das Präsidialjahr Stahls eingestimmt.
Die erste Amtshandlung des frisch gebackenen Nationalratspräsidenten war die Leitung der Wahl der restlichen Mitglieder des Präsidiums, die jeweils als Sesselrücken organisiert ist: Weil der erste Vizepräsident zum Präsidenten gewählt wird, rückt der zweite Vizepräsident zum ersten auf, usw. Neuer erster Vizepräsident wurde entsprechend Dominique de Buman (cvp, FR). Er erhielt 149 von 190 eingelangten und 168 gültigen Stimmen (19 Diverse, 20 leer, 2 ungültig). Zur zweiten Vizepräsidentin wurde Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) bestimmt. Sie erhielt 131 von 180 eingelangten und 158 gültigen Stimmen. 15 Stimmen entfielen auf Chantal Galladé (sp, ZH), 12 auf Diverse; 20 Wahlzettel blieben leer und zwei waren ungültig. Galladé war in der fraktionsinternen Ausmarchung Carobbio Guscetti unterlegen. Gut möglich, dass Vertraute der Zürcherin ihr damit die Referenz erweisen wollten.

Wahl des Nationalratspräsidiums 2016
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros