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Akteure

  • Ruiz, Rebecca (sp/ps, VD) NR/CN
  • Darbellay, Christophe (cvp/pdc, VS) NR/CN
  • Widmer-Schlumpf, Eveline (bdp/pbd) BR EFD / CF DFF

Prozesse

  • Bundesratsgeschäft
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Im Zusammenhang mit der parlamentarischen Initiative Nantermod (fdp, VS; Pa.Iv. 18.408) entschied sich die SGK-NR mit 12 zu 8 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) im Hinblick auf den Bericht des Bundesrates, die Motion Darbellay (cvp, VS; Mo. 11.3811) zur Abschreibung zu empfehlen. Die Schaffung einer Regelung, gemäss der die Unfallversicherung die Kosten von Rückfällen oder Spätfolgen von Unfällen aus der Jugend übernehmen soll, würde neue Ungerechtigkeiten schaffen, erklärte die Kommission.

In der Frühjahrsession 2019 entschied sich der Nationalrat jedoch auf Antrag einer Minderheit Nantermod mit 93 zu 84 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gegen eine Abschreibung der Motion. Die Mehrheit des Rates liess sich von Thomas Weibel (glp, ZH) und Manfred Bühler (svp, BE), die auf die zentralen vom Bundesrat im Bericht aufgeführten Probleme verwiesen, nicht überzeugen. Deren Argumente hatte Philippe Nantermod zuvor zu entkräften versucht: Unter anderem verwies er darauf, dass das Rückwirkungsverbot auch bei genetischen Krankheiten missachtet werde und dass Eltern nicht die Möglichkeit hätten, Schulkinder gegen spätere Behinderungen zu versichern. Da es zudem nur Einzelfälle treffe, würden sich auch die Prämienfolgen in Grenzen halten. Abschliessend rief er zur Achtung der Entscheidungen des Parlaments in den Jahren 2013 und 2014 auf. Da sich seither die Situation nicht geändert habe, könne der Bundesrat keine Abschreibung der Motion verlangen; er sei verpflichtet, ein Gesetz vorzuschlagen. Letzterem widersprach Bundesrat Berset: Wenn der Bundesrat das Gefühl habe, dass eine Weiterverfolgung eines Vorstosses nicht mehr gerechtfertigt sei, könne er diesen sehr wohl zur Abschreibung empfehlen. Dies sah jedoch nur eine Mehrheit der SVP- und der FDP-Fraktion sowie die gesamten Fraktionen der Grünliberalen und der BDP ähnlich; die übrigen Parlamentarierinnen und Parlamentarier entschieden sich gegen eine Abschreibung der Motion.

Rechtslücke in der Unfallversicherung schliessen (BRG 18.037)

Im März 2018 legte der Bundesrat dem Parlament einen Bericht zur Abschreibung der Motion Darbellay (cvp, VS; Mo. 11.3811) zur Schliessung der Rechtslücke in der Unfallversicherung vor. Darin hatte er verschiedene Fragen zu den Taggeld-Zahlungen bei Erwerbsausfällen aufgrund von Rückfällen oder Spätfolgen von Jugendunfällen untersucht und war zum Schluss gekommen, dass eine solche Regelung nur Einzelfälle betreffen würde. Deutlich sprach er sich gegen eine entsprechende Regelung im Rahmen des UVG aus, da eine solche insbesondere vom Rückwärtsversicherungsverbot abweichen würde; die Personen zum Zeitpunkt des Rückfalls UVG-versichert sein müssten; die Versicherungsdeckung aufgrund des Gebots der Rechtsgleichheit nicht auf Rückfälle bei Unfällen in der Jugendzeit begrenzt werden dürfe, sondern auch Unfälle während eines Arbeitsunterbruchs berücksichtigen müsste; und da offen sei, ob die «nicht abschätzbare Prämienerhöhung» durch Arbeitgebende oder Arbeitnehmende bezahlt werden solle. Auch eine Übernahme durch andere Sozialversicherungszweige hielt der Bundesrat nicht für sinnvoll. Ganz allgemein würden bereits heute die meisten Forderungen zur Übernahme der Kosten von Rückfällen an der schwierigen Akten- und Beweislage scheitern, die es nicht erlaube, einen für eine Übernahme durch eine Versicherung notwendigen kausalen Zusammenhang zwischen Unfall und Spätfolgen festzustellen. Eine zusätzliche Regelung würde somit vor allem zu falschen Hoffnungen bei den Betroffenen und zu mehr gerichtlichen Verfahren führen. Folglich beantragte der Bundesrat die Motion zur Abschreibung.

Rechtslücke in der Unfallversicherung schliessen (BRG 18.037)

In der Frühjahrssession 2019 stand die Behandlung der Weiterentwicklung der IV auf dem Programm des Nationalrats. Zuvor hatte die SGK-NR die Vorlage mit 15 zu 0 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) zur Annahme empfohlen, nachdem sie zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der SODK, der Dachverbände der Sozialpartnerinnen und Sozialpartner, der Ärztinnen und Ärzte, der Behindertenorganisationen und der IV-Stellen sowie einen Experten angehört und acht Berichte in Auftrag gegeben hatte. Zu Beginn erinnerte Kommissionssprecher Lohr (cvp, TG) den Rat daran, ob den vielen diskutierten Zahlen nicht zu vergessen, dass es hier um Menschen und ihre Schicksale gehe. In der Folge fasste er die zentralen Aspekte der Vorlage zusammen: eine bessere Integration von jungen sowie von psychisch beeinträchtigten Menschen in den Arbeitsmarkt, medizinische Massnahmen für Kinder mit Geburtsgebrechen, ein stufenloses Rentensystem, Gutachten sowie die Übernahme von Themenkomplexen aus der Revision 6b. Hingegen verzichte man auf eine anfangs beabsichtigte Streichung der Renten für Personen unter 30 Jahren, da es diesbezüglich keine praktikablen Lösungen gebe: Entweder man zahle die entsprechenden Renten bei nichteingliederungsfähigen Personen dennoch aus oder die Sozialhilfe würde zukünftig für sie aufkommen müssen, wobei zusätzlich der Verlust der Restarbeitsfähigkeit drohe. Das Verhältnis des Einsparungspotenzials der vom Bundesrat (CHF 13 Mio.) und von der Kommission (CHF 67 Mio.) vorgelegten Versionen und der Gesamtausgaben der IV von CHF 9.2 Mrd. im Jahr 2017 zeige auf, dass es sich um eine Optimierungsvorlage handle, erklärte Lohr. Man wolle damit «die IV [noch stärker] als Eingliederungsversicherung» positionieren.
In diesem letzten Punkt herrschte im Rat mehrheitlich Einigkeit: Die Sprecherinnen und Sprecher der meisten Parteien lobten die Zielsetzung der Vorlage und auch die Sprecherinnen der SP und der Grünen hiessen die bundesrätliche Vorlage gut. Sie hoben jedoch hervor, dass sie die von der bürgerlichen Kommissionsmehrheit geplanten Abbaumassnahmen in dieser Optimierungsvorlage bekämpfen würden. Einzig SVP-Vertreterin Herzog (svp, TG) wies auf die zwischen 2010 und 2014 noch immer gestiegenen Kosten der IV und auf die Notwendigkeit einer Sanierung hin. Eintreten war in der Folge jedoch nicht umstritten.

Zuerst setzte sich der Nationalrat mit dem «Herzstück» der Vorlage auseinander, wie es unzählige Sprechende betonten: der beruflichen Eingliederung und dem Taggeld. Dazu hatte der Bundesrat neu einen Artikel zur Früherfassung geschaffen, mit dem die persönliche Situation der Versicherten abgeklärt und mögliche Massnahmen zur Frühintervention bei 14- bis 25-Jährigen von Invalidität bedrohten Personen sowie bei arbeitsunfähigen Personen geprüft werden können. Der Nationalrat stimmte dieser Regelung entgegen dem Antrag einer Minderheit Herzog zu. Zudem sollten die Massnahmen der Frühintervention zukünftig auch dazu beitragen, Personen unter 25 Jahren den Zugang zu einer beruflichen Ausbildung und den Eintritt in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Bisher dienten sie lediglich der Erhaltung der Arbeitsplätze oder der Eingliederung der Versicherten an neuen Arbeitsplätzen. Bezüglich der erstmaligen beruflichen Ausbildung präzisierte der Bundesrat das bisherige Gesetz und verwies ausdrücklich auf die berufliche Eingliederung «im ersten Arbeitsmarkt». Eine Minderheit Lohr versuchte zu erreichen, dass sich die Dauer dieser Eingliederungsmassnahmen zukünftig nach dem Berufsbildungsgesetz richten und entsprechend mindestens zwei Jahre dauern soll. Dadurch könnten die Vorgaben der UNO-Behindertenrechtskonvention sowie eines Urteils des Bundesgerichts, wonach eine IV-Anlehre grundsätzlich zwei Jahre zu dauern hat, eingehalten werden, argumentierte zum Beispiel Yvonne Feri (sp, AG). Ruth Humbel (cvp, AG) erklärte hingegen, dass es bei dieser Passage nur um die Vorbereitung auf Hilfsarbeiten oder um die Tätigkeiten in einer geschützten Werkstatt ginge und ein Verweis auf das Berufsbildungsgesetz daher nicht sinnvoll sei. Bei einem «Missverhältnis zwischen Eingliederungszweck und Kosten der Massnahme» müsse eine flexible Handhabung möglich sein, betonte sie. Knapp entschied sich der Nationalrat mit 92 zu 91 Stimmen gegen den Verweis auf das Berufsbildungsgesetz; die vollständige SVP-Fraktion, eine grosse Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion sowie einzelne Mitglieder der CVP/EVP-Fraktion setzten sich damit knapp durch. Schliesslich wollte der Bundesrat die zeitliche Einschränkung der Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von medizinischen Massnahmen mit dem Ziel der beruflichen Eingliederung vom 20. auf das 25. Altersjahr ausdehnen; jedoch nur, wenn die Versicherten bis zur Vollendung des 20. Altersjahrs berufliche Massnahmen der IV in Anspruch nehmen. Obwohl eine Minderheit Carobbio Guscetti (sp, TI) für eine entsprechende Möglichkeit auch für Personen, die erst später berufliche Massnahmen wahrnähmen, plädierte, entschied sich der Rat deutlich für die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung.
Keine grossen Änderungen nahm der Rat bezüglich der Höhe der Taggelder vor; er passte hier hauptsächlich Formulierungen an. Bezüglich Personen in beruflicher Grundausbildung legte er jedoch fest, dass das Taggeld dem Lohn gemäss Lehrvertrag respektive, falls kein Lehrvertrag vorhanden ist, «auf den Monat hochgerechnet einem nach Alter abgestuften mittleren Einkommen von Personen in vergleichbarer Ausbildungssituation» entsprechen soll. Hier wollte eine Minderheit Gysi (sp, SG) grosszügiger sein und die entsprechenden Werte als Anteile des Höchstbetrags der versicherten Taggelder festlegen, was die grosse Kammer jedoch ablehnte.

Im zweiten Block ging es um die Aktualisierung der Geburtsgebrechenliste, die Angleichung der Leistungen an die Krankenversicherung, Reisekosten sowie um Gutachten. Bezüglich medizinischer Massnahmen bei angeborenen Missbildungen oder bei genetischen Krankheiten legte der Nationalrat neu ausdrücklich die Voraussetzungen für eine Übernahme sowie die übernommenen Leistungen durch die IV fest, wollte aber eine vollständige Auflistung der übernommenen Geburtsgebrechen oder der Höchstbeträge für die Arzneimittel dem Bundesrat überlassen. Der Bundesrat wollte überdies die Dauer der Übernahme der medizinischen Massnahmen sowie den Ausschluss gewisser Leistungen selbst festlegen. Diesen Passus strich die Kommission entgegen einem Antrag einer Minderheit Herzog und berechtigte stattdessen den Bundesrat, Regelungen zu Arzneimitteln, die nicht durch das Schweizerische Heilmittelinstitut zugelassen sind, ausserhalb des Indikationsbereichs angewendet werden oder in der Schweiz nicht zugelassen sind, vorzunehmen. Damit nahm die Kommission ein aktuell virulent diskutiertes Problem auf. Verschiedene Anträge einer Minderheit Herzog auf Übernahme der Reisekosten der Versicherten, etwa zur Durchführungsstelle einer Umschulung oder zur Abgabestelle für Hilfsmittel, lehnte der Rat ab.
Nicht nur im IVG, sondern auch im ATSG sah der Bundesrat Änderungen – insbesondere bezüglich der Gutachten – vor. Diesbezüglich warnte Silvia Schenker (sp, BS) die Parlamentsmitglieder, dass diese Änderungen somit nicht nur die IV-Bezügerinnen und -Bezüger beträfen, sondern alle Sozialversicherten. Dabei schuf der Nationalrat eine Pflicht, den Versicherten die Namen von allenfalls beigezogenen Sachverständigen zu nennen, sowie die Möglichkeit für die Versicherten, diese abzulehnen, verzichtete aber darauf, wie von der Minderheit Schenker gefordert, ausdrücklich festzuhalten, dass diese Sachverständigen «versicherungsextern und unabhängig» zu sein haben. Zudem wollte die Kommission die Kann-Formulierung, gemäss welcher der Bundesrat Kriterien für die Zulassung von Sachverständigen für Gutachten erlassen und eine breit zusammengesetzte Kommission zur Überwachung der Gutachtenerstellung schaffen kann, durch eine Muss-Formulierung ersetzen, wogegen sich zwei Minderheiten Graf (gp, BL) und Weibel (glp, ZH) erfolglos wehrten.

Im dritten Block wurden das Rentensystem und die Kinderrenten behandelt. Im Grundsatz sollte der Anspruch auf eine IV-Rente unverändert bleiben: Anspruch haben demnach weiterhin Personen, deren Erwerbsfähigkeit durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen nicht wiederhergestellt, erhalten oder verbessert werden konnte, die während eines Jahres mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig waren und die nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid sind. Neu sollte der Rentenanspruch jedoch nicht mehr in Viertelschritten, sondern in prozentualen Anteilen an einer ganzen Rente festgelegt werden. Unter 40-prozentigem Invaliditätsgrad wird demnach keine Rente ausgesprochen, zwischen einem Invaliditätsgrad von 40 und 49 Prozent steigt der prozentuale Anteil an einer Rente von 25 Prozent auf 47.5 Prozent an, zwischen einem Invaliditätsgrad von 50 und 69 Prozent entspricht der Invaliditätsgrad dem prozentualen Anteil an einer gesamten Rente und ab einem Invaliditätsgrad von 70 Prozent erhalten die Versicherten eine ganze Rente zugesprochen. Unterstützt wurde diese neue Rentenberechnung von zwei Minderheiten Ruiz (sp, VD), die sich jedoch für grosszügigere Übergangsbestimmungen einsetzten; abgelehnt wurde sie von einer Minderheit Lohr, die das bisherige System mit den Viertelrenten beibehalten wollte. Sowohl bezüglich ihres neuen Systems zur Rentenberechnung als auch bezüglich der Übergangsbestimmungen blieb die Kommission aber erfolgreich. Der Rentenanspruch von bisherigen Rentenbezügerinnen und -bezügern unter 60 Jahren ändert sich somit erst, wenn sich ihr Invaliditätsgrad ändert; derjenige von IV-Beziehenden ab 60 Jahren wird auch zukünftig dem alten Gesetz folgen. Neu wird die Invalidenrente angepasst, wenn sich der Invaliditätsgrad um mindestens fünf Prozentpunkte verändert; bisher war laut IVG eine «erhebliche» Änderung nötig.
Auch bezüglich der Kinderrenten nahm der Nationalrat verschiedene Änderungen an. So entschied er sich einerseits, den Begriff «Kinderrente» durch «Zulage für Eltern» zu ersetzen, da es sich dabei ja nicht wirklich um eine Rente für Kinder handle. Dagegen wehrte sich eine Minderheit Feri, weil die entsprechenden Änderungen neben dem IVG auch im AHVG, im ELG und im BVG sowie in den dazugehörigen Verordnungen vorgenommen werden müssten und Änderungen von unzähligen Weisungen und Richtlinien nach sich zögen. Der Begriff «Kinderrente» sei zudem passender, weil er verdeutliche, dass dieser Teil der Rente zur Unterstützung der Kinder gedacht sei, erklärte die Minderheitensprecherin. Diesen Inhalt würde der Begriff «Zulage für Eltern» nicht vermitteln. Doch nicht nur die Terminologie änderte die Mehrheit des Nationalrats, sie entschied sich auch, die Zulage für Eltern von 40 auf 30 Prozent respektive von 30 auf 22.5 Prozent einer ganzen Rente zu senken. Die Minderheit Graf zur Beibehaltung der bisherigen Höhe der entsprechenden Zulage wurde überstimmt.

Im vierten Block behandelte der Nationalrat schliesslich diverse noch fehlende Themen. Als erstes verpflichtete der Rat neu im ATSG entgegen der Forderung einer Minderheit Schenker Arbeitgebende, Leistungserbringende, Versicherungen sowie Amtsstellen zur Auskunft an die Organe der Sozialversicherungen – bisher waren die entsprechenden Personen lediglich zur Auskunft «ermächtigt» gewesen. Eine weitere Minderheit Schenker wollte eine Verpflichtung für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden einführen, mindestens 1 Prozent von der Invalidität bedrohte oder IV-Taggeld beziehende Mitarbeitende zu beschäftigen. Mit 132 zu 55 Stimmen lehnten jedoch alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier ausser denjenigen der SP- und der Grünen-Fraktion sowie den zwei EVP-Mitgliedern die entsprechende Regelung ab. Stattdessen schuf der Rat regionale ärztliche Dienste (RAD), die den IV-Stellen zur unabhängigen Beurteilung der medizinischen Voraussetzungen für Leistungsansprüche zur Verfügung stehen sollen. Der Nationalrat ergänzte diesen Passus auf Antrag der Mehrheit der SGK-NR durch eine Aufforderung an die RAD, die behandelnden Ärztinnen und Ärzte sowie die Vertrauensärztinnen und -ärzte der Versicherungen zu kontaktieren. Wiederum hatte eine Minderheit Schenker diese Ergänzung abgelehnt, war jedoch gescheitert. Ebenfalls erfolglos wehrte sich eine Minderheit Herzog gegen Zusammenarbeitsvereinbarungen des Bundesrates und der Dachverbände der Arbeitswelt zur Verbesserung der Wiedereingliederung von Menschen mit einer Behinderung. Zwar unterstütze man die entsprechende Zusammenarbeit, die entsprechende Regelung sei aber unnötig, erklärte Verena Herzog. Mit 93 zu 95 Stimmen scheiterten die (fast) geschlossen stimmenden SVP- und FDP-Fraktionen sowie ein Mitglied der CVP-Fraktion äusserst knapp. Schliesslich stimmte der Nationalrat einer Berechtigung zu, gemäss der Organe von Vorsorgeeinrichtungen andere Vorsorgeeinrichtungen informieren dürfen, wenn sie feststellen, dass bei Letzteren unrechtmässig Leistungen bezogen werden.

Nach vier Sitzungen an zwei Tagen nahm der Nationalrat die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 133 zu 0 Stimmen an, wobei sich die SP- und die Grünen-Fraktion sowie die Mitglieder der EVP der Stimme enthielten (55 Enthaltungen). Diskussionslos schrieb der Rat die Postulate der SGK-NR (Po. 12.3971), Ingold (Po. 14.3191), Hess (Po. 14.4266) und Bruderer Wyss (Po. 15.3206) sowie eine Motion der SGK-NR (Mo. 14.3661) ab.

Weiterentwicklung der IV (BRG 17.022)
Dossier: Weiterentwicklung der IV (2015-2020) und die dazu führenden Vorstösse

Im Mai 2018 legte der Bundesrat dem Parlament die Botschaft zur Neuregelung der Zulassung von Leistungserbringenden vor, welche die zeitlich begrenzte Zulassungsbeschränkung der Leistungserbringenden ablösen soll. Die Vorlage will die Anforderungen an die Leistungserbringenden erhöhen, die Qualität und Wirtschaftlichkeit ihrer Leistungen steigern und den Kantonen ein Kontrollinstrument für das Leistungsangebot in die Hand geben. Aufgrund der Vernehmlassungsantworten hatte der Bundesrat in der Zwischenzeit einige Änderungen an der Vorlage vorgenommen: Neu sollen die Kantone für die Zulassungssteuerung und die Aufsicht über die Einhaltung der Auflagen zuständig sein, nicht mehr die Versicherer. Zudem wurde die zweijährige Wartefrist für die Leistungserbringenden vor Zulassung zur Leistungserbringung im Rahmen der OKP durch eine mindestens dreijährige Tätigkeit an einer schweizerischen Weiterbildungsstätte ersetzt.

Im Sommer 2018 beriet die SGK-NR die Botschaft des Bundesrats und trat ohne Gegenstimme auf die Vorlage ein. Sie ersetzte insbesondere einige Kann- durch Muss-Bestimmungen und erweiterte den Geltungsbereich der Regelungen auf den ambulanten Spitalbereich. Ärztinnen und Ärzte sollen sich zur Zulassung zur OKP einer zertifizierten Gemeinschaft gemäss EPDG anschliessen müssen. Zudem soll ein Register über die ambulant tätigen Leistungserbringenden die Transparenz erhöhen. Die Kommission verabschiedete ihren Vorschlag mit 16 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen.

In der Wintersession 2018 folgte die Erstbehandlung der Vorlage im Nationalrat. Ruth Humbel (cvp, AG) und Raymond Clottu (svp, NE) präsentierten sie dem Rat, der ohne Gegenantrag auf die Vorlage eintrat. Unbestritten waren die Änderungen der Kann-Formulierungen; erste Diskussionen gab es zur Frage, ob Leistungserbringende für die Zulassung zur OKP zwei Jahre an einer schweizerischen Weiterbildungsstätte und ein Jahr an einem Spital mit Grundversorgung – wie es die Kommission wollte – oder drei Jahre an einer schweizerischen Weiterbildungsstätte – wie es eine Minderheit Humbel vorschlug – gearbeitet haben müssen. Hier wurde diskutiert, ob es sinnvoller sei, dass frei praktizierende Ärztinnen und Ärzte – häufig Spezialistinnen und Spezialisten – auch als Grundversorgende gut ausgebildet seien, oder ob es relevanter sei, dass sie länger in ihrem Spezialgebiet arbeiteten. Mit 170 zu 12 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) entschied sich der Rat in dieser Frage für die Minderheit und somit für eine stärkere Spezialisierung der Leistungserbringenden.
Besonders umstritten war die Frage, ob die Kantone die Möglichkeit erhalten sollen, den Vertragszwang zwischen Versicherern und Leistungserbringenden aufzuheben, solange Unter- und Obergrenzen an Ärztinnen und Ärzten nicht erreicht werden. Diesen Vorschlag der Kommission lehnte eine Minderheit Ruiz (sp, VD) ab. Stattdessen wollte sie den Kantonen die Möglichkeit geben, andere Zulassungskriterien zu definieren. Der Rat folgte jedoch gegen den Widerstand der SP- und der Grünen-Fraktion sowie einzelner Mitglieder anderer Fraktionen mit 126 zu 57 Stimmen (bei einer Enthaltung) mehrheitlich der Kommissionsmehrheit. Ähnliche Lager zeigten sich auch bei der Frage, ob den Versicherern und den Versichererverbänden ein Beschwerderecht bezüglich Bandbreiten und Höchstzahlen zustehen soll oder nicht. Die Mehrheit des Nationalrats sprach sich mit 120 zu 59 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) für ein solches Beschwerderecht aus.
Schliesslich lösten auch die Übergangsbestimmungen lange Diskussionen aus. So war sich der Rat nicht einig, ob das Inkrafttreten des Gesetzes an die Inkraftsetzung der Änderung des KVG bezüglich EFAS geknüpft werden soll oder nicht. Eine Minderheit Gysi (sp, SG) sprach sich gegen eine solche Koppelung aus, da EFAS sehr umstritten sei und die Änderung der Zulassungssteuerung aufgrund ihrer Wichtigkeit nicht aufgeschoben werden solle. Dass es zu einer solchen Verknüpfung gekommen sei, führte Gysi auf das Lobbying der Krankenversicherungen zurück. Obwohl auch der Gesundheitsminister den Nationalrat bat, auf eine Verknüpfung der beiden Themen zu verzichten, stimmte der Nationalrat mit 123 zu 53 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) im Sinne der Kommissionsmehrheit für eine Verknüpfung. Mit 128 zu 40 Stimmen bei 13 Enthaltungen nahm der Nationalrat die Vorlage in der Gesamtabstimmung an. Die Nein-Stimmen stammten allesamt aus dem links-grünen Lager, jedoch entschieden sich zehn Parlamentarierinnen und Parlamentarier der SP sowie zwei der Grünen und einer der SVP, sich der Stimme zu enthalten.

KVG. Zulassung von Leistungserbringern (BRG 18.047)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Überhaupt keine Opposition gab es im Nationalrat zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich. Das Rahmenabkommen wurde auf einstimmigen Antrag der Kommission ebenso unanim vom Ratsplenum verabschiedet. Die einzigen drei Sprecher, die beiden Berichterstatter de Courten (svp, BL) und Ruiz (sp, VD) sowie Bundesrat Berset, bliesen ins gleiche Horn und zeigten die Vorzüge der Regelung auf. Auf unbestrittenes Eintreten folgte die mit 181 zu 0 Stimmen resultierende Gesamtabstimmung. Die definitive Beschlussfassung in den Schlussabstimmungen blieb noch reine Formsache.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich. Rahmenabkommen mit Frankreich

Lange bevor der Bundesrat Mitte Juni 2016 mit seiner Medienkonferenz den Abstimmungskampf zum Nachrichtendienstgesetz offiziell eröffnete, wurde das Thema breit in der Öffentlichkeit diskutiert. Anlass dazu boten etwa die Terroranschläge in Brüssel vom 22. März 2016, in deren Nachgang bürgerliche Sicherheitspolitikerinnen und -politiker den Bundesrat dazu aufforderten, dem Nachrichtendienst per dringlichem Bundesbeschluss schleunigst zu den notwendigen Kompetenzen zu verhelfen. Man könne nicht warten, bis das neue NDG nach der Referendumsabstimmung vom September in Kraft treten könne; die jüngsten Anschläge hätten gezeigt, «dass die Bedrohung durch Terrorismus real ist», erklärte die Präsidentin der SiK-NR, Ida Glanzmann-Hunkeler (cvp, LU), gegenüber der NZZ. In Zeiten wie diesen sei es «unsinnig», dass der NDB in seiner Arbeit behindert werde, zitierte die «Tribune de Genève» dazu SiK-SR-Präsident Isidor Baumann (cvp, UR). Der NDB sei momentan «blind und taub», mahnte der Genfer Sicherheitsdirektor Pierre Maudet (GE, fdp) an gleicher Stelle. Obschon die Forderung unerfüllt verhallte, lagen die Hauptargumente für das neue Nachrichtendienstgesetz damit schon einmal auf dem Tisch.

Dass ein grosser Teil der Schweizer Bevölkerung ähnlich dachte, zeigte die im Mai veröffentlichte Studie «Sicherheit 2016» der ETH Zürich. Darin schätzten rund drei Viertel der Befragten die weltpolitische Lage (eher) pessimistisch ein, wobei die Erhebungen bereits im Januar und damit vor den Terrorattacken in Brüssel stattgefunden hatten. Damit einher gingen ein gegenüber dem Vorjahr gestiegenes subjektives Unsicherheitsempfinden sowie die klare Unterstützung von Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit wie Datensammlungen über verdächtige Personen, Armeeeinsätze zur Sicherstellung von Ruhe und Ordnung, die Aufstockung der Polizeikorps, Videoüberwachung im öffentlichen Raum oder vorsorgliche Verhaftungen. Von einer gewissen Ambivalenz zeugten die Antworten zum Verhältnis von Freiheit und Sicherheit: 55 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass der Staat die Sicherheit der Bevölkerung auch auf Kosten der persönlichen Freiheit garantieren solle, gleichzeitig würden sich aber ebenfalls 55 Prozent für Freiheit statt Sicherheit entscheiden, wenn sie gezwungen wären, eins der beiden zu wählen. Zwei Drittel befürworteten aber die Terrorismusbekämpfung auch unter Einschränkung der persönlichen Freiheit – ein Ergebnis, das «Wasser auf die Mühlen der Befürworter» des neuen NDG sei, wie das St. Galler Tagblatt resümierte.

Weiteren Impetus fand die Befürworterseite in der Tatsache, dass sich offenbar auch der IZRS an der Unterschriftensammlung gegen das NDG beteiligt hatte, wie die Luzerner Zeitung Mitte Juni bekannt machte. Die umstrittene islamische Organisation sehe im NDG ein «Vehikel gegen Muslime», in dessen Fokus «je nach politischem Klima» auch andere Gruppen geraten könnten, weshalb Mediensprecher Qaasim Illi zur Unterschrift gegen das NDG aufgerufen habe. Im Einsatz für das NDG sah man sich dadurch bestätigt, denn es sei «bezeichnend», dass «ein Verein wie der IZRS, der selber im Fokus des NDB stehen könnte», gegen das Gesetz mobil mache, zitierte die Zeitung Ida Glanzmann-Hunkeler. Sogar Bundesrat Guy Parmelin sollte den Widerstand des IZRS einige Tage später vor den Medien lakonisch als «beste Werbung für das Gesetz» bezeichnen. Die Gegenseite distanzierte sich derweil von «diesen Extremisten», wie SP-Sprecher Michael Sorg betonte; man sei nicht verbündet und stehe in keinerlei Kontakt. Aus dem Abstimmungskampf wollte sich der IZRS denn auch heraushalten, wie er über eine Sprecherin verlauten liess.

Auf der Pro-Seite stand neben dem Bundesrat ein überparteiliches Ja-Komitee, das Parlamentarierinnen und Parlamentarier aller grösseren Parteien ausser den Grünen vereinte. Im Laufe der Kampagne sprachen sich zudem die Ost- und Westschweizer Konferenzen der Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren sowie die Regierungsräte der Kantone Zürich und Schaffhausen für das NDG aus. Das Hauptargument für das neue Gesetz war, dass die Mittel des schweizerischen Nachrichtendienstes an die aktuelle Bedrohungslage angepasst werden müssten, denn mit seinen heutigen Instrumenten könne er die Schweiz nicht ausreichend vor den sich ständig verändernden und komplexer werdenden Gefahren schützen. Der NDB sei schlicht «überholt», konstatierte FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger (fdp, AG) gegenüber der Presse. Klar könne das Risiko nicht vollständig eliminiert werden, aber es seien schon viele Attentate dank Überwachung verhindert worden, pries SVP-Ratskollege Raymond Clottu (svp, NE) die neuen Überwachungsmöglichkeiten an. Als die Ziele des NDG nannte Verteidigungsminister Guy Parmelin einerseits die präventive Überwachung der «gefährlichsten Individuen» (NZZ) sowie andererseits die Erschwerung von Cyberangriffen und -spionage, wie im Fall der Ruag, der Anfang 2016 aufgedeckt worden war. Als weiteren Vorzug des neuen Gesetzes hob NDB-Chef Markus Seiler die Vereinfachung der internationalen Zusammenarbeit in der Terrorismusbekämpfung hervor. Gleichzeitig warnte er vor einer Schwächung der internationalen Stellung der Schweiz, sollte das Gesetz abgelehnt werden, denn je weniger eigene nachrichtendienstliche Erkenntnisse die Schweiz habe, umso grösser sei die Gefahr, von ausländischen Geheimdiensten instrumentalisiert zu werden. Es sei aber mitnichten die Absicht des neuen Gesetzes, alle Bürgerinnen und Bürger zu überwachen und selbstverständlich müsse Missbrauch verhindert werden, betonte Bundesrat Parmelin weiter. Auch das Komitee erklärte, umfassende Kontrollmechanismen und eine gut ausgebaute Aufsicht über den Nachrichtendienst verhinderten, dass ein Überwachungsstaat geschaffen werde. Die Befürworterinnen und Befürworter wurden nicht müde zu betonen, dass das NDG das Gleichgewicht zwischen individueller Freiheit und Sicherheit wahre und letztlich schlicht notwendig sei – oder mit den Worten von SP-Nationalrätin Rebecca Ruiz (sp, VD) in der «Tribune de Genève»: «Wir können nicht bei Windows 95 und Walkie-Talkies bleiben.» Der Status quo sei eine Reaktion auf den Fichenskandal in den 1990er-Jahren gewesen, erklärte auch EDÖB Adrian Lobsiger gegenüber der Sonntagszeitung. Seither hätten sich die Welt verändert und die Sicherheitslage verschärft. Auch er bezeichnete das NDG als «Kompromiss zwischen Freiheit und Sicherheit», liess sich aber nicht auf eine explizite Abstimmungsempfehlung hinaus. Zum frühen Zeitpunkt des offiziellen Kampagnenstarts Mitte Juni sagte Bundesrat Parmelin, er wolle eine «pädagogische» Abstimmungskampagne führen, um der Bevölkerung angesichts des heiklen und komplexen Themas genau zu erklären, was die Neuerungen seien und warum sie nötig seien.

Die Kontra-Seite bestand hauptsächlich aus dem Referendumskomitee «Bündnis gegen den Schnüffelstaat», das von den Grünen, der SP, den Juso, der Piratenpartei, der Gewerkschaft Syndicom, der Digitalen Gesellschaft, dem Verein Grundrechte.ch sowie dem Chaos Computer Club unterstützt wurde. Ein bürgerlich geprägtes Gegenkomitee um die bürgerlichen Jungparteien, kritische Parlamentarierinnen und Parlamentarier von SVP bis GLP sowie die Operation Libero, das liberale Argumente gegen das NDG anführen wollte, zerbrach hingegen, bevor es sich formieren konnte. Man habe das NDG gleichzeitig mit dem BÜPF bekämpfen wollen, aber mit dem Scheitern des BÜPF-Referendums sei die Gruppe auseinandergefallen, schilderte der Koordinator und stellvertretende SGV-Direktor Henrique Schneider dem St. Galler Tagblatt. So dominierten denn auch die von links geäusserten Bedenken das Argumentarium der Gegnerschaft. Weil es dem NDB erlaube, auf Basis blosser Vermutungen zu agieren, gehe das neue Nachrichtendienstgesetz zu weit, so das Hauptargument des Nein-Lagers. Juso-Präsidentin Tamara Funiciello nannte das NDG einen «Schritt Richtung Massenüberwachung». Mit dem Gesetz würden alle Bürgerinnen und Bürger zu Verdächtigen gemacht, sodass der NDB letztlich jeden zum potenziellen Terroristen «emporstilisieren» könne, kritisierte der Präsident des Vereins Grundrechte.ch, Viktor Györffy. Das von der Befürworterseite propagierte Gleichgewicht zwischen individueller Freiheit und Sicherheit konnte die Gegnerschaft nirgends erkennen. Mit der Stärkung des Nachrichtendienstes kreiere man nur eine «Illusion von Sicherheit», bemängelte der Grüne Nationalrat Balthasar Glättli (gp, ZH). Die Attentäter von Paris und Brüssel seien sehr wohl nachrichtendienstlich oder polizeilich bekannt gewesen, aber nichtsdestotrotz hätten die Anschläge nicht verhindert werden können. Dass eine parlamentarische oder juristische Kontrolle die Aktivitäten des NDB und damit die Eingriffe in die Grundrechte wirklich begrenzen könne, sei ebenfalls «illusorisch», so Györffy weiter. Glättli sah das Gesetz ausserdem – sowohl aufgrund der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten als auch wegen der Möglichkeit zum Eindringen in ausländische Computersysteme – als Gefahr für die Neutralität der Schweiz. Zudem missbilligte die Gegnerschaft, dass der Staat durch den Kauf von Trojanern den Schwarzmarkt für Sicherheitslücken und das organisierte Verbrechen fördere.

Insgesamt verlief die öffentliche Debatte über lange Zeit unaufgeregt und angesichts der Tragweite des Themas eher spärlich. Erst rund drei Wochen vor dem Abstimmungssonntag, im Anschluss an die SRF-«Arena» zum NDG, gewann sie «doch noch etwas an Temperatur», wie der Tages-Anzeiger kommentierte. Dabei stand das Instrument der Kabelaufklärung im Fokus, in der die Gegenseite nichts anderes als die verdachtsunabhängige Massenüberwachung erkannte. Die Beteuerung, es werde nur der grenzüberschreitende, nicht aber der inländische Internetverkehr überwacht, sei bedeutungslos, da etwa sehr viele E-Mails über ausländische Server verschickt würden, auch wenn sich Sender und Empfänger in der Schweiz befänden. Ein viel genanntes Argument gegen diese Art der Überwachung war die Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen, die eben nicht einfacher werde, wenn man den Heuhaufen vergrössere. NDG-Fürsprecherin Corina Eichenberger hielt dem in der «Tribune de Genève» entgegen, man werde im Internetverkehr schon nach sehr eng definierten Schlagworten suchen, und nicht einfach nach «Islam» oder «Bombe». Ausserdem führte die Pro-Seite an, der NDB verfüge gar nicht über genug Ressourcen für eine solche Massenüberwachung. Der Bundesrat sprach bis zuletzt von rund zehn Fällen pro Jahr, in denen bewilligungspflichtige Beschaffungsmassnahmen eingesetzt würden, wie er auch schon dem Parlament erklärt hatte. In den Medien wurde diese Zahl jedoch in Zweifel gezogen, da sich seit den parlamentarischen Beratungen die Bedrohungslage durch vermehrte Anschläge in Europa – die bisher folgenschwersten in Paris und Brüssel – und die zunehmende Anzahl Dschihad-Reisender aus der Schweiz verschärft habe. Während das VBS die Zahl als Durchschnittswert, der mit der Bedrohungslage variieren könne, verteidigte, sprach Ida Glanzmann-Hunkeler eher von 20 bis 25 Fällen pro Jahr, wobei diese Schätzung nicht statistisch extrapoliert, sondern «mehr ein Gefühl» sei, wie sie gegenüber dem Tages-Anzeiger erklärte. NDG-Gegner Balthasar Glättli sah in diesem Zahlenwirrwarr gemäss St. Galler Tagblatt ein Indiz dafür, dass «die staatlichen Schnüffler wesentlich hungriger» seien, als sie es «vor der Abstimmung zugeben» wollten. Wie der Tages-Anzeiger feststellte, wurde der Abstimmungskampf gegen Ende zum «Streit der Begrifflichkeiten», der sich vor allem um die Definition von Massenüberwachung drehte. Es sei die Antwort auf die von Beat Flach (glp, AG) in der «Arena» gestellte Frage, ob es wirklich so furchtbar sei, dass in Zukunft alles zuerst durch den Filter des NDB gehe, die Befürworter und Gegner des NDG trenne, konstatierte dieselbe Zeitung.

Die ab Mitte August durchgeführten Umfragen zeigten schon von Anfang an eine breite Unterstützung von knapp 60 Prozent für das NDG, die bis zur letzten Umfragewelle Mitte September ungefähr konstant blieb. Als wichtigste Argumente identifizierten die Befragungen die Befürchtung möglichen Missbrauchs neuer Technologien auf der Pro- sowie den mangelhaften Schutz der Privatsphäre auf der Kontra-Seite. Bei den bürgerlichen Parteien wollte die Mehrheit der Basis Ja stimmen, während die Anhängerschaft der linken Parteien mehrheitlich ein Nein einlegen wollte. Damit hatte das NDG gute Voraussetzungen, das Referendum ungefährdet zu passieren.

Neues Nachrichtendienstgesetz (BRG 14.022)
Dossier: Staatliche Überwachung
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

In der Wintersession 2015 beschäftigten sich die Räte mit dem Voranschlag 2016, der vom Bundesrat im August verabschiedet worden war und Einsparungen im Umfang von CHF 1,3 Mrd., davon nach Angaben von Finanzministerin Widmer-Schlumpf rund CHF 870 Mio. Querschnittkürzungen, vorsah. Der als Erstrat fungierende Ständerat schuf in der ersten Lesung nur gerade eine Differenz zum Budgetvorschlag des Bundesrates. Auf Antrag seiner Finanzkommission (FK-SR) hiess er diskussionslos eine Aufstockung des Budgets für die Dachverbände der Familienorganisationen um CHF 770'000 auf neu CHF 2 Mio. gut. Ein Minderheitsantrag Häberli-Koller (cvp, TG), der die Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte („Schoggigesetz“) um CHF 26,7 Mio. auf CHF 94,6 Mio. erhöhen wollte, scheiterte knapp mit 21 zu 23 Stimmen. Ebenso wurden Einzelanträge der Ständeräte Engler (cvp, GR), der die Beiträge an Schweiz Tourismus (19 zu 25 Stimmen) und für die Exportförderung (18 zu 23 Stimmen) aufstocken wollte, und Baumann (cvp, UR), der die Direktzahlungen an die Landwirtschaft auf dem Niveau des Vorjahres (CHF 2,8 Mrd.) belassen wollte (19 zu 21 Stimmen), abgelehnt. Grössere Anpassungen am bundesrätlichen Vorschlag nahm der Nationalrat vor. Gleich zu Beginn der Verhandlungen nahm die grosse Kammer mit 103 zu 84 Stimmen den Antrag einer von SVP, FDP und GLP unterstützen Minderheit Vitali (fdp, LU) an, die die Sach- und Betriebsausgaben des Bundes um CHF 125 Mio. kürzen und damit auf das Niveau des Jahres 2014 zurückschrauben wollte. Die von einer Minderheit Schibli (svp, ZH) geforderten Querschnittskürzungen bei den Bundesausgaben (CHF 3,1 Mrd.) und beim Personalaufwand (CHF 162 Mio.) gingen dem Nationalrat dann aber zu weit und wurden deutlich abgelehnt. Hingegen hiess die grosse Kammer mit 92 zu 91 Stimmen eine von einer Minderheit Pieren (svp, BE) geforderte Reduktion der Mittel für Massnahmen im Bereich der Geschlechtergleichstellung um CHF 2 Mio. gut. Der Landwirtschaft sprach der Nationalrat für 2016 indes mehr Mittel zu, als vom Bunderat vorgesehen gewesen war. Bei den Direktzahlungen an die Bauern und beim Schoggigesetz folgte die grosse Kammer mit 125 zu 56 Stimmen bzw. 117 zu 72 Stimmen den Mehrheitsanträgen ihrer Finanzkommission (FK-NR) und sprach sich dafür aus, die Beiträge im Vergleich zu 2015 nicht zu kürzen. In der zweiten Lesung hielt der Ständerat in sämtlichen Punkten am Vorschlag des Bundesrates fest, wobei bei den landwirtschaftlichen Differenzen wiederum nur wenige Stimmen den Ausschlag gaben. Der Nationalrat schwenkte seinerseits in der zweiten Lesung bei einer Differenz auf die Linie des Ständerates um. Mit 112 zu 77 Stimmen sprach er sich gegen die Budgetkürzung bei den Massnahmen zur Gleichstellung aus. Die gesamte SVP und ein Drittel der FDP-Liberalen-Fraktion hatten für die Kürzung gestimmt. Von den verbleibenden Differenzen konnte in der dritten und letzten Beratungsrunde dann nur noch eine bereinigt werden. Die kleiner Kammer folgte mit 23 zu 21 Stimmen einer Minderheit Hösli (svp, GL) und stimmte damit dem Vorschlag des Nationalrats zu, die Landwirtschaft nach 2015 auch 2016 mit Direktzahlungen in der Höhe von CHF 2,8 Mrd. zu unterstützen. Damit musste der Voranschlag wie bereits im Vorjahr vor die Einigungskonferenz.

Voranschlag 2016 (BRG 15.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2016: Voranschlag und Staatsrechnung

Etant donné que l’Initiative populaire contre la sexualisation à l’école maternelle et à l’école primaire a récolté le nombre de signatures requises pour amener les citoyens suisses aux urnes, afin qu'ils se prononcent sur la question. L’initiative vise, d’un côté, à supprimer les cours d’éducation sexuelle aux enfants de moins de 9 ans et, d’un autre côté, à rendre ces cours facultatifs pour les enfants de 9 à 12 ans. A partir de 12 ans, un cours serait dispensé dans le cadre de l’enseignement de la biologie. Uniquement les questions de reproduction et de développement humain y seraient abordées. Le Conseil fédéral propose de rejeter l’initiative. Il estime qu’elle porte atteinte aux droits des enfants de profiter d’une information fiable et d’une protection relative à leur intégrité. Selon le Conseil fédéral, les cours d’éducation sexuelle permettent de prévenir les jeunes contre la violence sexuelle, les maladies sexuellement transmissibles et les grossesses non désirées. De plus, il ajoute que ces informations doivent être transmises indépendamment de la situation familiale. L’école obligatoire, à travers sa mission publique, apparaît ainsi comme le meilleur acteur. Finalement, le Conseil fédéral ne souhaite pas interférer dans la souveraineté cantonale. Du côté des chambres, le débat a d’abord pris ses quartiers au Conseil national. A l’instar de la Commission de la science, de l’éducation et de la culture du Conseil national (CSEC-CN), la chambre du peuple a proposé de rejeter l’initiative par 146 voix contre 45. Des arguments similaires à ceux du Conseil fédéral ont été avancés. De plus, Elisabeth Schneider-Schneiter (pdc, BL) a souligné que les abus sexuels avaient lieu, dans la majorité des cas, sur des enfants de 7 à 12 ans. Rebecca Ruiz (ps, VD) a renchéri, précisant que de nombreux abus se déroulaient au sein même du cercle familial. Pour sa part, l’UDC, seul soutien de l’initiative, a connu des divisions internes. Néanmoins, la majorité a soutenu que l’éducation sexuelle devait rester du ressort des parents et a attaqué les méthodes pédagogiques actuellement en vigueur, en citant comme exemple la sex-box bâloise. Après le rejet du Conseil national, le débat s’est déplacé du côté de la chambre haute. Géraldine Savary (ps, VD), présidente de la Commission de la science, de l’éducation et de la culture du Conseil des Etats (CSEC-CE), a mis en avant l’importance des cours d’éducation sexuelle, soulignant notamment la baisse du nombre d’avortements, lors des dernières décennies, comme preuve de l’efficacité de ces cours. Finalement, le Conseil des Etats a clos le débat en rejetant l’initiative par 40 voix contre 1 et 4 abstentions. Après cet échec au parlement, 15 membres du comité de lancement de l’initiative ont signé le retrait de l’initiative. Ainsi, la question de la sexualisation ne sera pas soumise au verdict des urnes. Les auteurs de l’initiative, pour justifier le retrait, estiment avoir atteint leur but : sensibiliser l’opinion publique sur la question de l’éducation sexuelle. De plus, le comité a créé l’ «Association initiative de protection», qui a pour objectif d’observer l’évolution de l’éducation sexuelle en Suisse.

« contre la sexualisation à l’école maternelle et à l’école primaire

In der Frühlingssession nahm der Nationalrat die Beratung zum Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FINFRAG) auf. Dieses Gesetz soll neue Regeln zum Handel mit derivaten Finanzinstrumenten erlassen und bestehende Bestimmungen, die im Börsen-, Nationalbank- und Bankengesetz enthalten waren, vereinen. Die Gesetzesanpassung erfolgte nicht unbedingt aus freien Stücken, sondern vielmehr als Reaktion auf erheblichen internationalen Druck von Seiten der EU und der G-20, die schweizerische Rechtslage internationalen Standards anzupassen. Dadurch erhofften sich die Behörden, den Zugang schweizerischer Akteure zum europäischen Markt bewahren zu können. Weder die betroffenen Branchen noch die Parteien zogen die Notwendigkeit dieses Vorhabens in Zweifel, weshalb der Nationalrat ohne Gegenantrag auf das Gesetz eintrat. Die Stimmung trauter Einigkeit fand jedoch in der Detailberatung ein schnelles Ende, was sich in zahlreichen Minderheitsanträgen manifestierte. Damit erfolgreich war eine Minderheit um Nationalrat Aeschi (svp, ZG), die mit ihrem Antrag verlangte, einen von der vorberatenden Kommission (WAK-NR) eingesetzten Passus, der negative Folgen von Hochfrequenzhandel eindämmen wollte, wieder zu streichen. Die bürgerliche Mehrheit folgte diesem Antrag mit 116 zu 45 Stimmen deutlich. Ebenfalls durchzusetzen vermochte sich ein Antrag, der Geschäfte von der Meldepflicht befreien wollte, sofern es sich bei den daran beteiligten Akteuren um nichtfinanzielle Gegenparteien (Akteure aus der Realwirtschaft) handelte. Kontrovers diskutiert wurde ein Antrag de Buman (cvp, FR), der die Schaffung von sogenannten Positionslimiten forderte. Mit diesem Instrument werden die Anteile, die ein bestimmter Akteur an einem Derivat erwerben kann, begrenzt und damit die Möglichkeiten zur Beeinflussung des Preises durch einen einzelnen Marktteilnehmer eingeschränkt. Trotz der Unterstützung durch Bundesrätin Widmer-Schlumpf und trotz der Tatsache, dass sowohl die USA als auch die EU entsprechende Regeln kennen bzw. schaffen, fand der Antrag keine Mehrheit und wurde mit 103 zu 73 Stimmen verworfen. Schliesslich gelang es der bürgerlichen Ratsmehrheit auch, die Strafbarkeit von fahrlässig verübten Delikten in diesem Kontext aufzuheben und Bussenobergrenzen für verschiedene Delikte zu senken.
Die kleine Kammer nahm sich in der darauffolgenden Sommersession des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes an. Dabei wurde deutlich, dass sich die Kantonsvertreter nur teilweise mit den Vorschlägen des Nationalrates anfreunden konnten. Einig waren sich die beiden Kammern bei der Frage, ob der Hochfrequenzhandel eingeschränkt werden sollte: Wie bereits der Nationalrat sprach sich auch der Ständerat gegen derartige Bestimmungen aus. Ebenfalls einverstanden erklärte sich die kleine Kammer mit dem Vorhaben des Nationalrates, fahrlässig begangene Delikte in diesem Zusammenhang von einer Bestrafung auszunehmen. Bezüglich der Meldepflicht von Geschäften zwischen nichtfinanziellen Gegenparteien stellte sich die kleine Kammer auf den Standpunkt des Bundesrats, wonach auch Geschäfte solcher Art meldepflichtig sein sollten. Im Gegensatz zum Nationalrat, der die Schaffung von Positionslimiten abgelehnt hatte, sprach sich der Ständerat für die Schaffung derselben aus. Nach dem Willen des Ständerates sollte der Bundesrat die Kompetenz erhalten, zu gegebener Zeit Positionslimiten einzuführen, wobei es der Finma unterliegen sollte, diese zu fixieren. In der Schlussabstimmung passierte die Vorlage die kleine Kammer schliesslich einstimmig, womit sie zurück in den Nationalrat gelangte.
Die grosse Kammer zeigte sich bezüglich Meldepflicht von Geschäften zwischen nichtfinanziellen Gegenparteien kompromissbereit: Ein Minderheitsantrag Caroni (fdp, AR), der die Befreiung von der Meldepflicht nur auf kleine nichtfinanzielle Parteien beschränken wollte, wurde angenommen. Kein Entgegenkommen signalisierte die grosse Kammer hingegen bei den Positionslimiten. Der Antrag der Kommission, dem ständerätlichen Vorschlag zuzustimmen, scheiterte knapp mit 91 zu 95 Stimmen am Willen des bürgerlichen Lagers.
Im weiteren Verlauf des Differenzbereinigungsverfahrens gelang es den beiden Räten schliesslich doch noch, sich auf eine gemeinsame Linie zu einigen, wobei beide Kammern je einmal von ihrer ursprünglichen Haltung abwichen. Der Nationalrat sprach sich, wenn auch mit 92 zu 92 Stimmen und mit Stichentscheid des Präsidenten Rossini (sp, VS) äusserst knapp, für den ständerätlichen Entwurf aus, der dem Bundesrat die Kompetenzen einräumte, Positionslimiten einführen zu können. Der Ständerat hingegen machte in der Frage der Befreiung von der Meldepflicht Konzessionen und erklärte sich schliesslich mit dem Kompromissvorschlag des Nationalrats, wonach nur Geschäfte zwischen kleinen nichtfinanziellen Gegenparteien nicht meldepflichtig sein sollen, einverstanden.
In der Schlussabstimmung wurde das Finanzdienstleistungsgesetz mit 137 zu 54 (Nationalrat) bzw. 43 zu 1 Stimmen gutgeheissen, wobei die SVP die einzige Partei war, die sich gegen die Vorlage aussprach. Damit machte sie deutlich, dass aus ihrer Sicht zu viele von der EU vorgegebene Inhalte in das vorliegende Gesetz eingeflossen seien.

Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) (BRG 14.061)

Im März 2015 befasste sich der Nationalrat mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Optimierung des Rechnungsmodells des Bundes (NRM). Anlass zu Diskussionen gaben jedoch nicht die direkt geplanten Anpassungen am NRM, sondern die vom Bundesrat neu ins Finanzhaushaltgesetz (FHG) aufgenommenen Bestimmungen zur Sparkasse Bundespersonal (SKB). Ein Rückweisungsantrag Aeschi (svp, ZG) wollte den Bundesrat beauftragen, eine separate gesetzliche Grundlage für die SKB zu schaffen, da das FHG der falsche Ort sei, um das Führen einer bankähnlichen Institution durch den Bund zu regeln. Ausserhalb der Reihen der SVP-Fraktion stiess der Antrag jedoch nicht auf Gehör und wurde entsprechend deutlich mit 50 zu 120 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt. Auch in der Detailberatung folgte der Nationalrat seiner Finanzkommission (FK-NR) und nahm den Entwurf des Bundesrates, der laut Finanzministerin Widmer-Schlumpf zu einer besseren Darstellung und zu mehr Transparenz führen soll, mit 133 zu 52 Stimmen an. In der Sommersession 2015 befürwortete dann auch der Ständerat mit 40 zu 3 Stimmen die Modernisierungen am Rechnungslegungsmodell. Die FHG-Anpassungen werden aller Voraussicht nach Anfang 2017 in Kraft treten.

Optimierung des Rechnungsmodells

Die Revision des Geldwäschereigesetzes wollte der 2012 als Antwort auf die Finanzkrise erfolgten Revision der Empfehlungen der Groupe d'action financière (GAFI) Rechnung tragen und dafür sorgen, dass die schweizerische Gesetzgebung auch beim nächsten Länderexamen 2015 GAFI-konform ist. Gleichzeitig sollten die Vorgaben des Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck sah die Vorlage des Bundesrates Änderungsvorschläge in sieben Themenbereichen vor: So sollten die Transparenz der Inhaberaktien bei juristischen Personen sichergestellt, die Pflichten der Finanzintermediäre bei der Feststellung der wirtschaftlichen Berechtigung von juristischen Personen konkretisiert und schwere Steuerdelikte als Vortaten zur Geldwäscherei deklariert werden. Weiter sollte der Begriff der politisch exponierten Personen (PEP) auf inländische Personen ausgedehnt werden. Neu sollten zudem Barzahlungen bei Fahrnis- und Grundstückkäufen im Wert von über CHF 100‘000 nicht mehr erlaubt sein. Der Teil, der diesen Schwellenwert übersteigt, sollte künftig zwingend über einen Finanzintermediär erfolgen, der dem Geldwäschereigesetz unterstellt ist. Schliesslich sollte die Meldestelle für Geldwäscherei in ihren Kompetenzen gestärkt und die Umsetzung der UNO-Sanktionen im Bereich Terrorismusfinanzierung (Resolution 1373) verbessert werden.

Bei den Beratungen des Bundesgesetzes zur Umsetzung der revidierten GAFI-Empfehlungen schuf der Ständerat mehrere Differenzen zum Entwurf des Bundesrates. So wollte die Mehrheit (25 zu 17 Stimmen) der kleinen Kammer, dass ein Steuerdelikt nur dann als Vortat zur Geldwäscherei gilt, wenn die hinterzogenen Steuern CHF 300‘000 statt den vom Bundesrat vorgeschlagenen CHF 200‘000 pro Steuerperiode übersteigen. Davon betroffen wären dann nur Steuerbetrüger, d.h. Urkundenfälscher. Die Steuerhinterziehung sollte aus dem Geltungsbereich fallen. Einig mit dem Bundesrat ging der Ständerat in der Ansicht, dass künftig Bargeldzahlungen von über CHF 100‘000 nur noch über eine Bank abgewickelt werden könnten. Andererseits strich der Ständerat äusserst knapp (mit 21 zu 20 Stimmen bei einer Enthaltung) die Bestimmung, wonach die Verletzung der Meldepflicht bei Inhaberaktien bestraft würde – dies, obwohl eine solche Regelung von der GAFI gefordert wurde. Schliesslich verankerte der Ständerat die ausdrückliche Nennung von Personen mit führender Stellung in internationalen Sportverbänden unter den politisch exponierten Personen (PEP).

Weit weniger bundesratskonform zeigte sich der Nationalrat. In der Sommersession nahm er zahlreiche Aufweichungen an der bundesrätlichen Vorlage vor, die der Schweiz laut Bundesrätin Widmer-Schlumpf einen Platz auf der schwarzen Liste sichern würden. Die gegnerische Mehrheit sah in der Vorlage eine „Generalverdachtsvorlage“, die durch juristische Definitionen vergeblich Mängel auf organisatorischer und personeller Ebene zu beheben versuche. In dieser Stimmung wollte der Nationalrat zwar den Begriff der politisch exponierten Personen ebenfalls auf das Inland und Personen in führender Funktion in internationalen Sportverbänden ausdehnen, dabei aber gleichzeitig die Mitglieder der Bundesversammlung, die ja keine Berufsparlamentarier seien, davon ausnehmen. Weiter wollte die grosse Kammer aufgrund der Ablehnung der totalen Überwachung aller Finanztransaktionen weder Barkäufe von über CHF 100‘000 verbieten noch volle Transparenz bei den Inhaberaktien herstellen. Schliesslich sollten Banken nur dann den Verdacht auf schwere Steuerdelikte melden, wenn zusätzlich zum Betrugstatbestand durch die Straftaten eine oder mehrere Steuerrückerstattungen über CHF 200‘000 pro Steuerperiode bewirkt würden. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 83 zu 54 Stimmen angenommen wobei sich jedoch 48 Mitglieder aus SP und den Grünen ihrer Stimme enthalten hatten, da die „zerzauste“ Vorlage nicht mehr GAFI-konform wäre.

Nun lag der Ball wieder beim Ständerat, der laut SP den Nationalrat „wieder auf den Pfad der Tugend“ zurückbringen sollte. In der Tat übte der Ständerat Kritik an der trotzigen Haltung des Nationalrates, welche die Reputation der Schweiz gefährde. Die kleine Kammer hielt denn auch an der Mehrheit ihrer Beschlüsse fest. Nur bezüglich der Frist, innerhalb derer die Geldwäschereimeldestelle eine Bank über die Weiterleitung einer Verdachtsmeldung informieren muss, kam sie dem Nationalrat entgegen. Betreffend die Bareinkäufe lehnte der Ständerat zwar einen Kompromissvorschlag, der Barbezahlungen ab CHF 100‘000 bei bestimmten Händlern einer Identifikations- und Dokumentationspflicht unterstellen wollte, ab, bekundete aber dennoch seine Sympathien. Weiter wollte der Ständerat die Mitglieder der Bundesversammlung nicht von den Bestimmungen über politisch exponierte Personen ausnehmen.

Die Differenzbereinigung setzte sich in der Wintersession harzig fort. Zwar verzichtete der Nationalrat mit 122 zu 64 Stimmen bei der Transparenzpflicht für Inhaberaktien auf einen Schwellenwert von CHF 250‘000 und stimmte mit 97 zu 83 Stimmen bei 6 Enthaltungen der ständerätlichen Definition der qualifizierten Steuerdelikte sowie mit 100 zu 83 Stimmen bei 1 Enthaltung der Zugehörigkeit der Bundesparlamentarier zu den PEP zu. Bei dem Barzahlungsverbot hielt er jedoch nach einer ausgedehnten Diskussion an seiner Position fest. Ebenso wollte er die Möglichkeit, betroffene Kunden nach einer Verdachtsmeldung an die Geldwäschereibehörde informieren zu können, beibehalten. Schliesslich sollen kirchliche Stiftungen weiterhin von der Eintragungspflicht ins Handelsregister ausgenommen werden. Dabei gab eine Allianz aus SVP, FDP und einem Teil der CVP den Ton an. Während die SVP jegliche Überregulierung ablehnte, strebten die FDP und CVP die Note „genügend“ beim GAFI-Länderexamen an, welches im Frühjahr 2015 stattfinden wird. Der Wille zur GAFI-Konformität wurde auch im Ständerat deutlich. So stimmte die kleine Kammer den Vorschlägen des Nationalrats betreffend die Handelsregistereintragungspflicht für kirchliche Stiftungen, den Ausnahmen vom Informationsverbot im Meldesystem und der CHF 100‘000-Schwelle für Barzahlungen bei Versteigerungen in Konkursverfahren zu. Hart blieb sie jedoch bei der Abklärungs- und Meldepflicht für Händler bei Barzahlungen über CHF 100‘000. Diese letzte Differenz konnte nicht bereinigt werden, da der Nationalrat unerwartet zum Vorschlag des Bundesrats, d.h. zum Verbot von Bargeldkäufen über CHF 100‘000, zurückkehrte. In der Einigungskonferenz fand jedoch klar die liberalere Fassung des Ständerats die Mehrheit. Die Regelung, wonach Händlern bei Bargeldgeschäften ab CHF 100‘000 erhöhte Sorgfaltspflichten auferlegt werden, wurde schliesslich von beiden Räten akzeptiert. Der Ständerat stimmte der Vorlage mit 37 zu 4 Stimmen bei 4 Enthaltungen und der Nationalrat mit 128 zu 62 Stimmen bei 5 Enthaltungen zu. Damit konnte die umkämpfte GAFI-Vorlage vor dem Scheitern gerettet werden.

Revision des Geldwäschereigesetzes (BRG 13.106)
Dossier: Geldwäschereigesetz

In der Wintersession 2014 nahm das Parlament die Behandlung der Totalrevision des Alkoholgesetzes (Alkoholhandelsgesetz und Spirituosenbesteuerungsgesetz) wieder auf. Die Differenzbereinigung im Ständerat begann damit über ein Jahr nachdem sich die Räte zuletzt mit der Vorlage befasst hatten. Zuvor hatte sich die ständerätliche WAK in mehreren Sitzungen mit den Besteuerungsformen auseinander gesetzt. Im Sommer hatte die Kommission beschlossen, dass die umstrittene Ausbeutebesteuerung ersatzlos gestrichen werden soll, weil sie eine willkürliche Ungleichbehandlung von Gewerbetreibenden bedeutet und zudem zu einer degressiven Besteuerung geführt hätte, was verfassungswidrig wäre. Zudem wurde befürchtet, das System würde Fehlanreize schaffen, indem hohe Ausbeuten steuerlich begünstigt werden, und dass dies letztlich unter Umständen dem Streben nach hoher Qualität zuwiderlaufe. Eine Kommissionsminderheit wollte an der Ausbeutebesteuerung festhalten, jedoch Verbesserungen bei deren Ausgestaltung anbringen: Es sollten nur Brände aus in der Schweiz ökologisch produzierten Früchten von der Ausbeutebesteuerung profitieren können und die sogenannte Überausbeute solle nicht mehr von der Steuer befreit werden. Den endgültigen Beschluss und damit den Antrag an das Ratsplenum fasste die Kommission Anfang November. Drei Massnahmen schlug die WAK schliesslich vor: Eine Fehlmengenregelung (Steuerbefreiung bei produktionsbedingten Verlusten), die steuerliche Privilegierung von Stoffbesitzern (Steuerermässigung auf bis zu 50 Liter reinen Alkohols), sowie die Gewährung von Finanzhilfen (ca. CHF 1-2 Mio. pro Jahr, beispielsweise über Prämierungen). Die geschilderten alternativen Regelungen wurden in ihrer Wirkung an die Ausbeutebesteuerung angelehnt. Sie sind jedoch verfassungskonform und ermöglichen es, die einheimische Spirituosenbranche finanziell in ähnlichem Ausmasse zu entlasten wie die Ausbeutebesteuerung. Nach wie vor blieb eine Kommissionsminderheit der Meinung, der Ständerat solle dem Nationalrat folgen, unter anderem, weil Finanzhilfen für die Spirituosenbranche im Widerspruch zu den Alkoholpräventionsmassnahmen von Bund und Kantonen stehen. Mit 3 zu 10 Stimmen blieb sie jedoch chancenlos. In derselben Sitzung wurde der Systementscheid zur Besteuerung von Alkohol gefällt. Mit 6 zu 5 Stimmen wurde knapp entschieden, den Steuersatz bei CHF 29 pro Liter reinen Alkohols zu belassen und so den vom Nationalrat vorgeschlagenen Steuersatz von CHF 32 wieder zu korrigieren. Am vom Nationalrat aus dem Alkoholhandelsgesetz entfernten Nachtverkaufsverbot wollte die Mehrheit der Kommission festhalten.

In der Wintersession folgte die Differenzbereinigung im Plenum des Ständerats, das nur das Spirituosenbesteuerungsgesetz (SpStG) behandelte. Vier gewichtige Differenzen standen im Raum. Auf Antrag der WAK-SR wurde ein neuer Artikel zur Präzisierung der Ausbildungserfordernisse zur Herstellung von Spirituosen und Alkohol angenommen. Zweiter Diskussionspunkt war die Regelung der Ausbeutebesteuerung, die mehr zu reden gab. Eine Minderheit Baumann (cvp, UR) blieb bei ihrem Antrag, dem Entscheid des Nationalrates zuzustimmen, die Ausbeutebesteuerung beizubehalten und nur kleinere Änderungen im betreffenden Gesetzesartikel vorzunehmen. Kommissionssprecher Graber (cvp, LU) schilderte die Erwägungen der WAK gegen den Antrag Baumann: Dieser laute inhaltlich bloss auf Streichen der Ausbeutebesteuerung, bedeutete aber formal eine Reihe von Änderungen im vorliegenden Gesetzesentwurf – vor allem, da nicht alle Anpassungen in einem einzigen Artikel untergebracht werden konnten. Verfahrenstechnisch war die Angelegenheit ebenfalls vertrackt, da nach den ersten Beratungen noch zahlreiche Änderungen hätten angebracht werden sollen. Erst nach Konsultation des Ratssekretariats wurde deutlich, was überhaupt noch geändert werden darf und wie. Die Unklarheiten führten gar zum ironischen Kommentar Baumanns (cvp, UR), dass es „meistens nicht gut kommt, wenn Alkohol im Spiel ist. Und das gilt selbst dann, wenn man ihn nicht einmal trinkt.“ Stellvertretend für die Kommissionsminderheit kritisierte er, dass von beiden Räten bereits gefasste Beschlüsse (in diesem Fall die Ausbeutebesteuerung) revidiert, beziehungsweise wieder gestrichen werden. Das gehe zu weit. Gar als „schwerste Zangengeburt“ bezeichnete Ständerat Föhn (svp, SZ) das Gesetz. Nach einer schlichtenden Wortmeldung des Kommissionspräsidenten Zanetti (sp, SO), der sich dagegen wehrte, dass schlechte Kommissionsarbeit geleistet worden sei, folgte die Abstimmung zur so umstrittenen Ausbeutebesteuerung. Mit 32 zu 12 Stimmen wurde der Kommissionsantrag und damit der Verzicht auf die Steuer doch recht deutlich gutgeheissen.
Im Anschluss folgte eine reguläre Differenzbereinigung, beginnend mit dem Einigungsversuch zur Höhe der Alkoholsteuer. Die Kommissionsmehrheit wollte an den vom Ständerat beschlossenen CHF 29 pro Liter festhalten, eine Minderheit Levrat (sp, FR) schlug die Übernahme des Nationalratsbeschlusses vor (CHF 32 pro Liter Alkohol). Mit 26 zu 17 Stimmen obsiegte der Mehrheitsantrag. Im Ständerat ging man davon aus, dass die CHF 32 im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der – nun vom eigenen Rat gekippten – Ausbeutebesteuerung zustande gekommen waren. Weitere Differenzen wurden im Sinne der Kommissionsmehrheit beschlossen.

Die zweite Vorlage, das Alkoholhandelsgesetz (AHG), war weniger umstritten, dies auch zwischen den beiden Kammern. Eine Differenz betraf den Mindestpreis für Alkohol. Der Nationalrat hatte diese Bestimmung aus dem Gesetz gestrichen, eine Streichung beantragte auch die Mehrheit der WAK-SR. Eine Kommissionsminderheit Recordon (gp, VD) wollte jedoch am Mindestpreis festhalten. Mit 27 zu 17 Stimmen wurde dem Antrag der Kommissionsmehrheit stattgegeben, sprich kein vorgeschriebener Mindestpreis. Bei der Frage des Nachtverkaufsverbots kam wiederum das Thema Jugendschutz auf. Der Nationalrat hatte dieses aufgehoben, ebenso lautete ein Minderheitsantrag Keller-Sutter (fdp, SG). Die Minderheitssprecherin argumentierte, dass dem Jugendschutz bereits in anderen Artikeln zur Genüge Rechnung getragen werde und ein Nachtverkaufsverbot zu weit gehe. Die Kommissionsmehrheit wollte am Verbot festhalten. Bundesrätin Widmer-Schlumpf betonte, dass dieses ein Kernanliegen des AHG und deswegen beizubehalten sei. Trotz deutlicher Ablehnung des Nachtverkaufsverbots im Nationalrat unterlag der Minderheitsantrag mit 20 zu 24 Stimmen, womit der Ständerat die ursprüngliche Version des Bundesrates stützte. In weiteren Schritten wurden Details zu Alkohol-Testkäufen durch Minderjährige geklärt. Auch hierbei entstanden wiederum Differenzen zum Nationalrat.
Mit einigen Änderungen ging die Vorlage zurück in den Nationalrat. Sowohl die WAK-NR als auch das Ratsplenum werden sich erst im Jahr 2015 mit der Alkoholgesetzgebung befassen.

Alkoholgesetzes

Der Nationalrat beugte sich als Erstrat über das Neue Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB). Hauptziel des NFB ist eine Vereinheitlichung des bisher dualen Steuerungssystems der Verwaltung. Während einige Ämter noch nach der traditionellen Input-Steuerung geführt werden, sind andere bereits so genannte FLAG-Einheiten (Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget). Das NFB will überall ziel- und leistungsorientierte Führungsmodelle einführen. Die Steuerung von Aufgaben und Finanzen soll durch mehr Transparenz der effektiv zu erbringenden Leistungen verbessert werden. So soll mehr Klarheit herrschen, wofür die Mittel überhaupt eingesetzt werden. Zudem soll die ergebnisorientierte Verwaltungsführung weiterentwickelt und insgesamt die Effizienz in der Bundesverwaltung gesteigert werden. Die wichtigste Neuerung stellt dar, dass der Voranschlag künftig mit dem Aufgaben- und Finanzplan verbunden und in einem Dokument vorgelegt wird. So sollen Budgetentscheide stärker faktenbasiert erfolgen können.
Der Antrag der SVP-Fraktion, auf das Geschäft nicht einzutreten, wurde mit 125 zu 44 Stimmen abgelehnt. Alle Fraktionen – mit Ausnahme der Volkspartei – hatten sich positiv über die Stossrichtung des NFB geäussert. Die hauptsächliche Sorge der SVP war ein Verlust an Steuerung durch das Parlament. Bei der Detailberatung versuchte sie deshalb, das NFB so anzupassen, dass die Oberaufsicht des Parlamentes nicht beschnitten werde. Im Prinzip hatte auch die Spezialkommission des Nationalrates, die für das NFB eingesetzt worden war, den Anspruch, die Steuerungsmöglichkeiten des Parlamentes noch zu verbessern. Dies sollte – in Abweichung des Vorschlags des Bundesrates – erreicht werden, indem der Finanzplan und der Entwurf für den Voranschlag gleichzeitig vorgelegt werden (und nicht erst der fertige Voranschlag). Der Finanzplan soll mit Änderungswünschen ergänzt werden können, die dann im nächsten Jahr vom Bundesrat ins Budget aufgenommen werden müssten. Bundesrätin Widmer-Schlumpf unterstützte diesen Kommissionsantrag und die Grosse Kammer übernahm ihn gegen die Opposition von links-grün, wo unnötige Bürokratie befürchtet wurde: Der Finanzplan könne bereits heute mit Motionen abgeändert werden. Freilich sieht die neue Regelung raschere Änderungsmöglichkeiten vor. Der zweite erfolgreiche Änderungsantrag der Kommission zielte auf eine Präzisierung ab: Nachvollziehbar gemacht und transparent dargestellt werden sollen nicht nur die übergeordneten Ziele der Verwaltungseinheiten, sondern auch die detaillierter definierten Leistungs- und Wirkungsziele für die einzelnen Leistungsgruppen. Erfolgreich war ein Minderheitsantrag, der ein Management-Informationssystem fordert, mit dem die Steuerungsprozesse unterstützt werden. Vergeblich wies die Finanzministerin darauf hin, dass die Einführung eines solchen Systems ohnehin geplant sei und es dafür kein Gesetz brauche. Ebenfalls abgeändert wurde die Idee des Bundesrates, keine laufende Prüfung der Einhaltung der Bestimmungen über Subventionen einzuführen, sondern diese wie bisher alle sechs Jahre durchzuführen. Zahlreiche weitere Minderheitsanträge wurden abgelehnt. In der Gesamtabstimmung zeigte sich erneut nur Opposition aus der geschlossenen SVP-Fraktion. Das Geschäft ging mit 125 zu 46 Stimmen weiter an den Ständerat.
In der kleinen Kammer stiess das NFB in der Herbstsession auf keine nennenswerte Opposition. Zwar sei das Geschäft in der Kommission auf Skepsis gestossen, und man habe sich gefragt, ob das alte System so schlecht sei, dass wirklich etwas geändert werden müsse – so der Kommissionssprecher Altherr (fdp, AR). Letztlich habe in der Kommission aber das Argument obsiegt, dass das alte System auch nicht so gut sei, dass es beibehalten werden müsse. Der Ständerat folgte bis auf eine Ausnahme den Änderungswünschen des Nationalrates. Die Kantonsvertreterinnen und -vertreter erhörten die Finanzministerin und strichen die Forderung nach einem Informationssystem, da ein solches bereits aufgegleist sei. Mit 39 zu 2 Stimmen hiess der Ständerat den so überarbeiteten Entwurf gut.
Noch in der Herbstsession ging das Geschäft zurück an den Nationalrat, der die Vorschläge des Ständerates übernahm. Ohne Erfolg hatte die SVP einen Minderheitsantrag auf Beibehaltung der Verankerung der Idee einer Softwarelösung im Gesetz gestellt. In der Schlussabstimmung passierte das NFB mit 133 zu 61 Stimmen bei vier Enthaltungen im Nationalrat – zu den 57 SVP-Stimmen gesellten sich je eine Stimme aus der BDP- und der FDP-Fraktion sowie zwei Stimmen aus der GP-Fraktion – und mit 38 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung im Ständerat. Auch hier kamen die Gegenstimmen aus der SVP und der BDP.

Neue Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB)

Nachdem im Vorjahr eine Projektorganisation unter der Leitung von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf einen Zwischenbericht zur Unternehmenssteuerreform III vorgelegt hatte, der auf breite Zustimmung gestossen war, präsentierte der Bundesrat im September 2014 seine Vernehmlassungsvorlage zur Unternehmenssteuerreform III. Diese enthält eine Liste mit Reformpunkten, die der drohenden Einbusse der Standortattraktivität bei einer Abschaffung der Sonderregeln der Kantone für Holdings und andere Spezialgesellschaften entgegenwirken sollen. Zur Vernehmlassung standen unter anderem die bereits vielerorts diskutierte Einführung neuer Steuerprivilegien in den Kantonen für Erträge aus geistigem Eigentum (sogenannte Lizenzboxen), die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital, ein Systemwechsel beim Beteiligungsabzug und eine Reduktion der Dividendenbesteuerung. Zudem enthielt die Vernehmlassungsvorlage auch eine Kapitalgewinnsteuer, mit der, laut Bundesrat, CHF 300 Mio. der 800 Mio. Mindereinnahmen auf Bundesebene aufgefangen werden könnten. Weitere CHF 250 Mio. beabsichtigte der Bundesrat mit der Einstellung von 75 zusätzlichen Steuerinspektoren zu kompensieren. Um die rund CHF 1,7 Mrd., die Kantone und Gemeinden durch die Anpassungen in Zukunft fehlen würden, auf das vom Bundesrat kommunizierte Opfersymmetrieverhältnis von 50:50 abfedern zu können, beabsichtige der Bundesrat, den Kantonsanteil der direkten Bundessteuer von 17% auf 20,5% zu erhöhen. Der Bericht zur Vernehmlassungsvorlage zur Unternehmenssteuerreform III wird Mitte 2015 erwartet.

BRG Unternehmenssteuerreform III (BRG 15.049)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)
Dossier: Referenden gegen die Abschaffung der Verrechnungssteuer

Der Abstimmungssonntag am 18. Mai 2014, wurde nicht nur Höhe-, sondern auch Schlusspunkt eines langwierigen Seilziehens um die Gripen-Beschaffung bzw. den Tiger-Teilersatz. Dieses grosse Rüstungsvorhaben hatte zahlreiche Hürden zu nehmen. Die letzte davon - der Urnengang - wurde 2013 durch den Bundesrat selbst ermöglicht, indem als Finanzierungsgrundlage ein Fondsgesetz vorgeschlagen wurde. Erst dieser Kniff ermöglichte es, die Finanzierung und damit sehr unmittelbar auch die Beschaffung selbst, dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Mit der Ablehnung des Gripen-Fondsgesetzes an der Urne wurde die aufsehenerregende Kampfflugzeugbeschaffung erfolglos abgeschlossen.

Dass das Referendum ergriffen würde, war schon früh klar. Noch vor den parlamentarischen Debatten Ende 2013 kündigte die Grüne Partei an, sie werde dieses Geschäft zu verhindern suchen. Zwei Referendumskomitees hatten sich dann bereits vor der letzten Beratung im Ständerat konstituiert, so dass einer Unterschriftensammlung nichts mehr im Wege stand. Links-grün und die Grünliberale Partei stellten sich je individuell an, die nötige Anzahl Unterschriften zu sammeln. Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten. Innert zwei Monaten und damit noch 2013, hatte das Komitee um SP und GPS rund 80‘000 Unterschriften beisammen. Damit zeichnete sich rasch ab, dass die Referendumsabstimmung bereits im Frühjahr 2014 abgehalten werden konnte. Entsprechend früh erkannte auch der Verteidigungsminister den Ernst der Lage und noch Ende 2013 stieg er in den Abstimmungskampf. Fortan standen sich bürgerliche Gripen-Befürworter und Gripen-Gegner aus links-grünen Kreisen gegenüber. Neu standen aber erstmals auch bürgerliche Politiker einer Armeevorlage kritisch gegenüber: die GLP hatte sich nicht nur an der Unterschriftensammlung beteiligt, sondern sie stellte sich fortan auch in einem Gegnerkomitee gegen die Beschaffung der Gripen-Jets.

Erster Meilenstein war Mitte Januar 2014 die Einreichung der Unterschriften. Das links-grüne Bündnis um SP, GPS und andere Organisationen konnte rund 100'000 Unterschriften für das Referendum zusammentragen, nur etwa 5'000 davon waren vom grünliberalen Anti-Gripenkomitee beigesteuert worden. Da schon Mitte Mai abgestimmt werden sollte, war die Einreichung der Unterschriften gleichzeitig der Startschuss für den Abstimmungskampf. Sogleich wurde dieser befeuert, als es nicht nur darum ging, ob sich die Herstellerfirma Saab an der Finanzierung der Ja-Kampagne beteiligen soll, sondern ob dies überhaupt zulässig sei. Das Gegnerkomitee meldete sehr rasch seine Ablehnung an. Aber auch Gripen-Befürworter standen einer finanziellen Beteiligung aus Schweden kritisch gegenüber. Thomas Hurter (svp, SH) forderte, dass sich Saab gänzlich aus der Abstimmungskampagne raushalte.

Unangenehme Tage musste der Verteidigungsminister auch im Februar erleben: Nachdem bereits der Prozess zum Typenentscheid durch verschiedene Nebenereignisse und Indiskretionen für negative Schlagzeilen gesorgt hatte, wurden auch im neuen Jahr geheime (und brisante) Informationen publik. So hatte sich Verteidigungsminister Ueli Maurer in mehreren Treffen mit dem Schwedischen Botschafter Per Thöresson ausgetauscht. Dabei soll es nicht nur um gute Kontakte gegangen sein, sondern ganz konkret um ein Engagement Schwedens im Abstimmungskampf. Diese Informationen hatte ein Schwedischer Radiosender veröffentlicht, der drei Berichte des Botschafters an das Aussen- und Verteidigungsministerium Schwedens vorliegen hatte. Der Inhalt war insofern brisant, als dass angeblich Bundesrat Maurer selbst um Unterstützung aus Schweden gebeten haben soll. Zwar solle sich Schweden nicht direkt in den Abstimmungskampf einmischen, jedoch durch verschiedene Anlässe in Schweden und der Schweiz eine positive Stimmung erzeugen. Ein Beispiel wären Journalisten-Besuche in den Saabwerken zu Informationszwecken. Maurer musste sich in der Folge erklären und versuchte den Ball flach zu halten. Dass Gespräche geführt wurden konnte er nicht in Abrede stellen, er wollte jedoch darin keine gemeinsame Kampagnenplanung sehen. Dass er sich als Vorsteher des VBS an vorderster Front für den Gripen stark mache, sei nicht mehr als opportun. Die Ungereimtheiten spielten den Gegnern dennoch in die Hände und den Befürwortern wie auch dem Verteidigungsminister selbst blieb nichts anderes übrig, als gebetsmühlenartig festzuhalten, dass der Gripen die richtige Lösung für die Schweiz sei. Fast täglich wurde in den Zeitungen über den Gripen berichtet.

Die Kampagnenleitung der Befürworter sollte von der CVP übernommen werden, allerdings stellte sie sich nur zögerlich dafür zur Verfügung, denn scheinbar sah sich Parteipräsident Darbellay mit zu wenig finanziellen Mitteln ausgestattet. Dass bis zu CHF 5 Mio. für die Befürworterkampagne aufgewendet werden sollten, liess man seitens des Vereins für eine sichere Schweiz VSS, dem CVP-Nationalrat Jakob Büchler (SG) vorsteht, unkommentiert. Auch diese Informationen stammten aus geheimen Berichten aus Schweden. Beim VSS versuchte man derweil, sich von Schweden zu distanzieren. Das Durchsickern dieser Informationen führte indes dazu, dass sich die CVP zurückzog und nicht mehr als Kampagnenleiterin fungieren wollte. Ausschlaggebend waren unter anderem auch verunglimpfende, persönliche Kommentare des Schwedischen Botschafters gegen CVP-Exponenten. Im Engagement der CVP hätte man sich auf Befürworterseite erhofft, dass Gripen-kritische Wähler in der politischen Mitte abgeholt werden könnten. Daraus wurde nun vorerst nichts. Dass zudem die Sektion der CVP-Frauen im Gegensatz zur Mutterpartei die Nein-Parole fasste, schien für die CVP ebenfalls eine Hypothek darzustellen. Wer die Kampagnenleitung übernehmen sollte, war in der Folge offen. Die CVP wollte die Volkspartei vorschicken, da es schliesslich ein Dossier ihres Magistraten sei. Bei der SVP zeigte man sich jedoch bedeckt und Parteipräsident Brunner (SG) stellte eine Einigung „in einigen Wochen“ in Aussicht, rund drei Monate vor dem Abstimmungstermin, notabene.
Während auf politischer Ebene weiter gestritten wurde, führte Saab eine regelrechte Promotionstour durch die Schweiz durch. Mitte Februar wurde an einem Anlass mit Wirtschaftsvertretern über Kompensationsgeschäfte informiert, daneben sollte der Gripen zu verschiedenen Gelegenheiten vorgeführt, beziehungsweise ausgestellt werden, etwa an Ski-Weltcuprennen oder an der Mustermesse in Basel. Dies wurde den Gripengegnern zu viel und Nationalrätin Chantal Galladé (sp, ZH) tat ihren Unmut öffentlich kund. Dass mitunter Geld fliesse, sei in Abstimmungskämpfen normal, jedoch sei die Omnipräsenz des Gripen-Herstellers Saab störend und eine „Einmischung aus dem Ausland in diesem Masse bedenklich.“ Derweil und schneller als erwartet stellte sich Ende Februar tatsächlich die SVP als neue Koordinatorin der Ja-Kampagne vor. Angesichts des nahenden Abstimmungstermins sah sie sich in der Verantwortung. Man habe keine Zeit mehr zu verlieren und wolle diese Abstimmung gewinnen, so SVP-Präsident Brunner.

Etwas Aufwind erhielt der Gripen durch eine Flugzeugentführung im Raum Genf, als der Schweiz vor Augen geführt wurde, weshalb eine intakte Luftabwehr nötig sein kann. Der Co-Pilot einer Maschine der Ethiopian Airline hatte das eigene Flugzeug nach Genf entführt, um in der Schweiz einen Asylantrag zu stellen – was jedoch erst nach dem Vorfall bekannt wurde. Zuvor irrte die vollbesetzte Passagiermaschine, von zwei Eurofighter-Jets der Italienischen Luftwaffe begleitet, über Italien, ehe sie über dem Montblanc-Massiv von der Französischen Luftwaffe weiterbegleitet wurde und schliesslich in Genf zur Landung gezwungen werden konnte. Dass die Schweizerische Luftwaffe nur zu Bürozeiten operativ ist und nicht eingreifen konnte, sorgte im Ausland für Erstaunen und in der Schweiz einerseits zur Forderung nach einem ausgebauten Luftschirm, andererseits aber auch zu Spott und Häme. Später wurde auch die Krim-Krise in der Ukraine als Argument für eine funktionierende Luftwaffe herangezogen.
Am 25. Februar präsentierte das Ja-Komitee seine Argumente für den Abstimmungskampf. „Sicherheit zuerst!“ sollte als Leitmotiv die Stimmbürgerschaft mobilisieren. Sicherheit sei die Garantie für Frieden, Freiheit und Wohlstand, so Jakob Büchler (cvp, SG). Ab März und damit rund zwei Monate vor dem Urnengang sorgte ein allfälliger „Plan B“ für Irritation. Aus verschiedenen Kreisen wurde kolportiert, Bundesrat Maurer arbeite für den Fall eines Volks-Neins an einer alternativen Gripen-Beschaffung: er wolle Gripen-Jets mieten, leasen oder über das ordentliche Armeebudget – und damit ohne Mitsprache der Stimmbevölkerung – beschaffen. Trotz Dementi Maurers selbst, seines Sekretariats und auch der armasuisse, hielt sich das Gerücht über einen allfälligen „Plan B“ hartnäckig in den Medien.
Ebenfalls Mitte März lancierte das Gegnerkomitee seinen Abstimmungskampf und setzte vor allem auf die Kostenfrage. Man wollte die Gripen-Beschaffung nicht zu einer Armee-Grundsatzfrage machen und auch nicht sicherheitspolitische Argumente ins Feld führen, da man sich daraus eher weniger Chancen versprach. Vielmehr erhoffte man sich mit dem Slogan „Kampfjetmilliarden gegen Bildung, Verkehr oder AHV“ einen Erfolg an der Urne. In der Zwischenzeit wurde der Tonfall im Abstimmungskampf gehässiger. SVP-Patron Christoph Blocher hinterfragte die Finanzierung der Gegnerkampagne, indem er den Verdacht äusserte, dass möglicherweise die beim Typenentscheid unterlegenen Rüstungskonzerne (EADS und Dassault) Geld gegen den Gripen einschiessen würden – dies, um bei einer Neu-Evaluation zum Zug kommen zu können. Aus dem bürgerlichen Nein-Komitee wurde jedoch postwendend klargestellt, man habe weder Kontakt mit anderen Rüstungsgesellschaften, noch Geld erhalten, so etwa Beat Flach (glp, AG). Gar als absurd betitelte Chantal Galladé (sp, ZH) die Vorwürfe.
Kurz darauf bemühte sich der Sonntags Blick um einen ersten Trend in der Gripen-Frage und stellte eine Ablehnung von über 60 Prozent fest. Trotz dieser erstmaligen Stimmungsaufnahme zeigte sich der Verteidigungsminister gegenüber der Presse betont gelassen und zuversichtlich. Dennoch legte er einen regelrechten Redemarathon hin und trat von April bis zur Abstimmung im Mai an über 20 Veranstaltungen für den Gripen auf.

Das bürgerliche Nein-Komitee wurde ab Anfang April aktiv. Man stehe für eine starke Armee ein, sei jedoch gegen den Gripen, weil Geld und ein Konzept fehle - Argumente, die bereits in den Parlamentsdebatten von Roland Fischer (glp, LU) vorgebracht worden waren. In diesem Nein-Komitee waren auch die CVP-Frauen vertreten.
Über Alternativen zur Gripen-Beschaffung, also wiederum über einen „Plan B“, wurde weiter berichtet, als sich im April auch der ehemalige Jetpilot und Nationalrat Thomas Hurter (svp, SH), seines Zeichens Präsident der SiK-NR, über solche Pläne äusserte. Es brauche einen „Plan B“ für den Fall, dass der Gripen an der Urne scheitern sollte. Seine Vorstellung war die Beschaffung von zwölf Fliegern alle 15 Jahre. Eine Forderung, die sogar von Parteikollegen kritisiert wurde. Hans Fehr (svp, ZH) gab etwa zu bedenken, dass es ungeschickt sei, bereits vor der Abstimmung laut über Alternativen nachzudenken. Alex Kuprecht (svp, SZ) bezeichnete die Aussage gar als „absoluten Blödsinn“. Hurter rechtfertigte seine Idee mit dem Umstand, dass beim Urnengang nicht für oder gegen neue Flieger, sondern nur für oder gegen die Art der Finanzierung abgestimmt werde. Mit einer Alternativbeschaffung würde der Volkswillen – von der SVP gemeinhin hochgehalten – also nicht umgangen. Ein erneuter Evaluationsprozess für einen neuen Flugzeugtyp würde zudem viel zu lange dauern. Deswegen müsse man sich für den Ersatz der Tiger-Flotte bereits zu diesem Zeitpunkt und auch unter Berücksichtigung eines möglichen Volks-Neins Gedanken machen.
Auch über weitere Alternativen zur Luftraumüberwachung wurde diskutiert, etwa über den Kauf gebrauchter F/A 18 Jets der neueren Generation, die Beschaffung von Kampf-Helikoptern, einen Ausbau der Boden-Luft-Fliegerabwehr (die ohnehin konkretisiert werden sollte) oder über die Aufrüstung der alten Tiger Flotte. Anfang Juni wurde bekannt, dass das VBS beabsichtige, israelische Drohnen beschaffen zu wollen. Immer mehr wurde auch die Frage debattiert, wie die budgetierten Mittel verwendet werden sollen, falls der Gripen an der Urne abgelehnt würde. Für Sicherheitspolitiker war klar, dass dieses Geld der Armee gehöre, weil es über das ordentliche Armeebudget hätte aufgebracht werden müssen. Linke Politiker hingegen sahen eine Chance, neu über die Verteilung der ca. CHF 3 Mia. zu beraten. Ihrer Vorstellung nach sollte das Geld zu Gunsten der Bildung, zur Sicherung der sozialen Sicherheit, des öffentlichen Verkehrs, oder auch zu Gunsten der Entwicklungshilfe, die richtig eingesetzt friedensfördernd wirke, eingesetzt werden. Dieser Punkt blieb freilich vorerst offen.
Als sehr unsicher musste der Erfolg der Gripen-Beschaffung ab Mitte April betrachtet werden: Nachdem die oben genannte Sonntags Blick-Umfrage noch nicht zu Unruhe bewogen hatte, tat dies die erste SRG-Trendumfrage des gfs.bern. Nur 42 Prozent der Befragten sprachen sich darin für den Gripenkauf aus, ein Ergebnis, das sich fast mit der ersten Umfrage deckte. Freilich gaben die Demografen zu bedenken, dass die Unterschiede zwischen den Ja- und Nein-Anteilen zu gering seien, um sich bereits festlegen zu können. Noch am selben Tag liess sich Bundesrat Maurer zitieren, er glaube, dass sich die Stimmbevölkerung der sicherheitspolitischen Tragweite der Gripen-Vorlage bewusst sei. Weiterhin gab sich der Verteidigungsminister kämpferisch. Sein Engagement für den Gripen gipfelte jedoch zwischenzeitlich in einem Fiasko, als Maurer in der Sendung „Rundschau“ des SRF zu einem Rundumschlag ausholte und kurz sogar die Contenance verlor. Er enervierte sich derart über die Berichterstattung zum Gripen-Kauf, dass er sich mit dem Moderator einen verbalen Schlagabtausch lieferte. Die als einseitig kritisierte Sendung löste eine Rekordzahl an Beschwerden bei der Ombudsstelle der SRG aus, die allerdings Ende Mai sämtlich abgewiesen wurden, da das Sachgerechtigkeitsgebot nicht verletzt worden sei und das Publikum durchaus in der Lage gewesen sei, sich eine eigene Meinung zum fraglichen Rundschau-Beitrag zu bilden. Dennoch wurde auch die Sendung selbst kritisiert. So habe der ausgestrahlte Bericht „die hohen Anforderungen an die Ausgewogenheit, welche im Vorfeld einer Volksabstimmung verlangt werden, nicht erfüllt.“ Zudem wurde festgehalten, dass einige der gestellten Fragen „manchmal unnötig provokativ waren“.
Später und mit zunehmender Nähe zum Abstimmungstermin setzte der Verteidigungsminister im Lichte des ungewissen Abstimmungsausgangs auf warnende Worte und beschwor die Angst vor einem ungeschützten Luftraum, ja er bediente sich gar erpresserischer Formulierungen. „Wenn man jetzt nicht Flieger bestellt, steht man zehn Jahre später ohne Luftwaffe da“, mahnte Maurer. Dass die „F/A 18 im Krisenfall nicht genügen“, doppelte auch Divisionär Bernhard Müller, stellvertretender Kommandant der Luftwaffe, nach. Doch die Stimmbevölkerung zeigte sich in der zweiten Welle der SRG Trendumfrage unbeeindruckt. Knapp zehn Tage vor der Abstimmung schien der Gripen noch immer nicht abzuheben: mit 44 Prozent Zustimmung war nach wie vor nur eine Minderheit der Befragten für die Kampfjetbeschaffung. Zudem zeichnete sich ab, dass tatsächlich die Kostenfrage entscheidendes Argument werden dürfte. Trotz der gemäss gfs.bern bereits weit fortgeschrittenen Meinungsbildung machten sich beide Lager zu einer Schlussoffensive auf. Die vier Parteipräsidenten Martin Landolt (bdp, GL), Christophe Darbellay (cvp, VS), Philipp Müller (fdp, AG) und Toni Brunner (svp, SG) – diese Parteien hatten die Ja-Parole ausgegeben – versammelten sich in der Folge in Bern zu einer Medienorientierung, um nochmals ihre besten Argumente vorzutragen. Der hochkarätig besetzte Anlass wurde kurzfristig anberaumt und zeigte die Nervosität der Parteispitzen offensichtlich. Vor dem Bundeshaus gingen sie gemeinsam symbolisch auf einer Hebebühne „in die Luft“. Ein unglücklicher Entscheid, wie sich später herausstellen sollte. Ihre von den Stadtberner Behörden nicht bewilligte Aktion führte nämlich zu einer Anzeige.

Einziger Lichtblick für die Befürworter war die Erfahrung, dass das Stimmvolk kaum je eine Armeevorlage versenkt hatte. Doch auch dieser wurde am Abstimmungstag zerschlagen. 53,4 Prozent der Stimmenden (Stimmbeteiligung: 55,5 Prozent) lehnten das Gripen-Fondsgesetz an der Urne ab, ein Erfolg für die linken Parteien, die zusammen mit der GLP die Nein-Parole beschlossen hatten und eine herbe Niederlage für Verteidigungsminister Maurer, der sich über Jahre für neue Kampfjets eingesetzt hatte. Er hielt fest, dass es ein Votum gegen den Gripen sei, nicht gegen die Armee und wiederholte, dass nun kein „Plan B“ aus der Schublade gezogen werde. Zunächst sei das Resultat zu analysieren, erst dann wollte der Verteidigungsminister über neue Varianten sprechen. Er gab jedoch auch zu bedenken, dass die Diskussion über neue Kampfflieger bald wieder beginnen müsse, zumal auch die F/A 18 Flieger irgendwann ersetzt werden müssten. Die Linken sahen sich dagegen in ihren Bemühungen gegen das teure Rüstungsgeschäft bestätigt und auch aus dem bürgerlichen Gegnerlager hörte man erleichterte Stimmen. Das Resultat zeige, dass auch viele liberale und bürgerliche Wählerinnen und Wähler den Gripen-Kauf ablehnten, so Roland Fischer (glp, LU). In seinen Augen hätten sich die zwei Gegnerkomitees gelohnt. Aus der SVP wurde hingegen konsterniert verkündet, dass man „jetzt erst recht in die Landesverteidigung investieren müsse“.
Im Nachgang an die Volksabstimmung beherrschten die Fragen um die Zukunft der Armee und der Luftwaffe den politischen Diskurs, jedoch auch und wiederholt die Frage, was mit den frei gewordenen „Gripen Milliarden“ nun geschehen soll. Ernüchtert musste auch der Wirtschaftsstandort Schweiz den Volksentscheid hinnehmen. Rund 500 Verträge mit 125 Unternehmen und einem Volumen von rund CHF 400 Mio. hatte Saab im Vorfeld der Abstimmung mit Schweizer Unternehmen unterzeichnet – Anlagen, die nun ungewiss waren. Der Rüstungskonzern Ruag befürchtete, rund 200 Stellen streichen zu müssen, unter anderem von Mitarbeitern, die bereits seit langem auch an Gripen-Konfigurationen arbeiteten.


Abstimmung vom 18. Mai 2014

Beteiligung: 56,33%
Ja: 1 345 726 (46,6%)
Nein: 1 542 761 (53,4%)

Parolen:
– Ja: SVP, CVP(3*), FDP, BDP, GLP; Economiesuisse, SGV, SOG, AUNS, Swissmem.
– Nein: SP, GPS, GLP (1*); SGB, VPOD, GSoA.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Das Gripen-Nein veranlasste Bundesrat Maurer schliesslich auch dazu, die Weiterentwicklung der Armee (WEA) zu vertagen und die Botschaft erst im Herbst zu verabschieden. Das Reformprojekt wurde dadurch um mindestens drei Monate verzögert. Mit der dadurch gewonnenen Zeit sollen, unter anderem, finanzielle Fragen neu abgesteckt werden, die durch die abgelehnte Jet-Beschaffung aufkamen. Entscheidend war dabei, ob das Armeebudget revidiert werden musste – ein zentrales Element der WEA.
Die allfällige Geld-Neuverteilung selbst wurde vom Verteidigungsminister ausgeschlagen; er wollte die für den Jet-Kauf eingeplanten Mittel für andere Rüstungsgeschäfte einsetzen und mit CHF 790 Mio. weniger als die Hälfte der Bundeskasse zurückgeben. Dies führte zu Unstimmigkeiten innerhalb der Landesregierung, da Finanzministerin Widmer-Schlumpf in einem Mitbericht bereits Widerstand gegen dieses Ansinnen angekündigt hatte. Seitens der SP wurde eine ganz neue Ausrichtung der Armee gefordert und die Gripen-Ablehnung als Chance dafür betrachtet. Die Rückgabe der CHF 790 Mio. wurde indes von bürgerlichen Politikern nicht goutiert. Ihrer Meinung nach „gehörte“ das Geld der Armee, gleich wie es eingesetzt werden sollte. Es gebe „unzählige Möglichkeiten, dieses Geld zu verwenden“, so Jakob Büchler (cvp, SG), der das Thema in der SiK-NR nochmals durchdiskutiert wissen wollte. Im selben Zeitraum gab der Rüstungschef Ulrich Appenzeller seinen Rücktritt bekannt, womit Ueli Maurer noch ein personelles Problem zu lösen hatte. Appenzeller gab seinen Posten wegen „unterschiedlicher Auffassungen über die Ausrichtung der Armasuisse und die Rolle des Rüstungschefs“ auf.

In der Analyse der Abstimmung (Vox) wurden die ausschlaggebenden Argumente für die Ablehnung des Gripen ermittelt. Vor allem die Gruppe der jüngeren Stimmenden und Frauen sowie zahlreiche Mitte-Wählende und FDP-Anhänger waren gegen den Flugzeug-Kauf. Ein Drittel der Befragten kritisierte die hohen Kosten dieses Rüstungsgeschäfts und rund zehn Prozent gaben an, der Gripen sei nicht das richtige Flugzeug für die Schweiz. Nochmals zehn Prozent sprachen sich dafür aus, dass erst die Rolle der Ausgestaltung der Armee geklärt werden müsse, bevor ein solches Rüstungsvorhaben umgesetzt werden könne. Ebenfalls knapp zehn Prozent lehnten den Gripen wegen einer grundsätzlich ablehnenden Haltung zur Armee ab. Im unterlegenen Ja-Lager wurden überwiegend sicherheitspolitische Argumente für den Stimmentscheid vorgebracht. Die Politologen der Universität Zürich hielten zudem fest, dass im Vergleich zu anderen Abstimmungen auffällig häufig die Kampagne und die Informationspolitik der Gripen-Befürworter als Grund für ein Nein genannt wurden. So seien auch das langwierige Auswahlverfahren, wie auch die zahlreichen Ungereimtheiten und Indiskretionen über die gesamte Dauer aller Verfahren hinweg ausschlaggebend für das Nein gewesen.

Beschaffung des Kampfflugzeuges Gripen (BRG 12.085)
Dossier: Armee-Rüstungsprogramme
Dossier: Gripen-Beschaffung
Dossier: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge
Dossier: Teilersatz der Tiger F-5 Kampfflugzeuge und Beschaffung des Gripen

Die Anpassungen im Steueramtshilfegesetz wurden 2014 vom Ständerat (Zweitrat) behandelt. Die grosse Kammer hatte das Geschäft bereits 2013 diskutiert und mit wenigen Anpassungen gutgeheissen. Die Vorlage wollte, in Erfüllung einer Empfehlung des Global Forum, die Vorinformation von beschwerdeberechtigten Personen in Sachen Amtshilfe einschränken. Diese sollte nach nationalrätlicher Version in Ausnahmefällen nicht vorgenommen werden dürfen. Im Speziellen sollten die betroffenen Personen nicht vorinformiert werden, wenn der Zweck der Amtshilfe und deren Erfolg kumulativ gefährdet war. In dieser Präzisierung hatte der Nationalrat eine Differenz zum Bundesrat geschaffen, der eine „oder“-Regelung vorgeschlagen hatte. Im Ständerat war Eintreten unbestritten. Ebenso wurden vergleichsweise weniger weitreichende Änderungsvorschläge des Bundesrats (betreffend Kompetenz zur Festlegung des Inhalts einer Gruppenanfrage) und des Nationalrats (Präzisierung der Definition von Gruppenersuchen) ohne Gegenantrag bestätigt. Zu reden gab einzig die Bestimmung betreffend der nötigen Bedingungen zur Ausnahme von der Vorinformation. Nach bundesrätlichem Vorschlag sollte von der Vorinformation abgesehen werden, wenn entweder der Zweck oder der Erfolg der Amtshilfe durch die Vorinformation gefährdet waren. Wie der Nationalrat wollte die Kleine Kammer jedoch an der etwas restriktiveren Formulierung („und“) festhalten. Bundesrätin Widmer-Schlumpf plädierte auch im Ständerat für den „oder“-Wortlaut. Materiell mache es zwar keinen Unterschied, wie die Regelung formuliert sei. Der „oder“-Wortlaut sei aber zu bevorzugen, weil er dem internationalen Standard entspreche und deshalb sicherstellen würde, dass die schweizerischen Regelungen als OECD-konform beurteilt würden. Der Ständerat folgte dieser Argumentation nicht und bestätigte die nationalrätliche Version mit Stichentscheid des Präsidenten. Darauf nahmen die Kantonsvertreter die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 34 zu 1 Stimmen bei einer Enthaltung an. In der Schlussabstimmung passierte das Geschäft einzig gegen den Willen der SVP mit 137 zu 56 Stimmen bei 3 Enthaltungen im Nationalrat und mit 39 zu 3 Stimmen im Ständerat. Mit der Annahme der Gesetzesrevision schufen die eidgenössischen Räte die Voraussetzungen zum Übertritt in Phase 2 des Peer-Review des Global Forum (wenngleich mit Einschränkungen, weil der verabschiedete Text nicht exakt den internationalen Standards entsprach). Zum Übertritt in Phase 2 des Peer-Review musste mindestens eine der drei Empfehlungen des Global Forum von 2011 (Einschränkung der Vorinformation in Amtshilfesachen, Vergrösserung der Anzahl Doppelbesteuerungsabkommen nach OECD-Standard und Identifikation des Halters von Inhaberaktien) erfüllt sein. Für das Bestehen der Phase 2 mussten alle drei Empfehlungen umgesetzt werden.

Änderungen im Steueramtshilfegesetz
Dossier: Informationsaustausch - Steueramtshilfeverordnung (AIA)

Im Verlauf des Berichtsjahres entwickelte eine Projektorganisation unter der Leitung von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf die Stossrichtung der geplanten Unternehmenssteuerreform III. Im Mai legte die Arbeitsgruppe einen Zwischenbericht vor. Dieser empfahl im Falle einer Abschaffung oder Anpassung der kantonalen Spezialregime für Statusgesellschaften im Zusammenhang mit dem Steuerstreit mit der EU die Einführung von Ersatzmassnahmen, damit die Standortattraktivität der Schweiz aufrecht erhalten werden konnte. Die Massnahmen mussten allerdings internationalen Standards genügen. Soweit es die Kantone für erforderlich hielten, sollten sie ihre Gewinnsteuersätze senken. Zudem waren weitere steuerliche Massnahmen für die Stärkung der Standortattraktivität vorgesehen. Zur Debatte standen die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital sowie die Einführung von Steuerprivilegien für Erträge aus geistigem Eigentum (so genannte Lizenzboxen). Im Rahmen der daran anschliessenden Konsultation stiess der Zwischenbericht auf breite Zustimmung. Der Bundesrat beauftragte im Dezember die Projektorganisation, eine weitere Konsultation bei den Kantonen durchzuführen, damit im Folgejahr eine Vernehmlassungsvorlage ausgearbeitet werden konnte.

BRG Unternehmenssteuerreform III (BRG 15.049)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)
Dossier: Referenden gegen die Abschaffung der Verrechnungssteuer

La révision de la convention franco-suisse sur les successions a connu de nombreux rebondissements durant l’année sous revue. Alors que, faute d’un accord, la France avait envisagé de dénoncer la convention avant la date butoir du 30 juin, créant ainsi un vide juridique, un contact téléphonique entre les deux ministres des finances, Pierre Moscovici et Eveline Widmer-Schlumpf, a permis de rétablir le dialogue. En juillet, la ministre suisse s’est donc rendue à Paris pour signer la nouvelle convention sur l’imposition des successions; convention qui remplacera l’ancien traité datant de 1953. Dès sa signature, l’accord a été perçu comme un asservissement de la Suisse devant son voisin français. En effet, le nouvel accord considère que le pays déterminant l’impôt sur la succession n’est plus seulement celui du défunt, mais est également pris en considération le pays de l’héritier. La France ayant un taux d’imposition sur les successions pouvant s’élever jusqu’à 45%, l’accord s’est attiré les foudres de nombreux acteurs économiques. Ainsi, la Conférence latine des directeurs cantonaux des finances a dénoncé un accord contenant des dispositions « inacceptables ». Les politiciens romands ont été plus loin en organisant une conférence de presse où trônait un cercueil marqué « RIP – Fédéralisme et Etat de Droit ». Emmenée par Philippe Nantermod (VS, plr), cette coalition des partis de droite a, elle aussi, dénoncé la convention. Le gouvernement s’est défendu en argumentant que toute solution était préférable à un vide juridique en la matière. Le sort de cette convention s’est scellé au parlement, où sans grande surprise, la chambre du peuple a refusé d’entrer en matière par 112 voix contre 53 et 11 abstentions. Seuls les verts et les socialistes ont apporté leur soutien à l’accord.

Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich

2013 kamen das Bundesgesetz zur Umsetzung von FATCA (Foreign Account Tax Compliance Act) und der zugehörige Staatsvertrag in die eidgenössischen Räte. Die US-Regulierung FATCA verpflichtete Finanzintermediäre weltweit zu Datenmeldungen betreffend potenziell in den USA steuerpflichtigen Kunden an die US-Behörden. Im Falle einer Nicht-Kooperation sollten die Institute durch eine prohibitiv hohe Quellsteuer von 30% auf ihren Erträgen auf US-Wertschriften faktisch vom US-Finanzmarkt ausgeschlossen werden. Eine solche Quellensteuer sollte auch für Kunden gelten, die einer Datenmeldung nicht zustimmten. Für die Schweiz stellte FATCA im Angesicht des Bankgeheimnisses ein Problem dar, weil Konsens darüber herrschte, dass hiesigen Finanzintermediären der Zugang zum amerikanischen Finanzmarkt erhalten bleiben musste, automatische Datenmeldungen aber – unter anderem – das Bankgeheimnis und Art. 271 StGB (verbotene Handlungen für einen fremden Staat) verletzten. Auch aus diesem Grund hatte der Bundesrat 2012 ein bilaterales Abkommen mit den USA paraphiert, das verschiedene Erleichterungen bei der Umsetzung von FATCA vorsah. Es befreite zum einen Sozialversicherungen und Pensionskassen, Sach- und Schadenversicherungen sowie Lokalbanken mit über 98% Kunden aus dem Inland oder der EU von umfangreichen Meldepflichten. Zudem legte der Staatsvertrag fest, dass die Banken nicht den Strafbestimmungen von Art. 271 StGB unterliegen sollten. Eine umständliche Regelung wurde betreffend Datenmeldungen getroffen, die es nach Ansicht des Bundesrats aber erlaubte, das Bankgeheimnis zu wahren. Den schweizerischen Finanzintermediären wurden individuelle Datenmeldungen nur bei Zustimmung der betroffenen Kunden erlaubt. Bei Nicht-Zustimmung der Kunden war eine aggregierte Datenmeldung über alle sogenannt „nicht-kooperativen“ Kunden vorgesehen, aufgrund welcher die USA ein Amtshilfegesuch (Gruppenanfrage mit spezifischem Verhaltensmuster, in diesem Fall die Nicht-Zustimmung zur Datenmeldung) einreichen konnten. Dieser Anfrage war nach gängiger Leseart zu entsprechen, weshalb Bundesrätin Widmer-Schlumpf bereits 2012 anerkannt hatte, dass das ausgehandelte Modell 2 zwar nicht formell einem automatischen Informationsaustausch (AIA) entspreche, diesem aber sehr nahe käme. Auf Reziprozität hatte die Landesregierung, im Angesicht der damals noch laufenden Bestrebungen, der internationalen Abgeltungssteuer als Alternative zum AIA zum Durchbruch zu verhelfen, verzichtet.
Der Bundesrat unterschrieb das FATCA-Abkommen im Februar 2013. Die parlamentarischen Beratungen zum Staatsvertrag und zum entsprechenden Bundesgesetz über die Umsetzung des FATCA-Abkommens folgten im Sommer 2013. Im Vorfeld kündigten sowohl die Grünen (aufgrund der fehlenden Reziprozität) als auch die SVP (aus Gründen des Souveränitätsverlustes) ihre ablehnende Haltung an, was der SP erlaubte, taktisch mit einem Nein zu drohen, um den Bundesrat zur Aushandlung eines automatischen Informationsaustauschs – unter anderem gegenüber der EU – zu drängen. Weil zum Zeitpunkt der parlamentarischen Beratungen (Juni 2013) sowohl Luxemburg als auch Österreich ihre grundsätzliche Ablehnung des AIA aufgegeben hatten (Frühjahr 2013) und damit der Weg frei schien für einen EU-internen und globalen Informationsaustausch, konnte die SP das Gesicht wahren und zu einem Ja übergehen. Im Ständerat (Erstrat) versuchte sie zwar mittels Rückweisungsantrag die Aushandlung von Modell 1 (automatischer Informationsaustausch ohne Umweg über die Amtshilfe) zu fordern, scheiterte aber klar mit 11 zu 23 Stimmen, weil die Bürgerlichen auf den Bundesrat verwiesen, der in der Vorwoche beschlossen hatte, einen AIA nur auf Basis eines weltweit koordinierten Vorgehens zu übernehmen und nicht bilateral anzustreben. In der Gesamtabstimmung passierte sowohl das Abkommen (mit 34 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen) als auch das Bundesgesetz (mit 35 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen) mit grosser Mehrheit. In der Grossen Kammer wurde in der Herbstsession mit verschiedenen Anträgen versucht, die Vorlage zu Fall zu bringen. Während sich die SVP mit Verweis auf den Souveränitätsverlust der Schweiz für Nichteintreten stark machte, forderten sowohl die Grünen als auch ein Einzelantrag Nidegger (svp, GE) die Rückweisung der Vorlage mit dem Auftrag, bilateral einen AIA mit den USA auszuarbeiten. Die Nichteintretensanträge zweier Kommissionsminderheiten waren chancenlos (126 zu 50 Stimmen), ebenso die von den Grünen und der SVP unterstützten Rückweisungsanträge (107 zu 64 Stimmen bzw. 116 zu 63 Stimmen). In der Detailberatung brachte die SP ihre Präferenz für den AIA ein, indem sie das Bundesgesetz um einen Passus ergänzen wollte, der den Bundesrat zu Verhandlungen über einen AIA mit den USA verpflichten sollte, sobald der Bundesrat diesen zum Standard für die Schweiz erklärte. Der Antrag scheiterte jedoch mit 54 zu 118 Stimmen am Widerstand der bürgerlichen Parteien. Weil die Inkraftsetzungsbestimmungen ohne Gegenantrag geändert wurden – die USA verschob im Sommer das Einführungsdatum erneut (vom 1. Januar auf den 1. Juli 2014) – kam das Geschäft nochmals in den Ständerat, wo die nationalrätlichen Anpassungen diskussionslos bestätigt wurden. In den Schlussabstimmungen passierte das Abkommen mit 34 zu 4 Stimmen bei 4 Enthaltungen im Ständerat und mit 114 zu 55 Stimmen (26 Enthaltungen) im Nationalrat. Das Bundesgesetz zur Umsetzung des Staatsvertrags wurde von den Kantonsvertretern mit 36 zu 3 Stimmen (3 Enthaltungen) gutgeheissen und passierte mit 114 zu 54 Stimmen (24 Enthaltungen) die grosse Kammer. Die Enthaltungen im Nationalrat entfielen auf die Grünen und rund einen Viertel der SP-Fraktion. Durch die Annahme der beiden Geschäfte wurde eine erleichterte Umsetzung der US-Regelung unter Wahrung schweizerischen Rechts und der wirtschaftlichen Interessen des Finanzplatzes ermöglicht.

Erleichterungen bei der Umsetzung von FATCA

Nachdem Bundesrätin Widmer-Schlumpf bereits im Dezember 2012 erwähnt hatte, dass sich die Schweiz einer Diskussion um den Automatischen Informationsaustausch (AIA) nicht verschliessen dürfe, trat im Frühjahr 2013 ein, was sich schon länger abgezeichnet hatte: Luxemburg und Österreich gaben im April – aufgrund von FATCA und der Meistbegünstigtenklausel der EU – ihren Widerstand gegen den EU-internen Informationsaustausch auf. Spätestens dann war klar, dass die Entwicklung in Richtung eines internationalen AIA-Standards nicht mehr aufzuhalten war. Diese Ansicht vertrat auch die Expertengruppe Brunetti, die dem Bundesrat im Juni 2013 nicht nur die Übernahme des AIA nahelegte, sondern auch vorschlug, der EU den AIA anzubieten, bevor dieser internationaler Standard würde. Die Gruppe erhoffte sich durch ein solches Vorgehen Vorteile in anderen EU-Dossiers (Marktzugang für Finanzdienstleister, etc.). Sie argumentierte, dass im Zuge einer späteren Umsetzung von globalen Richtlinien kaum mehr mit Gegengeschäften der EU gerechnet werden könnte. Der Bundesrat entschied jedoch, dass der AIA erst eingeführt werden sollte, wenn dieser in allen wichtigen Finanzplätzen der Welt angewendet wird. Laut Presseberichten beantragte Finanzministerin Widmer-Schlumpf dem Bundesrat, der Stossrichtung des Berichts Brunetti zu folgen. Sie habe damit aber nur die Unterstützung der SP-Bundesräte Berset und Sommaruga gefunden. Im Juli stellte sich die G-20 hinter die Steuerinitiative der OECD, die bereits auf Anfang 2014 einen globalen AIA-Standard ausarbeiten wollte. Auch die EU liess verlauten, dass sie im Zuge der Verhandlungen um eine Ausweitung der Zinsbesteuerung mit der Schweiz auf den AIA zu sprechen kommen wolle. Dagegen sträubte sich die Schweiz nach dem bundesrätlichen Entscheid vom Juni 2013 nicht mehr grundsätzlich. Die Finanzministerin wollte die Übernahme der OECD-Standards zum AIA jedoch an Bedingungen knüpfen. Dazu gehörten das Spezialitätenprinzip (die Daten sollten nur für Steuerzwecke verwendet werden dürfen), der Datenschutz, die Reziprozität und die zuverlässige Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Personen, insbesondere bei Trusts und Sitzgesellschaften. Zur Durchsetzung dieser Bedingungen wollte sich die Regierung aktiv in entsprechenden Gremien der OECD einbringen.
Die Parteien äusserten sich unterschiedlich zur bundesrätlichen Haltungen gegenüber der internationalen Dynamik Richtung AIA. Die BDP verlangte schon früh, sogar schon bevor Luxemburg und Österreich ihren Widerstand gegen den AIA aufgegeben hatten, dass sich die Schweiz aktiv für einen globalen AIA einsetzen solle. Die FDP anerkannte spätestens seit dem Umschwenken von Luxemburg und Österreich, dass der Trend Richtung AIA nicht mehr aufzuhalten sei. Sie lehnte ein proaktives Vorgehen jedoch ab. Die CVP zeigte sich lange zurückhaltend, unterstützte aber eine aktive Haltung, als nach Luxemburg auch Österreich seinen Widerstand gegen den AIA aufgab. SP und Grüne unterstützen den Bundesrat in allen Bestrebungen in Richtung AIA, kritisierten aber, dass er diesen nicht schon vor der Etablierung eines OECD-Standards der EU anbieten wollte. Demgegenüber lehnte die SVP jegliche Form eines AIA dezidiert ab und lancierte gar eine Volksinitiative zur Erhaltung des Bankgeheimnis.

Automatischen Informationsaustausch (AIA)
Dossier: Informationsaustausch - Steueramtshilfeverordnung (AIA)

In der Frühjahrssession befasste sich der Ständerat als Zweitrat mit der bundesrätlichen Vorlage zur Gewährung eines Rahmenkredits zur Weiterführung der internationalen Währungshilfe. Die Vorlage sah vor, dem Bundesrat für den Zeitraum von fünf Jahren die Kompetenz zur Gewährung einer Garantie gegenüber der SNB in Höhe von CHF 15 Mia. zu übertragen. Dadurch sollte der Nationalbank die Möglichkeit eingeräumt werden, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bei Bedarf zusätzliche USD 10 Mia. (zum Zeitpunkt der ständerätlichen Beratung rund CHF 9,5 Mia.) an Krediten zur Verfügung zu stellen. Diesen Betrag hatte der Bundesrat im April 2012 im Zuge einer ausserordentlichen, zeitlich befristeten Erhöhung der IWF-Mittel unter Vorbehalt der parlamentarischen Zustimmung zugesichert. Der Rahmenkredit war gemäss bundesrätlicher Argumentation auf CHF 15 Mia. veranschlagt, um einerseits allfällige Währungsschwankungen abzufangen (CHF 2,5 Mia.) und andererseits den 2009 bis 2013 verlängerten Währungshilfekredit über CHF 2,5 Mia. weiterzuführen. Dem Nationalrat folgend beantragte die ständerätliche Kommissionsmehrheit (WAK) eine Reduktion des Rahmenkredits auf CHF 10 Mia. Sie war der Ansicht, dass dem Bundesrat keine „Vorratshaltung“ (Roland Eberle, svp, TG) genehmigt werden sollte. Die Ratslinke setzte sich mit der CVP für den bundesrätlichen Vorschlag ein, unterlag in der Detailberatung aber knapp mit 23 zu 16 Stimmen. Ein Mehrheitsantrag, der die Regierung aufforderte, sich aktiv dafür einzusetzen, dass die IWF-Kreditauflagen nicht zu einer Verschlechterung der sozialen Lage in den Empfängerstaaten führten, wurde von den bürgerlichen Parteien unter Führung von FDP und SVP im Plenum abgelehnt (22 zu 17 Stimmen). Die Ratsmehrheit ging mit Bundesrätin Widmer-Schlumpf einig, dass eine solche Bestimmung nicht in einem Finanzbeschluss festgehalten werden sollte und materiell nicht notwendig sei, weil der IWF dieses Ziel ohnehin verfolge.

Gewährung eines Rahmenkredits zur Weiterführung der internationalen Währungshilfe

Zwei Monate vor Abstimmungstermin eröffnete Umweltministerin Leuthard (cvp) die Kampagne zur Abstimmung zum revidierten Raumplanungsgesetz (RPG). Die Teilrevision gelangte zur Abstimmung, da der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) im Vorjahr das Referendum zu den beschlossenen Anpassungen ergriffen hatte. Von Seiten des Bundesrates hörte man zum Kampagnenauftakt ein klares Plädoyer der Umweltministerin zur Unterstützung des revidierten Raumplanungsgesetzes. Aufgrund der engen Platzverhältnisse sei es dringend nötig, haushälterischer mit der Ressource Boden umzugehen. Sollte die Teilversion des RPG abgelehnt werden, würde Pro Natura an ihrer Landschaftsinitiative festhalten. Vor den Folgen bei Annahme dieses Volksbegehrens warnte die Bundesrätin eingehend: Ein 20-jähriges Moratorium für Bauzonen würde jegliche Entwicklung behindern und darüber hinaus diejenigen Kantone bestrafen, welche bis anhin haushälterisch mit dem Boden umgegangen seien. Drei Tage später lancierten die Gegner der RPG-Teilrevision mit einem überparteilichen Komitee, das sich aus Wirtschaftsverbänden und Vertretern der CVP, FDP und SVP zusammensetzte, die Referendumskampagne. Zu den umstrittensten Änderungen des als indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative beschlossenen Raumplanungsgesetzes zählte ein Verbot der Baulandhortung, nach welchem der Umfang der Bauzonen den voraussichtlichen kantonalen Baulandbedarf der nächsten 15 Jahre nicht überschreiten darf. Die Rückzonungspflicht von überdimensionierten Bauzonen sowie die Möglichkeit zur Bauverpflichtung und die Einführung einer obligatorischen Mehrwertabgabe erachtete das Referendumskomitee als zu weit gehend. Man anerkenne einen gewissen Handlungsbedarf in der Raumplanung, akzeptiere die im Laufe der parlamentarischen Beratungen von linker Seite eingebrachten Forderungen jedoch nicht, da diese sogar über die in der Landschaftsinitiative enthaltenen Ansprüche hinaus gehen würden, liess der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) zu Beginn der Kampagne verlauten. Die Vorlage wirke sich insbesondere auf den Kanton Wallis negativ aus, wo ein Grossteil der Bevölkerung Boden besitze, sowie auf kleinere und mittlere Unternehmen, die strategische Baulandreserven verlieren würden. Darüber hinaus würden Mieterinnen und Mieter unter den Anpassungen leiden, da die Baulandverknappung und die Mehrwertabgabe die Bodenpreise in die Höhe schnellen lassen würden. Vertreter des Mieterverbandes taten dieses Argument jedoch als irreführend ab: Man habe die Auswirkungen auf Seiten der Mieter eingehend studiert und vertrete einhellig die Meinung, dass mit den Anpassungen das verdichtete Bauen gefördert werde, was aus Mietersicht positiv sei. Unterstützt wurde dieses Argument von der UVEK-Vorsteherin, welche verkündete, dass die Preise auf dem Wohnungsmarkt aufgrund der Wohnraumverdichtung sogar sinken könnten. Darüber hinaus regte sich an der Medienkonferenz des gegnerischen Komitees Widerstand von Seiten des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE): Die Gegner der Revision würden mit Quellenverweis auf das ARE mit veralteten und zum Teil manipulierten Zahlen operieren und den Umfang der nötigen Rückzonungen weit dramatischer darstellen, als dies tatsächlich der Fall sei. Über diese unerwünschte Störung der eigenen Pressekonferenz entsetzten sich die Gegner der Abstimmungsvorlage in einem Brief an die zuständige Bundesrätin. Der Sprecher des ARE rechtfertigte die spontane Reaktion eines Mitarbeiters damit, dass man lediglich den Eindruck habe verhindern wollen, es handle sich bei den präsentierten Zahlen um offizielle Angaben des Bundesamtes. Laut Angaben des SGV hätten bei Inkrafttreten der Revision dreizehn Kantone bedeutende Rückzonungen zu befürchten. Im UVEK hingegen erwartete man solche aufgrund des anhaltenden Bevölkerungswachstums nur für vier bis sechs Kantone. Trotz dieser Unklarheiten bezüglich der Auswirkungen formierten sich in 24 Kantonen kantonale Unterstützungskomitees zum revidierten RPG, darunter auch je ein Komitee aus dem Ober- und Unterwallis sowie ein Komitee aus dem tourismusstarken Bündnerland. Angeführt wurde letzteres unter anderem von Nationalrätin Silva Semadeni (sp, GR), Mitträgerin der Landschaftsinitiative. Der Kanton Graubünden hätte mit Inkrafttreten der Revision nichts zu befürchten, da er mit den vor 10 Jahren unternommenen Änderungen des kantonalen Richtplans die bundesrechtlichen Neuerungen bereits grösstenteils umgesetzt habe, liess das kantonale Komitee verlauten. Äusserst kritisch stand der Kanton Wallis der Vorlage zur Revision des Raumplanungsgesetzes gegenüber. Mit Ausnahme der Grünen empfahlen im Tourismuskanton alle Kantonalparteien die Nein-Parole. Die Grünen begründeten ihr Ja mit dem Argument, man bleibe den Prinzipien des Natur- und Landschaftsschutzes treu, und kritisierten gleichzeitig das Nein der Walliser SP als opportunistisch: die Sozialdemokraten würden befürchten, mit einer Zustimmung zum revidierten RPG ihren Erfolg bei den anstehenden kantonalen Parlamentswahlen zu gefährden (vgl. dazu auch Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Parlamente)). Auch der Staatsrat kritisierte die RPG-Revision an seiner Medienkonferenz aufs Schärfste. Das revidierte Gesetz sei auf den Bergkanton mit seiner speziellen Wohn- und Grundeigentumsstruktur schlichtweg nicht anwendbar. Insbesondere die Umsetzung der Rückzonungspflicht würde aufgrund unpräziser Ausgestaltung im RPG zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Darüber hinaus sei die Rückzonungspflicht das falsche Mittel zur Bekämpfung der Zersiedelung, liess Staatsrat Jean-Michel Cina (VS, cvp) verlauten. Er erzürnte sich ebenfalls über die Kompetenzverlagerung an den Bund, da sie zu wenig Raum für regionale Besonderheiten lasse. Trotz seiner positiven Stellungnahme im Vernehmlassungsverfahren äusserte auch der Waadtländer Regierungsrat im Verlaufe der Kampagne mit einem Brief an den Bundesrat Bedenken zur Ausgereiftheit der neuen Bestimmungen. Bundesrätin Leuthard (cvp) antwortete persönlich auf die Fragen und Forderungen des Waadtlandes. In ihrer schriftlichen Rückmeldung entkräftete sie die Befürchtungen, dass mit Inkrafttreten der Übergangsbestimmungen grosse urbane Projekte im Kanton blockiert würden, wie die Waadtländer Regierung in ihrem Schreiben vermutet hatte. Neben dem SGV beschlossen FDP und SVP sowie gewichtige Wirtschaftsverbände wie der Hauseigentümerverband (HEV) und Economiesuisse die Nein-Parole zur Revision. Die Ja-Parole zum revidierten Gesetz gaben neben dem Mieterverband auch der Bauernverband (SBV), der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA), diverse Heimatschutz- und Umweltorganisationen und der Tourismusverband (STV) heraus. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) beförderte mit Ausnahme des Kantons Wallis ein einhelliges Ja. Von den Parteien empfahlen die Grünen, SP, CVP, BDP, GLP und EVP das revidierte RPG zur Annahme. Höchst umstritten war die Parolenfassung bei der CVP Schweiz. Der Parteivorstand beantragte mit Stichentscheid des Präsidenten Christophe Darbellay seinen Delegierten, die Revision wegen ihrer Auswirkungen auf den Kanton Wallis abzulehnen. Zur Befürwortung der Revision mahnte eindringlich die eigene Bundesrätin und UVEK-Vorsteherin, deren Empfehlung die Parteimehrheit an der Delegiertenversammlung schlussendlich mit 170 zu 89 Stimmen folgte. Gegen die Revision stimmten eine geschlossene Walliser CVP-Sektion mit Unterstützung von Genfer und Tessiner Parteikollegen. Ein Antrag auf Stimmfreigabe scheiterte mit beinahe Zweidrittelmehrheit. Im Gegensatz dazu beschloss die Junge CVP an ihrer Delegiertenversammlung, die RPG-Revision nicht zu unterstützen. Wie auch bei der FDP wichen eine Vielzahl von kantonalen CVP-Sektionen vom Beschluss ihrer Mutterpartei ab. Im Gegensatz zur eigenen Partei unterstützten darüber hinaus die FDP Frauen die Teilrevision (zu den parteiinternen Diskussionen vgl. Teil IIIa). Neben dem im Dezember des Vorjahres von links-grüner Seite initiierten nationalen Pro-Komitee bildete sich im Laufe der Kampagne auf eidgenössischer Ebene noch ein weiteres, bürgerliches Komitee zur Unterstützung der Revision mit National- und Ständeräten der BDP, CVP, FDP, GLP und SVP sowie weiteren bürgerlichen Kantonalpolitikern. Das Ergreifen des Referendums durch den SGV stiess bei diesen Vertretern auf Unverständnis. Zum einen beschuldigten sie den SGV, im Hinblick auf die nur bedingt zurückgezogene Landschaftsinitiative, die ein zwanzigjähriges Bauzonenmoratorium fordert, mit dem Feuer zu spielen. Zum anderen sahen sie in der geplanten Verdichtung der Stadt- und Dorfkerne auch eindeutige Vorteile für die KMU. Die Zersiedelung begünstige den Bau von grossen Einkaufzentren am Stadtrand, wobei das Kleingewerbe als grosser Verlierer dastehen würde. Die Intensität der Kampagne äusserte sich auch in einer Vielzahl von Zeitungsinseraten. Insgesamt verzeichnete die Analyse der Année Politique Suisse während den letzten acht Wochen vor der Abstimmung 1261 Inserate in über 50 untersuchten Tages- und Wochenzeitungen. Dies entsprach über 60% aller gesammelten Inserate zu den drei im März zur Abstimmung gelangten Vorlagen. Die Gegner- und Befürworterschaft zeigten sich auf dem Inseratemarkt zur RPG-Revision ähnlich präsent.

Erste Teilrevision des Raumplanungsgesetzes RPG 1 (BRG 10.019)
Dossier: Revision des Raumplanungsgesetzes RPG

Bien que les mesures urgentes relatives à la révision de la loi sur l’asile soient entrées en vigueur un jour après leur approbation par les chambres, soit le 29 septembre 2012, les jeunes Verts ont déposé un référendum muni de 63 224 signatures en janvier de l’année sous revue. Rappelons que ces fameuses mesures urgentes sont au nombre de cinq : la possibilité pour le gouvernement de réquisitionner des installations de la Confédération sans l’autorisation des communes ou des cantons pour une durée de trois ans en échange d’une contribution financière, la création de centres spécifiques où seront logés les requérants qualifiés de récalcitrants, la possibilité pour le gouvernement d’effectuer des tests pilotes visant une accélération des procédures, l’exclusion du critère de « déserteur » comme motif d’asile, mesure visant particulièrement les requérants érythréens, et enfin, l’impossibilité de déposer une demande d’asile dans une ambassade suisse. Le comité référendaire s’oppose principalement à ces deux dernières mesures. La division entre le camp du oui et celui du non a suivi le clivage traditionnel gauche-droite (PLR, PDC, UDC, PBD, PEV, Vert’libéraux contre les Verts et le PS). Le début de campagne a été marqué par un certain malaise au sein du PS. En effet, le parti à la rose ne s’était pas engagé pour la récolte de signatures, craignant que cette initiative ne fasse le lit de l’UDC. Le référendum ayant abouti, les socialistes n’ont pas eu d’autre choix que de s’engager auprès des référendaires, un engagement évidemment contraire à celui de leur représentante au gouvernement Simonetta Sommaruga. Pour en rajouter, la conférence de presse marquant le début de la campagne a réuni des membres des Verts et de différentes ONG, mais aucun membre du PS n’avait été convié à cet événement. Le parti s’est cependant engagé pour la suite de la campagne. Suite à la décision des Femmes PDC d’accepter le référendum, le PDC, leader de la campagne du comité « oui à une politique d’asile qui fonctionne », s’est également trouvé en porte-à-faux. Les dissidences au sein du parti se sont renforcées notamment suite à la médiatisation de la position des églises, opposées à la révision de la loi. Ces tensions ont abouti à un appel aux valeurs fondamentales lancé par une frange du PDC, dont Anne Seydoux-Christe (pdc, JU), Jacques Neirynck (pdc, VD) et Barbara Schmid-Federer (pdc, ZH). L’offense n’a pas déstabilisé Christophe Darbellay (pdc, VS), qui bien que favorable aux tours de vis de l’asile, s’est déclaré « tout aussi chrétien que la Conférence des évêques ». Quant à la fameuse aile humaniste du PLR, elle n’a que faiblement exprimé son désaccord avec le parti mère. Des acteurs moins habitués à la scène politique ont également fait entendre leur voix. Ainsi, plus de 70 cinéastes suisses, dont Alain Tanner, Fernand Melgar ou Ursula Meier, ont lancé un appel à refuser les durcissements de l’asile.

Le peuple suisse accepte très clairement la révision de la loi sur l’asile

Der Nationalrat behandelte in der Wintersession als Erstrat die Totalrevision des über 100-jährigen Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Eine entsprechende Revision war schon 2003 angestossen worden, als eine Expertenkommission mit der Ausarbeitung eines Vorentwurfs beauftragt worden war. In der neusten Vorlage zur Totalrevision des VVG war unter anderem vorgesehen, die Versicherungsnehmenden besser zu schützen, etwa durch ein unbegründetes Widerrufsrecht oder durch erweiterte (vor-)vertragliche Informationspflichten. Eveline Widmer-Schlumpf, die das Geschäft vertrat, setzte sich für eine Totalrevision ein, weil das gültige Gesetz nicht mehr zeitgemäss sei und „keine Systematik aufweise“. Die Mehrheit der WAK-NR teilte diese Meinung jedoch nicht und stellte einen Rückweisungsantrag, der vom Bundesrat forderte, lediglich eine Teilrevision des VVG vorzulegen. Die Kommission argumentierte, dass die Totalrevision inhaltlich zu weit gehe und zu hohe Anpassungskosten verursache. Sie wünschte sich vielmehr eine Vorlage mit „punktuellen Optimierungen“, wobei einzelne Bestandteile des bundesrätlichen Entwurfs auch in der Teilrevision übernommen werden sollten, so zum Beispiel das Widerrufsrecht für Versicherungsnehmende. Die Ratslinke setzte sich gegen den Rückweisungsantrag ein, weil sie sich vom bundesrätlichen Entwurf einen besseren und zeitnahen Konsumentenschutz erhoffte. Zudem lag ein Nichteintretensantrag der SVP vor, die argumentierte, dass das Gesetz nicht angepasst werden müsste, weil es sich gut bewährt habe. Weder der Nichteintretensantrag noch die Minderheitsanträge auf Detailbehandlung hatten eine Chance weshalb mit 124 zu 58 Stimmen Rückweisung beschlossen wurde.

Versicherungsaufsichtsgesetz Teilrevision des Versicherungsvertragsgesetzes (BRG 11.057)
Dossier: Versicherungsvertragsgesetz

Das zweite Geschäft, das im Berichtsjahr den Internationalen Währungsfonds (IWF) betraf, kam im Sommer ins Parlament und wurde dort in der Wintersession vom Nationalrat als Erstrat beraten. Die Vorlage zur Gewährung eines Rahmenkredits zur Weiterführung der internationalen Währungshilfe sah vor, dem Bundesrat für den Zeitraum von fünf Jahren und auf Grundlage des Währungshilfegesetzes (WHG) die Kompetenz zur Gewährung einer Garantie gegenüber der SNB in Höhe von CHF 15 Mia. zu übertragen. Die Nationalbank würde ihrerseits dem IWF im Falle einer Beanspruchung eine Kreditlinie von maximal USD 10 Mia. gewähren. Die Zusage für diese Kreditlinie machte der Bundesrat im April 2012 unter Vorbehalt der parlamentarischen Zustimmung und im Zusammenhang mit einer ausserordentlichen, zeitlich befristeten Aufstockung der IWF-Mittel. Zum Zeitpunkt der Botschaft war ein 2004 gesprochener und 2009 bis 2013 verlängerter Rahmenkredit von CHF 2.5 Mia. in Kraft. Der Bundesrat sah vor, diesen Beschluss nicht erst wie angekündigt 2013 zur Verlängerung zu beantragen, sondern direkt durch den neuen Währungshilfebeschluss über CHF 15 Mia. zu ersetzen. Er argumentierte, dass die Schweizer Volkswirtschaft sowohl finanziell als auch wirtschaftlich sehr eng mit den von der Staatschuldenkrise betroffenen Ländern verflochten sei und übermässig von einer Destabilisierung des internationalen Währungs- und Finanzsystems betroffen wäre, weshalb die Währungshilfe im Sinne der schweizerischen Interessen sei. In der nationalrätlichen Eintretensdebatte wurde über einen von SVP-Parlamentariern eingereichten Nichteintretensantrag diskutiert. Die Antragssteller bemängelten, dass die Vorlage einzig ein Beitrag zu den Euro-Rettungsschirmen sei, welche jedoch nicht Teil der Lösung (der Staatsschuldenkrise), sondern Teil des Problems seien. Der Nichteintretensantrag wurde klar abgelehnt. In der Detailberatung gab die Höhe des Rahmenkredits von CHF 15 Mia. Anlass zu Diskussionen, waren doch gegenüber dem IWF nur USD 10 Mia. zugesagt worden (was zum Zeitpunkt der Beratung rund 9.7 Mia. CHF entsprach). Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf argumentierte, dass rund CHF 2.5 Mia. als Puffer für Währungsschwankungen vorgesehen und weitere CHF 2.5. Mia. als Weiterführung des bereits bestehenden, 2009 verlängerten Rahmenkredits von CHF 2.5 Mia. veranschlagt seien. Der Kommissionsmehrheit schien die Reserve für Währungsschwankungen allerdings als zu gross bemessen. Es wurde betont, dass der Bundesrat im Falle von weiterem Bedarf an Währungshilfen wieder an das Parlament gelange könne. Die Kommissionsmehrheit beantragte die Reduktion des Rahmenkredits auf CHF 10 Mia. Ausserdem stand ein Kompromissantrag aus der BDP über einen Rahmenkredit von CHF 12.5 Mia. zur Abstimmung. Während sich die BDP hinter ihren Kompromissantrag und gegen ihre Bundesrätin stellte, stimmten die GLP und die Grünen konsequent für die höheren Summen, während sich die SP und die SVP bei beiden Abstimmungen für die tiefere Kreditlinien aussprachen. Erklärungsbedürftig war das Abstimmungsverhalten der CVP, die den Entwurf des Bundesrates dem Kompromissantrag vorzog, jedoch mit der Mehrheit für einen Rahmenkredit von nur CHF 10 Mia. stimmte, als dieser dem Kompromissantrag gegenüberstand. Weil letzten Endes sowohl der bundesrätliche Entwurf über CHF 15 Mia. als auch der Kompromissvorschlag über CHF 12.5 Mia. erfolglos blieben, wurde der Rahmenkredit auf CHF 10 Mia. reduziert. Anlass zu weiteren Diskussionen gab zudem der linke Minderheitsantrag, der den Bundesrat dazu aufforderte, sich im IWF aktiv für wachstumsfördernde Kreditauflagen und gegen den Abbau von öffentlichen Diensten und Sozialleistungen einzusetzen. Der Antrag war jedoch chancenlos, weil er nur von der SP und den Grünen unterstützt wurde. In der Gesamtabstimmung stellte sich einzig die SVP gegen die Vorlage, die mit 109 zu 58 Stimmen angenommen wurde. Das Geschäft wurde im Ständerat für 2013 angesetzt.

Gewährung eines Rahmenkredits zur Weiterführung der internationalen Währungshilfe